Das Märchen vom Steuerzahler

DER BANKENRETTER

Steuern sind eine Notwendigkeit des modernen bürgerlichen Staates. Der Staat nimmt sie seinen Bürgern weg, weil er sich an ihrer Tätigkeit bereichern will. Die Staatsgewalt betreibt mit ihrem Gewaltmonopol eine Klassengesellschaft und verpflichtet seine Bürger auf die Konkurrenz, damit sie sich aneinander bereichern – als Fabrikanten, als Kaufleute, als Landwirte, usw. Die, die nichts haben, müssen für andere nützlich sein und von ihrem Gehalt auch etwas an den Staat abliefern.
Über die verschiedenen Steuern kann man hier was nachlesen.

Es wird also keinem Staatsbürger freigestellt, ob er Steuern zahlen will und wieviel – das sind Vorschriften, die er zu befolgen hat und ihre Verweigerung, die Steuerhinterziehung, wird gesetzlich geahndet.
Hier hört sich also das ganze Herumgerede um demokratische Mitbestimmung und Interessensausgleich auf. Steuern sind zu zahlen und basta – denn

„Die Steuern sind die wirtschaftliche Grundlage der Regierungsmaschinerie und von sonst nichts.“ (K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, S. 30.)

Dennoch, und vielleicht gerade deswegen hält sich hartnäckig die Vorstellung, Steuern seien eine Art freiwillige Abgabe, die dem Ablieferer derselben jede Menge imaginäre Rechte verschaffen, die er dann empört fordert – ohne diesen Forderungen je Nachdruck verleihen zu können.

Jede Menge Staatsausgaben wird bejammert, weil „unsere“ Steuergelder dabei verpulvert werden. Dabei gehört die Steuer ja nie dem, der sie zahlt, sondern immer dem, der sie kassiert. Kein Steuerzahler, nicht einmal ein großer Unternehmer, kann auf sein abgeliefertes Geld ein Mascherl geben und verfügen, wie es zu verwenden sei. Die Steuer ist ein Souveränitätsrecht, über ihre Verwendung entscheidet allein die Staatsgewalt.

Bezüglich der Höhe sind dem Souverän jedoch Grenzen gesetzt, wenn er die Quelle, aus der die Steuer sprudelt, nicht ruinieren will. Die Staatsgewalt kann sich nicht unbegrenzt am Vermögen der Bürger bedienen, nicht die gesamten Einkünfte der Menschen einkassieren.

Deswegen sind die Staatsgewalten schon in vorbürgerlichen Zeiten darauf verfallen, Zahlungsversprechen auszugeben, in denen sie ihre zukünftigen Steuereinnahmen verpfändeten. Das Anleihensystem ist alt, hat sich aber in neuerer Zeit sehr gründlich von den Steuereinnahmen emanzipiert, wie Staatsbankrotte und Währungskrisen jedem deutlich vor Augen führen.

Anläßlich der Wirtschaftskrise 2008 ff. ging erst recht das Gezeter los, daß Banken, womöglich sogar ausländische! und nichtsnutzige fremde Völker mit „unseren“ Steuergeldern gerettet werden. Dieses treu-dumme Geschwätz, dessen Protagonisten sich als Kritiker gebärden, ist derartig staatsnützlich, daß die Politik inzwischen gerne darauf zurückgreift, wenn sie irgendwelche Ausgaben nicht tätigen will: für italienische Banken oder griechische Beamtengehälter oder deutsche Sozialfälle darf das Geld der Steuerzahler nicht verpulvert werden!

Dabei ist das auch noch darin verlogen, daß die staatlichen Garantien und das Geld der EZB, mit denen Banken und Staaten gerettet und Anleihenstützungsprogramme durchgeführt werden, gerade nicht die Steuergelder sind, die eifrig für „richtige“ Ausgaben wie Bildungssystem oder Militär verwendet werden. Der moderne Staat findet an den Steuereinnahmen nicht sein Genügen, deswegen verschuldet er sich.

Mit der Konstruktion des Euro und der Einrichtung der EZB wurden Verfahren und Institutionen geschaffen, die die Abkoppelung der Geldschöpfung und staatlichen Finanzierung von den Steuern und der eigenen Ökonomie eigenständig repräsentieren. So war das ursprünglich auch gedacht: frei von den Schranken und Fesseln der eigenen Micker-Produktion sollten auch die weniger erfolgreichen Staaten mittels des Zauberstabes des Kredits zu prosperierenden Wirtschaftsstandorten werden. Daß das Gegenteil davon eingetreten ist, liegt am Kredit und der kapitalistischen Konkurrenz, die unter dem Stichwort „Wettbewerbsfähigkeit“ nach wie vor hohes Ansehen genießt.

Es liegt im Bewußtsein des modernen Untertanen, des Staatsbürgers begründet, sich die Welt verkehrt zu erklären und die eigene Bedeutungslosigkeit in eine wichtige Rolle umzudeuten, die er für das Gemeinwesen erfüllt. Das läßt die armselige Figur des Steuerzahlers in einem moralisch glänzendem Licht erscheinen: als die des ewig Betrogenen, des eigentlichen Subjektes der ganzen Veranstaltung, das von dunklen Mächten immer und immer mißbraucht wird.

Europas Bankensektor 2016

DIE BANKENKRISE KEHRT ZURÜCK, BZW. WIRD WIEDER MANIFEST
Sie war ja eigentlich nie weg, sondern wurde nur seit 2008 erstens mit Geldspritzen von Regierungen und EZB behandelt und zweitens von den Medien schöngeredet, die einzelne ins Strudeln geratene Geldinstitute als Ausnahmefälle hinstellen wollten. Dazu kam noch die Propaganda der EU-Behörden und übernationalen Organisationen, die dem p.t. Publikum weismachen wollten, es habe bisher nur an den richtigen Regeln gefehlt, und durch neue Gesetze und Vorschriften käme das ganze Geld- und Kreditwesen wieder ins Lot.
Da ist einmal die Frage von Italiens Banken, die aus verschiedenen Gründen auf einem Haufen entwerteter Aktiva sitzen, und niemand will für diese gradestehen: weder die EZB, noch irgendwelche EU-Rettungsfonds, noch die Staatskasse Italiens. Die italienische Regierung ist schon froh, ihre Anleihen mit Hilfe des Anleihen-Aufkaufprogramms der EZB plazieren zu können und kann es sich nicht leisten, ihren ohnehin prekären Staatskredit für Rettungsaktionen ihres Banksektors zu strapazieren. Die Zeichner der Bankanleihen für diese Schuldenstreichung heranzuziehen, würde hingegen ein nicht nur politisches, sondern auch ökonomisches Erdbeben auslösen und das Vertrauen der Bevölkerung in den Banksektor sehr gründlich untergraben – es handelt sich durchwegs um Leute, die seinerzeit von den Banken selbst dazu überredet wurden, ihre Spareinlagen für höher verzinsliche Bankanleihen einzutauschen.
In Spanien ist dergleichen teilweise über die Bühne gegangen und beschäftigt heute die Gerichte. Das eine war die Ausgabe von Partizipationsscheinen, zu deren Kauf die Sparer von diversen Sparkassen überredet wurden. Beim großflächigen späteren Konkurs dieser Sparkassen und ihrer Fusion verfielen diese Anteilsscheine. Diese de-facto-Enteignung beschäftigt heute die Gerichte, da den Zeichnern dieser Anteilsscheine seinerzeit beim Kauf versichert worden war, sie seien absolut sicher und jederzeit einlösbar – die Gefoppten haben sich jetzt zu Sammelklagen wegen Betrugs zusammengeschlossen.
Ein weiterer Fall ist der Börsengang von Bankia, einer Fusion aus 7 maroden Sparkassen, der damals – 2011 – groß beworben wurde. Der Wert der Aktien sank innerhalb eines Jahres beträchtlich, schließlich wurde die Bank notverstaatlicht. Das Angebot an die Aktionäre, ihnen einen Bruchteil des Wertes der Aktie rückzuerstatten, wurde von denen ausgeschlagen. Einer Sammelklage der Aktionäre wegen Betrugs und Bilanzenfälschung wurde voriges Jahr von einem Gericht stattgegeben. Bankia bzw. der sie inzwischen finanzierende staatliche Rettungsfonds FROB muß also wahrscheinlich hohe Entschädigungszahlungen leisten.
Die spanischen Banken Santander und Caixa sind im Laufe dieses Jahres in Portugal auf Einkaufstour gegangen und haben verschiedene kleinere Pleitebanken um einen symbolischen Preis gekauft. Es ist angesichts der ökonomischen Situation Portugals nicht zu erwarten, daß sich hier große Geschäftsfelder auftun werden bzw. daß die Einkäufer sich solche erwarten würden. Eher liegt die Vermutung nahe, daß sich diese Banken innerhalb des EU-Banksektors mehr noch als bisher unentbehrlich machen wollen: too big to fail. Möglicherweise sind sie sogar in Absprache mit Politik und Währungshütern losgeschickt worden, um Portugals Kreditsektor vor dem Kollaps zu bewahren, und dabei den Schein zu wahren, es handle sich um eine gewöhnliche kommerzielle Transaktion.
Die Krise der Banken ist aber von der Südflanke der EU, die ja auch wegen ihrer ausufernden Staatsschulden im Gerede war, längst in die Zentren der EU und zu den sogenannten Gewinnern von Binnenmarkt und Euro übergeschwappt. Vielleicht ist sie sogar von hier ausgegangen, es gelang nur lange, die Verluste auf andere Staaten und deren Banksektor und Staatskredit abzuwälzen.
So hat die Deutsche Bank vorige Woche 3 Anleihen begeben.
„Damit sind Zweifel an der Liquidität des Geldinstituts vorerst ausgeräumt – die Geldgeber verlangen jedoch hohe Risiko-Prämien für die Anleihen.
Für eine neue fünfjährige US-Dollar-Anleihe im Umfang von etwa 3 Milliarden musste die Deutsche Bank vergangenen Freitag einen Kupon von 4,25 Prozent bieten.“ (DWN, 17.10. 2016)
4,25% sind in einer Zeit der Null- und Negativzinsen sehr viel. Das Flaggschiff des deutschen Banksektors kann seine Anleihe überhaupt nur begeben, weil alle Käufer wissen, daß dieses Institut durch den deutschen Staat gestützt wird und seine Anleihen deshalb relativ sicher sind.
Weiters ist interessant, daß die Deutsche Bank einen 3 Mrd. Dollar-Kredit aufnimmt. Mit diesem Kredit wird also nicht nur die Liquidität der Bank erhöht, sondern auch der Euro gestützt. Es mag sein, daß dergleichen Fremdwährungsanleihen seit geraumer Zeit üblich sind. Sie zeugen jedoch von einer Krise des Euro, dem man gar nicht mehr die Attraktivität zutraut, derer es zu einer solchen Emission bedarf.
Auch die Commerzbank muß einiges an Zinsen bezahlen, falls sie eine Anleihe begibt. Dazu kommen noch die berühmten CDS, die Kreditausfallsversicherungen, die seinerzeit den griechischen Staatskredit versenkt haben:
„In Europa gehören deutsche und britische Banken mittlerweile zur Spitzengruppe bezüglich des Misstrauens der Investoren. »Absolut betrachtet, misst der Kapitalmarkt, wie bereits Mitte August, deutschen Kreditinstituten das größte Ausfallrisiko zu – sieht man von der Eurobank Ergasias einmal ab. Nach der Deutschen Bank (220) folgt die nach einem neuen Eigentümer suchende Landesbank HSH Nordbank (170) auf dem zweiten Platz. Die Schweizer Credit Suisse komplettiert das Treppchen mit einem CDS-Spread von 141. Es folgen Royal Bank of Scotland (134), die Commerzbank (128), die spanische Santander (128), die österreichische Erste Group (122) und die britische Barclays (101)«, schreibt das Finance Magazin.“ (ebd.)
Die Frage ist auch noch, wofür alle diese Banken heute Geld aufnehmen?
Um Verluste abzuschreiben und abzudecken? Also als eine Art Konkursverschleppung?
Um noch größer in den Handel mit EU-Anleihen der südlichen Wackelstaaten einzusteigen und aus der Zinsdifferenz zwischen dem, was sie für diese Anleihen bezahlen und dem, wofür sie diese an die EZB weiterverkaufen, Gewinne zu machen?
Um Aktien und Firmenanleihen an der Börse einzukaufen und dann in Zusammenarbeit mit Stützungskäufen der EZB die Kurse in die Höhe zu treiben und darüber Gewinne einzustreifen?
Mit einem Wort, um in eine Art geschlossenen Kreislauf zwischen Staatskredit, EZB, Börse und Bankenwelt einzusteigen?
Als einziger Bezug zur „Realwirtschaft“ bleibt dann noch die Beteiligung an Immobilienspekulation und Hypothekarkrediten, wo über Wertzuwachs von Immobilien Bilanzen aufgebessert werden können … Das war der Weg, den die gekrachte österreichische Hypo Alpe Adria seinerzeit eingeschlagen hat. Und großflächig erinnert es an die subprime-Kredite der USA, die seinerzeit die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise ausgelöst haben.

NATO, Rußland, USA, EU und der Konflikt um Ukraine und Donbass, Fortsetzung 5

FORTSETZUNG NR. 5
Da dieser Blog fast die einzige Website ist, die das Thema im Auge behält, und die bisher letzte Seite bereits mit Kommentaren überfrachtet ist, hier wieder eine Fortsetzung. Jeder ist aufgefordert, hier Neuigkeiten zu dem Thema zu posten.
Der derzeitige Stand der Dinge:
Die NATO rüstet an Europas Ostgrenze auf Teufel-komm-raus
Die Rethorik der US-Politiker weist immer mehr auf direkte Kriegshandlungen gegen Rußland hin.
Rußland hat die Nase voll und kündigt fast alle Kooperation mit den USA
Die EU heult mit den USA im Chor