Die RÜCKKEHR DES WUCHERS
Während der gewöhnliche Konsumentenkredit in der EU merklich an Schwung verloren hat und die Banken unter faulen Krediten aus der Zeit des Kredit-Booms schwächeln und manchmal sogar eingehen, ist im Schatten der offiziellen Geldhäuser eine andere Art von Firmen entstanden, die sich der Kreditnöte des kleinen Mannes annehmen, dem die großen Geldhäuser den Rücken gekehrt haben. Diese Firmen vergeben „Kredite mit kurzer Laufzeit“, wodurch sie etwaige Einschränkungen bezüglich des Zinsfußes unterlaufen, der immer als Jahreszinsfuß angegeben ist.
1. Die EU will den Wucher, weil ihre Geldpolitik auf dem schrankenlosen Kredit beruht
Die Grundlage dieser Firmen ist eine Direktive der EU vom April 2008, also dem Jahr 0 der Finanzkrise. Es ist, als ob die Verfasser dieser Direktive schon eine Vorausahnung gehabt hätten, daß das Kredit-Ringelspiel ins Stocken geraten könnte und ihm fürs weitere Funktionieren Schmiermittel ins Getriebe schütten wollten.
Der 1. Absatz lautet:
„Die Verbraucherkredit-Richtlinie zielt auf die Förderung der Integration des Konsumentenkreditmarktes in der EU und die Gewährleistung eines hohen Niveaus des Konsumentenschutzes durch die Konzentration auf Transparenz und Konsumentenrechte.“
Über den Zinsfuß ist auch im weiteren nichts ausgesagt. Solche Beschränkungen würden die Freiheit der Konkurrenz unterbinden. Die Wucherkredite sind also vom Standpunkt der EU-Gremien legal.
Diese Direktive war bis 2010 in den nationalen Gesetzeswerken der Mitgliedsstaaten zu verankern, was auch geschehen ist. Theoretisch hätten die Staaten hier eine Zinsfußbeschränkung aufnehmen können, es scheint aber nirgends geschehen zu sein: dergleichen Beschränkungen würden dem freien Wetbewerb widersprechen, und der ist in der EU ja heilig.
In Spanien kommen schon einmal Zinsfüße vor, die aufs Jahr umgerechnet über 4000 % ausmachen.
Um das Prosperieren dieser Firmen zu verstehen, muß man sich vor Augen halten, daß die normalen traditionellen Kredite inzwischen Richtung Nullzinsen gehen und man auch auf dem Sparbuch nichts mehr kriegt. Die kurzzeitigen Kredite bieten den Gläubigern die Möglichkeit, auch bei einer hohen Ausfallsrate noch eine fette Rendite einzustreifen.
2. Legaler Wucherkredit: Firmen und Behörden
Eine der größten und auch in Osteuropa sehr umtriebigen Firmen ist die britische Firma Provident. Es ist ein Beispiel für ein sogenanntes „Finanzdienstleistungsunternehmen“, das sich seit Beginn der Finanzkrise auf die Kurzzeitkredite spezialisiert, weil es da einen wachsenden Markt entdeckt hat.
Provident wirbt seine Kreditkeiler und Einkassierer in Großbritannien unter Langzeitarbeitslosen, alleinerziehenden Müttern und anderen ziemlich an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen an. Eine Art von armen Schluckern wird also der anderen auf den Hals gehetzt.
Die Kunden von Providents Krediten sind Mindestrentner, wiederum Alleinerzieherinnen, Langzeitarbeitslose, Alkoholiker, Drogensüchtige und Leute mit Behinderungen – alles Leute, die „on welfare“ sind.
Die Kreditkeiler kriegen bei ihrer Einschulung einen Kurs in Selbstverteidigung verpaßt. Schließlich gehen sie in private Haushalte und fordern Geld von Leuten, die keines haben. Laut Bericht eines ehemaligen Mitarbeiters ist diese Vorsichtsmaßnahme aber völlig überflüssig, da die Schuldner, zu denen er ins Haus kam, der Inbegriff der Harmlosigkeit und Hilflosigkeit waren und nie auf die Idee gekommen wären, ihn körperlich zu bedrohen.
In Rumänien werden dergleichen Kreditkeiler-Jobs vom Arbeitsamt angeboten. Das weist auf eine Kooperation zwischen der Firma und den Behörden hin. Gegen entsprechende Abgaben darf Provident dort auch für seine Dienste öffentlich werben und den in diesem Land ebenfalls reichlich vertretenen Pfandleihe-Anstalten Konkurrenz machen, denen das Leisten von Abgaben an den Staat kein Herzensanliegen ist und deren Umsätze schwer zu kontrollieren sind.
In Spanien existieren ein Haufen kleiner Firmen, die meist aus einer Website und einem Mini-Büro in Madrid bestehen.
Um Kredite zu vergeben, braucht man in Spanien keine besondere Konzession. Es genügt eine einfache Meldung beim Gesundheitsministerium, weil diesem der Konsumentenschutz untersteht, der sinnigerweise für diese Art von Geschäften zuständig ist. König Kunde wird also durch das Zuteilen an die zuständige Behörde entsprechend „geschützt“, um so mehr, als eine Klage gegen diese Kreditpraktiken dem Zielpublikum praktisch unmöglich ist, da sie sich einen Rechtsstreit gar nicht leisten können.
Diese Firmen haben oft sehr ermunternde Namen: „Wie gut!“, „Ok Money“, „Beweglicher Kredit“ usw.
Laut jemandem in Rumänien, die eine Zeitlang für Provident tätig war, hatte sie eine Ausfallsrate von 35-40%. Weder war herauszukriegen, was mit denen passiert, die nicht zahlen, noch wußte sie, wie weit sie selbst für Ausfälle haftet, vor allem, falls der Schuldner stirbt.
3. Illegaler Wucher
Jenseits dieser Firmen, denen offensichtlich von Behörden und Gesetzgebern Tür und Tor geöffnet werden, gibt es noch ein illegales System von Wucherkrediten. In Osteuropa ist es unter den Roma weit verbreitet. Sowohl die Gläubiger, die sich eine Schlägertruppe halten, als auch die Schuldner sind Roma. Dieses Geschäftsgebaren ist aber keineswegs auf sie beschränkt.
Die Kreditbosse verleihen ihre Schläger gegebenenfalls auch an andere Unternehmen, die ebenfalls mit säumigen Schuldnern zu tun haben. Sie machen also ein Zusatzgeschäft über das Inkasso.
Die Roma sind deswegen ein weites Betätigungsfeld, weil sie in den meisten Fällen weder Jobs noch Kredit erhalten und deswegen in Sozialhilfe und Kriminalität gedrängt werden. Die geldlose Zeit zwischen einer Sozialhilfe-Auszahlung und einem Taschendiebstahl überbrücken sie mit einem Wucherkredit, den sie dann wieder mit einem anderen kleinen Diebstahl zu begleichen hoffen. Gerät der Schuldner aufgrund solcher Tätigkeiten ins Gefängnis, so muß die Familie die Schuld begleichen, sonst wird ihre Hütte abgefackelt, oder Ähnliches.
Frauen können durch einschlägige Dienstleistungen Schulden abtragen – die (ungeschützte) Prostitution und der Wucher gehen daher oftmals Hand in Hand.
In Ungarn, wo 40 % der Bewohner unter der Armutsgrenze leben, oder in Bulgarien, wo die Prozentzahl der offiziell Armen über 50 % liegt, sind dergleichen Praktiken auch unter der Nicht-Roma-Bevölkerung, vor allem auf dem Land, weit verbreitet. Die Sicherheitskräfte dulden sie, wenn sie sich nicht sogar aktiv beteiligen, nicht nur wegen des Bakschisch, das sie einkassieren, sondern weil es sie entlastet, wenn sich die Armut in dieser Weise sozusagen selbst verwaltet.
So sieht sie aus, die EU der überlegenen Werte, die gegen Eindringlinge aus fremden Kulturkreisen geschützt und verteidigt gehört.