Pressespiegel El País, 11.7.: Das Ende der PKK

DIE KURDISCHE PKK BEGINNT EINEN HISTORISCHEN ENTWAFFNUNGSPROZESS

Kämpfer der bewaffneten Gruppe verbrennen ihre Waffen im Irak. Die türkische Regierung betrachtet dies als einen »unumkehrbaren« Schritt auf dem Weg zum Frieden

Mit einer symbolträchtigen Kapitulationszeremonie und dem Verbrennen von Waffen hat die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ihre Entwaffnung begonnen: ein wichtiger Schritt im historischen Prozess, der mit der türkischen Regierung ausgehandelt wurde, um den über 4 Jahrzehnte andauernden Konflikt zu beenden, der über 40.000 Menschenleben gefordert hat.

Quellen innerhalb der türkischen Regierung sind der Ansicht, der Friedensprozess befinde sich damit auf einem »unumkehrbaren« Weg zur Lösung.“

Man beachte auch die Namesgebung der PKK: Sie bezeichnete sich als „Arbeiterpartei Kurdistans“, was im ersten Teil auf ein sozialistisches Programm hinwies und keineswegs alle Mitglieder der kurdischstämmigen Bevölkerung ansprechen sollte. Die PKK steht daher von Anfang an im Gegensatz zu den stammesmäßig organisierten Eliten des irakischen Kurdistans.
Zweitens aber „Kurdistans“, und das heißt, daß sie sich auf ein Gebiet bezog, das sich weit außerhalb der Grenzen der Türkei erstreckt und daher auch die Regierungen und Behörden der benachbarten Staaten beunruhigte.
Dennoch gewährte noch Hafiz Al-Assad ihm eine Zeitlang Zuflucht in Syrien, wahrscheinlich mit der Vorstellung, damit die PKK ein Stück weit kontrollieren und für die Interessen Syriens einsetzen zu können.

„Die Veranstaltung fand diesen Freitag in der Nähe einer Höhle in der Provinz Sülejmanija in der Autonomen Region Irakisch-Kurdistan statt.

Dort versammelten sich rund dreißig PKK-Kämpfer, darunter mehrere Kommandeure, die unter Aufsicht irakischer Sicherheitskräfte Kalaschnikows, Raketenwerfer und andere Langwaffen in einen Kessel legten und in Brand setzten. »Wir haben unsere Waffen in Ihrer Gegenwart freiwillig zerstört, als Zeichen unseres guten Willens und unserer Entschlossenheit«, hieß es in einer Erklärung, die die Kommandantin Bese Hozat auf Türkisch und der Anführer der bewaffneten Gruppe, Nedim Seven, auf Kurdisch vorlas.

Sie betonten ihre Unterstützung für den im Februar verkündeten Friedensaufruf des Gründers und ideologischen Führers der PKK, Abdullah Öcalan, der seit 1999 auf einer türkischen Insel inhaftiert ist.

Die Kommandanten betonten, dies sei ein Schritt vom bewaffneten Kampf hin zu »legalen und demokratischen Methoden« der Politik. Im Gegenzug erwarteten sie von der türkischen Regierung die Umsetzung von Gesetzen, die die »demokratische Integration« der Kurden fördern. »Angesichts des zunehmenden faschistischen Drucks und der Ausbeutung weltweit sowie des Blutvergießens im Nahen Osten braucht unser Volk mehr denn je ein demokratisches, gleichberechtigtes, freies und friedliches Leben. In diesem Kontext liegt die Bedeutung und Dringlichkeit unseres Schrittes«, heißt es in der Erklärung weiter.

An der Veranstaltung nahm auch eine große Delegation von Mitgliedern der Zivilgesellschaft und der Partei für Gleichheit und Demokratie des Volkes (DEM), der wichtigsten legalen pro-kurdischen Partei in der Türkei, teil.

Die Vorbereitung des Entwaffnungsprozesses wird von den türkischen Geheimdiensten in Zusammenarbeit mit ihren irakischen und kurdisch-irakischen Sicherheitspartnern überwacht, mit deren Regierungen Ankara gut zusammenarbeitet.“

Einer der Gründe für die Kapitulation der PKK ist offensichtlich, daß die kurdische Führung im irakischen Kurdistan – die Barzani– und Talabani-Clans – der PKK die Unterstützung entzogen haben und mit den türkischen Behörden, vor allem dem Militär, kooperieren.
Dazu kommt, daß das irakische Kurdistan de facto ein vom Irak abgespaltener Staat unter US-Schutzherrschaft ist und daher dem Führungsanspruch der PKK Fakten entgegensetzen kann. „Kurdistan“ sind wir!

Die Veranstaltung am Freitag war sorgfältig choreografiert, um sicherzustellen, dass sich die bewaffnete Gruppe durch die auf dem Verhandlungsweg zustandegekommene und hiermit öffentlich gemachte Kapitulation nicht gedemütigt fühlt: Ankara hat sich nämlich im Austausch für die Auflösung und Entwaffnung der PKK zu nichts Konkretem verpflichtet, doch den kurdischen Militanten blieben nicht viele andere Optionen, nachdem das türkische Militär dank seiner militärisch-industriellen Fortschritte im vergangenen Jahrzehnt praktisch alle Aktivitäten der PKK in der Türkei neutralisiert hatte.“

Nicht nur die Bewaffnung, auch die Diplomatie hat das Ihrige dazu beigetragen, siehe oben.
Was die „militärisch-industriellen Fortschritte“ betrifft, so bezieht sich der Autor offensichtlich auf die ständige Erweiterung und Weiterentwicklung der Drohnenproduktion, die es ermöglicht hat, die Kämpfer der PKK überall auszuspionieren und dann mit gezielten Militärschlägen – sowohl mit Drohnen als auch durch Bombardements durch Flugzeuge – praktisch zu vernichten.

„Wenngleich die Führung der bewaffneten Gruppe die Auflösung auf ihrem Kongress im Mai einstimmig akzeptierte, ist bekannt, dass es innerhalb der PKK einige gibt, die dem Prozess misstrauisch gegenüberstehen. Daher besteht stets die Gefahr von Spaltungen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Israel angeboten hat, den bewaffneten Kampf der Kurden in Syrien und der Türkei zu unterstützen, um seine Gegner zu schwächen, wie Öcalan bei einem Treffen mit einer DEM-Delegation im April warnte (dessen Notizen an die Presse durchgesickert sind).
Andererseits wollen sie auch das vermeiden, was die türkischen Medien als »Show« oder »Provokation« bezeichnen, um den türkischen Nationalismus nicht weiter zu schüren, da ein Teil der türkischen Gesellschaft Verhandlungen mit einer Organisation missbilligt, die als terroristische Vereinigung gilt.

Dies gilt insbesondere in einer Woche, in der 12 türkische Soldaten in einer Höhle im Nordirak an einer Methanvergiftung starben, als sie nach der Leiche eines anderen Soldaten suchten, der 2022 bei einer Operation gegen die PKK ums Leben kam.

Allerdings ist dieser Schritt rein symbolisch, weil die PKK verfügt über ganz andere Waffenlager als diese öffentlich vernichteten Waffen.
Für eine vollständige Entwaffnung muß der türkische Staat also tatsächlich Vorleistungen erbringen.

„Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete die Waffenvernichtung der PKK in einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform X als »wichtigen Schritt« auf dem Weg zu einer »terrorismusfreien Türkei«. Er betete darin auch um Gottes Hilfe für einen Prozess, dessen Ziel es sei, »die Sicherheit des Landes zu gewährleisten« und »einen dauerhaften Frieden in der Region« zu schaffen.

Türkische Regierungsquellen erklärten, der Beginn der Waffenabgabe markiere einen »unumkehrbaren Wendepunkt« im Prozess und die Türkei sei »zu allen Bemühungen um Abrüstung, Stabilität und dauerhafte Versöhnung in der Region verpflichtet«. Im Plan der Exekutive ist diese Abrüstung der dritte Schritt nach dem Aufruf zu Verhandlungen der Regierungskoalition im Herbst und dem Aufruf Öcalans zur Auflösung der PKK im Februar (der vom PKK-Kongress positiv aufgenommen wurde).

Der Prozess der »Entwaffnung und Beschlagnahmung« der Waffenarsenale der PKK und der »Auflösung ihrer bewaffneten Strukturen« werde mehrere Monate dauern, heißt es in Ankara. Anschließend sollen zwei weitere Schritte zur Reintegration der kurdischen Guerillamitglieder und längerfristig zur Versöhnung der betroffenen Gemeinschaften folgen.

Die Regierung hat die PKK-Mitglieder zur Kapitulation aufgefordert, da diejenigen, die keine Blutverbrechen begangen haben, begnadigt werden und keine Gefängnisstrafen zu erwarten haben.
Eine weitere, heikle Frage ist, was mit denjenigen Militanten geschehen wird, die nachweislich getötet haben, da die Türkei beabsichtigt, sie strafrechtlich zu verfolgen.
Der Regierung von Recep Tayyip Erdoğan nahestehende Medien haben jedoch die Möglichkeit angedeutet, ihnen in Drittländern Zuflucht zu gewähren.

Die Entwicklung der PKK

Die PKK wurde 1978 gegründet, griff aber erst 1984 zu den Waffen gegen den türkischen Staat, nachdem sie andere rivalisierende kurdische Gruppen ausgeschaltet und ihr Anführer Abdullah Öcalan in Damaskus, Syrien, Zuflucht gefunden hatte.
Ursprünglich forderte die Gruppe die Unabhängigkeit Kurdistans – eines Gebiets, das sich über die Türkei, den Iran, den Irak und Syrien erstreckt –, gab diese Forderungen jedoch im Laufe der Jahre allmählich auf.“

Oder auch nicht, so genau läßt sich das nicht feststellen.

„Zunächst erklärte sie sich für Autonomie,“

– in der Türkei, aber dieses Konzept gewann mit der Etablierung der Autonomie in Syrien sozusagen Substanz und bedrohte dadurch die territoriale Integrität der Türkei

„dann für das vage Konzept des »demokratischen Konföderalismus« und in jüngerer Zeit für das Versprechen einer »demokratischen Gesellschaft«, die die Türken und Kurden der Türkei als »Gründervölker« der Nation integriert.“

Damit ist angesprochen, daß der Separatismus und jede Form lokaler Selbstverwaltung als Forderung aufgegeben, und auch die Vereinigung mit anderen kurdischen Gebieten nicht mehr angestrebt wird.

„Von ihrem anfänglichen Guerillakrieg ging die PKK zu Angriffen auf Städte über, worauf die türkische Regierung mit einer Strategie der verbrannten Erde – der Räumung Hunderter Ortschaften und der Vertreibung ihrer Bewohner – und einem schmutzigen Krieg reagierte, der in 4 Jahrzehnten Konflikt Zehntausende Tote und Tausende Vermisste forderte.

Die PKK nutzte die Instabilität in der Region zudem aus, um – nach dem Ersten Golfkrieg“

– gemeint ist der 2. Golfkrieg von 1991, der erste, zwischen Iran und Irak, dauerte ca. 8 Jahre und endete 1988 –

„ihre Stützpunkte auf den Nordirak auszuweiten und Verbündete im Iran (die PJAK) und in Syrien zu gründen: die PYD und ihre YPG-Milizen, die während des dortigen Bürgerkriegs sehr aktiv waren und parallel zum Friedensprozess in der Türkei nun Gespräche mit der neuen Regierung in Damaskus über eine Integration in den syrischen Staat aufgenommen haben.“

Auch in Syrien wird also das Autonomieprojekt zumindest Gegenstand von Verhandlungen.
Mit der Entwicklung in Syrien und dem Sturz Baschar Al-Assads verlor die PKK also auch ihre Unterstützung in Rojava.

„Die PKK sowie ihre Tochter- und Schwesterorganisationen (sowohl zivile als auch bewaffnete) sind in einer vielschichtigen Struktur mit mehreren Entscheidungsträgern organisiert. Die hierarchische Struktur und der Personenkult um Öcalan, der aus den maoistischen Wurzeln der PKK stammt,“

– so ein Unsinn.
Der „Personenkult“, was immer man darunter verstehen mag, ist die logische Folge eines „Volkes ohne Staat“, das sich mangels Grenzen und Gewaltmonopol um eine Integrationsfigur schart.

„haben es dem Gründer jedoch ermöglicht, einen starken Einfluss auf die Anhänger und Sympathisanten der PKK auszuüben und trotz seiner Inhaftierung seit 1999 eine wichtige Rolle bei den Friedensverhandlungen zu spielen.

Dies ist nicht der erste Versuch eines Friedensprozesses zwischen Ankara und der bewaffneten Gruppe, aber er ist derjenige, der am weitesten fortgeschritten ist: Frühere Versuche scheiterten an der Zustimmung zur Auflösung oder zur Abgabe der Waffen.“

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Eine gewichtige Stimme meldet sich zu der Sache:

„Bahçeli lobt PKK-Entwaffnung: »Schritt von historischer Bedeutung«

Nach der symbolischen Waffenabgabe der PKK hat MHP-Chef Devlet Bahçeli den Schritt als „historisch“ begrüßt. Er würdigte das Einhalten von Öcalans Friedensaufruf und lobte Regierung und Opposition gleichermaßen für ihren Beitrag.

Nach der symbolischen Entwaffnungszeremonie der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat der Vorsitzende der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahçeli, in einer ersten Reaktion das Vorgehen als „historisch“ bewertet. Besonders hob er hervor, dass der inhaftierte PKK-Begründer Abdullah Öcalan mit der Initiative sein Versprechen eingelöst habe.

»Tatsächlich erleben wir gegenwärtig Tage von außergewöhnlicher Bedeutung – für die Türkei ebenso wie für die gesamte Region«, erklärte Bahçeli in Ankara. Der Rückzug der PKK aus dem bewaffneten Kampf sei ein Beleg dafür, dass die Organisation »im Einklang mit dem Aufruf für Frieden und demokratische Gesellschaft vom 27. Februar« sowie den Beschlüssen ihres 12. Kongresses vom Mai 2025 nun ihre Strukturen auflöse und zur Entwaffnung schreite.
»Wie zuletzt in seiner Videobotschaft deutlich wurde, hat der Gründungsführer der PKK sein Wort gehalten, seine Zusagen eingehalten und die globalen und regionalen Bedrohungen rechtzeitig erkannt«, sagte Bahçeli mit Blick auf Abdullah Öcalan.

Der Vorsitzende der ultranationalistischen MHP, die in der Regierungskoalition mit der AKP steht, lobte zugleich die Rolle von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und seiner Regierung. Sie hätten, so Bahçeli, die Linie einer »terrorfreien Türkei« von Beginn an konsequent verfolgt und den Prozess mitgetragen. Auch die DEM-Partei erwähnte er ausdrücklich – positiv. Sie habe mit einem »verantwortungsbewussten und ausgewogenen Kurs« zur Stabilität beigetragen und damit „ihren Platz an der Seite einer gemeinsamen Zukunft“ eingenommen.

»Ein neuer Abschnitt beginnt«

Mit Blick auf die nächsten Schritte sagte Bahçeli, man befinde sich nun am Beginn einer neuen Ära. Gruppenweise Übergaben von Waffen seien zu erwarten. »Ein dunkles Kapitel beginnt sich zu schließen«, so der MHP-Chef. Gleichzeitig warnte er vor möglichen Versuchen, die positive Entwicklung zu untergraben. »Politisch motivierte Kreise, die auf Provokation, Verleumdung und Verweigerung setzen, werden angesichts des wachsenden Klimas der Hoffnung und des Friedens enttäuscht sein.«

Bahçeli spricht von Meilenstein

Die aktuellen Entwicklungen seien ein Wendepunkt, so Bahçeli weiter: »Was wir erleben, ist ein Meilenstein, der das kollektive Gewissen der Gesellschaft mit Zuversicht erfüllt.« Zum Abschluss bedankte er sich bei allen, die zu diesem Prozess beigetragen haben und wünschte der Bevölkerung eine friedliche neue Phase.“

(Firat News Agency, 11.7.)

Wer sich noch weiter für die Türkei interessiert, sei auf die sehr ausführlichen Radiosendungen mit Max Zirngast verwiesen:

Parteien, Innenpolitik, Verfassung: https://cba.media/448949

Parteienkonkurrenz, die Kurden und die Debatte um den Völkermord an den Armeniern, das Aghet: https://cba.media/450725

Der Völkermord an den Armeniern, Nordzypern und der Konflikt in Syrien: https://cba.media/452301 und
https://cba.media/462106

Außerdem ist auch an das einige Jahre zurückliegende Ende einer anderen bewaffneten Truppe zu erinnern.

Pressespiegel El País, 5.4.: Trostlose „Wirtschaftsfachleute“

DER DOLLAR AUF DEM PRÜFSTAND: WARUM TRUMPS HANDELSKRIEG AUCH EIN WÄHRUNGSKRIEG IST

Trumps Wunsch nach einer schwachen Währung zur Reindustrialisierung der USA hat die Märkte vor den Folgen gewarnt, die sich ergeben würden, wenn die USA ihre Rolle als globale Reservewährung verlieren würden.“

Wenn der $ abgewertet würde, so würde er deswegen nicht notwendig seine Rolle als Reservewährung verlieren. Allerdings würden die Bankschätze, die viele $-Anleihen bei sich liegen haben, an Wert schrumpfen.
Nur: Was wäre die Alternative als Reservewährung?
Der Euro?
Der Yen?
Das britische Pfund?

„Auch der Dollar konnte sich der starken Volatilität der Finanzmärkte in diesem Jahr nicht entziehen, insbesondere nicht nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Donald Trump im vergangenen Januar. Im selben Monat fiel der Euro an Tagen, an denen über die Parität zwischen den beiden Währungen diskutiert wurde, auf bis zu 1,02 US-Dollar.
Mitte März gelang es der Gemeinschaftswährung jedoch, sich wieder deutlich zu erholen und auf 1,094 US-Dollar zu steigen. Der Dolchstoß war die Ankündigung der US-Zollpolitik in dieser Woche: Die US-Währung wird derzeit zu 1,10 Dollar pro Euro gehandelt und hat seit Januar gegenüber ihrer Rivalin 6,25 % an Wert verloren.

Gründe für diese starken Schwankungen sind Trumps angekündigte Zollpolitik, die Erwartung einer Verlangsamung des US-Wachstums und die Ankündigung Deutschlands und anderer europäischer Länder, außerordentliche öffentliche Ausgaben für die europäische Wiederaufrüstung zu tätigen. Dies führte zu einem Anstieg der Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen auf 2,73 %, verglichen mit 2,35 % zu Jahresbeginn.“

Das heißt, die Finanzmärkte finden die angekündigte deutsche Aufrüstung perspektivenreich und sind bereit, sie zu kreditieren.
Man merkt hier, daß die Rüstung in einer weltweit stagnierenden Wirtschaft, die im Grunde schon seit geraumer Zeit im Krisenmodus läuft, als eine Art Wachstumsmotor aufgefaßt wird – sowohl von ihren politischen Verkündern und vermutlich auch Betreibern als auch vom weltweiten Finanzkapital, daß verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten in einem sehr schwachen Markt sucht.

„Höhere Zölle bedeuten eine höhere Inflation in den USA und damit höhere Zinssätze.“

So eine Notwendigkeit, wie hier dargestellt, gibt es nicht. Die Inflation und auch die Zinssätze werden auch durch andere Faktoren beeinflußt.
Der Verfasser des Artikels hat das wohl so auf der Uni gelernt, aber das ist eben ein Blödsinn.
Vermutlich hört man bald ein Wehgeschrei, wenn das andere Auswirkungen (auch) hat.

„In diesem Zusammenhang muss Europa für globale Investoren attraktiver werden, wenn es die Kosten der Wiederaufrüstung mit höheren Zinsen finanzieren will. Währungen spielen hier eine wichtige Rolle und wie es bei dieser komplizierten Aufgabe der Fall ist, gibt es genug Widersprüche.“

Eine sehr interessierte Betrachtungsweise, das Säbelrasseln in Deutschland als „komplizierte Aufgabe“ zu charakterisieren. Sozusagen eine reine Konjunkturbelebungsmaßnahme, noch dazu ungewöhnlich …

„»Wir müssen uns auf eine Politik des schwachen Dollars einstellen. Kommt es nicht zu einer Rezession, dürfte die Einführung von Handelsbarrieren in den USA zu einer etwas höheren Inflation und höheren Zinsen führen und den Dollar stärken.
Bisher ist das jedoch nicht der Fall, da der Markt eine deutliche Verlangsamung des Wachstums anzeigt. Sollte der Dollar wieder stärker werden, dürfte Trump Botschaften senden, die seine Währung schwächen«, erklärt Ignacio Dolz de Espejo, Direktor für Investmentlösungen bei Mutuactivos.

Aiman Shanks von Schroders stimmt dem zu: »Theoretisch sollten Zölle und eine stärkere Konjunktur dem Greenback zugutekommen,“

– warum? –

doch die Unsicherheit über das chaotische und schnelle Tempo der Exekutivverordnungen seit Ende Januar, gepaart mit den Auswirkungen auf die US-Wirtschaft, hat die Begeisterung der Anleger für Dollaranlagen deutlich gedämpft.
Der Dollar könnte sich dennoch gut entwickeln, wenn es zu einer Flucht in defensive Anlagen kommt und die anhaltende Inflation die Federal Reserve daran hindert, die Geldpolitik deutlich zu lockern«, erklärt er.“

Man beachte bei diesem Gefasel des Wirtschaftsfachmanns, wie die Inflation zu einem Subjekt wird, das die Akteure der Fed, die über Zinssätze entscheiden, an etwas „hindert“.
Man muß sich wirklich eine Art Gespenst dazudenken, das seine „unsichtbare Hand“ auf die der Bankdirektoren legt und sie daran hindert, einen Knopf zu drücken.

„Ein Beispiel für dieses vorübergehende Misstrauen gegenüber dem Dollar ist der starke Anstieg der europäischen Aktienmärkte im Vergleich zur Wall Street in diesem Jahr.

Doch die grundlegende Frage, die sich viele Analysten stellen, ist, ob Trump möchte, dass der Dollar seine Funktion als Reservewährung der Welt verliert.“

Eine Frage ist, ob Trump das will – Ja, er will das –, eine 2. ist, ob und auf welche Weise er das erreichen kann. Zölle allein dürften nicht genug sein.

„Eine Angst, die, wie Benjamin Dubois, Leiter des Hedge Managements bei Edmond de Rothschild AM, betont, als erste Folge »einen schwindelerregenden Anstieg des Goldpreises« hat, »der zum wichtigsten Reservewert geworden ist, da es keine Währung gibt, die eine echte Alternative zum Dollar bieten kann. Der Goldpreis ist um mehr als 60 % gestiegen und liegt nun bei über 3.000 Dollar pro Unze«, erklärt er.“

Es war in den 90-er Jahren, daß die Zentralbanken – zumindest in Europa – das Gold aus ihren Bankschätzen hinauswarfen und durch Staatsanleihen ersetzten – weil diese, zum Unterschied von Gold, Zinsen abwarfen. Der Bankschatz hörte also auf, „totes Kapital“ zu sein und verwandelte sich in eine Investition.
Auf diese Entwicklung setzte auch die EU bei der Einführung des Euro. Die Euro-Macher hofften, daß jetzt auf Euro lautende Staatsanleihen überall nachgefragt sein würden und der Euro einen fulminanten Start hinlegen würde – und gleichzeitig die Verschuldungsfähigkeit der Euro-Staaten steigen würden. Und ihre Hoffnung wurde erfüllt.
Das dicke Ende kam ein paar Jahre später. Seit der Finanz- und Euro-Krise sind die Staatsanleihen der Euro-Staaten vor allem bei der EZB „nachgefragt“. Diese Institution kauft sie bis heute in großem Umfang auf, um den Kredit der Wackelstaaten zu stützen. Woanders sind diese Anleihen (z.B. Griechenlands, Italiens, Zyperns) – mit einigen Ausnahmen – weitaus weniger nachgefragt. Die US-Anleihen hingegen haben weltweit einen besseren Stand, vor allem, seit die Fed die Zinsen erhöht hat.
Wie sich gezeigt hat, ist ein weltweiter Umstieg auf Euro-Anleihen nach wie vor eher unwahrscheinlich – obwohl die EU und vor allem Deutschland mit ihren Rüstungsvorhaben versucht, das zu ändern und zumindest deutsche Anleihen wieder attraktiv zu machen.
Die Zentralbanken Rußlands, Chinas und auch Indiens kaufen schon seit einiger Zeit Gold auf, um ihre Bankschätze damit auszupolstern. Das sind diejenigen Staaten, die von einer Schwächung des Dollar als Reservewährung am ehesten profitieren könnten – obwohl nicht absehrbar ist, wie.

„Eine durchaus relevante Frage, wie der Mathematiker und Analyst Juan Ignacio Crespo betont:“

Man muß schon nachfragen, welche Frage eigentlich so relevant ist? Will Trump den Dollar schwächen, ihn als Reservewährung unattraktiv machen, und kann er das überhaupt? – mindestens 3 Fragen sind hier versammelt.

„»Die eine Hälfte der Welt schaut fassungslos zu, und die andere Hälfte ist entsetzt darüber, was mit dem Dollar als allgemein akzeptierter Währung und Eckpfeiler des globalen Finanzsystems geschehen wird.«

Bei Seiten nehmen also eine sehr dümmliche und tantenhafte Stellung zu den Handlungen des US-Häuptlings ein und sind sogar weit entfernt davon, eine der 3 Fragen zu stellen.

„Rund 70 % der internationalen Transaktionen werden in Dollar abgewickelt. Die Vorherrschaft des Dollars hat es den USA ermöglicht, sich problemlos und zu niedrigeren Zinsen zu finanzieren, als sie es ohne ihren Status als globale Reservewährung tun müssten.“

Hier werden 2 Funktionen des Weltgeldes, die sehr verschieden sind, in einem Atemzug erwähnt. An der Rolle des Dollar als Handelswährung will Trump festhalten – deswegen will er auch keine Gemeinschaftswährung bei den BRICS zulassen, – an der als Reservewährung hingegen will er rütteln.
Hier wiederum erhebt sich die Frage, ob das eine ohne das andere zu haben ist?

„»Der jüngste Rückgang des Dollars könnte der Beginn eines tieferen Trends sein, und eine zweite Amtszeit Trumps könnte dazu führen, dass der Dollar seinen dominanten Status verliert, den er im letzten Jahrzehnt innehatte«, erklärt Benjamin Dubois.“

Im letzten Jahrzehnt?!

„Und er fügt hinzu: »Diese von Stephen Miran, Donald Trumps wichtigstem Wirtschaftsberater, entwickelte Umstrukturierung basiert auf der Überzeugung, dass der Dollar abwerten muss, um die Reindustrialisierung der USA zu ermöglichen. Zölle sind ein zentrales Element seiner Strategie, die andere Länder zu Währungsabkommen ermutigt. Dies ist das sogenannte Mar-a-Lago-Abkommen, ähnlich früheren Währungsabkommen, die nach ihrem jeweiligen Unterzeichnungsort benannt sind, wie Bretton Woods (1944), Plaza (1985) und Louvre (1987)“, folgert Dubois.“

Es ist schon beachtlich von dem Finanzexperten der Rothschild-Bank, das Bretton Woods-Abkommen, das die Dominanz des Dollars nach 1945 festschrieb – bis heute! – mit den zwei obskuren Abkommen der Ära Reagan, die zur Finanzierung seines antikommunistischen Kreuzzugs dienten, in einen Topf zu werfen.
Außerhalb von Bankiers-Kreisen sind diese Abkommen ziemlich unbekannt. Aber immerhin handelt es sich um Absprachen zwischen Staaten. Das kann man von der Trumpschen Zollpolitik nicht sagen, die kennt eigentlich nur Gegner, keine Verbündeten.

„Folgen

Die Vorherrschaft des Dollars hat sich gefestigt, da er international als die Währung mit dem geringsten Risiko gilt. Dem Euro ist es in den 25 Jahren seines Bestehens nicht gelungen, diese Position einzunehmen, und in jüngster Zeit ist es den aufstrebenden BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) nicht gelungen, eine konkurrierende Währung zu schaffen.“

Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
Der Euro sollte dem Dollar Konkurrenz machen und ist dabei auf die Nase gefallen. Seine Schöpfer haben ihn genau deshalb geschaffen.
Er ist als Reservewährung nach der Finanzkrise stark zurückgefallen. Als Handelswährung ist er außerhalb Europas bedeutungslos.
Die BRICS hingegen arbeiten gar nicht an einer Ersatzwährung. Das ist ein Märchen, das von westlichen sogenannten Experten in die Welt gesetzt wurde und seither gebetsmühlenartig wiederholt wird – immer mit dem Zusatz, daß sie es nicht schaffen..
Manche der BRICS-Mitglieder hätten es gerne, anderen, wie Indien, ist das völlig gleichgültig.
Woran die BRICS arbeiten, ist ein Abrechnungsmodus jenseits des Dollars. Das ist aber nicht mit einem Währungsprojekt wie dem Euro zu verwechseln.

„Philippe Waechter, Chefökonom bei Ostrum AM, versucht, sich eine neue Welt vorzustellen, in der der Dollar als Reservewährung entthront wurde. (…)“

Es folgen konfuse und ziemlich dumme Phrasen über die Gefährdung des Dollar und des Welthandels, die Trumps erboste Äußerungen, der Dollar habe sich einem Mittel für Amerikas Rivalen entwickelt, durchaus bestärken.

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KASTEN, D.H. ERGÄNZUNG IN SELBIGEM ARTIKEL:

„Prognosen gegenüber dem Euro

Der berühmte »Tag der Befreiung« kam und mit ihm geriet die Welt in einen globalen Handelskrieg. Am vergangenen Mittwoch kündigte US-Präsident Donald Trump allgemeine Zölle in Höhe von 10 % und weitere Sanktionen gegen seine wichtigsten Handelsspartner an. Im Falle der EU beträgt der Satz 20 %, während er für China auf 34 % ansteigt.
Diese beispiellosen Maßnahmen, die mit erfundenen Handelsbeschwerden untermauert werden, wirken sich direkt auf zahlreiche wirtschaftliche Variablen aus. Am deutlichsten sind ihre Auswirkungen auf den Devisenmarkt. Sämtliche Prognosen zur Entwicklung des Euro-Dollar-Kurses haben sich als falsch erwiesen.
Klar scheint jedoch, dass die europäische Währung gegenüber dem Greenback weiter an Stärke gewinnen wird.“

Welch ein Satz! Entweder etwas ist „klar“, oder es „scheint“!

„Aber wie weit?“

Ja, das wüßten die Währungsspekulanten alle gerne, und dafür halten sie sich auch sogenannte „Analysten“, die aber gegenüber Trump und seiner Politik alle ratlos zu sein scheinen und deswegen jede Menge leeres Blabla von sich geben.

„Am Donnerstag, dem Tag nach Bekanntgabe der Maßnahmen, verzeichnete der Euro gegenüber seinem Konkurrenten seinen besten Tag seit 2015.“

Komisch, daß inzwischen gar keine warnenden Stimmen hörbar werden, die aufgrund des Ansteigens des Euro-Kurses die europäische „Wettbewerbsfähigkeit“ in Gefahr sehen.

„Trotz der bisherigen Aufwertung sehen die Experten von Citi Raum für eine weitere Aufwertung und setzen ihr mittelfristiges Ziel auf einen Wechselkurs von 1,15 Dollar pro Euro.
In den USA wird mit einem langsameren Wirtschaftswachstum gerechnet, was die Federal Reserve dazu zwingen wird, die Zinssätze aggressiver zu senken.“

Jetzt ist es wieder das Wirtschaftswachstum, das gespenstisch seine unsichtbare Hand auf die der Fed-Entscheidungsträger legen wird!

Was Trump so treibt, mag ja auch nicht besonders sympathisch oder durchdacht sein.
Aber was seine Kritiker von sich geben, ist wirklich an der Grenze des Schwachsinns.
Das Beunruhigende ist, daß letztere die europäische Politik bestimmen oder zumindest auf sie einwirken.

Pinnwand zu heißen Themen 4

IMPERIALISMUS, NATIONALISMUS, AUSLÄNDERPOLITIK, PROPAGANDA GEGEN DEN ISLAM UND FÜR „GUTE“ ISLAMISTEN, WAHLEN, DER KRIEG ALS NORMALITÄT, USW.

Mir ist aufgefallen daß es schon ewig keine allgemeine Rubrik gibt, bei der man alles mögliche posten kann, weshalb manche Posts auch an etwas unpassenden Stellen landen.

Also bitte alles, was sonst nirgends hinpaßt, hierher damit.