DIE STERBLICHKEIT
1. Vom Leben und Sterben im Kapitalismus
Jeder stirbt einmal. Aber ob früher oder später, macht schon einen Unterschied für die Betroffenen und ihre Umgebung aus. Es ist allgemein anerkannt, daß die Erhöhung der Lebenserwartung eine zivilisatorische Errungenschaft ist.
Aber das ist nicht so gut, wie es ausschaut. Erstens ist immer noch Luft nach oben, schon was das hohe Alter angeht, zweitens aber sagt das bloße Datum, die Quantität der Lebensjahre, nichts aus über die Qualität, mit der dieses Leben abgelaufen ist.
Eine britische Krankenschwester und Sterbebegleiterin hat einmal ein Buch geschrieben, in dem sie erzählt, daß viele der von ihr Betreuten auf dem Sterbebett gesagt haben: Kämen sie noch einmal auf die Welt, so würden sie versuchen, das zu tun, was sie wollen, und nicht das, was andere von ihnen erwarten.
Die Erwartungshaltung von Regierungen und Behörden ist beachtlich: Sie hätten es am liebsten, wenn ihre werten Mitbürger ihre Gesundheit nur beim Dienst an Staat und Kapital vernutzen und nicht mit Lastern aller Art wie Rauchen und Saufen; gesunde Sportarten treiben, anstatt mit Extremsportarten zu verunfallen, und sich stabil reproduzieren. Also 2 Kinder in die Welt setzen und die ordentlich und anständig ernähren und erziehen.
Zum Mißfallen vieler Beamter und Politiker tun die Leute das jedoch nicht und belasten deshalb das Gesundheitswesen, was stöhn! stöhn! Steuergeld kostet.
Über die Ausgaben, an denen auch andere Interessierte wie Pharmakonzerne hängen, wird genau Buch geführt und immer wieder gejammert, daß das alles viel zu viel kostet. Ein Präsident der Weltmacht Nr. 1 ist daran gescheitert, seinen Bürgern eine erschwingliche Krankenversorgung einzurichten, während unter seiner Regierungszeit immerhin einige Kriege und Bombardements stattfanden, was die US-Staatskasse sicher auch einiges gekostet hat.
Zur Pflege der Volksgesundheit gehört auch das Sammeln von Daten über die Häufigkeit verschiedener Gebrechen, und die Todesrate. Wenn sich eine tödliche Krankheit häuft, wie z.B. jetzt das Coronavirus, so werden dagegen Maßnahmen ergriffen. Ansonsten gibt es Empfehlungen zu Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen.
Im Großen und Ganzen ist es jedoch gerade angesichts der medizinischen Kenntnisse weltweit beachtlich, wie wenig davon zur Anwendung gelangt bzw. wie wenig gesellschaftliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Menschen gesünder zu machen.
Und diese relative Gleichgültigkeit gegenüber der Lebensqualität zeigt sich auch bei den Sterblichkeitsdaten.
2. Krankheiten überhaupt
Es gibt einen Haufen Krankheiten und Gebrechen, die die Bürger Europas befallen, gegen die aber relativ wenig gemacht wird, weil sie erstens nicht allzu häufig sind, und zweitens nicht unbedingt tödlich. Dazu gehören die Erkrankungen des Nervensystems, wie Multiple Sklerose, Epilepsie, Parkinson u.a. Weder ist das Erforschen dieser Krankheiten Chefsache, noch werden Maßnahmen ergriffen, um ihr Auftreten zu reduzieren.
Dann gehören weiters Autoimmunerkrankungen und solche des Stoffwechsels, die zwar schon lange existieren, aber auch heute noch bestenfalls mit irgendwelchen symptomschwächenden Medikamenten behandelt werden.
Dann die Atemwegserkrankungen, Magengeschwüre, usw.
Schließlich gehören dazu die Krankheiten der Psyche, die inzwischen soweit als Krankheit anerkannt sind, daß Therapien und Medikamente vom öffentlichen Gesundheitswesen getragen werden, bezüglich deren Ursachen und der möglichen Vermeidung Psychologie und Medizin jedoch völlig im Dunklen tappen.
Beliebt sind hier wie auch bei „gewöhnlichen“ Krankheiten die Behauptungen, etwas sei „erblich“ oder „genetisch“, um sich um genauere Nachforschungen herumzudrücken.
Es kennt doch jeder von uns: Man selber oder ein Verwandter erkrankt, man geht zu einer Reihe von Ärzten und meistens kriegt man eine Reihe von Pillen oder Salben, bestenfalls noch eine Überweisung zu einem Kuraufenthalt. Sowohl was Diagnose, als auch Ursachenforschung und Behandlung angeht, ist Eile und schnelle Abfertigung angesagt. Meistens noch mit der Aufforderung garniert, weniger zu rauchen, zu trinken und mehr Bewegung zu machen.
Die einen sind dergleichen Behandlung schon so gewohnt, daß sie sich freuen, das Medikament um die Rezeptgebühr zu kriegen.
Die anderen sind sie satt und laufen zu Alternativmedizinern, die von Behörden und guten Staatsbürgern als Kurpfuscher abqualifiziert werden.
Eine ähnliche gesellschaftliche Haltung wird zu Tod und Todesarten eingenommen. Das zeigt sich auch in der Datenerfassung und den Sterblichkeitsstatistiken.
3. Obduktionen und Todesursachen
In Deutschland werden angeblich 1-2% aller Toten obduziert. Vermutlich ist 1% schon zu hoch gegriffen. In Italien werden Autopsien überhaupt fast nur an vermuteten Mordopfern festgenommen, bei normalen Verstorbenen sind sie ganz ungewöhnlich.
Die Obduktion findet in Österreich statt, wenn die Ärzte selbst sie für geraten ansehen, oder wenn sie gerichtsmedizinisch verordnet wird. In diesen Fällen tragen das Spital oder irgendwelche Behörden die Kosten.
Wollen die Angehörigen eine Obduktion vornehmen lassen, so müssen sie selber die Kosten tragen, die z.B. in Österreich so um die 3000 Euro liegen. Diese Fälle sind also eher selten.
Aber allgemein kann man sagen, daß Autopsien in der EU eine Ausnahme darstellen, es muß etwas Besonderes eintreten, damit überhaupt eine vorgenommen wird.
Wenn manche Zweifler sich heute beschweren, daß anläßlich der angeblichen Coronavirus-Toten so wenige Autopsien vorgenommen werden, so kann man feststellen, daß gerade nie so viele Autopsien vorgenommen wurden wie derzeit.
Es wird angenommen, daß jeder 2. Mord in Deutschland unentdeckt bleibt, weil an dem Opfer keine Obduktion vorgenommen wird.
Das ist aber weniger an einem Vertuschungsinteresse gelegen, als an dem Prinzip, das Gesundheitswesen nicht mit „unnötigen“ Ausgaben zu belasten, und einer gewissen abgeklärten Gleichgültigkeit, auch Resignation gegenüber den Todesursachen allgemein.
Bei den Todesursachen gibt es die 2 Stars Krebs und Herz-Kreislauf-Versagen.
Während der Krebs immerhin diagnostiziert und behandelt wurde, die Todesursache also eine gewisse Übereinstimmung mit der Krankheit aufweist, die zu ihr geführt hat, so sind das Herz und das Gehirn meistens die letzten Stationen, an denen der Körper seinen Geist aufgibt. Alkoholismus, Depressionen, Lungenkrankheiten oder Leberzirrhose, alles im Zusammenhang mit stark wirkenden Medikamenten, münden meistens in einem tödlichen Herzinfarkt. In der Todesursage „Herzversagen“ oder „Gehirnblutung“ sind jedoch diese ganzen Verlaufsformen gelöscht. Die Krankengeschichte landet im Mist, um die Buchhaltung zu entlasten.
Als dritthäufigste Todesursache macht der Diabetes Fortschritte. In Deutschland soll angeblich jeder 5. daran sterben, weltweit angeblich jeder 10. Auch hier sind die Statistiken und Angaben mit Vorsicht zu genießen und allein deswegen umstritten, weil oft Ärzte der betroffenen Fachgebiete die „offiziellen“ Statistiken hinterfragen, weil sie die Wichtigkeit ihres Faches herausstreichen wollen.
Der Diabetes als Stoffwechselkrankheit ist eindeutig eine Folge anderer Faktoren (Ernährung, Lebensumstände, Bewegung, Depressionen), die aber in dieser Diagnose auch gelöscht, und die Betroffenen auf Diät und Insulin gesetzt werden.
Schließlich ist es auch denkbar, daß in Kliniken, die sich auf bestimmte Krankheiten spezialisieren wollen, dergleichen Fälle häufiger diagnostiziert werden, um an die benötigten Mittel aus den Versicherungstöpfen zu kommen.
Auf einem anderen Blatt stehen die Selbstmorde. Da ist es wieder so, daß die lokalen Behörden es nicht gerade als Ruhmesblatt ihrer Gemeinden ansehen, wenn sich die Leute massenhaft umbringen und Selbstmorde, wenn möglich, lieber als Unfall, Herzversagen oder „Todesursache unbekannt“ qualifizieren.
Auch so sind die Selbstmorde z.B. in Italien die häufigste nicht mit einer Krankheit verbundene Todesart, noch vor Unfällen und Morden.
Angesichts der überall in Europa (und vermutlich auch anderswo) ansteigenden Selbstmordraten ist es auffallend, wie wenig Beachtung diesem Umstand gewidmet wird. In den Medien herrscht inzwischen völliges Schweigen dazu.
Während im in den 80-er Jahren in Österreich, das damals weltweit ziemlich weit oben auf der Skala der Selbstmorde pro Kopf der Bevölkerung stand, hin und wieder Artikel zu dem Thema erschienen und Studien erstellt wurden, liest man heutzutage kaum mehr etwas davon.
Seit der Wende ist dies eine gesellschaftliche Erscheinung, mit der sich die wissenschaftliche Welt, das Bildungswesen und die gewöhnlichen Mainstream-)Medien einfach nicht mehr beschäftigen wollen.
Man hat manchmal sogar den Eindruck, daß Behörden, Psychologen und Mediziner den Selbstmord als eine Art Entlastung des Sozialsystems betrachten, der Überflüssige, Sozialhilfebezieher, Dauerpatienten und Pflegefälle aus dem System entfernt.
4. Datenerfassung und Statistiken
Man kann anläßlich all dieser Umstände sagen, daß das Einzige, was an den Todesstatistiken verläßlich ist, die Anzahl der jährlich gemeldeten Toten ist. Das schaffen die Datenerhebungs-Zuständigen gerade noch.
Die Aufteilung der Toten auf die verschiedenen Todesursachen ist jedoch mehr als fragwürdig und kann höchstens als Annäherungs- bzw. Schätzwert betrachtet werden.
Deshalb werden von vielen als einzig verläßliche Daten zum Coronavirus diejenigen zur Übersterblichkeit angesehen.
Die wiederum sagen über den Verlauf der Coronavirus-Erkrankung der Todesopfer wenig bis gar nichts aus.
Sind sie an einem durch die virale Infektion verursachten Immunschock gestorben? An einer Überreaktion des Immunsystems? (Das war eine der wichtigsten Todesursachen bei jüngeren Leuten bei der Spanischen Grippe.) An einem multiplen Organversagen aufgrund der mangelnden Sauerstoffversorgung? An einem Herzversagen aufgrund der Überforderung des Immunsystems? An einem Herz-Kreislauf-Versagen aufgrund der Aufregung rundherum? An einer Lungenentzündung, die im Gefolge der Infektion durch das Coronavirus mit dem geschwächten Organismus leichtes Spiel hatte? (Das war eine der Haupt-Todesursachen der Spanischen Grippe, zumindest in den USA)
Fragen über Fragen, die aber inmitten der ganzen Aufregung um Lockdowns und sinkendes BIP kaum jemanden zu interessieren scheinen.
nächstes Mal: Das BIP
Kategorie: öffentliche Schulden (Staaten, Länder, Gemeinden)
Zum Libanon
NOCH EIN FAILED STATE?
Eine kurze Chronologie der Geschichte des Libanon:
1920-26 Teil des Französischen Mandatsgebietes
1926 Um der Aufstandsbewegung der Drusen entgegenzutreten, wird das Gebiet des heutigen Libanon mit einer gewissen Autonomie und einer Verfassung ausgestattet, die Staatsämter unter verschiedene Konfessionen aufteilt.
1941 von einem General der französischen Exilregierung in die Unabhängigkeit geschickt, um damit einen Legitimitätstitel gegenüber Vichy-Frankreich zu haben. Die Abtrennung des Libanon von Syrien und die Konstituierung als Staat ging also von der Kolonialmacht aus und war ihrem Interesse geschuldet, sich Anerkennung zu verschaffen.
1943 Der Libanon erklärte sich nach Wahlen und der Bildung einer Regierung selbständig zu einem Staat. Als Dank für die Unabhängigkeit entsandte diese Regierung 20.000 Freiwillige an Seite Frankreichs in den II. Weltkrieg.
1945 Der in US-Schulen im Libanon erzogene Charles Malik wird einer der Verfasser der UN-Charta. Die USA werden zu einer Art neuer Schutzmacht des Libanon.
1948 Kriegserklärung an Israel. Bis heute befindet sich der Libanon im Kriegszustand mit Israel.
1958 „Libanonkrise“ – Im Machtkampf rund um fragwürdige Wahlen ruft der eine Kandidat die US-Flotte zu Hilfe, die von seinem siegreichen Rivalen wieder weggeschickt wird.
1970 „Schwarzer September“ in Jordanien, die palästinensischen Vertriebenen flüchten in den Libanon, wo die PLO ihren neuen Sitz errichtet. Dadurch verändert sich das Verhältnis Christen-Muslime und das fragile bisherige Proporz-System des Libanon kippt.
1975 Beginn des libanesischen Bürgerkriegs
1976 Massaker von Karantina und Damur. Beirut wird von konfessionell ausgerichteten Milizen in Einflußbereiche aufgeteilt.
1982 Israelischer Einmarsch in den Libanon. Massaker von Sabra und Schatila: Christlich-falangistische Milizen, mit Unterstützung des israelischen Militärs, wüten in palästinensischen Flüchtlingslagern. Zwischen 480 und 3000 Todesopfer. Gründung der Hisbollah als Selbstverteidigungsgruppe der schiitischen Bevölkerung und Quasi-Schutzmacht der Palästinenser.
1989 Das Abkommen von Taïf beendet den Bürgerkrieg und richtet einen neuen Proporz zwischen den Vertretern der verschiedenen Konfessionen ein. Bilanz des Bürgerkriegs und der israelischen Invasion: Um die 90.000 Tote, 800.000 Libanesen verließen das Land. Das Eisenbahnnetz wurde zerstört. Während des Bürgerkrieges wurde der Libanon zu einer Einflußzone zwischen Iran, Syrien und Israel, das ist er bis heute geblieben.
1991 „Kooperationsvertrag“ mit Syrien, der Libanon wird eine Art syrisches Protektorat. Die syrische Absicht, sich den Libanon als eine Art „verlorenes Territorium“ schrittweise anzugliedern, wird von anderen Playern in der Region hintertrieben.
1992 Einzug der Hisbollah ins libanesische Parlament.
1994-95 wiederholte Bombardements Israels im Südlibanon.
2000 Abzug der israelischen Armee.
2005 Ermordung des Sunniten Rafik Hariri, der den Wiederaufbau des Libanon durch gewaltige Auslandsverschuldung finanziert hatte. Die darauf folgenden Unruhen führten zum Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon. Der Abzug der Schutzmacht hatte den
2006 2. Libanonkrieg bzw. Julikrieg zur Folge. Die israelischen Bombardements zerstörten das Straßennetz des Libanon. Auch die Landwirtschaft wurde schwer getroffen und hat sich bis heute nicht erholt, wie man an den gewaltigen Getreideimporten sehen kann. Dem Einmarsch und den Bombardements der israelischen Armee fielen ca. 1500 Menschen zum Opfer. Die Reparatur der Schäden, die bis heute nicht annähernd bewältigt ist, wurde ebenfalls wieder durch Auslandsverschuldung bewerkstelligt.
2011 Beginn des syrischen Bürgerkriegs. Der Libanon wird zum Hinterland. Flüchtlinge und Aufständische überschreiten die Grenzen. Bis heute beherbergt der Libanon über eine Million syrischer Flüchtlinge.
2013 Die Hisbollah verkündet ihre militärische Unterstützung für Assad und greift in den syrischen Krieg ein. Das Schiff „Rhosus“ läuft mit einer Ladung von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat in den Hafen von Beirut ein.
2017 Ministerpräsident Saad Hariri (Sohn von Rafik Hariri) verkündet seinen Rücktritt aus Saudi-Arabien. Der Rücktritt wurde später zurückgezogen.
2019 Abwahl Hariris. Sein Nachfolger Diab und dessen Regierung kann den praktischen ökonomischen Zusammenbruch des Libanon nicht wegzaubern. Ständige Proteste bis zum August 2020 und darüber hinaus.
4.8. 2020: Das Ammoniumnitrat und andere explosive Stoffe explodieren im Hafen von Beirut.
———————
Diese kurze Chronik läßt einen erstaunen, daß dieser Staat überhaupt noch existiert und bis heute irgendwie auch noch funktioniert hat.
Nach den Aussagen des Kapitäns der Rhosus (– des Schiffs, das das Ammoniumnitrat nach Beirut brachte,) über die trüben Manöver des Besitzers von Schiff und Fracht, des inzwischen in Zypern ansässigen Russen Gretschuschkin, läßt sich schließen, daß letzterer von einem unbekannten Auftraggeber einen Haufen Geld bekommen hat, um diese für Bombenbau verwendete Substanz in den Hafen von Beirut zu bringen.
Da dergleichen Material in den Libanon nicht eingeführt werden darf, bediente sich der Besitzer des Vorwandes des Aufladens von zusätzlicher Fracht, um mit einer Art Transitvisum dennoch den Hafen von Beirut anlaufen zu dürfen. Die dort zu ladende Fracht war viel zu groß, um auf das Schiff zu passen. Dann weigerte er sich, die Hafengebühren zu zahlen und ließ das Schiff, die Fracht und die Besatzung im Hafen von Beirut stranden.
Der Hafen von Beirut steht unter der Verwaltung und Kontrolle der Hisbollah. Diese hegte den wohlbegründeten Verdacht, daß diese Fracht für den IS oder andere bewaffnete Aufständische in Syrien bestimmt war und ihnen und ihren syrischen Verbündeten um die Ohren fliegen würde, und verbot den Verkauf. (Niemand braucht in der dortigen Region eine solche Menge an Düngemitteln, und Israel bezieht seine Fracht von woanders.)
Es gibt zusätzliche Hinweise, daß die ursprüngliche Explosion in einem Waffenarsenal der Hisbollah ausbrach, das möglicherweise von Israel beschossen wurde. US-Präsident Trump sprach sofort von einem Anschlag, er wußte vielleicht etwas. Diese Explosion löste erst die des Ammoniumnitrats aus, das nicht selbstentzündlich ist und sich deswegen so gut für Bombenanschläger mit Zeitzünder eignet.
Die Demonstranten im Libanon fordern ein neues „System“. Das hätten viele Menschen auf der Welt gerne. Angesichts des weiter oben ausgeführten Zustandes des Libanon ist jedoch diesbezüglich guter Rat teuer.
Die internationalen Medien echoen diese Forderung, was seinen Grund in der Gegnerschaft zur Hisbollah hat.
Die Hisbollah war in den letzten 20 Jahren das Rückgrat des Libanon und der Hauptgrund, warum dieser Staat noch irgendwie funktioniert hat, auch aufgrund der – durchaus materiellen, nicht nur militärischen – Unterstützung aus Syrien und dem Iran. Außerdem hat die Hisbollah inzwischen ein weltweites Netzwerk des Handels, vor allem mit Drogen aus Lateinamerika, aufgezogen.
Ausgehend von Israel und den Golfstaaten sowie den USA haben inzwischen auch viele Staaten Europas die Hisbollah als Terrororganisation eingestuft, was ihre Tätigkeit auf dem Territorium dieser Staaten verunmöglicht.
Das Geschrei nach „Veränderung“ und „Systemwechsel“ im Libanon richtet sich also gegen die Hisbollah, der vor allem ihr Eingriff in den syrischen Krieg sehr verübelt wird.
EZB, Euro und Währungssysteme überhaupt
GRUNDSÄTZLICHES ÜBER GELD UND KREDIT IN DER EU (UND AUSSERHALB)
Wenn heute von der „Corona-Krise“ geredet wird, ist das irreführend, weil die wirtschaftlichen Verwerfungen aufgrund der Lockdowns treffen auf ein Wirtschafts- und Währungssystem, das schon vorher höchst wackelig war. Es geht also nicht um eine neue, zyklische Krise, nachdem die vorige überwunden worden wäre, sondern um die Verschärfung einer sowieso auf die Dauer unhaltbaren Lage.
Wie man auf Spanisch sagt: Llueve sobre mojado – es regnet auf nassen Grund.
1. Die Rolle der EZB
Lagarde hat gleich bei Amtsantritt angekündigt, das Aufkaufsprogramm ihres Vorgängers fortzusetzen, was ja auch schon gewaltige Geldmengen zumindest in die Bankenwelt geleert hat, indem Staats- und Firmenanleihen aufgekauft wurden. Vergessen wir dabei auch nicht die Bankanleihen, zur Vermeidung von Bankencrashes.
Dieses Programm wurde von Draghi kurz nach seiner Übernahme verkündet, nachdem Trichet die EZB mehr schlecht als recht und durch ad-hoc-Aufkäufe durch den Anfang der Euro-Krise manövriert hatte.
Draghi sagte damals sinngemäß: Wir werden alles Nötige tun, um den Euro zu retten.
Diese Maßnahme war zunächst als Überbrückungsmaßnahme gedacht, bis „die Konjunkturlokomotive wieder anspringt“, ein ordentliches Wachstum zustandekommt, usw. usf.
Was nicht eingetreten ist.
Bis zum Wechsel Draghi-Lagarde war bereits klar, daß es sich hierbei um eine Dauereinrichtung handeln wird, weil all die Jubelmeldungen um 1,5%-Wachstümer irgendwo in der EU nicht darüber hinwegtäuschen konnten, daß auch die kreditfinanziert waren und der große Sprung nach vorn nicht mehr passieren wird.
Damit war auch entschieden, daß man dieser Tatsache ins Auge sehen muß und die EZB daher in Zukunft eher mehr als weniger Geld in die Wirtschaft pumpen muß. Das war bereits vor der Coronakrise klar.
Die Klage vor dem deutschen Verfassungsgericht mit dem Anliegen, der EZB die Schuldenfinanzierung zu untersagen, war ebenfalls bereits vorher anhängig und wurde erst jetzt, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, entschieden.
(Wer sind eigentlich die Kläger?)
2. Die Rolle der Nationalbanken
Die Notenbanken in der Eurozone haben inzwischen andere Aufgaben als die außerhalb derselben.
Die Notenbanken Ungarns, Polens usw. sind darauf verpflichtet, ihren Wechselkurs zum Euro, an den sie in ausschließlicher Form gebunden sind, durch Anleihen-Emissionen auf Euro-Börsen halbwegs stabil zu halten. Dadurch, daß sie bei ihrem Beitritt die Bindung an andere Währungen in Form von Währungs-Körben aufgeben mußten, stärken sie den Euro, ohne an ihm teilzuhaben, und erweitern sein Spektrum. Sie sind dadurch weitaus abhängiger und schwächer, als es diverse westeuropäische Währungen vor der Einführung des Euro waren. Um das an einem Beispiel zu veranschaulichen: Der heutige Forint ist eine lokal begrenztere Währung als es die Drachme vor der Euro-Einführung war.
Das zeigt sich auch an den großen Unterschieden, die zwischen An- und Verkaufskurs dieser Währungen zum Euro bestehen – mit Ausnahme etwas stärkerer Währungen, wie der schwedischen, dänischen oder tschechischen Krone.
Die NB-Chefs Ungarns, Polens oder Rumäniens usw. sind deshalb im Wesentlichen mit Währungspflege beschäftigt, mit Zinsfuß hinauf und hinunter, um ihre Staatsanleihen attraktiv zu halten. Ein guter Teil ihrer Staatsschuld ist also dem Aufrechterhalten des Wechselkurses geschuldet.
Anders die Notenbanken der Euro-Staaten: Ihre Direktoren sitzen im Aufsichtsrat der EZB und bestimmen den EZB-Kurs mit. Die Staaten mit intaktem Kredit kritisieren schon seit einiger Zeit das Aufkaufsprogramm der EZB und die sich daraus ergebenden Null- und Niedrigzinsen, was auf eine gewisse Kurzsichtigkeit von deren Vertretern hinweist: Der Euro besteht nur solange, als sich auch die auf der Verliererschiene befindlichen Staaten finanzieren können, und auch Deutschlands Export funktioniert nur, indem im EU-Ausland genug Zahlungsfähigkeit existiert.
De facto kreditieren die produzierenden Staaten die konsumierenden, um ihr Zeug loszuwerden. Und das müssen sie auch, um dieses schiefe Verhältnis weiter aufrechtzuerhalten.
Die EZB will mit ihrem Programm diesen Zustand weiter aufrechterhalten und Geld ohne Ende in die Ökonomien der EU oder zumindest Eurozone hineinleeren.
Andere Staaten, so vermute ich, denken schon eine einen möglichen Crash des Euro und wollen sich für die Zeit danach mit möglichst wenigen Verbindlichkeiten belasten. Es ist übrigens auffallend, daß dieser Einwand inzwischen von Regierungschefs und nicht von Notenbankchefs verkündet wird.
——
Eine Erinnerung an einen anderen Schauplatz: Argentinien ist de facto zahlungsunfähig. Die einzige Möglichkeit, einen neuerlichen Bankrott zu verhindern, besteht darin, daß der IWF die Schulden übernimmt. Das hieße aber, daß der der IWF praktisch zu einer Stützungsinstitution für US-Banken wird, die die Haupt-Gläubiger Argentiniens sind.
Die Entscheidung darüber wird durch Fristverlängerungen hinausgeschoben, aber das geht auch nicht ewig.
Ginge Argentinien neuerlich bankrott, wäre das als Scheitern des IWF zu verbuchen, mit unabsehbaren Konsequenzen, und würde das US-Bankensystem und das weltweite Währungssystem erschüttern. Diesmal ließe es sich nämlich nicht, wie 2002, als eine kleine Störung im Getriebe handhaben und wegwischen.