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Da der Thread bei dem alten Artikel von 2014 schon zu unübersichtlich geworden ist, so richte ich hiermit eine Fortsetzungs-Seite ein.
Kategorie: Postsozialismus
Eine zerfledderte EU, eine kriegsgeile USA, und ein Haufen Schulden mit unsicherem Besitzer
WAR GAMES
Die EU kämpft derzeit an zwei Fronten um ihren Bestand.
I. Griechenland
Die entgegen allen Beeinflussungs-Versuchen an die Adresse der griechischen Wähler dennoch an die Macht gekommene neue Regierungsmannschaft steht vor einer ruinierten Ökonomie und einem Haufen Schulden. Es ist begreiflich und auch wirtschaftlich sinnvoll, wenn sie sagen; um die Wirtschaft einmal auf die Beine zu bringen, müssen die Schulden weg oder zumindest substantiell reduziert werden.
Diesem Ansinnen steht eine – nach anfänglichen Sympathien von Seiten einiger Regierungen – geeinte EU gegenüber, die sagt: „Kommt nicht in Frage!“
Man muß sich die völlige Unversöhnlichkeit der beiden Standpunkte vor Augen halten. Von den griechischen Politikern wird verlangt, sich alle „populistischen“ Wahlversprechungen abzuschminken und der weiteren völligen Zerstörung ihres Landes zuzustimmen, und diese dann auch noch aktiv voranzutreiben.
Um dieses unverschämte Ultimatum noch irgendwie zu unterstreichen, hat die EZB den Ankauf griechischer Staatsanleihen gestoppt, Standard & Poors die griechischen Anleihen weiter herabgestuft und über Reuters wird eine rosige Prognose für Spanien verbreitet, die zeigen soll, wie gut die Sparmaßnahmen dort gegriffen haben. Motto: es geht ja, wenn man nur will!
Was bleibt Griechenland eigentlich übrig? Eigentlich nur ein Austritt aus der EU und ein Anschluß an die Eurasisische Union, was auch wieder einen NATO-Austritt bedeuten würde, und ob der zugelassen wird?
Das Szenario ist angesichts der Unerbittlichkeit der restlichen EU-Staaten realistisch, wenngleich besorgnisserregend für die Lage in Europa. Es erhöht nämlich die Kriegsgefahr, angesichts einer USA, die mit allen Mitteln die EU hinter sich versammeln will, um zum Showdown gegen Rußland antreten zu können.
II. Die Ukraine
Die Ukraine hat keine Regierung, sondern nur ein paar Hampelmänner, die jeden Tag von den USA instruiert werden, was sie zu tun und zu sagen haben.
Sie hat kein Militär, sondern nur einen Haufen zu allem entschlossener Patrioten, die versuchen, Teile ihres 43-Millionen-Volkes mit vorgehaltenem Gewehr zum Abschlachten eines anderen Teiles zu bewegen. Es ist voraussehbar, daß dieses Programm nicht sehr dauerhaft sein, und schon gar nicht zur Herstellung einer nationalen Einheit dienen kann.
Sie hat kein Geld, und die produktiven Teile ihrer Ökonomie verringern sich täglich, während auch hier ein Haufen Schulden in der Warteschlange steht. Abgesehen davon, daß die EU unter der Hand vermutlich die Gasprom-Rechnungen gezahlt hat und noch zahlen wird, ist es auch fraglich, ob überhaupt die Zinsen auf die Staatsanleihen gezahlt werden, die bei irgendwelchen Banken herumgammeln. Möglicherweise werden die still und leise von der EZB bedient, aber pscht! damit dieUkraine nicht Staatsbankrott anmelden muß. Weil dann wären ihre Schulden endgültig entwertet.
III. Die EU
stört es zwar sehr, daß die Ukraine keine Regierung hat, den von ihr angezettelten Bürgerkrieg nicht gewinnen kann und der EU zusehends auf der Tasche liegt.
Noch mehr aber stört es sie, daß Griechenland eine Regierung hat und diese sehr klare Vorstellungen hat, was sie nicht machen will – 1000 Jahre und einen Tag die in den Tagen der EU-Herrlichkeit entstandenen Schulden bedienen.
Es geht, wie so oft, erst einmal ums Geld. Und zwar nicht nur in der Form, daß Geldsummen nicht gezahlt werden, sondern so, daß das Geld, was morgen verdient werden sollte, gestern bereits ausgegeben wurde, und daß zur Beglaubigung aller dieser Summen jede Menge politischer Kredit in die Welt gesetzt worden ist und noch werden wird, um die Fiktion, es handle sich hier nach wie vor um abstrakten Reichtum, als seien diese Summen alle gültig und wahr, aufrechtzuerhalten.
Da die EU damit beschäftigt ist, ihr schönes Weltgeld vor dem Verfall zu retten, kommt sie kaum mehr zur echten Pflege ihrer Außenpolitik und diplomatischen Beziehungen, und alle diesbezüglichen Auftritte ihrer Oberhäuptlinge haben die Qualität einer Mischung aus Reality Show und Zirkusvorführung.
Litauen tritt der Eurozone bei
EIN TROJANISCHES PFERD?
Die Begeisterung in den Medien über den neuesten Zuwachs der Eurozone ist verhalten. Es ist klar, daß diese Euro-Erweiterung aus politischen, nicht aus ökonomischen Gründen erfolgt:
„Der Euro ist ein Instrument tiefergehender Integration: je näher wir dem Westen sind, um so weiter sind wir weg vom Osten.“ (Der litauische Zentralbankchef Vitas Vasiljauskas, Gazeta.ru, 3.1. 2015)
„Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die ständigen Grenzverletzungen durch russische Aufklärungsjets in Litauen wie auch den beiden anderen baltischen Staaten schweißten Litauer, Esten und Letten nur noch enger in ihrer Westorientierung zusammen.“ (Standard, 1.1.)
Wie weit diese Grenzverletzungen überhaupt welche waren oder nicht vielmehr ein Ergebnis der gesteigerten NATO-Präsenz im baltischen Luftraum, sei dahingestellt. Die Botschaft ist klar: Der Euro muß in unser Waffenarsenal gegen Rußland!
Der Begriff „Westorientierung“ hat es auch in sich: es ist gerade die Orientierung der litauischen Führung etwas zu weit nach Westen, die von Seiten der EU das Interesse weckt, Litauen in die Eurozone aufzunehmen und dadurch stärker an die EU zu binden.
„Als (der litauische Regierungschef) Butkevičius gestern eine Minute nach Mitternacht mit seinem estnischen Amtskollegen, Taavi Rõivas, und dem lettischen Außenminister, Edgars Rincēvičs, medienwirksam den ersten Fünf-Euro-Schein aus einem litauischen Bankomaten zog, war das wohl durchaus auch als symbolischer Widerstand gegen Russland zu verstehen: Moskau hatte nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim auch den drei ehemaligen Sowjetrepubliken unmissverständlich mit einer möglichen bewaffneten Intervention gedroht.“ (Die Presse, 1.1.)
Der Akt des Widerstandes wird Rußland wohl kaum beeindrucken. Ob in Litauen mit Euro oder mit Litas gezahlt wird, ist höchsten vom Standpunkt russischer Unternehmer interessant, die ihr Geld in einem Hartwährungsland parken wollen.
Die Interventionsdrohung Russlands war eine Erfindung Poroschenkos, die offenbar von den USA in Auftrag gegeben wurde und die „Die Presse“ bereitwillig wiederholt. Auch den dortigen Regierungschefs paßt sie gut in den Kram, um den Euro-Beitritt als Notwendigkeit verkaufen zu können:
„Die Euphorie ist besonders in Regierungskreisen groß, in der Bevölkerung aber ist noch viel Skepsis spürbar.“ (ebd.)
Der Euro-Beitritt hat also keine ökonomischen Gründe – vom Standpunkt der Wirtschaft Litauens spricht alles dagegen –, wird aber nicht ohne ökonomische Folgen bleiben, sowohl was die Bevölkerung Litauens als auch das ganze Gefüge der EU betrifft.
Hier ist Beschwichtigung angesagt, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, die EU hätte sich hier einen neuen Sanierungsfall eingehandelt. Die FAZ erledigt das elegant:
„Mit einem Wachstum um voraussichtlich 2,9 Prozent gehört die litauische Wirtschaft in diesem Jahr zu den dynamischsten in der Europäischen Union. Der durchschnittliche Lohn liegt allerdings bei rund 700 Euro und damit bei lediglich zwei Dritteln des EU-Durchschnitts.“ (FAZ, 3.1.)
Wie schön das Herumgerede von „Durchschnittslöhnen“ doch ist, wo die Manager- und Politikergehälter mit denen der Lohnarbeitenden zusammengeworfen werden. Das normale Gehalt in Litauen ist etwas höher als der Mindestlohn, so um die 350 Euro. Und was die voraussichtlich 2,9 % angeht, so sind sie erstens sicher hoch- und schöngerechnet, sagen aber auch einiges über den Zustand der EU aus, wenn 2,9 % sozusagen als Rekordwert dargestellt wird.
Dabei war Litauen einmal ein baltischer „Tiger“ mit viel höheren Wachstumsraten. Bis die Krise kam:
„2009 schrumpfte Litauens Wirtschaft dann um 14,9 Prozent – Rekord selbst im hart getroffenen Baltikum. Wie die anderen baltischen Republiken fand aber auch Litauen dank anziehender Exporte wieder schnell in die Erfolgsspur. Doch Basis dafür war, dass zwischen 2009 und 2013 die Lohnkosten um 15 Prozent fielen – ein Zeichen dafür, wie hart die Menschen dort im Nehmen sind.“ (ebd.)
Also werden sie den Euro wohl auch vertragen! – meint die FAZ, obwohl nach Umfragen mindestens die Hälfte der Bevölkerung gegen die Euro-Einführung ist, warum wohl? Vielleicht aufgrund eines Blickes in die Nachbarstaaten?
Das „Hart im Nehmen“ sieht so aus: Litauen hat 12 % Arbeitslosigkeit, bei Jugendlichen über 20 %, nach offiziellen Statistiken die höchste Selbstmordrate der Welt und eine hohe Auswanderung. Außerdem war bis vor Verhängung der Sanktionen der größte einzelne Handelspartner Rußland, was für die ohnehin schwächelnde Ökonomie Litauens nichts Gutes verheißt.
Aber Kopf hoch! und fest an die EU glauben:
„»Litauen und seine Menschen haben sich die Euro-Einführung hart erkämpft. Der Beitritt sollte aber als ein Start gesehen werden und weniger als das Erreichen der Ziellinie«, sagte Rehn mit Blick auf den trotz guter Wirtschaftsdaten fehlenden Wohlstand Litauens. Seine Bürger gehören nun zu den ärmsten in der Eurozone.“ (tagesschau, 1.1.)
Was bleibt unterm Strich: ein Land mit verarmter, aber offenbar geduldiger Bevölkerung, dessen Führung es zum Bollwerk gegen den russischen Aggressor stilisiert, und eine politisch zerstrittene, ökonomisch auf Talfahrt befindliche EU, die Litauen durch den Euro dem Einfluß der USA entziehen will, was vermutlich nicht hinhauen wird.
In den Medien klingt auch an, daß die Eurozone bis auf weiteres nicht mehr wachsen wird: weder hat die EU ein Interesse daran, noch die noch ausstehenden Mitgliedsländer.
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