Euro-Rettung als Rettung der Kernzone

WEITERE NACHRICHTEN AUS ZYPERN
Was man in den letzten 2 Wochen über Zypern gehört hat, läßt einiges erraten darüber, wie sich die potenteren Länder der Eurozone die Rettung ihres Nationalkredites vorstellen.
1. Die Sache mit den griechischen Staatsanleihen
Im Dezember 2009 – in Österreich wurde damals gerade die Hypo Alpe Adria verstaatlicht – kauften griechische Banken in großen Mengen griechische Staatsanleihen, teilweise mit Krediten der EZB. (Standard, 5.4.) Man erinnere sich: Im Dezember 2009 war Griechenland erstmals auf BBB mit negativem Ausblick eingestuft worden. Die Käufe der zypriotischen Banken waren offenbar von der Absicht motiviert, den griechischen Staatskredit zu stützen. Damals war natürlich noch überhaupt nicht klar, wie sich die Staatsschuldenkrise entwickeln würde. Es ist jedoch zu vermuten, daß die zypriotischen Banken von der EZB und vielleicht auch anderen Stellen Zusagen erhielten, daß diese Investitionen von den Finanzinstitutionen der Eurozone abgesichert seien. Sonst hätten sie sich nämlich nicht in diesem Umfang – über 12 Milliarden – in diesen Papieren engagiert. Es ist allerdings nicht klar, in welchem Zeitraum diese gesamte Summe aufgenommen worden ist.
Im April 2010 verlor Griechenland sein drittes B, wurde somit auf Ramschstatus heruntergestuft und der große Verkauf der griechischen Anleihen begann. Um dem entgegenzuwirken, begann die EZB am 1. Mai – gleichzeitig mit der Verkündung des 1. Rettungs- und Sparpakets für Griechenland – griechische Staatsanleihen zum Nennwert aufzukaufen. Die zypriotischen Banken nutzten die Gelegenheit nicht, ihre Anleihen abzustoßen. Es waren eher französische und deutsche Banken, die sich ihrer griechischen Anleihen entledigten, die sich in Folge von Waffenkäufen Griechenlands in ihren Portfolios angesammelt hatten.
Es ist auch nicht sicher, ob alle europäischen oder zumindest Eurozone-Banken bei der EZB zu diesen Verkäufen zugelassen waren, oder ob es da Barrieren gab. Vielleicht wurde den zypriotischen Banken diese Möglichkeit gar nicht eingeräumt.
Im Sommer und Herbst 2011 wurde eine Schuldenstreichung für Griechenland verkündet. Über die Details der Umsetzung dieser Schuldenstreichung durchsucht man das Internet vergeblich, sie wurde jedoch im Vorjahr als großer Erfolg gefeiert, der Griechenlands Rückkehr an die Finanzmärkte einleiten würde – eine wirklich dicke Lüge.
Jetzt stellt sich heraus, wer für diese Unkosten aufgekommen ist:
„Während und nach dem ersten Schuldenschnitt in Griechenland hatte die zypriotische Regierung stetig darauf hingewiesen, dass dieser Haircut die nationalen Banken des Landes in Gefahr bringe. Die zypriotischen Banken waren massiv in Griechenland engagiert. Allein die zypriotischen Banken, die nun restrukturiert werden, hielten zu diesem Zeitpunkt griechische Staatsanleihen im Wert von 12 Milliarden Euro. Nach beiden Haircuts in Griechenland hatte sich das auf etwa eine Milliarde Euro Anfang 2012 reduziert.“ (Deutsche Wirtschafts-Nachrichten, 9.4.)
2. Die Sache mit den Einlagen
Erst wurde fast ein Jahr verhandelt. Man erfährt nicht, worüber, aber es hat sich inzwischen herausgestellt, warum so lange verhandelt wurde. Nicht nur russisches Kapital wurde von den hohen Zinsen in Zypern angezogen:
„Bereits Anfang 2012 hätten dementsprechend die beiden Banken (Laiki und Bank of Cyprus) in Zypern über ein Rettungspaket oder ähnliches restrukturiert werden müssen. Immerhin hatten sie einen enormen Verlust von 11 Milliarden Euro in ihren Bilanzen. Doch interessanter Weise geschah nichts. Hätte die EU so schnell reagiert wie etwa in Griechenland, hätte dies zu massiven Problemen in anderen Finanzsystemen der Eurozone geführt. Anfang 2012 hatten Banken der Eurozone, vornehmlich deutsche und französische, Einlagen in Höhe von etwa 20 Milliarden Euro auf Banken in Zypern. … In Zypern konnten die Einlagen der hauptsächlich deutschen und französischen Banken innerhalb eines Jahres um 50 Prozent auf etwa 10 Milliarden Euro gesenkt werden.“ (ebd.)
Im Vorfeld der Zypern-Stützungs-Aktion wurde groß die Propagandamaschinerie aufgefahren, vor allem in Deutschland, daß Zypern ein Geldwäscheparadies der russischen Oligarchen sei. Niemand fragte nach, warum sie denn ihre Gelder unbedingt in Zypern „waschen“ wollen, und wie das eigentlich so ist mit russischem Kapital und der Eurozone. Mit dieser Kampagne gegen angeblich „schmutzige“ Gelder und betrügerische zypriotische Banker wurde geistig das Terrain aufbereitet zum Einfrieren der Einlagen in Zypern.
Zuerst hieß es, Zypern würde 17 Milliarden benötigen und beinahe 6 davon selbst aufbringen müssen, aus den Einlagen der Banken. Dann wurde klar, daß das das Aus für den zypriotischen Bankensektor bedeutet und die beiden großen Banken daher „abgewickelt“ werden müssen. Inzwischen ist man bei einer Summe von 23 Milliarden angelangt, die irgendwie in den zypriotischen Kreditsektor gesteckt werden müssen, um eine Zahlungsunfähigkeit Zyperns zu verhindern. Es ist nicht sicher, ob es bei dieser Summe bleibt.
Abgesehen von den 10 Milliarden, die deutsche und französische Geldinstitute nach obiger Quelle immer noch in Zypern geparkt haben – es wird vermutet, daß sie sich nicht bei den beiden abzuwickelnden Banken befinden – haben sich offenbar auch andere Überraschungen aufgetan, als man die angeblichen russischen Schwarzgeldkonten abräumen wollte. Es scheinen nämlich hauptsächlich Einlagen von Bürgern der EU aufgetaucht zu sein. Deren Enteignung würde jedoch nicht so glatt über die Bühne gehen wie die von Russen oder Ukrainern. Es ist auch durchaus möglich, daß sich Bürger Israels oder arabischer Staaten unter den Konteninhabern finden – auch hier würde das Einkassieren der Gelder zu diplomatischen Verwicklungen führen, wenn nicht zu mehr.
Völlig unklar ist die Stellung Großbritanniens, und inwiefern die ehemalige Kolonialmacht Zyperns sowohl als Einleger als auch als Aktionär der zypriotischen Banken engagiert war. Das absolute Stillschweigen der britischen Regierung gibt Raum für viele Deutungen.
Aber es wird sich ja in den nächsten Wochen sicher noch einiges herausstellen.

Habemos Papa!

DER PAPST DES „SCHMUTZIGEN KRIEGES“

Die Wahl des neuen Papstes hat den „schmutzigen“ Krieg (gibt es eigentlich „saubere“ Kriege?) in Argentinien ein wenig zum Thema in den Medien werden lassen. Damals, als er geführt wurde – die argentinische Militärjunta regierte von 1976 bis 1983, aber auch vorher und nachher war man als Oppositioneller seines Lebens nicht sicher – waren die Politiker der gesamten westlichen Welt Komplizen der argentinischen Militärs und die Medien breiteten den Mantel des Schweigens über Mord, Folter und Verschwindenlassen. Man feierte sogar 1978 eine Fußball-WM in diesem Land, um zu zeigen – und zu bestätigen!, – daß dort alles in Ordnung sei. Während gleichzeitig gefoltert und gemordet, Frauen ihre Kinder weggenommen und die Mütter selbst betäubt ins Meer geworfen wurden.
Dabei waren die jungen Leute in Argentinien genauso wie viele andere Mitglieder ihrer Generation in Mitteleuropa und anderswo nur einfach wißbegierig, kritisch, und bereit, alles zu hinterfragen, was seit Generationen unantastbar gewesen war. Sie hatten noch dazu ein eigenständiges Idol, einen Landsmann, der mit der Waffe in der Hand eine Diktatur auf einer Karibikinsel stürzen geholfen hatte und sie jetzt aus Kuba aufrief, seinem Beispiel zu folgen.

Wenn man sieht, was aus vielen Revolutionären der deutschen Studentenbewegung geworden ist und wie gut sie sich in das politische System der BRD integriert, manche von ihnen ohne Probleme der Bombardierung eines anderen europäischen Landes zugestimmt haben, so fragt man sich zunächst: warum die Panik? Hätte man nicht den Burschen und Mädln in Argentinien ein bißl Auslauf lassen können, bis sie sich die Hörndln abstoßen, und alles wieder ins Lot kommt?

Aber die Argentinier hatten das Pech, in der falschen Gegend zu leben. Lateinamerika war eine Front des Systemgegensatzes zwischen Ost und West, und der sogenannte Kalte Krieg wurde hier sehr heiß ausgefochten. Die USA hatten nicht vor, in ihrem Hinterhof sozialistische Experimente zuzulassen. Bereits 1946 wurde in der Panamakanal-Zone die „School of the Americas“, eine Einrichtung für Unterricht in Mord und Folter für die Offiziere der lateinamerikanischen Staaten eröffnet. Die dort vermittelten Fertigkeiten waren um so mehr gefragt, als nach der Machtübernahme des Militärs in Chile zwischen den USA und den lateinamerikanischen Geheimdiensten die Operation Condor eingeleitet wurde, die eine enge Zusammenarbeit der Geheimdienste der lateinamerikanischen Staaten in Bekämpfung von revolutionären Umtrieben zum Ergebis hatte. „Subversive“ waren von nun an in keinem Land dieser Hemisphäre mehr sicher. Und generell waren alle jungen Leute und Intellektuellen verdächtig. Es war sehr leicht, in den Ruch eines „subversiven Elements“ und vom Leben zum Tode zu kommen.

Dieser Krieg machte auch vor den Toren der Kirche nicht halt. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte zur Öffnung der katholischen Kirche für neue Gedanken und Einflüsse aufgerufen, um sich für die Menschen attraktiv zu machen und Anhänger zu gewinnen. Daraus entwickelte sich in Lateinamerika eine sozialkritische Richtung, die sich den Namen „Theologie der Befreiung“ gab. Mit der Wahl Karol Wojtylas zum Papst ging unter anderem die Aufgabe einher, diese Richtung zu bekämpfen, die sich besonders beim Jesuitenorden fest eingenistet hatte. Und das hat seinen Grund.

Die Wurzeln der Theologie der Befreiung sind viel älter als die marxistischen Einflüsse, die sie für manche attraktiv machen und Päpsten, Regierungen und ähnlich gearteten Institutionen mißfallen. Sie gehen zurück auf den spanischen Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas, der von König Ferdinand von Spanien 1515 zum „Procurador de los Indios“ ernannt wurde und sein ganzes Leben der Verteidigung der Eingeborenen gegen die Versklavung und Ausrottung widmete. Gleichzeitig gilt er als einer der wichtigsten Chronisten der Conquista, der Eroberung der Neuen Welt durch die Spanier.
Auf seinen Vorstellungen darüber, wie erfolgreich missioniert werden kann – man muß seine Klientel vor Versklavung schützen und sich mit ihrer Kultur vertraut machen – bauten die Jesuiten ihre Reducciones auf, und betrieben sie bis zu ihrer Vertreibung aus den Ländern der spanischen Krone im Jahre 1767. Die Jesuiten waren wegen ihrer gründlichen Kenntnis der Kulturen, in denen sie missionierten, auch die Begründer der Ethnologie als Wissenschaft.

Die Kirche in Lateinamerika mußte sich also positionieren, und in ihren eigenen Reihen aufräumen. Die Anhänger der Theologie der Befreiung wurden zurückgedrängt, mundtot gemacht oder ausgeschlossen.
Eine Ausnahme stellt die Kirche von El Salvador dar, deren 1980 ermordetes Oberhaupt Óscar Romero sich zur Theologie der Befreiung bekannte. Im Bürgerkrieg in El Salvador hat die Kirche einen sehr hohen Blutzoll entrichtet, weil ihre Vertreter von Militär und paramilitärischen Gruppen als Unterstützer der Guerilla angesehen wurden.
Ebenso unterstützte in Nicaragua ein großer Teil des Klerus die Sandinisten. Der bekannteste Vertreter dieser Richtung ist der Dichter Ernesto Cardenal.

Jorge Bergoglio war seit 1972 Mitglied der 1974 offiziell aufgelösten „Eisernen Garde“, eines klerikal-faschistischen Flügels der Peronisten, die sich der Bekämpfung des linken Flügels, der Montoneros widmete. Später gingen aus der Eisernen Garde die Triple A-Todesschwadronen hervor, die sich neben anderen unappetitlichen Tätigkeiten auch mit der Verwertung der Besitztümer der von den Militärs Ermordeten beschäftigten. Von der Aktivität in der Garde rührt Bergoglios Freundschaft mit dem späteren Junta-Mitglied und Kommandanten des Folterzentrums in der ESMA, Emilio Massera.
Die Bischöfe Argentiniens beschlossen die Unterstützung der Diktatur in ihrem Kampf gegen Marxismus und Subversion. Bergoglio als Ex-Mitglied der Eisernen Garde wird an diesem Beschluß vermutlich aktiv beteiligt gewesen sein. Aber er hatte Schwierigkeiten mit Mitgliedern seines Ordens, die Anhänger der Befreiungstheologie waren. Zwei dieser „Sorgenkinder“ wurden einer gründlichen Behandlung unterzogen und 5 Monate erst in der ESMA, dann in einer anderen Haftanstalt der Armee festgehalten und gefoltert, bevor sie etwas angeschlagen und unter eigenartigen Umständen freigelassen wurden.
Es ist anzunehmen, daß es sich dabei um eine zwischen Bergoglio und Massera abgesprochene Aktion handelte, die auch der Abschreckung für andere Teile des Klerus dienen sollte, die mit der offiziellen Linie der kirchlichen Hierarchie nicht übereinstimmten. In dieser Hinsicht war die Sache erfolgreich, andere Fälle von Insubordination von Geistlichen sind aus Argentinien nicht bekannt. Yorio und Jálics gehörten jedenfalls zu den wenigen Personen, die eine Einlieferung in die ESMA überlebt haben.

Und jetzt ist dieser Mann zum Oberhaupt der katholischen Kirche bestellt worden. Mit seiner guten Führung in schweren Zeiten hat er sich offenbar für diesen Posten qualifiziert. Schließlich befinden wir uns in einer Weltwirtschaftskrise, und die stets wachsende Anzahl der Überflüssigen und Ausgesteuerten will mit dem bewährten Opium des Volkes betreut sein, damit sie nicht womöglich an den Grundfesten unserer Gesellschaft zweifelt.

Bergoglio hat gesagt, er will ein Papst der Armen sein. Er rechnet offensichtlich mit einem Anwachsen dieser Bevölkerungsgruppe, die er mit dergleichen Sprüchen in die Arme der Kirche locken will. Man darf ja auch nicht vergessen, daß Argentinien seinen Bankrott bereits hinter sich hat, die EU den ihrigen noch vor sich. Auch hier bringt der neue Papst unter Umständen wichtiges Know-How mit.
Für den Fall, daß er dennoch auf dumme Gedanken kommen könnte, ist diesmal auch vorgesorgt. Kein wichtiger Akteur der Weltpolitik oder der katholischen Kirche will, daß wieder ein Reformpapst passiert, den man nach einem Monat Amtszeit beseitigen muß, bevor er größeren Schaden anrichtet. Das erzeugt eine schiefe Optik, noch dazu, wenn diese Praxis damit in Serie geht.

Also hat er in Form des Opus Dei eine Aufpassermannschaft im eigenen Haus, und als Kontrollinstanz sitzt der Großinquisitor in Castelgandolfo und achtet zusätzlich darauf, daß nichts anbrennt.
Einmal sehen, wie sich der Neue in seinem Job bewährt.

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Hangmen also die!

BERESOWSKI IST NICHT MEHR
Der einstige „Pate des Kreml“ ist von uns gegangen.
Wer war Boris Beresowski?
In den letzten Jahren war es still um ihn geworden, aber für die Einführung des Kapitalismus in Rußland war er eine Schlüsselfigur. Gemäß dem von ihm verkündeten Motto, beim Geschäftemachen in der Transformationsphase ginge es darum, „Gewinne zu privatisieren, Verluste auf die Gesellschaft abzuwälzen“ – ein heute in der Krise sehr aktueller Spruch – sammelte er sein großes Vermögen mit der Ausschlachtung der Autofabrik Lada in Togliatti und der russischen Luftfahrtsgesellschaft Aeroflot. Bei Lada wurden die Löhne unpünktlich oder gar nicht gezahlt, die Autos wurden teilweise über den Schwarzmarkt zu weit überhöhten Preisen verkauft. Mit der Gründung des Unternehmens Logovaz sicherte sich Beresowski auch Importrechte für Autos. Er stieg über undurchsichtige Beteiligungen und seine guten Beziehungen zur russischen Regierung praktisch zum Monopolisten des Autoverkaufs in Russland auf.
Mit der Aneignung der Aeroflot verschaffte sich Beresowski Zugang zu dem Devisenkonto der Fluggesellschaft, die er durch Abzweigen sämtlicher Deviseneinnahmen fast in den Ruin trieb. Er hatte sich dadurch auch eine Möglicheit verschafft, seine in Rubel gemachten Gewinne über Aeroflot-Konten und weitere undurchsichtige Firmen in Devisen umzuwandeln und auf westlichen Offshore-Konten zu parken.
Seinen Aufstieg sicherte er sich mit Hilfe der tschetschenischen Unterwelt, die in der Zeit des „trockenen Gesetzes“ – so wie andere Unterwelt-Gruppen – groß geworden war. Tschetschenien war das erste Offshore-Gebiet, über das die sich konstituierenden neuen Unternehmer Russlands in der Zeit des „Bespredel“ (Schrankenlosigkeit) ihre Gewinne verschoben und reinwuschen. Mit spektakulären Geiselbefreiungen, bei denen Beresowski medienwirksam Lösegelder gegen westliche Geiseln austauschte, finanzierte er seine Freunde in Tschetschenien – zum Ärger des später vom russischen Militär ermordeten Aslan Maschadow, der Beresowski als den größten Gegner einer Normalisierung der Lage in Tschetschenien betrachtete.
Beresowski war die führende Figur in der Organisierung des Wahlkampfes von Boris Jelzin 1996, die von russischen Oligarchen unter kräftiger Beteiligung vor allem der US-Regierung und diverser amerikanischer Privatstiftungen finanziert wurde. Jelzin hatte sich bewährt als williges Organ der Zerstörung der russichen Institutionen und der russichen Ökonomie. Er hatte die russiche Außenpolitk den Ansprüchen der USA und Europas gemäß gemacht. Von seinem Haupt-Konkurrenten, Gennadij Sjuganow war dergleichen nicht zu erwarten, deswegen waren alle wichtigen Akteure außerhalb Rußlands daran interessiert, Jelzin weiter an der Spitze des Staates zu halten. Die russischen Oligarchen und ihre westlichen Freunde hatten Erfolg. Jelzin regierte weitere 4 Jahre, sofern man die Performance dieser Alkoholiker-Marionette als „Regieren“ bezeichen kann.
Beresowski vernachlässigte auch die Medien nicht, mit deren Hilfe er sowohl seine eigene Tätigkeit als auch die der Regierung im Lichte des notwendigen, wenngleich schmerzhaften Fortschritts in Richtung Marktwirtschaft – die ja letztlich „uns allen“ dient – präsentieren konnte. Seit 1994 war er unter anderen Medienbeteiligungen Miteigentümer der Fernsehgesellschaft ORTV, die Russland flächendeckend mit Marktwirtschaftspropaganda, Misswahlen, Seifenopern und ähnlichem Schmarrn überzog. Das war sehr wichtig in Zeiten, als die Papier-Medien größtenteils nur über Abonnement zu beziehen waren und der größte Teil der Bevölkerung auf diese Art von „Information“ angewiesen war. Über die dort einfließenden Werbeeinnahmen verschaffte sich Beresowski weitere Einkünfte, die er gemäß seinem oben angeführten Prinzip in die eigene Tasche steckte, und darauf gründete sich der Konflikt mit dem Journalisten Listjew.
Der von Beresowski protegierte Geheimdienstchef Putin erwies sich vom Standpunkt Beresowskis als Fehlbesetzung, als Beresowski die Einrichtung einer Art Superbehörde betrieb, die alle anderen Institutionen, also auch den Geheimdienst, überwachen sollte. Der Chef dieser Behörde wäre Beresowski gewesen. Damit hatte er den Bogen überspannt. Putin und andere verwehrten sich gegen diese Privatisierung des Allerheiligsten jedes Staates und Beresowski sah es nach einem auf ihn verübten Attentat im Jahr 2000 für geraten an, Rußland zu verlassen.
Er zog nach London. Dort war er offensichtlich willkommen. Der im gleichen Jahr von Rußland nach Großbritannien geflüchtete Geheimdienstmitarbeiter Litwinienko sagt vor den britischen Behörden aus, daß hinter dem Attentat auf Beresowski der russische Geheimdienst gestanden sei. Aufgrund von Litwinienkos Aussage erhielt Beresowski politisches Asyl in Großbritannien.
Litwinienko arbeitete in der Folge für ihn und für den britischen Geheimdienst MI6 und betrieb auch noch eine Agentur zur Anwerbung von Söldnern. Sein Tod im Jahre 2006 war Besipiel einer manipulativen Montage mit Hilfe einer inzwischen von Beresowski gegründeten PR-Agentur, und der britischen Medien, um Russland für den Tod dieses Doppel- und Dreifach-Agenten verantwortlich zu machen, der wahrscheinlich an seiner Ämterkumulation gestorben ist.
Im Jahr davor finanzierte Beresowski den Wahlkampf von Viktor Juschtschenko in der Ukraine 2004/2005 und war sauer, daß sein Protegee ihm nachher den Umzug in die Ukraine untersagte. Nicht einmal nach dem Erfolg der orangenen Revolution im Jahre 2005 war er – trotz seines zahlreichen dort in Immobilien investierten Kapitals – willkommen.
Boris Beresowski wird für zahlreiche Morde an Prominenten verantwortlich gemacht: Den am russischen Journalisten Wladislaw Listjew 1995, am Kandidaten von „Liberales Rußland“ Sergej Juschenkow 2003, am Forbes-Journalisten Paul Klebnikow 2004. Sein wichtigster Partner, der georgische Geschäftsmann Badri Patarkazischwili starb 2008 unter ungeklärten Umständen in England.
Boris Beresowski war eine Drecksau der Sonderklasse, der für gutes Geld auch seine eigene Großmutter verkauft hätte. Deshalb war er der ideale Partner westlicher Politiker und Geheimdienste bei dem Versuch, Rußland zu öffnen für ihr Kapital und gleichzeitig zu schwächen, um es für jede Erpressung gefügig zu machen. Beresowski war auch lange Anlaufstelle westlicher Geschäftsleute, die sich an Rußland bereichern wollten. Er spielte zweifelsohne eine wichtige, unverzichtbare Rolle darin, Rußland zu einer Spielwiese des Kapitals zu machen und gleichzeitig als Großmacht zu schwächen.
Sein Stern begann nach der Litwinienko-Montage im Jahre 2006 endgültig zu sinken. Es scheint, daß diese Medien-Kampagne um die angebliche Ermordung seines Mitarbeiters und Agenten des MI6 seine Bedeutungslosigkeit in der Weltpolitik bewiesen hat. Seither war Beresowski für die britische Politik totes Kapital. Seine vorherige Bedeutung hatte er mit dem Verlassen Rußlands eingebüßt, wohin ihm die Rückkehr trotz eines Entschuldigungsbriefes an Putin verweigert wurde. Man kann annehmen, das sein Tod selbstgewählt war, weil es niemandem mehr die Mühe wert gewesen wäre, ihn umzubringen.