LATEINAMERIKA, EINE NEBENFRONT
1. (Leider) nix Neues in Kuba
In Kuba wurde ein neuer Regierungschef gekürt.
Das ist schon bemerkenswert. Die alte Führung sagt: Wir brauchen einen Generationswechsel, und setzen einen neuen Mann an die Spitze.
Also nix mit Diktatur, wo ein angeblich größenwahnsinniger Despot an der Macht klebt und von ihr nicht lassen will.
Auch nix mit Monarchie und Nepotismus, wo sich eine Dynastie „an der Macht halten“ will.
Nein, das sozialistische Kuba sagte: Unsere alte Garde ist in die Jahre gekommen, wir müssen uns nach neuen Kräften umschauen.
Raúl Castro sagte bei diesem Anlaß der Übergabe an Miguel Diaz-Canel auch leicht scherzhaft, daß einige der ins Visier genommenen Nachwuchskräfte sich nicht bewährt hatten und deswegen wieder zurück ins normale Berufsleben geschickt wurden.
Carlos Lage und Felipe Pérez Roque wurden aber keinen Schauprozessen ausgesetzt und schmachten auch nicht in dunklen Verliesen. Nein, sie wurden einfach aus der Politiker-Mannschaft entfernt und in ihre angestammten Berufe zurückversetzt, wo sie auch anstandslos ihren Verpflichtungen nachkommen. Die beiden biedern sich nicht als „Dissidenten“ an ausländische Finanziers wie CIA, andere Geheimdienste oder deren Tarnorganisationen an.
Die Kommunistische Partei Kubas hat sich also, ähnlich wie die chinesische und wie andere kommunistische Parteien ehemals sozialistischer Staaten eine Frischzellenkur nach einem internen Auswahlverfahren verpaßt.
Die Politiker und Medien der kapitalistischen Staaten sind, gelinde gesagt, grantig. Sowas! Erstens gibt es keinen Streit um die Ablöse an der Macht, wo „wir“ intrigieren könnten. Zweitens bleibt vermutlich alles beim alten. Keine Hoffnung auf „Kurswechsel“ hin zur Marktwirtschaft ohne Wenn und Aber.
Das österreichische Fernsehen sendete Interviews mit kubanischen Studenten am Malecón. Daß sie nichts gegen das „Regime“ von sich geben, ist sicherlich dem Umstand zuzuschreiben, daß sie „instruiert“ wurden.
Daß sie eine Universitätsausbildung ohne jegliche Unkosten genießen, wird als die typische Form dargestellt, kritische junge Leute zum Schweigen zu bringen.
Wenn sie sagen, daß sie auswandern wollen, weil sie im Ausland mehr bezahlt bekommen (möchten), ist das ein Zeichen, daß Kuba ihnen nichts zu bieten hat. Eine „lost generation“!
Wenn sie sagen, daß sie in der Tourismus-Branche mehr verdienen als in ihren durch das Studium erlernten Berufen, ist das ein Zeichen, daß die ganze universitäre Ausbildung ja nur eine Schwindelei ist, mit der unnötig Akademiker produziert werden, die keiner braucht.
Medien wie der ORF gehen natürlich nicht in EU-Staaten wie Bulgarien, Rumänien oder Lettland, um ähnliche Interviews mit Studenten zu führen …
2. Aufruhr in Nicaragua
In Nicaragua gab es einmal eine Revolution.
Die „Sandinistische Front der Nationalen Befreiung“ räumte den Diktator Somoza weg. Sein Vater, der den zweifelhaften Ruhm genoß, Amerikas nützlicher Hurensohn gewesen zu sein, war schon einige Jahre zuvor von einem Attentäter beiseite geschafft worden.
Auf die Beseitigung von Somoza Junior folgte ein jahrelanger, von den USA unterstützter Bürgerkrieg. Nach dessen Beendigung durchlief das Land sandinistische und nicht-sandinistische Regierungen und kämpfte gegen die Verheerungen des Hurricans Mitch. Seit 2006, nach mehreren Wahlsiegen ist das ehemalige Mitglied der FSLN Daniel Ortega Präsident von Nicaragua. Mit seiner zu Esoterik neigenden Ehefrau Rosario Murillo versucht er seit einiger Zeit, sich zu einer Art Königspaar von Nicaragua zu stilisieren, mit Hilfe einer Christianisierungs-Kampagne, die das ganze Land mit Veranstaltungs-Parks überzieht und christliche Werte aus allen offiziellen Kanälen über die Bevölkerung ergießt. Ortega und seine Mannschaft meinten offenbar, mit dem bewährten Opium für das Volk ihre Stellung festigen zu können.
Jetzt hat die nicaraguanische Regierung eine Reform des Sozialstaats in Angriff genommen, die erstens alle Klassen zur Kasse bittet und zweitens die Pensionen radikal kürzt.
Nicaragua hatte kürzlich den IWF zu Gast. Das ist bemerkenswert, als der IWF 2016 Nicaragua wegen guter Ergebnisse verlassen hatte.
Der IWF besuchte also Nicaragua anscheinend auf einer Art Goodwill-Tour, ohne wirkliche Drohgebärden. Dennoch nahm die nicaraguanische Regierung das zum Anlaß, den Sozialstaat umzubauen.
Der Grund dafür erschließt sich dem unbefangenen Beobachter nicht.
Die angestrebten Erhöhungen von Abgaben und Verringerungen von Zahlungen stellen offensichtlich die Existenzbedingungen vieler Nicaraguaner in Frage. Gegen die Proteste setzt die Regierung alles an Gewalt ein, was ihr zur Verfügung steht, sogar das Militär, das traditionell sandinistisch ist.
Wem nützt das?
Für alle Infos zu der Angelegenheit steht das Forum zur Verfügung.