HANDELSKRIEG UND KONFRONTATION – SCHLECHT FÜRS G’SCHÄFT
Seit einiger Zeit hören wir, daß es in Europa wieder aufwärts geht: Wachstum stellt sich ein!
Das ist darauf zurückzuführen, daß das Kreditkarussell wieder in Gang gesetzt wurde: die Staaten haben Kredit aufgrund des EZB-Aufkaufs-Programms, und die Banken vergeben vermehrt Kredite an Konsumenten, was den Konsum anregt. Sie haben offensichtlich Garantien von der Politik bekommen, daß sie notfalls wieder gerettet werden, wenn die Konsumenten großflächig zahlungsunfähig werden, wie bei Subprime 2007 ff.
Gleichzeitig schränken Sanktionen, Strafzahlungen – von Banken, Autofirmen und Sanktionsbrechern – und Protektionismus das Geschäft weltweit ein.
Die Schuldenberge wachsen also, während die Gewinne, die sie eigentlich beglaubigen sollen, sich verringern.
Schon warnt Christine Lagarde, daß das nicht gut gehen wird:
„IWF-Chefin Christine Lagarde sieht zunehmende Gefahren für den globalen Konjunkturaufschwung. Ihren Worten zufolge brauen sich “dunkle Wolken” über der Weltwirtschaft zusammen, etwa durch den von US-Präsident Donald Trump befeuerten Handelsstreit sowie andere Risiken.
Die Länder müssten die momentan guten Zeiten nutzen, um sich widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen, sagte Lagarde am Mittwoch in Hongkong.“ (Luzerner Zeitung, 11.4.)
Ja, wenn das nur so einfach ginge! Wie nach dem Stein der Weisen suchen die guten Leute von IWF, Weltbank und ähnlichen Institutionen heute nach der ultimativen Anti-Krisen-Strategie.
Dazu kommt noch, daß ihre Prognosen immer möglichst positiv sein müssen, um nicht das zarte Pflänzchen des Wachstums „krankzureden“. Im Jahr darauf wird dann eingestanden, man sei etwas zu „optimistisch“ gewesen.
In der EZB sind sich nicht alle einig, was zu tun sei. Während die einen meinen, inzwischen sei doch alles in Ordnung und man könnte doch die Geldpolitik ändern –
„EZB-Ratsmitglied Nowotny drängt auf Geldpolitikwende der EZB (…)
Um die Konjunktur und die Inflation anzuheizen, pumpen die Währungshüter seit drei Jahren über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren riesige Summen in das Finanzsystem. Die Geschäfte sollen noch bis mindestens Ende September fortgesetzt werden. Die meisten Experten gehen inzwischen davon aus, dass sie noch heuer gestoppt werden. Nowotny sagte, der nächste Schritt müsse es sein, die Zukäufe zu beenden und damit die aufgeblähte EZB-Bilanz zurückzufahren.“ (Finanzen.at, 10.4.)
– sehen das andere keineswegs so:
„Die EZB hat sich in einem ungewöhnlichen Schritt von ihrem eigenen Ratsmitglied Nowotny distanziert. Dieser hatte Hoffnungen auf eine baldige Wende in der Geldpolitik geweckt. … Dies seien die Ansichten von Gouverneur Nowotny, erklärte ein EZB-Sprecher am Dienstag allerdings kurz nach Veröffentlichung des Interviews. Sie repräsentierten nicht die Sicht des EZB-Rats. … Nowotny hatte Reuters unter anderem gesagt, die EZB werde wohl ihr billionenschweres Anleihen-Kaufprogramm bis zum Jahresende auslaufen lassen.“ (DWN, 10.4.)
Nur: wenn das Aufkauf-Programm eingestellt wird, sind die Länder Südeuropas wieder pleite, und die Eurokrise kehrt zurück.
Der Streit in der EZB hat daher ein Nord-Süd-Gefälle. Die Länder mit guten Kredit-Aussichten wollen ein Ende des Aufkauf-Programms, die in Südeuropa, vor allem der EZB-Chef Draghi, wollen davon nichts wissen. So ist die Staatsverschuldung Italiens inzwischen auf 2,266 Billionen Euro gewachsen, Tendenz steigend. Das macht 134 % von Italiens BIP aus. Erdbebenschäden, Bankenrettungen und ein völliges Abschiffen des Südens machen weitere Schuldenaufnahme notwendig. Daran spießt sich auch das Zustandekommen einer neuen Regierung in Italien, und nicht nur an den schillernden Persönlichkeiten der Wahlsieger.
Und auch wenn Weidmann, Novotny und andere meinen, jetzt sei doch genug mit der Subventionierung der südeuropäischen Staaten durch die EZB: Sie hängen alle im gleichen Euro und können sich schwerlich eine neue Eurokrise leisten.
Die USA haben 21,13 Billionen Dollar (17,133 Billionen Euro) Schulden, was 105 % ihrer Wirtschaftsleistung ausmacht. (DWN, 12.4.) In den USA ist eine Anhebung des Leitzinses geplant, was den Schuldendienst und damit auch die Gesamtschuld weiter ansteigen lassen würde. Ebenso würde eine Erhöhung des gesamten nationalen Zinsniveaus die Konsumentenkredite verteuern, was auch wieder zu einem Crash führen könnte. Subprime läßt grüßen! Diesmal sind es allerdings nicht die Hypothekarkredite, sondern Auto- und Bildungskredite, die die Schuldner überfordern könnten.
Sollte aber die Fed die Zinsen erhöhen und die EZB nicht, so könnte sich viel Finanzkapital in die Dollar-Anleihen verlagern und den Eurobondmarkt verlassen, weshalb die EZB noch stärker in den Eurobondmarkt hineinbuttern müßte.
Das Pyramidenspiel setzt sich also fort.
Kategorie: Geld & Kredit
Was gibts eigentlich Neues zum Thema Brexit?
DAS AUSTRITTS-THEATER
Über eineinhalb Jahre ist es jetzt her, daß bei einer Abstimmung in Großbritannien die Mehrheit der Wähler entschieden hat, der EU den Rücken kehren zu wollen.
Das löste bei den Politikern und Medien der EU einen Schock aus. Wie ist es möglich, daß jemand diese tolle Staatengemeinschaft verlassen will? Die ganze Propagandamaschinerie für dieses imperialistische Staatenbündnis hatte auf einmal Sand im Getriebe. Die Austritts-Option gab es nämlich in den EU-Verträgen – ähnlich wie in der jugoslawischen Verfassung – nur aus dem Grund, daß damit die Freiwilligkeit des Dabeiseins noch einmal unterstrichen sein sollte, aber nicht deshalb, damit sie auch wahrgemacht würde.
Ein Austritt war nicht vorgesehen, das ganze Prozedere dazu fehlte, ein Präzedenzfall war geschaffen worden.
1. Die Gründe für die Abstimmung
So eine Abstimmung muß erst einmal angesetzt werden, sie geht also auf jeden Fall zunächst von der politischen Herrschaft aus und nicht vom einfachen Wahlvolk.
Die politische Klasse bzw. die Eliten Großbritanniens sind gespalten in der Frage, ob sie mit oder ohne EU besser gefahren wären oder fahren würden. Die Träume vom Empire wurden nie aufgegeben, und sich als Gleicher unter Gleichen mit den anderen großen Mächten der EU zu begegnen, war schon manchen zuwenig. Noch weniger gefiel Politikern der Abstieg in die zweite Reihe, der trotz der City und des Militärapparates aufgrund des fortgeschrittenen und noch weiter fortschreitenden Verlustes der produktiven Basis droht. Manche rechneten sich anscheinend in einer Rückkehr zum Commonwealth und einer Neuauflage gesonderter Beziehung zu den ehemaligen Kolonien einen Vorteil aus, mit dem ein Austritt aus der EU wettgemacht werden könnte.
Aber die umgekehrte Befürchtung, daß die bereits weit gediehenen Abhängigkeiten nicht mehr ohne größeren Flurschaden rückgängig gemacht werden könnten und vor allem der Londoner Finanzsektor durch eine Abkoppelung von der Eurozone leiden würde, war genauso vorhanden und wohlbegründet.
Als der Premierminister eine Volksabstimmung ansetzte, war er von der festen Überzeugung beseelt, daß das werte Volk ein Einsehen haben und ein sattes Ja! zu Europa zurückschallen würde, ähnlich wie sich bei dem schottischen Referendum 2014 eine relativ klare Mehrheit von 55% für den Verbleib bei Großbritannien ausgesprochen hatte. Womit er wiederum bei Verhandlungen punkten könnte, so in der Art: unsere Bürger haben trotz alledem Vertrauen in die EU, und deshalb wollen wir …
2. Das unerwünschte Ergebnis
Daß sich die Mehrheit, wenn auch sehr knapp, gegen die EU positionieren würde, hatten weder der Premier selber noch die lauten Marktschreier des Brexit erwartet, die in den Tagen nach der Abstimmung von ihren Posten zurücktraten. Das Ergebnis überraschte und verstörte alle: die Politiker, die Geschäftswelt, die Propagandisten der EU im Medien und Umfrage-Instituten.
Vor allem die in den letzten Jahren populär gewordene Methode, Wahlkampfprognosen quasi als Aufforderung an die Wählerschaft zu formulieren, der sie gefälligst nachzukommen hätte, blamierte sich gründlich.
Die Publikumsbeschimpfung ließ nicht auf sich warten, und alle überboten sich in Deutungen, welchen finsteren Gefühle und heimtückischen Slogans, nicht zu vergessen die immer präsente machiavellische Hand Russlands, dieses Ergebnis hervorgerufen hätten. Von einem Generationskonflikt war die Rede, von gemeinen Rentnern, die den hoffnungsfrohen Jugendlichen ihre Zukunft verbauen, usw..
Niemand wollte zur Kenntnis nehmen, daß es genug Gründe geben kann, diese EU satt zu haben, mit der schrankenlosen Konkurrenz, der die arbeitende Menscheit dort ausgesetzt ist, und ausufernden Immobilienpreisen, die steigende Verarmung und Obdachlosigkeit verursachen.
Nein, wer gegen diese ständig schön- und alternativlos geredete EU etwas hat, muß verrückt oder dämonischen Einflüsterungen erlegen sein.
3. Die Folgen
Es folgten eineinhalb Jahre Verhandlungen, bei denen absolut nichts herausgekommen ist. Treffen werden veranstaltet, Drohungen ausgesprochen, Brexit-Themen heizen die Parteienkonkurrenz Großbritanniens an. Irgendwelche Fristen werden gesetzt – wofür? Die Freihandelsabkommen sollen erst gekündigt werden und dann auch wieder nicht, weil die Firmen auf dem Kontinent das auch nicht wollen, für die GB ein wichtiger Markt ist. Es stellt sich heraus, daß die Rest-EU mindestens genausoviel, wenn nicht mehr durch einen Austritt Großbritanniens verlieren würde.
Dann soll GB einen Haufen Geld zahlen, um austreten zu dürfen. Warum eigentlich? So genau erfährt das die Öffentlichkeit nie. Die Zahlen sind offensichtlich frei erfunden. Die Verhandler sagen einmal: kommt nicht in Frage! das nächste Mal: gegen verschiedene Vergünstigungen würden wir schon was springen lassen, das dritte Mal wieder: nein, wir zahlen keinen Cent!
Die Märkte reagieren inzwischen ziemlich indifferent. Das Pfund ist um 15% gefallen, was Großbritannien Entschuldung und Wettbewerbsvorteile gebracht hat. Eine Flucht des Finanzkapitals aus London wurde nicht registriert. Alle warten ab, was denn passieren möge – sofern etwas passiert.
Schon gibt es Bewegungen in Großbritannien, die eine neue Abstimmung veranstalten wollen, um das Votum von 2016 rückgängig zu machen.
Das wäre natürlich ganz im Sinne und auch der Tradition der EU, bei ungewünschten Abstimmungsergebnissen einfach so lange neu abstimmen zu lassen, bis das Ergebnis paßt.
Diese Tendenzen Anti-Brexit werden von den Medien sehr euphorisch begrüßt, ihr Erfolg wird sich daran bemessen, wie die politischen Eliten entscheiden.
Vielleicht beschäftigt GB die nächsten 10 Jahre sowohl die EU als ihre eigene Bevölkerung mit dem Brexit-Schmäh.
Morgen, morgen, nur nicht heute!
„Virtuelles Geld“
BITCOIN
Inzwischen sind alle Medien voll von Nachrichten über Bitcoin, seine Kurse, Diebstähle von Bitcoin, Verbote von Bitcoin, und der Spam-Filter geht über mit Bitcoin-Werbung: „Kaufen Sie jetzt, und machen Sie das große Geld!“
Ist Bitcoin Geld?
1. Geld, Ware, Zahlungsmittel
„Die erste Funktion des Goldes besteht darin, der Warenwelt das Material ihres Wertausdrucks zu liefern oder die Warenwerte als gleichnamige Größen, qualitativ gleiche und quantitativ vergleichbare, darzustellen. So funktioniert es als allgemeines Maß der Werte, und nur durch diese Funktion wird Gold, die spezifische Äquivalentware, zunächst Geld.“ (Karl Marx, Das Kapital, Band I, I. Abschnitt, 3. Das Geld oder die Warenzirkulation, 1. Maß der Werte, S. 109)
Ist Bitcoin ein „Maß der Werte“? Inwiefern wird es überhaupt als Zahlungsmittel anerkannt?
Enthält es Wert, kann es deshalb überhaupt Wertmaß sein?
Bitcoin wird „geschöpft“, „erzeugt“ durch eine Art mathematisch-elektronischen Kettenbrief, eine unendliche und sich immer weiter (re)produzierende Kette von mathematischen Operationen, für die man vor allem potente Großcomputer braucht, die sehr viel Energie verbrauchen.
Ist das „Erzeugung“, wird hier „Wert geschaffen“?
Ist Bitcoin „Ware“?
Wenn Bitcoin keinen Wert hat und nicht Maß der Werte ist, kann es dann Zirkulationsmittel sein?
„Am 4. März 2013 eröffnete der Online-Markt bitcoinstore.com mit einem Angebot von 500.000 Computer- und Elektronikartikeln aus dem Warenbestand des IT-Großhändlers Ingram Micro. … Seit Juli 2014 akzeptiert das international tätige Computerunternehmen Dell Bitcoin-Zahlungen. … Seit dem 23. September 2014 bietet PayPal Händlern die Möglichkeit, Zahlungen per Bitcoin entgegenzunehmen. … Ab Juli 2016 erlaubt die Schweizer Stadt Zug versuchsweise bis Ende 2016 das Bezahlen von Beträgen bis umgerechnet 200 Schweizer Franken am Schalter der Einwohnerkontrolle. … Seit 10. Juli 2017 können Bitcoins und andere digitale Währungen in jeder der 1.800 österreichischen Post-Filialen gekauft werden.“ (Wikipedia, Bitcoin, Verbreitung)
Es gibt also immer mehr, hmm, Unternehmen bzw. sonstige „Marktteilnehmer“, die Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren.
2. Hoheitsmittel
Herkömmliche Währungen, und erst recht Weltwährungen, die überall auf der Welt, also auch außerhalb des Hoheitsgebietes des Ausstellers gelten, beruhen auf dem Gewaltmonopol eines Staates. Sie reichen also bestenfalls so weit, wie dieses Gewaltmonopol reicht. Zusätzlich kommen noch die wirtschaftlichen Tätigkeiten, die auf diesem Staatsgebiet stattfinden, für die Wertbestimmung ins Spiel.
Festzuhalten ist jedoch: normale, Vor-Bitcoin-Währungen haben einen Aussteller, und der ist hat eine Identität.
Sie werden von einer Notenbank ausgegeben und beglaubigt, von der bekannt ist, wo sie steht.
Gewöhnliche Währungen sind also mit einer Adresse versehen, wo sie herkommen, und dieser Umstand macht ihre Gültigkeit aus.
Die Aussteller vergleichen sich untereinander bzw. werden von der Finanzwelt miteinander verglichen, was die Substanz der Wechselkurse ausmacht.
3. Weltgeld
Dasjenige Geld bzw. diejenige Währung, die international anerkannt ist, ist das, wo beides zusammenkommt: ein Aussteller, der für die Gültigkeit seines Geldes bürgt, und eine Menge von Individuen, die sich dieses Geldes für ihre Transaktionen bedient. So eine Art von Währung wird dadurch auch zu einer Art von Ware, die ge- und verkauft wird und dadurch an Wert gegenüber ihresgleichen gewinnt oder verliert.
4. Bitcoin
Für Bitcoin gilt der Ausgangspunkt der Währungen nicht. Es hat keinen oder viele Aussteller, und ist nirgends zu Hause. Niemand bürgt für seine Gültigkeit.
Für Bitcoin gilt: Es erhält seinen Wert lediglich im Vergleich mit anderen, realen Währungen.
„Die Leinwand“ (= Bitcoin) „drückt ihren Wert aus im Rock“ (= $ oder €), „der Rock dient zum Material dieses Wertausdrucks. Die erste Ware spielt eine aktive, die zweite eine passive Rolle. Der Wert der ersten Ware ist als relativer Wert dargestellt, oder sie befindet sich in relativer Wertform.“ (Karl Marx, Das Kapital, Band I, I. Abschnitt, 1. Die Ware, 3. Die Wertform oder der Tauschwert, S. 63)
Solange es Waren oder Währungen gibt, die sich gegen Bitcoin austauschen, so lange hat dieses Krypto-Geld Wert. Sobald das Vertrauen in dieses Austauschmittel schwindet, ist es wertlos.
Das macht, ähnlich wie bei Pyramidenspielen, mit denen Bitcoin auch vergleichen wird, seine Faszination aus. Da sein Wert an gar nichts gebunden ist außer ein paar potente Rechengeräte, so ist er auch unbegrenzt steigerbar.
Zu seiner Anziehungskraft trägt auch der Umstand bei, daß die realen Weltwährungen immer mehr nur auf Schulden beruhen, also sich lediglich selbst beglaubigen.