Die Hypo Alpe Adria als Systembank der EU

MITGEFANGEN, MITGEHANGEN?
Schon bei der Blitzverstaatlichung der Hypo Alpe Adria 2009 war absehbar, daß das nur ein Versuch war, eine Zeitbombe zu entschärfen, daß aber von irgendeiner Lösung irgendeines Problems hier keine Rede sein konnte.
Seither wird der Brandsatz hin und her geschoben, ohne daß sich eine substantielle Verbesserung der Lage einstellen würde. Die Hypo AA wurde aufgespalten, teilverkauft, umbenannt – das Problem der Schulden, für die keiner geradestehen will und kann, bleibt bestehen.
1. Historischer Kontext
Die Hypo AA wurde von einer landeseigenen Förderbank 1991 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, und im darauffolgenden Jahr durch den Einstieg der Grazer Wechselseitigen Versicherung als Großaktionär kräftig aufgeblasen. Sie machte sich fit für den Aufbruch zu neuen Ufern.
Die Hypo AA ist eng verknüpft mit der neuen Rolle, die Österreich sich anschickte, in Europa zu spielen. Von einem Billiglohnland und Pufferstaat zwischen den Blöcken zu einer Regional- und Kreditmacht in der Betreuung der gewendeten ex-sozialistischen Staaten in seiner näheren Umgebung, als Vorposten und Wachtturm der EU und sogar als Königsmacher, der sich mitunter recht unverschämt in die Innenpolitik und Machtkämpfe seiner Nachbarstaaten einmischt. Diese Rolle gefiel und gefällt den österreichischen Politikern, sie nehmen sie gerne wahr. Sie wird aber auch von den maßgeblichen Staaten der EU geschätzt – Österreich hatte – zumindest bis zur Krise 2008 – jede Menge Rückenwind.
Die Hypo spielte eine undurchsichtige Rolle in der Finanzierung des kroatischen Unabhängigkeitskampfes und dem Aufbau des Staates Kroatien. Es ist zu vermuten, daß sie nicht nur von Österreich, sondern auch von Deutschlands Geldgebern in dieser Sache benützt wurde. Das stärkte nur ihr Ansehen und vergrößerte die Freiheiten, die ihr von allen Seiten eingeräumt wurden – in Österreich, in Kroatien, und auch in Deutschland.
Es ist wichtig, sich das vor Augen zu halten angesichts dessen, daß immer von Patrioten und Moralwachteln die Hände zusammengeschlagen und „Versäumnisse“ dingfest gemacht werden, warum die Blase geplatzt und das Unheil eingetreten ist.
Demgegenüber ist festzuhalten, daß es nicht die Abwesenheit von staatlicher Oberaufsicht war, die die Hypo AA zu ihrer Expansion gedrängt hat, sondern gerade die Vorgaben der hohen Politik: „Geht und macht euch den Balkan untertan!“ – die die Hypo AA seinerzeit beflügelt haben.
Es war auch keineswegs, wie es sich im Rahmen der allseits beliebten Schuldsuche praktischerweise anbietet, der verstorbene Landeshauptmann Haider der Alleinverantwortliche für die Expansion der Hypo AA. Natürlich gefiel es dem Landesvater, ein so potentes Geldinstitut vor der eigenen Haustür zu haben und sowohl genug Kredit für ehrgeizige Projekte in Kärnten als auch für grenzüberschreitende und den Einfluß Kärntens am Balkan steigernde Aktivitäten zu seiner Verfügung zu wissen. Aber diese Muskelspiele der Kärntner Landesbank und des Kärntner Oberhäuptlings waren kein Alleingang und standen in Einklang mit anderen Bank-Expansionen im runderneuerten Nach-Wende-Österreich.
Der heutige Eiertanz um die Hypo AA ist unter anderem dem Willen und Bemühen geschuldet, diese Rolle aufrechtzuerhalten und den guten Ruf des Bankplatzes Österreich zu erhalten. Da kracht es nämlich mehrerorts im Gebälk des Kredit-Überbaus, und die Hypo AA hat das Potential, einen Einsturz zu verursachen.
2. Technische Details
Um von den bescheidenen Grundlagen zu einem international agierenden Spieler zu werden und ihre Bilanzsumme innerhalb von 13 Jahren von umgerechnet ca. 1,87 Mrd. € auf 24,23 Mrd. € zu erhöhen, unternahm die Leitung der Bank einiges, was ihr damals als hohe Kunst des Geld-Machens wohlwollend angerechnet wurde. Sie nützte nämlich die Konzession zur Ausgabe von Wertpapieren, um ihr Eigenkapital und damit ihren Aktionsradius zu erhöhen. Alles, wie der später vor Gericht gestellte und verurteilte Vorstand Kulterer im Laufe des Verfahrens bemerkte, nach der damaligen Gesetzeslage völlig legal.
Sie gab Anleihen heraus, die höher verzinst als gewöhnliche Bankanleihen und durch Haftungen des Landes Kärnten besichert waren. Es handelt sich – auch da kommen immer neue Meldungen, „sickert“ etwas durch, wird dementiert – um eine Summe von zwischen 16 und 20 Milliarden Euro, wobei zu den Gläubigern große europäische Geldinstitute, aber auch andere österreichische Banken gehören.
Dann gab die Bank Aktien heraus, die sie über ein Geflecht von Briefkastenfirmen an sich selbst zurückverkaufte und als Kapitalerhöhung in den Büchern verzeichnete.
Die Bank ließ sich in mehrstellige Millionendeals im Immobiliensektor ein, blies die Immobilienspekulation an der Adria in gewaltige Dimensionen auf und setzte auf den Boom im Tourismus. Die Finanzkrise ließ die Preise einbrechen, entwertete die Aktiva der Bank und das ganze Kartenhaus brach zusammen.
Dabei hatte die Hypo AA gar nicht viel falsch gemacht. Sie hatte fehlendes Eigenkapital durch Garantien und Finanzmanöver generiert, ähnlich wie andere österreichische Banken, denen die Abdankung des Realen Sozialismus ein weites Geschäftsfeld eröffnet hatte. Sie stießen in ein kapitalmäßiges Vakuum vor, in dem sie mit keinerlei ernsthafter Konkurrenz konfrontiert waren. Die einzigen Konkurrenten, mit denen die Hypo AA zu kämpfen hatte, waren slowenische Banken, und die gelang es eben durch diese Finanzmanöver und Landesgarantien auszuspielen.
Die gesamte Performance der Hypo AA machte sie attraktiv für die um einige Nummern größere Bayerische Landesbank, die sich erstens sowieso vergrößern und zweitens mit Hilfe der Hypo AA ein Standbein auf dem damals als Zukunftsmarkt eingeschätzten Balkan verschaffen wollte.
Der Verkauf der Hypo AA-Anteile an die Bayerische LB im Jahr 2007 war von derart komplizierten Eigentumsverflechtungen begleitet, daß es fast unmöglich ist, zu verfolgen, wieviel eigentlich gezahlt wurde und an wen.
Später behauptete die Bayern LB, sie sei von den Verhandlern auf Seiten der Hypo AA getäuscht worden, die Bilanzen seien gefälscht gewesen. Die Republik Österreich sagte später, die BayernLB hätte sie bei der Notverstaatlichung 2009 über den Zustand der Bank getäuscht. Lauter Betrogene, nirgends Betrüger.
Von 2009 bis heuer wurde die Hypo-Causa mitgeschleppt. Alle hofften darauf, daß die Krise vorübergehen würde, die Preise anziehen und die Kaufkraft steigen würden, und die Hypo AA nach einer vom Staat gestützten Durststrecke wieder auferstehen würde. Ähnlich wie die BAWAG. Dieses Szenario ist aber nicht eingetreten, und schließlich wurde die Bank aufgeteilt in Teile, die man noch zu verkaufen hoffte und einen Mistkübel für den Rest namens Heta.
Von der EU-Kommission in Brüssel kamen Vorschläge, die Bank aufzulösen, und Beschwerden, der österreichische Staat habe bei der Verstaatlichung verbotene Beihilfen gezahlt.
Was bei allen diesen Manövern offen blieb, war die Bedienung der Anleihen, die bisher offenbar vom österreichischen Staat geleistet wurde, weshalb der Österreicher Jahr für Jahr mit Berichten versorgt wurde, wieviel die Hypo AA „uns“, „den Steuerzahler“ dieses Jahr wieder gekostet hat.
3. Die Verwicklungen heute
Heute, wo der österreichische Staat – unter anderem mit Berufung auf die Gründung der Heta, wo jetzt alle Probleme geparkt werden – versucht, sich seiner Verpflichtungen zu entledigen, wird die Frage der Hypo-Anleihen schlagend.
Die Gläubiger könnten klagen, wenn die Anleihen verfallen, aber wen eigentlich? Die Bankaufsichtsbehörde, die Republik, den Heta-Vorstand, das als Garant figurierende Bundesland Kärnten?
Wenn die Hypo-Anleihen jedoch einfach ungeregelt verfallen, so ist keine österreichische Bank mehr international kreditwürdig.
Kärnten hat sich bei diesen Garantien um das mehrfache seines jährlichen Budgets übernommen. Es kann sich nicht mit Hilfe eines Konkurses entschulden, da es dafür überhaupt kein Verfahren gibt und ein Bundesland im Grunde genauso wenig bankrott gehen kann wie ein Staat.
Noch dazu hängen über den Hypo-Landesbanken-Dachverband die restlichen Bundesländer Österreichs in diesen Landesgarantien drinnen und müßten selber mitzahlen, und über irgendeinen Banken-Insolvenzfonds müßten die anderen Banken Österreichs auch Geld herausrücken im Falle einer formellen Auflösung der Hypo AA. Alle schreien natürlich im Chor: „Nein, niemals! Wir haben damit doch nichts zu tun! Schuld ist der Haider!“
Schließlich soll der von Jörg Haider selig mit dem Verkauf der Hypo AA eingerichtete „Zukunftsfonds“ für die Verbindlichkeiten der Hypo herangezogen werden, wogegen sich die Kärntner Landesregierung wehrt: Sie wäre damit um eine Geldquelle ärmer – vielleicht die einzige, die ihr noch bleibt – und für die Verbindlichkeiten der Hypo AA wären die 500 Millionen Euro nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Im Grunde ist hier ein kleines Griechenland-Problem entstanden, wo Landeshaftungen wie Kredit behandelt werden, dessen Bedienung das Bundesland selbst nicht leisten kann und dafür andere Instanzen herhalten sollen, damit nicht der ganze Kredit Österreichs flöten geht.
Die Bayerische Landesbank fordert noch Geld von der Republik Österreich, während die auf dem Standpunkt steht, daß von der BayernLB noch Geld für die Abwicklung der Hypo ausständig ist.
Die EU-Kommission in Brüssel sieht wettbewerbsverzerrende Maßnahmen und da soll Österreich irgendwelche Strafen zahlen oder Zahlungen an die Hypo AA zurückfordern.
Bei aller unfreiwilligen Komik, die dadurch entsteht, daß uneinbringliche Schulden nicht gestrichen, sondern durch teils grenzüberschreitende Gerichtsverfahren, Neugründungen, Betriebsauflösungen, Umbenennungen usw. von einem zum anderen geschoben werden, weil sie niemand streichen kann/will/darf – die Causa Hypo AA kann genauso wie die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, die Ukraine-Krise und die Rußland-Sanktionen dazu beitragen, dem Euro den Garaus zu machen.

Eine zerfledderte EU, eine kriegsgeile USA, und ein Haufen Schulden mit unsicherem Besitzer

WAR GAMES
Die EU kämpft derzeit an zwei Fronten um ihren Bestand.
I. Griechenland
Die entgegen allen Beeinflussungs-Versuchen an die Adresse der griechischen Wähler dennoch an die Macht gekommene neue Regierungsmannschaft steht vor einer ruinierten Ökonomie und einem Haufen Schulden. Es ist begreiflich und auch wirtschaftlich sinnvoll, wenn sie sagen; um die Wirtschaft einmal auf die Beine zu bringen, müssen die Schulden weg oder zumindest substantiell reduziert werden.
Diesem Ansinnen steht eine – nach anfänglichen Sympathien von Seiten einiger Regierungen – geeinte EU gegenüber, die sagt: „Kommt nicht in Frage!“
Man muß sich die völlige Unversöhnlichkeit der beiden Standpunkte vor Augen halten. Von den griechischen Politikern wird verlangt, sich alle „populistischen“ Wahlversprechungen abzuschminken und der weiteren völligen Zerstörung ihres Landes zuzustimmen, und diese dann auch noch aktiv voranzutreiben.
Um dieses unverschämte Ultimatum noch irgendwie zu unterstreichen, hat die EZB den Ankauf griechischer Staatsanleihen gestoppt, Standard & Poors die griechischen Anleihen weiter herabgestuft und über Reuters wird eine rosige Prognose für Spanien verbreitet, die zeigen soll, wie gut die Sparmaßnahmen dort gegriffen haben. Motto: es geht ja, wenn man nur will!
Was bleibt Griechenland eigentlich übrig? Eigentlich nur ein Austritt aus der EU und ein Anschluß an die Eurasisische Union, was auch wieder einen NATO-Austritt bedeuten würde, und ob der zugelassen wird?
Das Szenario ist angesichts der Unerbittlichkeit der restlichen EU-Staaten realistisch, wenngleich besorgnisserregend für die Lage in Europa. Es erhöht nämlich die Kriegsgefahr, angesichts einer USA, die mit allen Mitteln die EU hinter sich versammeln will, um zum Showdown gegen Rußland antreten zu können.
II. Die Ukraine
Die Ukraine hat keine Regierung, sondern nur ein paar Hampelmänner, die jeden Tag von den USA instruiert werden, was sie zu tun und zu sagen haben.
Sie hat kein Militär, sondern nur einen Haufen zu allem entschlossener Patrioten, die versuchen, Teile ihres 43-Millionen-Volkes mit vorgehaltenem Gewehr zum Abschlachten eines anderen Teiles zu bewegen. Es ist voraussehbar, daß dieses Programm nicht sehr dauerhaft sein, und schon gar nicht zur Herstellung einer nationalen Einheit dienen kann.
Sie hat kein Geld, und die produktiven Teile ihrer Ökonomie verringern sich täglich, während auch hier ein Haufen Schulden in der Warteschlange steht. Abgesehen davon, daß die EU unter der Hand vermutlich die Gasprom-Rechnungen gezahlt hat und noch zahlen wird, ist es auch fraglich, ob überhaupt die Zinsen auf die Staatsanleihen gezahlt werden, die bei irgendwelchen Banken herumgammeln. Möglicherweise werden die still und leise von der EZB bedient, aber pscht! damit dieUkraine nicht Staatsbankrott anmelden muß. Weil dann wären ihre Schulden endgültig entwertet.
III. Die EU
stört es zwar sehr, daß die Ukraine keine Regierung hat, den von ihr angezettelten Bürgerkrieg nicht gewinnen kann und der EU zusehends auf der Tasche liegt.
Noch mehr aber stört es sie, daß Griechenland eine Regierung hat und diese sehr klare Vorstellungen hat, was sie nicht machen will – 1000 Jahre und einen Tag die in den Tagen der EU-Herrlichkeit entstandenen Schulden bedienen.
Es geht, wie so oft, erst einmal ums Geld. Und zwar nicht nur in der Form, daß Geldsummen nicht gezahlt werden, sondern so, daß das Geld, was morgen verdient werden sollte, gestern bereits ausgegeben wurde, und daß zur Beglaubigung aller dieser Summen jede Menge politischer Kredit in die Welt gesetzt worden ist und noch werden wird, um die Fiktion, es handle sich hier nach wie vor um abstrakten Reichtum, als seien diese Summen alle gültig und wahr, aufrechtzuerhalten.
Da die EU damit beschäftigt ist, ihr schönes Weltgeld vor dem Verfall zu retten, kommt sie kaum mehr zur echten Pflege ihrer Außenpolitik und diplomatischen Beziehungen, und alle diesbezüglichen Auftritte ihrer Oberhäuptlinge haben die Qualität einer Mischung aus Reality Show und Zirkusvorführung.

Was in Griechenland auf dem Spiel steht

EU-ZERREISSPROBE
Die EU baut auf einem Grundwiderspruch auf: Sie ist eine freiwillige Vereinigung von Staaten, die Souveränität abgeben, um Souveränität zu gewinnen. Ausführlicheres dazu findet man hier.
Und dieser Widerspruch ist angesichts der Frage der Währung jetzt wieder einmal schlagend geworden.
Bei der Währung war es das Gleiche: man gibt die eigene Währung auf, einigt sich auf eine Europäische Zentralbank, unterwirft seine Geldschöpfung also einer zentralen Instanz – und hat dafür ein wirkliches Weltgeld, das überall auf der Welt anerkannt und nachgefragt wird – und nicht irgendwie eine mickrige Drachme oder inflationäre Lira, die keiner so richtig will.
Worin die Souveränität der Staaten aber unbeschränkt blieb, war ihre Freiheit, sich zu verschulden. Erstens erklärte die EU-Leitung damit das private Finanzkapital zum Richter über die Güte des Geldes und die Bonität der Schuldner – sie entscheiden ja, wem sie Kredit geben. Zweitens wollten sie ja eine Ausweitung des Kreditvolumens, weil das die Menge an Euros und damit deren Gewicht in der Welt erhöhte. Genau deshalb wollten sie am Anfang, beim Euro-Start möglichst viele Teilnehmer, also auch Micker-Ökonomien wie Griechenland.
Später, als der Start gelungen war, wurde die EZB etwas heikler und stellte Bedingungen und schaute genauer nach, wer jetzt eigentlich des Euro würdig sei.
Diese unterschiedliche Betrachtungs- und Behandlungsweise der Euro-Teilnehmer und die Gründe dafür werden heute gerne übersehen, wenn sich alle möglichen Wichtigtuer darüber aufquargeln, was so ein Staat wie Griechenland eigentlich in der Eurozone verloren hat, und Betrug! und Haltet den Dieb! schreien.
Jetzt ist eine gewaltige Menge an Euro-Kredit in Umlauf, d.h., er gammelt in diversen Banktresoren herum und macht Teile der Staatsschätze, Bankschätze oder Aktiva von Versicherungen und Pensionsfonds aus.
Und dieser Euro-Kredit, diese in Euro ausgestellten Zettel, auf denen draufsteht: „Ich werde zahlen“, mit bestimmten Daten für Zinsen und Tilgung – die sind jetzt auf einmal zweifelhaft geworden. Zunächst die griechischen, aber in deren Gefolge alle. Die Griechen meinen nämlich, sie wollen einen Teil davon nicht zahlen.
Aus Brüssel verlautet derzeit: Kommt nicht in Frage! Sie müssen zahlen!
Man führe sich vor Augen, was passiert, wenn Griechenland sagt – von den ca. 320 Milliarden, die wir bedienen sollten, wollen wir einen substantiellen Teil streichen. Und darauf beharrt, daß das die griechische Regierung entscheidet.
Es gab ja schon einmal 2011/2012 einen Schuldenschnitt, dessen Resultat inzwischen zunichte gemacht wurde – um die ca. 50 Milliarden, die Griechenland damals formell erlassen wurden, ist die Staatsschuld inzwischen wieder angewachsen. Dieser Schuldenschnitt wurde jedoch von der EZB und diversen EU-Politikern mit den privaten Anleihenbesitzern ausgehandelt, Griechenlands Regierung hatte da wenig mitzureden.
Die Schulden-Entwicklung zeigt aber, daß der damalige Schuldenschnitt nichts gebracht hat – unter anderem deshalb, weil er gar kein richtiger Schuldenschnitt war, sondern eigentlich nur eine Umschuldung. Und zwar hat er weder Griechenland noch der Eurozone als Ganzes etwas gebracht.
Jetzt kommt dieser Grünschnabel, dieser ¿*=&¢! und sagt, na so geht’s nicht, wir brauchen eine substantiellere Schuldenreduktion, verbunden mit Investitionsprogrammen, um aus dem Schlamassel wieder herauszukommen. Womit Syriza in Bezug auf Griechenland sicher recht hat.
Ein guter Teil der griechischen Staatsschuld ist inzwischen ein Produkt der Euro-Rettungspakete. Das heißt, für die Bezahlung dieser Schuld haften die anderen Euro-Länder, also auch die bonitätsmäßig ausgesprochen schlecht dastehenden Staaten Italien und Spanien, mit ihren BIP-mäßigen Anteilen entsprechenden Summen.
Das heißt, wenn Griechenland nicht zahlt, müssen die anderen die Anleihen bedienen und abzahlen!!
Die Drohung, Griechenland aus dem Euro zu werfen, ist angesichts dessen lächerlich – das ginge gar nicht, weil das käme einer völligen Streichung der griechischen Staatsschuld gleich, die dann in ihrer Gesamtheit von den restlichen Staaten übernommen werden müßte.
Das Ansinnen um Schuldenstreichung nimmt also die anderen in die Pflicht, statt Griechenland dessen Schulden zu zahlen – oder das ganze Garantiesystem der Eurozone bricht zusammen.
Das hieße jedoch, daß auch die Bankenrettungspakete diverser Staaten fragwürdig würden, weil die beruhen auch auf staatlichen Garantien. Ebenso beruhen z.B. die Provinz-Schulden Valencias auf Bürgschaftskrediten, die der spanische Staat der Deutschen Bank gegeben hat.
Die ganzen unbedienten Schulden und de facto entwerteten, aber nicht für wertlos erklärten Wertpapiere würden sich auf einmal in Rauch auflösen, wenn nicht staatliche Versprechungen sie stützen würden.
Und der Euro … Man kann sich ungefähr vorstellen, was auf den Weltbörsen los wäre und wie alle Geldbesitzer versuchen würden, alle Euros und alle Vermögenswerte, die auf Euro lauten, loszuwerden.
Angesichts dessen erscheinen so Debatten, inwiefern Syriza links, sozialistisch oder sonstwas ist, eher lächerlich.
Die Leute, die sie führen, nehmen nicht ernst, was Geld ist – Maß der Werte und Verfügungsgewalt über den Reichtum der Welt, und sie nehmen nicht zur Kenntnis, wie sehr der Wert des Geldes inzwischen auf dem Kredit beruht, der in dieser Währung in die Welt gesetzt wurde.