Pressespiegel Rebelión, 27.9.: Veränderungen am Geldmarkt

„DAS GOLD ENTTHRONT DIE US-ANLEIHEN: URSACHEN UND BESORGNISERREGENDE FOLGEN

Juan Torres López

Vor wenigen Tagen veröffentlichte der renommierte Marktanalyst Octavio Costa ein Diagramm, das zeigt, dass Gold in den Bilanzen der Zentralbanken erstmals seit 30 Jahren die US-Staatsanleihen überholt hat.

Ein Artikel der Financial Times stellte fest, dass diese Beobachtung nicht ganz zutrifft, da das Phänomen eher auf steigende Goldpreise als auf erhöhte Käufe zurückzuführen sei.
Zudem seien Reserveberechnungen sehr komplex, was darauf hindeuten könne, dass in den Bilanzen tatsächlich nicht so viel Gold vorhanden sei wie behauptet. Bloomberg behauptete jedoch dagegen, dass die Zentralbanken viel mehr Gold kaufen, als sie deklarieren.

In den Grundzügen stimmen alle Analysen überein: US-Anleihen und der Dollar sind als Reserveanlagen zunehmend unattraktiv, und ihre Nachfrage sinkt zugunsten von Gold, das sie überholt, wie es vor einiger Zeit beim Euro der Fall war. Alles deutet darauf hin, dass das Volumen der Goldkäufe der Zentralbanken bis Ende 2025 das höchste seit 1967 erreichen und in wenigen Monaten die Anleihekäufe deutlich übertreffen wird.

Dieses Phänomen ist äußerst relevant und bedeutsam, hat eindeutige Ursachen und potenziell dramatische Folgen, insbesondere für Europa, wenn sie nicht vermieden werden.

Frage: Warum steigt der Goldpreis immer mehr an, zum Nachteil des Dollars und der US-Anleihen?

Dass der Dollar die wichtigste Reservewährung auf den internationalen Märkten war (und ist), verdankt er der Wirtschaftskraft des Landes, das ihn emittiert – den USA. Und dass seine Anleihen die begehrteste Anlage waren, lag daran, dass sie als die sichersten galten.
Dass sie nicht mehr im gleichen Maße begehrt sind, liegt daran, dass dies aus folgenden, neben einigen weniger wichtigen Gründen, nicht mehr der Fall ist:

– Die US-Wirtschaft ist nicht mehr die unangefochtene und mächtigste Industrie- und Handelsmacht der Welt, weshalb ihre Währung leidet, egal wie weit Trump mit seinen Zöllen gehen will.

– Die USA haben zu verschiedenen Zeiten und gegen verschiedene Länder Finanzsanktionen verhängt, die möglich waren, weil diese in Dollar denominierte Vermögenswerte hielten. Sie könnten diese leichter umgehen, wenn ihre Reserven in anderen sicheren Häfen, wie beispielsweise Gold, lägen. Viele von den USA bedrohte Länder fliehen deshalb aus dem Dollar.

– Die USA finanzieren ihre Schulden durch die Ausgabe von Anleihen. Diese haben jedoch bereits die 37,5 Billionen Dollar-Marke überschritten, und das Risiko, dass sie nicht mehr tragbar sind, steigt täglich.
Vielleicht weniger wegen des Risikos eines Zahlungsausfalls, sondern vielmehr wegen der Wahrscheinlichkeit, dass ein derart hohes Schuldenvolumen zu hoher Inflation und einem Wertverlust des Dollars und der Anleihen führt.

– Bekanntlich und trotz Trumps Drohungen wenden sich die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sowie einige andere Länder rasch vom Dollar ab und versuchen, ein eigenes Währungssystem und sogar eine neue Währung zu schaffen. So langsam dieser Prozess auch sein mag, die De-Dollarisierung ist eine strategische Option, die immer mehr Länder ganz vorn auf die Tagesordnung setzen.

– Die neuen Funktionsweisen des Finanzsystems machen Gold zu einem sehr leicht austauschbaren und liquiden Vermögenswert, was seine Nutzung erleichtert.

– Zudem schreitet international ein Prozess des Währungswandels voran, der die Entstehung neuer Währungen mit sich bringen wird: digital, rohstoffbasiert oder von privaten Unternehmen ausgegeben. Und die Zentralbanken versuchen zu verhindern, die falschen Reserven anzuhäufen, die sich bei diesen Veränderungen an den Märkten entwerten könnten.

– Der Prozess der Ersetzung von Dollar und Anleihen durch Gold ist so offensichtlich, so grundlegend und so dringend, dass viele Zentralbanken sogar das Gold repatriieren, das sie in den Tresoren anderer Institutionen gelagert haben. Bloomberg berichtete vor einigen Tagen, dass China nicht nur massiv Gold kauft und Dollar und Anleihen abstößt, sondern auch die Shanghaier Goldbörse nutzt, um die Zentralbanken befreundeter Länder, die Gold kaufen, davon zu überzeugen, dieses innerhalb ihrer Grenzen zu lagern.“

Gemeint ist anscheinend, innerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen, nicht innerhalb derer Chinas.

„– Die Anfälligkeit des privaten Bankensystems hat sich nicht nur nicht verringert, sondern nimmt sogar zu (vor allem, weil die Zentralbanken sich weigern, den Banken restriktive Auflagen aufzuerlegen). Die Möglichkeit einer neuen und schweren Finanzkrise wird als sehr real angesehen, was auch zu einer verstärkten Goldakkumulation führt. Es ist bekannt, dass Gold in Zeiten wirtschaftlicher Verwerfungen und Krisen eine Anlage darstellt, die bessere Erträge verspricht.

Eine ernste Konsequenz

Der Bedeutungsverlust des Dollars und von Anleihen als Währungsreserven hat vielfältige Auswirkungen auf Handel, Zinsen, Preise und andere wirtschaftliche Variablen, die ich hier nicht näher analysieren werde. Ich möchte mich auf eine Konsequenz konzentrieren, die in der Analyse von Ökonomen weit weniger diskutiert wird.

Die USA sind eine imperiale Macht. Ich sage das weder im negativen noch im positiven Sinne. Es ist eine Tatsache.
Jahrzehntelang waren sie die mächtigste Nation der Welt und haben diese Macht – seit dem Ende der ehemaligen Sowjetunion – konkurrenzlos und zu ihrem eigenen Vorteil ausgeübt. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Aussage, etwas sei vorteilhaft für die USA, gleichbedeutend damit ist, zu sagen, es sei gut für Großkonzerne: »Was gut für unser Land ist, ist gut für General Motors und umgekehrt«, sagte Charles Erwin Wilson, Präsident dieses multinationalen Konzerns und später US-Verteidigungsminister unter Präsident Dwight D. Eisenhower.“

Also auch für nicht-US-Konzerne, scheint die Aussage zu sein.
Nur kamen die lange Zeit nie in solchen Größen zustande wie in den USA …

„Nun, diese imperiale Macht der USA basierte auf drei Grundpfeilern. Erstens die beispiellose Stärke ihrer Wirtschaft, Industrie, Dienstleistungen, seines Handels, Finanzwesens und seiner Technologie weltweit. Zweitens die Existenz des Dollars als Reservewährung und Maßstab für die gesamte Weltwirtschaft. Drittens ihre militärische Hegemonie. Hinzu kommt die kulturelle und mediale Macht, die nicht weniger wichtig ist, auf die ich hier aber nicht eingehen werde.

Die Entwicklungen der letzten Jahre sind gut erforscht. Die US-Wirtschaft hat sich deindustrialisiert und ist auf milliardenschwere Auslandskäufe angewiesen, was ihre In- und Auslandsverschuldung stetig erhöht hat. Und Chinas Wirtschaft ist auf dem besten Weg, sie in Bezug auf technologischen Fortschritt und industrielle Entwicklung zu überholen, wenn das nicht ohnehin schon geschehen ist. Die erste Säule seiner imperialen Hegemonie besteht also noch, schwächt sich aber rapide ab.

Die zweite Säule, die Vorherrschaft des Dollars, ist zwar nicht vollständig verschwunden, bröckelt aber, wie wir gerade gesehen haben, ebenfalls rapide.
Zumindest wird sie sich nicht mit der nötigen Stärke behaupten können, um mit ihrer Währung die Welt zu dominieren, wie es die USA bisher getan haben.

Das bedeutet, dass den USA nur noch eine Säule bleibt, um ihre imperiale Hegemonie durchzusetzen: ihre militärische Macht.

Diese Säule kann jedoch nur dann eine wirksame Grundlage ihrer Macht sein, wenn sie erstens nicht zu demonstrativ zur Schau gestellt wird. Sie muss ihre Wirksamkeit ausweisen und klar und deutlich zum Ausdruck bringen.
Zweitens muss sie ausreichend finanziert werden. Waffen sind sehr teuer (insbesondere, weil sie von Monopolen verkauft werden, die Regierungen korrumpieren und ihnen ihre Bedingungen aufzwingen können).“

Man denke z.B. an die Patriot-Abwehrraketen-Systeme mit einer Milliarde $ pro Stück …

„Um die astronomischen Militärausgaben zu finanzieren, die sie benötigen (im Jahr 2024 gaben sie 997 Milliarden Dollar aus), waren die USA bisher auf die Nachfrage anderer Länder nach Dollar angewiesen. Nur so konnten die USA die immensen Schulden finanzieren, die durch ihre Militärstruktur entstanden waren, und auch eine Wirtschaft, die, wie ich gerade erwähnte, immer schwächer wird, obwohl sie anderen Ländern nach wie vor überlegen ist.“

Um so mehr, als viele dieser „anderen Länder“– in Europa – wirtschaftlich auch den Bach hinuntergehen.

„Anders ausgedrückt, leichter verständlich: Um ihren Militärapparat zu finanzieren, sind die USA darauf angewiesen, dass andere Volkswirtschaften ihre Währung brauchen.

Wenn das, was wir analysiert haben, eintritt – die sinkende Nachfrage nach Dollar und US-Staatsanleihen –, stehen die USA vor einem existenziellen Problem: Sie erhalten weniger Finanzierung, gerade wenn sie diese am dringendsten benötigen, um die einzige Säule aufrechtzuerhalten, mit der sie ihre Weltherrschaft fortsetzen können.

Sie sind darauf angewiesen, daß andere Staaten ihnen Dollars abkaufen (in Form von Staatsanleihen), und das wird mit den derzeitigen Mitteln nicht möglich sein. Darüber hinaus benötigen sie dringend Ressourcen, denn mit jedem Tag, der vergeht, verlieren sie ihren Vorsprung gegenüber China. Obwohl sie derzeit noch über die militärische Überlegenheit verfügen, bleibt ihnen nur noch wenig Zeit, bis die aufstrebende Macht im Osten auch hinsichtlich ihrer Waffenkapazität das Du-Wort antragen kann.“

Chinas und Rußlands gemeinsame militärische Kapazität kann es vermutlich mit der NATO aufnehmen.
Um so wichtiger ist es, diejenige Rußlands im Ukraine-Krieg zu binden.

„All das, was ich gerade skizziert habe, erklärt meiner Meinung nach die Eile der USA (nicht nur Trumps, sondern ihres gesamten Wirtschafts-, Technologie- und Finanzestablishments), Ressourcen von anderen Ländern zu erhalten, selbst wenn dies Drohungen, Erpressungen, den Bruch mit ehemaligen Verbündeten und sogar die Demütigung ehemaliger Verbündeter bedeutet.

Trump hat gerade 550 Milliarden Dollar von Japan erpresst und könnte diese tatsächlich in bar erhalten, da Japan über einen 1,6 Billionen Dollar schweren Pensionsfonds verfügt, den die Regierung verwalten kann.
Von der EU forderte er 600 Milliarden Dollar, zusätzlich zu weiteren, ebenso hohen Summen. In diesem Fall ist der Beitrag jedoch nicht garantiert, da er von Unternehmen geleistet werden müsste, die nicht immer gezwungen werden können, dort zu investieren, wo Trump es wünscht.

Und hier liegt die gewaltige Konsequenz aus all diesen Ausführungen, die ich zu vermuten wage und die ich hier als Hypothese präsentiere. Die USA brauchen Europa, damit es Dollars nachfragt, und das können sie heute nur auf eine Weise erreichen: indem sie Europa in den Krieg zwischen der Ukraine und Russland einbeziehen.“

Auf gut Deutsch: weiter hineintreiben.
Weil „einbezogen“ sind sie ja bereits.

„Nur so können die zig Milliarden Dollar, die sie zur Aufrechterhaltung ihrer militärischen Hegemonie benötigen, in die USA fließen. Andererseits würde dies dazu beitragen, Russland zu schwächen und China möglicherweise stärker in den Konflikt einzubeziehen. Und so würde möglicherweise das beschleunigt, was die USA so schnell wie möglich erreichen wollen: einen Zusammenstoß mit dem asiatischen Riesen, bevor es völlig unmöglich wird, ihn in irgendeiner Region zu besiegen.“

Der III. Weltkrieg steht also tatsächlich vor der Tür.

„Wenn ich recht habe, wird Europa schon bald, auf die eine oder andere Weise, mit mehr oder weniger Intensität und mit mehr oder weniger beteiligten Ländern im Krieg sein. Vielleicht schon in den nächsten 6 Monaten.

Er ließe sich vermeiden, wenn die europäischen Staats- und Regierungschefs aufwachen und aufhören würden, unverantwortlich auf die Provokationen hereinzufallen, die die USA, ihr angeblich wichtigster Verbündeter, seit einiger Zeit und mit der von mir gerade erwähnten Absicht für sie vorbereiten.

Ich weiß es, Sie brauchen es mir nicht sagen: Ein Strategiewechsel von von der Leyen, Kallas, Merz und Co. ist höchst unwahrscheinlich.
Wir brauchen ein Wunder.“

Treffen in Tianjin

AUF ZU NEUEN UFERN

Der große Event, der derzeit in Tianjin stattfindet, wird von den westlichen Medien nolens volens zur Kenntnis genommen, mit sehr gemischten Gefühlen.

Es läßt sich nicht ganz bestreiten, daß sich in Asien eine neue Weltmacht breitmacht, und zwar eine, zu der viele Nationen freiwillig strömen – zuletzt auch Indien, das nach den Einmischungsversuchen seitens der EU und Zöllen durch die USA wegen des russischen Öls endgültig die Nase voll hat von der westlichen Welt und lieber ihr Kriegsbeil mit China begräbt.

Die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), im Rahmen derer dieses Treffen stattfindet, ist so etwas wie ein Kern der BRICS mit asiatischem Schwerpunkt, und in Sachen Integration fortgeschrittener als das nach wie vor eher lose BRICS-Bündnis:

„Sie wurde 2001 gegründet und ging aus den 1996 gegründeten Shanghai Five hervor. Ihr gehören derzeit Belarus, die Volksrepublik China, Indien, Iran, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan an.
Die SOZ beschäftigt sich mit der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie Wirtschafts- und Handelsfragen und der Stabilität in der Region. Derzeit nimmt die SOZ in Anspruch, circa 40 % der Weltbevölkerung zu vertreten, und stellt damit die weltweit größte Regionalorganisation dar.
Seit Dezember 2004 hat die SOZ Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.“ (Wikipedia)

Eine „Regionalorganisation“ mit großen Ansprüchen …

Auf dem Foto, das zum Auftakt gemacht wurde und noch nicht einmal alle Gäste umfasst – es fehlt z.B. der später gekommene iranische Präsident Massud Peseschkian – sind 42 Personen aus 26 Staaten zu sehen, die alle bei diesem Treffen dabei sein wollten.

Auf dieser Seite wird das Gruppenbild gezeigt und dort werden auch die Anwesenden kurz vorgestellt.

Einige diese Personen sollten einer näheren Betrachtung gewürdigt werden:

1. Antonio Guterres, Generalsekretär der UNO.

Guterres ist ziemlich aus den Medien verschwunden, nachdem er seine Stimme gegen den Völkermord Israels in Gaza erhoben hatte und zum Unterschied vom Papst, der das auch getan hat, nicht kurz danach verstorben ist.
Seine Anwesenheit ist zunächst dadurch gerechtfertigt, daß die SOZ den oben erwähnten Beobachterstatur bei der UNO hat.
Zudem ist zu bedenken, daß der Staat, der die UNO beherbergt, die USA, mit dieser Organisation zusehends unzufrieden ist und auch mit den Zahlungen säumig ist. Aus der UNESCO sind sie inzwischen ausgetreten. Trump läßt durchblicken, daß er die UNO – wie so vieles andere – für obsolet hält.
Guterres sieht sich also nach möglichen neuen Sponsoren um. Rußland und China wären sicher nicht abgeneigt, die UNO umzubauen und ihr unter ihrer Ägide mehr Leben einzuhauchen. Geld dafür wäre zweifellos da.

2. Recep Tayyip Erdoğan

Der türkische Präsident, der nach Tianjin mit seiner Frau angereist ist, ist der einzige Staatsmann auf diesem Foto, der auch auf dem NATO-Gipfel im Juni in Den Haag war. Er fährt also zweigleisig, was sowohl der Lage der Türkei als eurasische Macht als auch seinen Ambitionen bezüglich der Wiedererrichtung des Osmanischen Reiches und der zugehörigen Ideologie des Turanismus entspricht.
Seine Zweigleisigkeit und seine Anwesenheit in Tianjin sind auch in diversen NATO-Staaten unangenehm berührt zur Kenntnis genommen worden.

Quasi in seinem Schlepptau kommt jetzt auch

3. Ilham Alijew,

ebenfalls mitsamt Gemahlin, die im Kontrast zu Ermine Erdoğan modern westlich gekleidet ist, wie um zu zeigen, daß die beiden Staatschefs nicht die Religion, sondern die turkomanisch-turanistische Waffenbrüderschaft zusammenhält.
Alijews Besuch ist auch deshalb bemerkenswert, weil er gerade mit Rußland einen festen Streit vom Zaun gebrochen und praktisch alle diplomatischen Formen mit Füßen tritt, sogar mit der NATO Manöver macht und ihr eine Basis an der russischen Grenze anbietet.
Wie ernst das alles ist, ist fragwürdig, aber er übernimmt von Erdogan die Zweigleisigkeit, auch der NATO schöne Augen zu machen, um den russischen Bären etwas zu reizen.

4. Mustafa Madbuli

Der ägyptische Ministerpräsident ist der einzige Vertreter Afrikas bei dieser sehr asiatischen Veranstaltung.
Ägypten befindet sich mit Südafrika, Nigeria und Algerien in einer Art Konkurrenz darum, wer eigentlich die Nummer 1 in Afrika ist. Also einerseits nützt der ägyptische Politiker hier das Forum, um aus dem Schatten Südafrikas hinauszutreten.
Zweitens aber ist Ägypten hochverschuldet und nach innen nach wie vor mit der illegalen Opposition der Muslimbrüderschaft beschäftigt, die sehr unzufrieden ist mit Ägyptens Haltung bezüglich der praktisch vor ihren Augen täglich niedergemetzelten Palästinenser.
Ägyptens hat vom Westen die Nase voll, wird aber mit Zahlungen und Schuldenstundungen bei Laune gehalten.
Der recht junge Premierminister schnuppert also jetzt einmal, ob man nicht im Orbit Chinas besser aufgehoben wäre.

5. Schließlich fällt auch noch die starke Präsenz kasachischer Politiker auf. Neben dem Oberhaupt Kasachstans Tokajev sind alle diese weiteren kasachischen Gäste in irgendwelchen Behörden tätig, die zur stärkeren Integration Mittelasiens mit China und Rußland gegründet wurden. Ihr Erscheinen weist darauf hin, daß gerade Kasachstan aufgrund seiner Lage, Ausdehnung und seinem Reichtum an Bodenschätzen eine zentrale Rolle in dieser SOZ zukommt.

6. Ein weiterer bemerkenswerter Gast ist Kao Kim Hourn, der Generalsekretär der ASEAN-Staaten.

Dieser Staatsverband, der viel älter ist als die EU, wurde zunächst als antikommunistisches Bündnis gegründet. Es war noch lange nach der Auflösung der SU den westlichen Werten und dem Weltmarkt verpflichtet. Man blickte bei allem auf IWF und die USA.
Die asiatische Finanzkrise 1997 führte zu einer gewissen Desillusionierung bezüglich des freien Marktes, seiner Selbstheilungskräfte und seiner internationalen Institutionen.
Dazu kam der schrittweise Aufstieg Chinas, der die Handelbeziehungen Südostasiens grundlegend veränderte und auch die vorige Dominanz Japans und Südkoreas zurückdrängte.
Was diese Zusammenkunft alles in die Wege leiten wird, ist noch nicht heraußen. Aber eines steht fest: China ist als Gastgeber gefragt, als Partner gesucht und die chinesische Führung gefällt sich in ihrer Rolle als Schutzmacht der III. Welt, in diesem Falle Südostasiens.

Das Gruppenfoto kann als eine direkte Antwort auf das NATO-Foto vom Juni betrachtet werden, es ist um einiges internationaler.

Fortsetzung folgt: Die Kommentare der westlichen Presse

Familientreffen in Washington

EUROPÄISCHE REGIERUNGSCHEFS MACHEN PAPA IHRE AUFWARTUNG

Vor und auch nach dem Treffen zwischen Trump und Putin waren EU-Politiker und die ihnen stets noch vorauseilenden Medienvertreter besorgt, daß Trump die Ukraine mehr oder weniger „verkaufen“, oder zumindest dem Diktator aus Rußland zum Fraß vorwerfen würde.

Dann wurde Zelenskij nach Washington bestellt.
Es ist begreiflich, daß er sich angesichts der Behandlung, die ihm beim letzten Besuch zuteil wurde, nicht ohne Verstärkung hinbegeben wollte.
Außerdem waren seine europäischen Verbündeten ohnehin ganz wild darauf, wieder einmal in Washington beim Übervater empfangen zu werden.
Schweifwedelnd, wie Putin spöttisch sagen würde.

Die ganze Partie von Möchtegerns reiste also an, um bei Trump Stimmung für die EU und die Ukraine, aber in erster Linie für sich zu machen.

Außer Zelenskij kamen:

Giorgia Meloni (It)
Keir Starmer (UK)
Friedrich Merz (D)
Ursula von der Leyen (EU)
Emanuel Macron (Fr)
Alexander Stubb (Finnland)
Mark Rutte (NATO)

Dieses Gruselkabinett war vor allem entschlossen, einen etwaigen Friedensschluß zwischen Rußland und der Ukraine zu verhindern.
Diesbezüglich können die angereisten Trump-Fans zufrieden sein: Der Krieg geht auf absehbare Zeit weiter.

Was waren die Zusatzprogramme der einzelnen Akteure?

Meloni möchte ihr Sonderverhältnis zu Trump betonen und sich damit innerhalb der EU profilieren, wo Italien sonst eher unter „ferner liefen“ verbucht wird.

Starmer möchte sein Sonderverhältnis zu den USA betonen und sich als vergleichsweise hochgerüstetes Land gegenüber der EU positionieren und auf Grundlage dessen als eine Art Führer des EU-Haufens auftreten. Wir hupfen euch vor, wie man aufrüstet! Durchaus nicht ohne geschäftsmäßige Hintergedanken … Immerhin hat das UK die Energie und die Rüstungsbetriebe, die den EU-Staaten abgehen.

Merz will sich als geläuterter deutscher Kanzler darstellen, der begriffen hat, daß die Trittbrettfahrerei bei den USA ein Irrweg war und daß man, um Macht zu sein, vor Waffen starren muß. Dabei soll mit viel Subvention eine nennenswerte Rüstungsindustrie geschaffen werden, bei der die anderen einkaufen sollen.
Deutschland hat also vor, seinen Euro-Kredit zu strapazieren – was das UK nicht so gut kann –, um wieder Führungsmacht zu werden.
Große Ambitionen …

Von der Leyen verkörpert den deutschen Führungsanspruch in der EU. Deshalb wurde sie dort seinerzeit hingesetzt. Sie hat dafür zu sorgen, daß die EU „mit einer Stimme spricht“ und diese Stimme ist deutsch. Selbst wenn das nicht so klappt, so tut sie doch so, als ob es so wäre.
Bei Trump ist ihre Aufgabe, ihn der unbedingten Bündnistreue der EU zu versichern.

Macron hat sich im Laufe seiner Präsidentschaft schon öfter eine große Klappe gegenüber der NATO erlaubt. Einmal bezeichnete er sie als „hirntot“. Vor allem wollte er die französische Eigenständigkeit beweisen – als einzige wirkliche Atommacht Europas.
Diese Alleingänge versucht er nun vergessen zu machen und schreit am lautesten, daß er bereit wäre, Soldaten in die Ukraine zu schicken.
Mit der Rüstung hat er es nicht so sehr, vor allem wegen der nicht so tollen Performance der französischen Rüstungsgüter auf dem ukrainischen Testgelände. Im Grunde müßte sich die französische Rüstungsindustrie neu erfinden – ähnlich wie die deutsche, wo dieser Prozeß ebenfalls in Angriff genommen wird.

Der finnische Präsident Stubb ist eine Art Zwergerl in dieser illustren Gemeinschaft, wo man sich fragt: Was macht der dort?
Stubb versucht Finnland zu einem Frontstaat zu machen, der unbedingt Unterstützung verdient, weil er selbst die ganzen Aufrüstungsschritte nicht stemmen kann. Im Grunde ist er ein Bittsteller am falschen Fleck, weil von Donald kommt sicher nichts (er will ja die Unterstützung für Europa abbauen) und von der EU kam für seinen Geschmack schon vorher zu wenig. Somit ist er eigentlich ein Adabei dieser EU-Gruppe, der sozusagen das Kraut fett macht.

Rutte steht für die höchst untertänige Gefolgschaft der EU gegenüber den USA, ohne die sie gar nichts darstellt in der Welt. Sein Job ist eigentlich, in einem fort Schweif zu wedeln und Pfötchen zu geben, damit Donald sich nicht ganz von der Alten Welt abwendet.

Zelenskij hingegen hat nach dem Abgang Bidens seinen stärksten Unterstützer verloren. Er muß sich jetzt auf die EU stützen, damit der Krieg weitergehen und er Präsident bleiben kann. Deswegen hat er sich in diese Gesellschaft begeben, um sich sozusagen seine Lobby mitzunehmen – die natürlich ihm alle eilig zur Seite sprangen, um ebenfalls Donald ihre untertänigste Aufwartung zu machen.
Seit ihn Vance seinerzeit wegen seiner saloppen Militärkleidung angeschnauzt hat, tritt er übrigens immer in dunklem Anzug auf.

Zunächst konnten sie einen Erfolg verbuchen: Donald war geschmeichelt, daß sie so zahlreich antanzten. Putins Prophezeiung des sich Um-ihr-Herrchen-Scharens wurde wahr. Das Schweifwedeln sowieso:

„»Es ist zutiefst beunruhigend, dass Themen wie Krieg und Frieden, Demokratie und Autokratie davon abhängen, dem fragilen Ego des unberechenbaren und egozentrischen Trump zu schmeicheln und zu lobhudeln«, beklagte Kenneth Roth, ehemaliger Geschäftsführer von Human Rights Watch, in den sozialen Medien.
Aber genau das war die Strategie.“
(El País, 22.8.)

Man bemühte sich, ein Thema zu finden, das niemanden den Pelz naß macht:

„Das Beharren auf einem ernsten, aber nicht unbedingt strategischen Thema überraschte: den von Russland entführten ukrainischen Kindern.
Dieses Thema wurde nicht nur wegen der Dramatik der Situation hervorgehoben, sondern auch, weil es ein emotionales Thema ist, das Putins räuberische Natur entlarven soll, die er vor Trump sichtlich zu verbergen weiß.“

Es ist tatsächlich bemerkenswert, auf was für ein Niveau die Diplomatie heruntergekommen ist. Jetzt wird eine Art rührseliges Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf vorbereitet, um die Interessen der EU und Zelenskijs zu befördern.

„Daher betonte auch Zelenskij dieses Thema, indem er dem Präsidenten einen Brief seiner Frau an die First Lady, Melania Trump, überreichte, die wiederum an Putin geschrieben hatte, dass es »Zeit« sei, »die Unschuld der Kinder« zu schützen. Dieses Moment diente auch dazu, einen lang ersehnten Moment der Komplizenschaft zwischen den beiden Staatschefs zu schaffen.“ (ebd.)

Wir alle lieben doch Kinder, oder, Donald?

Im Grunde beglückwünschen einander alle Europäer und ihre Medien, daß der Besuch ohne Eklat vorbeigegangen ist. Daß etwas Besonderes dabei herausgekommen ist, läßt sich beim besten Willen nicht konstruieren.