Um was geht es beim Kommunismus?

BEDÜRFNISBEFRIEDIGUNG UND PLANWIRTSCHAFT
Aufgrund der Debatten auf diesem Blog habe ich mich entschlossen, eine eigene Seite zum Thema „Kommunismus“ einzurichten.
Kommunismus heißt: eine Gesellschaft, die ohne Geld, Tausch, Markt, Gewalt und Recht auskommt. Nach dem Spruch von Marx in der „Kritik des Gothaer Programms“ „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
Eine solche Gesellschaft ist erstrebenswert, und aufgrund der derzeitigen technischen Gegebenheiten möglich.
Die Frage ist jetzt: Wie kommt man dahin?
Man muß dafür Werbung machen, indem man gegen alle Vorstellungen von Geld, Tausch, Markt, Gewalt und Recht argumentiert.
Das heißt, einmal der Menschheit zu erklären, was Geld, Tausch, Markt, Gewalt und Recht bedeutet, um allen begreiflich zu machen, warum diese gewaltmäßig eingerichteten Einrichtungen schädlich sind für die Individuen.
Das ist die Aufgabe von Kommunisten.
Dafür sind alle heutigen technischen Möglichkeiten zu nutzen.
Ich ersuche alle Diskussionseilnehmer, folgende Regeln zu beachten:
Immer unter dem gleichen Blognamen zu posten.
Auf die Argumente der Vorposter einzugehen.
Sich bitte bitte auf einen Punkt zu konzentrieren, und davon nicht abzulassen, bevor das Thema erledigt ist.
Ich ersuche andere Blogteilnehmer – Neoprene und Krim – sich ein bißl um die Moderation der Debatte zu bemühen, weil ich selbst hab wirklich 1000 Sachen um die Ohren und kann mich kaum um meinen Blog kümmern. (das war so für einen Blogger nicht vorauszusehen.).

Wissenschaft oder Illuminatentum?

AUSEINANDERSETZUNG BZW. NICHT-AUSEINANDERSETZUNG MIT DEM GEGENSTANDPUNKT
Nach einiger Überlegung habe ich mich entschlossen, mein unerfreuliches Verhältnis mit dem Gegenstandpunkt hier etwas zu erörtern.
Ich weiß gar nicht, wie ich die Ereignisse der letzten Monate nennen soll.
Auseinandersetzung – worüber?
Hinauswurf – aus was?
Debatte – welchen Inhalts?
1. Verbreitung von GSP-Gedankengut und publizistische Tätigkeit unerwünscht
Der Umstand, daß ich seit ca. einem Jahrzehnt den Gegenstandpunkt so gut es mir möglich war, bekannt gemacht habe – mit Büchertischen, einer Radiosendung und Veranstaltungen in mehreren Ländern – hat offenbar seit Jahren ein wachsendes Unbehagen bei der GSP-Redaktion hervorgerufen.
Es kam hin und wieder vor, daß ich fälschlich als Vertreterin des GSP auf Plakaten oder im Internet geführt worden bin. Vielleicht 4x in den letzten 8-9 Jahren. Kein Drama, sollte man meinen. Der Irrtum ging von den Veranstaltern aus. Es lag daran, daß ich die sichtbarste und hörbarste Vertreterin dieses exquisiten Vereins war, die sowohl bei linken Veranstaltungen als auch am Internet zu finden war.
Das ist mir als eine Art Usurpation ausgelegt worden, da ich ja die „Theorie des GSP nicht teile“, was immer man sich darunter vorstellen mag, sie überhaupt nicht „verstehen“ würde, und angeblich lauter falsches Zeug verbreite. Das wurde mir nie schriftlich oder direkt mitgeteilt, sondern immer über 5 Ecken, ohne daß klar war, wer diese komischen Standpunkte eigentlich vertritt.
Besonders gerne wurde über mich verbreitet, ich hätte selber gesagt, ich würde den GSP nicht lesen. Irgendwer hat die Ente in die Welt gesetzt, andere haben sie gerne weiter herumerzählt und gelegentlich mir vor den Latz geknallt: du hast es doch selber zugegeben! Niemand hat darüber nachgedacht, warum ich dann regelmäßig GSP-Artikel verlinke, GSP-Publikationen bewerbe und und GSP-abgesegnete Vorträge im Radio sende. Wie das überhaupt gehen soll, wenn ich die Zeitschrift angeblich gar nicht in die Hand nehme.
Ebenso ist es eine reichlich seltsame und sehr arrogante Beflegelung, jemand hätte etwas „nicht verstanden“. Damit setzt sich der Vertreter der reinen Lehre argumentlos ins Recht und spricht dem solchermaßen Bezichtigten jede Dialogfähigkeit ab. Man kann sich über einen Gegenstand ja gar nicht mehr streiten und die verschiedenen Positionen zur Sprache bringen, wenn der einen Seite im Grunde jede geistige Eignung dazu abgesprochen wird. Erstens vereint dieser Vorwurf mehrere Wissenschaftsfehler, zweitens wohnt ihm der Ausschluß aus dem Kreis der Erwählten schon inne und drittens ist er sehr verräterisch über die Absichten des Gegenstandpunkts. Dazu später.
Angesichts dieses idiotischen Gemeckers habe ich mir die längste Zeit nichts daraus gemacht und mir gedacht, irgendwelche kleinen Geister aus dem Raum Wien würden sich da aufblasen und wichtiger machen wollen als sie sind. Nachdem aber der Streit eskaliert ist und ich mich an München gewendet habe, um zu erfahren, was die Redaktion davon hält, so wurde mir mitgeteilt, daß ich im Internet – auf meinem Blog und meiner Website – lauter falsches Zeug verbreite und daher die Publikationen des GSP nicht einmal bewerben und verkaufen darf, weil ich sie nämlich mit falschen Argumenten an die Falschen verkaufe!
Abgesehen von der offensichtlichen Schwachsinnigkeit des Arguments – wenn jemand sich das Buch oder die Zeitschrift aus einer verkehrten Motivation kauft und dann dort ganz ungewohnte Argumente findet, so ist das doch gut und nicht schlecht – ist ferner bemerkenswert, daß es mit einer einzigen Ausnahme nie eine schriftliche oder sonst irgendwie ernstzunehmende Kritik an meinen ach so falschen Positionen gab. Bestenfalls wurden mit verdrehten Augen irgendwelche Geschmacksurteile verzapft, was ich denn da schon wieder für einen Unsinn veröffentlicht, und nein, sapperlot, was ich denn da zusammengeschrieben hätte!
All das von Leuten, die noch nie eine Zeile Theorie zu Papier gebracht oder aufs Internet gestellt haben. Dieser Umstand ist deshalb erwähnenswert, weil es anscheinend eine Art ungeschriebenes Publikationsverbot bei diesem Think Tank gibt, demzufolge nur Autorisierte überhaupt schriftlich werden dürfen. Dazu gesellen sich dann als Komplementär-Truppe zu den großen „Theoretikern“ lauter kleine Geister, die stolz darauf sind, vom Geist der Großen berieselt zu werden und wie kleine Kläffer über jeden herfallen, der diese Harmonie des Theorie-Wasserfalls stört, weil ihnen ja der irgendwie ihre eigene Nichtigkeit vor Augen führt.
Die einzige Ausnahme betreffend inhaltliche Kritik bezog sich auf meinen Blog-Beitrag zu Null- und Negativzinsen – also bitteschön, wenn es sonst nix zum Aussetzen gäbe, deshalb müßte man sich wahrlich nicht zerstreiten!
Aufgrund der außerordentlichen Diskretion meiner Kontrahenten bezüglich der inhaltlichen Differenzen bin ich auf Mutmaßungen angewiesen, wo sich denn diese Abgründe befinden könnten. Abgesehen davon, daß meine Haupt-Schuld sowieso darin zu bestehen scheint, daß ich ich publiziere, und dagegen dann schon zweitrangig ist, was ich von mir gebe.
2. Inhaltliche Differenzen
Krim verdanke ich den Hinweis, daß es bei der Besprechung der EU und des Euro offensichtlich Differenzen gibt. Während der GSP auf den imperialistischen Willen und die Ambitionen Deutschlands hinweist – was ja nicht falsch ist – fallen mir die Schwächen im Auftritt gegenüber anderen Souveränen auf. Deutschland mag ja die griechische Regierung in ihrer Abhängigkeit vorgeführt und botmäßig gemacht haben, aber sogar innerhalb der EU scheitert es z.B. an der Frage der Flüchtlingsverteilung, und anderen Zentralisierungs-Vorhaben. Ganz zu schweigen von den Abfuhren, die sich die EU und Deutschland von anderen imperialistischen Mächten wie den USA, Rußland und sogar der Türkei einfangen, und der absolut lächerlichen Figur, die sie beim Ordnung-Machen in Libyen abgeben.
Es steht eben nicht der Wille schon fürs Werk. Wo ein Souverän auf seinesgleichen trifft, messen sich immer feindliche Brüder aneinander, und da sind Niederlagen vorprogrammiert.
Während ich den Hinweis auf die Staatenkonkurrenz nicht als Widerspruch zur Darstellung des deutschen Ehrgeizes, Führungsmacht zu sein, begreife, so scheint das beim GSP nicht so zu sein. Da wird oberlehrerhaft keine Widerrede geduldet, obwohl diese Positionen als gegensätzliche oder doch vereinbare wahrlich eine umfassende öffentliche Debatte vertragen könnten.
Ein weiterer Punkt scheinen meine Vorträge zum Zerfall Jugoslawiens und der Aussöhnung zwischen Kuba und der USA zu sein.
JUGOSLAWIEN
https://cba.fro.at/76672
https://cba.fro.at/76697
sowie:
https://cba.fro.at/112664
https://cba.fro.at/243958
Kuba-USA:
https://cba.fro.at/296607
https://cba.fro.at/297283
Bei letzterem Thema ist festzuhalten, daß ich damals, als in Salzburg bei einer Diskussion Interesse an dem Thema laut wurde, beim GSP nachgefragt habe, ob dort etwas dazu geplant sei, und mir wurde geantwortet: nein.
Der GSP legte zwar Wert darauf, seinerzeit die „Lineamientos“ sowohl in einem ausführlichen Artikel (GSP 1/2012) als auch in mehreren Vorträgen abzuhandeln, aber diese Aussöhnung zweier Erzfeinde war ihm nur einen kurzen und oberflächlichen Artikel in der Zeitschrift wert.
Beides hängt vermutlich mit einer gewissen Wasserscheu gegenüber dem Realen Sozialismus zusammen, nach dem Motto: Über die Toten nichts als Gutes! Während zu Lebzeiten dieses Systems mit Kritik nicht gespart wurde, ist es heute nicht mehr Thema des GSP, „nicht aktuell“ und um alles damit Verbundene wird anscheinend ein Bogen gemacht. Ähnlich wie um den Antiimperialismus, mit dem Kuba seinerzeit angetreten ist, und die Schnittstelle von beidem.
In Wien hat sich gezeigt, daß durchaus Interesse an dem Thema RealSoz besteht:
https://cba.fro.at/301787
https://cba.fro.at/301792
Dabei ging es vor allem um die Frage, ob der Reale Sozialismus an seinen eigenen Widersprüchen untergegangen ist oder am Druck von außen, aus der imperialistischen Welt? Eine Frage, die einen Kommunisten nicht kalt lassen kann.
Ein dritter Punkt, der mir schon öfter aufgefallen ist, ist ein Dissens bezüglich des Arabischen Frühlings, wie diese Serie von medial beklatschten Aufständen gemeinhin genannt wird. Die angeblichen Volksaufstände in Nordafrika kommen laut GSP scheints aus dem Nichts, die imperialistischen Mächte mischen sich dann ein. Dabei folgten diese Aufruhr-Szenarien ziemlich dem Drehbuch der orangen Revolution in der Ukraine, den ebenfalls durch Demos erreichten Regierungswechseln in Georgien und Kirgisien, und wurden von den Medien in einer Art und Weise euphorisch begrüßt, die einen stutzig werden lassen sollte. Der GSP verwehrt sich der Vorstellung, daß es sich hier um Regime-Change-Aktionen handelt, die von Geheimdiensten angeleiert wurden und für sich die Demonstranten als nützliche Idioten zur Verfügung stellen, mitunter auch um den Preis ihres eigenen Lebens.
Die Leute seien doch unzufrieden gewesen! – wird einem entgegnet.
Sonst weiß man aber doch, daß Unzufriedenheit kein Grund für irgendetwas ist. Dort, in Tunesien und sonstwo ist das aber dann eine ehrenwerte Sache?
Auch um den Sturz von Saddam Hussein und Ghaddafi gibt es eigenartige Bocksprünge. Warum die USA 2003 im Irak einmarschiert ist und warum Ghaddafi unbedingt wegmußte – eigenwillige Beschlüsse, fast schon Kaprizen der jeweiligen Regierungen der USA? Alle Vermutungen nach den Anlässen, die diese beiden Lichtgestalten für ihre Beseitigung gegeben haben mögen, werden als „Verschwörungstheorie“ abgetan. Nein, der Weltpolizist hat beschlossen, Punkt.
Wie auch bei der Politik Deutschlands und der EU lösen sich die außenpolitischen Aktionen in eine Art Willkür der Obrigkeit auf, die regelmäßig wen plattmachen muß, sozusagen als Selbstbeweis.
3. Was bewegt den GSP?
Die Frage ist ja angesichts der bisher besprochenen Dinge angebracht. Die Publikationen sollen nicht an die Falschen verkauft werden und eine öffentliche Debatte über strittige Inhalte darf auch nicht sein.
Man hört öfter, für die Verbreitung reichten die Ressourcen nicht, es ginge deshalb darum, die „Theorie zu vertiefen“. Ein ziemlicher Unsinn, abgesehen von den „Ressourcen“, für die es gar keine Verwendung gäbe. Der menschliche Geist ist nicht quantifizierbar. Der bürgerliche Mist mit den IQs wurde von der MG, lang ists her, auch deshalb kritisiert. Genauso verkehrt ist es, von großen Denkern und tiefer Theorie zu schwätzen. Das ist stinkbürgerlicher Unfug, mit dem aus einer Selbstverständlichkeit – seinen Verstand zu betätigen, um draufzukommen, was los ist – eine ganz große Besonderheit gemacht wird, die nur wenige Auserwählte beherrschen.
Dem werten Fußvolk wird so suggeriert, die einzige Chance, überhaupt Zugang zur Wissenschaft, diesem raren Gut, zu erhalten, sei die Lektüre des GSP und die Anhänglichkeit an seine Produzenten. Wer vom rechten Weg abkommt, der ist unrettbar verloren und der Dummheit geweiht.
Und es gibt offensichtlich einen Haufen Leute, denen diese Art von Selbstverständnis behagt. Zwar nicht ganz so gscheit wir die „Großen“, aber immer noch weit über der gewöhnlichen Masse.
Ein Elitebewußtsein von Illuminaten, das sich gewaschen hat.

Pressespiegel EL País, 23.4. 2017

„DIE SCHLAFWANDELNDEN ELITEN
Die europäische Entwicklung wirft Millionen von Menschen in die Arme von Anti-System-Kräften.
Darüber hinaus, was in der zweiten Runde des französischen Präsidentschafts- und ein Monat später bei den Parlamentswahlen und mit der Entwicklung der Börsen, Schulden und Risikoprämien geschehen wird, wäre es ein Gebot der Stunde, das Projekt der europäischen Integration und insbesondere die Gestaltung des Euro und der Wirtschafts- und Währungsunion neu zu formulieren. So wie sich die Dinge derzeit entwickeln, werden jedenfalls Millionen von Bürgern in die Arme von nationalistischen oder ausländerfeindlichen oder populistischen oder extremistischen oder anti-europäischen Kräften – oder alles zusammen – getrieben, wie die Wahlen in Ländern wie Holland und Frankreich zeigen, sowie der Brexit, oder was in Polen oder Ungarn los ist.
Um zu diesem Schluß zu kommen, brauch man nicht auf die Ergebnisse der mehrerorts bevorstehenden Wahlen zu warten. Nach fünfzehn Jahren Euro, fast ein Jahrzehnt davon einer so langen Krise wie die Große Depression und von komplexerer Natur als jene, lassen sich viel mehr Posten auf dem Soll-Seite der Bilanz der Einheitswährung finden als auf der Haben-Seite, die nur einen einzigen aufweist: die Kontrolle der Inflation, was das Ziel Nummer eins vor allen anderen geworden ist.
Bei den Passiva hingegen ist das wichtigste Element das zunehmende Auseinanderdriften zwischen dem nördlichen Ländern und Südeuropa, anstatt einen Prozess der ökonomischen Angleichung der Eurozone in die Wege zu leiten. Das ist jedoch der Grund, warum die Menschen in der Eurozone verbleiben wollen.
Der Euro hat aufgehört, ein Positivsummenspiel zu sein, in dem jeder gewinnt, und sich in ein Nullsummenspiel verwandelt, in dem die einen (Deutschland und sein Glacis) das verdienen, was die anderen verlieren (nämlich die südlichen Länder, insbesondere Griechenland, das eigentliche Dr. Mengele-Labor der Sparpolitik, die nach wie vor dort angewendet wird). Neu entstehende Brüche zwischen dem Zentrum und der Peripherie, Gläubiger und Schuldner … auf diese Art und Weise ist inzwischen nicht nur die Irrationalität der ursprünglichen Gestaltung der Wirtschafts- und Währungsunion, sondern das Modell des Euros selbst in Frage gestellt, das in einen Kreis von Selbstzweifeln eingetreten ist.
Zweifel, die sich auf jene erstrecken, die ihn verwalten und steuern, von jemandem als „schlafwandelnde Eliten“ bezeichnet, die nach automatisierten Abläufen handeln und ständig Symtome des Konformismus produzieren. Gerade feierten sie die ersten 60 Jahre der EU, ohne daß bei den Treffen irgendetwas anderes als schöne Worte erklingen, und so Aussagen wie: man müsse abwarten, was bei den französischen und deutschen Wahlen herauskommt.
Abwarten, abwarten … während ein großer Teil der Bürger mit Erstaunen feststellt, dass Länder mit dem Euro weniger Wachstum hervorbringen als solche ohne ihn, daß die Arbeitslosigkeit zugenommen hat, daß die existentielle Unsicherheit strukturell geworden ist und daß der Sozialstaat – Europas großer Pluspunkt – in seiner Gesamtheit immer mehr gefährdet ist.
Was wurde aus der Bankenunion, der Tobin-Steuer, der sozialen Säule der Chancengleichheit und den anderen drei Säulen der EU (der Gemeinschaften, der juristischen Zusammenarbeit und der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik)?
Wird man irgendwann frei darüber reden können, ob der Beitrag Deutschlands zum klar asymmetrischen Charakter der Entwicklung der Eurozone dazu beigetragen hat, daß sie den Bach hinuntergeht? Hat der intellektuelle Beitrag Merkels und Schäubles das, was vielleicht eine beliebige Krise gewesen wäre, in eine schwere Krise des Kapitalismus verwandelt, mit seinen irrigen Rezepten?“
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Der Autor (Joaquín Estefanía, ein ehemaliger Redakteur von El País,) bemüht sich, kritisch zu sein, weil das ist angesichts der politischen Zustände ein Gebot der Stunde, noch dazu in einem sozialdemokratischen Blatt, wie es El País ist, und in einem Land, in dem die Volkspartei an der Regierung ist. Und wo abzusehen ist, daß die Sozialdemokraten in näherer Zukunft nicht an die Macht kommen werden.
Dabei benützt er genau dasjenige Vokabular, das zur Vernebelung und zur Bekräftigung falscher Erklärungen geschaffen wurde.
Europäische Integration – die Idee dabei ist, daß durch die Entfesselung der Konkurrenz innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten alle auf ein einheitliches Wohlstandsniveau gehoben werden und dann alles Friede, Wonne und Eierkuchen wird. Das ist zwar faktisch unmöglich, weil im Kapitalismus geht es nun einmal darum, daß sich einer auf Kosten des anderen bereichert, aber es gab offenbar viele Leute, gerade unter den Regierenden, die dieses Märchen gerne glauben wollten. Warum sonst wären Griechenland, Portugal oder Zypern der EU und der Eurozone beigetreten?
Eine besondere Errungenschaft der neueren nationalökonomischen Idiotie ist das Nullsummenspiel, das angeblich dann besteht, wenn die einen gewinnen und die anderen verlieren. Man fragt sich, wo ist die Null? Nach der Logik wäre jedes ökonomische Geschäft, sogar der Kauf einer Semmel, ein Nullsummenspiel, weil da Äquivalente getauscht werden.
Mit dieser Verfabulierung des ganz gewöhnlichen Treibens in etwas ganz Absonderliches wird hingegen die dumme Wunschvorstellung hochgehalten, daß ausgerechnet die Marktwirtschaft den Wohlstand beflügeln und alle befreidigen möge.
Der Euro war übrigens nur solange ein „Positivsummenspiel“, also eine Erfolgsstory, als der Kredit reichlich floß – also die Passiva in der Bilanz anwuchsen.
Auch die Idee des Schlafwandels der Entscheidungsträger ist eigenartig. Einerseits wird dabei gesagt, sie handeln unbewußt und wissen nicht, was sie tun. Das kommt einer Generalabsolution gleich. Zweitens wird ihnen unterschoben, sie wüßten nicht, in welche Richtung sie gehen. Das ist ja gerade angesichts der von der deutschen Regierung verordneten Austeritätspolitik etwas eigenartig. Da ist doch klar, wohin es geht: Für den Erhalt des Euro ist uns alles recht, und das massenhafte Elend, das die Sparprogramme verursachen, ist eben ein Kollateralschaden!
Wenn der Autor beklagt, daß die Tobin-Steuer und die Säulen der EU“ inzwischen unter den Tisch gefallen sind, so möchte er damit scheints andeuten, daß das super-gute Sachen gewesen wären – obwohl es sich dabei auch nur um Schmarrn aller Art handelt, den sich irgendwelche Ideologieproduzenten ausgedacht hatten, um damit das Ideal hochzuhalten, eigentlich seien der Euro und die Liberalisierung der Finanzmärkte eine gute Sache.
Die Bankenunion wiederum war ein Plan, die Spekulation solide und das Risiko kontrollierbar zu machen. Hier wurde also die Quadratur des Kreises angestrebt. Da alle Mitgliedsbanken für die Verluste der anderen verantwortlich gewesen wären, wurde die Sache dann doch schubladisiert, weil wer will schon für die Schulden anderer haften.
Schließlich die Phrase von der Assymetrie, mit dem schüchtern darauf hingewiesen wird, daß die Erfolge des deutschen Kapitals auf Kosten der Produktion und damit dem Lebensstandard und der Verschuldungsfähigkeit anderer EU-Staaten gegengen sind. Wie bei allen negativen Begriffen wird das absurde Bild bemüht, daß Wirtschaftsbeziehungen „symetrisch“ sein sollten – was wäre damit gemeint? –, um dann zu beklagen, daß es nicht so sei.
So geht Kritik heute: alle schönen Ideale werden aus der Mottenkiste geholt, etwas hergerichtet und dann wird beklagt, daß sie nicht umgesetzt werden, während gleichfalls den Vollstreckern der Realpolitik alle Verantwortung abgesprochen wird.