DAS JAHRHUNDERT DER TÜRKEI? – ODER CHINAS? – DER ABSTIEG DER ALTEN WELTMÄCHTE?
Mit gewisser Atemlosigkeit verfolgt der Beobachter die entfesselte Konkurrenz alter und neuer (Möchtegern)-Weltmächte.
Kategorie: Nationalismus
Der europäische Banksektor in der Pandemiestarre – Teil 3
SPANISCHE ELEFANTENHOCHZEIT
Während die angedachte Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank wieder in der Versenkung verschwunden ist, in Österreich die BAWAG und die Bank Austria nicht zusammengingen, und in Italien auch immer wieder große Bankenfusionen geplant werden, bisher ohne Abschluß, wird in Spanien anscheinend ernst gemacht: Caixabank schluckt Bankia.
1. Die Fusion
„Am Mittwoch wird die Gründung der größten Bank Spaniens beschlossen, der Vereinigung der CaixaBank mit der Bankia mit einem Vermögen von 660 Milliarden, was 25% der Gesamtmenge des Sektors (in Spanien) entspricht. Diese von der EZB und später von der Regierung geförderte Operation versucht jedoch, die verlorene Rentabilität dank der Kostensenkung wiederzugewinnen, sodass auf etwa 8.000 Mitarbeiter, 15,5% der Belegschaft, verzichtet werden wird. … Der Wert, den Bankia beisteuert, basiert auf den 24 Milliarden an öffentlichen Beihilfen, die sie erhalten hat und die mehrheitlich abgeschrieben werden müssen.
Der spanische Banksektor durchläuft einen endlosen Kreislauf von Fusionen. Vor 32 Jahren, 1988, fand die erste große Fusion … statt: Die Banco Bilbao schloss sich der Banco Vizcaya an, um die Bank Nr. 1 in Spanien, das Unternehmen BBV, zu gründen.
(Der derzeitige Direktor von Bankia) José Ignacio Goirigolzarri hat dieses Erdbeben bereits an vorderster Front erlebt, weil er damals bereits 11 Jahre bei Bilbao arbeitete. Drei Jahrzehnte später leitet der seinerzeitige Geschäftsführer der Banco Bilbao die letzte große Fusion unter seiner Präsidentschaft, den möglichen Verkauf von Bankia an die CaixaBank. Auch jetzt würde damit die größte Bank Spanien geschaffen.
Vor 32 Jahren wurde die Fusion damit begründet, Größe, Zahlungsfähigkeit und Rentabilität durch den Abbau von Personal und Büros anzustreben – die gleichen Ziele, die CaixaBankia hat, die den permanenten Kreislauf ebenso wie die Tatsache zeigt, dass der neue Riese das Ergebnis der Vereinigung von 18 Sparkassen und Banken ist.
Der Unterschied besteht darin, dass das resultierende Unternehmen jetzt 13-mal größer sein wird als BBV, was das Wachstum der spanischen Wirtschaft und des Banksektors widerspiegelt.
Die Zahlen sind beeindruckend: CaixaBankia wird nach Angaben vom vergangenen Juni 31,4% der Kundenkredite und 28,1% der Einlagen besitzen. Es wird rund 6.700 Filialen (28% aller Bankniederlassungen) und mehr als 51.500 Mitarbeiter (29% der Bankangestellten) haben.“ (El Pais, 14.9.)
Ein Blick auf die Vorgeschichte dieser beiden Banken schadet nicht.
2. CaixaBank
CaixaBank wandelte sich 2011 von einer Sparkasse mit allen ihren Einschränkungen in eine Bank um, mitten im Krachen verschiedener Sparkassen in und außerhalb Spaniens im Zuge der Finanzkrise und des Platzens der Immobilienblase. Die Sparkassen besaßen nämlich wenig bis gar kein Eigenkapital, hatten sich kopfüber ins Immobiliengeschäft gestürzt und gingen mit diesem unter.
Bei der Gründung von CaixaBank wurden die gesamten – aus Gründen des Sparkassenstatuts – ausgegliederten Geschäfte und Beteiligungen der Vorgänger-Sparkasse zu einem Bankgeschäft vereinigt. Diese Umgestaltung war damals notwendig, um sich mit Hilfe internationaler Beteiligungen und noch funktionierender Kunden vor dem Schicksal der restlichen spanischen Sparkassen zu schützen. Mit dieser Umgestaltung war nämlich ein Börsengang verbunden, der dringend notwendige Liquidität in die Kassen von CaixaBank spülte.
2012 übernahm sie mit Banca Cívica einige mit einem Regierungs-Notprogramm vor der Insolvenz bewahrte Provinz-Sparkassen. 2013 folgte – nach kräftiger Stützung aus der Staatskasse – das Banco de Valencia. 2015 folgte die Übernahme von Barclays España und 2017-18 die portugiesische BPI. Das wurde möglich, weil sie ebenfalls 2018 einen großen Teil der wegen unbezahlter Kredite in das Eigentum der Bank geratenen Immobilien an einen US-Investmentfonds abstoßen konnte.
CaixaBank ist also – ähnlich wie Santander – eine Bank, die ins Strudeln geratene Banken mit kräftiger Unterstützung durch Staatskasse und EZB aufkauft, um sich dadurch größer und immer unentbehrlicher – und dadurch im Notfall stützungswürdiger – zu machen. Sie betreibt also mit politiökonomischer Stützung das Ziel, zu einem iberischen und dann vielleicht europäischen Bankgiganten zu werden.
CaixaBank war aber auch eine der geschädigten Banken durch die Unabhängigkeitsbemühungen in Katalonien. Als eine der großen katalanischen Banken (neben Sabadell) verlegte sie ihren Sitz nach Valencia. Sie verlor viele Einlagen, weil Kunden in und außerhalb Kataloniens aus Besorgnis über die Zukunft der Bank ihre Konten auflösten und zu anderen Banken abwanderten. Ihre Anleihen rutschten auf den Börsen ab.
Jetzt, 3 Jahre später, hat sich der Staub über die ganze Aufregung gelegt, die Unabhängigkeits-Anhänger sind verstummt bzw. langweilen ihre Umwelt nur mehr, und CaixaBank schickt sich an, zur größten Bank Spaniens zu werden.
3. Bankia
Bankia war eine sehr teure Mißgeburt, die aus dem Versuch entstand, die ganzen vor dem Aus stehenden spanischen Sparkassen irgendwie wieder flott zu machen. Erst wurden 7 oder noch mehr Kassen fusioniert. Dann wurden mit einer Art Aschenbrödel-Auswahl die besonders schlechten Aktiva irgendwo versteckt und die angeblich etwas besseren zusammen mit den Einlagen zu Bankia vereint und an die Börse gebracht – im Jahre 2011. Der Dirigent dieser ganzen Operation, der ehemalige IWF-Direktor Rodrigo Rato, vertraute auf positive Prophezeiungen von IWF, Weltbank und ähnlichen Institutionen, die eine baldige Erholung der Finanzmärkte voraussagten, – und vermutlich auf Gott, er ist ja Mitglied der PP.
Der Börsengang wurde nach allen Regeln der PR-Kunst beworben und die Bankia-Aktie als eine Art Volksaktie hingestellt. Alle Schichten sollten sich an diesem Börsengang beteiligen.
Nach einer kurzen Phase der Euphorie, wo alle sich gegenseitig auf die Schulter klopften, trat im Mai 2012 der Direktor Rato zurück, Bankia wurde verstaatlicht und von der Börse entfernt, nachdem sich die Aktie in einen Sturzflug begeben hatte.
Seither hat Bankia unzählige Gerichtsverfahren hinter sich. Geschädigte haben in Sammelklagen einiges an Geld erstritten, und Rato sitzt heute im Gefängnis, nachdem er wegen Unterschlagung zu 4 Jahren verurteilt wurde, weil er unter den Spitzenbankern in einer Vorgänger-Sparkasse eine Art Selbstbedienung an den Geldvorräten der Bank eingerichtet hatte.
Bankia schleppt sich seit 2012 mit unzähligen staatlichen Geldspritzen weiter, kann wegen der vielen Spareinlagen und Verbindlichkeiten nicht zugesperrt werden und stellt ein Faß ohne Boden im spanischen Staatshaushalt dar.
4. Eine sehr begrüßte Privatisierung
CaixaBank werden Rosen gestreut, daß sie diese Ruine übernimmt, ihr ihren (noch) guten Namen umhängt und sich um den Sanierungsfall kümmert. Natürlich kann die fusionierte Bank mit weiteren Geldspritzen rechnen, auch die EZB steht bereit. Hauptsache, Bankia ist weg vom Fenster.
Die Aussichten sind dabei gar nicht rosig:
„Der Rückgang der Margen war bereits seit Jahren ein Problem (2016 trat der Euribor in den negativen Bereich ein), aber die durch die Pandemie verursachte Wirtschaftskrise hat mittelfristig zu einem Rückgang des Einkommens und einem Anstieg der notleidenden Kredite geführt.
Wieder der perfekte Sturm, der an 2008 erinnert, aber mit viel mehr Kapital und damit Zahlungsfähigkeit. Laut Finanzquellen, die Anonymität verlangen, würden CaixaBank und Bankia unter anderem im Jahr 2021 Verluste erleiden, wenn sie den Zusammenschluss nicht unterzeichnen.“ (Ebd.)
Was natürlich nicht heißt, daß sie als fusionierte keine Verluste machen werden.
8-10 000 Angestellte sollen möglichst schnell entlassen werden, die Kosten dafür schlagen sich wieder im Budget zu Buche: die Pensions- und Sozialkassen Spaniens sind nämlich ziemlich leer.
Serie Daten und Statistiken, Teil 1
DIE VOLKSZÄHLUNG
In letzter Zeit werden vor allem von Corona-Dissidenten die Statistiken zu Todeszahlen, Tests usw. angezweifelt. Da würde falsch gezählt, so meinen viele, und sogar, oh Schreck, absichtsvoll manipuliert.
Aber wie viele dieser Leute haben sich eigentlich bisher Gedanken gemacht darüber, was sonst alles an Daten erhoben wird, in welcher Form, mit welcher Genauigkeit und vor allem: Zu was für einem Zweck?
Eine der grundlegenden, wenngleich nicht häufigen Datenerhebungen ist der Zensus.
1. Der Staat braucht sein Volk …
Es ist nämlich die Quelle seines Reichtums, neben dem Territorium. Diese beiden Voraussetzungen machen einen Staat aus, und je nachdem, wie er beides benützt bzw. benützen kann, ist er ein „reicher“ oder ein „armer“ Staat.
Wieviel davon da ist und wer eigentlich alles dazugehört, ist jedoch eine Frage, die hin und wieder überprüft werden muß. Die Volkszählung ist daher das ureigenste Interesse jeden Staates. Daß sie nicht öfter stattfindet, liegt daran, daß es da viele rechtliche Einschränkungen gibt – von wegen Privatsphäre und so – aber vor allem, daß das Verfahren sehr aufwendig und kostspielig ist. Und wenn es nicht mit der nötigen Gründlichkeit durchgeführt und ausgewertet wird, für die Katz ist.
2. … und muß es deshalb erfassen
Da die Ergebnisse der Volkszählung auch Grundlage für Besteuerung bilden, waren die Volkszähler nie sehr beliebt. Die Menschen kamen sich überwacht vor. Bei der letzten analogen bzw. händischen Volkszählung in Österreich – also mit Personen, die von Tür zu Tür gingen, die Fragebögen aushändigten und wieder einsammelten – sorgte vor allem die Frage nach der Religionszugehörigkeit für Unmut.
Bis zu Zeiten des Internets gingen diese Volkszählungen in den meisten Staaten der EU ähnlich vonstatten. In allen wollte der Gesetzgeber wissen, wieviele Menschen welches Geschlechtes, welchen Alters und welcher Staatszugehörigkeit auf seinem Territorium, und wo genau dort lebten.
Seit den Zeiten des Internets wird die Volkszählung in Österreich als Registerzählung durchgeführt. Keine Volkszähler werden mehr ausgeschickt, dafür werden die bereits vorhandenen Daten von Arbeitgebern, Sozialversicherung, Schulen, Kindergärten und vor allem dem Melderegister miteinander verglichen und dann ein Gesamtregister erstellt, dessen Ergebnis dem der händischen Volkszählung gleichkommt oder es sogar an Genauigkeit übertrifft.
Die heutigen Volkszähler sitzen also hinter Computern und bearbeiten dort die Daten.
Vermutlich wird das in anderen EU-Staaten genauso gehandhabt. Problematisch wird es in angelsächsischen Ländern, in denen keine Meldepflicht besteht und es daher auch kein Melderegister gibt.
(Beim Brand des Grenfell Towers 2017 in London dauerte es eine Weile, bis die Anzahl der Todesopfer feststand, weil nirgends aufschien, wie viele Leute zum Zeitpunkt des Brandes dort gewohnt hatten.)
Wenn es jedoch kein Melderegister gibt, so bleibt eben nur die Möglichkeit der händischen Volkszählung, kombiniert mit einer Art digitaler Umfrage durch Zuschicken der Fragebögen per Email. Das Verfahren ist daher aufwendiger und unzuverlässiger.
3. Schwierigkeiten anderswo
In Großbritannien wurde ebenso wie in Österreich die letzte Volkszählung 2011 durchgeführt. Schon damals war nicht nur die Frage, wie die Daten zu erheben seien, sondern auch, welche Behörden das zu planen und durchzuführen hätten, Gegenstand von Debatten, da das UK sehr föderal ausgerichtet ist. Und schließlich: Wers macht, muß es auch zahlen. Jeder versucht, den anderen die Kosten umzuhängen.
Seit 2011 beruhen alle Angaben zur Bevölkerung des UK auf Schätzungen. Aufgrund der illegalen Einwanderung und der nichtexistenten Meldepflicht ist die Bevölkerung in den Städten sehr schwer schätzbar. Der nächsten Volkszählung im Jahr 2021, die die Regierung unbedingt durchführen will, stehen wegen des Brexits und Uneinigkeit zwischen London und Schottland gröbere administrative und rechtliche Schwierigkeiten bevor.
In den USA wäre heuer, inmitten von Coronavirus-Problemen, Demos und Streit zwischen den Gouverneuren, dem weißen Haus und dem Kongreß, wieder ein Zensus fällig.
Trump will unbedingt den rechtlichen Status der Einwohner in den Zensus aufnehmen, der in den USA offenbar noch immer größtenteils entweder analog oder per digitalem Formular durchgeführt wird. Die Immigranten sollen also selbst und freiwillig angeben, ob sie legal oder illegal in den USA leben.
Abgesehen von der Frage, ob das nicht überhaupt verfassungswidrig ist, werden Bedenken laut, daß da viele Leute entweder den Fragebogen gar nicht ausfüllen oder aber falsche Angaben machen werden, wodurch das ganze Ergebnis verfälscht wäre und man sich den Aufwand eigentlich sparen und weiterhin schätzen könnte.
Man sieht hier, wie sich politische Entscheidungen – Wir sind kein Einwandererland mehr! – auf die Qualität der Datenerhebung schlagen.
In Ländern Lateinamerikas, Afrikas oder Asiens wiederum sind die Daten oftmals deshalb unzuverlässig, weil die mit dem Zensus beauftragten Beamten wenig Geld erhalten, oder überlastet sind, und sich dann verschiedene Zahlen einfach aus den Fingern saugen, anstatt Stapel von Fragebögen aufzuarbeiten, oder in entlegene Gegenden zu fahren, um dort Umfragen durchzuführen.
An den Daten der Volkszählung hängt jedoch auch vieles andere, was dann an UNO-Organisationen weitergeleitet und in zentralen Statistiken gelagert und in jährlichen Datensammlungen herausgegeben wird: Die durchschnittliche Lebenserwartung, die Kindersterblichkeit, Lebendgeburten pro Frau (d.h., die Reproduktionsrate), Bevölkerungsdichte usw. Diese Daten sind für jedes Land nur so gut wie die Volkszählungsdaten, die ihnen zugrundeliegen.
nächstes Mal: Die Sterblichkeit