Wert oder Staatsform?

DEMOKRATIE
Bei den Debatten rund um die Ereignisse in Katalonien hatte der Begriff der Demokratie wieder einmal Hochkonjunktur. Die Anhänger der Unabhängigkeit behaupten, Selbstbestimmung sei die Grundlage, sozusagen das Um und Auf der Demokratie, während die Anhänger der spanischen Zentralregierung die Ansicht vertreten, Demokratie sei in erster Linie mit der geltenden Verfassung gleichzusetzen. Die Verfassung spiegle den Konsens der Parteien wider und sei eine geordnete Niederschrift der Prinzipien, nach denen regiert wird. Auf ihr gründe der Rechtsstaat, während die einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit notgedrungen in einer Willkürherrschaft münden müsse.
Diese beiden Auffassungen werden einander gegenübergestellt und sollen sich offenbar ausschließen.
Für den Gesamtstaat
An den internationalen Reaktionen hat man gesehen, daß das Kapital – das nationale wie das internationale – sich der Auffassung der Madrider Regierung anschließt. Katalanische Firmen, die ihre Sitze verlegen und ausländische Finanzinstitute, die katalanische Anleihen auf den Markt werden, um sie loszuwerden – diese Akteure weisen darauf hin, daß ein funktionierendes Gewaltmonopol Voraussetzung für Geschäftmachen ist. Wo das fehlt, kann man zwar krumme Dinge drehen und Rohstoffe hinaustransportieren, aber solide Geschäftsbeziehungen lassen sich dort nicht aufbauen.
Für ein erfolgreiches Geschäftsleben braucht es klare Verhältnisse, wer das Sagen im Lande hat. Das Eigentum muß geschützt, die Gesetze niedergeschrieben und eingehalten werden, und – last but not least – es bedarf auch eines verläßlichen, weltweit anerkannten Geldes oder der Bindung an ein solches, damit das internationale Kapital sich in einem Staat tummelt und niederläßt.
Es war auch der Angriff von Anhängern der Unabhängigkeit auf den Finanzsektor, der die Stimmung in der EU endgültig gegen die Unabhängigkeits-Kämpfer hat umschlagen lassen: Die Aufforderung, doch durch Bankruns die katalanischen Banken für ihr unpatriotisches Verhalten zu bestrafen machten dann auch noch den Dümmsten klar, daß manche katalanischen Politiker offenbar nicht alle Tassen im Schrank haben.
Das Kapital stimmte also mit den Füßen bzw. durch praktisches Handeln ab. Verlegte Firmensitze und verkaufte Wertpapiere zeigen an, daß die Position Kataloniens als produktiver Standort gelitten hat. Auch im Tourismus stehen die Zeichen auf Rückgang.
Man kann also sagen, die Vertreter des Kapitals und die maßgeblichen Politiker haben damit kundgetan, was Demokratie ist: eine Staatsform, in der die Arbeit dem Kapital zur Verfügung zu stehen hat, und die Staatsgewalt die Rahmenbedingungen dafür schafft und erhält.
Für die Unabhängigkeit
Auf die Seite der Selbstbestimmung als wahren Ausweis der Demokratie schlugen sich eher internationale Vertreter der Intelligenzia und des Sportes: Künstler, Journalisten, Professoren und Fußballspieler, oder Oppositionspolitiker, die in ihren Ländern gerne an die Macht kommen würden. Gerade Linke, die sich gerne als besonders kritisch präsentieren, bewährten sich als Schönredner der politischen Herrschaft und der Klassengesellschaft.
Erstens bekräftigten sie das Prinzip der Nation, der jemand angehört, fassen also die Menschen nur als Angehörige irgendeiner staatlichen Einheit auf. Jenseits derer gibt es gar kein Leben.
Zweitens setzten sie den Ruf nach Selbstbestimmung mit einem Ruf nach dem eigenen Staat gleich.
Nun ist die Selbstbestimmung von Haus aus ein leeres Gefäß, in das man alles hineinleeren kann. Auch der Nationalismus paßt hinein. Man kann aber auch die Erinnerung bemühen, daß „Selbstbestimmung“ nicht immer mit Fahnenschwingen gleichgesetzt wurde. Es ging da einmal – gerade in Katalonien – um Arbeiter, die Fabriken besetzten und übernahmen, oder um Frauen, die sich der Mutterrolle verwehrten.
Heute geht der Schrei nach Selbstbestimmung einher mit einem Kniefall vor der Herrschaft, sofern sie sich als „eigene“ ausweisen kann, einer demütigen Haltung gegenüber Gott (Oriol Junqueras), und einer selbstverständlichen Verpflichtung auf Eigentum und Geld und Steuern als Mittel der Bereicherung der Besitzenden.
Und das wird von einer internationalen Idiotenriege unterstützt, die nichts anderes mehr fertigbringt, als der Demokratie ihre eigenen Ideale nachzutragen und vor ihrer Realität die Augen zu verschließen, als da sind:
Überflüssigmachen und Verelenden von Menschen, unter dem Stichwort „Wettbewerbsfähigkeit“,
Hochhalten des Bestandes des als Einheitswährung verfaßten Geldes, wofür ganze Volkswirtschaften Stück für Stück ruiniert werden,
imperialistische Kriege und Beutezüge, mit den entsprechenden Opfern,
offene Unterstützung von mordenden Fanatikern durch demokratisch gewählte Regierungen,
u.a.
– das alles wird mehr oder wenig geistig gefressen, als bloße Abweichung vom Ideal der „eigentlichen“ und „wahren“ Demokratie, um dann theatralisch das Recht auf Selbstbestimmung hochzuhalten, wenn Kälber sich mit dem Stimmzettel in der Hand ihre Schlächter selber aussuchen wollen.
Übrigens nicht nur in Katalonien.

Katalonien, Fortsetzung 2

KATALONIEN UND SPANIEN
Der derzeitige Stand der Dinge ist, daß die Parteien in Katalonien für die Wahlen in die Startlöcher gehen. Bisher stehen 7 Parteien fest. Da die Sozialisten und Podemos national andere Positionen einnehmen als in Katalonien bzw. sich nicht entscheiden können oder wollen, schaut es mit Koalitionen nicht gut aus.
Das wahrscheinlichste Ergebnis wird ähnlich sein wie bei den spanischen Wahlen von 2016, die ihrerseits schon eine Wiederholung derjenigen von 2015 waren. Weder 2015 noch 2016 kamen Mehrheiten zustande. Die jetzige spanische Regierung ist also eine Minderheitenregierung, was die Handhabung der Katalonien-Krise sehr erschwert hat: Mariano Rajoy mußte sowohl für den Polizeieinsatz gegen das Referendum als auch für die Verhängung des Notstandsparagraphen und die damit einhergehenden Maßnahmen immer erst eine Mehrheit zusammenkriegen.
Das wiederum hat die Oppositionsparteien unter Zugzwang gesetzt, sich für oder gegen die spanische Regierung zu entscheiden. Und sie mit ihren Filialen in Katalonien in Konflikt gebracht.
Der Wahlkampf hat etwas von Klamaukfilm an sich. Der destituierte Präsident sitzt in Brüssel, bezeichnet sich als legitim und wettert gegen die spanische Regierung und die EU. Seine Partei hat er schnell wieder umbenannt, für alle Fälle, um einem etwaigen Verbot zuvorzukommen. Hin und wieder hält er Hof vor angereisten Bürgermeistern oder belgischen Oppositionellen, immer mit Presse-TamTam.
Sein Vize, der Vorsitzende der Partei ERC sitzt im Gefängnis, gibt den Märtyrer und betet viel. Er hat schon anklingen lassen, daß er – wie die katalanische Parlamentspräsidentin – vielleicht auch die Verfassung anerkennen würde, um seinen Wahlkampf auf freiem Fuß führen zu können. Das wäre allerdings eine schwierige Sache, denn die spanische Verfassung sieht Austritt einer Provinz nicht vor. Er müßte also entweder der Unabhängigkeits-Idee abschwören oder lügen. Wenn er nach einem möglichen Wahlsieg wieder auf Unabhängigkeit machen würde, so hätte er sich damit delegitimiert und würde wahrscheinlich wieder im Gefängnis landen.
Die Vorsitzende des katalanischen Zweigs der kleineren Regierungspartners Ciudadanos (Staatsbürger) reist jetzt nach Belgien, um den Wahlkampf auch dort zu führen. Sie möchte nicht Puigdemont die Bühne allein überlassen.
Belgien kommt als Schauplatz des spanischen Rosenkrieges deshalb zu Ehren, weil beide Seiten die EU für sich als Wahlhelfer einspannen möchten. Die belgische Regierung hat gar keine Freude mit diesem Theater, kann die verschiedenen Politkasperln aber aus rechtlichen Gründen nicht daran hindern.
In Katalonien selbst vollführen verschiedene Politiker einen Eiertanz, weil sie sich einerseits von ihren Bundes-Zentralen distanzieren, andererseits aber wieder auf sie stützen wollen. Da werden Koalitionen gekündigt, aber auch mit ihnen geliebäugelt. Besonders bei der Protestpartei Podemos, die ihre Orientierungslosigkeit im Parteinamen trägt, ist guter Rat teuer. Sie würde gerne von allen gewählt werden und sieht eine Positionierung als hinderlich für dieses Ziel an. Also schwatzt ihr Vorsitzender belangloses Zeug und versucht sich mit allen anzubiedern. Um so mehr, als die katalanische Filiale, zumindest ihre sichtbarste Repräsentantin, Barcelonas Bürgermeisterin, klar für die Unabhängigkeit ausgesprochen hat. Natürlich nur, wenn alle wollen, also ganz demokratisch …
Die spanischen Medien haben ihre liebe Not, diese seltsamen Vorkommnisse zu kommentieren, ohne den ganzen Wahlkampf in seiner Lächerlichkeit darzustellen. Immerhin soll durch die Wahlen am 21. 12. wieder Ruhe ins Land kommen, die Kapitalflucht aus und Rechtsunsicherheit in Katalonien beendet werden und wieder Normalität einziehen.
Was angesichts der handelnden Personen und ihren Positionen unwahrscheinlich ist.

Die Russen warns!

RUSSLAND BILDET DIE MEINUNG DER EU- UND US-BÜRGER?!
Russland soll die US-Wahlen beeinflußt haben, so der Tenor der Medien. Erst sollen sie mit Hacker-Angriffen diverse US-Websites geknackt haben.
„Der russische Einfluss auf den US-Wahlkampf mittels Hackerangriffe soll nach einem Medienbericht von oberster Stelle gesteuert worden sein. Wie der US-Nachrichtensender NBC berichtet, soll Staatschef Wladimir Putin selbst Anweisungen für den Umgang mit den gehackten Mails der demokratischen Parteifunktionäre in den USA gegeben haben. Der Sender beruft sich in seinem Bericht auf zwei anonyme hochrangige Geheimdienstverantwortliche.“ (Die Zeit, 15.12. 2016)
An Meldungen dieser Art fällt auf, daß es offensichtlich Null Beweise gibt. „Soll“, „beruft sich auf“ usw. Auf reinen Behauptungen aufbauend wird eine Urheberschaft für etwas konstruiert, das selber keinerlei Grundlagen hat.
Diese Anschuldigungen wurden bereitwillig von Politik und Medien der EU aufgenommen. Bei uns haben sie es auch versucht! Wir sind gefährdet! Wir müssen uns gegen solche Angriffe verteidigen! Über die Beschuldigung Rußlands versucht die EU, selber Einigkeit herzustellen und ihre Einigkeit mit denjenigen Eliten der USA zu bekräftigen, die ebenfalls in Rußland ihren Hauptfeind sehen.
Spanien hat inzwischen diesbezüglich nachgezogen und beschuldigt Rußland, an der Katalonien-Krise schuld zu sein.
1. Einfluß auf die Politik und Wahlkampagnen
Diese Vorwürfe kommen von Staaten und Regierungen, die während des Kalten Krieges jede Menge Dissidenten unterstützt haben, durchaus materiell. Für Dissidenten war diese Unterstützung durch westliche Staaten – oder auch Private, wie Soros – ihre Existenzgrundlage. In Ungarn wurde z.B. die ganze Dissidentenmannschaft über ein Jahrzehnt lang dadurch unterstützt, daß sie mit Übersetzungen westlicher Literatur beauftragt wurde, was deren Repräsentanten erstens ein Einkommen verschaffte und zweitens dafür sorgte, daß auch Bücher erscheinen konnten, die in verschiedener Form prokapitalistische Propaganda betrieben.
Es war auch durchaus üblich, den Dissidenten aller Staaten des Warschauer Paktes und auch Jugoslawiens (z.B. Djindjic und Seselj) großzügige Stipendien, Lehr- und Forschungsaufträge an westlichen Universitäten zu verschaffen, wo sie sich weiter von den Wohltaten der Marktwirtschaft und der bürgerlichen Wissenschaft für die gesamte Menschheit überzeugen konnten, um dann zu Hause darüber zu informieren, aus erster Hand natürlich.
Ebenso wurden nach der Wende in Osteuropa 1989/90 verschiedene Politiker, die sich für die liberale Doktrin und Privatisierungen durch Worte und Taten verdient machten, mit lukrativen Berater-Jobs und Unterbringung in hochdotierten Stellungen bei internationalen Organisationen belohnt.
Schließlich erinnere man sich zurück an den Präsidentenwahlkampf Boris Jelzins 1996, wo sich russische Oligarchen und westliche Regierungen verbündeten, um diesen Mann, der sich beim Zerfall der Sowjetunion bisher so bewährt hatte, von neuem ins Präsidentenamt zu hieven. Was heute als „Enthüllung“ gehandhabt wird, war damals keineswegs ein Geheimnis. Westliche wie russische Medien (damals größtenteils in Beresowskis Hand) berichteten darüber, und zwar mit dem Brustton der Überzeugung, daß man doch alles machen müßte, um den Demokraten Jelzin gegen seine Haupt-Rivalen, den Kommunisten Sjuganow oder den Militär Lebed an der Macht zu halten.
Auch heute werden Organisationen und Personen, die sich gegen die Regierung von Wladimir Putin stellen, vom Westen mit Medienpropaganda und materiellen Zuwendungen unterstützt. Auch das ist übrigens kein Geheimnis, und hat dazu geführt, daß westliche NGOs in Rußland einer strengen Kontrolle unterstellt oder verboten wurden, was wieder höchste Entrüstung im westlichen Blätterwald hervorgerufen hat.
Das, was Rußland heute vorgeworfen wird, war und ist also völlig selbstverständliche Gepflogenheit der demokratischen Regierungen der EU und der USA.
2. Einfluß über die Medien
Die USA und Westeuropa unterhielten seit 1950 den Sender „Radio Free Europe“ mit Sitz in München, der die Satellitenstaaten der SU mit Propaganda für Demokratie und Marktwirtschaft versorgte, in den jeweiligen Landessprachen. Ab 1953 sendete „Radio Liberty“, ebenfalls mit Standort in Deutschland, Sendungen der gleichen Art in russischer Sprache. 1973 wurden die beiden Sender zusammengelegt. Es war ebenfalls nie ein Geheimnis, daß die Haupt-Finanzierungsquelle beider Sender der CIA war. Als dieser Umstand gegenüber der Öffentlichkeit auf Kritik stieß, wurden sie (offiziell) über den US-Kongreß finanziert.
Nach der Wende 1990 wurden die beiden Programme bzw. Sender zunächst überflüssig. Die USA – wer auch immer genau – strichen die Unterstützung. Der damalige Präsident der Tschechoslowakei, Václav Havel, lud sie – in Anerkennung ihrer vorher geleisteten Dienste – nach Prag ein. Seither arbeiten die inzwischen vereinheitlichten Sender von Prag aus und verbreiten ihre Sicht der Dinge mit Hilfe zusätzlicher Sende-Einrichtungen in anderen Ländern in viele Teile der Welt, so auch auch in Afghanistan, Nordafrika, Südostasien u.a. Gegenden.
Westliche Medienunternehmen haben sich in viele Zeitungen ehemals sozialistischer Staaten eingekauft und betreiben dort inzwischen wahre Medienimperien, so in der Ukraine, in Serbien und anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens, in Rumänien und bis vor kurzem auch in Ungarn.
Rußland hat diesbezüglich im letzten Jahrzehnt nachgezogen. Mit Itar-Tass, Russia Today, Sputnik und halbprivaten Websites in verschiedenen Sprachen hat es das Internet genutzt, um seinerseits Propaganda zu betreiben. Es hat also die westlichen Vorbilder geschickt imitiert und die neuen Medien und sozialen Foren genützt, um der Propaganda der USA und der EU seine Sicht der Dinge gegenüberzustellen.
3. Rußland als Buhmann für die internen Krisen der EU
Obwohl man die Ereignisse in der Ukraine 20014/2015 nicht wirklich als interne Krise der EU bezeichnen kann, weil da ja sowohl die USA als auch Rußland als Akteure mitspielten und die EU in die zweite Reihe drückten, hat sie sich inzwischen zu einer inneren Krise der EU entwickelt. Die EU hat sich nämlich an diesem großen Brocken verschluckt, muß die Kosten dieser ökonomischen Bruchbude tragen und sieht sich mit den beiden Großmächten mit zwei Gegenspielern konfrontiert, gegenüber denen sie militärisch-gewaltmäßig ziemlich alt aussieht.
Als Hauptgrund für ihr Scheitern bei dem Versuch, sich diesen mehr als 40-Millionen-Staat als Hinterhof einzuverleiben, wurde Rußland dingfest gemacht. Nicht nur, weil es der pro-westlichen Ukraine einen Teil ihres Gebietes weggenommen und einen anderen Teil streitig gemacht hat, sondern weil es auch einen Teil der EU-Bürger für sich eingenommen hat. Die Medien der EU mußten mit Schaum vor dem Mund zur Kenntnis nehmen, daß ihr Meinungsmonopol gebrochen wurde und sie seither als „Lügenpresse“ sehr viel von ihrer propagandistischen Macht eingebüßt haben.
Seither ist Rußland für alles verantwortlich, was in der EU schiefläuft. Russische Propaganda und russische Unterstützung sollen das Erstarken rechter Parteien gefördert haben, sie sollen den Brexit auf dem Gewissen haben, und der neueste Streich ist angeblich die separatistische Bewegung in Katalonien:
„In der EU ist die Debatte über die Verbreitung von Fake News zugunsten der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens die neueste Episode einer langen Serie von Vorkommnissen in vielen Ländern.“ (El País, 18.11.)
Man merkt schon der schwammigen Wortwahl an, daß die Suppe äußerst dünn ist. „Debatte über“, „Episode“, „Vorkommnisse“. Soziale Medien, Foren, Twitter und Blogs werden durchkämmt, um dort Anhaltspunkte für angebliche „Einmischungen“ „der Russen“ zu finden.
Abgesehen davon, daß diese „Einmischungen“ höchst lächerlich wären angesichts dessen, was sich europäische Mächte und die USA gegenüber der SU oder Rußland in den letzten Jahrzehnten geleistet haben, ist auch noch die Absurdität festzuhalten, daß sich renommierte westliche Medien in den Tagen nach dem illegalen Referendum am 1. Oktober ziemlich eindeutig gegen die spanische Regierung und auf die Seite der katalanischen Separatisten gestellt haben.
Beispiele:
„I Was in the Room When Catalonia Made History. Or Didn’t? Or Did?“ (New York Times, 14.10.)
„Der Traum von der perfekten Republik. Für kurze Zeit feiern die Katalanen ihre Unabhängigkeit, dann greift die spanische Regierung durch. Die Menschen in Barcelona reagieren trotzig – und geben nicht auf.“ (Die Zeit, 27.10.)
„Massive Gewalt: Polizei griff bei Kataloniens Urnengang hart durch.“ (Der Standard, 1.10.)
usw.
Wenn in Twitter und auf Facebook und sonstwo genau diese Stellung: Spanien böse, Franco ersteht wieder auf, Selbstbestimmung gut, Katalanen arme Opfer – widerhallt, so sind natürlich die Russen schuld!
Der in der EU aufblühende Nationalismus und die Idiotie der EU- und Demokratie-Fans, mit der sie sich auf das Phänomen des Separatismus beziehen, wird auf das Konto der Russen geschrieben, die sich in unzulässiger Weise auf die Destabilisierung der EU spezialisieren!
Das alles wäre höchst lächerlich und nur eine weitere Demonstration des geistigen Verfalls der Möchtegern-Meinungsmacher, wenn es nicht Folgen hätte:
Die EU muß sich wappnen – unter dieser Losung werden Behörden ins Leben gerufen und Mittel zur Verfügung gestellt, mit denen das Internet durchkämmt wird nach angeblichen russischen Trollen, um dann zur Medienzensur schreiten zu können. Google hat angeblich seine Suchmaschine dahingehend modifiziert, daß politisch mißliebige Websites nicht mehr angezeigt werden, oder erst auf einem Platz sehr weit hinten. Auch Facebook folgt dem Rufe seines Herrn und setzt seine Filtertechniken auch verstärkt gegen linke Inhalte ein. Facebook muß hier etwas vorsichtiger vorgehen, weil es massiven Nutzerverlust befürchten muß, wenn diese Praktiken zu offensichtlich werden.
So daß am Schluß herauskommt, daß die EU nur deshalb Probleme hat, weil es nicht gelingt, den russischen Einfluß genügend zurückzudrängen!
Auch wenn das offensichtlich ein Blödsinn ist: das ist die Sichtweise, die Politik und Medien inzwischen durchzusetzen versuchen.