Argentinien am Scheideweg

DAS WELTWEITE KREDITSYSTEM WACKELT WIEDER EINMAL

Vor einigen Tagen hat das zuständige Gericht in New York definitiv beschlossen, daß Argentinien seine Kläger befriedigen und die Schuld bei ihnen begleichen muß. (Worum genau es geht, siehe hier). Argentinien müßte sofort 1,5 Milliarden Dollar an die Hedgefonds auszahlen, die seinerzeit – 2001 und 2002 – die völlig entwerteten argentinischen Staatsanleihen zu einem Bruchteil ihres Nominalwertes aufgekauft hatten und jetzt zum vollen Nominale ausgezahlt bekommen wollen.

1. USA gegen Europa, Spekulation gegen Anlage
Daß ein amerikanisches Gericht – New York war ja seinerzeit als Gerichtsstand festgelegt worden, um das Vertrauen der Gläubiger in die argentinischen Staatsanleihen zu stärken – dieser Klage recht gibt, hat nicht nur ökonomische, sondern auch politische Gründe. Die Folgen sind auf beiden Gebieten nicht absehbar.
Wenn nämlich Argentinien diese 1,5 Milliarden nicht zahlt – was absehbar ist –, so ist die gesamte Umschuldung hinfällig, d.h., der Vergleich, den Argentinien mit dem Rest seiner Gläubiger geschlossen hat. Das waren – neben den argentinischen Geldinstituten – größtenteils private und institutionelle Anleger in Europa, die ihre Gelder in den vermeintlich sicheren und vergleichsweise hoch verzinsten argentinischen Anleihen angelegt hatten. Sie haben ohnehin auf einen guten Teil ihrer Forderungen verzichtet, um wenigstens noch ein Drittel derselben zu erhalten. Jetzt sind auch diese Auszahlungen gefährdet. Das hat Auswirkungen auf den europäischen Kreditsektor, weil Banken, Pensionsfonds und Versicherungen gegebenenfalls weitere Abschreibungen vornehmen müssen.

2. Argentinien ist weiterhin pleite
Argentinien hat es bis heute nicht geschafft, wieder an die internationalen Kreditmärkte zurückzukehren. Mit diesem Urteil vom Montag rückt diese Möglichkeit in weite Ferne. Selbst wenn Argentinien irgendeinen Vergleich mit den Hedgefonds schließt, um seine Schuld in Raten abzustottern, so ist dadurch ja gerade seine Zahlungsfähigkeit weiter geschrumpft, und damit seine Kreditwürdigkeit. Argentinien ist also nach wie vor auf seinen internen Kredit angewiesen, und der Peso ist dadurch weiterhin absturzgefährdet und nur eingeschränkt konvertibel. Der ganze Außenhandel Argentiniens ist also gefährdet, und es könnte zu ernsthaften Versorgungsengpässen bei Gütern kommen, die nicht in Argentinien selbst hergestellt werden.
Verständlich, daß die argentinische Regierung angesichts dieser Situation nach Auswegen gesucht hat und auch fündig geworden ist:

3. Argentinien sucht um Aufnahme in die BRICS an
Die BRICS-Staaten sind über die Perspektive, sich um Argentinien zu erweitern, sehr erfreut. Vor allem Indien macht sich dafür stark und erwartet sich eine Belebung des Warenaustausches. Die BRICS wären auch willens und fähig, Argentinien finanziell unter die Arme zu greifen:

„Für Argentinien selbst würde die Vereinigung mit den BRICS den Erhalt von finanziellen Mitteln zu weitaus vorteilhafteren Bedingungen als denjenigen bedeuten, die derzeit von internationalen Organisationen verfügbar sind. Buenos Aires wird auch von dem Umstand angezogen, daß sich die Führer dieses Blocks 2013 darauf geeinigt haben, einen Reservefonds von 100 Milliarden $ für den Fall der Instabilität der Märkte und zur Unterstützung der Bilanzierung in nationalen Währungen anzulegen.“ (Izvestija, 13. Mai 2014)

Während Indien sich einen Aufschwung des Handels erwartet, ist China vor allem an der Lebensmittelproduktion und den Möglichkeiten, die diese bietet, interessiert. Rußland würde vor allem politisch gewinnen, da sich die argentinische Regierung beim Anschluß der Krim dezidiert für die Legitimität des Referendums ausgesprochen und auf die Falklands verwiesen hat, wo im März 2013 eine sehr lächerliche Volksabstimmung stattgefunden hat, die international problemlos anerkannt wurde.

Es gibt übrigens auch noch andere Staaten, die in der Warteschlange für einen BRICS-Beitritt stehen, weil sie aus unterschiedlichen Gründen mit der Globalisierung schlecht gefahren sind und sich von diesem Block positive Entwicklungen erwarten: der Iran, Indonesien, Kasachstan und Mexiko.

Im Juli soll im brasilianischen Fortaleza über die Aufnahme Argentiniens entschieden werden.

Im Lichte der Front, die sich gegen Rußland entwickelt; der chinesischen Devisenreserven und der Bemühungen Chinas, den Renminbi zu einer Weltwährung zu machen, und der Entwicklung der sich notgedrungen umstellenden Energieversorgung Europas wäre ein BRICS-Beitritt Argentiniens ein Schritt, der zu einer Neusortierung der weltweiten Abhängigkeiten und Einflußgebiete führen wird und muß.

Der Triumph des abstrakten über den konkreten Reichtum

DIE ZINSPOLITIK DER EZB
Jetzt hat die EZB wieder einmal die ohnehin schon gegen Null gehenden Leitzinsen gesenkt und gleichzeitig wieder eine Menge Kredit an die privaten Banken ausgeschüttet.
Diese Niedrigzinspolitik wurde von manchen Wirtschaftsbossen kritisiert. Aber bevor wir uns diese Kritik anschauen, ist es zielführend, nachzuschauen, was die EZB-Führung eigentlich damit bezweckt. Das immer wieder breitgetretene Blabla, es ginge um „Inflations“bekämpfung, glaubt inzwischen niemand mehr, da aus höchsten Finanzkreisen schon seit einiger Zeit Bedenken über zu geringe Inflation geäußert werden.
1. Die Gründe der EZB-Politik
Die Rückerinnerung, warum diese Art von Geldvermehrung seinerzeit eingesetzt wurde, kann nicht schaden:
Die niedrigen Zinsen der EZB ebenso wie der reichlich vergebene Kredit sollen erstens den Banken Liquidität zu Verfügung stellen. Die „Stresstests“, die seinerzeit durchgeführt wurden und inzwischen aus guten Gründen aus der Mode gekommen sind, haben nämlich erwiesen, daß die meisten Banken Europas, die ganz dicken Brummer eingeschlossen, jederzeit krachen können. Also wurde mit reichlichem und billigem Kredit den Banken ein dicker Polster verschafft.
Die Niedrigzinspolitik ist also ein Teil der Bankenrettung.
Zweitens sollte damit Konjunkturpolitik betrieben werden. Die Idee war, den Banken billigen Kredit zu geben, um ihre Kreditvergabe an Unternehmen zu beleben und dadurch Investitionen und Wachstum anzukurbeln.
Diese Politik ist gescheitert.
Denn „die Kreditvergabe in Europa“ wird „nicht durch den Mangel an Liquidität begrenzt, sondern durch zu geringe Nachfrage von potenziellen Kreditnehmern mit guter Bonität.“ (NZZ, 5.6.) Auf gut Deutsch: Die Firmen kriegen deshalb keinen Kredit, weil Firmenkredite den Banken zu riskant sind. Und diese Einschätzung beruht auf dem Umstand, daß die Zahlungsfähigkeit in Europa dermaßen geschrumpft ist, daß die Firmen auf ihren Waren sitzenbleiben werden und dadurch ihre Kredite nicht bedienen können.
Das Scheitern dieser Politik wird aber nicht als solches besprochen, sondern als ein gefinkelter Trick zur Inflationsvermeidung. „Sterilisation“ der von ihm in die Welt gesetzten Geldmenge habe der schlaue Herr Draghi betrieben, indem er für Einlagen bei der EZB einen minimalen Zins anbot, der die Banken dazu verführte, einen guten Teil ihrer solchermaßen erhaltenen Kredite wieder bei der EZB zu parken, weil ihnen das der sicherste Aufenthaltsort für ihre Liquidität erschien. Die absurde Absicht, die die EZB-Leitung gar nicht gehabt hatte – nämlich den Finanzmarkt mit Liquidität zu versorgen und sie ihm gleichzeitig zu entziehen –, wurde als währungspolitische Leistung dargestellt.
Dabei war der Umstand, daß viel von diesem in die Bankenwelt gestreuten Geld wieder bei der EZB landete, der EZB-Leitung gar nicht recht. Jetzt wurde für dergleichen Praktiken ein Strafzins eingeführt: jede kommerzielle Bank, die Einlagen bei der EZB hat, muß dafür zahlen.
Drittens war das allerwichtigste Motiv bei der Geldschwemme vor zweieinhalb Jahren, den Banken Geld zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die Staatsanleihen der Krisenstaaten aufkaufen sollten. Vor allem Spanien stand damals ziemlich an der Kippe zum Ramsch-Status. Als Mittel der Euro-Rettung hat sich die Niedrigzinspolitik also bewährt. Vor allem verschaffte es den Banken dadurch Einnahmen, weil die Anleihen der Krisenstaaten höher verzinst waren und sind, als diese für die Euro-Kredite hinlegen müssen.
Das ist auch der Grund, warum die Niedrigzins-Politik beibehalten wird. Würden die Leitzinsen der EZB hinaufgesetzt, so blieben die Staatspapiere Spaniens, Italiens usw. liegen und die Eurokrise würde zurückkehren. An den wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieser Länder hat sich nämlich nichts geändert, zumindest nicht zum Besseren.
2. Die Kritik an der EZB-Politik
Die Kritiker der EZB sind sich nicht ganz einig, was jetzt an Draghis Politik falsch ist. Die einen meinen, er versuche mit dieser Art von Politik die Wirtschaft in den südeuropäischen Ländern mit billigem Kredit wieder in Fahrt zu bringen und sie dadurch zu bevorzugen. Die anderen mokieren, daß das bis jetzt eben nicht gelungen ist und weiterhin nicht gelingen wird. Sie deuten mit dem Finger darauf, daß diese Politik des billigen Kredits kein wirkliches Wachstum hervorbringt. Den Grund dafür benennen sie allerdings nicht.
Der billige Kredit schafft nämlich keine „Nachfrage durch Schuldner mit guter Bonität“. Die Verarmung von Millionen von EU-Bürgern, die steigende Arbeitslosigkeit, geplatzte Immobilienblasen und die restriktivere Handhabung der Vergabe von Konsumentenkrediten haben den Markt schrumpfen lassen, und darunter leidet die „Realwirtschaft“, also diejenigen Unternehmen, die Waren erzeugen – und nicht unter fehlendem Kredit.
Etwas näher an dem, was die EZB mit ihrer Geldpolitik verursacht, ist die Kritik des deutschen Sparkassen-Chefs Fahrenschon.
Erstens, so meint er, „werden durch die erneute Zinssenkung die Sparer in ganz Europa weiter verunsichert und Vermögenswerte zerstört.“ Er spielt darauf an, daß die ganze Euro-Rettung und Krisen„bewältigungs“-Politik die Vermögen des Mittelstandes angreift bzw. aufzehrt, was nichts gutes für die Entwicklung der Kaufkraft verheißt; daß „Sparen“ seine Bedeutung verloren hat, wenn man das Geld nur mehr aus Sicherheitsgründen in der Bank und nicht in der Matratze verstaut, und daß dadurch die Grundlage des ganzen europäischen Bankensystems wackelt, deren Kreditvergabe irgendwie immer noch auf dem Volumen der Einlagen beruht.
Noch interessant ist aber sein zweiter Hinweis: „Das überreichliche Geld quillt schon jetzt aus allen Ritzen und sucht sich immer riskantere Anlagemöglichkeiten.“
3. Die Folgen der EZB-Politik
Die Niedrigzinspolitik hat nämlich zur Folge, daß die Investoren genötigt sind, nach Anlagemöglichkeiten mit hoher Rendite Ausschau zu halten. Das betrifft nicht nur die Banken selbst, die ihre Anleihen bedienen müssen und sich deswegen nach höher verzinslichen Wertpapieren umschauen. (Deswegen waren seinerzeit die Hypo AA-Anleihen so begehrt, weil ihr Zinssatz über dem marktüblichen für Bankpapiere lag.) Das betrifft Pensionsfonds, Versicherungen und Kommunal- und Regionalbehörden. Sie alle sind genötigt, in das große Casino „Finanzmärkte“ zu gehen, um die Ansprüche ihrer Kunden befriedigen zu können. Dazu kommt, daß diesen „Finanzdienstleistern“ von den regulierenden Behörden Anlagen oberhalb eines bestimmten Ratings vorgeschrieben sind. Die gut gerateten Papiere werfen aber wenig Rendite ab, weil ihre Aussteller sich die Anlagenot zu Nutze machen. Also sind die Anleger genötigt, sich in riskante Geschäfte zu flüchten, die in den Reglements gar nicht erwähnt werden, und auch nicht geratet sind.
Die Gemeinden und Provinzen müssen ebenfalls in riskante Geschäfte einsteigen, um denjenigen Teil ihrer Aufgaben finanziell abzudecken, der vom Bund in ihre Kompetenz ausgelagert wurde, ohne dabei jedoch die entsprechenden Mittel aus dem Bundesbudget zur Verfügung zu stellen. Damit wurde ja schließlich Budget-Kosmetik getrieben und die Staatsverschuldung gesenkt.
Die Ergebnisse kann man dann in Österreich z.B. an der Verschuldung der Gemeinde Purkersdorf in Yen-Krediten, den Franken-Swaps der Stadt Linz oder dem vor einiger Zeit sehr hochgekochten Salzburger Finanz-„Skandal“ bewundern.
Die Medien und das p.t. Publikum können sich gar nicht einkriegen in gespieltem Unverständnis darüber, wie denn sowas möglich ist, und was diese verantwortungslosen Politiker und/oder Beamten wohl zu solchen Schritten genötigt hat.
Einen Zusammenhang zu den Maastricht-Kriterien, dem Euro und der EZB-Politik stellen sie nicht her. Dabei liegt gerade darin, im Drängen der institutionellen Anleger an die Rohstoff- und Derivatenbörsen der Keim für den nächsten Akt der Weltwirtschaftskrise.

Der Pinochet des Ostens?

WOJCIECH JARUZELSKI, 1923– 2014
Der Vergleich war in der Feindbildpflege des Kalten Krieges durchaus populär, vor allem wegen der Sonnenbrillen, die beide gerne trugen.
Gerade in Polen selber und unter seinen politischen Gegnern gab es jedoch stets einen Konsens, daß er mit seinem Staatsstreich und der Verhängung des Kriegsrechtes gewisse Dienste um die Nation erworben hatte.
Man rekapituliere: 1980 war Polen praktisch zahlungsunfähig. Der Schuldendienst für die im Westen aufgenommenen Kredite überstieg die Exporterlöse bei weitem. Gleichzeitig war ein großer Teil der polnischen Industrie von Westimport abhängig. Die Unfähigkeit, weitere Kredite zu erhalten und die alten zu bedienen, stellte also den Bestand der polnischen Wirtschaft in Frage. Während Polen Kohle und Lebensmittel exportierte und im Inneren die Preise erhöhte und ernsthafte Versorgungsmängel hervorrief, ging die polnische Regierung im westlichen Ausland um Kredite betteln. Die „brüderliche Hilfe“, um Polen vor dem Zusammenbruch zu bewahren, führte zu Versorgungsmängeln in den anderen Staaten des RGW. Streiks weiteten sich aus, Solidarnosc wurde gegründet … Die Kreditwürdigkeit, der Schuldendienst, die innere Versorgung stand auf dem Spiel. Polen war praktisch unregierbar geworden.
Der Parteivorsitzende Gierek wurde als Hauptverantwortlicher der Misere im September 1980 abgesetzt, sein Nachfolger Kania ein Jahr später. Sein Nachfolger wurde Jaruzelski, der im Dezember 1981 das Kriegsrecht über Polen verhängte.
Zum Unterschied von reifen Demokratien, die allesamt in der Verfassung die Verhängung des Ausnahmezustandes für den Fall des Staatsnotstandes verankert haben, besaß die polnische Verfassung eine solche Klausel nicht. Die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei glaubte fest genug an ihre Ideologie, die Partei des ganzen Volkes zu sein, daß ihr eine solche Entfremdung von den von ihr angeblich vertretenen Massen ganz unvorstellbar erschien. So sah weder der ursprüngliche Verfassungstext von 1952 noch die späteren Novellierungen so etwas wie einen Staatsnotstand vor. Man kann auch umgekehrt sagen: Hätte die Partei so etwas für möglich gehalten, so hätte sie damit ihren Führungsanspruch in Frage gestellt. Es lag also diesem Mangel der Verfassung eine gewisse Notwendigkeit zu Grunde, die mit dem System des Realen Sozialismus und dem Führungsanspruch der dortigen Staatsparteien zusammenhing.
Also verhängte Jaruzelski das Kriegsrecht. Von der Bevölkerung wurde dieser Schritt – zu Recht – so aufgefaßt, als ob die Regierung der eigenen Bevölkerung den Krieg erklärt, sie also als ihren Feind betrachtet hätte. Die Zeit des Kriegsrechts, das 1983 wieder aufgehoben wurde, bezeichneten die Polen als „den Krieg“.
Jaruzelski hat diesen Schritt immer wieder damit begründet, daß er damit einen sowjetischen Einmarsch, wie in Ungarn 1956 oder in der CSSR 1968, verhindert hätte. Er habe also das Vaterland vor einer Invasion bewahrt.
Russische Politiker behaupteten später, nach der Wende, es hätte keine Einmarschpläne gegeben. Jaruzelski konterte das damit, daß diese eben gar nicht erst ausgearbeitet worden seien, weil er und seine Mannschaft rechtzeitig gehandelt hätten.
Die Erignisse in Polen von 1980 an: Versorgungsmängel, Streiks, Flüchtlingswellen, Kriegsrecht, Einreiseverbot von polnischen Bürgern in andere RGW-Staaten, usw. trugen jedenfalls ihren Teil dazu bei, daß die Zweifler in den Reihen der sozialistischen Staatsparteien mehr und stärker wurden und daß die sowjetische Führung sich 1985 nach dem Tod ihres vorigen Vorsitzenden für einen Reformer entschied, der dann zum Totengräber des Realsozialismus werden sollte.
Jaruzelski war auch der Präsident des Überganges, der die Wende in Polen 1989/90 unspektakulär und in Form einer historischen Notwendigkeit über die Bühne gehen ließ.
Als sein Landsmann Wojtyla 2005 das Zeitliche segnete, betonte Jaruzelski noch einmal, wie gut die Zusammenarbeit seines Regimes mit der katholischen Kirche gewesen sei und wie sehr die Vereinigte Arbeiterpartei Polens und die Mannschaft des Pontifex zusammengeholfen hatten, um den Burgfrieden in Polen wiederherzustellen und die Aufmüpfigkeit der arbeitenden Massen im Zaum zu halten. (Wie anders dagegen die Sichtweise des geweihten Priesters Ernesto Cardenal, der über Johannes Paul II. die Aussage traf: „Dieser Papst war eine Katastrophe für Lateinamerika und ein Unheil für die ganze Welt!“)
Jaruzelski stand also für einen Staatsmann, der im Grunde ganz im Sinne der Demokratie und des Freien Westens handelte: Er trat dafür ein, dem Staat zu geben, was des Staates ist, und Gott, was Gottes ist: für den sozialistischen Staat (und die Bedienung von dessen Auslandsschuld) Arbeitsleistung, und als Erbauung in der Freizeit jede Menge Maria im Fernsehen.
In dieser Eigenschaft wird er sicher auch in den Medien gewürdigt werden.
Lesetipp:
Karl Held: Abweichende Meinungen zu Polen. Resultate Verlag 1982. Vergriffen, aber m Gebrauchtbücher-Handel erhältlich, z.B. hier.
Online zu lesen hier.