DIE ENTWICKLUNGSLÜGE WIRD EINDRUCKSVOLL VORGEFÜHRT
In der imperialistischen Staatenwelt gibt es erfolgreichere und weniger erfolgreiche Staaten, bis hin zu solchen, wo fast gar keine Reichtums- und deshalb auch keine Produktion stattfindet, wie z. B. Haití.
Die offizielle Leseart von Finanzinstitutionen und Medien zu diesen „Ungleichgewichten“ lautet: Die einen dieser Staaten seien „entwickelt“ und „reich“, die anderen seien arm, weil sie „unterentwickelt“ sind und sich erst „entwickeln müssen“. Deswegen wird ihnen dann auch oft „Entwicklungshilfe“ geleistet.
Diese Idee der Entwicklung enthält eine Wahrheit und eine Lüge.
Die Wahrheit besteht darin, daß diese Staaten sich ständig darum bemühen müssen, für das internationale Kapital nützlich zu sein und Land und Leute in einem fort darauf beäugen, ob sie sich irgendwie zu Geld machen lassen. Die Regierungen der Staaten Afrikas oder Lateinamerikas versuchen daher dauernd, aus ihrem Land und ihrer Bevölkerung irgendetwas Weltmarkttaugliches herauszuquetschen und die letzten Oasen des Selbstversorgertums zu vernichten. In diesem Sinne werden diese Länder wirklich ständig für den Weltmarkt „entwickelt“, also aufgesperrt und zur Verfügung gestellt.
Die Lüge hingegen, die dieser Begriff enthält, besteht in der Vorstellung, daß diese „Entwicklung“ eine Verbesserung der ökonomischen Situation bedeutet. Wenn nicht heute, dann doch morgen gehört man auch zum Kreis der erfolgreichen Nationen, kann eine eigene Kapitalakkumulation und satte Profitraten vorweisen, seine Bevölkerung anwenden und ausbeuten, anstatt sie dauernd nur als Störfaktor und Ordnungsproblem wahrzunehmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, der Kredite und der richtigen Wirtschaftspolitik, dann kann man auch mitspielen bei den Großen.
Nicht, daß diese „Entwicklung“ ganz unmöglich wäre. China, auch Indien oder Brasilien sind dank ihre sowohl territorialen als auch bevölkerungsmäßigen Masse im letzten Jahrzehnt wirklich ein Stück weit vorgerückt. Die allgemeine Verlaufsform dieser Entwicklung ist jedoch, daß dergleichen Staaten ständig ärmer werden, daß ihrer Bevölkerung immer mehr die Einkommensquellen entzogen werden, das Territorium verpfändet wird und die Verschuldung ansteigt, bis zu einem Punkt, wo sie niemand mehr kreditiert und sie eine Karriere als „gescheiterter Staat“ antreten.
Als Entwicklungsland auf dem Kreditmarkt aufzutreten heißt also soviel wie: als Bittsteller, als fragwürdiger Teilnehmer des Weltmarktes, und als unsicherer Kantonist für diejenigen, die über solche Kredite entscheiden. Deshalb müssen diese Länder für die von ihnen aufgenommenen Kredite auch höhere Zinsen bieten als die Heimatländer des Kapitals.
Jetzt hat Griechenland, also ein Land, das noch bis vor einigen Monaten zu den „reichen“ zählte, beschlossen, sich als Entwicklungsland zu deklarieren, um seine Anleihen überhaupt noch irgendwie anbringen zu können. Die Überlegung der griechischen Politiker und Bankfachleute, die sich zu diesem Schritt entschlossen haben, ist offenbar, daß man als Entwicklungsland irgendwie noch besser dasteht als als Bankrotteur.
Ob dieses Etikett den gewünschten Erfolg bringt – Käufer für die griechischen Staatsanleihen – ist zweifelhaft. Schließlich handelt es sich hier um ein Land, das offensichtlich in der Konkurrenz der Nationen gescheitert ist von seinen Bündnispartnern im Stich gelassen wird. Ein Land, dem es, obgleich mit einer Weltwährung ausgestattet, nicht gelungen ist, sich zu einem erfolgreichen Kapitalstandort zu machen, und das praktisch zahlungsunfähig ist. Wenn das jetzt auftritt und sagt: Hallo, ich bin ein Entwicklungsland und hab eine große Zukunft vor mir! so ist das, gelinde gesagt, unglaubwürdig.
“In der imperialistischen Staatenwelt gibt es erfolgreichere und weniger erfolgreiche Staaten, bis hin zu solchen, wo fast gar keine Reichtums- und deshalb auch keine Produktion stattfindet”
Kleine Staaten wie Monacco oder die Bahamas aber auch große wie Großbritannien zeigen, daß das eine sehr wohl geht ohne das andere, im Fall Großbritannien ja sogar das Erstere auf Kosten der klassischen Industrien. Nicht umsonst heißen ja auf englisch auch die ganzen Finanzdienstleistungen trotzdem “industries”, als wenn Autos und Derivate auf Autoaktien das Gleiche wären. Was sie für die Herren des Reichtums schließlich auch sind.
Das ist ja kein Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe. In GB und Monaco findet ja Reichtumsproduktion statt: irgendwie werden Gewinne gemacht, aus Finanzmanövern und ähnlichem. Also haben DIE das Problem der Entwicklungsländer NICHT.
Dein “deshalb” hat mich gestört. Als wenn im Kapitalimus Reichtumsvermehrung immer mit vermehrter Warenproduktion Hand in Hand ginge, wohlmöglich gar damit gleichzusetzen wäre.
Ja, und vielleicht haben deswegen diese Staaten die Weltwirtschaft in eine Krise gestürzt. Wie sie früher von ihnen getragen wurde, und diese wiederum ihre Produktionskapazitäten wieder zurückschrauben müssen. Oder glaubst du ernsthaft dass die USA bzw. GB ihre Wirtschaft (samt wichtige europäischen Handelspartner) nur noch über Handel mit Schuldverschreibungen finanzieren werden können. Die sind ja gerade wieder geplatzt. Komm mal runter.
Ich bin ja eigentlich ein in der Wolle gefärbter “Das-kann-nicht-gut-gehen”-Pessimist und schon immer gewesen, insofern muß ich da von gar keinen Bankerblütenträumen runter kommen, die du mir offensichtlich unterstellst.
Zudem ich doch auch gar nicht impliziert habe, daß die Geldmacherei nur mit Geld, die bei kleinen Staaten offensichtliche “immer” funktioniert hat, bei den großen, vor allem bei GB bzw. den USA, genauso funktionieren wird. Bzw. genauso lange. Aber solange, wie es erfolgreich läuft, wird da in der Tat Geld gemacht und ganze Docklands aus dem Boden gestampft.
Und welche Ausnahme bitte schön entscheidet über welche Regel? Wenn die herrschenden Staaten immer in der Lage sind Entwicklungsländer unter Kandarre zu halten wäre das eine Herrschaftsgarantie für die Ewigkeit. Brasilien, Argentinien oder China sind da erfolgreichere Gegenbeispiele. Brasilien und Argentinien, sogar Rußland, versuchen sogar sich von den USA loszulösen, China finanziert mittlerweile Finanzdienstleistungen sowie Leistungsbilanzdefizit der USA selbst (mit Unterstützung Japans, Südkoreas und den “großen” Europäern). Der potenzierten Verfügungmacht des kapitalistischen Reichtums, Geld, müssen auf längere Sicht eben doch wirkliche, und nicht größtenteils fiktive Gewinne, gegenüberstehen. Das was GB und die USA über Jahrzehnete versuchen waren teilweise nur Taschenspielertrickes der großen Banken und der Aufsichtsbehörde ihrer Notenbanken. Mit Taschenspielertricks und Geldgeschäften wirst du auf lange Sicht allerdings keine Supermacht bleiben können.
Wenn ein Staat versucht, wie die USA gegenwärtig, mit purer Gewalt Gefolgschaft wichtiger Handelpartner zu erzwingen ist es schon ein sicheres Zeichen dafür dass die Wirtschaftskraft dieser Nation ihre absolte Überlegenheit gegenüber anderen wichtigen, strategischen Handelspartnern (Europa, Lateinamerika, Iran, China) bereits eingebüßt hat. Dann versuchst du eben mit Gewaltmittel wieder das zu erreichen was deine Wirtschaft an Marktanteilen gegenüber anderen Handlespartnern, und Kontrahenten, bereits eingebüßt hat. Krieg und unmittelbare Gewalt sind nämlich keine Produktivkraft im Kapitalismus. Wer dass für ein Zeichen der Stärke eines Staates betrachtet, der hat nicht verstanden was die Substanz des kapitalistischen Reichtums wirklich ausmacht.
star wars, bei dir klingt “pure Gewalt” wie ein verzweifeltes letztes Aufbäumen einer eigentlich schon ausgemischten Nation. Weil ja bei dir “Krieg und unmittelbare Gewalt nämlich keine Produktivkraft im Kapitalismus (sind).”
Das verkennt aber die ungeheure Nützlichkeit für die weltumspannenden Aktivitäten der Kapitale, die ein eindrucksvoller Gewaltapparat schon immer hatte. Um z.B. China im 19.Jahrhundert dem Imperialismus und seiner Geschäftemacherei zu erschließen, war eben “Kanonenboot-Politik” nötig. Und für die braucht es Kanonenboote. Du tust ja gerade so, als ob kluge Kapitalisten eigentlich Pazifisten sein müßten, weil der Gewaltaufwand schließlich zu minimierende faux frais des Geschäftsbetrieb seien. Als wenn nur Politiker ein Interesse daran hätten, und die Klasse der Eigentümer eigentlich nicht.
Das verkenne ich nicht, wie du weißt. Der Satz ist eine Kritik an Nestor. Es kann doch nicht sein dass die ökonomische Potenz einer Nation an der Anzahl der Panzer und den Aufbau von unmittelbaren Drohkulissen bestehen soll. Das ist Nestors Behauptung. Und die wiederum hängt mit der “Werttheorie” zusammen dass der Staat, über seine zur Verfügung stehenden Gewaltmittel, in der Lage ist Wert aus dem Hut zu zaubern. Dann gilt doch wohl auch das umgekehrte. Wer von den Staaten in der Lage ist mehr Drohkulissen aufzubauen, und Panzer zu produzieren, der ist auch in der Lage, im Vergleich zu seinen unmittelbaren Konkurrenten, mehr Wert zu schaffen. Der unmittelbare Konkurrent unterliegt der überlegenen Gewalt. Verstehst du nicht diese Theorie. Das ist Lego-Kriegskastentheorie. Napoleon als das Vorbild.
@neoprene
Das „deshalb“ gehört schon so, wie es dasteht: Da in diesem Ländern, mit deren Geld, keine Geschäfte gemacht werden, deshalb wird dort auch nichts oder fast nichts produziert.
Monaco lassen wir jetzt einmal weg, weil das ist sowas wie die Bahamas oder die Kanalinseln.
Was Großbritannien betrifft, so hat es zwar die City, und ist Handelsplatz für viele Rohstoffe. Es ist allerdings unrichtig, daß dort gar keine Schlote mehr rauchen, nur weil im Vergleich zu den vor-Thatcher-Zeiten der produktive Sektor stark zurückgegangen ist.
Ich kenn mich nicht genug aus mit der britischen Wirtschaft, daß ich darüber jetzt in die Details gehen könnte, aber sie haben eine Mords-Rüstungsindustrie, Grundstoffindustrie (Öl, Kohle, AKWs), Bauindustrie, und sicher noch einiges andere. Also, der Vergleich mit Monaco ist schon sehr an den Haaren herbeigezogen.
@star wars
Ich weiß nicht, wo du lebst, aber irgendwie hinter dem Mond. Schau dir doch einmal an, wie Argentinien dasteht, bevor du das Land als Erfolgsstory anpreist:
Seit dem Staatsbankrott praktisch kein Zugang zu den internationalen Kreditmärkten
Staatliche Einnahmen hauptsächlich durch Zölle auf Agrarexporte
Seit den 80-er Jahren durch IWF-Auflagen ziemlich desindustrialisiert
Starker Rückgang der Landwirtschaft wegen drastischem Schrumpfen des inneren Marktes
Mittelstand praktisch nicht mehr vorhanden
Hunger und Epedemien
Also, es gibt kaum ein Land, das im vergangenen Jahrzehnt tiefer abgestürzt ist in der Skala der Nationen als Argentinien.
Ja gut, Nestor, Thatcher, Blair und Brown haben GB nicht vollständig deindustrialisiert und sind sowieso nicht mit winzigen Inseln oder Staaten auf der Größe eines Stadtgartens zu vergleichen wie Monaco. Das gilt auch für die USA.
Beides sind aber Staaten, in denen in den letzten Jahrzehnten ein doch schon merklich auffälliger und ins Gewicht fallender Wechsel der Branchen weg von den diversen Industrien hin zu “modernen” Dienstleistungen und besonders zum Finanzwesen geführt hat. Der massive Wechsel der Sozial- und Stadtstrukturen sowohl im Falle Londons als auch bei New York zeigen das sehr deutlich. In den USA arbeiten jedenfalls mittlerweile nur noch die weltweit wenigstens Menschen anteilig in der Industrie (irgendwas zwischen 10 und 15 % glaube ich mich erinnern zu können), jedenfalls bezogen auf die großen klassischen Industriestaaten.
Ja, ja. Für was soll das stehen? Für die Richtigkeit deiner Ausgangstheorie? Argentinien ist eine potente Wirtschaftsnation, aber auch die ist nun mal, wie faktisch jede Nation die in einer Übergangszone zur Mittelmacht steht, schwankungsanfälliger in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, als eine Mittelmacht, die bereits auf festen Füßen steht. Wenn überhaupt ist Argentinien ein Beispiel für die generelle Krisenanfälligkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems, aber kein Beweis für die staatlichen Allmachtphantasien die du an den Mann bringst.
Abgesehen davon stimmt nicht mal deine Beurteilung über Argentinien. Argentinien hat sich schneller vom Staatsbankrott erholt, und hat schneller wieder Wachstum produziert, als du glaubst (2-3 Jahre nach dem Staatsbankrott, wenn ich mich richtig erinnere). Nur eine wirtschaftlich potente Nation kann sich von einem Staatsbankrott innerhalb weniger Jahren erholen, wie es nun mal Argentinien zustande gebracht hat. Das galt schon damals als Wunder.
“Das Wachstum in Argentinien blieb seit Mitte des Jahres 2003 stetig hoch. Dieses Wirtschaftswachstum kann vor allem durch die positiven Erfolge der Abwertung begründet werden. Die argentinische Industrie wurde durch die Exporte und Importsubstitution gestärkt. Ab dem Jahr 2004 steigt das Geschäft mit Importgütern wieder stark an, daher wird die wirtschaftliche Lage in Argentinien wieder normalisiert.” (Wikipedia)
Hier sind inzwischen sehr verschiedene Fragestellungen aufgetaucht.
Die erste Schiene, von Neoprene, ist die Frage: Wie geht Reichtumsproduktion ohne materielle Produktion, also Industrie und Landwirtschaft, bzw. wie hängen die beiden überhaupt zusammen? Inwiefern kann Kapitalismus innerhalb einer Nation funktionieren, wenn die materielle Basis immer mehr abhanden kommt und nur mehr Finanzjonglierereien, Dienstleistungen und Handelstätigkeit die Gewinne erbringen, die innerhalb des Landes getätigt werden?
Eine spannende Frage, die überhaupt Europas Zukunft betrifft: Wenn jede Menge Produktion in Billiglohnländer ausgelagert wird, wie geht der ganze Kapitalismus in seinen eigentlichen Ursprungsländern weiter?
(Am Beispiel z.B. Griechenlands, oder Kroatiens: Kann man mit Tourismus Produktion ersetzen?)
Die andere Frage, die star wars aufwirft: Argentinien
Während ich den Zeitungen einerseits jede Menge Katastrophenmeldungen bezüglich des Elends in diesem Land entnehme, gibt es andererseits eine seltsame Hype um die angebliche Erfolgsstory, die dieses Land nach Staatsbankrott und Streit mit dem IWF verzeichnet. Argentinien wird als Modell, daß es ohne IWF auch geht, gehandelt. Meiner Ansicht nach zu Unrecht.
Handeln wir doch einmal Argentinien ab, so gut es geht.
Also: Was heißt „Wirtschaftswachstum“? Wer profitiert davon? Was wächst da eigentlich?
Argentinien ist so ein Staat in dem Finanzspekulanten, sowie Kredithändler im Allgemeinen, sehr viel Vertrauen gesetzt haben dass Akkumulation schon zustande kommen wird. Die haben also über Kreditvorschüsse dafür gesorgt dass Geschäftstätigkeiten, im wachsenden Ausmaße, vorangetrieben werden können. Da wurde also zukünftige Geschäftsmöglichkeiten in Argentinien vorweggenommen, und damit im wachsenden Ausmaß immer wieder von ihnen kreditiert.
Argentinien allerdings hat sich noch nie so richtig von der finanziellen Abhängigkeit gegenüber Drittmittelanbietern lösen können, so wie Kredithändler und Finanzspekulanten darauf immer wieder gewettet haben. Statt Kapitalwachstum wuchs immer wieder, sozusagen in Schüben, die Verschuldung. Das produzierte Wirtschaftswachstum bleibt hinter den von der Finanzindustrie erwarteten, und eingeplanten Erfolgen, zurück. Das ist damit gemeint dass Argentinien über Jahrzehnte hinweg Schwellenland geblieben ist.
Argentinien ist ein Land/Staat dass stark genug ist um dass Finanzkapital ins Land zu bringen, aber offensichtlich (noch) nicht stark genug um sich aus eigenen Kräften von seinen Klauen zu befreien. Argentinien braucht einerseits ausländisches Finanzkapital, andererseits hat sich immer wieder erweisen müssen dass ausländisches Finanzkapital nicht notwendigerweise Argentinien braucht.
Das wiegt umso schwerer als dass der zur Verfügung stehende Liquiditätsüberschuss weltweit vagabundierendes Kapital ist, dass nach neuen, rentablen Investitionsgelegenheiten sucht, weil alte Investitionsgelegenheiten, beheimatet in der alten kapitalistischen Welt, nichts mehr im ausreichenden Ausmaß hergeben können. Es ist also kein Zufall dass die sogenannte Finanzkrise 1998 von Südostasien und Lateinamerika, 2007 sich ins sogenannte Herz des globalen Kapitalismus, Europa und USA, verpflanzt hat.
Ich belasse es jetzt mal dabei. Dass zumindest meine Einschätzung, ich bin kein Argentinien-, geschweige denn Lateinamerika-Experte.
Gleichzeitig, während die Spekulanten auf zukünftiges Wachstum gesetzt haben, haben die Auflagen des IWF, um das currency board, also die $-Parität aufrechtzuerhalten, dazu geführt, daß immer mehr Produktion ruiniert worden ist.
Argentinien hatte nämlich aus den Zeiten Perons einiges an Industrie. Der IWF verordnete Argentinien die Politik des knappen Geldes und nötigte es dazu, unprofitable Staatsbetriebe zu privatisieren, was meistens im Zusperren derselben mündete.
Während also auf zukünftige Geschäfte spekuliert und mit der Stabilität der Währung gerechnet wurde, ging die reale Produktion immer mehr zurück. Argentinien konsumierte mehr als es produzierte, die Handelsbilanz war negativ und die Verschuldung stieg. Und irgendwann ließ der IWF seinen Musterschüler fallen und der Staat war zahlungsunfähig.
Das Wirtschaftswachstum, was da gemeldet wird, ist halt auch zu hinterfragen. Auf irgendwelchen Konten wächst irgendwas, aber ob das mit Produktion zu tun hat, oder ob das nicht die aus der eigenen Erwartungshaltung des Finanzkapitals hervorgebrachte Gewinne sind?
Mit Griechenland sieht es wirklich schlimm aus. Ich bin mal gespannt, wie lange es der Euro noch macht. Heute habe ich gelesen, dass Griechenland aus dem Euro austreten muss. Von unseren Politikern und Währungshütern hört mal leider gar nix. Welche Volksvertreter haben wir nur gewählt.
Na ja, ich hab noch nie einen Volksvertreter gewählt.
Es gibt übrigens etwas weiter vorn einen Beitrag, wo ich diese Austrittsoption behandle: „Die Zukunft des Euro“, vom 17. März
1. Ja, mit Griechenland oder etwas anders formuliert, für die meisten Griechen sieht es schlecht aus.
2. Es ist dafür weitgehend egal, ob diese Geiechen auch zukünftig mit zuwenig Euros oder vielleicht auch wieder mit zuwenig Drachmen werden einkaufen müssen.
3. Genauso grundlegend wurscht kann es den meisten übrigens sein, ob Griechenland zukündftig weiter drin bleiben “darf” oder raus “muß”.
4. Auf jeden Fall werden die Griechen mit Sicherheit dazu von ihren Politikern noch mehr als genug hören. Das kann man jetzt schon in die Hand versprechen.
5. Solange sich das Volk als solches versteht und die dementsprechenden Vertreter des griechischen Volkswillens immer wieder wählt und bei ihren nationalen Rettungsprogrammen fleißig unterstützt, ist die Antwort auf deine Frage, welche Schattierung Volksvertreter es denn nun sein soll, so gut wie unerheblich. Außer für die.
Mit Griechenland sieht es schlimm aus, aber sieht dir mal an wie es mit anderen Staatsverschuldungsprogrammen aussieht. GB, Italien, Spanien, USA, dort sieht es “eigentlich” noch schlimmer aus. In Griechenland hat sich über die letzte Jahre eigentlich nichts grundlegendes geändert. Nur dass die Geld- bzw. Kredithändler der Verschuldungsfähigkeit schwächerer Staaten weniger vertrauen schenken als in die Verschuldungsfähigkeit starker Staaten, wie z.B. den USA. Die Finanzprobleme der großen Banken wurden nämlich nur in international großen Staatsverschuldungsprogrammen hinein verlagert.
Die ersten, die Vertrauen in die Rentabilität ausgegebener Staatspapiere verlieren, sind immer die kleineren Staaten. Den großen wird zugetraut dass sie ohne Ende Geld drucken können.
Ich vermute dass ein weiteres, großes Finanz-Tsunami auf uns zukommt. Bin gespannt wie Bildzeitung und Konsorten reagieren werden wenn mal GB, Spanien, oder sogar die USA zahlungsunfähig werden. Dann wird wohl die ganze Welt über “ihre Verhältnisse” gelebt haben.
Nur nebenbei: Wieso sollte man das nicht können?
Ja, individuell geht das natürlich, und es gibt ja auch eine Tourismus-Industrie, in der fest Gewinne gemacht werden.
Die Frage war nur, ob es für eine Nationalökonomie auf Dauer gut gehen kann, sich immer mehr auf Dienstleistungen oder Finanzgeschäfte zu verlegen und immer weniger herzustellen.
So habe ich Neoprenes Beitrag verstanden.
Wegen des Importbedarfs und weil man die Dienstleistung “Urlaub in Griechenland” nicht exportieren kann?
Sowohl als auch.
Die Fragestellung weist ja über Griechenland hinaus, auf Europa überhaupt.
Ob es nämlich geht, immer mehr Produktion in Billiglohnländer zu verlegen und mit Dienstleistungen und Finanztransaktionen die Dominanz auf dem Weltmarkt zu bewahren, die Europa derzeit noch einnimmt.
1. “Produktion in Billiglohnländer zu verlegen” – 2. “sich immer mehr auf Dienstleistungen oder Finanzgeschäfte zu verlegen und immer weniger herzustellen”. Das sind zwei verschiedene Dinge.
1. Durch ein superbilliges Proletariat auswärts Extraprofit zu machen, geht natürlich. Die Frage ist eben, wohin fließt der realisierte Profit. Wird er außerhalb der Eu wieder angelegt, kommt er dem Euro als Währung nicht zu gute.
2. Geld verleihen außerhalb von z.B GB geht natürlich auch. Dann arbeitet eben ein ausländisches Proletariat für englische Zinsen.
Imperialismus nennt sich sowas. Benutzung fremder Reichtumsquellen zur Vermehrung einheimischen Reichtums. Sowas funktioniert natürlich nur in einer etablierten Weltordnung.
3. Für eine Weltordnungsmacht funktioniert es natürlich nicht, dass der sachliche Reichtum ganz auf fremdem Territorium produziert wird. Eine Weltordnungsmacht braucht nämlich eine Waffenindustrie, Rohstoffe, Schwerindustrie, Lebensmittelindustrie. Mit anderen Worten sie muss die Potenz zum Weltordnen auf dem eigenen Territorium herstellen können. Das Erpresungsgeschäft setzt voraus, dass man über die Erpressungsmittel selbst verfügt. Erpressen von Erpressungsmitteln ist ein Widerspruch in sich.
Mir ging es um die Spannung zwischen Krims Punkten 2 und 3. Je erfolgreicher eine Weltordnungsmacht geworden ist in der Unterwerfung des ganzen Erdballs unter die Kalküle im wesentlichen ihrer eigenen Kapitale, desto mehr werden die in den Standorten prodzieren lassen, wo dank Löhnen unter Wert Extraprofite zu erzielen sind. Desto fragiler wird aber die Kontrolle über den sachlichen Reichtum, der nötig ist, den ganzen weltumspannenden Laden zusammenzuhalten.
Warum? – So steht’s ja erstmal da, wie ein Widerspruch: Je erfolgreicher die Unterwerfung, desto fragiler die Unterwerfung (bei dir steht Kontrolle – ist das selbe – oder?)
@Neoprene
Dafür müssen die aber erst einmal Kapitale der dort einheimischen Industrie bereits niederkonkurriert haben. Und das haben sie höchstwahrscheinlich nicht weil der dort einheimische Standort, im Vergleich zum ausländischen Standort, “Billiglöhne” anbietet. Dann bräuchten sie nicht mal ihre Produktionsbasis dort hinein verlagern.
Der Billiglohn wirkt vielmehr als Gravitationskraft auf den Durchschnittslohn der einheimischen Industrie, sowie weltweit. Billiglohn schafft darüber hinaus neue Wachstumspotentiale (die vielbesungene Produktivkraft der Globalisierung). Dementsprechend neue Investitionsgelegenheiten für die erfolgreicheren Kapitalistenfraktionen, auswärts und weltweit.
Die Waffe der alten Wirtschaftsnationen ist dagegen ihr Produktivitätsfortschritt gegenüber weniger entwickelten Industrienationen. Nach wie vor behaupten die weltweit führenden Staaten ihre Weltmarktposition aufgrund von Produktivitätsvorsprüngen gegenüber konkurrierenden Wirtschaftsstandorten weltweit. Investitionsentscheidungen werden dementsprechend nach vielfältigen Kriterien getroffen. Produktivitätsniveau, Lohnhöhe, Marktnähe, Infrastruktur, politische Stabilität. U.a..
@ star wars
Es geht jetzt um eine ganze Reihe Sachen, wo erst mal faktisch geklärt werden müßte, was eigentlich die Fakten und Entwicklungen sind.
Bei Produktionen, wo es um bekannte relativ einfach zu beherrschende Technologien geht, oder wo der erreichte Stand der Automatisierung es zuläßt, entscheiden viele Firmen den Produktionsstandort zunehmend mehr ganz entscheidend nach der Lohnhöhe. So haben die USA und die BRD den Großteil der Massentextilfabrikationen an Billiglohnländer verloren/verlegt.
Daß dein Gesetz “Billiglohn wirkt vielmehr als Gravitationskraft auf den Durchschnittslohn der einheimischen Industrie, sowie weltweit” grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen ist, sehe ich auch so. Daß der enorme Verarmungsprozeß der letzten paar Jahrzehnte in den imprialistischen Hauptländern aber schon oder auch nur in erster Linie darauf zurückzuführen war, das wäre noch zu belegen. Denn es gibt ja auch noch das berühmte historisch-moralische Element der jeweiligen nationalen Lohnhöhe. Wenn also, wie geschehen, Arbeiter nicht mehr auf dem historisch früher erreichten Stand der Lebensverhältnisse bestehen, demoralisiert wurden/werden, dann ist das auch schon ein hinreichendes Argument für die Lohnentwicklungen.
Der Produktivitätsfortschritt: Es ist offensichtlcih, daß sowohl bei so hochgradig kapitalintensiven Sachen wie der Stahlerzeugung als alter Industrie als auch bei genauso kapitalintensiver neuer Technik wie der EDV/Konsumelektronik mittlerweile in Staaten wie Deutschland und selbst den USA relativ immer weniger läuft, in Asien, China insbesondere dafür umso mehr. Selbst bei der Autoproduktion als einer der Schlüsselindustrien für manche Staaten kann man das mittlerweile beobachten.
Nur damit kein Mißverständnis aufkommt, dein recht algebraisches “Investitionsentscheidungen werden dementsprechend nach vielfältigen Kriterien getroffen. Produktivitätsniveau, Lohnhöhe, Marktnähe, Infrastruktur, politische Stabilität. u.a.” stimmt natürlich. “Billiglöhne” sind in der Tat nur einer von mehreren wichtigen Einflußfaktoren.
Fein, die machen eben ihre Profite nicht mehr mit Massentextilfabrikationen, sondern mit Maschinenbau oder Dienstleistungen verschiedenster Natur.
Du machst es dir zu einfach. Wo bitte schön hast du gesehen, und an welchen Fakten machst du fest dass Asien bzw. China erfolgreicher wirtschaften als die Amerikaner und Europäer. Warum Asien und nicht Afrika, da findest du Klitschen, das sag ich dir. Es ist falsch das Faktum der Globalisierung einfach nur gegen die Amerikaner bzw. die Europäer, sogar nur wegen der Lohnhöhe, zu richten. Die “Chinesen” holen doch nicht nur wegen der Lohnhöhe auf. Da gibt es zig andere Länder/Staaten die genauso oder niedrigere Löhne benutzen als die Kapitalisten in China.
Deutschland und die anderen Europäer leiden doch nicht unter zu wenigen, sondern unter zu vielen, brachliegenden Fabriken. Deutschland leidet sicherlich nicht unter Massenauswanderung der Kapitalisten. Das ist Bildzeitung, und entspricht nicht den Fakten. Sorry, da laß ich nicht mit mir reden.
Das sehe ich nicht so. Der ist nicht auf “Einwirkungen” der Globalisierung zurückzuführen. Das Sagen haben doch weiterhin Deutschland, die USA usw., aber nicht Mosambique oder Trinitad und Tobago. Dass die Leut´ dagegen so dumm sind und sich die Globalisierungslügen ihrer Politiker glauben schenken lassen geht allein auf ihre Kapppe. Die paar Euro mehr an Lohn machen die Kapitalisten mit dem 5fachen an Produktivitätsvorsprung gegenüber Billiglohnkonkurrenz wieder weg. Die paar Euro mehr haben sie sich irgendwann erkämpfen können weil die Kapitalisten das zigfache an Produktivitätszugewinn und Profiten sich haben aneignen können. Bitte keine Globalisierungslügen mehr.
@ star wars
Ich meine, daß du Neoprene manchmal falsch interpretierst, oder seine Aussagen in die falsche Richtung verlängest.
„Kapitale“ wandern nicht unbedingt nach Südostasien aus, sondern sie verlagern die Produktion dorthin. Der Firmensitz, die Verwaltung bleibt schon noch zu Hause, und sie notieren an der heimischen Börse.
Dann mache ich darauf aufmerksam, daß China oder Indien ja nicht nur als Produktionsstandort interessant sind, sondern auch als Markt. Die Löhne sind zwar niedriger, aber viel Kleinvieh macht auch viel Mist. China ist inzwischen der größte nationale Automarkt der Welt.
Schließlich sind sie in China nicht nur Billiglohnland in dem Sinne, daß sie sich nur auf Lohndrückerei und die Produktion von absolutem Mehrwert verlassen. Sie haben doch in manchen Sparten die modernsten Technologien und dadurch Ausbeutungsraten, wo sie immer mehr europäische Firmen aus dem Feld schlagen.
Wie es in Indien ausschaut, weiß ich nicht, weil ich mich damit nicht befaßt habe.
Ich hab ja auch nicht behauptet dass Europäer in China oder Südostasien nicht investieren. Weiterhin mußt du schon den Begriff Globalisierung ernst nehmen, dann ist überhaupt die Rede von “Verlagerungen” ein Fehler.
“Die Waffe der alten Wirtschaftsnationen ist dagegen ihr Produktivitätsfortschritt gegenüber weniger entwickelten Industrienationen.” – Einerseits. Andererseits ist auch die schiere Kapitalmasse der etablierten Wirtschaftsnationen eine Waffe. Es ist eben deren Kapital, das sich weltweit profitable Anlagesphären sucht und damit entscheidet, wo Geschäft stattfindet und wo nicht. Schon akkumuliertes Kapital versucht seine Ansprüche auf maximale Verwertung weltweit zu realisieren.
Das Kapital macht doch eigentlich was es immer macht. Es geht dorthin, wo es am profitabelsten ist. Und nun ist die Frage wie sich das für eine dieser Bewegung äußerlichen Bilanzierung niederschlägt – nämlich was sich daraus für die Einheit namens Nation ergibt.
Natürlich.
Es rationalisiert dauernd, und immer weniger Lohnarbeiter stellen immer mehr Waren her. Damit wird immer mehr Bevölkerung überflüssig gemacht, und die industrielle Reservearmee wächst. Und zwar (auch) in den alten Heimatländern des Kapitals. Die erfolgreichen Kapitalisten schöpfen den Mehrwert weltweit ab und investieren dann – worin? In Wertpapieren, Derivaten, oder Produktionen in Ländern, wo klein v wohlfeil ist, aber auch, wo man wachsende Märkte wittert, außerhalb Europas.
So daß sich die Bewegung wie folgt darstellt: Das erfolgreiche Kapital investiert außerhalb Europas, in Europa wächst die Arbeitslosigkeit, schrumpft die Kaufkraft, und wie bilanziert sich das national?
Es ist doch erst mal völlig wurscht wie sich das national bilanziert. Es kommt nämlich überhaupt darauf an ob überflüssiges, weltweit vagabundierendes Kapital sich auch in weltweit anwachsende Realproduktion realisieren lässt. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn das Kapital stammt ja nicht aus den sogenannten Entwicklungs- bzw. Schwellenländern selbst. Ob das Finanzkapital erfolgreich sein wird, welchem Standort es nützt und in welchem Umfang, hängt davon ab was verschiedene Entwicklungs- bzw. Schwellenländer mit dem frei vagabundierendem Kapital selbst anstellen können. Dass es Derivate, oder in Wertpapierform verpackte Immobilienkredite sind, ist kein Freifahrtsschein für Gewinne. Insofern regeln auch hier die inneren Bewegungsgesetze des Kapitals den weltweiten Vergleich des internationalen Geschäftsverkehrs untereinander. Und nicht umgekehrt.
Wie sich das national bilanziert, war aber die Ausgangsfrage, wenn ein Euro-Land sich zum Schwellenland deklariert.
Es geht mir um die Frage, wie die Praktiken des Kapitals sich auf die Konkurrenz der Nationen auswirken.
Versuche doch mal die Themen „Konkurrenz der Kapitale“ und „Griechenland deklariert sich zum Schwellenland“ erst mal getrennt zu betrachten. Aus dem Kapital folgt die Konkurrenz der Kapitale gegeneinander. Aus der Konkurrenz der Kapitale gegeneinander folgen Interessensgegensätze zwischen national beschränkten Kapitalkreisläufen, will heißen Märkten, untereinander. Nationen konkurrieren gegeneinander weil sie kapitalistisch organisiert sind. Oder kennen GSP-Fans nur noch „Nationen“, und sonst gar nix mehr.
Die Frage ist m.E. von mir bereits beantwortet. Die Konkurrenz der Nationen folgt dem Erfolg der nationalen Kapitalkreisläufe. Diese wiederum folgt, in zunehmenden Maße, den Erfordernissen der, jeweils, nationalen Profitraten. Was sich rückwirkend wieder auf die Konkurrenz der Nationen um Marktanteile auswirkt. (auf diese müssen sich zunehmend z.B. die Erfolgs- bzw. Bewältigungsstrategien der alten kapitalistischen Volkswirtschaften ausrichten).
Erfolgreiche Nationen betreiben deswegen Kapitalexport (das ist über die Leistungs- bzw. Zahlungsbilanz einer Volkswirtschaft solide nachzuprüfen). Schwache Billiglohnkonkurrenz, die das „Kapital“ über Billiglöhne Anziehungskraft ausüben, sind tendenziell bereits die Verlierer der Weltmarktkonkurrenz. Die können ihre Leistungs- bzw. Zahlungsbilanzen über Billiglohnangebote nicht verbessern. Um deine Frage also noch mal zu beantworten, nein die Zahlungsbilanz wirkt sich über Billiglohnkonkurrenz für Nationen, wie beispielsweise für europäischen Mächte, nicht negativ aus.
Alte kapitalistische Wirtschaftsnationen müssen vielmehr auf aufstrebende Volkswirtschaften wie China aufpassen (siehe qualitativ meine letzte Antwort). Die bringen nämlich, neben Billiglohnkonkurrenz, auch Wirtschaftswachstum zustande (selbst wenn z.B. Chinas Volkswirtschaft wesentlich durch spekulativ motivierten Wachstum in den USA zustande kommt, aber lassen wir dieses Thema vorläufig beiseite). Da China eine relativ „junge“ kapitalistische Volkswirtschaft ist, zudem aufstrebend, entstehen tendenziell größere Wachstumspotentiale, im Vergleich zu den bereits erfolgreichen, älteren Volkswirtschaften (wie Japan, Deutschland, oder den USA).
Spekulationsgelder, deren Investitionsursprung in diesen älteren, reifen Volkswirtschaften liegen können allerdings nicht, oder nur kurzfristig, die Zahlungsbilanz der jüngeren Volkswirtschaft verbessern (zumindest theoretisch). Wachstum kann nämlich auf Dauer nur selbsttragend generiert werden.
Schwankungsbedingte Angleichungsprozesse auf den Weltmärkten hier mal ausgenommen.
Das weiß kein Staat, und kein Wirtschaftsstandort im vorab, wie sich internationale Öffnungsstrategien der Märkte in eine nationale Bilanz auswirken werden. Das Griechenland sich zum Schwellenland deklarieren lässt ist außerdem nicht die Ausgangslage in Griechenland, sondern das Produkt wirtschaftsliberaler Öffnungsstrategien des griechischen Staats.
Der Handlungsspielraum der Europäer ist, je nach Stärke und wirtschaftlichen Erfordernissen, in Umrissen bereits festgelegt. Realistisch betrachtet profitieren nur wachstumsträchtige, bzw. bereits etablierte Staaten von der EU. Im Extremfall übernehmen die Companys aus Zentraleuropa das Zepter, und die einheimischen Investoren gucken nur noch aus dem Fernrohr hinterher. Alle anderen sind auf Gedeih und Verderb den Wachstumserfordernissen ihres Kapitals ausgeliefert, und sind allein deswegen schon der EU irgendwann beigetreten (ob das immer richtig war oder ist, weiß ich nicht). Schließen sich diese Staaten von der EU selbst aus, schließen sie sich damit tendenziell vom zukünftig noch zu verteilenden Wachstumskuchen aus. Sie wären sozusagen nur auf sich selbst verwiesen. Was weitere Risiken für bereits schwächelnde Staaten, wie den griechischen, verursacht.
Ein anderer Aspekt, der speziell Griechenland betrifft, sind die seit Jahrzehnten schwelenden Konflikte mit anderen Balkan-Staaten, und der Türkei. Das kleine Griechenland hat das weltweit fünfthöchste Militärbudget der Welt aufgerüstet. Griechenland braucht die strategische Partnerschaft bzw. die strategische „Schutzmacht“ Europa. Ein Austritt aus der EU bringt für Griechenland unkalkulierbare strategische, bzw. militärische, Risiken mit sich. Der Eintritt in die Euro-Zone war derweilen, aus dieser Perspektive aus betrachtet, eine praktische Notwendigkeit (für den Staat).
Dass es auch anders geht (vs. Wirtschaftsliberalismus), beweisen gegenwärtig einige Mittelmächte, bzw. Mächte mit strategisch wichtigen Ausgangspositionen, in ihrer Region bzw. dem Weltmarkt generell. Dass sind Staaten wie Venezuela, Brasilien zum Teil, oder auch (heikel, heikel!) der Iran. Die haben aus schlechten Erfahrungen mit Öffnungsstrategien ihrer Märkte die Lehre daraus gezogen dass es möglicherweise ratsamer wäre den Marktzugang für internationale Investoren (zum Teil, drastisch) zu beschränken. Griechenland dagegen ist auf die Schutzmacht Europas verwiesen. Die haben kein Öl und sonstige Finanz- bzw. Machtquellen. Und ob es sinnvoll ist, aus Sicht des griechischen Staats, sich ohne Schutzmacht auf Konfrontationskurs mit der Türkei zu bewegen, erscheint mir zweifelhaft.
Wir beide haben eben verschiedene Ansichten darüber, wie staatliche Wirtschaftspolitik und kapitalistische Konkurrenz zusammenarbeiten bzw. miteinander in Konflikt geraten.
Griechenland hat sich selbst zum Schwellenland erklärt, um seine Anleihen irgendwie anzubringen. Das habe ich besprochen. Es ist ja kein Schwellenland, also ist dieses Manöver sehr fragwürdig.
Griechenland will auf keinen Fall aus dem Euro austreten. Es sind andere, vor allem deutsche Politiker, die es gerne hinauswerfen würden. Auch das ist sehr fragwürdig, ob das geht nämlich.
Nur um einmal klarzustellen, wer die Subjekte solcher Entscheidungen sind.
Daß diverse Kapitale so, wie sie es tun, auf der Welt herumfuhrwerken können, bedürfen sie staatlicher Unterstützung. Staatliche Gewalt macht fremde Souveräne gefügig und nötigt sie zur Öffnung ihrer Märkte und Arbeitsmärkte und zum Ausverkauf ihrer Rohstoffe und ihres Territoriums.
Und da war die Frage, die Neoprene aufgeworfen hat und die ich interessant finde: Wie lange geht das, daß Staaten mit erfolgreichen Kapitalen den Kapitalexport mit allen Mitteln unterstützen, während gleichzeitig der eigene Standort produktionsmäßig immer mehr ausgedünnt wird? Wie schaut die Zukunft der EU-Staaten aus, wenn diese – postsozialistische Staaten vor allem, aber nicht nur diese – immer mehr desindustrialisiert werden, auch die Landwirtschaft in diversen Ländern den Bach hinuntergeht, und vor allem Dienstleistungen und Finanzgeschäfte immer mehr den Kern dieser Nationalökonomien ausmachen?
Ist diese Entwicklung auf Dauer ein Garant für die dominierende Stellung dieser Staaten in der imperialistischen Weltordnung?
Oje, Glaskugel, ick hör dir trapsen:
“Wie lange geht das”, “Wie schaut die Zukunft aus”, “auf Dauer ein Garant”?
Das sind lauter doofe Fragen, die mit Griechenland Bankrotterklärung wenig zu tun haben. Weder ist Monaco von der Krise ruiniert worden, noch gerät ein Industrieriese in den Verdacht. Absurde Spekulationen sind das.
Bislang dachte ich immer GSPler vertreten die Position dass die sogenannte ökonomische “Globalisierung” von den erfolgreichen Industriestaaten gestiftet wird. Jetzt soll sie zugleich diese bedrohen. Verstehe dass wer will. Wenn die Monopolgewalten die Subjekte der Globalisierung sind (im Sinne von, sie bestimmen die Stoßrichtung ökonomischer Erfolge der Nationen), dann werden sie wohl wissen was sie tun. Wenn nicht, solltest du wohl deine vorausgesetzte Position ein bißchen weit überdenken. Meine kennst du ja.
Es ist wirklich ärgerlich Nestor, dass du wieder mal einen Themenwechsel anstrebst, statt beim Thema zu bleiben. Dass “du anderer Meinung” bist ist gleich der Grund dafür dass ich deine „Themenverschiebung“ diskutieren soll? Armselig.
Na, die Frage, die ich gern behandeln würde ist, ob solche Ansichten überhaupt realistisch sind. Dass das geht ist mir schon klar. Ob diese „Option“ für die europäische Staatengemeinschaft (und Griechenland) ein diskussionswürdige Lösung ist, bezweifle ich dagegen.
Vor kurzem hat Standard & Poors die Kreditwürdigkeit Portugals und Spaniens, wenn ich mich recht erinnere, abgestuft. Mit der Kreditwürdigkeit anderer Staaten, Irland, Island, GB, Italiens, (USA) sieht es auch nicht gerade rosig aus. Wenn mehrere (europäische) Staaten Finanzprobleme kriegen, ja Bankrott gehen müssen, wie müsste denn da eigentlich die EU darauf reagieren. Alle rausschmeißen? Es ist doch der ideologischen Dummheit einiger Politiker zu verdanken (und nicht ihrer staatspolitischen “Kompetenz”, wie du glaubst), dass die überhaupt über den “Rauswurf” Griechenlands von der Euro-Zone diskutieren. Als ob der Staatsbankrott nur ein staatsinternes Problem Griechenlands wäre. Die globale “Finanzkrise”, die wahrscheinlich längst nicht vorbei ist, ist doch der wesentliche Grund warum europäische Staaten überhaupt in riesige Finanzprobleme gekommen sind (Bankkredite, Konjunkturprogramme).
Sieh mal, Nestor, das Wort “Nationalökonomie” wird zusammengesetzt aus den beiden Wörtern, “Ökonomie” und “national”. Zusammen kombiniert ergibt es dann das Wort, “Nationalökonomie”. Begriff und Bedeutung von „Nationalökonomie“ müsste in einem weiteren Schritt gesondert behandelt werden.
Auch das Wörtchen “Dienstleistungen” ist ein Begriff, der gesondert behandelt werden sollte. Wie willst du Inhalt bzw. Bedeutung von „Dienstleistungen“, im internationalen Vergleich sogar einsortieren, wenn nicht mal Inhalt und Funktion von „Dienstleistungen“ im Kapitalismus überhaupt, theoretisch ausgearbeitet wurde.
Um empirisch zu werden, du meinst sicherlich nicht dass “desindustrialisierte ” Länder sich immer mehr auf Finanzgeschäfte und Dienstleistungen verschiedenster Natur konzentrieren. Das sind erfolgreiche Länder/Staaten in Europa die sich zunehmend diesen Geschäftsbereichen widmen/widmen müssen (diskutiert habt ihr doch GB, und nicht z.B. Serbien oder Bulgarien). Aber auch alle anderen Staaten, ob Verlierer- Staaten , oder solche die sich in einer Übergangsphase befinden, wie „Argentinien“, müssen nicht unbedingt einen geringen Anteil von „Dienstleitungen“ in ihrer volkswirtschaftlichen Bilanz aufweisen müssen (das wäre zu überprüfen, aber ich gehe davon aus). Es ist doch „faktisch“ bereits Trend, wie du weißt, dass „Dienstleistungen“ einen tendenziell immer größeren Anteil am volkswirtschaftlich zu verteilenden „Kuchen“ einnehmen/einnehmen müssen.
Interessanter wäre zu prüfen was die Natur dieser Dienstleistungen in einer kapitalistischen „Volkswirtschaft“ im Besonderen ausmacht, und in internationaler Arbeitsteilung im globalen Kapitalismus dann, überhaupt.
Den Vorwurf des Themenwechsels versteh ich nicht. Aber wurscht.
Um was es mir gegangen ist, war nur, festzustellen, wer was will und wer nicht. Die griechischen Politiker haben den Unfug mit dem Schwellenland selbst erfunden. Hinauswerfen aus dem Euro wollen es andere.
Ich weiß nicht, worauf du dich beziehst mit der staatspolitischen „Kompetenz“. Ich erinnere mich an einen solchen Ausdruck nicht.
Natürlich ist es dumm, ich hab es sogar als verrückt bezeichnet, die Probleme des Euro durch Hinauswurf „lösen“ zu wollen. Es ist halt so, daß sie ihren eigenen Finanzsektor, – da sind wir uns glaub ich einig – retten wollen, indem sie den anderer, auch EU-Staaten, versenken. Und das ist natürlich absurd.
Aber Politiker sind nun einmal nicht Analysten oder Kritiker, sondern Macher. Ob das, was sie anstreben, mit den von ihnen eingesetzten Mitteln überhaupt geht, darüber machen sie sich keine Gedanken.
Die Desindustrialisierung ist zunächst eine Realität der Verlierer der letzten eineinhalb Jahrzehnte: Ex-Jugoslawien, Argentinien, andere lateinamerikanische und postsozialistische Länder.
Aber auch in den wichtigeren Ländern, in denen, die in der imperialistischen Konkurrenz tonangebend sind, sind jede Menge von Industrien bzw. Produktion verschwunden: Schiffbau, Bergbau, Schwerindustrie sind größtenteils nach Asien abgewandert.
Auch der Technologievorsprung ist langsam dahin. Software und Hardware, Maschinenbau und Telekommunikation sind schon lange kein Privileg Europas/Amerikas.
Die Rolle der Dienstleistungen, da geb ich dir recht, ist noch nicht ganz geklärt im ganzen Kontext der kapitalistischen Konkurrenz und der sie verwaltenden Nationalökonomien.
Der ganze mit diesen Themen sich ergebende Fragenkomplex ist spannend und bedarf einer Klärung:
Inwieweit können die europäischen Staaten ihre ganze überflüssig gemachte Bevölkerung verwalten, ohne daß ein Ordnungsproblem auftritt?
Wie sehr können sie ihre Zuständigkeit für die globalisierte Ökonomie aufrechterhalten, wenn der Reibach (= Gewinn) ihrer nationalen Unternehmen zusehends im Ausland gemacht wird?
Wie wirkt sich das auf die Kreditwürdigkeit der Staaten und die nationalen (oder, im Falle des Euro, übernationalen) Gelder aus?
Noch einmal, Nestor. Hier sehe ich unseren grundlegenden Dissens. Ausgangspunkt unserer Debatte ist doch die ökonomische Wettbewerbsituation in GB. Da siehst du, 1. Ja, GB spielt immer noch eine Rolle im weltweiten Imperialismus 2. GB hat sich zunehmend darauf spezialisiert Dienstleistungen, insbesondere Finanzdienstleistungen zu vergeben, zu produzieren. 3. Wunderst du dich darüber dass Imperialismus überhaupt zusammengeht mit Spezialisierung auf Dienstleistungen /Finanzdienstleistungen, in GB, und Europa überhaupt 4. Begründest du diese Spezialisierung GB/Europa damit dass GB/Europa eine besondere Funktion übernimmt/eine besondere Bedeutung, in weltweiter Arbeitsteilung mit Billiglohnproduzenten, zukommt.
Ich dagegen vermute dass GB, und vielmehr ihr Big Brother USA, sich zu einem weltweit günstigen Spekulationszentrum entwickelt hat, der weltweit defizitfinanziertes Wirtschaftswachstum spendieren hilft. Dass kann viele Jahre lang gut gehen, wird es aber nicht auf ewig bzw. Dauer, wie ich vermute.
Meine Hypothese ist daher dass dein Bild von GB/(Finanz-)dienstleistungen vollkommen falsch ist:
1. Ist es überhaupt unzulässig dass Bild Großbritanniens auf imperialistisch erfolgreiche Staaten in Zentraleuropa, Frankreich, Deutschland, Italien wenn du willst, usw. zu übertragen. Dafür war und ist die Wirtschaftsstruktur dieser imperialistischen Kernstaaten nicht/oder nur unzulässig, miteinander vergleichbar (Dienstleistungen, industrielle Struktur, Wirtschaftssystem/politisches System). Deutschland z.B. ist/war Exportweltmeister. Frankreich dagegen hat eine negative Leistungsbilanz vorzuweisen, während dass Wirtschaftswachstum zuletzt höher ausfiel als in Deutschland. Was folgern wir daraus? Wenn du GB mit zentraleuropäischen Erfolgsstaaten vergleichst, ist es so als ob du eine Henne mit einem Ei miteinander vergleichen willst.. 2. In GB wird noch das britische Pfund, und nicht der Euro, als Zahlungsmittel verwendet. 3. Ist die zunehmende Desindustrialisierung GB nicht mit einer Erfolgsstory der britischen Volkswirtschaft vergleichsweise, im internationalen Standortbettbewerb, zu verwechseln. Es ist nicht der Erfolg, sondern die Niederlagen GB, die sie weltweit zu einem unvergleichbar billigen Dienstleistungs-/Finanzstandort haben werden lassen. Mit Billiglohnproduktion muß dass nicht notwendigerweise was zu tun haben (siehe Deutschland, die sind Exportweltmeister) Dazu ein Kommentar vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW, WB 13-14/03)): Anders als im Euroraum insgesamt verschlechterte sich die Leistungsbilanz erheblich und wurde deutlich defizitär: Seit 1999 liegt das Defizit bei rund 2 % des Bruttoinlandsprodukts. … Der eigentliche Problembereich der britischen Wirtschaftsentwicklung ist die unzureichende internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das Produktivitätsniveau lag bis zuletzt deutlich unter dem der wichtigsten Konkurrenzländer. … Das vergleichsweise befriedigende Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren ist ausschließlich einer kräftig expandierenden Binnennachfrage (wo kommt die her?) zu verdanken,… . 3. Die daraus folgende Problem ist zu erläutern wie es eine, ehemals imperialistische Erfolgsstory, dazu gebracht sich zu einem weltweit billigen Dienstleistungszentrum, bei schrittweiter Desindustrialisierung, hinein zu manövrieren. GB hat sich anders entwickelt als der Rest des Euroraums im vergleichbaren Zeitraum. Wie schaffen es die Briten bei mangelnder Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, sowie negative Leistungsbilanz, imperialistisch zu bleiben? 4. Dominiert deiner Sichtweise ein Bild vom Kapitalismus, welches mit einem Nullsummenspiel zu vergleichen ist. Da du dich darüber wunderst wie es überhaupt geht über längere Zeiträume ohne Industrieproduktion weltmarktführend zu bleiben, erfindest du die Mär von der weltweiten Spezialisierung auf Dienstleistungen /Finanzdienstleistungen, Austauschbar mit Billiglohnproduktion, die von diesen Staaten in die weite Welt hinaus exportiert wird. Diese Sichtweise erklärt allerdings weder den ökonmische Erfolg/Mißerfolg GB, noch dessen Spezialisierung auf den Dienstleistungs-/Finanzsektor. Sie ist bloß eine vorausgesetzte Vermutung.
GB war gar nicht von mir eingebracht, sondern von Neoprene. Ich habe es auch nicht mit irgendwelchen anderen Staaten verglichen, vor allem deshalb, weil ich mich in GB und seiner Wirtschaft nicht so gut auskenne. Ich habe am Anfang dieser Kommentar-Reihe eher gegen Neoprene eingewendet, daß es meiner Ansicht gar nicht so wenig Produktion hat, wie er meint.
Die kräftige Binnennachfrage, so vermute ich einmal, war kreditfinanziert, und ist seither auch ebenso kräftig eingebrochen.
Es ist ja eine allgemeine Erscheinung des heutigen Kreditsektors, daß aus der Armut der arbeitenden Menschheit in Form des Konsumentenkredites ein Geschäft für die Banken wird, und gleichzeitig damit gesorgt wird, daß diese Armut nicht in voller Wucht zu Beschränkung des Konsums führt, sie also weiterhin Kaufkraft und Markt für die Unternehmer schafft.
???
Erstens brauchte ich die nicht zu erfinden, weil diese Idee der internationalen Arbeitsteilung wird ja – bzw. wurde bis vor der Krise – von den Freunden der Weltwirtschaft heftig verbreitet.
Aber ich wüßte nicht, wo ich mich diesbezüglich geäußert haben soll.
Mein Kommentar behandelt nicht die allgemeine Wesenbestimmungen des Kredits. Mein Kommentar behandelt die wirtschaftliche Ausgangsposition in GB/Europa.
Wenn dass deine Vermutung ist muss ich halt staunen. Vom Einbruch einer „Kreditnachfrage“ in GB war von dir, als Gegenhypothese, zur Weltmarktposition GB, noch nie die Rede gewesen.
Die “spannende Frage”, die dagegen von dir immer wieder in den Raum geworfen wird ist, ob eine “internationale Spezialisierung” GB/Europas auf Dienstleistungen /Finanzdienstleistungen „gut gehen wird“, „wie die Zukunft aus(schauen) wird“, ob sie auf „Dauer ein Garant für die dominierende Stellung dieser Staaten“ sein kann/wird? Ich bin doch nicht der Politikberater von Merkel & co. Ich muss nicht deren Probleme ständig rauf und runter wälzen oder deren Problemperspektive übernehmen.
Nur zum Teil. Ein Großteil der sogenannten “Binnenachfrage” in GB wird über billige Dienstleistungsproduktion initiiert, die sogenannten kleinen Dienstleistungen. Vergleichbar mit den vorherrschenden Beschäftigungsverhältnissen in den USA (beschäftigungsintensiv, geringe Kapital- bzw. Arbeitsproduktivität). Die müssen nicht unbedingt kreditfinanziert werden (wie z.B. der Häuserbau).
Ideen werden bisweilen immer erfunden. Ob sie stimmen, ist noch gesondert zu ergründen. Ich übernehme allerdings selten ungeprüft das Geschreibsel der bürgerlichen Ökonomen, des Spiegels oder der Bildzeitung (wie es mit dir ist, weiß ich nicht).
Die moderne Weltwirtschaft besteht nicht bloß aus “internationaler Arbeitsteilung”, sondern daneben, bzw. zugleich auch, aus wachsenden Markterschließungsprozessen (Asien, postsozialistische Länder/Staaten), sowie verschiedenen regional gefärbten Wettbewerbssituationen. Die gesondert zu überprüfen sind. Die kapitalistische Weltmarktkonkurrenz ist theoretisch nicht schon damit geschluckt dass Standorte bzw. Staaten um Aneignung von Weltmarktanteilen gegeneinander konkurrieren. So als ob der weltweite Kapitalismus nur ein riesiger Kuchen wäre, deren Stücke unter den Weltmarktteilnehmer zu verteilen sind.
Wenn man davon spricht, wie sich Dienstleistungen zum realen Produktionssektor verhalten, kann man den Kredit nicht weglassen.
Alles, buchstäblich alles wird heute über Kredit finanziert. Der Konsum der kleinen Leute, die Finanzierung der Unternehmen aller Sektoren, der Staatshaushalt und alles, was daran hängt, also Unterrichtswesen, Rüstung, Infrastruktur, Gesundheitswesen usw.
Die Londoner Börse ist die größte Rohstoffbörse der Welt, und die meisten Preise für Rohstoffe werden dort gemacht, jede Menge Rohstoffe dort verkauft, und dafür bleibt jede Menge Cash bei den dortigen Börsianern hängen.
Ich bin genauso wie du ein Gegner von Prophezeiungen, weil die sind unwissenschaftlich. Ich versuche nur Schritt für Schritt die Entwicklungen theoretisch zu begleiten.
Ein großer Budgetposten GBs ist die Gewalt. Erstens ist es ein großer Rüstungproduzent und -Exporteur. Zweitens, darüber gabs im „Independent“, wenn ich mich nicht täusche, voriges Jahr einen ausführlichen Artikel darüber, wie GB von privaten Sicherheitsdiensten profitiert. Im Irak und an anderen Hot Spots der Welt.
Ich weiß im Augenblick nicht, worin unser Gegenstand und unserer Gegensatz besteht. Auch deshalb, weil du mir öfters Aussagen unterschiebst, die ich nicht gemacht habe.
Also, ich überlege unter anderem einfach daran herum, wie die verschiedenen Sparten der Ökonomie den national bilanzierten Reichtum (BIP, Steuern usw.) ausmachen/beeinflussen oder gefährden.
Wie sehr sich die (bislang) erfolgreichen Nationen am stofflichen Reichtum der restlichen Welt beteiligen, ist eine Frage der Gewalt und des Kredits. Wie weit sich das verlängern läßt, und welchen Staaten gegenüber das geht und welchen nicht, ist die nächste Frage.
Spannend find ich das alles.