Katalonien, Fortsetzung 3

EINIGENDES UND TRENNENDES
Ende Oktober 2017 wurde der Notstandsparagraph 155 in Katalonien verhängt, die katalanische Regionalregierung abgesetzt und eine Art Sachwalter-Regierung unter Leitung der PP-Politikerin Soraya Saenz de Santamaria eingesetzt. Manche katalanischen Politiker flüchteten ins Ausland, andere wurden verhaftet, wieder andere gingen nach einer Art Treueeid auf die spanische Verfassung frei.
Die Unabhängigkeitsbestrebungen werden als eine Art Hoch- und Landesverrat betrachtet und die Justiz ist am Zug, um diese Art von Delikt zu untersuchen und zu bestrafen.
Die Wahlen am 21. Dezember erbrachten eine knappe parlamentarische Mehrheit für die Separatistenparteien. Seither streiten sich diese, wie sie wieder eine neue Regierung stellen könnten. Solange es hier zu keiner Einigung kommt, bleibt die Zwangsverwaltung durch Madrid.


1. Der spanische Staat: Justiz und Parteien
Erstens stellt schon diese Notstandsregierung ein Novum in der EU dar. In keinem EU-Staat wurde seit 1991 der Staatsnotstand ausgerufen, auch nicht für eine einzelne Region. Es ist also ein Präzedenzfall, der hier abläuft, und sicher von vielen Politikern genau beobachtet wird.
Es handelt sich um eine Art demokratiepolitisches Experiment: Die Verfahrensformen der Demokratie haben sich gegen ihren Grundlage – Verwaltung des Profitemachens und der Klassengesellschaft – gekehrt, und gar nicht dem Inhalt nach: Kommunismus wollten die Separatisten ja nicht einführen. Es wird um die Aufsicht, die Verwaltung des Geschäftemachens gestritten, und um die dabei entstehende Beute, wie bei zwei Mafia-Clans, die einander das Territorium streitig machen.
Es ist weiters ein Unding oder eine Art Quadratur des Kreises, mit Hilfe der Justiz die staatliche Einheit wiederherstellen zu wollen, weil diese einer funktionierenden Justiz vorangehen muß. Das Recht beruht schließlich auf einem durchgesetzten Gewaltmonopol.

Die Justiz betritt hier auch völliges Neuland. Bezeichnenderweise konzentriert sie sich bei ihren Ermittlungen aufs liebe Geld. Die widmungswidrige Verwendung öffentlicher Gelder rückt in ins Zentrum ihres Interesses. Hier erscheint es für die ermittelnden Staatsanwälte und Richter am einfachsten, strafbare Handlungen nachzuweisen. Aber auch so werden erstmals juristisch-demokratiepolitisch ganz neue Fragen aufgeworfen: Ist es zulässig oder strafbar, wenn mehrheitlich gewählte Bürgermeister aus ihrem Gemeindebudget Geld für den Prozess der Unabhängigkeit zur Verfügung stellen? Schließlich können sie behaupten, sie hätten von ihren Gemeindebürgern dafür das Mandat erhalten. Dann wären die betreffenden Geldsummen aber nicht „veruntreut“, sondern widmungsgemäß verwendet worden.
Schließlich ist auch eine andere Art von Einheit gefährdet. Die spanische Regierung droht zu stürzen. Schon bei den Wahlen 2015/2016 gelang das Erreichen einer Mehrheit nicht. Inzwischen ist die PP am Zerbröseln. In Katalonien erreichte sie 4% der Stimmen. Der Koalitionspartner wittert aufgrund der katalanischen Wahlen Morgenluft und meldet Regierungsanspruch an. Neuwahlen stehen vor der Tür.

Bis heute konnte kein Budget für 2018 erstellt werden.

Jetzt rührt sich auch die Sozialistische Partei, um sich für diese Wahlen zu positionieren, da die katalanischen Wahlen auch für die Bundes-SP nichts Gutes verheißen. Sie bemüht sich, sich zu profilieren und gegen die Staatsbürger-Partei in Stellung zu bringen – mit äußerst dümmlichen Manövern, deren Mißerfolg absehbar ist.
Es ist also keine starke Hand in Sicht, die das Vertrauen in die Regierung wiederherstellen könnte – es sei denn, die Staatsbürger-Partei schafft es, Neuwahlen zu erzwingen, aus denen als Sieger hervorzugehen und dann das Ruder auch zu führen, das sie in die Hand bekommen könnte.


2. Die Separatisten
An den 3 Parteien, die für die Unabhängigkeit eintreten, läßt sich sehen, wie einerseits das Streben nach einer eigenen Nation alle Gegensätze ein Stück weit zudeckt, andererseits aber doch nicht. Die Partei der katalanischen Unternehmerschaft (PDeCat/JxCat) und die Volksfront-Kandidaten (CUP), die u.a. die Banken verstaatlichen wollen, eint wirklich nur der Wille zu einem eigenen Staat. Dazu kommt die Esquerra, die laut ihrem Parteiprogramm sehr ehrgeizige Pläne hat: Endlich die Monarchie abzuschütteln und Groß-Katalonien zu errichten.

In der jetzigen Situation, wo eine Einigung vonnöten wäre, um wieder eine agierende katalanische Regierung auf die Beine zu stellen, treten eher die Differenzen zutage. Man kann sich angesichts dessen gut vorstellen, was los wäre, würde Katalonien wirklich unabhängig.
Die PDeCat wollte zunächst ihren im Exil befindlichen Präsidenten einsetzen, um erstens seine Rechtmäßigkeit zu bekräftigen, und zweitens selbst die Regierung zu stellen. Die Esquerra wiederum hielt ihren eingesperrten Chef für eine bessere Visitenkarte und wollte es auch ausnützen, daß sie inzwischen den katalanischen Parlamentspräsidenten stellt. Sie schlug eine Kandidatin von sich vor, die dann der Parteichef Junqueras aus dem Gefängnis fernsteuern könnte. Das wollte wieder die PDeCat nicht, weil sie immerhin mit ein paar anderen Miniparteien zusammen 2 Mandate mehr als die Esquerra hat und die Macht selber in der Hand haben möchte. Dazu kommt noch die Komplikation, daß die exilierten Abgeordneten nicht mitstimmen dürfen.
Die Volksfront-Karikatur CUP hingegen hat sehr an Popularität verloren und will sich darüber in Position bringen, sich als Zünglein an der Waage besonders radikal zu geben …

Zusammenfassung:

Es kommen keine Mehrheiten zustande, der Notstandsparagraph wird verlängert, das Budget kommt nicht voran und die Parteienkonkurrenz behindert die Regierungsbildung und das Regieren überhaupt.
Auch in dieser letzteren Hinsicht ist Spanien eine Art Vorreiter in der EU.
Aber gleichzeitig hört man, Spanien käme in Sachen Wachstum voran, die Wirtschaft hätte sich erholt.
Geht Kapitalismus vielleicht ohne Regierung?
Wir werden sehen …

Pressespiegel El País, 21. & 25. Februar: Prigozhins Trollfabrik

FAKE NEWS AUS ST. PETERSBURG
Die Zeitung „El País“ ist besessen von der angeblichen „Lügenfabrik“ Jewgenij Prigozhins in St. Petersburg namens „Agentur für Internetforschung“ (AII), die seit einigen Jahren als besonders perfide Waffe Rußlands im Kampf um die Deutungshoheit über die jeweiligen imperialistischen Fortschritte und innenpolitischen Machtkämpfe in den westlichen Medien gehandelt wird.
Diejenige Zeitung, die sich als eine Art Flaggschiff des spanischen Überganges zu Demokratie versteht, schäumt vor Wut, daß es den Russen anscheinend gelungen ist, unter geschickter Ausnutzung der sozialen Medien ihre Propaganda unters Volk zu bringen – sowohl unter das eigene als auch unter das europäische und amerikanische.
Man erfährt dabei aus zwei Artikeln vom 21. und 25. Februar ganz unerhörte Dinge:

1. Propaganda kostet Geld!
„Die Organisation namens Projekt Lachta hatte ein monatliches Budget von 1,25 Mill. Dollar.“ (21.2.)
Während natürlich die Mediengruppe PRISA, zu der El País gehört, keine nennenswerten Summen bewegt …
Oder ist es ein Verbrechen der Propagandaabteilung, daß sie eine non-Profit-Organisation ist, und aus dem Restaurations-Imperium von Prigozhin finanziert wird?
Lobbyisten, Sponsoren und Mäzene gibt es nämlich nur bei „uns“, in Rußland ist das schon ein besonderes Verbrechen.
NGOs existieren auch nur unter westlicher Patronanz, dortige sind lauter Trolle und Agenten, unsrige hingegen selbstlose Engel.
Oder wird diese Abteilung womöglich aus dem Budget bezahlt, vom KGB oder irgendwelchen anderen sinistren Institutionen? Noch schlimmer! Eine Regierungs- oder Geheimdienst-Abteilung, als Privatfirma getarnt!
Sowas gäbe es bei uns niiiiiiee!

2. Die Lügenfabrik zahlt schlecht!
Der ehemalige Mitarbeiter der „Agentur für Internetforschung“ Marat Mindijarow „verdiente zwischen 40.000 und 50.000 Rubel, bei einem Arbeitstag von 12 Stunden. Auf 2 Arbeitstage folgten 2 freie Tage. (Ein Euro entspricht 69 Rubel.)“ (25.2.)
Nun ja, vor der Ukraine-Krise und den Sanktionen stand der Euro bei 45 Rubel, da war das kein so schlechtes Gehalt für Rußland.
Daß in den ehemals sozialistischen Ländern die Gehälter niedriger sind, ist ansonsten für westliche Medien ganz normal, obwohl man sich angesichts des aufgrund der hohen Importe beinahe westlichen Preisniveaus für diverse Konsumgüter schon fragt, wie die Leute damit über die Runden kommen.
Bei denjenigen, die sich mit Facebook beschäftigten, war das Gehalt höher, da kam aber der Informant von El País nicht hinein, weil er zu schlecht Englisch sprach.
Also so schlecht zahlt die Firma gar nicht, aber dann ist eben das der Skandal: für Lügen werden sie gut bezahlt!

3. Sie beschäftigt viele Leute!
Bei solchen bescheidenen Gehältern kann sie für diese lumpigen 1,25 Millionen Dollar (1 Million Euro) jede Menge Fake News-Produzenten anstellen:
Mindijarow erzählt, er saß „mit einer 20-Personen-»Brigade« in einem Büro. In jedem der 4 Stockwerke des Gebäudes befanden sich zwischen 8 und 10 solcher Büros mit der gleichen Anzahl von Arbeitern. Sodaß … in dem Gebäude mehrere 100 Leute beschäftigt waren.“
Um die 720 Leute. Ist das viel für eine Medienfirma?
Bei der New York Times arbeiten einige Leute.
Bei der NSA gibt es zwar keine solche Aufstellung, aber ein Foto des Hauptquartiers und des Parkplatzes zeigt, daß dort auch nicht gerade wenig Leute arbeiten.
Hier bei uns sind das tolle Arbeitgeber, die Arbeitsplätze schaffen und den Menschen auch die Möglichkeit geben, gleichzeitig dem Vaterland einen wichtigen Dienst zu erweisen. (Was so Schufte wie Edward Snowden, der zum Feind übergelaufen ist, leider nicht zu würdigen wissen!)
In Rußland hingegen sind das bestenfalls unglückliche Arbeitslose, die begreiflicherweise in diesem „Räderwerk“ landen, bis sie etwas Besseres gefunden haben. Wie der Herr Mindijarow, der inzwischen als Bote arbeitet. (Man weiß nicht, für Geheimbotschaften oder Pizza, aber immerhin besser als in der Lügenfabrik.)
Oder aber Leute wie der Betreuer der Auslandsabteilung, Dzhejchun Aslanow, der von dem Sonderermittler Mueller auf eine Art Interpol-Liste gesetzt wurde und deshalb überall verhaftet werden kann, obwohl aus den ganzen Berichten über Mueller und die Liste nie hervorgeht, was jetzt genau das international strafbare Verbrechen Aslanows sein soll. Der Typ macht Fake News und gehört deshalb in ein Hochsicherheitsgefängnis!
(Mir würden da viele Kandidaten aus westlichen Medien und sogar Politiker einfallen, die nach den gleichen Kriterien wie Aslanow auch in eine solche Institution passen würden.)

4. Die Entenproduktion
Man erfährt über die Erzeugung der Fake News vor allem, daß sie mit besonders fiesen Methoden vorgegangen ist: mit Hilfe von falschen Profilen bei Facebook, Twitter und anderen Internet-Firmen dieser Art wurden Nachrichten in die Welt gestreut.
Erstens bieten die sozialen Medien mit ihrer virtuellen Welt eben wirklich sehr viel Raum für dergleichen Geistersubjekte. Es ist sowohl dem Ärger der USA darüber, wie ihre Internet-Erfindungen von Russland genutzt werden, als auch dem Ärger des El País darüber, daß seine publizistische Tätigkeit durch dergleichen Manöver ergänzt bzw. gestört wird, anzumerken, daß da der pure Neid am Werk ist.
Agenten der USA-Geheimdienste sitzen natürlich schon lange in Facebook und Twitter und spionieren dort unter fremdem Namen. Es ist auch möglich, daß sie die sozialen Netzwerke für Anwerbung neuer Leute nutzen.
Aber die Idee, diese Plattform für politische Propaganda zu nutzen, scheint diesen Geistesgrößen nicht gekommen zu sein. Diese Idee hatten die Russen. Und wenn die Nachrichten über die Agentur „AII“ stimmen, so dürfte sich diese Propagandaschiene als relativ preisgünstig erweisen im Vergleich zu westlichen Medienunternehmen.
Es ist überhaupt nicht ersichtlich, was an dieser Art der Benützung der sozialen Medien illegal oder strafbar sein sollte. Die ganze Entrüstung soll offenbar den Umstand verdecken, daß da offenbar wer anderer schlauer war und die Weltmacht Nr. 1 mit ihren eigenen Waffen geschlagen hat. Und das angeblich, laut FBI, seit 2014, und keiner hats gemerkt! NSA und CIA haben offenbar geschlafen, diese Papiertiger!
Jetzt zum Inhalt dieser Enten, da wurden die spanischen Journalisten übrigens kaum fündig: In einem Artikel wird erwähnt, daß sich Obama in Indien einen Kaugummi aus dem Mund nahm und diese Episode dann das bei der „Lügenfabrik“ breitgetreten wurde. Der Kaugummi war aber echt!
Fake News?
Dann erzählt Mindijarow noch, daß oft offizielle Medien die Themen, die sie in den sozialen Medien verbreitet hätten, aufgenommen und über ihre Kanäle verbreitet hätten.
Das zeigt aber weniger die Gefinkeltheit der russischen Propaganda, sondern mehr die intellektuelle Verkommenheit der Mainstream-Medien, die Nachrichten nicht recherchieren, sondern offenbar jede Menge Blödsinn von Agenturen oder sozialen Medien übernehmen.

5. Ein Unternehmer steckt dahinter!
Prigozhin ist ja auch so eine Art lebendige Unmöglichkeit. Der ist nicht einmal ein echter Oligarch, der sich mit Hilfe von miesen Geschäften und Schwarzhandel auf typisch russische Art illegal bereichert hat.
Der hat sich nämlich vom Betreiber eines Würschtlstands zum Besitzer eines Gastronomie-Imperiums hinaufgeturnt, mit hervorragenden Beziehungen zur Macht, das kann ja nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.
Vom Tellerwäscher zum Millionär, das gibt es nämlich nur in der freien westlichen Welt.


FAZIT
Was erfahren wir über die russische Lügenfabrik?
Lauter Dinge, die eigentlich gar keine Überraschung sind. Gewöhnliche und unbedeutende Dinge werden zu Sensationen aufgeblasen. Die zwei Artikel fallen genaugenommen unter das, was der Lügenfabrik als „Fake News“ vorgeworfen wird.

Was gibts eigentlich Neues zum Thema Brexit?

DAS AUSTRITTS-THEATER
Über eineinhalb Jahre ist es jetzt her, daß bei einer Abstimmung in Großbritannien die Mehrheit der Wähler entschieden hat, der EU den Rücken kehren zu wollen.
Das löste bei den Politikern und Medien der EU einen Schock aus. Wie ist es möglich, daß jemand diese tolle Staatengemeinschaft verlassen will? Die ganze Propagandamaschinerie für dieses imperialistische Staatenbündnis hatte auf einmal Sand im Getriebe. Die Austritts-Option gab es nämlich in den EU-Verträgen – ähnlich wie in der jugoslawischen Verfassung – nur aus dem Grund, daß damit die Freiwilligkeit des Dabeiseins noch einmal unterstrichen sein sollte, aber nicht deshalb, damit sie auch wahrgemacht würde.
Ein Austritt war nicht vorgesehen, das ganze Prozedere dazu fehlte, ein Präzedenzfall war geschaffen worden.

1. Die Gründe für die Abstimmung

So eine Abstimmung muß erst einmal angesetzt werden, sie geht also auf jeden Fall zunächst von der politischen Herrschaft aus und nicht vom einfachen Wahlvolk.
Die politische Klasse bzw. die Eliten Großbritanniens sind gespalten in der Frage, ob sie mit oder ohne EU besser gefahren wären oder fahren würden. Die Träume vom Empire wurden nie aufgegeben, und sich als Gleicher unter Gleichen mit den anderen großen Mächten der EU zu begegnen, war schon manchen zuwenig. Noch weniger gefiel Politikern der Abstieg in die zweite Reihe, der trotz der City und des Militärapparates aufgrund des fortgeschrittenen und noch weiter fortschreitenden Verlustes der produktiven Basis droht. Manche rechneten sich anscheinend in einer Rückkehr zum Commonwealth und einer Neuauflage gesonderter Beziehung zu den ehemaligen Kolonien einen Vorteil aus, mit dem ein Austritt aus der EU wettgemacht werden könnte.
Aber die umgekehrte Befürchtung, daß die bereits weit gediehenen Abhängigkeiten nicht mehr ohne größeren Flurschaden rückgängig gemacht werden könnten und vor allem der Londoner Finanzsektor durch eine Abkoppelung von der Eurozone leiden würde, war genauso vorhanden und wohlbegründet.
Als der Premierminister eine Volksabstimmung ansetzte, war er von der festen Überzeugung beseelt, daß das werte Volk ein Einsehen haben und ein sattes Ja! zu Europa zurückschallen würde, ähnlich wie sich bei dem schottischen Referendum 2014 eine relativ klare Mehrheit von 55% für den Verbleib bei Großbritannien ausgesprochen hatte. Womit er wiederum bei Verhandlungen punkten könnte, so in der Art: unsere Bürger haben trotz alledem Vertrauen in die EU, und deshalb wollen wir
2. Das unerwünschte Ergebnis
Daß sich die Mehrheit, wenn auch sehr knapp, gegen die EU positionieren würde, hatten weder der Premier selber noch die lauten Marktschreier des Brexit erwartet, die in den Tagen nach der Abstimmung von ihren Posten zurücktraten. Das Ergebnis überraschte und verstörte alle: die Politiker, die Geschäftswelt, die Propagandisten der EU im Medien und Umfrage-Instituten.
Vor allem die in den letzten Jahren populär gewordene Methode, Wahlkampfprognosen quasi als Aufforderung an die Wählerschaft zu formulieren, der sie gefälligst nachzukommen hätte, blamierte sich gründlich.
Die Publikumsbeschimpfung ließ nicht auf sich warten, und alle überboten sich in Deutungen, welchen finsteren Gefühle und heimtückischen Slogans, nicht zu vergessen die immer präsente machiavellische Hand Russlands, dieses Ergebnis hervorgerufen hätten. Von einem Generationskonflikt war die Rede, von gemeinen Rentnern, die den hoffnungsfrohen Jugendlichen ihre Zukunft verbauen, usw..
Niemand wollte zur Kenntnis nehmen, daß es genug Gründe geben kann, diese EU satt zu haben, mit der schrankenlosen Konkurrenz, der die arbeitende Menscheit dort ausgesetzt ist, und ausufernden Immobilienpreisen, die steigende Verarmung und Obdachlosigkeit verursachen.
Nein, wer gegen diese ständig schön- und alternativlos geredete EU etwas hat, muß verrückt oder dämonischen Einflüsterungen erlegen sein.
3. Die Folgen
Es folgten eineinhalb Jahre Verhandlungen, bei denen absolut nichts herausgekommen ist. Treffen werden veranstaltet, Drohungen ausgesprochen, Brexit-Themen heizen die Parteienkonkurrenz Großbritanniens an. Irgendwelche Fristen werden gesetzt – wofür? Die Freihandelsabkommen sollen erst gekündigt werden und dann auch wieder nicht, weil die Firmen auf dem Kontinent das auch nicht wollen, für die GB ein wichtiger Markt ist. Es stellt sich heraus, daß die Rest-EU mindestens genausoviel, wenn nicht mehr durch einen Austritt Großbritanniens verlieren würde.
Dann soll GB einen Haufen Geld zahlen, um austreten zu dürfen. Warum eigentlich? So genau erfährt das die Öffentlichkeit nie. Die Zahlen sind offensichtlich frei erfunden. Die Verhandler sagen einmal: kommt nicht in Frage! das nächste Mal: gegen verschiedene Vergünstigungen würden wir schon was springen lassen, das dritte Mal wieder: nein, wir zahlen keinen Cent!
Die Märkte reagieren inzwischen ziemlich indifferent. Das Pfund ist um 15% gefallen, was Großbritannien Entschuldung und Wettbewerbsvorteile gebracht hat. Eine Flucht des Finanzkapitals aus London wurde nicht registriert. Alle warten ab, was denn passieren möge – sofern etwas passiert.
Schon gibt es Bewegungen in Großbritannien, die eine neue Abstimmung veranstalten wollen, um das Votum von 2016 rückgängig zu machen.
Das wäre natürlich ganz im Sinne und auch der Tradition der EU, bei ungewünschten Abstimmungsergebnissen einfach so lange neu abstimmen zu lassen, bis das Ergebnis paßt.
Diese Tendenzen Anti-Brexit werden von den Medien sehr euphorisch begrüßt, ihr Erfolg wird sich daran bemessen, wie die politischen Eliten entscheiden.
Vielleicht beschäftigt GB die nächsten 10 Jahre sowohl die EU als ihre eigene Bevölkerung mit dem Brexit-Schmäh.
Morgen, morgen, nur nicht heute!