Pressespiegel El País, 15.11.: Aufmarsch gegen Venezuela

„TRUMP BEREITET DIE US-TRUPPEN FÜR DIE NÄCHSTE PHASE SEINES MILITÄREINSATZES IN DER KARIBIK VOR

Der US-Präsident und Maduro steuern auf eine Konfrontation zu, in der der Republikaner seine Glaubwürdigkeit und der Venezolaner seine Machtposition riskiert“

Die ganze Überschrift und Aufmache ist ein Beispiel für den Verfall des Journalismus heute: Der Aufmarsch gegen Venezuela wird als eine Art Duell zwischen zwei unsympathischen Personen dargestellt. Die bisherigen Toten dieser Machtdemonstration – Fischer, nach dem, was man so mitkriegt – sind sozusagen Kollateralschäden, ebenso wie die Opfer eines möglichen US-Militärschlages.

„Der Moment der Wahrheit scheint immer näher zu rücken. Donald Trump kennt – nach einer Woche intensiver Beratungen, wie er am Freitag an Bord der Air Force One erklärte – nach eigenen Angaben bereits »mehr oder weniger« die Ziele des massiven US-Militäreinsatzes in der Karibik.
Lateinamerika – und der Rest der Welt – halten unterdessen den Atem an angesichts einer Entscheidung, die ein schweres geopolitisches Erdbeben auf einem Kontinent auslösen könnte, der polarisierter ist denn je.

Es ist weiterhin unklar, was Trump in der Region erreichen will. Vertreter seiner Regierung, wie etwa Außenminister Marco Rubio, betonen, dass der Militäreinsatz – bei dem in zweieinhalb Monaten rund zwanzig mutmaßliche Drogenboote angegriffen und mindestens 80 Menschen in der Karibik und im östlichen Pazifik getötet wurden – lediglich eine Anti-Drogen-Operation sei. Während vor der Küste Venezuelas eine Marineeinheit aufgebaut wird, wie es in der Region seit Jahrzehnten beispiellos ist, sprach der Präsident selbst öffentlich von einer »zweiten Phase« der Operation, die auch landgestützte Ziele umfassen würde.

Das Rätsel liegt im Ziel dieser neuen Phase: Wird sie sich auf ein begrenztes Ziel gegen die Interessen von Drogenkartellen beschränken oder – wie der venezolanische Präsident Nicolás Maduro selbst behauptet und viele in Washington glauben – ein offener Versuch sein, ihn zu entmachten? Die US-Regierung wirft dem Regime und Maduro selbst vor, ihr Überleben mit den Einnahmen aus dem Drogenhandel zu sichern, und erkennt ihn, wie andere Regierungen weltweit, nicht als legitimen Staatschef an. (…)“

Es ist überhaupt kein Rätsel, daß die USA Maduro und seine Regierung stürzen und ihre eigene Marionette, Frau Machado, installieren wollen.
Das El País drückt sich um diese offensichtliche Absicht herum, weil es zwar Trump nicht recht geben will, aber Maduro gerne gestürzt sehen würde.

„Eskalierende Aggression

In einer rhetorischen und kriegerischen Eskalation, in der die USA den größten und modernsten Flugzeugträger der Welt, die Gerald Ford, in der Region stationiert und Venezuela 200.000 Soldaten mobilisiert hat, um einer hypothetischen Invasion entgegenzutreten, scheinen Trump und Maduro auf ein persönliches Duell zuzusteuern, in dem derjenige verliert, der zuerst nachgibt.“

Die USA wissen sehr gut, daß sie sich einen Einmarsch in Venezuela nicht leisten können und damit genau in die Art von Krieg verwickelt werden würden, die Trump als die Fehler seiner Vorgänger gebrandmarkt hat – einen Ende nie-Krieg mit großen Verlusten für die USA.
Venezuela könnte sich zu einer Art Afghanistan für die USA entwickeln, mit großen Zerstörungen im Land selbst und einer Art offener Wunde für ganz Lateinamerika.

„»Die USA behaupten, es ginge hier um Drogen. Das ist die offizielle Position. Wir könnten also im Februar verkünden, dass die Drogenlieferungen zurückgegangen sind und wir somit gewonnen haben. Aber das ist falsch«, argumentierte Elliott Abrams, Trumps ehemaliger Sondergesandter für Venezuela, diese Woche in einem Vortrag beim Thinktank Atlantic Council.“

Warum im Februar?
Was haben sie bis dahin vor?

„»Wenn Nicolás Maduro am Ende all dessen noch an der Macht ist, hat er gewonnen. Er muss nur überleben. Und ich hoffe, [Trump] erkennt, dass es zu spät ist, nachzugeben. Entweder gewinnt Trump oder Maduro. Dieser Machtkampf hat bereits begonnen.«
Es wäre das zweite Mal, dass der venezolanische Präsident einen Sieg über Trump für sich beanspruchen könnte: Der Republikaner hatte bereits 2019 versucht, den chavistischen Führer durch die Unterstützung von Juan Guaidó zu stürzen – eine immer noch sehr präsente Erfahrung, so ungern er sich auch an Fehlschläge erinnert.“

– und auch die EU, die immerhin Guiadó anerkannt hat, ebenso wie heute Gonzalez und Machado.

„Die Ereignisse haben sich mit dem Eintreffen der USS Gerald Ford – die im Juni letzten Jahres eine Schlüsselrolle beim US-Angriff auf iranische Atomziele spielte – beschleunigt. Sie schloss sich zusammen mit ihrer Kampfgruppe der Flottille von 12 Schiffen an, die die USA seit August in internationalen Gewässern der Karibik, nahe der venezolanischen Hoheitsgewässer, stationiert haben.
Diese Flottille repräsentiert 20 % der weltweit mobilisierten US-Seestreitkräfte: 15.000 Soldaten, F-35-Kampfjets (die modernsten Flugzeugtypen), Hubschrauber und Langstreckenraketen, darunter die Tomahawk-Marschflugkörper, die die Ukraine so dringend benötigt und die Trump ihr verweigerte, weil auch er sie braucht.“

Nicht nur deshalb.
Er hatte nie vor, sie der Ukraine zu geben.

Ein Teil der in der Karibik aufmarschierten US-Flotte und Luftwaffe

„Signale

Die Ankunft des »Gerald Ford« war das erste Anzeichen dafür, dass eine Bewegung unmittelbar bevorstehen könnte. Das Kronjuwel der US-Marine wird nicht stationiert, um lange untätig an einem Ort zu liegen oder einfache Überwachungsaufgaben zu erfüllen – das ursprüngliche Argument des Pentagons zur Rechtfertigung ihrer Verlegung aus dem Nahen Osten.
Sein Einsatz kostet bis zu 8,4 Millionen Dollar (7,2 Millionen Euro) pro Tag, und seine Abschreckungskraft wird in vielen anderen Krisenherden weltweit benötigt, in denen die USA Interessen haben. »Die Seestreitkräfte können nicht ewig dort herumlungern«, betont Abrams.

Das zweite Anzeichen kam am Donnerstag. Verteidigungsminister Pete Hegseth verkündete in den sozialen Medien den Beginn einer Großoperation namens Southern Spear zur »Eliminierung von Drogenhändlern und Terroristen«.

Trump traf keine sofortige Entscheidung. Er musste – und muss immer noch – seine Optionen sorgfältig abwägen. Der Präsident, der sich der Welt als großer Friedensstifter präsentiert und offen den Friedensnobelpreis für sich beansprucht, benötigt einerseits eine rechtliche Grundlage für die Intervention. Andererseits befürchtet er ein peinliches Scheitern oder die Gefährdung amerikanischer Truppen. Schließlich hatte er im Wahlkampf versprochen – und seine Wählerbasis forderte es –, dass die USA unter seiner Führung nie wieder, wie er es nannte, »dumme Kriege« anzetteln würden.“

Kriege, die nicht gewonnen werden können, viel Schaden anrichten und die USA viel Geld kosten …

Weitere Geräte, die in der Karibik aufmarschieren. El País gibt leider nicht an, wieviele von diesen Flugzeugen, Schiffen und Drohnen vor Ort sind

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„Öffentliche Ablehnung

Die US-Bürger lehnen eine Intervention ab. Laut einer am Freitag von Reuters/Ipsos veröffentlichten Umfrage sprechen sich 51 Prozent der Amerikaner gegen tödliche Angriffe auf Drogenboote aus, während 29 Prozent sie befürworten. 35 Prozent verurteilen den Einsatz militärischer Gewalt in Venezuela ohne Zustimmung der venezolanischen Behörden, während 31 Prozent einen Sturz Maduros mit nichtmilitärischen Mitteln unterstützen. Lediglich 21 Prozent befürworten einen Putsch gegen den chavistischen Präsidenten.“

Eine eigenartige Umfrage.
Die Fragen wurden offenbar so gestellt, daß eine eindeutige Ablehnung nicht herauskommt. Die dürfte allerdings Tatsache sein. Weil MAGA hat sich ja u.a. gegen derartige Kriege gebildet.

„Trump stehen verschiedene Optionen für Angriffe auf Ziele in Venezuela zur Verfügung. Diese könnten in Form direkter Angriffe von Schiffen oder gezielter Missionen von Spezialeinsatzkräften erfolgen. Sie könnten sich gegen die Interessen von Drogenkartellen richten oder militärische Ziele angreifen. Auch Angriffe auf Maduros engsten Kreis sind denkbar.“

Nicht nur „denkbar“, das ist offensichtlich das Ziel.
Nur ist die Frage: Selbst wenn es gelingen sollte, Maduro und seinen engsten Kreis auszuschalten, was folgt danach?
Libyen läßt grüßen …

„Der Einsatz in der Karibik ist nicht die einzige US-Militärbewegung in der Region. Das Pentagon hat seine Streitkräfte auf Stützpunkten in Puerto Rico verstärkt. Zusätzlich zum Druck durch Angriffe auf mutmaßliche Drogenboote gab es Trainingsflüge von B-52- und B-1-Bombern nahe der venezolanischen Küste sowie Trumps Genehmigung für die CIA, verdeckte Operationen in Venezuela durchzuführen.

Das Pentagon hat außerdem Bodentruppen nach Panama verlegt, jenes Land, das es 1989 überfallen hatte, um das Regime von Manuel Noriega zu stürzen, und das Trump vor seinem Amtsantritt mit einer Intervention bedroht hatte, um die Kontrolle über einen wichtigen Kanal, der den Pazifik und den Atlantik verbindet, zurückzuerlangen.“

Venezuela kann man nicht mit Panama vergleichen – das Land hat eine andere Größe und eine staatstreue, große und gut ausgerüstete Armee, sowie bewaffnete Milizen. Eine Intervention mit Bodentruppen in Venezuela wäre vergleichbar mit dem Vietnamkrieg.

„Zudem wurden großangelegte Militärübungen in Trinidad und Tobago angekündigt, ebenfalls nahe der venezolanischen Küste.

»Das ist ganz klar eine Kampagne, um Druck auszuüben«, erklärte die pensionierte Generalin Laura Richardson, die bis vor einem Jahr das Südkommando leitete, das für die US-Militäroperationen in Lateinamerika zuständig ist.“

Na sowas!
Welch eine scharfsinnige Analyse!

„Eine Kampagne, die laut US-Regierung auf lange Sicht angelegt ist. Sie ist Teil einer Neuausrichtung der Außen- und Verteidigungspolitik, die den Fokus von Europa und Asien auf Amerika verlagert – anderthalb Jahrhunderte nach der Monroe-Doktrin.“

Das alles gibt aber keinen Fahrplan vor, wie die USA in der konkreten Frage mit Venezuela verfahren wollen.
Eines ist klar: Ein Scheitern in Venezuela würde die ganze Trump-Außenpolitik umwerfen.

„US-Nachbarschaft

»Die westliche Hemisphäre ist Amerikas Nachbarschaft, und wir werden sie schützen«, schrieb Hegseth in seiner Ankündigung der Operation Southern Spear. Sein Ministerium bereitet die Veröffentlichung einer neuen Nationalen Sicherheitsstrategie vor – eines Prioritätenkatalogs, den jede Regierung nach Amtsantritt erstellt –, die Lateinamerika und den Schutz des nationalen Territoriums in den Vordergrund stellt.

Schon in den Monaten vor seiner Amtseinführung im Januar hatte Trump sein Interesse an dem Kontinent deutlich gemacht, indem er Panama mit einer Intervention drohte, um die Kontrolle über den Panamakanal zurückzuerlangen, und die USA aufforderte, Grönland zu annektieren.

Der Republikaner verfolgt die Entwicklungen in Lateinamerika aufmerksam und hat die Führungswechsel in den Ländern der Region, die Regierungen hervorgebracht haben und möglicherweise auch weiterhin hervorbringen werden, die dem Trumpismus nahestehen, lobend erwähnt. »Marco [Rubio] sagt mir, dass immer mehr Länder der Region auf unserer Seite stehen«, erklärte er im August bei einer Kabinettssitzung überschwänglich. Und er zögert nicht, sie offen zu unterstützen, wie etwa im Oktober während Javier Mileis Besuch im Weißen Haus, als er die Hilfe für Argentinien an den Wahlsieg des Präsidenten bei den Wahlen am 26. Oktober knüpfte.“

Allerdings könnte eine US-Intervention in Venezuela diese Tendenz kippen …

„Umgekehrt hat die Operation gegen die Drogenboote die Beziehungen zwischen den USA und Kolumbien sowie dessen Präsidenten Gustavo Petro belastet, den Trump als »Killer« und »Drogenhändler« bezeichnet und gegen den er Wirtschaftssanktionen verhängt hat.
Der kolumbianische Präsident wiederum hat die Angriffe auf die Boote als »außergerichtliche Hinrichtungen« bezeichnet, ein Begriff, der auch vom UN-Hochkommissar für Menschenrechte verwendet wird.“

Daß der kolumbianische Präsident und sogar die UNO das Kind beim Namen benennen, wird hier als eine Art Meinung hingestellt, die man haben kann oder auch nicht.

„Diese Woche kündigte Bogotá aus diesem Grund die Aussetzung der Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten an und folgte damit dem Beispiel Großbritanniens – vielleicht Washingtons wichtigstem historischen Verbündeten –, das diese Art der Zusammenarbeit mit der führenden Weltmacht ebenfalls teilweise eingestellt hat.“

Diese Entscheidung des UK weist darauf hin, daß der Operation der USA keine Rückendeckung gegeben wird, sollte sie dennoch Venezuela angreifen.
Die britische Regierung will sich diesbezüglich gegenüber einer etwaigen weiteren Aggression fernhalten.

„Die Trump-Regierung macht aus ihrem Wunsch nach einem Führungswechsel in Kolumbien kein Geheimnis. »Gott sei Dank finden nächstes Jahr Wahlen in Kolumbien statt. Ich nehme an, das kolumbianische Volk wird in seiner Weisheit diesen Weg, der zu Elend und Hass führt, ablehnen und einen neuen Kurs zum Wohle dieser großartigen Nation einschlagen«, erklärte der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau am Montag bei einer Zeremonie zu Ehren des kubanischen Dissidenten José Daniel Ferrer in Washington.

Laut Elkins »dürfen wir nicht vergessen, dass Trump nicht in seiner zweiten, sondern in seiner dritten Amtszeit ist«, da er zwischen 2021 und 2025 ununterbrochen überlegt habe, welche Maßnahmen er ergreifen werde. »Was wir hier erleben, ist ein sehr ausgeklügeltes, kalkuliertes und koordiniertes Vorgehen, um die Vorherrschaft in der westlichen Hemisphäre zu sichern«, so der Experte.“

Nur: Wie soll das gehen?
Als Dauerpräsenz in der Karibik, um alle Wahlen im Sinne der USA ausgehen zu lassen?
Das „Problem Venezuela“ löst diese Präsenz allerdings nicht.

Die USA befinden sich in einer selbst geschaffenen Zwickmühle:
Falls sie Venezuela großflächig bombardieren – was anscheinend geplant ist – so richten sie zwar viel Schaden an, bringen jedoch ganz Lateinamerika gegen sich auf.
Ein Rückzug ohne irgendetwas geht jedoch auch nicht.

Überlegungen zu Serbien, 10.11.

WAS IST EIGENTLICH IN SERBIEN LOS?

Seit gut einem Jahr wird man mit Meldungen zu Demonstrationen in Serbien versorgt, denen nur zwei Dinge zu entnehmen sind:

1. Die Absichten sind nobel: Die Demonstranten sind gegen die korrupte Regierung, für die EU und fordern Neuwahlen.
2. Sie kommen aber nicht wirklich weiter mit ihren Anliegen.

„Serbische Studierende bereiten zum ersten Jahrestag ihrer Proteste eine massive Herausforderung für die Regierung vor
Die Demonstranten fordern Neuwahlen in einem Marsch zum Gedenken an die Toten vom 1. November 2024, bei dem 16 Personen am Bahnhof von Novi Sad getötet wurden.“ (El País, 30.10.)

Diesem Zitat kann man entnehmen:

Die „Proteste“ dauern seit einem Jahr an, scheinen also eine Art Event geworden zu sein: Man trifft sich in verschiedenen Städten, läßt sich anschauen, trifft Freunde und Bekannte und fährt wieder nach Hause. Oder geht. Zur körperlichen Ertüchtigung tragen diese Protestmärsche auch bei, weil viele Leute kommen in mehrtägigen Fußmärschen zu diesen Treffen.

Was dabei weniger lustig ist: Die Universitäten Serbiens waren über einem Jahr geschlossen, da die Studentenvertretungen, die die Protestbewegung leiten und organisieren, einen unbefristeten Streik ausgerufen hatten.

„Serbien: Der Universitätsbetrieb wird nach fast einem Jahr Pause wieder aufgenommen, doch einige Studierende protestieren weiterhin.
Der Bildungsminister rechnet mit weiteren Blockadeversuchen.“ (Népszava, 3.11.)

„Der durch die Blockaden serbischer Universitäten im vergangenen Jahr verursachte Schaden lasse sich nicht in wirtschaftlichen Kennzahlen ausdrücken, sagte Bildungsminister Dejan Vuk Stanković. Er fügte hinzu, der Schaden sei »tiefergreifender Natur«, da das Vertrauen in die Hochschulen erschüttert worden sei.
»Das Vertrauen muss schrittweise wiederhergestellt werden, wenn wir erneut betonen, dass Universitäten Quellen und Verbreiter von Wissen sind. Wir haben keine Möglichkeit, die Frage der Universitätsführung des letzten Jahres, die Ablösung von Rektoren und Dekanen, erneut aufzugreifen. Mir fehlen die Mittel, um das Rechenschaftssystem tatsächlich umzusetzen. Wir stellen zwar Geld bereit, haben aber keinen Einfluss auf das System – das ist das Paradoxon des akademischen Lebens«, sagte Stanković im Fernsehsender Pink.
Er glaubte, dass auch an Universitäten mit «neuen Blockadeversuchen« zu rechnen sei, fügte aber hinzu, dass er den heutigen Tag (den Beginn des neuen akademischen Jahres) nicht zu einem »Meistbieter-Wettbewerb« ausarten lassen wolle.
»Es ist besser, mit den Universitäten im Dialog zu stehen – ich sehe es als meine moralische Pflicht an, mit jedem Dekan zu sprechen. Politik und Lehre müssen an den Universitäten getrennt werden. Jeder hat das Recht, seine politische Meinung zu äußern, aber das muss außerhalb der Mauern der Universität geschehen. Wer nicht arbeitet, bekommt auch kein Gehalt«, sagte Stanković.“ (Szabad Magyar Szó, 3.11.)

Man muß sich einmal vor Augen führen, was es heißt, wenn ein Jahr lang kein Universitätsunterricht stattfindet. Es bedeutet eine Entwertung der höheren Bildung, die damit als entbehrlich vorgeführt wird. So auf die Art: Was brauchen wir Ärzte, Lehrer, Ingenieure, Historiker – wenn die nicht auf unserer Linie sind?
Man fühlt sich an die chinesische Kulturrevolution erinnert, als die intellektuellen Eliten in Bausch und Bogen für unzuverlässig erklärt wurden.

Was den Ausgangspunkt der Proteste, den Einsturz des Daches des Bahnhofsgebäudes angeht, so sind die Informationen in der Presse öfters unrichtig:

„Serbien mit seinen 6,5 Millionen Einwohnern ist ein Schlüsselland für die Stabilität des Balkans: Es ist energieabhängig von Russland, strebt aber einen Beitritt zur EU an, seinem wichtigsten Handelspartner.
Die Tiefpunkte in Vučićs Amtszeit stehen jedoch nicht in Verbindung mit Moskau oder Brüssel, sondern mit zwei chinesischen Unternehmen, die mit der Renovierung eines Bahnhofs beauftragt waren.“ (El País, ebd.)

Es waren nämlich nicht chinesische Firmen, die für den Einsturz des Vordaches verantwortlich waren. Diese Information wird von anderen Medien auch verbreitet. Für den EU-Bürger klingt das gut: Schuld sind die Chinesen, die haben geschlampt! (Obwohl chinesische Firmen keineswegs im Ruf stehen, schlecht zu arbeiten.)

Der Bahnhof von Novi Sad wurde 1964 erbaut. Es handelt sich um eine Stahlbeton-Glas-Konstruktion, die damals als der letzte Schrei der Bautechnologie galt.
(Zur Erinnerung: Die Morandi-Brücke wurde im gleichen Zeitraum erbaut, von 1963-67.)
Man dachte damals und auch später, Stahlbeton hält ewig und einen Tag. Zum Zeitpunkt des Unglücks war das Gebäude also 60 Jahre alt.

„Der Bahnhof befand sich nach jahrzehntelanger Vernachlässigung bereits in einem sehr schlechten Zustand.
Die Sanierung wurde von zwei chinesischen Unternehmen, China Railway International Co. und China Communications Construction Company, durchgeführt. Dabei wurden jedoch nur das Bahnhofsinnere, das Dach und die Fassade ober- und unterhalb des Eingangsdachs erneuert, nicht aber die Konstruktion des Eingangsdaches selbst, das ein Glasdach besaß. Unbestätigten Berichten zufolge beliefen sich die Kosten der Sanierung – also Reparatur – auf 16 Millionen Euro, die Gesamtkosten auf 65 Millionen Euro.
Obwohl die Sanierung des Vordaches in den eingereichten Plänen vorgesehen war, wurde sie nicht in die Genehmigung und den Bau einbezogen.“ (ung. Wikipédia, Zusammenbruch des Vordaches beim Bahnhof von Novi Sad)

Es ist nicht ganz klar, wie die Differenz der beiden Summen zustandekommt, es wird offenbar zwischen eigentlicher Reparatur und Erneuerung von Oberflächen unterschieden.

„In der ersten Phase (der Renovierung) erhielt das Gebäude ein neues Stahldach. Nach Abschluss der zweiten Phase wurde auch die Decke erneuert und mit denselben »vergoldeten« quadratischen Fliesen verkleidet. …
Mit der Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Belgrad–Novi Sad im März 2022, als die ersten sanierten Bahnsteige, Bahnsteigfundamente und Bahnsteigüberdachungen sowie die neu installierte Signalanlage mit horizontaler Signalisierung in ihrer vollen Pracht erstrahlten, begannen die Fortsetzungen der Arbeiten am Bahnhofsgebäude, die kurz vor dem Exit-Festival am 5. Juli 2024 abgeschlossen wurden.“ (»OzonPress«, 1.11. 2024, also am Tag des Unglücks)

„Die Arbeiten am Bahnhof waren Teil des sogenannten »Neuen Seidenstraße«-Projekts, in das bis zum Zeitpunkt der Tragödie allein in Serbien rund zwei Milliarden Euro investiert worden waren. …
Das Konsortium zweier chinesischer Unternehmen, die die Renovierung durchführten, gab nach dem Unglück bekannt, dass die Renovierung der Vordachkonstruktion von ihnen nicht durchgeführt worden war, sie jedoch auch nie einen Auftrag dazu erhalten hatten.
Zu den jüngsten Renovierungsarbeiten gehörten der Austausch von Fenstern und Türen sowie Marmorverkleidungen, die Installation von Glasgeländern entlang der Galerie im Obergeschoss und die Instandsetzung der Thekenbereiche.“ (ung. Wikipédia, Zusammenbruch des Vordaches beim Bahnhof von Novi Sad)

Es wurde also vor allem Oberflächenkosmetik betrieben.

So, wer ist jetzt „verantwortlich“ für den Unfall und die 16 Toten?

Die Chinesen, die übrigens sehr viel auf der ganzen Strecke erneuert und neue Brücken und Unterführungen gebaut haben?
Die Leute, die die Renovierung des Bahnhofes geplant und dabei auf die Konstruktion des Vordaches vergessen haben?
Der Architekt ist verstorben, die damalige Bauleiterin von 1964 ist inzwischen 85 Jahre alt und dachte auch nicht daran, die Aufmerksamkeit der heutigen Bauleiter auf das Vordach zu lenken, wo eine recht massive Glasplatte sowohl von Stahlträgern gestützt als auch an Stahlrohren aufgehängt war. Nur waren beide durch die Witterung verrostet und gaben schließlich nach.

Der Bahnhof vor dem Einsturz – die Konstruktion des Vordachs verströmt Eleganz.
Verschiedene Personen sitzen auf den Bänken links und rechts des Eingangs unter dem Dach – das war an jenem Novembertag tödlich.

Die endlosen Proteste haben inzwischen auch eine Art Rechtfertigungsproblem: Es gibt niemanden, den man zur Verantwortung ziehen könnte, die Regierung sieht sich nicht betroffen, und alle Forderungen gehen ins Leere.

Märchen werden durch die sozialen Medien verbreitet: Die EU hätte ja das Geld zur Verfügung gestellt, aber irgendwelche korrupten Politiker bzw. deren Kumpane in der Bauwirtschaft hätten alles in die eigene Tasche gesteckt.
Ähnliche Geschichten ranken sich auch um andere Projekte in Serbien, bei denen nichts weitergeht.
Nachweis läßt sich natürlich keiner erbringen, aber es klingt gut: Die EU, der Weihnachtsmann bzw. die Gegend, wo Milch und Honig fließen, bei uns hingegen: Finsternis, Korruption und Gleichgültigkeit.

Es ist interessant und bezeichnend für die heutige Lage – nicht nur in Serbien –, daß sich bis heute kein Politiker findet, der sagt: Ja, liebe Leute, ihr habt recht, ich will jetzt an die Macht, dann werden alle Gebäude ordentlich renoviert und ich werde die Korruption bekämpfen!
Daher verpufft auch die etwas leere Forderung nach Neuwahlen, weil es ohnehin keine neuen Besen gibt, die man wählen könnte und hoffen, jetzt wird alles gut.

Es scheint innerhalb der politischen Elite ein Bewußtsein zu geben, daß es diesem Staat an den Mitteln fehlt, seine Gesellschaft angemessen zu verwalten.
Dabei geht es nicht nur um die materiellen Mittel. Serbien hat seit Jahrzehnten einen Brain-Drain, die Intelligenzia verläßt das Land und es gibt zuwenig Leute, um medizinisch, technisch und unterrichtsmäßig den Laden in Schuß zu halten – sodaß in einem fort Löcher gestopft werden und für die wirkliche Renovierung der in die Jahre gekommenen Infrastruktur nicht die entsprechende Mannschaft zur Verfügung steht.

Die EU selber hat inzwischen auch schon etwas kalte Füße bekommen, was die Unterstützung der Unzufriedenen betrifft. (Ein großer Unterschied ist hier zu bemerken zu der Lage in Georgien.) Die von ihr mit aufgekochte Protestbewegung ist den EU-Politikern nicht geheuer, weil eine Art Libyen oder Syrien, ein Bürgerkriegsland an der eigenen Außengrenze will sie auch nicht haben.
Deshalb betrachten die EU-Politiker inzwischen die Vučić-Regierung als das kleinere Übel, um diesen Staat doch noch irgendwie handhaben zu können.

Pressespiegel El País, 1.11.: Drogen rein, Gewaltmonopol raus?

„BELGIEN: EIN VON DROGENKARTELLEN KONTROLLIERTER STAAT IM HERZEN EUROPAS?

Die Warnung einer Richterin vor der Gefahr, dass das Land in die Hände von Drogenhändlern fällt, hat erneut die Besorgnis über die Macht organisierter Verbrechernetzwerke geschürt

Bedrohung von Politikern, Einschüchterung von Richtern, Schießereien und Explosionen auf den Straßen, Beschlagnahmung tonnenweise Kokain … Die Szenerie spielt weder in einer Folge der Serie »Narcos« noch in einem fernen, von Kartellen beherrschten Land.“

In der Netflix-Serie geht es um Kolumbien.

„Es handelt sich um Belgien, einen Staat im Herzen Europas und Sitz der wichtigsten EU-Institutionen.“

Da ist viel Kaufkraft für Substanzen aller Art vorhanden.

„Ein offener Brief einer Untersuchungsrichterin, die am vergangenen Montag warnte, Belgien laufe Gefahr, zu einem Drogenstaat zu werden, hat eine Debatte neu entfacht, die in den letzten Jahren immer wieder in dem kleinen Land geführt wurde, das geografisch ideale Bedingungen für organisierte Kriminalität bietet: Der Hafen von Antwerpen, ein komplexes Netz von Kanälen“ (es handelt sich um schiffbare Wasserstraßen) „von der Größe von 20.000 Fußballfeldern, ist einer der wichtigsten europäischen Umschlagplätze für Kokain (2023 wurden rekordverdächtige 116 Tonnen beschlagnahmt).

Im übrigen Land, insbesondere entlang der Grenze zu den Niederlanden, einem weiteren vom Drogenhandel geplagten Land, florieren geheime Labore für synthetische Drogen,

– „geplagt“ und „florieren“ stehen hier in einem neckischen Nebeneinander –

„die über viele und durchlässige Grenzen leicht auf dem gesamten Kontinent verteilt werden können.“

Wenn das Zeug einmal in der EU ist, kann es dank des Schengen-Abkommens problemlos über offene Grenzen transportiert werden.
Aber wie man weiß, stellen auch die Außengrenzen der EU kein allzu großes Hindernis dar, das mit entsprechendem Bakschisch leicht überwunden werden kann.

„Zwei Tage nach der Warnung der Richterin ereignete sich in Brüssel eine weitere Schießerei zwischen Drogenbanden, bei der zwei Menschen im Stadtteil Saint-Gilles verletzt wurden. Die Einschusslöcher des verwendeten Kalaschnikow-Gewehrs sind noch immer an einer Gebäudefassade sichtbar. Anfang des Monats hatte eine andere Schießerei ein Projektil in einem Fenster einer benachbarten Schule hinterlassen. Bislang hat die Polizei in diesem Jahr rund 80 solcher Vorfälle in Brüssel mit Drogenhandel in Verbindung gebracht, die 7 Todesopfer und fast 40 Verletzte zur Folge hatten.

Einer der medial bekanntesten Vorfälle ereignete sich im Februar, als zwei junge Männer, ebenfalls mit Kalaschnikows bewaffnet, ruhig die Metrostation Clémenceau im Brüsseler Stadtteil Anderlecht verließen und das Feuer eröffneten, bevor sie in den U-Bahn-Tunneln verschwanden, wo sich ihre Spur verlor.
9 Monate später ist der Platz, auf dem die Schießerei stattfand, bei der wie durch ein Wunder niemand verletzt wurde, weiterhin für die Öffentlichkeit gesperrt, und die Polizei führt weiterhin stichprobenartige Durchsuchungen durch.

Doch (!!!) das Gefühl der Unsicherheit bleibt bestehen,

– das Wort „doch“, das einen Gegensatz ausdrücken soll, ist hier ganz unangebracht –

„sagt Isabel (ein Pseudonym, da sie anonym bleiben möchte), eine Bewohnerin, die ihr ganzes Leben in dem Viertel verbracht und seinen Niedergang im letzten Jahrzehnt miterlebt hat, während die Drogen in ihrer Nachbarschaft und im ganzen Land immer mehr an Boden gewannen. »Es ist nicht so, dass es unbewohnbar wäre, aber wir haben ein Problem, das auf nationaler Ebene angegangen werden müßte, nicht nur lokal«, argumentiert sie und wiederholt damit die wiederholten Forderungen lokaler Bürgermeister.

In Antwerpen fällt die Einschätzung ähnlich aus. Bea (ebenfalls ein Pseudonym) sagt, sie liebe Borgerhout, das vom Time Out Magazin kürzlich auf Platz zwei der coolsten Viertel der Welt gewählt wurde. In ihrer Straße stehen Dutzende Fahrräder von Erwachsenen und Kindern vor den überwiegend aus Einfamilienhäusern bestehenden Häusern. Seit dem Sommer steht eines davon zum Verkauf. »Es gehörte einer Familie mit Kindern, aber sie sind nach der Explosion weggezogen«, sagt Bea, ohne sichtliche Empörung.

Die Explosion, die sich in den frühen Morgenstunden eines Junitages ereignete, zersplitterte das Fenster des Hauses gegenüber dem, in dem die junge Frau wohnt. Die Scheibe ist noch immer mit einem Tuch verhüllt. Bea schreckte durch den Lärm auf, war aber nicht überrascht. Einige Monate zuvor hatte sich ein paar Häuser weiter, neben dem Haus, das die Familie schließlich verließ, eine ähnliche Explosion ereignet. Solche Angriffe, die mit dem mächtigen Drogenhandel im nahegelegenen Hafen in Verbindung stehen, gehören seit Jahren zum Alltag der Bewohner von Vierteln wie Borgerhout und Deurne.
Bea, die ihr ganzes Leben in Antwerpen verbracht hat, stimmt Isabel aus Brüssel zu, dass sich die Situation in den letzten Jahren verschlimmert hat. Und obwohl sie sagt, sie habe nicht die Absicht, wegzuziehen, egal wie sehr ihre Mutter sie seit der letzten Explosion darum gebeten hat, gibt sie schließlich zu: »Ich würde meine Kinder nicht hier großziehen.« Auf die Frage, ob sie glaube, Belgien entwickle sich zu einem Drogenstaat, antwortet sie nach kurzem Zögern: »Es stimmt, dass Antwerpen die Kokainhauptstadt Europas ist. Aber zu behaupten, wir seien ein von Drogenhändlern kontrollierter Staat, ist etwas übertrieben.«“

Die Frau kann allerdings nicht wissen, was in dem Staat die Drogenhändler bereits kontrollieren.

„Letizia Paoli, Professorin für Kriminologie an der Universität Leuwen und Autorin mehrerer Studien zum Verbrechen in Belgien, teilt diese Ansicht.
In einem Telefongespräch erklärt sie, dass es 3 Kriterien für die Einstufung eines Landes als Drogenstaat gebe: weit verbreitete Korruption in hohen Regierungskreisen, die »die Rechtsstaatlichkeit bedroht«; ein hohes Maß an Gewalt, das »die Legitimität der Staatsgewalt und das staatliche Gewaltmonopol gefährdet«; und schließlich die Kontrolle der legalen Wirtschaft durch illegale Organisationen.“

Natürlich werden Belgien und die EU alles unternehmen, um die Einstufung Belgiens als Drogenstaat zu verhindern – es ist aber beachtlich, daß sich die Dinge ausgerechnet in demjenigen Staat so weit entwickeln konnten, in dem sowohl die EU als auch die NATO ihren Sitz haben.

„Es stimmt, wie die Richterin in ihrem Brief ausführte, dass Belgien eine milliardenschwere Schattenwirtschaft hat, dass Korruption die Institutionen durchdringt und dass es Fälle von Einschüchterung der Justiz gibt. Die Richterin erwähnte, vier Monate lang unter Polizeischutz gelebt zu haben, weil sie in Drogenhandelsfällen ermittelte. Ähnliches widerfuhr auch dem ehemaligen Justizminister Vincent van Quickenborne und in jüngerer Zeit dem neuen Generalstaatsanwalt Julien Moinil, der seit dem Sommer mehrere Razzien in der Hauptstadt angeordnet hat.
Trotz alledem betont Paoli, dass die Kriterien nicht erfüllt seien. »Belgien ist kein Drogenstaat und läuft auch nicht Gefahr, in den kommenden Jahren einer zu werden«, bekräftigt sie.“

Ein verräterisches und auch etwas nervös klingendes Dementi …

„Ten Voeten, ein niederländischer Anthropologe und Fotograf, der ein Buch über Drogenhandel in Antwerpen und ein weiteres über drogenbedingte Gewalt in Mexiko geschrieben hat, sieht es etwas nuancierter. »Die Idee eines Drogenstaates ist etwas alarmistisch«, räumt er ein. Er glaubt jedoch, dass man in Belgien von einer Art »abgeschwächtem Drogenstaat« sprechen könne, denn obwohl das Problem dort nicht annähernd so gravierend sei wie im mexikanischen Bundesstaat Tamaulipas, »sind Struktur und Muster im Grunde sehr ähnlich«.“

Im Grunde widerspricht er der Frau Paoli, aber so richtig hinschreiben will das die spanische Journalistin nicht.

„Beide sind sich einig, dass die Warnung der Richterin ein »Aufruf zum Handeln« ist, wie Voeten es ausdrückt. »Ich verstehe die Besorgnis der Menschen. Die Bundespolizei ist unterfinanziert, Richter werden bedroht … so etwas sind wir nicht gewohnt. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich das Problem verschärft und wir Hilfe und finanzielle Unterstützung brauchen«, fasst Paoli zusammen.“

Man fragt sich, wer in diesem Fall „Wir“ sind?
Die Klage, es würde zu wenig getan, verschließt offensichtlich die Augen davor, daß der Drogenhandel in der Politik und bei den Behörden angekommen ist.
Zusätzlich haben in ganz Europa Sparprogramme die Sicherheitsorgane ausgedünnt, was nicht nur den Personalstand, sondern auch die technische Ausstattung, Datenverarbeitungskapazitäten usw. betrifft.

„Dass Belgien ein Drogenproblem hat, ist unbestreitbar.
2024, während der EU-Ratspräsidentschaft, erklärte die belgische Regierung den Kampf gegen die organisierte Drogenkriminalität zu einer ihrer Prioritäten und präsentierte unter anderem die »Europäische Hafenallianz« zur Stärkung von Sicherheit und Zusammenarbeit.
Auf nationaler Ebene schlug der damalige Innenminister Bernard Quintin vor, dass Soldaten in Brüssel gemeinsam mit Polizisten patrouillieren sollen. Die derzeit sechs Polizeizonen sollen bis 2027 zu einer einzigen zusammengelegt werden, um die Effizienz zu steigern. Ihre Amtskollegin im Justizministerium, Annelies Verlinden, erklärte diese Woche, dass die Sicherheitsvorkehrungen in den Gerichten verstärkt worden seien und dass die identifizierenden Daten von Beamten und Richtern anonymisiert würden.“

Erst jetzt?!

„Auch auf europäischer Ebene tut sich etwas. Brüssel muss noch vor Jahresende eine neue EU-Drogenstrategie und einen Aktionsplan mit neuen, konkreten Maßnahmen vorlegen. Zudem wird bereits an neuen Gesetzen gearbeitet, die bis Ende 2026 in Kraft treten sollen, um die Bekämpfung der organisierten Kriminalität in der gesamten EU zu verbessern.
Jede Anstrengung sei willkommen, betont Voeten. Denn, warnt er, das Drogenproblem werde nicht verschwinden.“

Das Interessante ist, wie es eigentlich so weit kommen konnte.
Aber da müßte man die ganze EU und ihre Politik genauer untersuchen.