Nachrichten vom Tag der Arbeit

DER 1. MAI IN DORTMUND
Die Genossen im Ruhrgebiet hatten was vor und forderten Verstärkung an und wir eilten herbei.
Wir nahmen an der DGB-Demo in Dortmund teil.
Der DGB wollte sich feiern als Vertreter und Schutzmacht der arbeitenden Menschheit. Das hatte seinen Pferdefuß darin, daß diese ehrenwerte Institution für diesen schönen Zweck kaum Leute gewinnen kann und auch die, die dennoch kommen, eher älter sind. Als nicht aus dem Ruhrgebiet stammender Zaungast kann ich nicht beurteilen, ob das an der unerfreulichen Arbeitsmarktsituation liegt, dem geringen Organisationsgrad der dortigen Arbeiterschaft oder einer allgemeinen Sattheit mit dieser Gewerkschaft. Vermutlich allem zusammen.
Um dennoch irgendeine Masse zu erreichen, die dem 1. Mai entspricht und das Polizeiaufgebot rechtfertigt, das eine solche 1. Mai-Demo begleitet, ist der Veranstalter deshalb darauf angewiesen, lauter unsichere Kantonisten wie uns, die MLPD, die „Linke“ und andere Organisationen bzw. Grüppchen bei sich aufzunehmen. Gerne macht der örtliche DGB das nicht, das merkte man von Anfang an, aber in der Not frißt eben der Teufel Fliegen.
Irgendwann ging es dann los, und schon begann unsere Partie ihre provokanten Transparente zu enthüllen und mit Sprüchen wie: „Stress, kaum Geld und keine Zeit – das ist die freie Lohnarbeit!“ oder sogar: „Hartz IV – das wart ihr!“ die DGB-Funktionäre zu nerven, deren Ordnerdienst uns gerne hinausgeschubst hätte.
DemoStrasse
In so einem Fall ist es wichtig, kräftige und entschlossene Transparent-Träger zu haben, die sich nicht abdrängen lassen. Und auch einen entschlossenen Trupp, der seine Bannerträger befeuert und schützt.
Dann gab es noch einen Versuch, uns alle geschlossen aus der Demo hinauszudrängen, da fanden wir Unterstützer bei einer kurdischen Gruppe – auf die Kurden kann man sich einfach verlassen, spas û hevalbend! – und bei den Vertretern der Linkspartei, die nicht das Feigenblatt für den DGB abgeben wollten.
Außerdem hatten wir einen anderen Trupp, eine Vorhut, die einen strategisch wichtigen Punkt auf derjenigen Brücke besetzt hat, unter der dann der Demonstrationszug durchging.
Für diese Aufgabe sollte man Leute suchen, die möglichst harmlos ausschauen, keine roten Fahnen schwingen und auch das Transparent bzw. die Transparente dezent im Hintergrund halten, bis der günstige Augenblick der Entfaltung naht.
Der DGB hatte nämlich auch dort Pensionisten geparkt, die diesen strategischen Ort besetzen und gegen Störer verteidigen sollten, aber wir haben sie ausgetrickst.

Als die Demo dann oben auf der Brücke war und unsere Transparente, Fahnen und Chöre so richtig zum Zug kamen –
„Rücken krumm, Taschen leer, DGB – danke sehr!“
wurde es den Veranstaltern zu bunt und sie wollten uns von der Polizei in die Zange nehmen und abservieren lassen.
Man muß an dieser Stelle bemerken, daß die Vollstrecker der Klassenversöhnung, die das Proletariat bei jeder Tariflohnrunde relativ günstig von neuem an die Unternehmerschaft verkaufen, um einiges gewaltbereiter waren als die Vertreter der Staatsgewalt selbst. Letztere waren nicht besonders scharf auf Krawall und Ärger, da ja gar nichts passiert war – außer dem gestörten Feierbedürfnis von DGB-Funktionären.
Nachdem auch diese Klippe durch Rückkehr ins Kuddelmuddel der Gesamtdemo umschifft war, hätte uns der werte DGB noch gerne am Betreten des Festgeländes gehindert, mußte aber wiederum von der Polizei daran gehindert werden, die die Veranstalter darauf aufmerksam machte, daß es sich hier um eine öffentliche und nicht eine geschlossene Veranstaltung handelte.
Man hat ja nicht oft die Gelegenheit, lobende Worte über die Polizei zu verlieren, aber im Falle von Dortmund muß ich anmerken, daß sie ihr Amt als Ordnungshüter ernst nahmen und sich nicht zum Büttel des DGB machten.
Über den DGB ist zu sagen, daß es kein Wunder ist, wenn ihm die Mitglieder davonlaufen. Diese Gewerkschaft bietet nämlich ihren Mitgliedern gar nichts, weder an der Arbeitsfront noch beim Feiern.
Was soll man von einer Arbeitervertretung halten, die schreit „Polizei!“, wenn sie solche Sprüche hören muß wie: „Gegen das Konstrukt aus Volk, Nation und Rasse – Für uns gibt es nur eins: Klasse gegen Klasse!“ – ?!
Ein Horror für einen DGB-Gewerkschaftler! Wo kommen wir denn da hin?!
Falls jemand Appetit bekommt auf ähnliche Aktionen, so noch ein paar Tips: Keine allzu auffälligen Kleidungsstücke tragen, das ist schon Josef S. nicht gut bekommen.
Alle Utensilien, die man braucht, rechtzeitig besorgen. Es macht Streß, wenn man auf wesentliche Bestandteile bis zum letzten Moment warten muß.
Zum DGB und wie er sonst den ersten Mai begeht, folgen noch ein paar Beobachtungen.

Das syrische Schlachtfeld, Ende nie

ZWISCHEN TEILUNGSPLÄNEN, EINMARSCH UND GIFTGAS-ALARMEN
Man merkt es den Aktionen und Äußerungen der westlichen Großmächte an, daß sie keinerlei irgendwie geartetes Konzept für die Gegend haben, aber deshalb keineswegs darauf verzichten wollen, mit Truppen, Geld oder Stellvertretern-Söldnern dabei zu sein, um den Kriegszustand in Syrien bis Ende nie zu verlängern und auf jeden Fall zu verhindern, daß unter Führung von der Assad-Regierung, Russland und dem Iran so etwas wie Ruhe dort einkehrt.
Dazu kommen noch Nachbarländer, die syrisches Territorium haben wollen und es sich auch nehmen, und Saudi-Arabien, das auf jeden Fall seine Dschihadisten vor der Vernichtung bewahren will, wobei es angesichts aller Lippenbekenntnisse über die Schrecklichkeit des IS auf seine westlichen Freunde zählen kann.

Ein neuer Mann in Kuba

LATEINAMERIKA, EINE NEBENFRONT

1. (Leider) nix Neues in Kuba

In Kuba wurde ein neuer Regierungschef gekürt.
Das ist schon bemerkenswert. Die alte Führung sagt: Wir brauchen einen Generationswechsel, und setzen einen neuen Mann an die Spitze.
Also nix mit Diktatur, wo ein angeblich größenwahnsinniger Despot an der Macht klebt und von ihr nicht lassen will.
Auch nix mit Monarchie und Nepotismus, wo sich eine Dynastie „an der Macht halten“ will.
Nein, das sozialistische Kuba sagte: Unsere alte Garde ist in die Jahre gekommen, wir müssen uns nach neuen Kräften umschauen.

Raúl Castro sagte bei diesem Anlaß der Übergabe an Miguel Diaz-Canel auch leicht scherzhaft, daß einige der ins Visier genommenen Nachwuchskräfte sich nicht bewährt hatten und deswegen wieder zurück ins normale Berufsleben geschickt wurden.

Carlos Lage und Felipe Pérez Roque wurden aber keinen Schauprozessen ausgesetzt und schmachten auch nicht in dunklen Verliesen. Nein, sie wurden einfach aus der Politiker-Mannschaft entfernt und in ihre angestammten Berufe zurückversetzt, wo sie auch anstandslos ihren Verpflichtungen nachkommen. Die beiden biedern sich nicht als „Dissidenten“ an ausländische Finanziers wie CIA, andere Geheimdienste oder deren Tarnorganisationen an.
Die Kommunistische Partei Kubas hat sich also, ähnlich wie die chinesische und wie andere kommunistische Parteien ehemals sozialistischer Staaten eine Frischzellenkur nach einem internen Auswahlverfahren verpaßt.
Die Politiker und Medien der kapitalistischen Staaten sind, gelinde gesagt, grantig. Sowas! Erstens gibt es keinen Streit um die Ablöse an der Macht, wo „wir“ intrigieren könnten. Zweitens bleibt vermutlich alles beim alten. Keine Hoffnung auf „Kurswechsel“ hin zur Marktwirtschaft ohne Wenn und Aber.

Das österreichische Fernsehen sendete Interviews mit kubanischen Studenten am Malecón. Daß sie nichts gegen das „Regime“ von sich geben, ist sicherlich dem Umstand zuzuschreiben, daß sie „instruiert“ wurden.
Daß sie eine Universitätsausbildung ohne jegliche Unkosten genießen, wird als die typische Form dargestellt, kritische junge Leute zum Schweigen zu bringen.
Wenn sie sagen, daß sie auswandern wollen, weil sie im Ausland mehr bezahlt bekommen (möchten), ist das ein Zeichen, daß Kuba ihnen nichts zu bieten hat. Eine „lost generation“!

Wenn sie sagen, daß sie in der Tourismus-Branche mehr verdienen als in ihren durch das Studium erlernten Berufen, ist das ein Zeichen, daß die ganze universitäre Ausbildung ja nur eine Schwindelei ist, mit der unnötig Akademiker produziert werden, die keiner braucht.

Medien wie der ORF gehen natürlich nicht in EU-Staaten wie Bulgarien, Rumänien oder Lettland, um ähnliche Interviews mit Studenten zu führen …

2. Aufruhr in Nicaragua

In Nicaragua gab es einmal eine Revolution.
Die „Sandinistische Front der Nationalen Befreiung“ räumte den Diktator Somoza weg. Sein Vater, der den zweifelhaften Ruhm genoß, Amerikas nützlicher Hurensohn gewesen zu sein, war schon einige Jahre zuvor von einem Attentäter beiseite geschafft worden.
Auf die Beseitigung von Somoza Junior folgte ein jahrelanger, von den USA unterstützter Bürgerkrieg. Nach dessen Beendigung durchlief das Land sandinistische und nicht-sandinistische Regierungen und kämpfte gegen die Verheerungen des Hurricans Mitch. Seit 2006, nach mehreren Wahlsiegen ist das ehemalige Mitglied der FSLN Daniel Ortega Präsident von Nicaragua. Mit seiner zu Esoterik neigenden Ehefrau Rosario Murillo versucht er seit einiger Zeit, sich zu einer Art Königspaar von Nicaragua zu stilisieren, mit Hilfe einer Christianisierungs-Kampagne, die das ganze Land mit Veranstaltungs-Parks überzieht und christliche Werte aus allen offiziellen Kanälen über die Bevölkerung ergießt. Ortega und seine Mannschaft meinten offenbar, mit dem bewährten Opium für das Volk ihre Stellung festigen zu können.

Jetzt hat die nicaraguanische Regierung eine Reform des Sozialstaats in Angriff genommen, die erstens alle Klassen zur Kasse bittet und zweitens die Pensionen radikal kürzt.

Nicaragua hatte kürzlich den IWF zu Gast. Das ist bemerkenswert, als der IWF 2016 Nicaragua wegen guter Ergebnisse verlassen hatte.
Der IWF besuchte also Nicaragua anscheinend auf einer Art Goodwill-Tour, ohne wirkliche Drohgebärden. Dennoch nahm die nicaraguanische Regierung das zum Anlaß, den Sozialstaat umzubauen.
Der Grund dafür erschließt sich dem unbefangenen Beobachter nicht.

Die angestrebten Erhöhungen von Abgaben und Verringerungen von Zahlungen stellen offensichtlich die Existenzbedingungen vieler Nicaraguaner in Frage. Gegen die Proteste setzt die Regierung alles an Gewalt ein, was ihr zur Verfügung steht, sogar das Militär, das traditionell sandinistisch ist.
Wem nützt das?
Für alle Infos zu der Angelegenheit steht das Forum zur Verfügung.