Ein neuer Akteur im Ukraine-Krieg / 3. Weltkrieg

DER IRAN – BOMBENLIEFERANT, UND ÜBERHAUPT, STÖRENFRIED PER SE

Ganz so neu ist der Iran natürlich nicht in diesem ganzen Szenario. Immerhin kooperiert der Gottesstaat seit Rußlands Eingreifen in den Krieg in Syrien mit Moskau, und die Zusammenarbeit erstreckt sich auch auf militärische Kooperation und Rüstungsindustrie.

Durch die Feindschaft des Wertewestens werden seit geraumer Zeit die verschiedensten Staats- und Gesellschaftssysteme einander förmlich in die Arme getrieben. Für die westliche Meinungsmacherei sind das natürlich alles „Autokraten“, die sich gegen die Demokratie zusammentun, um ihre miesen Spiele weitertreiben zu können. Aber wenn man sich diesem einfachen und dümmlichem Freund-Feind-Schema nicht verschreibt, so ist unschwer festzustellen, daß in Rußland, im Iran, Nordkorea, Venezuela, Kuba, China oder Syrien sehr unterschiedliche Prinzipien von Herrschaft und überhaupt dem Verhältnis von Oben und Unten herrschen.

Der Iran und Rußland – lange Zeit eine unfriedliche Geschichte

Das Verhältnis des Iran zu Moskau war lange sehr schlecht. Zu Zeiten der Sowjetunion sahen die Mullahs da ein atheistisches System am Werk, das genauso abzulehnen sei wie das des großen Teufels USA.
Aber auch nach dem Zerfall der SU wurde man lange nicht warm miteinander. Dazu mögen historische Ressentiments ihren Teil beigetragen haben.

Immerhin war ein guter Teil des Transkaukasus persisches Staatsgebiet, bevor es der damaligen Safawiden-Dynastie von Rußland abgeknöpft worden war. Mit Berufung auf Hilfegesuche der christlichen Kaukasus-Völker wurden so unter Peter dem Großen und seinen Nachfolgern Georgien, Aserbaidschan und Armenien Teil Rußlands. Eine Zeitlang besetzten russische Truppen sogar die ganze kaspische Küste des damaligen persischen Reiches. Der einzige Grund, sich dann hin und wieder doch zu einigen, war der gemeinsame Feind Türkei – Persien war als Verbündeter gegen das Osmanische Reich gefragt.

Im Zuge des „Great Game“ zwischen dem British Empire und dem Zarenreich um den Einfluß in Mittelasien wurde Persien zu einem Pufferstaat, von dem beide Seiten auch gerne Stücke abbissen. Während des I. Weltkriegs nutzten diese beiden Mächte die Gunst der Stunde, um Persien zu besetzen – offiziell natürlich nur mit den besten Absichten, um es nicht dem Feind in die Hände fallen zu lassen. Ähnlich trieben es die beiden Mächte (bzw. statt des Zarenreiches eben die SU) im 2. Weltkrieg, und zogen erst nach dessen Ende wieder ab. Um die SU zum Abzug zu bewegen, schalteten sich die USA unter Truman ein, angeblich sogar mit einer Atombombendrohung. (Damals besaß die SU diese Waffe noch nicht.)

Damit begann der Einfluß der USA auf den Iran, die SU war ausgemischt. Um nicht ganz im Abseits zu landen, arrangierte sie sich im Laufe der Jahre mit dem Schah und ließ ihre persischen Anhänger der Tudeh-Partei mehr oder weniger im Stich. Die Unterstützung des Schah war einer der Gründe, warum die Islamische Republik mit der SU von Anfang an kein gutes Verhältnis hatte.

Der Zerfall der SU änderte zunächst an dem Verhältnis zwischen Moskau und Teheran wenig. Aber verschiedene Veränderungen in Rußland leiteten ein Tauwetter ein.

Man kommt einander näher

Unter Jelzin wurde 1997 ein Religionsgesetz erlassen, das den Islam als autochthone Religion Rußlands anerkannte (– zum Ärger des Wertewestens wurden Katholizismus und Protestantismus nicht als solche eingestuft, sondern als Importware betrachtet).

Als nächstes wurde der islamische Terrorismus zu einem Problem, das beide Seiten betraf. Immerhin war der sunnitische Fanatismus lange von den USA als Waffe gegen ihre Gegner eingesetzt worden, was Rußland im Kaukasus und der Iran an seinen Grenzen zu spüren bekam.

Schließlich brachten Krieg und Bürgerkrieg in Syrien die beiden Staaten näher zusammen. Die ersten, die Assad unterstützten, waren der Iran und die Hisbollah. Erst auf das ausdrückliche Hilfeersuchen Assads griff Rußland in Syrien ein. Das war weiten Kreisen der syrischen Bevölkerung sehr recht, weil damit eine säkuläre Macht dem iranischen Gottesstaat ein Gegengewicht entgegensetzte. Aber die Kooperation zwischen Rußland und dem Iran hat darunter nicht gelitten, man einigte sich auf gedeihliche Arbeitsteilung.

Ein sanktionsresistenter Staat

Was man vom Iran wirklich lernen kann, ist der Umgang mit Sanktionen. Die iranische Führung sieht sich seit Jahrzehnten der Feindschaft des Westens gegenüber und hat das alles ausgesessen.

In zwei Nachbarstaaten war US-Besatzung, auch das schwächte die Mullahs nicht. Im Gegenteil, der Einfluß des Iran im Irak und auch in Syrien ist gewachsen. Man wird sehen, wie sich das Verhältnis zu den Taliban entwickelt, da ist noch Luft nach oben.

Israel führt Terrorakte auf iranischem Gebiet aus, mit Stuxnet wurde ein sehr effizienter Computervirus auf die iranische Atomwaffenproduktion losgelassen. Auch das hat der Iran bewältigt, vermutlich auch mit Hilfe Chinas und Rußlands.

Der sanktionsbedingte Boykott der iranischen Energieträger hat dazu geführt, daß der Iran Methoden gefunden hat, ihn zu umgehen.

Jetzt schreien alle Zeter Mordio, weil der Iran Waffen an Rußland verkauft. Die EU erwägt neue Sanktionen.

Aber man fragt sich, womit kann der Westen diesem Land eigentlich noch drohen?

Regime-Change-Versuche durch unschuldige Opfer

Die Proteste wegen der angeblich in Polizeigewahrsam gestorbenen jungen Frau kurdischer Herkunft flauen allmählich ab, obwohl viele Akteure im Ausland versuchen, sie mit Telegram und anderen Diensten weiter anzufeuern.

Man muß hier daran erinnern, daß es nicht der erste Versuch war, im Iran einen Regime-Change durch Straßenproteste zu erreichen. Bereits 2009 gab es ähnliche Versuche nach dem Tod einer Demonstrantin, die unter dem Namen Neda zu einem Symbol für die angeblich nach Freiheit lechzende iranische weibliche Bevölkerung wurde.

Das Drehbuch ist gleich geblieben, die technische Ausführung der Anstachelung der Proteste hat Fortschritte gemacht.

9 Gedanken zu “Ein neuer Akteur im Ukraine-Krieg / 3. Weltkrieg

  1. Angesichts der Freude der Medien über Demonstrationen und die Gewalt, die gegen sie eingesetzt wird – und die „Brutalität“ des „Regimes“ vor Augen führen –, gehen die Versuche der iranischen Führung, durch Reformen wieder Frieden zu schaffen, ziemlich unter:

    Abzug der iranischen Sittenpolizei: Ein Versuch zu spalten

    Ein bedeutungsloser Schachzug oder ein Zeichen für Nervosität im Regime? Was immer von beidem zutrifft: Die Meldung, dass "die Sittenpolizei aufgelöst" wurde, wird die Iraner und Iranerinnen, die seit 80 Tagen auf die Straße gehen oder sich durch Streiks und zivilen Ungehorsam gegen das Regime stellen, wohl wenig beeindrucken.

    Die Brutalität der Gasht-e Ershad, die Mahsa Amini das Leben kostete, stand am Beginn der Protestwelle. Damit, dass man sie von den Straßen abzieht – der Begriff "Auflösung" ist zu hoch gegriffen –, ist wenig gewonnen. Es sind noch genug andere da, der ganze Sicherheitsapparat und das Freiwilligenheer, aus dem sich die Moralwächter rekrutieren. Und vor allem bleibt das Prinzip bestehen, das zu den Grundpfeilern des Systems gehört: die Durchsetzung der "islamischen Moral". Bereits früh gab es einzelne offizielle Stimmen, die durchblicken ließen, dass sich über die Art der Anwendung gewisser Regeln diskutieren ließe. Konsens besteht darüber aber nicht.

    Man kann davon ausgehen, dass der aktuelle Schritt nicht allen im Regime recht sein wird. Ein Konkurrenzverhältnis zwischen Justiz und anderen Instanzen, die für die Moral der Bevölkerung zuständig sein wollen, gibt es auch. Den jungen Menschen vermeintlich etwas entgegenkommen zu wollen, ist auch ein Versuch, einen Keil zwischen sie und die Gruppen zu treiben, die sich aus anderen Gründen den Demonstrationen angeschlossen haben. Es wird nicht gelingen. (Gudrun Harrer, 5.12.2022)

    https://www.derstandard.at/story/2000141492058/abzug-der-iranischen-sittenpolizeiein-versuch-zu-spalten

  2. Protokoll zum Jour fixe vom 05.12.2022

    1. Nachtrag zum Protokoll vom Jour fixe am 21.11.22. 

    Im letzten Protokoll ist eine Stelle, an der es um die Bestimmung der Kriegsziele des Westens geht, zu korrigieren: Im 6. Absatz nach dem vorletzten Sternchen, siehe Zeile 307, heißt es „Russland muss nicht nur aus den neu eroberten Gebieten zurückgedrängt werden, sondern zur Rückgabe der Krim und der Volksrepubliken gezwungen werden.“ Das bestimmt das Kriegsziel der Ukraine und ist gerade nicht identisch mit dem, was USA und NATO als Kriegsziel definieren (…)

    2. Zehn Monate Krieg in der Ukraine (GS 4-22). (…).  Wie reagiert Russland angesichts dieser Lage (Punkt 5, S. 18)? Auch das ergibt sich nicht aus der „Logik der Waffen“, wie das manche Militärfachleute behaupten, sondern Russland reagiert gemäß seinen Kalkulationen.  (…)

    3. Der Protest im Iran und die hiesige Öffentlichkeit dazu (…). [S. 7 – 11]

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf221205-Zehn%20Monate%20Ukrainekrieg%20-%20Iran.pdf

    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

    https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-4-22

     

     

  3. Israels Schattenkrieg im Iran

    Ein Angriff auf eine Militäranlage in Isfahan wird dem Mossad zugeschrieben: ein Warnsignal an Teheran, dass Israel bereit ist, Irans Atomprogramm nötigenfalls militärisch zu stoppen

    Auf der Landkarte des seit Jahren laufenden Schattenkriegs im Nahen Osten ist ein weiterer Schauplatz zu verzeichnen: In der Nacht zum Sonntag wurde in der iranischen Stadt Isfahan eine Militäranlage angegriffen. Größere Einigkeit als darüber, was genau und mit welchen Schäden getroffen wurde, besteht bezüglich des Angreifers: Das "Wall Street Journal" – auf das sich seitdem vor allem die israelischen Medien beziehen, die auf die Militärzensur aufpassen müssen – hatte als Erstes Israel genannt und sich auf eigene Recherchen bezogen.

    Auch wenn das nicht der Fall wäre, würde der mit Drohnen ausgeführte Luftschlag in einer Serie gesehen werden, die von Analysten immer schon dem Mossad zugeschrieben wird. Es hat Tötungskommandos gegeben, wie jenes, das im November 2020 dem Atomphysiker Mohsen Fakhrizadeh, der als Hirn hinter dem iranischen Nuklearprogramms galt, einen Hinterhalt stellte, oder spektakuläre Sabotageakte, wie im April 2021 in der Nuklearanlage in Natanz. Manche dieser Vorfälle sind als Angriffe gesichert, andere waren laut iranischen Behörden "Unfälle". Dazu gehört vielleicht auch der Brand in einer Raffinerie in Täbriz im Nordwesten des Landes, ebenfalls in der Samstagnacht.

    Isfahan wäre die erste derartige Aktion der neuen rechtsreligiösen Regierung von Benjamin Netanjahu, die gleichzeitig in eine Eskalation mit den Palästinensern hineinzutreiben scheint. Eher neu ist auch, dass so offen ein militärisches Ziel angegriffen wird. Laut "Haaretz" hatte Mossad-Chef David Barnea bereits vorigen September Isfahan als möglichen Operationsort genannt.

    "Mindere Schäden"

    Teheran bestätigte den Angriff, spielte ihn jedoch herunter: Zwei von drei Drohnen seien über einer Munitionsfabrik in Isfahan abgeschossen worden, eine sei in der Luft explodiert und hätte mindere Schäden am Dach verursacht. Das "Wall Street Journal" meldet, dass sich der Ort in unmittelbarer Nähe zum Iranischen Zentrum für Weltraumforschung befindet, das unter US-Sanktionen steht, weil es am ballistischen Raketenprogramm der Islamischen Republik beteiligt ist. Isfahan ist auch eine Zentrale für Irans Atombrennstoffindustrie.

    Am Montag traf US-Außenminister Antony Blinken in Israel ein: Beide Länder haben soeben ihr bisher größtes gemeinsames Militärmanöver mit der Beteiligung von mehr als 7500 Soldaten absolviert. Die USA haben zwar wiederholt zurückgewiesen, dass sie an den Angriffen im Iran beteiligt sind, aber schließen ihrerseits "keine Option" – damit ist stets die militärische gemeint – aus. Auf dem israelisch-amerikanischen Übungsplan standen auch Szenarien, die zu einer Militäroperation gegen den Iran passen würden, stellten Beobachter fest.

    Zwar wird angesichts der brutalen Repression gegen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Protestwelle, die Mitte September im Iran ausgebrochen ist, wenig darüber geredet: Aber die Sorge davor, dass der Iran sein für zivile Zwecke bereits völlig überzogenes Urananreicherungsprogramm weiter ausweitet, ist groß. Der Chef der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat vor kurzem davor gewarnt, dass Teheran nunmehr so viel angereichertes Uran besitzt, dass durch eine weitere Anreicherung genügend Material gleich für mehrere Bomben hergestellt werden könnte.

    Atomdeal unrealistisch

    Genau das zu verhindern – und die Distanz Irans zum Atomwaffenbau konstant zu halten – war der Zweck des 2018 von US-Präsident Donald Trump verlassenen Atomdeals, der ohne US-Beteiligung nicht funktioniert. Die Versuche seit 2021, das Atomabkommen wieder herzustellen, sind gescheitert – und inzwischen politisch unrealistisch.

    Der Westen könnte bei der aktuellen Lage im Iran nicht vertreten, dass er einem Deal zustimmt, der signifikante finanzielle Erleichterungen für das Regime bringen würde. Ein Rezept, wie man das iranische Atomprogramm wieder eindämmen könnte, haben aber auch dessen Gegner, zu denen die israelische Politik gehört, nicht.

    Die Operation in Isfahan hat mehrere Nebenstränge. Da ist die Frage, woher die israelischen Drohnen physisch kamen: Es wird Aserbaidschan genannt, das eine enge militärische Zusammenarbeit mit Israel pflegt. Ein Angriff auf die aserbaidschanische Botschaft in der iranischen Hauptstadt hat die Spannungen zwischen Baku und Teheran zuletzt massiv erhöht.

    Ein Thema ist auch, ob die von Israel angegriffene Militäranlage in Isfahan etwas mit der Produktion von Drohnen und militärischem Material zu tun hat, das der Iran Russland für den Krieg gegen die Ukraine liefert. Israel ist bisher stets bemüht, Moskau nicht zu verärgern: Die regelmäßigen israelischen Militärschläge gegen den Iran oder dessen Stellvertreter – vor allem die libanesische Hisbollah – in Syrien könnten ohne russisches Stillhalten nicht stattfinden. Die USA blitzen in Jerusalem auch stets ab, wenn sie sich um israelische Militärhilfe für die Ukraine bemühen.

    https://www.derstandard.at/story/2000143067250/israels-schattenkrieg-im-iran

  4. Iran und Saudi-Arabien wollen Beziehungen normalisieren

    Der Iran und Saudi-Arabien wollen nach jahrelangem Konflikt ihre diplomatischen Beziehungen wiederherstellen.

    In einem ersten Schritt wollen sich die Außenminister der rivalisierenden Länder treffen, wie die iranische Nachrichtenagentur IRNA und die saudische Staatsagentur SPA heute berichteten. Gelingt diese Annäherung, würde das die geopolitische Lage im Nahen Osten grundlegend verändern.

    Das gemeinsame Statement wurde zusammen mit China veröffentlicht, das offenbar den Deal eingefädelt hat.

    (ORF, 10.3.)

    Gegen Saudi-Arabien kann die EU schlecht Sanktionen erlassen, weil dann kommt kein Öl mehr.

    Man muß sich vergegenwärtigen, was das heißt, wenn dieses Bündnis zustandekommt und Bestand hat: Die Rivalität zwischen Iran und Saudi-Arabien hat seit der Machtergreifung Khomeinis die islamische Welt gespalten, Saudi-Arabien zum Kampf gegen den Einfluß des Iran alles mögliche unternehmen lassen, wie den Krieg im Jemen anzuzetteln und sich als wichtigster Bündnispartner der USA in der arabischen Welt zu konstituieren.

    Wenn die dort jetzt auf einmal sagen: Iran hui! – USA pfui! – dann ändert sich einiges in dieser Weltgegend, und Israel kann zittern.

  5. Ein Verteidigungsabkommen zwischen Bolivien und dem Iran sorgt in Argentinien und Chile für Aufsehen

    Buenos Aires bittet um Erläuterungen zum Umfang des Abkommens zwischen La Paz und Teheran, das den Zorn der bolivianischen Opposition über die internationalen Beziehungen der Regierung von Luis Arce hervorgerufen hat

    Der bolivianische Verteidigungsminister, Edmundo Novillo, hat die Unterzeichnung eines Abkommens mit dem Iran verteidigt, nachdem in der bolivianischen Opposition Kritik laut geworden war. Auch aus Argentinien und Chile kam Kritik.

    „Es stellt für niemanden eine Bedrohung dar“, sagte er am Dienstag auf einer Pressekonferenz. „Unser Ziel war es nicht, Raketen oder Waffen zu bekommen. „Ich schließe völlig, kategorisch und absolut aus, dass wir Kriegshilfe beantragt haben“, sagte er.

    Letzte Woche war Novillo nach Teheran gereist und unterzeichnete ein Abkommen über Verteidigungs- und Sicherheitskooperation. Diese Woche verteidigte Novillo nach Kritik der Opposition und einer Mitteilung des argentinischen Außenministeriums, in der er um weitere Informationen zu dieser Angelegenheit bat, dass das Abkommen keine Bedrohung für die Nachbarländer darstellt.

    Novillos Reise nach Teheran hatte bei den radikalsten Teilen der bolivianischen Opposition die Alarmglocken schrillen lassen, die davon ausgingen, dass Verpflichtungen eingegangen seien, Bolivien mit ballistischen Raketen und internen Spionagetechnologien auszustatten.

    Unter Berufung auf anonyme Quellen erklärte die Zeitung El Deber, dass das Abkommen mit dem Iran „Lithium, Raketen, Waffen und Geheimdienste im Cyberspace umfasst“.

    Es gab auch Beschwerden von argentinischen Parlamentariern, die den Pakt als „Vergehen“ betrachteten, weil er mit demjenigen Land geschlossen wurde, das Argentinien für den Terroranschlag gegen die argentinische jüdische Vereinigung AMIA verantwortlich macht, der 1994 85 Todesopfer forderte. Auf einer Pressekonferenz bezeichnete Novillo diese Versionen als „durch politische Interessen verursachte Fantasien und sensationsgeile Täuschungsmanöver“.
    Die argentinische Kritik bezeichnete er als „übertrieben“ und typisch für das Vorwahlumfeld in diesem Land, das im Oktober einen neuen Präsidenten wählen wird. Das Abkommen zwischen Bolivien und Iran sei „für niemanden eine Bedrohung“, sagte er.

    Aus Chile, einem Land, das seit langem mit Bolivien über dessen Forderungen nach einem Zugang zum Meer im Clinch liegt, sagte Außenminister Alberto van Klaveren, dass man immer noch auf die offizielle Bestätigung aus La Paz warte. „Wir haben noch keinen vollständigen Bericht darüber. Wir haben Informationen erhalten, aber im Wesentlichen durch die Medien. „Wir versuchen es zu bestätigen und werden bei Bedarf weitere Informationen anfordern, so wie Argentinien es getan hat“, sagte der chilenische Minister.

    Die Absichtserklärung zwischen Bolivien und dem Iran trägt die Unterschrift von Novillo und dem iranischen Verteidigungsminister Mohamed Reza Qarai Ashtiani.

    Gegenüber der Presse seines Landes beschrieb er es als eine Vereinbarung, „Bolivien mit der notwendigen Ausrüstung zur Bekämpfung des Drogenhandels zu versorgen und seine Grenzsicherheit zu wahren“. Dazu gehört auch die akademische Zusammenarbeit für die bolivianischen Streitkräfte. Ashtiani lobte diese Erklärung als „ein Vorbild für andere lateinamerikanische Länder“.

    Novillo seinerseits erklärte, dass Bolivien daran interessiert sei, seine Militärflugzeuge zu reparieren und Drohnen zu beschaffen, um die riesigen Grenzgebiete des Landes zu überfliegen. Der Iran ist auf die Herstellung kleiner Drohnen namens Shahed-186 spezialisiert, die etwa 20.000 US-Dollar pro Einheit kosten und bewaffnet sein können oder auch nicht. Sie sind bereits in 22 Ländern tätig. Der bolivianische Verteidigungsminister bestätigte nicht, ob sein Land diese Geräte kaufen würde oder nicht. Er schloss aus, dass er Technologie für militärische Zwecke erwerben würde.

    „Der Iran ist stigmatisiert, aber wir sind souverän: „Jedes Land sucht nach dem besten Weg, seine Entwicklung zu erreichen“, verteidigte er sich.

    Die schärfsten Gegner innerhalb der bolivianischen Opposition hatten versichert, dass Bolivien mit dem Iran den Ersatz von 37 chinesischen ballistischen Raketen anstrebt, über die das Land bis 2005 verfügte, als diese Geräte von den USA mit Hilfe des bolivianischen Militärkommandos und angeblich ohne die Genehmigung des damaligen Präsidenten Eduardo Rodríguez Veltzé zerstört wurden. Der Vorfall wurde damals von der in der Opposition befindlichen MAS als schwere Verletzung der nationalen Souveränität angeprangert.
    Jahre später wollten die MAS-Regierungen diese militärische Kapazität wiedererlangen, stießen jedoch auf den Widerstand der USA, die es als Gefahr für ihre Sicherheit betrachten, dass Länder, die sie als „wenig institutionalisiert“ bezeichnen, über Raketen verfügen, die in die Hände von „irregulären Verbänden“ gelangen könnten.

    Seit Jahren lehnt die bolivianische Opposition die Aufnahme Boliviens in den von Russland und China angeführten Staatenblock im Konflikt mit den USA ab.
    Jüngstes Beispiel für den innerbolivianischen Konflikt: Im Februar verzichtete Bolivien in einer außerordentlichen Generalversammlung der Vereinten Nationen darauf, die russische Invasion in der Ukraine zusammen mit China und dem Iran zu verurteilen. Die Gegner von Präsident Luis Arce werfen dem bolivianischen Außenministerium vor, blind der internationalen Linie Venezuelas zu folgen und nicht an die Interessen des Landes zu denken.

    Da kürzlich ein russisches und zwei chinesische Unternehmen ausgewählt wurden, um gemeinsam mit dem Staat bolivianisches Lithium zu fördern, gehen diese Oppositionsgruppen davon aus, dass sich auch Iran an diesem Geschäft mit erheblichen geopolitischen Implikationen beteiligen wird.
    Um dies zu beweisen, haben sie sich an die diesbezüglichen Aussagen des ehemaligen Präsidenten Evo Morales erinnert, als er Präsident des Landes war. Kein iranisches Unternehmen steht auf der Liste der Unternehmen, denen es gelungen ist, ihre Fähigkeit unter Beweis zu stellen, die direkte Lithiumextraktionstechnologie umzusetzen, an deren Entwicklung Bolivien heute interessiert ist.

    (El País, 26.7.)

    Recht interessant, wie ein eigentlich rein bilateraler Akt sofort Reaktionen von Drittstaaten hervorruft. Hier schweigen auch irgendwelche gemeinsamen Absichten in Bezug auf Anti-USA-Politik.

    Bolivien soll, wenn es nach Chile und Argentinien geht, möglichst wehrlos sein. Chile hat Besorgnis, daß die seinerzeit im Zuge des Salpeterkrieges einkassierten Gebiete von letzterem wieder beansprucht werden könnten, oder Bolivien zumindest einen Zugang zum Meer fordern würde.
    Auch Argentinien ist unerfreut, wenn der arme Nachbar, mit dem vor allem deshalb keine Probleme hatte, weil Bolivien über ein sehr schwaches Militär verfügt, auf einmal aufrüstet. Da kann ja ein jeder kommen!
    Es ist auch ziemlich dreist, wenn Argentinien meint, ein bis heute nicht restlos geklärtes Attentat gäbe ihm das recht, über die Außen- und Militärpolitik seines Nachbarn zu bestimmen.

    Für die USA und ihre Verbündeten ist natürlich der Umstand, daß der Iran hier neben Venezuela einen weiteren Verbündeten sucht, unerhört und ausgesprochen unerfreulich.

  6. US-iranischer Deal: Geld gegen Menschen

    Fünf US-iranische Doppelstaatsbürger sollen aus iranischer Haft freikommen, der Iran bekommt dafür in Südkorea eingefrorenes Geld

    (…)

    (Standard, 18.8.)

  7. Nach Angaben des iranischen Verteidigungsministeriums interessieren sich mehrere europäische Länder beim Militärministerium der Republik für den Erwerb iranischer Luft-Abwehr-Systeme.

    Die „russische Werbung“ wirkt!

    (KP, 28.8.)

    Welche europäischen Staaten das wohl sein mögen?
    Vermutlich Ungarn und Balkanstaaten.

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