Pressespiegel El País, 27.1.: Syrien und die Sanktionen

SYRIEN WILL DAS ENDE DER INTERNATIONALEN SANKTIONEN, UM DEN ÜBERGANGSPROZESS VORANZUTREIBEN“

Man fragt sich, warum die Sanktionen überhaupt noch bestehen?
Sie wurden schließlich gegen das „Regime“ von Baschar al-Assad erlassen, weil der mit seinen Gegnern gewaltsam verfahren ist.
Jetzt sind diese Gegner an der Macht – und dennoch sind die Sanktionen nach wie vor aufrecht.

Die 27 Staaten der EU untersuchen, wie die Hindernisse abgebaut werden können, die dem Land während des Regimes von Baschar al-Assad auferlegt wurden.“

Sehr seltsam. Was muß denn da „untersucht“ werden?
Waren die Sanktionen am Ende gar nicht wegen Assad verhängt worden?

Man muß sich allerdings auch daran erinnern, daß die als „Rebellen“ bezeichneten und schon allein damit unterstützenswerten Gegner Assads sich dann in Al-Kaida-Mitglieder und den Islamischen Staat verwandelten und sich nach einigen Videos über Ermordungen/Hinrichtungen in einen neuen Feind verwandelten.
Seltsamerweise wurde aber Assad dadurch kein „Guter“, sondern die Sanktionen blieben weiter aufrecht und betrafen dann alle Gegenden Syriens, ob die nun unter der Oberhoheit von Assad-nahen Truppen, kurdischen Milizen, dem IS oder weiterhin „Rebellen“ standen.
Jetzt werden diese einmal – offiziell gegen Assad verhängten – Sanktionen dazu verwendet, zu „überprüfen“, ob die jetzigen Machthaber nach der Pfeife der EU tanzen.
Für die unter türkischer Oberhoheit stehenden Gebiete– Afrin und Idlib – galten sie vermutlich nicht, weil die Türkei dorthin importiert, was sie will.
Bei der Provinz Idlib stellt sich aber sowieso schon die Frage, ob die jetzt Damaskus oder Ankara untersteht?

Soviel nur zur Einleitung.

„Die Schwerpunkte des wirtschaftlichen Neubeginns liegen auf Infrastruktur, Energie und dem Finanzsektor.

Anderthalb Monate, nachdem eine rasche Operation der Rebellen die über 5 Jahrzehnte währende Diktatur der Assad-Familie beendete, versucht das neue Syrien, einen weiteren – wenn auch nur teilweisen – politischen Sieg zu erringen: die Aufhebung der internationalen Sanktionen.
Am Montag erwägen die Außenminister der EU eine schrittweise Lockerung der Strafmaßnahmen, die nach der Gewalt bei den Protesten im März 2011 und dem darauffolgenden bewaffneten Konflikt gegen das Regime verhängt wurden.
Eine Debatte, die in Damaskus mit einiger Hoffnung verfolgt wird.“

Begreiflich.
Assad ist weg, Al-Schara hat sich eine Krawatte umgebunden, der HTS hat Kreide gefressen und versichert, es allen recht machen zu wollen.

„Wie die Chefin der europäischen Diplomatie, Kaja Kallas, bereits angekündigt hat, wird die Beseitigung dieser Hindernisse, die der syrischen Wirtschaft enormen Schaden zugefügt haben – steigende Preise, Engpässe, Energieknappheit und zunehmende Armut – direkt mit den Schritten verbunden sein, die die neue Regierung des arabischen Landes setzen wird.
Diese Regierung wird de facto vom erfahrenen Kämpfer Ahmed al-Schara geführt.
Die EU strebt einen »greifbaren« politischen Übergang an. Und zwar mit Sicherheitsgarantien und der Achtung der Grundrechte.“

Aha.
Die neue Regierung muß zeigen, daß sie den EU-Kriterien entspricht.
Die EU sieht also das völlig zerstörte und verelendete Syrien als eine Chance, ihr in der Welt schon sehr ramponiertes Image aufzubessern und dort sozusagen eine EU-Kolonie einzurichten.
Und da sind diese Sanktionen ein geeignetes Mittel, sich als Protektor und gleichzeitig Kontrolleur aufzuspielen.
Die EU-Macher stellen sich das so vor, daß sie nach dem Prinzip „Hahn auf – Hahn zu“ dort Dirigent spielen können (nachdem sie in Georgien abgeblitzt sind …)

„Diese Prämisse,“

– gemeint sind vermutlich diese oben erwähnten Sicherheitsgarantien und die Achtung der Grundrechte, was immer man sich darunter vorstellen mag –

„die auch von den USA, dem wichtigsten Sanktionsstaat Syriens, geteilt wird, ist nach mehr als 13 Jahren Krieg und nur 7 Wochen nach der Eroberung von Damaskus durch die Rebellen ziemlich komplex:
»Die USA und die EU betrachten Sanktionen als ein Mittel, mit dem sie Druck auf die syrische Übergangsregierung ausüben können, damit diese sich in Richtung eines inklusiveren und transparenteren politischen Systems bewegt«, sagt Steven Heydemann, Experte bei der Brookings Institution in Washington. »Das Problem«, fährt er fort, »besteht darin, dass die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Übergangs erheblich sinkt, wenn die neue Regierung den Syrern nicht zeigen kann, dass es ihnen besser geht.«

Eine Wirtschaft in Trümmern

Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs war Syriens Wirtschaft mit der vieler Nachbarländer mehr als vergleichbar. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von knapp 3.000 Dollar (rund 2.858 Euro) lag es praktisch gleichauf mit Ägypten und Jordanien.“

Syrien lag aufgrund seiner Landwirtschaft, seines Handels und seiner Industrie weit vor Jordanien, das hier weit schlechtere Bedingungen vorfindet, und dem viel bevölkerungsreicheren Ägypten.
Abgesehen davon, daß das Pro-Kopf-Einkommen sowieso gleichgültig gegenüber den im Inneren eines Landes vorfindlichen Klassenverhältnissen und deshalb Einkommensunterschieden ist, wird hier einfach das BIP in die richtige Richtung gebogen, um die Zerstörung Syriens nicht ganz so schlimm aussehen zu lassen.

„Davon ist nach dem langen Konflikt und den zahlreichen internationalen Sanktionen nichts mehr übrig geblieben. Der Weltbank zufolge hat sich das BIP infolge dessen um 84 Prozent verringert.
Zwar waren von diesen Beschränkungen Grundgüter wie Nahrungsmittel und Medikamente ausdrücklich ausgenommen, doch erstreckten sie sich über die Einbeziehung des Energie- und Finanzsektors auf die gesamte Gesellschaft und alle Bereiche ihrer Wirtschaft.
»Ich glaube nicht, dass die Sanktionen einen großen Einfluss auf die Mitglieder des vorherigen Regimes hatten, aber sie hatten sicher einen auf die Alltagsrealität der Menschen«, sagt der Obere der Maristenbrüder in Aleppo, Georges Sabe. Alle eingehenden Spenden müssen auf ein Bankkonto im benachbarten Libanon eingehen und anschließend in bar über die Grenze transportiert werden. Dasselbe ist ihnen mit medizinischer Ausrüstung passiert.

„Auch wenn Medikamente und lebenswichtige Produkte technisch von den Sanktionen ausgenommen sind, wird ihr Import durch Bankbeschränkungen erheblich erschwert. »(Ausländische) Unternehmen fürchten, sekundären Sanktionen unterworfen zu werden oder Zahlungsschwierigkeiten zu bekommen, was zu Engpässen und überhöhten Preisen bei bestimmten Grundprodukten führt«, erklärt Baraa Khurfaan, Analyst beim Tahrir-Institut.
Wichtige Sektoren wie die Bau- und Energiebranche hätten aufgrund fehlender Investitionen und Hindernissen beim Import von Maschinen und Ersatzteilen mit Problemen zu kämpfen, sagt er. »Und all dies verzögert die Erholung, den Wiederaufbau und die Schaffung von Arbeitsplätzen.«

Zwar kann nicht die gesamte Schuld den Strafmaßnahmen der USA und ihrer Verbündeten zugeschrieben werden – die physische Zerstörung durch den Krieg hat tiefe Narben hinterlassen und 6 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen –, doch sind die Sanktionen eine Schlüsselursache für den wirtschaftlichen Zusammenbruch.
Nach Angaben der UNO sind derzeit 70 Prozent der syrischen Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen und 90 Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Lebenshaltungskosten haben sich in nur drei Jahren verdreifacht.

Die Preise sinken zwar, sagt Sabe. So seien in den vergangenen Wochen mit der fortschreitenden Öffnung des Landes und den Treibstofflieferungen aus den Golfstaaten und der Türkei die Preise für Lebensmittel – die zum größten Teil aus dem Nachbarland reexportiert werden“

– dieser Begriff suggeriert, daß Lebensmittel aus syrischem Gebiet in die Türkei verschickt und von dort importiert werden, was natürlich deren Preise in die Höhe treibt –

 – billiger geworden.

Bei anderen Produkten und Utensilien ist das nicht der Fall. »Alles, was Nahrung ist, ist im Überfluss vorhanden.“

Man ergänze: für den, der sie bezahlen kann.
Weder unter Assad noch heute kennt Syrien etwas anderes als Marktwirtschaft.

„Und viele Produkte, die früher vom Regime verboten waren, wie etwa ausländische Kekse oder Erfrischungsgetränke, sind heute erhältlich.«“

Man merkt, daß die Syrer vor einer gewissen Art von ungesunden Lebensmitteln geschützt wurden und sich die entsprechende Industrie jetzt erfreut auf diesen endlich „erschlossenen“ Markt stürzt.

„In den Gebieten, die (früher) vom Regime kontrolliert wurden, sind die Preise gesunken«, sagt Jaser, ein junger Mann aus Aleppo.
In den Rebellengebieten hingegen – die bis zum endgültigen Sturz Assads viel besser versorgt waren als der Rest Syriens – seien die Preise gestiegen, sagt ein Bewohner von Azaz, der für eine humanitäre Organisation arbeitet.

Es gibt auch eine Mittelschicht, die versucht, sich durchzusetzen und auf beiden Seiten der Grenze zu agieren.“

Wenn, wie oben erwähnt, 90% der Syrer unter der Armutsgrenze leben, ist der Ausdruck „Mittelschicht“, der ohnenhin nicht sehr aussagekräftig ist, besonders unangebracht.

„Ahmed Kanjo, ein 34-jähriger Syrer aus Aleppo, der vor kurzem in sein Heimatland zurückgekehrt ist, nachdem er mehrere Jahre in der Türkei gelebt hatte, schreibt in einer Nachricht per Internet: »Bankgeschäfte sind verboten, das heißt, ich kann weder Überweisungen empfangen noch senden, noch Dienste, der eine elektronische Zahlung erfordern, in Anspruch nehmen – auch nicht solche einer Bildungsplattform. … Hinzu kommt ein Verbot des Kaufes von Treibstoff (???) und Sanktionen, die den Wiederaufbau verhindern«, fügt er hinzu.
»Dieser Prozess“ (der Aufhebung der finanziellen Sanktionen) „würde bedeuten, dass Tausende von Arbeitnehmern eine neue Beschäftigung finden werden, was der Wirtschaft einen deutlichen Anschub geben würde.«“

Der Mann hofft also auf eine Wiedergeburt des Banksektors, der inzwischen offenbar großflächig verschwunden ist.

„Neben der Entscheidung, die Brüssel trifft – Kallas‘ Team plant laut Reuters, die Beschränkungen »stufenweise« aufzuheben – bleibt abzuwarten, wie Donald Trump mit den von den USA verhängten Sanktionen umgehen wird.
Die USA waren schließlich diejenige Macht, die besonders stark gegen zwei Schlüsselsektoren in Assads Syrien einschritt: den Energie- und den Finanzsektor.

Aufgrund der Beschränkungen beim Ölverkauf ist die Produktion seit Kriegsbeginn drastisch zurückgegangen, von über 300.000 Barrel auf nur noch 40.000. Und internationale Überweisungen, darunter auch Überweisungen von Auswanderern, bleiben weiterhin ein Wunschtraum.“

Beim Öl gibt es aber ganz andere Probleme.
Ein Großteil der syrischen Ölproduktion im Osten des Landes ist in den Händen kurdischer Milizen und des US-Militärs. Diese Ölförderung geht sicher nicht in die obige Statistik ein.
Man müßte bei allen das Öl betreffenden Fragen einmal klären, wer zur Ölproduktion eigentlich Zugang bzw. die Hoheit darüber hat.
Würden die USA jedoch die Sanktionen aufheben, so würde der von ihnen betriebene und unterstützte Ölklau offensichtlich.

„Beide Sanktionsgruppen werden voraussichtlich als erstes fallen. Zwar ist das Volumen gegenwärtig bescheiden, doch würde die Rückkehr syrischen Rohöls auf den internationalen Markt Damaskus eine Ressourcenspritze bescheren, die es nötiger denn je braucht.“

Wie soll denn Damaskus-Syrien Öl exportieren? – wenn in den Damaskus unterstehenden Gebieten Öl importiert werden muß – wie aus den obigen Zahlen ersichtlich ist!
Syrisches Rohöl – eben aus den östlichen Gebieten Syriens – IST auf dem internationalen Markt, es ist jedoch nicht als syrisches deklariert, sondern als irakisches oder türkisches.
Man merkt, wie sich die Reporter von El País mit Interviews und Statistiken über die wirklich heiklen Fragen hinwegschwindeln.

„Im Finanzsektor würde eine Lockerung der Beschränkungen es Auswanderern erleichtern, Geld an Familie und Freunde zu schicken, und dem privaten Sektor würde es wieder möglich sein, in Syrien Geschäfte zu machen. An Interesse mangelt es nicht: Dutzende türkische Unternehmen und solche aus anderen Ländern der Region – viele davon Bauunternehmen – wollen dort wieder Geschäfte machen. »Das Ende der Sanktionen ist von entscheidender Bedeutung, um Banken und Unternehmen das Vertrauen zu geben, das sie brauchen, um sich am Wiederaufbau zu beteiligen«, sagt Heydemann.

Die Energie

»Diejenigen, die unter dem Assad-Regime gelebt haben, sind die wahren Helden«, sagte der syrische Ökonom Samir Aita, Präsident des Kreises arabischer Ökonomen, in einem E-Mail.
Wenngleich die Sanktionen weitreichende Auswirkungen hatten und zu Einkommenseinbußen der Bevölkerung führten, konzentriert sich Aita auf die Energieproblematik. »Sie (d.h., die Sanktionen) haben den Zugang zu Elektrizität beschränkt, die (in einigen Gebieten) immer noch auf eine Stunde von 12 beschränkt ist.“

Wie genau die Sanktionen als Pseudo-Subjekt jetzt zu den beschränkten Elektrizitätseinschaltungen geführt haben, bleibt im Dunkeln.

„Ähnliches passiert mit Benzin, das durch Schmuggel über die Türkei oder den Libanon ins Land kommt, aber zu internationalen Preisen, die sich viele nicht leisten können«, schreibt er.
Der Energiemangel – paradox in einem Land, das eigentlich ein Nettoexporteur von Rohöl sein sollte –“

– so wird der Umstand erwähnt, daß auch Syrien über Ölreserven verfügt.
Aber zwischen Ölreserven, Ölförderung und Ölexport liegen Welten – und in der allgegenwärtigen Welt der Marktwirtschaft vor allem: Kapital.
Man merkt jedoch an diesem komischen Herumgerede rund um das syrische Erdöl, daß verschiedene Akteure im Ausland gerne Zugriff darauf hätten.
Unter Assad waren das nämlich staatliche Firmen …
Die wichtigsten dieser Akteure sitzen in den USA – das syrische Öl soll auch offiziell in US-Hände geraten, das ist eine der Grundlagen der US-Sanktionen, so wie sich das Bild hier präsentiert.

„hatte einen Dominoeffekt auf andere Sektoren: die Landwirtschaft und Industrien wie die Pharmaindustrie, die einst relativ wettbewerbsfähig und auf den Export ausgerichtet waren.

Washington verhängte erstmals in den 1970er Jahren Wirtschaftssanktionen gegen Syrien. Eine Bestrafung, die Anfang der 2000er Jahre erweitert wurde. Die wirkliche Eskalation erfolgte jedoch erst 2011, als die meisten der Operationen der syrischen Zentralbank durch die USA blockiert wurden.
Aita ist der Ansicht, dass das US-Sanktionssystem gegen Syrien das »komplexeste« sei, das jemals eingeführt wurde. Ihre Beseitigung dürfte deshalb auch schwierig sein: Viele davon haben Gesetzesrang und bedürfen daher der Zustimmung des US-Kongresses und des Senats.

Anfang Januar genehmigte die Biden-Regierung einen – vorläufigen und sehr fragmentierten – Verzicht auf einige dieser Strafmaßnahmen, insbesondere im Energiesektor.
»Das war ein positiver Schritt«, bemerkt Heydemann (…), »aber die Sanktionen für Investitionen und Kredite blieben bestehen.«“

Warum wohl?

„Diese Maßnahmen machen es noch schwieriger, eine verheerende Wirtschaftskrise zu bewältigen und wichtige Infrastrukturen, etwa im Energiebereich, wieder aufzubauen.“

Bevor die HTS-Regierung die Ölförderung an US-Firmen verkauft, dürften die Samktionen bestehen bleiben …

Pressespiegel El País, 19.1.: Cyberkrieg

DER CYBERKRIEG ZWISCHEN DER UKRAINE UND RUSSLAND ESKALIERT PARALLEL ZUM MILITÄRISCHEN KONFLIKT

Das Kiewer Personenstandsregister brach am 19. Dezember aufgrund eines der schwerwiegendsten Hackerangriffe seit Beginn der Invasion zusammen – eine Art von Aktion, die im Jahr 2024 um fast 70% zunahm.

In einer der ersten Januarnächte ertönten in Kiew die Luftschutzsirenen, weil die Gefahr eines Angriffs durch russische Raketen erkannt wurde.
Es gibt keine Ecke in der ukrainischen Hauptstadt, die dem schrillen Lärm entgeht, aber in der Rezeption eines zentral gelegenen Hotels schlafen drei Neugeborene fest in ihren Kinderbetten. Sie merken nichts von den Sorgen ihrer Eltern, die dort ein Auge auf sie und das andere auf die Telegram-Benachrichtigungen ihres Handys zum Bombenalarm gerichtet haben. Der Alarm trieb sie aus ihren Zimmern und führte dazu, daß sie im Erdgeschoss des Hotels Zuflucht suchten. Aber sie sind nicht nur mögliche Opfer der Bomben: Diese 3 Babys, zwei davon Zwillinge, gehören zu den unzähligen Betroffenen eines unsichtbaren, aber sehr realen Konflikts, der parallel zur russischen … Bodeninvasion geführt wird: dem Cyberkrieg.

Wie werden 3 Neugeborene von einem Cyberkrieg betroffen? Sehr einfach. Sie können das Land nicht verlassen, da ihre Eintragung ins Personenstandsregister aufgrund eines Cyberangriffs verhindert wurde. Diese Kinder kamen durch Leihmutterschaft zur Welt, eine Praxis, die in Spanien und anderen Ländern verboten, in der Ukraine jedoch legal ist. Deshalb kommen dorthin Tausende von Paaren, die Kinder bekommen möchten.“

Der Krieg hat also das Leihmutter-Geschäft, das unter den Reisebeschränkungen während der Pandemie etwas gelitten hatte, praktisch nicht beeinträchtigt.
Man rekapituliere: In einem Staat, aus dem Millionen von Bürgern wegen Krieg, Bombardements und Einberufung geflüchtet sind, finden sich immer noch genug Frauen, die bereit sind, für Geld fremde Kinder auszutragen.
Nicht zu vergessen die Agenturen, die diese Leihmutterschaften vermitteln und bürokratisch abwickeln, – also Unternehmen westlichen Stils, die aus allem ein Geschäft machen.

„Unter ihnen sind die Eltern dieser 3 Kinder, die im vergangenen Dezember aus Portugal angereist waren, um ihre Kinder abzuholen.“

Früher war Spanien eines der Haupt-Kunden-Länder für diese Art von, hmmm, Geschäften.
Aber seit Spanien bürokratische Hindernisse für den Kinderimport aus der Ukraine erlassen hat, scheint die Nachfrage etwas zurückgegangen zu sein.
Die spanische Gesetzgebung stellte sich nämlich auf den Standpunkt, daß eine Praxis, die im Inland verboten ist, nicht durch Import umgangen werden kann.

„Laut Andrea, einer der Mütter, beträgt der Aufenthalt in Kiew etwa 4 Wochen. Das ist die Zeit, die man normalerweise braucht, um alle relevanten Dokumente fertigzustellen, wenn es keine Probleme gibt. Dieses Mal gibt es sie jedoch.
Am 19. Dezember wurde die Ukraine Opfer eines der bisher schwersten russischen Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur des Landes. Dies bestätigte Vizepremierministerin Olha Stefanischina am selben Tag: »Heute hat der größte externe Cyberangriff auf die Staatsarchive der Ukraine in jüngster Zeit stattgefunden«, schrieb Stefanischina auf Facebook. »Infolgedessen wurde die Arbeit der zentralen staatlichen Register, die der Zuständigkeit des ukrainischen Justizministeriums unterliegen, vorübergehend eingestellt.«
Ziel des Angriffs waren staatliche Aufzeichnungen des Justizministeriums, die wichtige Informationen über die Bürger enthalten, beispielsweise Geburts-, Sterbe-, Heirats- und Vermögensdaten, aber nicht nur das.
XakNet, die Hackergruppe, die die Verantwortung für den Angriff auf Telegram übernommen hat, meldet eine Liste mit bis zu 31 angegriffenen Datenbanken.

Der Cyberkrieg zwischen Russland und der Ukraine ist keine Kleinigkeit. Allein im Jahr 2024 stieg die Zahl der Cyberangriffe in der Ukraine im Vergleich zum Vorjahr um fast 70 % – sie erreichte 4.315 Vorfälle, verglichen mit 2.541 im Jahr 2023 – berichtete der staatliche Pressedienst für besondere Veröffentlichungen.“

„Die meisten Angriffe werden von prorussischen Gruppen wie No Name durchgeführt, wie aus Untersuchungen des CyberPeace Institute hervorgeht, einer in der Schweiz ansässigen Organisation, die gefährdeten Gemeinschaften kostenlose Unterstützung in Sachen Cybersicherheit bietet.
No Name etwa griff im vergangenen Juni die Tochtergesellschaft“ (von wem eigentlich?) „in Spanien an, die Leopard-Panzer für die Lieferung in die Ukraine repariert und erneuert.

Auf ukrainischer Seite ist der Hauptangreifer die sogenannte IT-Armee der Ukraine, ein vom Ministerium für digitale Transformation koordiniertes Hackernetzwerk, das seit Beginn der Invasion und bis September 2023 mehr als 300 Cyberangriffe auf russische Zivilorganisationen verübt hat.“

Die Ukraine scheint sich laut russischen Angaben auf Cyber-Betrug an russischen Bürgern zu spezialisieren. Die ukrainischen – staatlich organisierten – Hacker haben also eher kommerzielle Zielsetzungen.
Man erfährt hier nebenbei, daß es viele „Zivilorganisationen“ in Rußland zu geben scheint, die offenbar nicht in das westliche Bild passen.

„Stéphane Douguin, Exekutivdirektor des CyberPeace Institute, argumentiert, daß das Ausmaß dieses Parallelkrieges »massiv« sei und seine Folgen alle betreffen, nicht nur die Ukraine und Rußland: »Wenn es keinen physischen Krieg gäbe, würde dieser andere jeden Tag die Abendnachrichten einleiten«, betont er.

In den Jahren 2022 und 2023 verzeichnete seine Organisation mehr als 3.000 Angriffe, darunter einen auf das größte Mobilfunkunternehmen Kyivstar, der vor einem Jahr Millionen ukrainischer Nutzer ohne Mobilfunk- oder Internetdienst zurückließ. Sie haben aber auch Konsequenzen über die Grenzen des Konflikts hinaus: Am 24. Februar 2022 störte ein aus Russland stammender Hackerangriff den Zugang zum Breitband-Satelliteninternet.
Konkret wurden Modems deaktiviert, die mit dem Satellitennetzwerk KA-SAT der Viasat Inc. kommunizieren, das Zehntausenden von Menschen in der Ukraine und in Europa Internetzugang bietet. »In ganz Europa waren Windkraftanlagen außer Betrieb, allen voran das größte deutsche Energieunternehmen.«“

Scheint sich um Uniper gehandelt zu haben. Dieses Unternehmen war also nicht nur wegen seiner ausgebliebenen Gaslieferungen in Schwierigkeiten.

„»Mehr als 40.000 Abonnenten verschiedener Internetdienste in Deutschland, Frankreich, Ungarn, Griechenland, Italien und Polen waren ohne Empfang«, erklärt Douguin. »Sie greifen andere Länder aus geopolitischen Gründen an, weil diese Positionen teilen oder die Ukraine mit Munition oder humanitärer Hilfe unterstützen.«“

Da diese mit den angegriffenen ukrainischen Systemen vernetzt oder über Satellit verbunden sind, ist das natürlich relativ einfach.

„Für die Babys von Beatriz und Tereixa, die aus Datenschutzgründen ihre richtigen Namen nicht preisgeben, bedeutete dies, daß sie nicht registriert werden konnten. »Offiziell existieren sie nicht. Meiner wurde vor zwei Wochen geboren, aber er hat noch nicht einmal einen Namen«, sagt Beatriz und schaut ihren Sohn an, während sie darauf wartet, daß die Luftschutzsirene ertönt und sie in ihre Zimmer zurückkehren können.“

Die Verwendung der besitzanzeigenden Fürwörter „ihr“ Sohn und „meiner“ hat unter diesen Umständen einen wirklich eigenartigen Inhalt: Sie hat ihn nicht geboren, aber er gehört ihr. Das namenslose Baby verwandelt sich in ein Objekt mit klaren Besitzverhältnissen.

„Experten für Cybersicherheit kennen vier Angriffsarten: Eine davon ist der Diebstahl von Informationen, um sie gegen den Feind einzusetzen.
Ein anderes Ziel ist die Verbreitung von Propaganda, was zunehmend Anlass zur Sorge gibt.
Die dritte Art umfasst disruptive Angriffe, die darauf abzielen, die Funktionsfähigkeit von Systemen zu stören.
Und das Schlimmste sind jene, deren Zweck darin besteht, das System zu zerstören, um sicherzustellen, daß es nicht wieder in Gang gesetzt werden kann.

Ein Beispiel hierfür ist der Vorfall vom 19. Dezember, der die Arbeit der Standesämter für mehr als zwei Wochen ernsthaft unterbrach, so das Justizministerium.

Diese zwei Wochen waren für Regierungsbeamte die Hölle. Margaret Dzuba arbeitet in einem der Standesämter in Kiew und weist darauf hin, daß damals niemandem der Zugang verweigert wurde, die Personen die Informationen jedoch handschriftlich oder in einem Word-Dokument aufschreiben mussten. »Viele derjenigen, die zur Geburtenregistrierung kamen, gingen lieber wieder nach Hause, um erst wieder zu kommen, wenn das System repariert sei, weil dafür eine Frist von einem Monat gilt. Doch die Sterbedaten müssen innerhalb von drei Tagen registriert werden, deshalb konnten sie nicht warten«, erklärt sie.“

So soll offenbar verhindert werden, daß Todesfälle nicht registriert werden, damit Angehörige z.B. weiter eine Rente kassieren können.

„Wie viele Menschen von diesem Versäumnis betroffen sind, weiß Dzuba nicht, aber ihre Arbeit gibt ihr eine Vorstellung: »Seit dem 19. Dezember habe ich pro Tag etwa 20 Neugeborene registriert. Was die Todesfälle betrifft, so wissen wir statistisch gesehen, daß auf drei Todesfälle eine Geburt kommt, ich muss also ca. 60 Todesfälle eingetragen haben«, schätzt sie.“

Das alles wirft auch ein unvorteilhaftes Licht auf die demographische Gegenwart und Zukunft der Ukraine, wenn nicht nur auf 1 Neugeborenes 3 Todesfälle kommen, sondern auch die Neugeborenen zum Teil Exportware sind.

„Nun geht sie davon aus, daß sie jede Menge Überstunden machen muss, um die gesamte verspätete Arbeit in das Computersystem zu übertragen. »Und das System funktioniert, ja, aber sehr langsam, weil wir alle gleichzeitig damit anfangen mussten.«“

Alle Mitarbeiter dieses neuen bzw. wiederhergestellten Registrierungssystems mußten also von 1. Tag an ihre Daten-Staus aufarbeiten:

„Rada Daschutina, stellvertretende Leiterin des Staatlichen Amtes für die staatliche Registrierung von Personenstandsakten, führt das aus: »Vom 19. Dezember bis zum 4. Januar wurden in der gesamten Ukraine 35.000 Aufzeichnungen gemacht, die alle am 5. und 6. Januar 2019 in das staatliche Register eingetragen wurden,« sagte sie gegenüber EL PAÍS.
Eine der schlimmsten Folgen dieses jüngsten Angriffs ist der mögliche dauerhafte Verlust wichtiger Bürgerdaten, womit die Hacker, die die kriminelle Aktion begangen haben, prahlen, indem sie behaupten, sowohl die primären Datenbanken der Bürger als auch die Backups, die auf Servern in Polen gespeichert sind, heruntergeladen und gelöscht zu haben.“

Das heißt, daß diese heruntergeladenen Daten noch irgendwo im Besitz dieser Hacker sind …

„Denis Maliuska, der ehemalige Justizminister der Ukraine, erklärte gegenüber der Ukrainska Pravda jedoch, daß die Sicherungskopien verfügbar seien und die Daten bald wiederhergestellt würden.
Daschutina stimmt dem zu: »Das Unternehmen, das den Betrieb dieses Registers sicherstellt, hat sämtliche Informationen überprüft und es gibt keine Fälle, in denen Informationen verschwunden wären oder nicht ausreichend geschützt worden wären. Daher kann ich davon ausgehen, daß die Daten im Staatsregister denen vom 19. Dezember entsprechen«, sagt sie.

Doch die Beamtin Margaret Dzuba ist sich da nicht so sicher. Sie sagt, sie habe Fälle erlebt, in denen Informationen fehlten. Um dies zu beweisen, suchte sie auf ihrem eigenen Computer nach der Akte seines Vaters: Sie ist vollständig, mit Ausnahme der Nationalität und des Geburtsorts, deren entsprechende Felder leer erscheinen.“

Sehr bezeichnend, diese Lücken.
Die Nationalität – ob sich jemand als Russe, Ukrainer, Ungar oder sonst eine der vielen Minderheiten der Ukraine bezeichnet hat, ist bei ersteren wichtig, um mögliche Verräter, Spione oder sonstige unsicheren Bürger zu erkennen. Bei den anderen Minderheiten hingegen ist das Löschen dieser Daten eine Möglichkeit, die Minderheiten und deren Rechte überhaupt zu löschen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Geburtsort, der ebenfalls – zusammen mit dem Namen – Aufschluß über die wahrscheinliche ethnische Zugehörigkeit gibt.
Das Datenleck deutet auf eine gewisse Zielsetzung hin und es muß gar nicht sein, daß es von den russischen Hackern stammt.
Es ist jedenfalls opportun, sich auf sie zu berufen …

„Die Beamtin verweist zudem auf weitere Fälle, die sie zuvor überprüft habe. »Ich weiß nicht, wie viele Menschen betroffen sein werden, aber mein Vater wird nicht der einzige in der Ukraine sein«, meint sie. Die Lösung … ist jedenfalls einfach: »Wenn ein Bürger im DIIA [dem virtuellen Bürgerservicebüro] feststellt, daß seine Daten unvollständig sind, muss er nur mit seinen Unterlagen zu derjenigen Meldestelle gehen, die seinem Wohnort am nächsten liegt und fordern, daß sie im System aktualisiert werden«, versichert sie.

Obwohl sich die ukrainischen Aufzeichnungen langsam wieder normalisieren, hat der Staatliche Dienst für Sonderkommunikation und Informationsschutz der Ukraine gewarnt, daß er bis 2025 mit weiteren Angriffen rechnet. Der Cyberspace wird weiterhin im Mittelpunkt eines wichtigen Krieges für Russland bei seinem Versuch stehen, die Situation in Ukraine zu destabilisieren. »Während eines Krieges sind die wertvollsten Informationen für den Feind Daten über die Pläne der ukrainischen Verteidigungskräfte, der Regierung und anderer Organisationen, die die Armee unterstützen«, erklärte diese Behörde.

Zivile Piraten in militärischen Konflikten

Hinter den Angriffen stecken vorwiegend Hacker, die Zivilisten sind. Tatsächlich hat das Internationale Komitee des Roten Kreuzes – ohne dabei die Ukraine oder Russland konkret zu erwähnen – auf die zunehmende Beteiligung ziviler Hacker an militärischen Konflikten hingewiesen. Laut der Organisation handelt es sich dabei um einen »beunruhigenden Trend«, der im Krieg die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten untergraben könnte.“

Als ob der in der modernen Kriegsführung eine Rolle spielen würde!
Natürlich, für diejenigen Personen, die immer auf der Suche nach vermeintlichen Kriegsverbrechen sind, ist diese Entwicklung „beunruhigend“.
Für die kriegsführenden Parteien hingegen heißt das, daß sie auf breite Unterstützung in der Zivilbevölkerung zählen können.

„Douguin argumentiert, daß es schwierig sei, die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Phänomene zu messen, da nicht viele Ressourcen für die Erfassung solcher Informationen zur Verfügung stünden. Und so wird im Hintergrund nicht genug getan, um diesen Krieg zu beenden, nicht einmal auf gesetzgeberischer Ebene.“

Es wird ja auch sonst nicht viel getan, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.
Viele der dort beteiligten Parteien (Rußland, Ukraine, NATO, die beiden Koreas, aber auch China und andere BRICS-Staaten) sind sehr interessiert daran, auch im Cyberspace Angriff und Verteidigung zu studieren.

„»Wir haben keine ernsthafte internationale Reaktion erlebt, aber wir sehen Hacker, die öffentlich damit prahlen, überall auf der Welt Schaden angerichtet zu haben«, sagt er. »Es fehlt uns außerdem völlig an einem Abschreckungsrahmen, der eine internationale Zusammenarbeit sicherstellen würde, sodaß die Kosten eines Angriffs hoch genug sind, um jemanden, der Cybersoldat werden will, zweimal nachdenken zu lassen.«“

Der Mann lebt in Sachen „internationale Zusammenarbeit“ in einer Traumwelt. Im Cyberspace ist sich jeder Staat selbst der Nächste.

„Einen Monat nach dem Cyberangriff auf die Aufzeichnungen wohnen Beatriz und Tereixa immer noch in dem Hotel in Kiew und gehen jedes Mal, wenn die Luftschutzsirenen ertönen, mit ihren Babys im Schlepptau zur Rezeption. Die Anmeldung der Kinder konnte bereits erfolgen, die Beglaubigung der Unterlagen im Notariatsregister ist jedoch noch nicht erfolgt und man teilte ihnen mit, daß sie in der Ukraine noch mindestens zwei Wochen warten müssten. »Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und die Sirenen und Bombenanschläge zu vergessen«, seufzt Beatriz.“

Unerhört, wie schwierig es einem gemacht wird, sich ein Baby zu kaufen.
Diese Russen!

Pressespiegel Mandiner.hu, 5.9. 2024: Ungarns und Südosteuropas Gas- bzw. Energieversorgung

„UNGARN NAHM SEINE ENERGIEVERSORGUNG IN DIE HAND: GAS UND ERDÖL KÖNNEN AUF NEUEN WEGEN NACH UNGARN KOMMEN

Zelenskij wird außerdem dafür einen hohen Preis zahlen …“

Dieser Satz wird im Rest des Artikels nicht erklärt, man kann sich also alles Mögliche dazu denken …

„Es ist nur scheinbar beruhigend, daß Ungarn seit einiger Zeit kein russisches Erdgas mehr über die Ukraine bezieht und daher durch das Ende des ukrainischen Gastransits keinerlei Schwierigkeiten auftreten können. Auch der Umstand, daß die von der MOL in Rußland bestellte Gasmenge derzeit in Ungarn ankommt, heißt nicht, daß alles in Ordnung ist.
All das spielt sich nur an der Oberfläche ab.
Ungarn ist nämlich sehr abhängig von den fossilen Brennstoffen aus Rußland. Aus historischen Gründen beruht auf ihnen der größte Teil unserer Energieversorgung. Diese Abhängigkeit wurde seinerzeit dadurch gleichsam einbetoniert, daß die Pipelines das günstige Gas und Erdöl ausschließlich über die ungarisch-ukrainische (vorher ungarisch-sowjetische) Grenze lieferten. Jahrzehntelang gab es keine andere Gasleitung nach Ungarn.“

Ungarn erhielt seit ca. 1978 Gas über die Sojuz-(„Bündnis“) und die Bratstvo-(„Brüderlichkeit“) Leitungen, die Eingangsstation befindet sich in Beregdaróc nahe der ukrainischen Grenze.

„In den letzten Jahren hat sich die Lage jedoch grundlegend geändert.

Der größte Teil kommt über Serbien

Die im derzeit gültigen langfristigen ungarisch-russischem Gas-Liefervertrag festgelegte Menge reicht aus für den grundlegenden Inlandsbedarf, also für die Versorgung der Bevölkerung. Der 2021 geschlossene Vertrag sieht die Lieferung von 4,5 Milliarden Kubikmeter vor. Davon sollten 3,5 Mrd. über Serbien, 1 Mrd. über Österreich nach Ungarn gelangen.
Inzwischen wird auch diese 1 Mrd. kbm über Serbien importiert.

Österreich betreibt eine Gas-Verteilerstelle im niederösterreichischen Baumgarten, die als „europäische Gas-Drehscheibe“ bezeichnet wird und von wo es das aus Rußland und Norwegen stammende Gas in verschiedene Richtungen verschickt(e).
Inzwischen haben sich aufgrund der ukrainischen Gastransit-Sperre die Richtungen geändert.

„Jenseits dieser 4,5 Mrd. kbm schloß der ungarische Außen(handels)minister Péter Szijjártó später verschiedene Verträge über kleinere Mengen ab, aber all das ist zu wenig zur Befriedigung des – sich übrigens verringernden – jährlichen Bedarfs von 8 Mrd. Kubikmetern. Zur Befriedigung des inländischen Bedarfs wird auch die FSZG Zrt. (Erdgaslieferung gAG) Schätzungen zufolge in diesem Jahr 2024/25 mit 1,7 Mrd. kbm aus heimischer Produktion beitragen. Der Rest muß aus weiteren Importen gedeckt werden.“

4,5 + 1,7 = 6,2
D.h., Ungarn braucht noch 1,8 Mrd. Kubikmeter von irgendwo.

„Beim Import aus Rumänien gibt es noch Luft nach oben“

Rumänien war aufgrund der RGW-Distanz unter Ceausescu seinerzeit nicht mit den alten sowjetischen Erdgasleitungen verbunden, aber seither an TurkStream angeschlossen.
Überhaupt hat seit einigen Jahren ein hektischer Pipeline-Bau in Südosteuropa eingesetzt, der nicht ganz transparent ist, weil niemand an die große Glocke hängen will, daß er über Blue Stream und TurkStream weiter russisches Gas bezieht.
Vor allem die Türkei profitiert als Transitland von diesen Entwicklungen, aber auch Gazprom selbst, die diesbezüglich Serbien zu einem Verteiler-Staat ausgebaut hat.

„Über seine Pipeline-Verbindungen kann Ungarn inzwischen über 6 Nachbarstaaten Erdgas beziehen. Nur an das slowenische Netz hat die Gasfirma FSZG das ungarische Gasnetz noch nicht angeschlossen. Aus Rumänien sollen laut Plan die Kapazitäten noch erweitert werden. Das soll sowohl durch eine Steigerung der rumänischen Inlandsproduktion als auch durch die dort aus östlicher Richtung eintreffenden Gasmengen erreicht werden.“

Rumänien besitzt große Gasvorkommen im Küstenbereich, nahe der Schlangeninsel. Erstens wurde dort bisher nicht viel erschlossen, weil die Konzessionsbedingungen Investoren abschreckten, dann kamen die Kriegshandlungen im Schwarzen Meer hinzu. Jetzt soll dort aber anscheinend doch etwas weitergehen.

Mit der „östlichen Richtung“ wird vornehm umschrieben, daß es sich doch um russisches Gas handeln dürfte, das über Turkstream und inzwischen anscheinend auch über Blue Steam den Balkan, Rumänien, Ungarn und teilweise sogar Italien versorgt.
Auf verschiedenen Karten ist erkennbar, daß sogar die Ukraine aus dieser Richtung Gas bezieht, was die völlige Absurdität dieses Gas-Karussels verdeutlicht, weil es handelt sich um russisches Gas, das anstatt direkt in die Ukraine zu fließen, einen großen Umweg über das Schwarze Meer, die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Moldawien zurücklegt und natürlich auch für die Ukraine das Gas ordentlich verteuert – abgesehen davon, daß dieser Staat jetzt Transitgebühren zahlen muß, anstatt sie wie bisher zu kassieren.

Aus dieser Richtung (also aus Rumänien) soll Ungarn laut dem Übereinkommen aus dem Vorjahr 1-2 Mrd. Kubikmeter erhalten.

Wie aus der Formulierung ersichtlich ist, ist diese Gaslieferung noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Rumänien ist selber nicht sicher, diese Gasmenge tatsächlich an Ungarn liefern zu können.

„Außerdem hat die ungarische staatliche Firma MVM (gAG für Stromversorgung) dieser Tage (d.h., im September 2024) ein Geschäft unter Dach und Fach gebracht, demzufolge sie sich einen Anteil am aserbaidschanischen Schah Deniz-Gasfeld gesichert hat.“

Auch hier ist die Formulierung etwas zweideutig. Ob MVM bzw. Ungarn wirklich Gas von dort erhält und über welche Pipeline und wann, ist offenbar noch keineswegs gesichert.
Das Schah Deniz-Feld ist in Azerbaidschan und von dort wird auch die Transanatolische Pipeline (TANAP) gespeist, die in ihrer Fortsetzung TAP auch seit 2020 Gas nach Griechenland und Italien pumpt.

Diese Pipeline-Projekte wurden bald nach 2014 in Angriff genommen – man merkt, daß viele Politiker und Unternehmen Südosteuropas die Ereignisse in der Ukraine zum Anlaß nahmen, sich pipeline-mäßig von diesem Transit-Land abzunabeln.
Man erinnere sich auch an die geplante South Stream-Pipeline, die von Rußland nach Bulgarien führen sollte. Bulgarien wollte auch ein Gas-Verteiler-Staat werden und damit sowohl Geschäfte machen als auch an Bedeutung gewinnen.
Sowohl die EU als auch die USA untersagten damals Bulgarien dieses Projekt. Die Orescharski-Regierung wurde gestürzt, die Nachfolger bliesen das Projekt ab. Die Türkei sprang in die Bresche, die Pipeline wurde weiter nach Süden verlegt und heute ist die Türkei der große Gas-Verteiler. Aus South Stream wurde TurkStream.

„Der Ausnützungsgrad der kroatischen Pipeline könnte ebenfalls steigen

Das schwimmende LNG-Terminal auf der Insel Krk können Tanker mit Flüssiggas aus der ganzen Welt anlaufen. Von dort kann das Gas über die Pipeline bis zur Raffinierie in Százhalombatta gelangen. Die Leistung des schwimmenden Terminals ist geringer als die des ursprünglich geplanten Terminals auf dem Inselboden selbst.“

Die schwimmende, weil günstigere Variante wurde gewählt, nachdem einer der Investoren ausstieg und deshalb das Projekt jahrelang auf Eis gelegt wurde.

„Eine Erweiterung ist jedoch geplant, sodaß auch aus dieser Richtung der ungarische Import gesteigert werden könnte.“

Das LNG-Terminal in Krk wurde sehr von den USA gepusht, als Alternative zum russischen Gas und sicherem Abnehmer von US-Flüssig(Fracking-)Gas.
Natürlich können ein LNG-Terminal Schiffe aus aller Welt anlaufen, nicht nur aus den USA … Bei LNG gibt es mehr Anbieter als bei einer fix verlegten Pipeline.
Allerdings ist das LNG-Gas deutlich teurer als das Pipeline-Gas, die in diesem Artikel erwähnte Pipeline nach Bosnien scheitert auch wegen dieses Umstands.

„Große Veränderungen beim Gasbezug aus Österreich

Ungarn erhielt in den letzten 1-2 Jahren durch die bisher erwähnten 3 Staaten Erdgas aus russischer und nicht russischer Produktion. Aus der Ukraine erhält es nichts (mehr), und interessanterweise (aus marktwirtschaftlichen Gründen) auch aus Österreich nicht, nämlich durch die HAG-Pipeline, die als Symbol der Distanz zum russischen Erdgas gefeiert wurde und wird.
Ungarn beendete nämlich 1996 mit der Verlegung der HAG-Pipeline, die die österreichischen und ungarischen Netze verband, die Abhängigkeit vom Import aus der Ukraine.
Zumindest dem Prinzip nach.
In Wirklichkeit kam natürlich das russische Gas weiter durch die Ukraine und die Slowakei durch die Brüderlichkeits-Pipeline nach Österreich und von da nach Ungarn.
Von westlicher Richtung kommendes Gas war nämlich bedeutend teurer.

Dieses HAG-Pipeline war nur von West nach Ost geplant und wurde so gebaut – mit dem Ergebnis, daß sie sozusagen still liegt, weil Österreich durch diese Ausrichtung kein Gas aus Ungarn über TurkStream beziehen kann.

„Durch die HAG-Pipeline kam bis 2025 also weiter russisches Gas durch die Ukraine und die Slowakei nach Österreich und von dort nach Ungarn. Eine Alternative soll die TAG-Pipeline bieten, deren Erweiterung geplant ist.“

Die TAG führt von dem Verteiler in Baumgarten nach Italien und Slowenien und transportierte dorthin russisches Erdgas. Man merkt an diesen Pipeline-Verläufen, zu welch einem bedeutenden Gas-Transitland sich Österreich entwickelt hatte – das, was Deutschland mit Nord Stream 2 auf größerer Stufenleiter vorhatte.
In diesem Zusammenhang sind auch die Beschimpfungen von und der Druck auf Österreich begreiflich. Der russische EInmarsch und die Sprengung der Nordstream-Pipelines verwandelte Österreich nämlich in eine Gas-Großmacht in dieser Ecke der EU, was vielen Konkurrenten sauer aufstieß.

„An der ungarisch-slowakischen Grenze fließt das Gas eher aus Ungarn hinaus

Aus nördlicher Richtung könnte Ungarn auch Erdgas über den ungarisch-slowakischen Verbindungsknoten beziehen, aber da ist im Augenblick nix los.
Aus dieser Richtung hätte Ungarn auch (wegen des Umwegs teureres) russisches Gas beziehen können, zumindest bis zu den Zeitpunkten, an dem die durch Polen führende Jamal-Pipeline nicht abgestellt wurde,“

an der Formulierung merkt man, daß es entweder nicht klar ist oder der Autor nicht daran rühren möchte, warum diese Pipeline stillgelegt wurde und wer das veranlaßt hat.
(Oder wurde sie vielleicht gar nicht ganz stillgelegt?)

„oder bis die Probleme bei North Stream auftraten.“

Auch wieder sehr eigenartig formuliert. Die „Probleme“ waren eine Sprengung, die bis heute niemand aufgeklärt hat und das auch nicht will.

„Über diese Pipeline könnte Ungarn aus alternativen Quellen Gas beziehen, wenn in dieses Rohr über Westeuropa oder Polen eintreffendes Flüssiggas aus aller Welt eingefüllt wird.“

Damit wird darauf hingewiesen, daß auch das Flüssiggas aus Rußland kommen könnte.

Vom Standpunkt Ungarns ist jedoch weiterhin das günstigste Gas das, das über Pipeline aus Rußland geliefert wird.

Aus dem Bisherigen geht klar hervor, daß Ungarn inzwischen verschiedenste Möglichkeiten zum Bezug von Erdgas hat, aber alle sind teurer als das russische Gas. Für den Bezug von anderem Gas sind auch oftmals weitere Investitionen notwendig.“

Hier wird offen gelassen, wer die tätigen soll – Ungarn oder das Land, über das das Gas bezogen werden soll.

„Es ist jedenfalls ein Fehler, die durch die Ukraine führenden Pipelines langsfristig abzuschreiben.“

Ein Hinweis darauf, daß in der Ukraine selbst wieder Interesse an dieser Art von Gasversorgung entstehen könnte – erstens wegen des eigenen Bedarfs als auch wegen der Transitgebühren.

„Die Ukraine bleibt auf der Gas-Landkarte

Da der kürzeste Weg von Rußland nach Ungarn über die Ukraine führt und diese Pipeline auch ausgebaut ist, liegt es auf der Hand, langfristig über unser östliches Nachbarland zu importieren. Diese Möglichkeit kann man nicht einfach deshalb vom Tisch fegen, weil die Lage im Augenblick anders ist.
Die Ukraine hat angekündigt, ab dem 1. Jänner 2025 kein einziges russisches Gasmolekül mehr Richtung Westen zu transportieren.

Für die Wiederherstellung des Gastransits durch die Ukraine spricht, daß das russische Gas, das über TurkStream und den Balkan bezogen wird, einen viel längeren Weg zurücklegen muß und auch auf dieser Route politische Risiken in Zukunft nicht ausgeschlossen sind.
Außerdem kam über die Ukraine früher nicht nur das Gas, das über langfristige Verträge geliefert wurde, sondern auch kurzfristig erworbenes Gas zu Marktpreisen.

Die Handelsfirma kennt man, aber man weiß nicht immer, wo das Gas aus der Erde geholt wurde

Die Gas-Alternativen haben gemeinsam, daß ihr Ursprung der Öffentlichkeit nicht immer bekannt ist.“

Der Öffentlichkeit vielleicht nicht, aber dem Käufer anscheinend schon …

„Von Fall zu Fall kennen wir die Länder, aus denen es kommt, die LNG-Terminals, die Pipelines, aber der Verkäufer ist nicht unbedingt identisch mit dem Produzenten.“

Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.

„Die zwischen den beiden bestehende Geschäftsverbindung legen sie nicht immer offen, zunächst aus geschäftlichen Gründen, aber natürlich besonders in Zeiten der Sanktionen, wo man leicht in den Verdacht geraten kann, die Sanktionen verletzt zu haben. Wie zum Beispiel jetzt. Das ist allerdings derzeit vor allem auf dem Ölmarkt zu beobachten.“

Die Verdächtigen beim Gastransport sind derzeit überschaubarer, weil nur einige Produzenten auch Verflüssigungsanlagen für das Gas haben. Das sind die USA, Rußland, Katar, Australien.
Kanada steigt gerade in den LNG-Markt ein. China verbraucht mehr Gas als es erzeugt, ist also kein Gasexporteur und der Iran hat keine Anlagen zur Verflüssigung von Erdgas.
Saudi-Arabien hat relativ geringe Kapazitäten für LNG, aber ähnlich wie beim Öl nutzt es die Sanktionen gegen Rußland mit Freude, um LNG aufzukaufen und mit dem Ettikett »Made in Saudi Arabia« auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Gaswäsche vom Feinsten. Wenn nicht heute, so sicherlich morgen.
So wäre denkbar, daß ein unter der Flagge von Panama fahrendes Schiff offiziell Flüssiggas aus Saudi-Arabien auf die Insel Krk in Kroatien bringt, das vorher im russischen Norden dieses Flüssiggas geladen und dann an Saudi-Arabien weiterverkauft hat.

„Man muß auch ohne russisches Erdöl leben können

Hoffentlich kommt bald wieder das Öl von Lukoil nach Ungarn, das die MOL bestellt hat, das aber die Ukraine seit Juli nicht mehr nach Ungarn durchläßt. Diesbezüglich laufen Verhandlungen.“

Es geht natürlich – surprise, surprise – um Geld.

„Obwohl im Augenblick 2 andere russische Ölfirmen diese Lieferungen von Lukoil nach Ungarn ersetzen, kann der derzeitige Zustand nicht lange aufrechterhalten werden, weil
die Ukraine die MOL zwingen kann, mit diesen anderen 2 Firmen einen Vertrag abzuschließen, durch den die Ukraine zu höheren Transitgebühren kommt als beim bisherigen Vertrag zwischen MOL und Lukoil.

Obwohl die Ukraine angekündigt hat, ihre Öl-Transitverpflichtungen bis 2029 wahrzunehmen, weiß man nicht, was nachher geschehen wird. Das russische Erdöl fließt durch Kriegsgebiet, was mit Risiken verbunden ist.
Die EU erwartet, daß Ungarn bis 2027 völlig auf russisches Erdöl verzichtet. Allein um der erwähnten Risiken willen ist es im Interesse Ungarns, seine Erdölversorgung zu diversifizieren, um seine Importabhängigkeit zwischen mehreren Importeuren aufzuteilen.“

Auch da läßt sich sicher mit Hilfe Saudi-Arabiens oder Indiens etwas drehen, was natürlich mit Mehrkosten verbunden ist.
Vor allem aber: Wie kommt das Öl ins Land? Ungarn hat keine Häfen und außer der Druschba-Pipeline gibt es wenig andere Ölleitungen in Europa, in Ungarns Nähe schon gar nicht.
Als einzige andere Route bleibt die Adria-Pipeline, die ebenfalls von der Insel Krk nach Ungarn und nach Serbien führt. Dorthin müßte das Öl auch per Tanker kommen, was natürlich die ganze Sache verteuert.

„Es ist einfach, Erwartungen zu hegen

Dieser Umstieg ist jedoch keine rein kommerzielle Entscheidung. Die Raffinerie in Százhalombatta (DuFi, Ungarns einzige Raffinerie) muß dafür eingerichtet werden, anderes Erdöl als das russische zu verarbeiten. Das ist zu 35% bereits geschehen, das nicht-russische Öl kommt aus Kroatien über die Adria-Pipeline. In der Tat, die Betreiberfirma dieser Pipeline, JANAF gibt an, den gesamten Bedarf Ungarns und der Slowakei durch diese Pipeline decken zu können,
aber das Versprechen taugt wenig, solange die beiden Raffinerien (DuFi und die slowakische Slovnaft bei Bratislava) nicht mit voller Kapazität das nicht-russische Erdöl verarbeiten können.

Ende 2025 sind die beiden Raffinerien soweit

Es wird nicht an die große Glocke gehängt, woher die MOL das nicht-russische Erdöl bezieht. Es ist jedoch bezeichnend, daß für die Ölgesellschaft die indische Notierung des russischen Ural-Öl-Rabattpreises maßgeblich ist. Das gab Tamás Pletser, der führende Analyst für den Gas- und Ölmarkt bei der Erste Bank, in einem Gespräch nach dem Kurzbericht der MOL bei der zweiten Vierteljahressitzung an. Hier ist daran zu erinnern, daß Indien nicht als Produzent, sondern als Handelspartner auf dem Ölmarkt aktiv ist.“

Also russisches Öl in indischer Vermittlung.
Indiens Raffinerien kaufen russisches Rohöl auf, verarbeiten es weiter und Ungarn kauft es – wie viele andere europäische Abnehmer – von dort ein. Dann kommt es mit Tankern – rund um Afrika, weil der Suezkanal und das Rote Meer werden aufgrund der Kriegshandlungen von Tankern inzwischen ziemlich gemieden – an die Adria und dort wird das Öl in die kroatische Pipeline eingefüllt.
Nach Indien kommt es übrigens auch auf verschlungenen Wegen, nämlich ausschließlich übers Meer – aus dem Schwarzen Meer, der Ostsee und den Häfen des Fernen Ostens.
Der Ukrainekrieg und die Sanktionen haben den Tankerverkehr in die Höhe katapultiert. Jedes Gerede von klimafreundlichen Maßnahmen wirkt vor diesem Hintergrund lächerlich.

Das Öl, das aus indischen Raffinerien herauskommt, ist offenbar anders beschaffen als dasjenige, was direkt durch die Pipeline ankam, obwohl beides aus Rußland stammt.

„Außerdem ist bekannt, daß im Vorjahr (also 2023) 630.000 Tonnen Erdöl aus Kasachstan kamen. Das gab Péter Szijjártó im November 2023 bekannt. Man hört auch Gerüchte darüber, daß die MOL im arabischen Raum einkauft.
Bei diesem Gespräch (mit Pletser bei der MOL-Sitzung) wurde gesagt,
daß die MOL ab Ende 2026 bereit ist, beide große Raffinerien (DuFi und Slovnaft) über das Meer zu versorgen.

Die Frage ist, ob Ende 2025, wie in der Überschrift behauptet, oder Ende 2026. Bis dahin muß es das Öl offenbar weiter zumindest teilweise über die Druschba-Pipeline beziehen, ukrainische Ansprüche hin oder her.

„Die dafür notwendigen 500 Millionen Dollar begleicht sie aus Eigenmitteln.“

Interessant, daß der Preis in Dollar angegeben wird.
Das wirft einen Schatten auf die Gültigkeit des Euro in der EU.

„Das russische Öl wurde nicht nur politisch riskant, sondern seine Lieferung unterliegt aufgrund des Krieges auch materiellen Risiken.“

Allerdings gilt das für die Tanker inzwischen auch.
Erstens wegen Krieg und Piraterie, zweitens auch wegen des schlechten Zustands vieler der schnell wieder in Betrieb genommenen zusätzlichen Tanker auf den Weltmeeren.

Die Aktionäre nahmen auch zur Kenntnis, daß der Umbau der Raffinerien aus Eigenmitteln und der Kauf von nicht-russischem Öl und Gas, das bedeutend teurer ist, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens schädigt.“

MOL ist eine staatliche Firma, die auch einen Versorgungsauftrag hat.
So wie in anderen Staaten der EU belastet die Subventionierung der Energie-Infrastruktur den Staatshaushalt.
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Die in Grau gehaltenen Teile sind Begriffe und Tatsachen, die ich hervorheben will.
Die blau gehaltenen Sätze sind Dinge, die entweder der Verfasser oder der Redakteur des ursprünglichen ungarischen Artikels hervorheben will.