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TERRORISMUSBEKÄMPFUNG
Anläßlich der Anschläge von Brüssel hört man einiges zu dem Thema: „Wie konnte es dazu kommen?!“ und die Erklärungsangebote sind beunruhigend: Es werden nämlich ausnahmslos Unterlassungen dingfest gemacht. Das, was geschehen ist, ist durch etwas entstanden, was nicht geschehen ist.
Das ist wissenschaftlich betrachtet Unsinn. Die Abwesenheit von etwas kann nie der Grund für etwas anderes sein. Was nicht ist, tut niemandem weh.
Diese Deutungen des Terrors sind aber gar nicht als Erklärungen der Wirklichkeit zu verstehen. Es sind vielmehr zukunftsweisende Absichtserklärungen, mit denen die politischen Akteure kundgeben, was sie zu tun gedenken, und die Medien fordern sie damit auf, das auch wirklich zu tun.
Eine dieser Verlautbarungen ist, die Integration sei gescheitert. Eine zweite lautet, die Überwachung hätte nicht hingehaut und daran anschließend, die Geheimdienste hätte versagt, unter anderem deshalb, weil sie nicht zusammenarbeiten.
„Integration“ „gescheitert“?
Was ist damit gemeint? Was ist eigentlich „Integration“? Ein ordentlicher Arbeitsplatz und damit ein gesichertes Einkommen, so der allgemeine Konsens. Und das hätten die Leute in der Banlieue, in Molenbeek, die Rioters in Großbritannien und die Jugendlichen in Griechenland vermutlich auch gerne. In der krisengeschüttelten EU mit 23 oder mehr Millionen Arbeitslosen, dazu jeder Menge working poor mit Sozialhilfezuschüssen usw. gibt es diese Arbeitsplätze allerdings nicht mehr. Gerade in Belgien, man erinnere sich, gab es 2014 große Proteste gegen die Betriebsschließungen in der Schwerindustrie und die Angriffe auf das Lohn- und Pensionsniveau – übrigens vergeblich. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, der Druck auf die noch Beschäftigten gewachsen.
Die berufliche Perspektivenlosigkeit kettet die jungen Leute an das Elternhaus oder treibt sie in die Kriminalität.
Der Begriff „Integration“ beinhaltet jedoch noch mehr. Er vermittelt den Eindruck, es läge nur an den Betroffenen selbst, sich zu integrieren, sich zu bemühen, Ausbildungen zu machen, miese Jobs anzunehmen, anständig zu bleiben, usw. usf. Bestenfalls werden noch Behörden angewiesen, ihnen dabei unter die Arme zu greifen und Hilfen für diese Integration anzubieten.
Dabei sind weder die Jugendlichen noch die Behörden diejenigen, die über den Arbeitsmarkt gebieten und Arbeitsplätze schaffen. Das kann nur das Kapital, und das hat in seiner inzwischen schrankenlosen Freiheit der Auswahl der Sphären und Standorte beschlossen, daß es einen guten Teil der europäischen Bevölkerung nicht benötigt.
Es ist also die Integration nicht „gescheitert“, sondern die Schaffung von überflüssiger Bevölkerung ist ein Ergebnis der Akkumulation des Kapitals, nicht der Abwesenheit von gutem Willen und Investitionen.
Kontrolle der Bevölkerung mangelhaft?
Hier schlagen sich alle möglichen Vertreter der nationalen Gewaltapparate der EU auf die Brust und seufzen „mea culpa“. Andere wiederum meinen, ihre Hausübungen bereits gemacht zu haben und auf dem richtigen Weg zu sein. Man müßte mehr Telefongespräche abhören, mehr Spitzel anwerben, mehr Verkehrskontrollen veranstalten, mehr Sicherheitskräfte einsetzen usw. Die Staaten sind aufgerufen, ihrerseits zu investieren, den ganzen Sicherheitsapparat aufzustocken, mehr Polizisten mit Waffen patrouillieren zu lassen, die Grenzen besser zu überwachen – Schengen ade! – und die Gesetzeslage dahingehend zu verändern, daß sich die Polizei und Justiz von allen falschen Rücksichten gegenüber den Untertanen möglichst entfesseln. Dabei können sie auf Medien zählen, die diese Aufhebung der bürgerlichen Rechte begrüßen und beklatschen.
Man erinnere sich, daß in Frankreich seit Monaten der Ausnahmezustand herrscht. In dem Land, das seinerzeit die Deklaration der Menschenrechte verabschiedete, können heute Leute ohne richterlichen Befehl verhaftet und Hausdurchsuchungen vorgenommen werden, Versammlungen verboten und Leute recht lange ohne Anklage in Haft gehalten werden. Ähnliche Entwicklungen sind in ganz Europa zu erwarten, ähnlich wie in den USA durch dem Erlaß der Antiterrorgesetze nach 9/11.
Das totalitäre Ideal, den Menschen ins Hirnkastl hineinschauen und dadurch alle strafbaren Handlungen bereits im Vorfeld unterbinden zu können, wird hier wieder einmal gepäppelt. Ein Ideal bleibt es allemal, und den Terror damit zu bekämpfen, ist unmöglich: Staaten, wo ein Teil der Bevölkerung hauptberuflich damit beschäftigt ist, den anderen zu überwachen, können auf Dauer nicht bestehen – die Demokratie, und das war ihr Erfolgsmodell, beruht auf dem Konsens der Bürger, nicht auf ihrer Kontrolle.
Bei all diesen Verfahrensformen und Aussagen, und auch beim lockeren Umgang mit Asylrecht und Flüchtlingen, der schon die UNO als Kritiker auf den Plan gerufen hat, zeigt sich auch noch ein weiteres wichtiges Moment der Demokratie: sie ist eine Staatsform, erfüllt sie ihren Zweck nicht mehr, so wird eben anders Staat gemacht.
Rückerinnerung: DSCHIHAD (25.8. 2014)

Österreichische Premiere

EIN BUNDESLAND GEHT PLEITE
1. Die Anleihen und ihre Käufer
Die Hypo Alpe Adria begab (von ?) bis 2008 Anleihen in der Höhe von mindestens 11 Milliarden Euro, um ihre Expansion auf dem Balkan und auch diverse Projekte in Österreich selbst zu finanzieren. Die genaue Höhe der Anleihensumme ist trotz des seit Jahren tagenden Untersuchungsausschusses zur Hypo Alpe Adria nicht ganz klar.
Erstens, weil diese Anleihen halboffiziell über Jersey und Liechtenstein und nicht auf Börsen ausgegeben wurden, weil das die Kosten für die Emission erhöht hätte. Dadurch existiert eine Dunkelziffer in Bezug auf die Gläubiger.
Zweitens, weil diese Anleihen inzwischen auf Ramsch-Status gelandet sind, die Gläubiger, sofern offiziell, aber den Nennwert oder Marktwert von 2007 fordern.
Schließlich, drittens, weil nicht alle Gläubiger sich offziell melden: Es hätte auf ihren Kredit keinen guten Einfluß, wenn sie die Existenz solcher Papiere in ihren Portfolios einbekennen. „Es kursieren Investoren-Listen“, so heißt es im österreichischen Wirtschaftsblatt. Soviel weiß man jedenfalls, daß zu den Gläubigern viele österreichische Banken und Finanzinstitute gehören, und auch sonst alles versammelt ist, was Rang und Namen hat:
„Unter Berufung auf Daten des Bloomberg-Finanzinformationssystems haben die „Presse“ und die ORF-„ZiB“ aus Listen von Investoren zitiert. Jene Anteile, die von Banken und Fondsgesellschaften in Anleihefonds genommen werden, sind in dem System aufgelistet. Die Datensammlung dazu ist umfangreich, laut Zeitung findet sich darauf jedenfalls die Creme der nationalen und internationalen Banken- und Fondslandschaft.“ (Wirtschaftsblatt, 19.2. 2014)
2. Die Landeshaftung
Diese Anleihen waren, da der Kapitalstock der Bank klein war und sie eine Bank des Landes Kärnten war, durch Landeshaftungen besichert. Diese Landeshaftungen, die auch andere Bundesländer für Banken eingingen, waren ein Erbe des staatlichen Banksektors in Österreich und ein Ausdruck des Kapitalmangels des österreichischen Banksektors. Mit Hilfe dieser Landeshaftungen unternahm das österreichische Finanzkapital seine Eroberung der postsozialistischen Staaten. Die Landeshaftung Kärntens war also kein „Ausrutscher“ oder Sonderfall, sondern entsprach einer üblichen Praxis in Österreich.
Seit 2009, als die Hypo AA notverstaatlicht wurde, werden diese Anleihen vor sich hergeschoben. Der Rechtsstreit mit der Bayrischen Landesbank, die bei der Hypo AA 2007 als Mehrheitseigentümer eingestiegen war, zog sich bis zum Vorjahr bezüglich der Frage, welche Bank der anderen nach der Verstaatlichung etwas schuldig war. Die Frage der Anleihen berührte das aber nur am Rande.
2014 wurde noch abgewiegelt:
„»Diese Bank hat keine Liquiditätsprobleme, und es ist eine ziemlich kleine Bank und nicht von europäischer Relevanz«, sagte der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny in einem Reuters-Interview.“ (Wirtschaftsblatt, 19.2. 2014)
Der österreichische Nationalbankchef sah es also als vergleichsweise kleines Problem an, Anleihen in dieser Höhe einfach verfallen zu lassen.
So einfach ist das aber dann auch nicht. Die Gläubiger haben sich zu Kläger-Gruppen zusammengeschlossen und die von der Hypo-Nachfolgebank HETA bzw. von Kärnten angebotenen Vergleiche ausgeschlagen, die zwischen 10 und 25% der Nominalsumme abgedeckt hätten. Sogar Argentinien bot seinerzeit mehr bei den unter Néstor Kirchner abgeschlossenen Vergleichen, nämlich rund 33%.
Die „Angebote“ waren deswegen so unverschämt niedrig, weil eine Belastung des österreichischen Staatskredites vor allem im Jahr 2017, wenn das Gros dieser Anleihen zur Tilgung ansteht, diesen beträchtlich schwächen könnte. Zweitens aber auch deswegen, weil die österreichischen Verantwortlichen überzeugt waren, daß die Gläubiger jedes Angebot annehmen müßten, um überhaupt etwas von ihrem Geld zu sehen. Sie hielten Kärnten für nicht pfändbar.
3. Die Klage und die möglichen Folgen
„Die Creme der nationalen und internationalen Banken- und Fondslandschaft“ hat sich anders entschlossen und Kärnten geklagt, seine Garantien einzulösen. Sie können es sich nämlich nicht leisten, die Anleihen in ihren Portfolios zum Ramschwert abgelöst zu kriegen. Das würde erstens viele diese Gläubiger selbst in die Pleite treiben, und zweitens auch auf ähnliche Anleihen dieser Art, die auch andere Geldinstitute der EU begeben haben, eine sehr negative Wirkung entfalten. Die Verschuldung zwischen den Banken würde reihenweise Pleiten produzieren und Wertpapiere entwerten.
Die Klage eines Bundeslandes ist absolutes juristisches Neuland. Der Vorteil für die Gläubiger ist, daß die Anleihen pro forma ihren Wert behalten, solange sich der Rechtsstreit zieht, und keine Abschreibung vorgenommen werden muß.
An Kärnten könnte Ähnliches durchexerziert werden wie an Griechenland: massenhafte Entlassung von Landesbeamten, Privatisierung von Energie und Infrastruktur, Krankenhäuser ohne Medikamente, Suppenküchen für die am Härtesten Betroffenen, und der Bund müßte dann vermehrt für die Armutsverwaltung des Bundeslandes einspringen.
Wie man bereits an Griechenland sieht, führt dergleichen Schuldendienst und Pfändung zum wirtschaftlichen Ruin und stellt selbst die Wahrung der staatlichen Verwaltung und Ausübung der Staatsgewalt in Frage.
Wer würde in Kärnten die Polizei bezahlen, wenn alle Einnahmen gepfändet würden? Wer das Gesundheitswesen und die Sozialausgaben, wer die Lehrer und die Beheizung der Schulen?
Eine weitere Frage wäre, welche Gerichte für diese Verfahren zuständig sind. Was wurde bei den Anleihenemissionen als Gerichtsstand vereinbart? Ein österreichischer Standort oder ein britischer oder Liechtenstein? Nach welchem Recht würde geurteilt?
Parallelen zu Argentinien und zu Island drängen sich auf, aber hier handelt es sich um Inner-EU-Recht, was auch noch einmal etwas Neues wäre.
Eine solche Welle von Klagen, was hätte das für Auswirkungen auf Österreich und auf die EU? Eine Art Kampf jeder gegen jeden könnte losgehen.
Das spanische Bundesland Valencia ist mindestens so pleite wie Kärnten. Seine Anleihen werden mit staatlichen Garantien besichert. Wenn wieder eine Tranche von Tilgungen fällig wird, könnte Spaniens Staatskredit wieder einmal zu wackeln anfangen.
Die Garantien Österreichs für den Kredit Griechenlands, Irlands und Portugals könnten in Frage gestellt werden – wie kann Österreich für den Kredit anderer EU-Staaten garantieren, wenn es nicht einmal sein eigenes Bundesland vor der Pleite retten kann?
Ob die EZB hier wieder einmal die Kartoffeln aus dem Feuer holen kann, ohne ihren Ruf endgültig zu ramponieren?

Die EU und die Flüchtlinge

MENSCHEN ALS ANGEBLICHE NATURKATASTROPHE
Es ist nötig, hier wieder eine Fortsetzungs-Seite einzurichten, weil das Thema heiß bleibt und ab einer gewissen Menge von Postings die Sache unübersichtlich wird.
Inzwischen gibt es also Rückstau von Flüchtlingen im ohnehin schon verelendeten Griechenland, und Uneinigkeit unter den EU-Größen, was jetzt weiter zu tun sei.