Kredit und Konsum

EIN LAND VERSCHULDET SICH BIS ÜBER DIE OHREN. DIE 2 SEITEN DES KREDITVERHÄLTNISSES
Während laut der Studie der KPÖ Oberösterreich 2005 außer in Österreich überall in der EU, also auch in Ungarn, der Anteil der FWK unter 5% lag, so stieg er bis 2010 auf 70%, größtenteils in Schweizer Franken. 90% aller Hypothekarkredite sind in FWK. Die Anzahl der nicht bedienten Kredite liegt im Dunkeln, allein durch die ausfälligen Hypothekarkredite sind insgesamt 1,5 Millionen Menschen von Delogierung bedroht.
Wie kam es dazu?
Um das zu begreifen, muß man sowohl die Seite der Kreditgeber als auch die der Kreditnehmer betrachten, und den Blick noch auf einige andere Akteure richten: Das internationale Finanzkapital und die einheimischen Politiker.
1. Die Banken
Jede Bank nimmt Einlagen an und vergibt Kredite. Das Kapital, das sie in Einlagen an sich zieht, ist die Basis ihrer Kreditvergabe. Je mehr fremdes Kapital sie bei sich versammeln kann, um so größer ist ihre Kapazität, andere mit Kredit zu beglücken, Kredit zu „schöpfen“. Bei Einlagen bzw. Fremdkapital soll man nicht in erster Linie an Sparbücher denken – dergleichen Kleinvieh war in der Frühzeit des Bankenwesens wichtig, macht aber heute einen verschwindenden Bruchteil aus, wozu auch teilweise das niedrige Zinsniveau beträgt. Auch gewöhnliche Gehalts- bzw. Girokonten fallen ins Gewicht, weil da kommt ja Geld herein, das bis zu seinem Abzug auch in den Bilanzen der Banken als Aktiva herumschwappt. Wichtige Gläubiger der Bank sind Firmen und Private, die „ihr Geld arbeiten lassen“ wollen, also von der Bank erwarten, daß die ihnen eine ordentliche Rendite herausholt. Die Bank braucht die Einzahler also, um ihr Geschäft betreiben zu können, sie macht ihren Profit aber über die Kreditvergabe. Den Gläubigern muß sie was zahlen, von den Schuldnern nimmt sie was ein.
(Um die Sache hier überhaupt darstellen zu können, lassen wir hier einmal den Wertpapierhandel, die Wertpapieremission und andere Zusatzgeschäfte weg.)
Das Kapital, ihre Aktiva also, bezogen die Banken aus den außerhalb Ungarns befindlichen Mutterbanken. Die Schwierigkeit bestand darin, Leute zu finden, die bei ihnen zu einem hohen Zinsfuß Kredit nehmen wollten. Ein hoher Zinsfuß war jedoch notwendig, da Ungarn nicht zugetraut wurde, in absehbarer Zeit eine flotte Wirtschaft hinzukriegen, der Forint daher von allen maßgeblichen Akteuren der Finanzwelt als von Absturz gefährdet und Forint-Kredite als ziemlich riskant angesehen wurden. Diese Einstufung bekamen sowohl der Staat als die Privaten zu spüren, in Form eines Zinssatzes um die 10. Kredite waren noch dazu an Währungsschwankungen und Leitzinsveränderungen gebunden, also flexibel.
Als sich also die Möglichkeit eröffnete, Kredite in FWK zu vergeben, war die ersehnte Möglichkeit da, das Kreditvolumen zu erweitern. Die Möglichkeit, daß es durch Wechselkursschwankungen zu Kreditausfällen kommen könnte, wurde wohl eingeplant, aber eben so, wie das Banken immer machen: Das Ausfallsrisiko wurde in Prozent der gesamten vergebenen Kredite eingeschätzt und in den Zinsfuß eingepreist. Sicherlich rechneten die Banken nicht damit, daß dieser Prozentsatz sich verdoppeln oder verdreifachen könnte, weil wenn sie das auch wieder in das Zinsniveau aufgenommen hätten, so wären auch die FWK für die Kunden wieder genauso unerschwinglich wie die Forint-Kredite geworden.
Mit der Finanzkrise, die durch dergleichen Manöver verursacht worden ist, rechnete eben vorher niemand.
2. Die Kreditnehmer
Die eine Gruppe von Kreditnehmern, die biederen Arbeiter, Angestellten oder Staatsbeamten, die sich ein Haus, eine Wohnung oder ein Auto leisten wollen, gehen sehr naiv und gleichzeitig sehr berechnend vor. Einerseits rechnen sie damit, daß ihr staatsbürgerliches Anpaßlertum, ihre Bravheit und Dienstfertigkeit doch irgendwie anerkannt ist und weiterhin sein wird und ihre Einkommensquelle deshalb stabil ist, sie sich diese Verschuldung also leisten können. Ihre Berechnung ist also von Vertrauen in dieses Wirtschaftssystem und ihre Stellung darin geprägt. Das macht auch gleichzeitig ihre Naivität aus, weil sie vor den Risiken der Konkurrenzgesellschaft die Augen verschließen und sicher sind, daß die rundum zu beobachtenden faktischen Widerlegungen dieses guten Glaubens – Entlassungen, Krankheit, durch Scheidung bedingte Verarmung usw. – sie selbst nicht treffen werden. Treten sie dennoch ein, so werden oft individuelle Lösungen wie Alkoholismus, Tablettensucht oder Selbstmord gewählt, die zwar den Kredit uneinbringlich machen, aber niemals zu einer Einsicht in diejenigen Abhängigkeitsverhältnisse führen, die sie vormals bejaht haben.
Eine andere Abteilung sind Unternehmen und Gemeinden. Unternehmer, auch wenn sie, wie in Ungarn, mehrheitlich eher schwachbrüstig, also mit geringem Eigenkapital unterwegs sind, wissen, daß der Zugang zu Kredit ihnen das Mittel in die Hand gibt, „Märkte zu erobern“, also ihre Konkurrenten aus dem Rennen zu werfen. Deren Erfolg hängt eben von diesen Märkten ab: ob sie dort konkurrenzfähig (geringe Stückkosten oder für sie günstige Währungskurse) sind, dort überhaupt hindürfen ((Zollschranken usw.) und last but not least, wie es um die Zahlungsfähigkeit dort beschaffen ist. Für diese Leute bedeutete natürlich der EU-Beitritt Ungarns ein Aufbruch zu neuen Ufern. Vorher verschlossene Märkte konnten angepeilt, Rohstoffquellen erschlossen werden. Das Ärgernis, für all das nur ein nur bedingt konvertibles Geld zur Verfügung zu haben, wurde durch die FWK beseitigt.
Schließlich die Gemeinden, so wie Provinzregierungen – im Falle Ungarns die Komitate – und auch der Staat selbst wähnten sich lange in der Illusion unbegrenzter Verschuldungsfähigkeit, da sie Grundlagen und Garanten des Wirtschaftstreibens sind und darüberhinaus quasi unauflösbare – im Unterschied zu Firmen – Einheiten, die sich im Augenblick der Kreditaufnahme sozusagen zu ideellen Eigentümer aller auf ihrem Territorium befindlichen Reichtumsquellen erklären und damit eine Art von Solidität für sich beanspruchen, die sie den anderen, privaten Schuldnern gegenüber als sichere Zahler erscheinen läßt – eine Einschätzung, die lange Zeit, bis 2008 nämlich, auch von den Banken geteilt wurde.
Alle drei Schuldner wollen also etwas erwerben, wofür sie das Geld nicht haben. Privater wie produktiver Konsum wird so durch Kredit finanziert, und das galt vor 2008 ungefragt als der Hebel des Wachstums.

Kredit-Entwicklungshilfe

DER EXPORT DER FREMDWÄHRUNGSKREDITE NACH UNGARN
Die Vorgeschichte
Ungarn war zur Zeit der Wende das sozialistische Land mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung. Die Jahre nach der Wende stand das ungarische Budget unter der Kuratel des IWF, was auch von den ungarischen Regierungen Antall und Horn ausdrücklich gutgeheißen wurde: Helft uns bitte, die Marktwirtschaft einzuführen!
Es ist nicht mehr ganz möglich, die Gründe nachzuvollziehen, warum der Leitzins in Ungarn bis 1998 um die 20% betrug, aber ohne das segensreiche Wirken des IWF wäre das nicht möglich gewesen. Erst der ersten Fidesz-Regierung – die deshalb auch im Ausland damals schon eine schlechte Presse hatte – gelang es, den landesüblichen Zinsfuß auf 8-10% zu drücken.
Bei dergleichen Zinssätzen war natürlich an so etwas wie ein Kreditwesen nicht zu denken, und die Banken dümpelten mit Gehaltskonten und wackligen Krediten an Klein- und Mittelbetriebe sowie Wertpapierhandel vor sich hin.
Auch ein Immobilienmarkt wollte sich nicht so recht entwickeln. Die Altbausubstanz verfiel, weil die Besitzer sich Renovierungen kaum leisten konnten, und Neubau war nur für wenige leistbar bzw. es fanden sich auch keine Investoren, die in den Wohnungsbau eingestiegen wären. Wohnungen wurden getauscht, und wer von einer Tante eine Wohnung geerbt hatte, versuchte sich mit Miteinnahmen ein Einkommen zu verschaffen.
Um 2000 herum beschloß die ungarische Regierung ein Kreditstützungsprogramm für Hypothekarkredite. Ihre erste Zielgruppe waren junge Familien, die sich eine Eigentumswohnung nicht leisten konnten. Dieses Kreditstützungprogramm weitete sich rasch aus, und wurde von der Nachfolgeregierung übernommen. Mit der Zeit stellte es eine große Belastung für das ungarische Budget dar.
Der EU-Beitritt und die Genehmigung der FWK
Im Mai 2004 trat Ungarn der EU bei. Aber die Einführung des Euro rückte in immer weitere Ferne, und der Umfang der Kreditstützungen nahm unangenehme Ausmaße für das Budget an.
Inzwischen waren die Banken auf den Geschmack gekommen und bestürmten die Regierung, die Richtlinien für Konsumentenkredite zu lockern, weil dadurch eine Ausweitung ihres Geschäfts möglich wurde.
(Da sich die Banken in Euro refinanzierten, die Kredite jedoch in Forint vergaben, so trugen sie bis zu diesem Zeitpunkt das Risiko der Wechselkursschwankungen.)
Aus diesen Erwägungen heraus faßte das ungarische Parlament um die Jahreswende 2004/2005 herum den Beschluß, die Vergabe von Fremdwährungskrediten zu gestatten. Der Beschluß war einstimmig, auch die damals in Opposition befindliche Fidesz-Partei stimmte ihm zu.
In der am Internet einsehbaren Sammlung der Parlamentsbeschlüsse und Gesetze findet sich keine Spur dieses Beschlusses. Diese Sammlung ist möglicherweise unvollständig. Es ist aber bezeichnend, daß heute so niemand richtig für diesen Beschluß verantwortlich sein will. Es ist deshalb auch schwierig, herauszufinden, was die Argumente der Befürworter dieser Maßnahme waren.
Damals, 2005, daran sei erinnert, war von einer Krise noch keine Rede und weltweit galt Kredit als Hebel des Wachstums. Die ungarischen Politiker erhofften von einer Belebung der Kreditvergabe auch eine Belebung des Immobiliensektors und eine Lösung der Wohnungsnot. Außerdem wollte Ungarn sich wieder einmal – wie schon oft – als Vorreiter der marktwirtschaftlichen Reformen präsentieren und sich dadurch als Standort attraktiv machen.
(Ähnliche Beschlüsse zur Genehmigung der Vergabe von FWK wurden auch in den anderen osteuropäischen Staaten getroffen, aus ähnlichen Erwägungen. Aber in den Nachbarstaaten war die Auslands-Verschuldung geringer und der nationale Zinsfuß deshalb niedriger. Daher war die Notwendigkeit, zu solchen Krediten zu greifen, eher gering.)
Kreditvergabe 2005 ff.
Und die Banken begannen, vor allem Franken-Kredite zu vergeben, da der Zinsfuß damals bei rund 1% lag, der des Euro bei 2,5 % ud der Yen zwar günstig, aber doch etwas exotisch war. 60% aller Kredite an Privathaushalte sind in Franken, 90% aller Hypothekarkredite und 70% der gesamten in Ungarn vergebenen Kredite in FWK. Neben dem Privatkundengeschäft wurde die FWK-Kreditvergabe auch auf Unternehmen, Komitate und Gemeinden ausgedehnt.
Jeder Kredit ist eine Vorwegnahme eines getätigten Geschäftes, jeder Schuldschein ein Zahlungsversprechen auf die Zukunft. Ich kann heute nicht zahlen, aber morgen schon, verspricht der Schuldner. Beim Konsumentenkredit ist von vornherein eine Schieflage dadurch gegeben, daß solche Kreditnehmer ihr Einkommen aus unselbständiger Arbeit beziehen und sich einen Konsum leisten, den ihr Einkommen eigentlich nicht hergibt, weil es sich ja nicht in dem Maße erhöht, wie die Zinsbelastung erfordern würde. Diese Leute verarmen sich also auch unter den Bedingungen eines gewöhnlichen und auch von ihnen regelmäßig bedienten Kredites.
Sobald aber entweder an der Zinsfront oder an der Einkommensfront ungünstige Veränderungen eintreten, so wird der ganze Angelegenheit fragwürdig und auch der Konsum wird rückgängig gemacht, indem der konsumierte Artikel an die Bank oder den Verkäufer zurückfällt: Delogierung und Pfändung stehen an.
Das bei FWK immer vorhandene und in guten Zeiten der Währungsstabilität vernachlässigte Wechselkursrisiko verdoppelte sich für die Franken-Kredite in einem Weichwährungsland wie Ungarn. Der ungarische Schuldner übernahm zwei Risiken: Daß der Euro gegenüber dem Franken fallen könnte, und daß der Forint gegenüber dem Euro fallen könnte.
Anfang 2005 glaubte niemand, daß der Euro gegenüber dem Franken fallen könnte. Der Euro war zwei Jahre jung, seine Schöpfer klopften sich gegenseitig auf die Schulter und waren überzeugt, die neue Weltwährung zusammengebastelt zu haben, die irgendwann einmal den Dollar vom Thron stürzen würde.
Auch bezüglich des Forintkurses waren alle optimistisch. Der EU-Beitritt hatte Ungarn, so meinten zumindest alle maßgeblichen Politiker, Ökonomen und Zeitungsschmierer, also die meinungsbildende Öffentlichkeit, einen Schritt weitergebracht nach „Europa“, die Einführung des Euro sei nur eine Frage der Zeit.
Damals erhielt man für einen Euro 250 Forint, heute 293, aber man war vor nicht allzulanger Zeit auch schon bei 300. Seit 2005 ist also eine Abwertung von 20% eingetreten.

Österreich–Ungarn 1 : 0

FREMDWÄHRUNGSKREDITE
Die Fremdwährungskredite verbreiteten sich ab der Mitte der 90-er Jahre in Österreich von Vorarlberg nach Westen als Kreditexport von Schweizer Banken:
„Etwa ab dem Jahr 1995 begannen Unternehmen und Haushalte auf breiter Basis ihre Kredite in Fremdwährung — hauptsächlich in Schweizer Franken und zuletzt verstärkt auch in japanischen Yen — aufzunehmen. Insgesamt bestanden zwischen Ende 1995 und Mitte 2002 mehr als die Hälfte der Zunahme der Kredite der österreichischen Banken an Unternehmen und nahezu zwei Drittel der Zunahme der Kredite an Haushalte aus fremder Währung. In diesem Zeitraum hat sich das Volumen der aushaftenden Fremdwährungskredite mehr als verfünffacht, was einer durchschnittlichen Jahreswachstumsrate von 29 % entsprach.
In einigen Quartalen betrug der Fremdwährungsanteil der Nettoveränderung der Bankkredite mehr als 100 %, das heißt, in diesen Perioden wurden jedenfalls netto Schilling- bzw. Eurokredite in Fremdwährungsfinanzierungen umgeschichtet. Zu Jahresmitte 2002 waren 19.4 % der Forderungen an Unternehmen und 24.1 % aller Kredite an private Haushalte … in Fremdwährung denominiert.“ (ÖNB Finanzmarktstabilitätsbericht, 2003)
Sorgen bereiteten diese Kredite unterschiedlichen Institutionen:
„Sorgen macht der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) die Entwicklung bei Fremdwährungskrediten, man wolle kein Neugeschäft mit Yen- und Frankenkrediten und anderen fremden Währungen, so die Vizegouverneurin der OeNB, Gertrude Tumpel-Gugerell, in einem Interview mit dem „Kurier“. Es steckten enorme Risiken in den Fremdwährungskrediten. Verbieten könne die Notenbank den Kreditinstituten die Vergabe solcher Kredite im liberalisierten Markt nicht, es würden aber Maßnahmen mit den Banken überlegt.“ (Der Standard, 25.3. 2003)
„Mit Jahresbeginn 2005 waren in Österreich 49 Mrd. € in Fremdwährungskrediten ausständig, das entspricht 19 Prozent aller aushaftenden Darlehen. Österreich nimmt mit diesem hohen Anteil den Spitzenplatz in der Eurozone ein, in anderen EU-Ländern beträgt diese Finanzierungsform weniger als fünf Prozent. Bei den privaten Haushalten lag im 1. Quartal 2005 der Anteil der Fremdwährungskredite zwischen 13 Prozent in Salzburg und 60 Prozent in Vorarlberg.
Etwas zeitverzögert sind auch Gemeinden stark in diese Finanzierungsform eingestiegen. Von 1998 bis 2004 hat sich das Volumen der Fremdwährungskredite von Gemeinden von 50 Mio. auf 1,1 Mrd. € erhöht, das entspricht acht Prozent der Gemeindekredite. Bei einzelnen Gemeinden hat diese Finanzierungsform besorgniserregende Dimensionen angenommen.“ („Positionspapier Fremdwährungskredite“ der KPÖ Oberösterreich vom 13. Juli 2005)
Bei einem Fremdwährungskredit wird die Stabilität der Währung, also geringe Inflationsrate und das Zinsniveau eines Landes selber zu einem Exportartikel. Der österreichische Staat nahm lange Kredite in Fremdwährungen auf, um die eigene Währung, den Schilling, dadurch zu stabilisieren. Unternehmen bedienten sich einer im internationalen Zahlungsverkehr verbreiteteren Währung als des Schillings, um ihre Zahlungsfähigkeit zu erweitern. Für den Privathaushalts-Kreditnehmer schließlich waren diese Kredite ab einem gewissen Zinsniveau-Unterschied trotz der höheren Gebühren immer noch günstiger als Eigenwährungskredite. Sie nahmen dafür auch das Wechselkursrisiko in Kauf. Dieses war bis vor ein paar Jahren gering, da sowohl Schilling als Euro gegenüber dem Franken einen stabilen Wechselkurs hatten.
Für die Banken gab es jedoch eine Art Bremse, die sie daran hinderte, diese Kredite allzu freizügig zu vergeben: Da die Bank selbst den Kredit in Fremdwährung aufgenommen, ihn aber in Landeswährung vergeben hatte, wurde von der österreichischen Gesetzgebung die Verpflichtung eines mit Fremdwährung besicherten Kredites bei der Nationalbank eingebaut. Für jeden vergebenen FWK mußte also einiges in Fremdwährung bei der NB hinterlegt werden.
Die findigen österreichischen Banken machten daraus ein Zusatzgeschäft, indem sie ihren werten Kunden zusätzlich zu dem FWK einen „Tilgungsträger“ aufschwatzten: Der Kreditnehmer mußte ein zweites Konto eröffnen, meist in Form einer Lebensversicherung, auf das er Zinsen und Tilgungsraten einzahlte. Die Bank versuchte dann, dieses Geld so anzulegen, daß sie dabei höhere Renditen erzielte, als der niedrige Zinsfuß des Kredites ausmachte. Sicher wurde dabei dem Kreditnehmer das Blaue vom Himmel herunter versprochen, angesichts der Tatsache, daß er das Risiko übernahm, daß sich der Kredit nicht nur dadurch verteuern konnte, daß sich der Wechselkurs ungünstig entwickelte, sondern auch dadurch, daß bei dem Tilgungsträger etwas schiefgehen und die Rendite in den Keller sacken konnte – was beides seit 2008 eingetreten ist.
Es ist im Nachhinein nicht ganz nachvollziehbar, was eine solche große Menge von Privatpersonen dazu bewogen hat, derartige Kredite aufzunehmen, da sich abgesehen von den Risiken auch der Kredit selbst durch das komplizierte System mit erhöhten Gebühren zu Buche schlug und daher auch nicht besonders günstig sein konnte.
Ein Pionier der FWK-Verschuldung ist die Gemeinde Purkersdorf in Niederösterreich, die sich in den 90-er-Jahren mit Yen-Krediten in die Nähe des Bankrotts manövrierte, Ende der 90-er-Jahre ihre Kreditaufnahme per Gemeinderatsbeschluß auf Franken umstellte, sich 2008 brüstete, Unmengen von Geld wegen dieser Kredite gespart zu haben und jetzt mit langfristigen Franken-Darlehen in einer eher prekären Lage ist.
„Laut Unterlagen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verzeichneten die Kommunen 2009 Franken-Kredite in der Höhe von 770 Millionen Euro, Ende 2010 waren es 1,9 Milliarden Euro und per 31. Mai dieses Jahres 2,1 Milliarden Euro, berichtete das „WirtschaftsBlatt“. Im Februar 2011 überstiegen die Fremdwährungskredite der Gemeinden die Zwei-Milliarden-Grenze, im März und April beliefen sie sich auf knapp unter zwei Milliarden Euro und per Ende Mai auf 2,1 Milliarden Euro, das geht aus einer der APA vorliegenden Aufstellung hervor.
Ein Teil der Steigerung ist auf Wechselkurseffekte zurückzuführen, ein anderer auf Neuaufnahmen. Die genaue Aufteilung erläuterte die OeNB gegenüber der APA nicht. Bei den Fremdwährungskrediten handelt es sich zu beinahe 100 Prozent um Schweizer Franken.“ (ORF, 25.7. 2011)
Seit 2008 wurden viele dieser Kredite – telweise mit beträchtlichen Kosten für die Kreditnehmer – in Euro-Kredite umgewandelt. Seit März 2010 sind sie in Österreich für Private angeblich verboten, für Gemeinden offenbar nicht.
Diese Kredite geben auch den Ratingagenturen Anlaß zu Besorgnis. Sie waren offenbar von Anfang an der österreichischen Finanzaufsicht nicht ganz geheuer.
Völlig anders war es in Ungarn, wo im letzten Jahrzehnt die FWK zum Exportschlager der österreichischen Banken avancierten und eine Verschuldungslawine auslösten, die in Europa ihresgleichen sucht.