Pressespiegel Komsomolskaja Pravda 10.9.: Getreidelieferungen ins hungernde Europa

„WARUM UKRAINISCHES GETREIDE IN DEN WESTEN GESCHICKT WIRD UND NICHT IN ARME LÄNDER

Gleichzeitig hat Russland im vergangenen Sommer fast sein gesamtes Getreide nach Asien, Afrika und Lateinamerika geliefert.

Aufruhr in den USA, in Europa und in der Ukraine. Sie fürchten ernsthaft, dass Russland den Getreideexport aus der Ukraine einschränken könnte. Präsident Wladimir Putin hat neulich solche Aussichten skizziert und erklärt, dass er plant, diese Frage mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan zu erörtern.
Der Grund für die mögliche Revision der früheren Vereinbarungen war die Analyse der Versorgung mit ukrainischem Getreide. Es stellte sich heraus, dass trotz Zusicherungen, daß die Waren in arme und Entwicklungsländer exportiert würden, der Löwenanteil des Stroms nach Europa ging.
»Wir haben jede Bewegung aufgezeichnet, hier gibt es keine Irrtümer«, sagte Putin am Freitag bei einem Treffen mit ständigen Mitgliedern des russischen Sicherheitsrates.
»Von den 87 Schiffen mit Getreide, die die ukrainischen Häfen verließen, blieben 32 in der Türkei, und ich denke, daß dies absolut normal ist, weil die Türkei, das Land, das diesen gesamten Prozess organisiert, sicherlich das Recht dazu hat.“

Rechtsfragen beiseite: Wohin exportierte die Türkei dieses Getreide? Das blieb nicht alles dort.
Über diesen Punkt herrscht diskretes Schweigen. Übrigens nicht nur in russischen Publikationen. Auch westliche Beobachter trauen sich nicht so richtig drüber.
Ebensowenig weiß man etwas über die Erlöse aus den Verkäufen.
Es ist durchaus möglich, daß damit Bajraktar-Drohnen und ähnliches Gerät aus der Türkei bezahlt wurden.

3 wurden nach Südafrika geschickt, 3 nach Israel, 7 nach Ägypten, 30 in die Europäische Union und nur zwei in die ärmsten Länder im Rahmen von UN-Ernährungsprogrammen. Dies sind Jemen und Dschibuti – das sind 60.000 Tonnen und nur 3%.«
Gleichzeitig sieht man, daß Russlands Hilfe für arme Länder und Entwicklungsländer viel umfangreicher ist. Nach Angaben des Präsidenten hat Russland im Mai-August dieses Jahres 6,6 Millionen Tonnen Getreide auf den Weltmarkt geliefert – Weizen, Gerste, Mais.
»Davon 6,3 Millionen Tonnen nur in die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas« sagte Putin. »Russland wird bis Ende des Jahres 30 Millionen Tonnen Getreide liefern. Wir sind bereit, dieses Volumen auf 50 Millionen Tonnen und mehr zu erhöhen.«“

Es ist auch bemerkenswert, wie wenig die UNO von dem ukrainischen Getreide gekauft hat. Immerhin ist sie der größte Aufkäufer von Brotgetreide.
Von Rußland darf sie inzwischen nichts kaufen.
Das heißt, sie hat es von den USA und anderen Produzenten wie Kanada und Argentinien eingekauft. Heimlich still und leise. Und zu immer noch recht hohen Weltmarktpreisen. Der Weizenpreis steht immer noch 38% über dem Preis des Vorjahres.
Es spricht nicht für die UNO und ihren Generalsekretär, daß sie das nicht einmal erwähnt. Immerhin war diese Organisation Vertragspartner des Getreidedeals, neben der Türkei, der Ukraine und Rußland.

„Dies ist das Verhältnis »zu Gunsten der Armen«. 6,3 Millionen Tonnen von uns gegenüber 60.000 Tonnen ukrainischer. Mehr als 95 % aller Importe stammen von uns und nur 3 % aus der Ukraine. Gleichzeitig sind laut UNO 345 Millionen Menschen in 82 Ländern der Welt von akuter Nahrungsmittelknappheit betroffen.“

Die 7 Schiffe nach Ägypten, wo auch bereits große Probleme wegen der Getreideversorgung aufgetreten waren, werden vermutlich nicht mitgezählt, weil sie eben rein kommerzielle Transaktionen waren und nicht Hungerhilfe-Lieferungen der UNO-Organisationen.
Man erinnere sich, daß Ägypten vor Monaten ein Schiff abgewiesen hatte, das mit Getreide aus den russisch besetzten Territorien der Ukraine stammte. Das in Zeiten eines sehr hohen Brotpreises und der Gefahr der Unruhen. Ägypten setzt also ausdrücklich auf die ukrainische Seite.
Bemerkenswert ist hierbei auch der Libanon, der offenbar nichts erhielt, nachdem die „Razoni“ dort nicht angelegt hat. Der scheint inzwischen entweder völlig leer ausgegangen oder auf die andere Seite übergewechselt zu sein. Möglicherweise über türkische Vermittlung, um nicht zum Paria zu werden. D.h., der Libanon kauft Getreide aus der Türkei, über dessen Herkunft der Mantel des Schweigens gebreitet wird.

„»Russland liefert traditionell Getreide in die Länder Afrikas und Südostasiens. Russland und die Ukraine lieferten oft Getreide in dieselben Regionen«, sagte Natalya Shagaida, Direktorin des RANEPA-Zentrums für Agrarpolitik, gegenüber kp.ru. »Wir liefern sehr wenig Weizen nach Europa. Hartweizen beispielsweise kann zur Herstellung von Nudeln nach Italien gehen. Die EU ist selbst ein großer Produzent und Exporteur von Getreide. Und für die Ukraine gehörten die EU-Länder nicht zu den Hauptverbrauchern.“

Man muß hier hinzufügen, daß in der EU selbst durch Stillegungsprämien viele Länder, wie Spanien und Portugal, den Getreideanbau großflächig bleiben gelassen haben. Außer zur Verödung ganzer Landstriche auf der iberischen Halbinsel hat das auch zu sicheren Geschäften für die großen Agrarproduzenten wie Deutschland und Frankreich, aber auch für Agrarfirmen, die sich in Ungarn und Rumänien eingekauft haben, geführt.

„Sie waren es nicht, aber sie wurden es. Vielleicht wegen der Dürre. Und es ist zum Beispiel möglich, daß Getreide teilweise als Bezahlung für Rüstung nach Europa geliefert wird.
Ein Mitarbeiter der FAO (diese UNO-Organisation engagiert sich im Kampf gegen den Hunger), der anonym bleiben wollte, argumentierte mir gegenüber, dass dies unmöglich sei, da private Unternehmen am Getreideexport aus der Ukraine beteiligt seien und die Waffenlieferungen durch den Staat mittels zwischenstaatlicher Verträge erfolgen. Es handle sich daher, so das Argument, um verschiedene Geldbörsen, in denen dieses Geld lande.“

Na sowas! Das hat man ja noch nie gehört, daß private Firmen Geld an den Staat zahlen und der Staat private Firmen subventioniert. Der gehirngewaschene FAO-Mensch zitiert offenbar aus einem Lehrbuch über „Marktwirtschaft, wie sie sein soll“.

„Das hat mich nicht überzeugt.
Ich bin sicher, dass dies ziemlich heftig kommunizierende Gefäße sind, besonders unter den gegenwärtigen Bedingungen. Kein Wunder, dass die Frage des Exports von ukrainischem Getreide auf zwischenstaatlicher Ebene so heftig diskutiert wurde. Sie würden den Garten umzäunen, wenn es nur um die Profite einzelner privater Unternehmen ginge.“

Das ist nicht ganz verständlich. Der Autor meint vermutlich, daß diejenigen Staaten, deren Firmen betroffen sind – das wären in der EU vor allem Deutschland und die Niederlande – sich stärker ins Zeug gelegt hätten als andere. Ohne das Argument ganz von der Hand zu weisen, wird aber weder dem EU-Gefüge noch dem Verhältnis von Staat als Förderer des nationalen Kapitals ganz gerecht.

„Das US-Außenministerium reagierte sofort auf Putins Worte.
»Einer der geäußerten Kritikpunkte ist, dass Lebensmittel nicht in den globalen Süden, in die bedürftigsten Länder, geschickt werden“, zitiert TASS einen Kommentar des US-Sanktionskoordinators James O’Brien.
»Das Problem ist folgendes… Das sind globale Märkte. Also egal, wohin die Lebensmittel gehen, wohin dieser besondere Weizenkorb geht, es erhöht das globale Angebot und ermöglicht es anderen Menschen, anderen Weizen zu kaufen.«“

Damit wurde im Grunde bestätigt, was Rußland sagt.

„Diese Äußerung ist verräterisch. Es ist wie zu sagen: »Wir ernähren die Reichen, nicht die Armen, aber das ist in Ordnung, die Gesamtmenge an Nahrungsmitteln nimmt zu.«
So so.
Russland schickt sein Getreide jedenfalls direkt in arme Länder und nicht über europäische Getreidebörsen. Es liegt auf der Hand, dass das Getreide, wenn es nach Europa verschifft wird, auf europäischen Tellern landet.“

Da es sich größtenteils um Futtermittel handelte, erst vermittelt als Schnitzel.

„Oder es wird von den Europäern zu ihrem eigenen Vorteil weiterverkauft. Natürlich wird Russland nicht ruhig zusehen, wie solche listigen und gefährlichen Geschäfte vor seiner Nase gemacht werden.“

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„»Das ist in gewissem Sinne eine irreführende Diskussion«, ist sich ein Mitarbeiter des US-Außenministeriums sicher.
Wie die Website kp.ru zuvor schrieb, sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), António Guterres, dass es unmöglich sei, das Problem der weltweiten Nahrungsmittelkrise zu lösen, ohne Düngemittel und landwirtschaftliche Produkte aus Russland und der Ukraine auf die Weltmärkte zurückzubringen.“

Gut gebrüllt, Löwe! Oder eher umgekehrt: Es wäre angemessener, wenn die UNO selbst die Situation etwas entschiedener zur Sprache bringen würde. Ansonsten verliert sie in den „armen Staaten“ jede Glaubwürdigkeit, und nicht nur dort. Ganz abgesehen davon, daß die Nahrungsmittelkrise nicht abgesagt ist.

14 Gedanken zu “Pressespiegel Komsomolskaja Pravda 10.9.: Getreidelieferungen ins hungernde Europa

  1. Kleine Zusatzinfo:

    Weizen

    Preisfaktoren, Handel und Bedeutung von Weizen auf internationaler Ebene.

    Ob in Brot, Weizenbier oder Nudeln – Weizen ist allgegenwärtig. Auf internationaler Ebene wird Weizen an Warenterminbörsen gehandelt und nach den Sorten Weich- und Hartweizen unterschieden. Weizen wird an der CBot (Chicago Board of Trade) in Bushel gehandelt. Ein Kontrakt sind 5.000 Bushel (ca. 136 Tonnen "t"). Weitere wichtige Handelsbörsen für Weizen sind die Matif in Paris, die MGEX (Minneapolis Grain Exchange) oder auch die KCBT (Kansas City Board of Trade).

    Der Weizenpreis hängt stark von globalen wirtschaftlichen und politischen Faktoren ab. Weizen ist nach Mais das weltweit am häufigsten angebaute Getreide. Die jährliche Weltproduktion deckt 20 Prozent des globalen Kalorienbedarfes. Die größten Weizenproduzenten der Welt sind die USA, Indien, China und Russland. Größtenteils wird Weizen als Viehfutter verwendet, in vielen Ländern ist Weizen jedoch auch ein Grundnahrungsmittel für den Menschen. Am häufigsten werden Brot, Backwaren, Nudeln und Griess hergestellt. Weizen gewinnt auch als Grundlage für die Produktion von Bio-Kraftstoff eine immer größer werdende Bedeutung.

    Der Weizenpreis wird insbesondere durch den Handel an der CBoT und KCBT beeinflusst. Die Preisentwicklung des Getreides war schon immer sehr unstabil, da die Höhe der jährlichen Ernte vom Wetter und unvorhergesehenen Naturkatastrophen abhängt. Durch diese Faktoren kann die Ernte erheblich vermindert werden, wodurch die Preise explosionsartig ansteigen.

    https://www.raiffeisen.com/markt/telegramm/produkt/euronext/weizen/index.html

    Das mit dem Biodiesel sind ja auch noch schöne Perspektiven.
    Schon Hugo Chávez selig wies einmal darauf hin, daß es verrückt sei, Lebensmittel zu Treibstoff zu verarbeiten und durch den Motor zu heizen, solange Menschen auf der Welt hungern.

    Hier einiges zur Hamburger Getreidebörse.

  2. Und noch etwas:

    Getreidepreise fallen mit den Preisen am Schwarzen Meer

    Die Getreidepreise folgen den Exportpreisen am Schwarzen Meer. Russland Ausfuhren stocken trotz Rekordernte und die Preise fallen. Die Ukraine ist derzeit der billigste Anbieter. Hohe Ernteprognosen aus Australien sorgen ebenfalls für Preisdruck.

    Die Preise für Weizen und Mais geraten wegen der wachsenden Exporte vom Schwarzen Meer immer wieder unter Druck. Auch in Russland und der Ukraine geben die Getreidepreise unter dem Druck der auf den Markt drängenden neuen Ernten nach und ziehen so die globalen Getreidepreise mit nach unten.

    Am Montag konnten sich die Getreidepreise am europäischen Terminmarkt jedoch stabilisieren, denn in Chicago wurde wegen eines Feiertags (Labor Day) am Montag nicht gehandelt. Am heutigen Dienstag legen die Getreidepreise am Terminmarkt in den USA im vorbörslichen Handel leicht zu. Das dürfte auch in Europa zum Handelsbeginn für etwas festere Kurse sorgen.

    Gestützt wurden die Preise in Europa zuletzt hingegen durch die katastrophalen Aussichten für die neue Maisernte. Sehr pessimistische Ertragsprognosen aus Frankreich verstärken die Produktionsängste und begrenzen den Abwärtstrend der Getreidepreise. Hinzu kommt: Der anhaltende Rückgang der Eurodollar-Parität stützt die europäischen Notierungen ebenfalls und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit im Export.

    Die australische Landwirtschaftsbehörde ABARES hat hingegen eine neue Weizenernte von 32,2 Millionen Tonnen prognostiziert. Das liegt knapp unter dem Rekord des letzten Jahres. Die Gerstenproduktion wird voraussichtlich 12,3 Millionen Tonnen betragen, die viertgrößte überhaupt.

    „Die Aussichten für die Getreideernte in Australien sehen sehr vielversprechend aus – wir prognostizieren eine Ernte von 55,5 Millionen Tonnen“, sagte Jared Greenville, Executive Director von ABARES, in einer Erklärung.

    Die russischen Weizenexporte könnten nach Analystenschätzungen von 3,5 Millionen Tonnen im August auf 4 Millionen Tonnen im September steigen, wenn die neue Rekordernte auf den Markt drückt. Damit sind die Exporte des weltgrößten Weizenexporteurs im Vergleich zum September letzten Jahres aber immer noch deutlich kleiner.

    Grund ist ein sehr starker Rubel und Probleme mit Logistik, Versicherungen und Zahlungen, infolge der westlichen Sanktionen gegen Moskau. Die Exporte aus Russland waren von Juli bis August rund 27 % kleiner als im vorigen Jahr, berichtete das Beratungsunternehmen Sovecon gegenüber Reuters. Das Niveau sei für diese Monate das niedrigste seit 2017/18, heiß es weiter.

    Die Hauptabnehmer von russischem Getreide sitzen im Nahe Osten und im nördlichen Afrika. Bei einer so großen Ernte und der vorhandenen Kapazität der Hafeninfrastruktur ist es möglich, rund 6 Millionen Tonnen Weizen pro Monat zu exportieren, sagen Getreidehändler. Aber derzeit geht darum, Märkte und Abnehmern zu finden.

    Die Wiederaufnahme der Getreidelieferungen aus den drei Schwarzmeerhäfen der Ukraine im Juli verringerte die Nachfrage nach russischen Exporten spürbar, berichten Analysten – da der ukrainische Weizen deutlich billiger ist als die russische Ware.

    Die russischen Exporte könnten jedoch wieder Fahrt aufnehmen, wenn der russische Inlandspreis weiter fällt, glauben andere Marktbeobachter.

    Die Exportpreise für russischen Weizen fielen jedenfalls vorige Woche unter dem Druck der neuen Ernte. Staatliche Getreideeinkäufer aus Ägypten und Algerien kauften vorige Woche jedenfalls russischen Weizen, berichtet Reuters. Die russischen Preise für Lieferungen aus den Schwarzmeerhäfen fielen Ende letzter Woche um weitere 5 USD auf 310 USD je Tonne frei an Bord (FOB).

    https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/getreidepreise-fallen-preisen-schwarzen-meer-fakten-597556

    Alles schon wieder vorbei:

    Getreidepreise steigen steil an – Russland will Getreidedeal stoppen

    Die europäischen Weizenpreise stiegen am Mittwoch um 3,1 % auf den höchsten Stand seit fast zwei Monaten. Der Markt preist damit das mögliche Ende des Getreidekorridors am Schwarzen Meer ein, sagte ein Getreidehändler. Russlands Präsident Putin sagte, Russland und die Entwicklungsländer seien durch das von der UNO vermittelte ukrainisches Getreideexportabkommen „betrogen“ worden.

    (…)

    https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/getreidepreise-steigen-steil-russland-will-getreidedeal-stoppen-597640

  3. Wohin gehen Raps und Mais aus ukrainischen Häfen?

    Die Abfahrt von weiteren vier Schiffen wurde genehmigt, die im Rahmen der Schwarzmeer-Getreideinitiative 69.600 Tonnen Getreide und andere Lebensmittelprodukte ausführen werden. Das Schiff Breeze mit 47,2 Tausend Tonnen Raps wird nach Deutschland gehen, Annabella mit 8,5 Tausend Tonnen Raps wird nach Rumänien fahren. Das Schiff Navin Vulture wird 7,5 Tausend Tonnen Mais und Gerste nach Griechenland liefern. Und das Trockenfrachtschiff CS Cihan plant, mit 6,4 Tausend Tonnen Sojabohnen nach Ägypten zu segeln.
    Darüber hinaus hatte das Schiff Octopus zuvor die Ausfahrt aus dem Hafen von Juzhny verschoben und plante, am 16. September mit 6,5 Tausend Tonnen Mais nach Rumänien zu segeln.

    Insgesamt wurden 3.259.096 Tonnen Lebensmittel aus ukrainischen Häfen exportiert. Bisher wurde die Bewegung von 313 Schiffen erlaubt – 169 ankommende und 144 abfahrende.
    Schaut euch die Empfänger an – das sind alles arme und hungernde Länder, wie Deutschland, Griechenland oder Rumänien. (…)

    (KP, 17.9.)

    Es ist auch kaum Brotgetreide, sondern eben Ölsaaten und Viehfutter, was hauptsächlich aus der Ukraine ausgeführt wird.

  4. Inzwischen läßt sich feststellen, daß viel von dem Getreide in der EU landet, vor allem in den östlichen Mitgliedsstaaten, wo die Billigware – für die ukrainische Ausfuhr wurden alle Zölle aufgehoben – langsam die kleinen Landwirte ruiniert.

    In Osteuropa war nämlich kaum Dürre, und sehr viel von dem Getreide, vor allem Brotgetreide, wurde per Bus und Bahn nach Polen und weiter geliefert.

    Das Exportabkommen ist ein großer Schwindel, von die Schiffsladungen bestanden zu 70% aus Kukuruz, rund 13% Ölsaaten und Öl und kleine Mengen Rübenschnitzel und Soja. Also höchstens 15% waren Brotgetreide, und auch die gingen kaum in die ärmsten Staaten der Welt.

    (Izvestija, 27.9.)

  5. Rußland will den Getreide-Deal aufkündigen, nachdem Schiffe der Schwarzmeerflotte von der Ukraine mit Drohnen attakiert wurden, die den "Getreidekorridor" überwachten.
    Außerdem sagt die russische Seite seit geraumer Zeit, daß das Getreide sowieso nicht in die Staaten verschifft wird, die am nötigsten Brotgetreide brauchen, sondern in die EU als Tierfutter, zur Inflationsbekämpfung.
    Schließlich sind auch die im Rahmen dieses Deals vereinbarten Exporterleichterungen für russisches Getreide und Dünger hinfällig, weil niemand sie transportieren darf.

    Man wird sehen, wie sich die Türkei dazu stellt, sie ist immerhin die treibende Kraft und der größte Profiteur dieser Abmachungen.

  6. Für die Verlängerung des Getreideabkommens fordert Russland, dass die staatliche Rosselchos-Bank von den westlichen Sanktionen ausgenommen und wieder an das internationale Zahlungssystem Swift angeschlossen werde.

    (Standard, 13.11.)

  7. Macht die EU beim Freihandel mit der Ukraine einen Rückzieher?

    Im Zuge des Krieges in der Ukraine hat die EU sämtliche Zölle auf ukrainische Agrar- und Lebensmittel ausgesetzt. Der Zustrom an ukrainischen Produkten setzt allerdings die Landwirt:innen in einigen Mitgliedsstaaten zunehmend unter Druck. Die Kommission könnte daher bei der Aussetzung der Zölle einen Rückzieher machen.

    Die weitgehende Handelsliberalisierung, die auch die Aussetzung von Zöllen für Agrar- und Lebensmittelimporte aus der Ukraine vorsieht, wurde im Zuge der russischen Invasion im Eiltempo genehmigt. Derzeit ist sie auf ein Jahr befristet und soll im Juni 2023 überprüft werden.

    Seit Inkrafttreten des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens (DCFTA) mit der Ukraine im Jahr 2016 sind bereits fast die Hälfte der Agrarerzeugnisse zollfrei. Die Entscheidung, die Zölle auf Agrarprodukte für ein Jahr vollständig auszusetzen, sollte vor allem die kriegsgebeutelte ukrainische Wirtschaft ankurbeln und die schrittweise Integration des Landes in den EU-Binnenmarkt begründen.

    Die EU-Kommission ist jedoch bereits dabei, die Aussetzung zu überdenken. Insbesondere die sogenannten Solidaritätskorridore bereiten Probleme, so eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle gegenüber EURACTIV.

    Die Solidaritätskorridore, die im Mai 2022 nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine eingeführt wurden, beinhalteten Maßnahmen, um den Export von landwirtschaftlichen Gütern über alle möglichen Routen zu unterstützen.

    Die Korridore gelten hierbei als äußerst erfolgreich: Im Dezember wurden nach Angaben der EU-Kommission insgesamt drei Millionen Tonnen Getreide über diese Korridore exportiert.

    Dieser Erfolg erwies sich jedoch als zweischneidiges Schwert, da der erhebliche Zustrom von Getreide zu Spannungen in den benachbarten EU-Ländern führte.

    So warnten etwa rumänische Getreideerzeuger:innen bereits im September, dass sie der Zustrom ukrainischen Getreides über die „Solidaritätskorridore“ an den Rand des Bankrotts treibe. Auch in Polen häuften sich zuletzt ähnliche Befürchtungen.

    Insbesondere die Nachbarländer der Ukraine – darunter Polen, Ungarn und Rumänien – pochen deshalb darauf, die negativen Auswirkungen der ukrainischen Importe auf ihre Wirtschaften zu bekämpfen, so die Quelle.

    Deshalb drängen die Nachbarstaaten der Ukraine derzeit darauf, die Zollregelungen für einige Produkte zu überdenken. Dabei warnten sie auch vor dem potenziellen Risiko, kontaminiertes Getreide aus der Ukraine einzuführen und forderten deshalb eine bessere Kontrolle der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS).

    Ein Vertreter der Kommission betonte zwar die Bedeutung der Solidaritätskorridore, räumte aber ein, dass diese Regelung eine „Herausforderung für unsere Landwirte“ darstelle.

    Man werde in den kommenden Wochen darüber diskutieren, hieß es aus der Kommission weiter. Der bevorstehende EU-Ukraine-Gipfel am 3. Februar stelle hierbei eine gute „Gelegenheit“ dar, um die weitere Zusammenarbeit und Unterstützung der EU für das kriegsgebeutelte Land zu diskutieren.

    Keine Einstimmigkeit bei Krisenfonds

    Eine Möglichkeit, die negativen Effekte der ukrainischen Agrarimporte abzufedern, stellt die sogenannte Krisenreserve der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dar. Durch diesen Krisenfonds könnten Landwirte in Ländern wie Polen oder Rumänien, die mit einem Zustrom von Getreide aus der benachbarten Ukraine zu kämpfen haben, kurzfristig finanziell unterstützt werden.

    Der Fonds ist mit rund 450 Millionen Euro ausgestattet und kann zur Finanzierung von Sondermaßnahmen verwendet werden, um Marktstörungen bei der Erzeugung oder Verteilung von Agrarprodukten entgegenzuwirken.

    Die Idee wurde bereits von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski ins Spiel gebracht. Die Aktivierung des Fonds bedarf jedoch der Zustimmung aller EU-Agrarminister:innen.

    Laut einer Quelle begrüßten eine Reihe von Ländern – darunter Finnland, Lettland, Ungarn, Estland und die Tschechische Republik – die Aktivierung des Fonds „so bald wie möglich.“ Andere zeigten sich allerdings kritischer. So erklärte beispielsweise die Slowakei, dass man der Idee zwar offen gegenüber stehe, sie jedoch sorgfältig geprüft werden müsse.

    Andere EU-Staaten stellten sich jedoch offen gegen die Idee, darunter Frankreich, die Niederlande und Dänemark. Malta und Italien äußerten auch Bedenken gegenüber der Aktivierung des Fonds.

    Der Vertreter der Kommission riet den Mitgliedstaaten ihrerseits zur Vorsicht, da es noch früh im Jahr sei und die EU-Länder daher „vorsichtig sein und genügend Mittel für den Rest des Jahres sowie potentielle Probleme zurückstellen“ sollten.

    https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/macht-die-eu-beim-freihandel-mit-der-ukraine-einen-rueckzieher/

  8. Getreidepreise steigen kräftig – Getreidehändler verlassen Russland

    Der globale Rohstoffhändler Cargill hat dem russischen Landwirtschaftsministerium mitgeteilt, dass er den Export von russischem Getreide ab Beginn der nächsten Exportsaison einstellen wird. Auch der globale Getreidehändler Viterra plant offenbar, den Getreidehandel in Russland einzustellen. Russland sagt dazu, die Anlagen der Händer an den großen Exporthäfen werden weiter betrieben.

    Die Getreidepreise steigen auf den höchsten Stand seit Mitte März. Grund sind die Ankündigungen zweier großer Getreidehändler Russland zu verlassen. Dazu kommen die Meldungen, dass Russland selbst seinen Export stärker kontrollieren und regulieren will. In Europa leiden indessen lokale Märkte in Polen und Rumänien unter dem massiven Angebotsdruck aus der Ukraine.

    Die Weizenpreise stiegen am Mittwoch für den vorderen Maitermin um knapp 3 Euro auf 266,25 Euro je Tonne und für die neue Ernte um 3,50 Euro auf 265,50 Euro je Tonne. Auch für Mais stiegen die Preise für den vorderen Maikontrakt um knapp 3 Euro auf knapp 262 Euro je Tonne. Vorausgegangen waren dem Preisanstieg verschiedene Berichte über große internationale Getreidehändler die Russland verlassen wollen, was die ohnehin fragile Exportlogistik am Schwarzen Meer zusätzlich erheblich belasten dürfte.

    Der globale Rohstoffhändler Cargill Inc. hat dem russischen Landwirtschaftsministerium mitgeteilt, dass er den Export von russischem Getreide ab Beginn der nächsten Exportsaison einstellen wird, die am 1. Juli beginnt, teilte das Ministerium am Mittwoch mit. „Die Einstellung seiner Exportaktivitäten auf dem russischen Markt wird sich nicht auf das Volumen der inländischen Getreidelieferungen ins Ausland auswirken. Die Getreideexportanlagen des Unternehmens werden unabhängig davon, wer sie verwaltet, weiter betrieben“, sagte das Landwirtschaftsministerium in einem Kommentar gegenüber Reuters.

    Die Weizenpreise, die am Mittwoch zunächst im negativen Bereich gehandelt wurden, stiegen kräftig, nachdem die Mitteilung von Cargill am Markt bekannt wurde. Auch der globale Getreidehändler Viterra plant, den Getreidehandel in Russland einzustellen, berichtete Bloomberg News. Russische Exporte könnten außerdem auch gebremst werden, wenn Moskau einen vorübergehenden Stopp der Weizen- und Sonnenblumenexporte umsetzt, wie die russische Wirtschaftszeitung Vedomosti letzte Woche berichtete.

    Jüngste Berichte über die Absicht Russlands, seine strategischen Getreidereserven zu erhöhen und das Exportvolumen zu kontrollieren, bringen zwei weitere Elemente der Unsicherheit auf den Markt, und heizen die Preise weiter an. Aus der Europäischen Union wird vom Analystenhaus Agritel indessen über andere Probleme berichtet. Die seit dem vergangenen Jahr bestehenden logistischen Schwierigkeiten beim Getreideexport der Ukraine haben die Einfuhr großer Getreidemengen in die Europäische Union begünstigt, insbesondere in die unmittelbaren Nachbarländer Polen und Rumänien.

    Diese Situation destabilisiert die lokalen Märkte angesichts des Warenzustroms und überlastet die Lager- und Logistikkapazitäten. Die polnischen Behörden haben die Europäische Kommission auf diesen Punkt aufmerksam gemacht, eine Initiative, die auch mehrere Nachbarländer vereinen könnte, die mit ähnlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind, zumal die neue Ernte näher rückt. Die Getreidepreise an einigen lokalen physischen europäischen Märkten gehen vor diesem Hintergrund, trotz des Anstiegs der Preise am Terminmarkt, deutlich nach unten.

    (agrarheute, 30.3.)

    Das Interessante an dieser Meldung ist, daß diese beiden Getreidemultis bisher in Rußland tätig waren. D.h., ein großer Teil der Getreideausfuhren Rußlands im ersten Kriegsjahr 2022 wurde von ihnen betrieben.

    Russische Medien begrüßen diesen Schritt, weil jetzt der Getreidehandel wieder ausschließlich in staatlicher Hand ist und die russische Regierung daher entscheiden kann, wer was um welchen Preis kriegt. Die Russen können auch Getreide verschenken, wenn es ihnen opportun erscheint, und damit ihren Einfluß auf der Welt steigern.
    All das wird bei dem Gerede über Höhen und Vergleiche von BIP und Wachstum übrigens überhaupt nicht erfaßt.

    Auf dem Getreide-Weltmarkt tut sich überhaupt einiges:

    Getreidepreise steigen steil an – Russland will Export unterbrechen

    Nach Ansicht von Analysten bestimmt der Preisdruck vom Schwarzen Meer für die Europäer zuletzt maßgeblich die Preisentwicklung. Dabei gelangt ukrainisches Getreide nach Europa und auf andere Märkte. Gleichzeitig versucht Russland neue Absatzmöglichkeiten für seine Rekordernte von 2022 zu finden.

    Die Weizenpreise sind am Freitag um 6 % gestiegen. Dahinter steckt eine mögliche Export-Unterbrechung durch Russland. Der Markt reagierte panisch. Am Montag geben die Preise im laufenden Handel aber wieder etwas nach.

    Die Weizenpreise stiegen am Freitag um fast 6 %. Auslöser war ein Bericht der russischen Wirtschaftszeitung Wedomosti, wonach Moskau als Reaktion auf die fallenden Getreidepreise über einen vorübergehenden Stopp der Weizenexporte nachdenkt, berichtet Reuters.

    Die Weizenpreise am Terminmarkt in Paris kletterten daraufhin um 5,8 % bzw. 14 Euro auf 259 Euro je Tonne und unterbrachen damit einen sechstägigen Preissturz. Dieser hatte die Weizenpreise um insgesamt 27 Euro/t nach unten gedrückt. Im laufenden Handel am Montag geben die Weizenpreise indessen wieder um rund 3 Euro nach – auf 256 Euro je Tonne.

    Nach Ansicht von Analysten bestimmte der Preisdruck vom Schwarzen Meer für die Europäer zuletzt maßgeblich die Preisentwicklung. Dabei gelangt ukrainisches Getreide sowohl über den Schwarzmeerkorridor als auch über die Donau und über den Landweg nach Europa und auf andere Märkte. Gleichzeitig versucht Russland weitere Absatzmöglichkeiten für seine Rekordernte von 2022 zu finden. Die sich dadurch erheblich verschlechternden Exportmöglichkeiten hatten die europäischen und US-amerikanischen Weizenpreise vorige Woche auf den niedrigsten Stand seit 2021 gedrückt.

    „Europa und die USA sind zunehmend unfähig, ihre alte Ernte zu verkaufen“, sagte Rabobank-Analyst Michael Magdovitz gegenüber Reuters. Nachdem die Europäische Kommission zu Beginn der russischen Invasion in der Ukraine für 2022/23 noch an Rekord-Weichweizenexporte für die EU von 40 Millionen Tonnen geglaubt hatte, senkte die Kommission ihre Prognose schrittweise auf zuletzt 32 Millionen Tonnen, wobei einige Analysten die Ausfuhren nur noch bei 30 Millionen Tonnen sehen. Das macht natürlich erheblichen Druck auf die Getreidepreise am europäischen Binnenmarkt.

    Händler halten jedoch eine Zunahme der EU-Exporte in den nächsten Monaten noch für möglich, da weiterhin Zweifel an der Fortdauer der Schwarzmeerlieferungen bestehen, und Russland sich nur bis Mitte Mai auf das Getreideabkommen eingelassen hat und außerdem Möglichkeiten prüft, den eigenen Export zu drosseln (siehe oben), um die Preise nach oben zu bekommen.

    Die Preise für russischen Weizen mit 12,5 % Proteingehalt, der frei an Bord (FOB) von den russischen Häfen am Schwarzen Meer geliefert wird, fielen laut der Landwirtschaftsberatung IKAR letzte Woche um 13 USD auf 277 USD pro Tonne (256 Euro/t), berichtet Reuters. Die EU-Kommission nannte für vorige Woche für die Ukraine Exportpreise von nur 250 USD je Tonne (231 Euro/t). Das waren 15 USD weniger als eine Woche zuvor und sogar 30 USD weniger als französische Exporteure zum gleichen Termin fob-Rouen verlangen.

    (agrarheute, 27.3.)

    Man sieht doch den Unterschied zwischen den Wirtschaftssystemen: Während Rußland freie Preisgestaltung hat, wollen die europäischen Produzenten natürlich mindestens ihre Gestehungskosten haben und die Händler und Transporteure Gewinn machen.
    Gleichzeitig wird der europäische Markt mit ukrainischen Billigimporten überschwemmt, weil die wollen ihr Getreide natürlich dorthin verkaufen, wo besser bezahlt wird.
    Sperren für ukrainisches Getreide kann die EU ihren Markt aus verschiedenen Gründen auch nicht.

  9. Selenskyj besucht Polen, wo die Unterstützung für die Ukraine zu bröckeln droht

    (…)

    Stimmung kippt

    Selenskyj kommt in einem kritischen Moment nach Polen. Denn die Stimmung in dem Nachbarland, dessen Bürger seit dem Überfall Putins der Ukraine solidarisch Hilfe leisteten, ist im Kippen. Zwar hat die Regierung in Warschau schon vor Monaten die meisten Hilfszahlungen an ukrainische Geflüchtete eingestellt, doch immer mehr Polen haben das Gefühl, deren Hilfsbereitschaft werde ausgenutzt.

    Auf dem Land formiert sich sogar schon Widerstand. Denn die Idee der Europäischen Kommission, das ukrainische Getreide, das normalerweise über die Schwarzmeer-Häfen nach Asien und Afrika exportiert wird, per Bahn durch die EU zu schleusen und dann über EU-Häfen an ihren Bestimmungsort zu transportieren, war zwar gut, aber nicht zu Ende gedacht. Denn Polens Häfen haben gar nicht die Verladekapazitäten für zusätzliche Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine, die nun zum großen Teil in polnischen Silos liegen und zu einem massiven Preisverfall des polnischen Getreides geführt haben.“

    An den Kapazitäten wird es wohl nicht liegen, eher schon am Preis und an den Käufern. Für Afrika oder den Libanon ist es zu teuer, und in der EU gibt es keinen Bedarf. Die polnischen Häfen liegen nicht sehr günstig für den Welthandel, alles muß durch die dänisch-schwedischen Nadelöhre.

    „Landwirtschaftsminister tritt ab

    Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk von der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) tritt am Besuchstag Selenskyjs zurück. Er schiebt die Schuld zwar auf die EU-Kommission, die weder seine Forderungen noch die der polnischen Bauern erfüllt habe.
    Doch kann er nicht erklären, warum er über viele Monate hinweg weder mit Janusz Wojciechowski (PiS), dem polnischen EU-Landwirtschaftskommissar, noch mit den Amtskollegen in Deutschland und den Niederlanden gesprochen und den Weizentransport aus der Ukraine neu geregelt hat.

    Nicht entstanden ist auch bis heute der neue Getreideterminal, den Polens Regierung in Gdynia (Gdingen) bauen wollte. Als Donald Tusk, der Vorsitzende der liberalkonservativen Oppositionspartei Bürgerkoalition (KO), im Juni 2022 auf das Logistikproblem aufmerksam machte, warf ihm Premier Mateusz Morawiecki (PiS) vor, sich »im Sinne Putins« zu äußern.

    Forderung in Sachen Wiederaufbau

    Immer lauter werden auch die Forderungen, dass Polen und die Ukraine verbindliche Verträge über den Wiederaufbau des Landes nach Kriegsende unterzeichnen sollten. Es könne nicht sein, erklärte KO-Parlamentarier Paweł Kowal beim Radiosender Tok FM, dass Polen der Ukraine während des ganzen Kriegs Waffen- und humanitäre Hilfe leiste, nach dem Krieg aber westliche Staaten das große Geschäft mit dem Wiederaufbau machen würden. Gemünzt war dies wohl auf den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck, der nur wenige Tage zuvor mit einer Delegation in Kiew war und aktuelle wie künftige deutsch-ukrainische Investitionen erörterte.“

    Da wird wirklich das Fell des Bären verteilt, bevor er erlegt ist. Bis jetzt sind doch alle damit beschäftigt, daß möglichst viel kaputt geht.

    (Standard, 5.4.)

  10. Dieser Getreide-Exporthandel der Ukraine führt offensichtlich zu Verwerfungen aller Art.

    Man muß fragen: Wo ging das ukrainische Getreide + sonstige Futtermittel bisher hin?

    Ein Teil landete anscheinend in der EU, aber per Schiff und möglicherweise als EU-Getreide umdeklariert, als Futtermittel auf der iberischen Halbinsel und in anderen EU-Staaten, die vom Getreideanbau großflächig abgekommen sind.

    Jetzt aber landet auf dem Landweg in Staaten, die noch selber Getreide anbauen, sogar Exporteure sind, und wo es im Inland die Preise drückt, aber nicht reexportiert werden kann, weil es zu teuer für die Staaten Afrikas oder des Nahen Ostens ist, wohin es vorher offenbar ging.

    Außerdem wie exportieren? Die polnischen Häfen liegen vom Standpunkt des Getreideexportes ungünstig, in Rumänien gibt es zwar Häfen, aber mit geringeren Kapazitäten, als es für diesen Re-Getreidehandel notwendig wäre. Ungarn sitzt überhaupt mit dem Zeug fest. Auch in Bulgarien gibt es Probleme mit angesammeltem Getreide aus der Ukraine, deren genauere Ursachen mir nicht bekannt sind.

    Und jetzt wurde der Getreide-Deal erneuert, jetzt kommen wieder neue Mengen aus der Ukraine auf den Weltmarkt.

  11. Bei den aufgrund des erfolgten Abkommens wieder aufgenommenen Getreide-Lieferungen aus der Ukraine nichts Neues:

    Die Getreide-Lieferungen Rußlands werden weiter durch die Sanktionen erschwert, aber nicht verunmöglicht, wie ein Artikel in El País verärgert anmerkt. Deshalb verzögern die russischen Kontrollore am Bosporus möglichst die Lieferungen von ukrainischem Getreide – wie der Autor des Artikels erwähnt, auch nach Spanien. 

    Die Haupt-Interessenten dieses Getreides scheinen nach wie vor in West- und Mitteleuropa zu sitzen, aber seltsamerweise keinen Wert auf das in Polen oder Ungarn aufgehäufte ukrainische Vorjahres-Getreide zu legen.

    Das liegt vermutlich am Preis.

  12. Russland sagt, es werde das Getreideabkommen nicht verlängern, wenn die Verpflichtungen nicht eingehalten werden

    Russland hat diesen Donnerstag gewarnt, dass es das Getreideabkommen, das den Export von Lebensmitteln durch das Schwarze Meer erlaubt, nicht verlängern wird, wenn es keine Fortschritte bei der Erfüllung der Verpflichtungen gibt, die sich aus dem von Moskau und der UN unterzeichneten Memorandum ergeben.

    »Ohne Fortschritte bei der Lösung von fünf systemischen Problemen […] kann von einer Verlängerung der Schwarzmeerinitiative nach dem 18. Mai keine Rede sein«, heißt es in einer Pressemitteilung des russischen Außenministeriums.
    Moskau fordert
    – den Wiederanschluss der Bank Rosselkhozbank an das Finanzkommunikationssystem SWIFT,
    – die Wiederaufnahme der Lieferungen von landwirtschaftlichen Maschinen sowie von Ersatzteilen und Dienstleistungen dafür sowie
    – die Aufhebung der Versicherungsbeschränkungen und des freien Zugangs zu Häfen.

    Die anderen beiden russischen Forderungen sind
    – die Inbetriebnahme einer Ammoniak-Pipeline, die seit Beginn der Offensive in der Ukraine stillgelegt ist, und
    – die Freigabe der Konten und Vermögenswerte russischer Unternehmen im Ausland, die mit der Produktion und dem Transport von Nahrungsmitteln und Düngemitteln verbunden sind.

    Die Schwarzmeer-Getreideinitiative wurde ursprünglich im Juli letzten Jahres von der Ukraine und Russland mit Unterstützung der Türkei und der Vereinten Nationen für eine Laufzeit von 120 Tagen besiegelt, die um denselben Zeitraum verlängert werden kann, wenn keine Partei sie aufgibt. Am 18. März verlängerte Russland seine Gültigkeit um nur 60 Tage, da "die Hälfte des Abkommens" nicht erfüllt sei, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch.

    (El País, 13.4.)

  13. Die Slowakei verbietet die Verarbeitung von ukrainischem Importgetreide, nachdem Proben der Lebensmittelbehörde eine starke Verunreinigung desselben festgestellt hatten.

    Ungarn und andere osteuropäische Staaten haben in enem Brief an die EU-Kommission ersucht, die Zoll- und Quotenfreiheit für die Einfuhr ukrainischer Produkte in die EU aufzuheben, aber Brüssel will davon nichts wissen.

    https://www.napi.hu/gazdasag/szlovakia-tilalom-ukran-gabona-feldolgozas.769960.html

    Wie die russische Seite vermutet, werden damit teilweise Waffenexporte bezahlt, aber irgendetwas scheint sich hierbei zu spießen und ruft die osteuropäischen Landwirte auf den Plan, die durch diese Importe geschädigt werden.
    Auf dem Seeweg exportiertes Getreide landete in Westeuropa, aber auf dem Landweg exportiertes blieb in Osteuropa stecken.
    Es wäre interessant, herauszufinden, wem es gehört.

  14. Nach Polen untersagt auch Ungarn Getreideimporte aus der Ukraine

    Nach Polen will nun auch Ungarn Importe von Getreide und anderen Lebensmitteln aus der Ukraine unterbinden, um die eigene Landwirtschaft zu schützen. Polen hatte ein entsprechendes Verbot am Samstag ausgesprochen, im Verlauf des Abends wurde klar, dass Ungarn mitziehen wolle. Wann das Importverbot in Kraft treten soll, ließ die Regierung von Viktor Orbán vorerst nicht wissen. Es solle aber bis Ende Juni aufrecht bleiben. Ungarn betonte, man hoffe auf ein Umdenken der EU in Sachen Getreideimporte aus der Ukraine.

    In mitteleuropäischen Ländern gibt es große Vorräte ukrainischen Getreides, das preiswerter ist als in der EU produzierte. Aufgrund von logistischen Problemen wurde es nicht weitertransportiert. Das beeinträchtigt die Preise und die Verkaufsmöglichkeiten für heimische Landwirte. Das hat unter anderem in Polen für Unmut gesorgt, Landwirte forderten die Einführung von Zöllen. Die EU verlängerte jedoch die zollfreie Einfuhr von ukrainischem Getreide bis Juni 2024.

    (Standard, 15.4.)

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