Pressespiegel Komsomolskaja Pravda 10.9.: Getreidelieferungen ins hungernde Europa

„WARUM UKRAINISCHES GETREIDE IN DEN WESTEN GESCHICKT WIRD UND NICHT IN ARME LÄNDER

Gleichzeitig hat Russland im vergangenen Sommer fast sein gesamtes Getreide nach Asien, Afrika und Lateinamerika geliefert.

Aufruhr in den USA, in Europa und in der Ukraine. Sie fürchten ernsthaft, dass Russland den Getreideexport aus der Ukraine einschränken könnte. Präsident Wladimir Putin hat neulich solche Aussichten skizziert und erklärt, dass er plant, diese Frage mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan zu erörtern.
Der Grund für die mögliche Revision der früheren Vereinbarungen war die Analyse der Versorgung mit ukrainischem Getreide. Es stellte sich heraus, dass trotz Zusicherungen, daß die Waren in arme und Entwicklungsländer exportiert würden, der Löwenanteil des Stroms nach Europa ging.
»Wir haben jede Bewegung aufgezeichnet, hier gibt es keine Irrtümer«, sagte Putin am Freitag bei einem Treffen mit ständigen Mitgliedern des russischen Sicherheitsrates.
»Von den 87 Schiffen mit Getreide, die die ukrainischen Häfen verließen, blieben 32 in der Türkei, und ich denke, daß dies absolut normal ist, weil die Türkei, das Land, das diesen gesamten Prozess organisiert, sicherlich das Recht dazu hat.“

Rechtsfragen beiseite: Wohin exportierte die Türkei dieses Getreide? Das blieb nicht alles dort.
Über diesen Punkt herrscht diskretes Schweigen. Übrigens nicht nur in russischen Publikationen. Auch westliche Beobachter trauen sich nicht so richtig drüber.
Ebensowenig weiß man etwas über die Erlöse aus den Verkäufen.
Es ist durchaus möglich, daß damit Bajraktar-Drohnen und ähnliches Gerät aus der Türkei bezahlt wurden.

3 wurden nach Südafrika geschickt, 3 nach Israel, 7 nach Ägypten, 30 in die Europäische Union und nur zwei in die ärmsten Länder im Rahmen von UN-Ernährungsprogrammen. Dies sind Jemen und Dschibuti – das sind 60.000 Tonnen und nur 3%.«
Gleichzeitig sieht man, daß Russlands Hilfe für arme Länder und Entwicklungsländer viel umfangreicher ist. Nach Angaben des Präsidenten hat Russland im Mai-August dieses Jahres 6,6 Millionen Tonnen Getreide auf den Weltmarkt geliefert – Weizen, Gerste, Mais.
»Davon 6,3 Millionen Tonnen nur in die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas« sagte Putin. »Russland wird bis Ende des Jahres 30 Millionen Tonnen Getreide liefern. Wir sind bereit, dieses Volumen auf 50 Millionen Tonnen und mehr zu erhöhen.«“

Es ist auch bemerkenswert, wie wenig die UNO von dem ukrainischen Getreide gekauft hat. Immerhin ist sie der größte Aufkäufer von Brotgetreide.
Von Rußland darf sie inzwischen nichts kaufen.
Das heißt, sie hat es von den USA und anderen Produzenten wie Kanada und Argentinien eingekauft. Heimlich still und leise. Und zu immer noch recht hohen Weltmarktpreisen. Der Weizenpreis steht immer noch 38% über dem Preis des Vorjahres.
Es spricht nicht für die UNO und ihren Generalsekretär, daß sie das nicht einmal erwähnt. Immerhin war diese Organisation Vertragspartner des Getreidedeals, neben der Türkei, der Ukraine und Rußland.

„Dies ist das Verhältnis »zu Gunsten der Armen«. 6,3 Millionen Tonnen von uns gegenüber 60.000 Tonnen ukrainischer. Mehr als 95 % aller Importe stammen von uns und nur 3 % aus der Ukraine. Gleichzeitig sind laut UNO 345 Millionen Menschen in 82 Ländern der Welt von akuter Nahrungsmittelknappheit betroffen.“

Die 7 Schiffe nach Ägypten, wo auch bereits große Probleme wegen der Getreideversorgung aufgetreten waren, werden vermutlich nicht mitgezählt, weil sie eben rein kommerzielle Transaktionen waren und nicht Hungerhilfe-Lieferungen der UNO-Organisationen.
Man erinnere sich, daß Ägypten vor Monaten ein Schiff abgewiesen hatte, das mit Getreide aus den russisch besetzten Territorien der Ukraine stammte. Das in Zeiten eines sehr hohen Brotpreises und der Gefahr der Unruhen. Ägypten setzt also ausdrücklich auf die ukrainische Seite.
Bemerkenswert ist hierbei auch der Libanon, der offenbar nichts erhielt, nachdem die „Razoni“ dort nicht angelegt hat. Der scheint inzwischen entweder völlig leer ausgegangen oder auf die andere Seite übergewechselt zu sein. Möglicherweise über türkische Vermittlung, um nicht zum Paria zu werden. D.h., der Libanon kauft Getreide aus der Türkei, über dessen Herkunft der Mantel des Schweigens gebreitet wird.

„»Russland liefert traditionell Getreide in die Länder Afrikas und Südostasiens. Russland und die Ukraine lieferten oft Getreide in dieselben Regionen«, sagte Natalya Shagaida, Direktorin des RANEPA-Zentrums für Agrarpolitik, gegenüber kp.ru. »Wir liefern sehr wenig Weizen nach Europa. Hartweizen beispielsweise kann zur Herstellung von Nudeln nach Italien gehen. Die EU ist selbst ein großer Produzent und Exporteur von Getreide. Und für die Ukraine gehörten die EU-Länder nicht zu den Hauptverbrauchern.“

Man muß hier hinzufügen, daß in der EU selbst durch Stillegungsprämien viele Länder, wie Spanien und Portugal, den Getreideanbau großflächig bleiben gelassen haben. Außer zur Verödung ganzer Landstriche auf der iberischen Halbinsel hat das auch zu sicheren Geschäften für die großen Agrarproduzenten wie Deutschland und Frankreich, aber auch für Agrarfirmen, die sich in Ungarn und Rumänien eingekauft haben, geführt.

„Sie waren es nicht, aber sie wurden es. Vielleicht wegen der Dürre. Und es ist zum Beispiel möglich, daß Getreide teilweise als Bezahlung für Rüstung nach Europa geliefert wird.
Ein Mitarbeiter der FAO (diese UNO-Organisation engagiert sich im Kampf gegen den Hunger), der anonym bleiben wollte, argumentierte mir gegenüber, dass dies unmöglich sei, da private Unternehmen am Getreideexport aus der Ukraine beteiligt seien und die Waffenlieferungen durch den Staat mittels zwischenstaatlicher Verträge erfolgen. Es handle sich daher, so das Argument, um verschiedene Geldbörsen, in denen dieses Geld lande.“

Na sowas! Das hat man ja noch nie gehört, daß private Firmen Geld an den Staat zahlen und der Staat private Firmen subventioniert. Der gehirngewaschene FAO-Mensch zitiert offenbar aus einem Lehrbuch über „Marktwirtschaft, wie sie sein soll“.

„Das hat mich nicht überzeugt.
Ich bin sicher, dass dies ziemlich heftig kommunizierende Gefäße sind, besonders unter den gegenwärtigen Bedingungen. Kein Wunder, dass die Frage des Exports von ukrainischem Getreide auf zwischenstaatlicher Ebene so heftig diskutiert wurde. Sie würden den Garten umzäunen, wenn es nur um die Profite einzelner privater Unternehmen ginge.“

Das ist nicht ganz verständlich. Der Autor meint vermutlich, daß diejenigen Staaten, deren Firmen betroffen sind – das wären in der EU vor allem Deutschland und die Niederlande – sich stärker ins Zeug gelegt hätten als andere. Ohne das Argument ganz von der Hand zu weisen, wird aber weder dem EU-Gefüge noch dem Verhältnis von Staat als Förderer des nationalen Kapitals ganz gerecht.

„Das US-Außenministerium reagierte sofort auf Putins Worte.
»Einer der geäußerten Kritikpunkte ist, dass Lebensmittel nicht in den globalen Süden, in die bedürftigsten Länder, geschickt werden“, zitiert TASS einen Kommentar des US-Sanktionskoordinators James O’Brien.
»Das Problem ist folgendes… Das sind globale Märkte. Also egal, wohin die Lebensmittel gehen, wohin dieser besondere Weizenkorb geht, es erhöht das globale Angebot und ermöglicht es anderen Menschen, anderen Weizen zu kaufen.«“

Damit wurde im Grunde bestätigt, was Rußland sagt.

„Diese Äußerung ist verräterisch. Es ist wie zu sagen: »Wir ernähren die Reichen, nicht die Armen, aber das ist in Ordnung, die Gesamtmenge an Nahrungsmitteln nimmt zu.«
So so.
Russland schickt sein Getreide jedenfalls direkt in arme Länder und nicht über europäische Getreidebörsen. Es liegt auf der Hand, dass das Getreide, wenn es nach Europa verschifft wird, auf europäischen Tellern landet.“

Da es sich größtenteils um Futtermittel handelte, erst vermittelt als Schnitzel.

„Oder es wird von den Europäern zu ihrem eigenen Vorteil weiterverkauft. Natürlich wird Russland nicht ruhig zusehen, wie solche listigen und gefährlichen Geschäfte vor seiner Nase gemacht werden.“

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„»Das ist in gewissem Sinne eine irreführende Diskussion«, ist sich ein Mitarbeiter des US-Außenministeriums sicher.
Wie die Website kp.ru zuvor schrieb, sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), António Guterres, dass es unmöglich sei, das Problem der weltweiten Nahrungsmittelkrise zu lösen, ohne Düngemittel und landwirtschaftliche Produkte aus Russland und der Ukraine auf die Weltmärkte zurückzubringen.“

Gut gebrüllt, Löwe! Oder eher umgekehrt: Es wäre angemessener, wenn die UNO selbst die Situation etwas entschiedener zur Sprache bringen würde. Ansonsten verliert sie in den „armen Staaten“ jede Glaubwürdigkeit, und nicht nur dort. Ganz abgesehen davon, daß die Nahrungsmittelkrise nicht abgesagt ist.

46 Gedanken zu “Pressespiegel Komsomolskaja Pravda 10.9.: Getreidelieferungen ins hungernde Europa

  1. Kleine Zusatzinfo:

    Weizen

    Preisfaktoren, Handel und Bedeutung von Weizen auf internationaler Ebene.

    Ob in Brot, Weizenbier oder Nudeln – Weizen ist allgegenwärtig. Auf internationaler Ebene wird Weizen an Warenterminbörsen gehandelt und nach den Sorten Weich- und Hartweizen unterschieden. Weizen wird an der CBot (Chicago Board of Trade) in Bushel gehandelt. Ein Kontrakt sind 5.000 Bushel (ca. 136 Tonnen "t"). Weitere wichtige Handelsbörsen für Weizen sind die Matif in Paris, die MGEX (Minneapolis Grain Exchange) oder auch die KCBT (Kansas City Board of Trade).

    Der Weizenpreis hängt stark von globalen wirtschaftlichen und politischen Faktoren ab. Weizen ist nach Mais das weltweit am häufigsten angebaute Getreide. Die jährliche Weltproduktion deckt 20 Prozent des globalen Kalorienbedarfes. Die größten Weizenproduzenten der Welt sind die USA, Indien, China und Russland. Größtenteils wird Weizen als Viehfutter verwendet, in vielen Ländern ist Weizen jedoch auch ein Grundnahrungsmittel für den Menschen. Am häufigsten werden Brot, Backwaren, Nudeln und Griess hergestellt. Weizen gewinnt auch als Grundlage für die Produktion von Bio-Kraftstoff eine immer größer werdende Bedeutung.

    Der Weizenpreis wird insbesondere durch den Handel an der CBoT und KCBT beeinflusst. Die Preisentwicklung des Getreides war schon immer sehr unstabil, da die Höhe der jährlichen Ernte vom Wetter und unvorhergesehenen Naturkatastrophen abhängt. Durch diese Faktoren kann die Ernte erheblich vermindert werden, wodurch die Preise explosionsartig ansteigen.

    https://www.raiffeisen.com/markt/telegramm/produkt/euronext/weizen/index.html

    Das mit dem Biodiesel sind ja auch noch schöne Perspektiven.
    Schon Hugo Chávez selig wies einmal darauf hin, daß es verrückt sei, Lebensmittel zu Treibstoff zu verarbeiten und durch den Motor zu heizen, solange Menschen auf der Welt hungern.

    Hier einiges zur Hamburger Getreidebörse.

  2. Und noch etwas:

    Getreidepreise fallen mit den Preisen am Schwarzen Meer

    Die Getreidepreise folgen den Exportpreisen am Schwarzen Meer. Russland Ausfuhren stocken trotz Rekordernte und die Preise fallen. Die Ukraine ist derzeit der billigste Anbieter. Hohe Ernteprognosen aus Australien sorgen ebenfalls für Preisdruck.

    Die Preise für Weizen und Mais geraten wegen der wachsenden Exporte vom Schwarzen Meer immer wieder unter Druck. Auch in Russland und der Ukraine geben die Getreidepreise unter dem Druck der auf den Markt drängenden neuen Ernten nach und ziehen so die globalen Getreidepreise mit nach unten.

    Am Montag konnten sich die Getreidepreise am europäischen Terminmarkt jedoch stabilisieren, denn in Chicago wurde wegen eines Feiertags (Labor Day) am Montag nicht gehandelt. Am heutigen Dienstag legen die Getreidepreise am Terminmarkt in den USA im vorbörslichen Handel leicht zu. Das dürfte auch in Europa zum Handelsbeginn für etwas festere Kurse sorgen.

    Gestützt wurden die Preise in Europa zuletzt hingegen durch die katastrophalen Aussichten für die neue Maisernte. Sehr pessimistische Ertragsprognosen aus Frankreich verstärken die Produktionsängste und begrenzen den Abwärtstrend der Getreidepreise. Hinzu kommt: Der anhaltende Rückgang der Eurodollar-Parität stützt die europäischen Notierungen ebenfalls und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit im Export.

    Die australische Landwirtschaftsbehörde ABARES hat hingegen eine neue Weizenernte von 32,2 Millionen Tonnen prognostiziert. Das liegt knapp unter dem Rekord des letzten Jahres. Die Gerstenproduktion wird voraussichtlich 12,3 Millionen Tonnen betragen, die viertgrößte überhaupt.

    „Die Aussichten für die Getreideernte in Australien sehen sehr vielversprechend aus – wir prognostizieren eine Ernte von 55,5 Millionen Tonnen“, sagte Jared Greenville, Executive Director von ABARES, in einer Erklärung.

    Die russischen Weizenexporte könnten nach Analystenschätzungen von 3,5 Millionen Tonnen im August auf 4 Millionen Tonnen im September steigen, wenn die neue Rekordernte auf den Markt drückt. Damit sind die Exporte des weltgrößten Weizenexporteurs im Vergleich zum September letzten Jahres aber immer noch deutlich kleiner.

    Grund ist ein sehr starker Rubel und Probleme mit Logistik, Versicherungen und Zahlungen, infolge der westlichen Sanktionen gegen Moskau. Die Exporte aus Russland waren von Juli bis August rund 27 % kleiner als im vorigen Jahr, berichtete das Beratungsunternehmen Sovecon gegenüber Reuters. Das Niveau sei für diese Monate das niedrigste seit 2017/18, heiß es weiter.

    Die Hauptabnehmer von russischem Getreide sitzen im Nahe Osten und im nördlichen Afrika. Bei einer so großen Ernte und der vorhandenen Kapazität der Hafeninfrastruktur ist es möglich, rund 6 Millionen Tonnen Weizen pro Monat zu exportieren, sagen Getreidehändler. Aber derzeit geht darum, Märkte und Abnehmern zu finden.

    Die Wiederaufnahme der Getreidelieferungen aus den drei Schwarzmeerhäfen der Ukraine im Juli verringerte die Nachfrage nach russischen Exporten spürbar, berichten Analysten – da der ukrainische Weizen deutlich billiger ist als die russische Ware.

    Die russischen Exporte könnten jedoch wieder Fahrt aufnehmen, wenn der russische Inlandspreis weiter fällt, glauben andere Marktbeobachter.

    Die Exportpreise für russischen Weizen fielen jedenfalls vorige Woche unter dem Druck der neuen Ernte. Staatliche Getreideeinkäufer aus Ägypten und Algerien kauften vorige Woche jedenfalls russischen Weizen, berichtet Reuters. Die russischen Preise für Lieferungen aus den Schwarzmeerhäfen fielen Ende letzter Woche um weitere 5 USD auf 310 USD je Tonne frei an Bord (FOB).

    https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/getreidepreise-fallen-preisen-schwarzen-meer-fakten-597556

    Alles schon wieder vorbei:

    Getreidepreise steigen steil an – Russland will Getreidedeal stoppen

    Die europäischen Weizenpreise stiegen am Mittwoch um 3,1 % auf den höchsten Stand seit fast zwei Monaten. Der Markt preist damit das mögliche Ende des Getreidekorridors am Schwarzen Meer ein, sagte ein Getreidehändler. Russlands Präsident Putin sagte, Russland und die Entwicklungsländer seien durch das von der UNO vermittelte ukrainisches Getreideexportabkommen „betrogen“ worden.

    (…)

    https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/getreidepreise-steigen-steil-russland-will-getreidedeal-stoppen-597640

  3. Wohin gehen Raps und Mais aus ukrainischen Häfen?

    Die Abfahrt von weiteren vier Schiffen wurde genehmigt, die im Rahmen der Schwarzmeer-Getreideinitiative 69.600 Tonnen Getreide und andere Lebensmittelprodukte ausführen werden. Das Schiff Breeze mit 47,2 Tausend Tonnen Raps wird nach Deutschland gehen, Annabella mit 8,5 Tausend Tonnen Raps wird nach Rumänien fahren. Das Schiff Navin Vulture wird 7,5 Tausend Tonnen Mais und Gerste nach Griechenland liefern. Und das Trockenfrachtschiff CS Cihan plant, mit 6,4 Tausend Tonnen Sojabohnen nach Ägypten zu segeln.
    Darüber hinaus hatte das Schiff Octopus zuvor die Ausfahrt aus dem Hafen von Juzhny verschoben und plante, am 16. September mit 6,5 Tausend Tonnen Mais nach Rumänien zu segeln.

    Insgesamt wurden 3.259.096 Tonnen Lebensmittel aus ukrainischen Häfen exportiert. Bisher wurde die Bewegung von 313 Schiffen erlaubt – 169 ankommende und 144 abfahrende.
    Schaut euch die Empfänger an – das sind alles arme und hungernde Länder, wie Deutschland, Griechenland oder Rumänien. (…)

    (KP, 17.9.)

    Es ist auch kaum Brotgetreide, sondern eben Ölsaaten und Viehfutter, was hauptsächlich aus der Ukraine ausgeführt wird.

  4. Inzwischen läßt sich feststellen, daß viel von dem Getreide in der EU landet, vor allem in den östlichen Mitgliedsstaaten, wo die Billigware – für die ukrainische Ausfuhr wurden alle Zölle aufgehoben – langsam die kleinen Landwirte ruiniert.

    In Osteuropa war nämlich kaum Dürre, und sehr viel von dem Getreide, vor allem Brotgetreide, wurde per Bus und Bahn nach Polen und weiter geliefert.

    Das Exportabkommen ist ein großer Schwindel, von die Schiffsladungen bestanden zu 70% aus Kukuruz, rund 13% Ölsaaten und Öl und kleine Mengen Rübenschnitzel und Soja. Also höchstens 15% waren Brotgetreide, und auch die gingen kaum in die ärmsten Staaten der Welt.

    (Izvestija, 27.9.)

  5. Rußland will den Getreide-Deal aufkündigen, nachdem Schiffe der Schwarzmeerflotte von der Ukraine mit Drohnen attakiert wurden, die den "Getreidekorridor" überwachten.
    Außerdem sagt die russische Seite seit geraumer Zeit, daß das Getreide sowieso nicht in die Staaten verschifft wird, die am nötigsten Brotgetreide brauchen, sondern in die EU als Tierfutter, zur Inflationsbekämpfung.
    Schließlich sind auch die im Rahmen dieses Deals vereinbarten Exporterleichterungen für russisches Getreide und Dünger hinfällig, weil niemand sie transportieren darf.

    Man wird sehen, wie sich die Türkei dazu stellt, sie ist immerhin die treibende Kraft und der größte Profiteur dieser Abmachungen.

  6. Für die Verlängerung des Getreideabkommens fordert Russland, dass die staatliche Rosselchos-Bank von den westlichen Sanktionen ausgenommen und wieder an das internationale Zahlungssystem Swift angeschlossen werde.

    (Standard, 13.11.)

  7. Macht die EU beim Freihandel mit der Ukraine einen Rückzieher?

    Im Zuge des Krieges in der Ukraine hat die EU sämtliche Zölle auf ukrainische Agrar- und Lebensmittel ausgesetzt. Der Zustrom an ukrainischen Produkten setzt allerdings die Landwirt:innen in einigen Mitgliedsstaaten zunehmend unter Druck. Die Kommission könnte daher bei der Aussetzung der Zölle einen Rückzieher machen.

    Die weitgehende Handelsliberalisierung, die auch die Aussetzung von Zöllen für Agrar- und Lebensmittelimporte aus der Ukraine vorsieht, wurde im Zuge der russischen Invasion im Eiltempo genehmigt. Derzeit ist sie auf ein Jahr befristet und soll im Juni 2023 überprüft werden.

    Seit Inkrafttreten des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens (DCFTA) mit der Ukraine im Jahr 2016 sind bereits fast die Hälfte der Agrarerzeugnisse zollfrei. Die Entscheidung, die Zölle auf Agrarprodukte für ein Jahr vollständig auszusetzen, sollte vor allem die kriegsgebeutelte ukrainische Wirtschaft ankurbeln und die schrittweise Integration des Landes in den EU-Binnenmarkt begründen.

    Die EU-Kommission ist jedoch bereits dabei, die Aussetzung zu überdenken. Insbesondere die sogenannten Solidaritätskorridore bereiten Probleme, so eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle gegenüber EURACTIV.

    Die Solidaritätskorridore, die im Mai 2022 nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine eingeführt wurden, beinhalteten Maßnahmen, um den Export von landwirtschaftlichen Gütern über alle möglichen Routen zu unterstützen.

    Die Korridore gelten hierbei als äußerst erfolgreich: Im Dezember wurden nach Angaben der EU-Kommission insgesamt drei Millionen Tonnen Getreide über diese Korridore exportiert.

    Dieser Erfolg erwies sich jedoch als zweischneidiges Schwert, da der erhebliche Zustrom von Getreide zu Spannungen in den benachbarten EU-Ländern führte.

    So warnten etwa rumänische Getreideerzeuger:innen bereits im September, dass sie der Zustrom ukrainischen Getreides über die „Solidaritätskorridore“ an den Rand des Bankrotts treibe. Auch in Polen häuften sich zuletzt ähnliche Befürchtungen.

    Insbesondere die Nachbarländer der Ukraine – darunter Polen, Ungarn und Rumänien – pochen deshalb darauf, die negativen Auswirkungen der ukrainischen Importe auf ihre Wirtschaften zu bekämpfen, so die Quelle.

    Deshalb drängen die Nachbarstaaten der Ukraine derzeit darauf, die Zollregelungen für einige Produkte zu überdenken. Dabei warnten sie auch vor dem potenziellen Risiko, kontaminiertes Getreide aus der Ukraine einzuführen und forderten deshalb eine bessere Kontrolle der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS).

    Ein Vertreter der Kommission betonte zwar die Bedeutung der Solidaritätskorridore, räumte aber ein, dass diese Regelung eine „Herausforderung für unsere Landwirte“ darstelle.

    Man werde in den kommenden Wochen darüber diskutieren, hieß es aus der Kommission weiter. Der bevorstehende EU-Ukraine-Gipfel am 3. Februar stelle hierbei eine gute „Gelegenheit“ dar, um die weitere Zusammenarbeit und Unterstützung der EU für das kriegsgebeutelte Land zu diskutieren.

    Keine Einstimmigkeit bei Krisenfonds

    Eine Möglichkeit, die negativen Effekte der ukrainischen Agrarimporte abzufedern, stellt die sogenannte Krisenreserve der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dar. Durch diesen Krisenfonds könnten Landwirte in Ländern wie Polen oder Rumänien, die mit einem Zustrom von Getreide aus der benachbarten Ukraine zu kämpfen haben, kurzfristig finanziell unterstützt werden.

    Der Fonds ist mit rund 450 Millionen Euro ausgestattet und kann zur Finanzierung von Sondermaßnahmen verwendet werden, um Marktstörungen bei der Erzeugung oder Verteilung von Agrarprodukten entgegenzuwirken.

    Die Idee wurde bereits von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski ins Spiel gebracht. Die Aktivierung des Fonds bedarf jedoch der Zustimmung aller EU-Agrarminister:innen.

    Laut einer Quelle begrüßten eine Reihe von Ländern – darunter Finnland, Lettland, Ungarn, Estland und die Tschechische Republik – die Aktivierung des Fonds „so bald wie möglich.“ Andere zeigten sich allerdings kritischer. So erklärte beispielsweise die Slowakei, dass man der Idee zwar offen gegenüber stehe, sie jedoch sorgfältig geprüft werden müsse.

    Andere EU-Staaten stellten sich jedoch offen gegen die Idee, darunter Frankreich, die Niederlande und Dänemark. Malta und Italien äußerten auch Bedenken gegenüber der Aktivierung des Fonds.

    Der Vertreter der Kommission riet den Mitgliedstaaten ihrerseits zur Vorsicht, da es noch früh im Jahr sei und die EU-Länder daher „vorsichtig sein und genügend Mittel für den Rest des Jahres sowie potentielle Probleme zurückstellen“ sollten.

    https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/macht-die-eu-beim-freihandel-mit-der-ukraine-einen-rueckzieher/

  8. Getreidepreise steigen kräftig – Getreidehändler verlassen Russland

    Der globale Rohstoffhändler Cargill hat dem russischen Landwirtschaftsministerium mitgeteilt, dass er den Export von russischem Getreide ab Beginn der nächsten Exportsaison einstellen wird. Auch der globale Getreidehändler Viterra plant offenbar, den Getreidehandel in Russland einzustellen. Russland sagt dazu, die Anlagen der Händer an den großen Exporthäfen werden weiter betrieben.

    Die Getreidepreise steigen auf den höchsten Stand seit Mitte März. Grund sind die Ankündigungen zweier großer Getreidehändler Russland zu verlassen. Dazu kommen die Meldungen, dass Russland selbst seinen Export stärker kontrollieren und regulieren will. In Europa leiden indessen lokale Märkte in Polen und Rumänien unter dem massiven Angebotsdruck aus der Ukraine.

    Die Weizenpreise stiegen am Mittwoch für den vorderen Maitermin um knapp 3 Euro auf 266,25 Euro je Tonne und für die neue Ernte um 3,50 Euro auf 265,50 Euro je Tonne. Auch für Mais stiegen die Preise für den vorderen Maikontrakt um knapp 3 Euro auf knapp 262 Euro je Tonne. Vorausgegangen waren dem Preisanstieg verschiedene Berichte über große internationale Getreidehändler die Russland verlassen wollen, was die ohnehin fragile Exportlogistik am Schwarzen Meer zusätzlich erheblich belasten dürfte.

    Der globale Rohstoffhändler Cargill Inc. hat dem russischen Landwirtschaftsministerium mitgeteilt, dass er den Export von russischem Getreide ab Beginn der nächsten Exportsaison einstellen wird, die am 1. Juli beginnt, teilte das Ministerium am Mittwoch mit. „Die Einstellung seiner Exportaktivitäten auf dem russischen Markt wird sich nicht auf das Volumen der inländischen Getreidelieferungen ins Ausland auswirken. Die Getreideexportanlagen des Unternehmens werden unabhängig davon, wer sie verwaltet, weiter betrieben“, sagte das Landwirtschaftsministerium in einem Kommentar gegenüber Reuters.

    Die Weizenpreise, die am Mittwoch zunächst im negativen Bereich gehandelt wurden, stiegen kräftig, nachdem die Mitteilung von Cargill am Markt bekannt wurde. Auch der globale Getreidehändler Viterra plant, den Getreidehandel in Russland einzustellen, berichtete Bloomberg News. Russische Exporte könnten außerdem auch gebremst werden, wenn Moskau einen vorübergehenden Stopp der Weizen- und Sonnenblumenexporte umsetzt, wie die russische Wirtschaftszeitung Vedomosti letzte Woche berichtete.

    Jüngste Berichte über die Absicht Russlands, seine strategischen Getreidereserven zu erhöhen und das Exportvolumen zu kontrollieren, bringen zwei weitere Elemente der Unsicherheit auf den Markt, und heizen die Preise weiter an. Aus der Europäischen Union wird vom Analystenhaus Agritel indessen über andere Probleme berichtet. Die seit dem vergangenen Jahr bestehenden logistischen Schwierigkeiten beim Getreideexport der Ukraine haben die Einfuhr großer Getreidemengen in die Europäische Union begünstigt, insbesondere in die unmittelbaren Nachbarländer Polen und Rumänien.

    Diese Situation destabilisiert die lokalen Märkte angesichts des Warenzustroms und überlastet die Lager- und Logistikkapazitäten. Die polnischen Behörden haben die Europäische Kommission auf diesen Punkt aufmerksam gemacht, eine Initiative, die auch mehrere Nachbarländer vereinen könnte, die mit ähnlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind, zumal die neue Ernte näher rückt. Die Getreidepreise an einigen lokalen physischen europäischen Märkten gehen vor diesem Hintergrund, trotz des Anstiegs der Preise am Terminmarkt, deutlich nach unten.

    (agrarheute, 30.3.)

    Das Interessante an dieser Meldung ist, daß diese beiden Getreidemultis bisher in Rußland tätig waren. D.h., ein großer Teil der Getreideausfuhren Rußlands im ersten Kriegsjahr 2022 wurde von ihnen betrieben.

    Russische Medien begrüßen diesen Schritt, weil jetzt der Getreidehandel wieder ausschließlich in staatlicher Hand ist und die russische Regierung daher entscheiden kann, wer was um welchen Preis kriegt. Die Russen können auch Getreide verschenken, wenn es ihnen opportun erscheint, und damit ihren Einfluß auf der Welt steigern.
    All das wird bei dem Gerede über Höhen und Vergleiche von BIP und Wachstum übrigens überhaupt nicht erfaßt.

    Auf dem Getreide-Weltmarkt tut sich überhaupt einiges:

    Getreidepreise steigen steil an – Russland will Export unterbrechen

    Nach Ansicht von Analysten bestimmt der Preisdruck vom Schwarzen Meer für die Europäer zuletzt maßgeblich die Preisentwicklung. Dabei gelangt ukrainisches Getreide nach Europa und auf andere Märkte. Gleichzeitig versucht Russland neue Absatzmöglichkeiten für seine Rekordernte von 2022 zu finden.

    Die Weizenpreise sind am Freitag um 6 % gestiegen. Dahinter steckt eine mögliche Export-Unterbrechung durch Russland. Der Markt reagierte panisch. Am Montag geben die Preise im laufenden Handel aber wieder etwas nach.

    Die Weizenpreise stiegen am Freitag um fast 6 %. Auslöser war ein Bericht der russischen Wirtschaftszeitung Wedomosti, wonach Moskau als Reaktion auf die fallenden Getreidepreise über einen vorübergehenden Stopp der Weizenexporte nachdenkt, berichtet Reuters.

    Die Weizenpreise am Terminmarkt in Paris kletterten daraufhin um 5,8 % bzw. 14 Euro auf 259 Euro je Tonne und unterbrachen damit einen sechstägigen Preissturz. Dieser hatte die Weizenpreise um insgesamt 27 Euro/t nach unten gedrückt. Im laufenden Handel am Montag geben die Weizenpreise indessen wieder um rund 3 Euro nach – auf 256 Euro je Tonne.

    Nach Ansicht von Analysten bestimmte der Preisdruck vom Schwarzen Meer für die Europäer zuletzt maßgeblich die Preisentwicklung. Dabei gelangt ukrainisches Getreide sowohl über den Schwarzmeerkorridor als auch über die Donau und über den Landweg nach Europa und auf andere Märkte. Gleichzeitig versucht Russland weitere Absatzmöglichkeiten für seine Rekordernte von 2022 zu finden. Die sich dadurch erheblich verschlechternden Exportmöglichkeiten hatten die europäischen und US-amerikanischen Weizenpreise vorige Woche auf den niedrigsten Stand seit 2021 gedrückt.

    „Europa und die USA sind zunehmend unfähig, ihre alte Ernte zu verkaufen“, sagte Rabobank-Analyst Michael Magdovitz gegenüber Reuters. Nachdem die Europäische Kommission zu Beginn der russischen Invasion in der Ukraine für 2022/23 noch an Rekord-Weichweizenexporte für die EU von 40 Millionen Tonnen geglaubt hatte, senkte die Kommission ihre Prognose schrittweise auf zuletzt 32 Millionen Tonnen, wobei einige Analysten die Ausfuhren nur noch bei 30 Millionen Tonnen sehen. Das macht natürlich erheblichen Druck auf die Getreidepreise am europäischen Binnenmarkt.

    Händler halten jedoch eine Zunahme der EU-Exporte in den nächsten Monaten noch für möglich, da weiterhin Zweifel an der Fortdauer der Schwarzmeerlieferungen bestehen, und Russland sich nur bis Mitte Mai auf das Getreideabkommen eingelassen hat und außerdem Möglichkeiten prüft, den eigenen Export zu drosseln (siehe oben), um die Preise nach oben zu bekommen.

    Die Preise für russischen Weizen mit 12,5 % Proteingehalt, der frei an Bord (FOB) von den russischen Häfen am Schwarzen Meer geliefert wird, fielen laut der Landwirtschaftsberatung IKAR letzte Woche um 13 USD auf 277 USD pro Tonne (256 Euro/t), berichtet Reuters. Die EU-Kommission nannte für vorige Woche für die Ukraine Exportpreise von nur 250 USD je Tonne (231 Euro/t). Das waren 15 USD weniger als eine Woche zuvor und sogar 30 USD weniger als französische Exporteure zum gleichen Termin fob-Rouen verlangen.

    (agrarheute, 27.3.)

    Man sieht doch den Unterschied zwischen den Wirtschaftssystemen: Während Rußland freie Preisgestaltung hat, wollen die europäischen Produzenten natürlich mindestens ihre Gestehungskosten haben und die Händler und Transporteure Gewinn machen.
    Gleichzeitig wird der europäische Markt mit ukrainischen Billigimporten überschwemmt, weil die wollen ihr Getreide natürlich dorthin verkaufen, wo besser bezahlt wird.
    Sperren für ukrainisches Getreide kann die EU ihren Markt aus verschiedenen Gründen auch nicht.

  9. Selenskyj besucht Polen, wo die Unterstützung für die Ukraine zu bröckeln droht

    (…)

    Stimmung kippt

    Selenskyj kommt in einem kritischen Moment nach Polen. Denn die Stimmung in dem Nachbarland, dessen Bürger seit dem Überfall Putins der Ukraine solidarisch Hilfe leisteten, ist im Kippen. Zwar hat die Regierung in Warschau schon vor Monaten die meisten Hilfszahlungen an ukrainische Geflüchtete eingestellt, doch immer mehr Polen haben das Gefühl, deren Hilfsbereitschaft werde ausgenutzt.

    Auf dem Land formiert sich sogar schon Widerstand. Denn die Idee der Europäischen Kommission, das ukrainische Getreide, das normalerweise über die Schwarzmeer-Häfen nach Asien und Afrika exportiert wird, per Bahn durch die EU zu schleusen und dann über EU-Häfen an ihren Bestimmungsort zu transportieren, war zwar gut, aber nicht zu Ende gedacht. Denn Polens Häfen haben gar nicht die Verladekapazitäten für zusätzliche Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine, die nun zum großen Teil in polnischen Silos liegen und zu einem massiven Preisverfall des polnischen Getreides geführt haben.“

    An den Kapazitäten wird es wohl nicht liegen, eher schon am Preis und an den Käufern. Für Afrika oder den Libanon ist es zu teuer, und in der EU gibt es keinen Bedarf. Die polnischen Häfen liegen nicht sehr günstig für den Welthandel, alles muß durch die dänisch-schwedischen Nadelöhre.

    „Landwirtschaftsminister tritt ab

    Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk von der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) tritt am Besuchstag Selenskyjs zurück. Er schiebt die Schuld zwar auf die EU-Kommission, die weder seine Forderungen noch die der polnischen Bauern erfüllt habe.
    Doch kann er nicht erklären, warum er über viele Monate hinweg weder mit Janusz Wojciechowski (PiS), dem polnischen EU-Landwirtschaftskommissar, noch mit den Amtskollegen in Deutschland und den Niederlanden gesprochen und den Weizentransport aus der Ukraine neu geregelt hat.

    Nicht entstanden ist auch bis heute der neue Getreideterminal, den Polens Regierung in Gdynia (Gdingen) bauen wollte. Als Donald Tusk, der Vorsitzende der liberalkonservativen Oppositionspartei Bürgerkoalition (KO), im Juni 2022 auf das Logistikproblem aufmerksam machte, warf ihm Premier Mateusz Morawiecki (PiS) vor, sich »im Sinne Putins« zu äußern.

    Forderung in Sachen Wiederaufbau

    Immer lauter werden auch die Forderungen, dass Polen und die Ukraine verbindliche Verträge über den Wiederaufbau des Landes nach Kriegsende unterzeichnen sollten. Es könne nicht sein, erklärte KO-Parlamentarier Paweł Kowal beim Radiosender Tok FM, dass Polen der Ukraine während des ganzen Kriegs Waffen- und humanitäre Hilfe leiste, nach dem Krieg aber westliche Staaten das große Geschäft mit dem Wiederaufbau machen würden. Gemünzt war dies wohl auf den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck, der nur wenige Tage zuvor mit einer Delegation in Kiew war und aktuelle wie künftige deutsch-ukrainische Investitionen erörterte.“

    Da wird wirklich das Fell des Bären verteilt, bevor er erlegt ist. Bis jetzt sind doch alle damit beschäftigt, daß möglichst viel kaputt geht.

    (Standard, 5.4.)

  10. Dieser Getreide-Exporthandel der Ukraine führt offensichtlich zu Verwerfungen aller Art.

    Man muß fragen: Wo ging das ukrainische Getreide + sonstige Futtermittel bisher hin?

    Ein Teil landete anscheinend in der EU, aber per Schiff und möglicherweise als EU-Getreide umdeklariert, als Futtermittel auf der iberischen Halbinsel und in anderen EU-Staaten, die vom Getreideanbau großflächig abgekommen sind.

    Jetzt aber landet auf dem Landweg in Staaten, die noch selber Getreide anbauen, sogar Exporteure sind, und wo es im Inland die Preise drückt, aber nicht reexportiert werden kann, weil es zu teuer für die Staaten Afrikas oder des Nahen Ostens ist, wohin es vorher offenbar ging.

    Außerdem wie exportieren? Die polnischen Häfen liegen vom Standpunkt des Getreideexportes ungünstig, in Rumänien gibt es zwar Häfen, aber mit geringeren Kapazitäten, als es für diesen Re-Getreidehandel notwendig wäre. Ungarn sitzt überhaupt mit dem Zeug fest. Auch in Bulgarien gibt es Probleme mit angesammeltem Getreide aus der Ukraine, deren genauere Ursachen mir nicht bekannt sind.

    Und jetzt wurde der Getreide-Deal erneuert, jetzt kommen wieder neue Mengen aus der Ukraine auf den Weltmarkt.

  11. Bei den aufgrund des erfolgten Abkommens wieder aufgenommenen Getreide-Lieferungen aus der Ukraine nichts Neues:

    Die Getreide-Lieferungen Rußlands werden weiter durch die Sanktionen erschwert, aber nicht verunmöglicht, wie ein Artikel in El País verärgert anmerkt. Deshalb verzögern die russischen Kontrollore am Bosporus möglichst die Lieferungen von ukrainischem Getreide – wie der Autor des Artikels erwähnt, auch nach Spanien. 

    Die Haupt-Interessenten dieses Getreides scheinen nach wie vor in West- und Mitteleuropa zu sitzen, aber seltsamerweise keinen Wert auf das in Polen oder Ungarn aufgehäufte ukrainische Vorjahres-Getreide zu legen.

    Das liegt vermutlich am Preis.

  12. Russland sagt, es werde das Getreideabkommen nicht verlängern, wenn die Verpflichtungen nicht eingehalten werden

    Russland hat diesen Donnerstag gewarnt, dass es das Getreideabkommen, das den Export von Lebensmitteln durch das Schwarze Meer erlaubt, nicht verlängern wird, wenn es keine Fortschritte bei der Erfüllung der Verpflichtungen gibt, die sich aus dem von Moskau und der UN unterzeichneten Memorandum ergeben.

    »Ohne Fortschritte bei der Lösung von fünf systemischen Problemen […] kann von einer Verlängerung der Schwarzmeerinitiative nach dem 18. Mai keine Rede sein«, heißt es in einer Pressemitteilung des russischen Außenministeriums.
    Moskau fordert
    – den Wiederanschluss der Bank Rosselkhozbank an das Finanzkommunikationssystem SWIFT,
    – die Wiederaufnahme der Lieferungen von landwirtschaftlichen Maschinen sowie von Ersatzteilen und Dienstleistungen dafür sowie
    – die Aufhebung der Versicherungsbeschränkungen und des freien Zugangs zu Häfen.

    Die anderen beiden russischen Forderungen sind
    – die Inbetriebnahme einer Ammoniak-Pipeline, die seit Beginn der Offensive in der Ukraine stillgelegt ist, und
    – die Freigabe der Konten und Vermögenswerte russischer Unternehmen im Ausland, die mit der Produktion und dem Transport von Nahrungsmitteln und Düngemitteln verbunden sind.

    Die Schwarzmeer-Getreideinitiative wurde ursprünglich im Juli letzten Jahres von der Ukraine und Russland mit Unterstützung der Türkei und der Vereinten Nationen für eine Laufzeit von 120 Tagen besiegelt, die um denselben Zeitraum verlängert werden kann, wenn keine Partei sie aufgibt. Am 18. März verlängerte Russland seine Gültigkeit um nur 60 Tage, da "die Hälfte des Abkommens" nicht erfüllt sei, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch.

    (El País, 13.4.)

  13. Die Slowakei verbietet die Verarbeitung von ukrainischem Importgetreide, nachdem Proben der Lebensmittelbehörde eine starke Verunreinigung desselben festgestellt hatten.

    Ungarn und andere osteuropäische Staaten haben in enem Brief an die EU-Kommission ersucht, die Zoll- und Quotenfreiheit für die Einfuhr ukrainischer Produkte in die EU aufzuheben, aber Brüssel will davon nichts wissen.

    https://www.napi.hu/gazdasag/szlovakia-tilalom-ukran-gabona-feldolgozas.769960.html

    Wie die russische Seite vermutet, werden damit teilweise Waffenexporte bezahlt, aber irgendetwas scheint sich hierbei zu spießen und ruft die osteuropäischen Landwirte auf den Plan, die durch diese Importe geschädigt werden.
    Auf dem Seeweg exportiertes Getreide landete in Westeuropa, aber auf dem Landweg exportiertes blieb in Osteuropa stecken.
    Es wäre interessant, herauszufinden, wem es gehört.

  14. Nach Polen untersagt auch Ungarn Getreideimporte aus der Ukraine

    Nach Polen will nun auch Ungarn Importe von Getreide und anderen Lebensmitteln aus der Ukraine unterbinden, um die eigene Landwirtschaft zu schützen. Polen hatte ein entsprechendes Verbot am Samstag ausgesprochen, im Verlauf des Abends wurde klar, dass Ungarn mitziehen wolle. Wann das Importverbot in Kraft treten soll, ließ die Regierung von Viktor Orbán vorerst nicht wissen. Es solle aber bis Ende Juni aufrecht bleiben. Ungarn betonte, man hoffe auf ein Umdenken der EU in Sachen Getreideimporte aus der Ukraine.

    In mitteleuropäischen Ländern gibt es große Vorräte ukrainischen Getreides, das preiswerter ist als in der EU produzierte. Aufgrund von logistischen Problemen wurde es nicht weitertransportiert. Das beeinträchtigt die Preise und die Verkaufsmöglichkeiten für heimische Landwirte. Das hat unter anderem in Polen für Unmut gesorgt, Landwirte forderten die Einführung von Zöllen. Die EU verlängerte jedoch die zollfreie Einfuhr von ukrainischem Getreide bis Juni 2024.

    (Standard, 15.4.)

  15. Der ukrainische Premierminister fordert von einem fernen Land, sich der »Friedensformel« anzuschließen

    Denis Schmyhal, Premierminister der Ukraine, forderte Bangladesch auf, sich der Umsetzung der »Friedensformel« von Wolodimir Selenskij anzuschließen und eine aktive Position bei der umfassenden Hilfe für die Ukraine einzunehmen.“

    Die „Friedensformel“ heißt: Kein Frieden ohne Abzug der Russen aus der Ukraine und Rückgabe der Krim.
    Es ist also ein Kriegsprogramm.

    „Schmyhal sagte: »Ich hatte das erste Telefongespräch mit der Premierministerin von Bangladesch, Scheich Hasina Wazed … Ich habe sie  aufgefordert, sich der Umsetzung der Friedensformel Präsident Selenskijs anzuschließen.“

    Die Premierministerin von Bangladesh soll also das Kriegsprogramm des Westens unterstützen. Warum?

    „Die Ukraine bleibt einer der Garanten der Welternährungssicherheit.“

    Dann ist es um letztere allerdings schlecht bestellt.

    „Und Bangladesch war historisch gesehen einer der größten Importeure von ukrainischem Getreide.«

    Weil Bangladesch Getreide von der Ukraine gekauft hat, soll es deren Krieg unterstützen?!

    „Eine subtile Anspielung auf schwierige Umstände. Es ist nur so, dass russisches Getreide leicht eingeweichtes ukrainisches Getreide ersetzen kann.“

    (KP, 20.6.)

  16. Getreidedeal: EU erwägt Zugeständnis an russische Bank

    Um die Verlängerung des Getreideabkommens zu ermöglichen, erwägt die Europäische Union den Vorschlag Russlands, die russische Rosselkhozbank könnte eine Tochtergesellschaft gründen, um wieder an das globale Finanznetz angeschlossen zu werden. Das berichtet die Financial Times am Montag.

    Wie vorhin berichtet, steht die Verlängerung der auch als Schwarzmeer-Abkommen bekannten Vereinbarung auf der Kippe, da Russland seine dafür gestellten Bedingungen nicht erfüllt sieht. Derzeit gilt das Abkommen bis zum 17. Juli.

    Die neue Bank soll die Zahlungen im Zusammenhang mit den Getreideexporten abwickeln und dafür das globale Finanznachrichtensystem Swift nutzen dürfen.

    (Standard, 3.7.)

    Man merkt hier das Interesse der EU an diesem Getreide-Deal, um ihr Futtergetreide aus der Ukraine zu sichern.

  17. „»Das Getreideabkommen verkam von einem humanitären Projekt zu einem kommerziellen«
    Der Ständige Vertreter der RF bei den UNO in Genf, Gennadij Gatilow, über die Zukunft der Schwarzmeerinitiative und die Verhandlungen mit Kiew (…)

    Die Umsetzung des Russland-UNO-Memorandums zur Normalisierung russischer Agrarexporte, das ein wesentlicher Bestandteil der Istanbul-Paketvereinbarungen ist, ist immer noch nicht weitergekommen.
    Trotz der Bemühungen des UN-Teams bleiben fünf systemische Aufgaben ungelöst:

    Die Wiederanbindung der russischen Agrarbank (Rosselchozbank) an das SWIFT-System, die Wiederherstellung der Ammoniak-Pipeline Togliatti-Odessa, die Wiederaufnahme der Lieferungen von Ersatzteilen und Ausrüstung für den Bedarf der Landwirtschaft und Düngemittelproduktion, Transportlogistik und Versicherung, Freigabe der eingefrorenen Vermögenswerte russischer Unternehmen.
    Der Fortschritt wird in den meisten Fällen von den westlichen Hauptstädten blockiert.“

    (Izvestija, 3.7.)

    Zur Ammoniak-Pipeline folgende Erinnerung. Die Sprengung dieser Pipeline wurde nämlich durch diejenige des Kachowka-Staudamms übertönt:
    ___________________________________

    „Sabotage, Terrorakt
    Moskau: Ukraines Heer sprengte Ammoniak-Pipeline

    Eine „ukrainische Sabotage- und Aufklärungsgruppe“ habe die derzeit nicht genutzte Ammoniak-Pipeline Togliatti-Odessa gesprengt, hieß es aus dem russischen Verteidigungsministerium am Mittwoch. Es habe sich um einen „Terrorakt“ gehandelt, bei dem mehrere Zivilpersonen verletzt worden seien. Die ukrainischen Truppen hatten das betroffene Dorf in der nordöstlichen Region Charkiw im vergangenen Herbst größtenteils zurückerobert.

    Die Pipeline misst insgesamt rund 2500 Kilometer und verbindet die russische Stadt Togliatti an der Wolga mit dem Hafen der ukrainischen Stadt Odessa am Schwarzen Meer. Mit Kriegsbeginn wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt. Das russische Militär nutzte die Pipeline bis dahin zum Export von Ammoniak, das ein wichtiger Bestandteil von Düngemitteln ist.“

    Warum das Militär?
    Doch eher landwirtschaftliche Organisationen, oder die Herstellerfirma.

    „Die russische Regierung fordert, die Pipeline wieder in Betrieb zu nehmen, und verhandelt dies auch rund um das Getreideabkommen mit der Ukraine. Eine Verlängerung würde es ermöglichen, Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine zu exportieren.

    Putin zu Damm: „Barbarische Tat“
    Am Mittwoch machte der Kreml den Kriegsgegner auch für die Explosion am Kachowka-Staudamm verantwortlich. Es handle sich um eine „barbarische Tat Kiews.“ Dadurch sei eine „ökologische und humanitäre Katastrophe großen Ausmaßes“ verursacht worden, sagte der russische Präsident Wladimir Putin.
    Wie berichtet, war der am Fluss Dnipro in russisch kontrolliertem Gebiet gelegene Staudamm bei der Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden. Große Mengen Wasser traten aus, zehntausende Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Die beiden Kriegsparteien machen sich gegenseitig für den Angriff verantwortlich. Sicherheitsdienste und das Militär untersuchen den Fall derzeit.

    (Kronen Zeitung, 7.6.)
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    zurück zur Izvestija:

    GG: Ein schwerer Schlag für die Istanbuler Vereinbarungen war die Zerstörung der Ammoniakpipeline in der Region Charkow durch das Kiewer Regime.
    Diese kritische Infrastruktur war für die globale Ernährungssicherheit von entscheidender Bedeutung, da jedes Jahr 2 Millionen Tonnen Rohstoffe durch sie gepumpt wurden. Solche Mengen reichen aus, um Nahrungsmittel für 45 Millionen Menschen zu produzieren.
    Die Sabotage bestätigte eindeutig, dass die ukrainische Seite nie an einer Wiederinbetriebnahme der Ammoniakpipeline interessiert war.
    Nun wird diese Frage erst recht auf die lange Bank geschoben.“

    Man merkt hier auch wieder, welche zentrale Rolle Rußland für die internationale Nahrungsmittelproduktion gespielt hat und nach wie vor spielt – durch Export von Energieträgern, Getreide und eben Düngemitteln.

    Vor diesem Hintergrund müssen russische Hersteller und Lieferanten von Agrarprodukten und Düngemitteln noch immer zahlreiche Hürden im Zusammenhang mit Bankzahlungen, Frachttransporten und Versicherungen überwinden.
    Höhere Kosten, kompliziertere Logistik und erhöhte Risiken führen zu einer Verringerung der physischen Verfügbarkeit und einem Anstieg der Kosten relevanter Güter auf den Weltmärkten, was sich wiederum negativ auf die globale Ernährungssicherheit auswirkt.

    Iz: Gibt es Chancen, dass der Getreidedeal im Juli noch verlängert wird?

    GG: Die ursprünglich als humanitäre Initiative angelegte Schwarzmeer-Initiative ist längst zu einem kommerziellen Projekt verkommen. Es dient hauptsächlich der Lieferung von ukrainischem Getreide und Futtermitteln an Länder mit hohem Einkommen, darunter auch EU-Länder. Bedürftige Länder bekommen nur ein symbolisches Minimum, nicht mehr als 3%, Brösel vom Tisch des Herrn.
    Hinzu kommt, dass die Korridore, auf denen Schiffe zu ukrainischen Häfen und zurück fahren, regelmäßig von Ukrainern zum Abschuss militärischer Seedrohnen genutzt werden.

    Russland hat das Abkommen wiederholt in der Hoffnung auf positive Veränderungen verlängert. Was wir jetzt sehen, gibt uns jedoch keinen Grund, einer Beibehaltung des Status quo zuzustimmen. Gleichzeitig ist sich unser Land als verantwortungsvoller globaler Lieferant der Probleme bewusst, mit denen die Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas konfrontiert sind. Wir unternehmen alle möglichen Schritte, um die negativen Auswirkungen der destruktiven Politik des Westens zu neutralisieren und armen Ländern Zugang zu Agrarprodukten zu ermöglichen.
    Ein gutes Beispiel ist die Kampagne, russische Düngemittel an bedürftige Länder zu spenden.

    »Die Sanktionen haben ihre Ziele nicht erreicht«

    Iz: Am 23. Juni hat die EU das 11. Sanktionspaket verabschiedet. Ist mit einer Fortsetzung der restriktiven Politik zu rechnen, oder könnte der Druck auf die Russische Föderation bald nachlassen?

    GG: Ich bezweifle stark, dass wir in absehbarer Zeit eine Lockerung des Sanktionsregimes seitens der EU und der ihm beigetretenen Schweizerischen Eidgenossenschaft erleben werden, die kürzlich der Genehmigung des 11. Restriktionspakets zugestimmt hat.
    Eher das Gegenteil.
    Die westlichen Streitkräfte unter Führung von Zelenskij und seinem Team sind sich bewusst, dass kein noch so großer Druck auf unser Land unsere Außenpolitik beeinflussen und die RF nicht dazu zwingen kann, ihre wichtigsten Sicherheitsinteressen aufzugeben.

    Gleichzeitig muss Brüssel vor der in- und ausländischen Öffentlichkeit auftreten und die »Früchte« der im »Kampf gegen den Kreml« geleisteten Arbeit demonstrieren. Hat eines der akzeptierten Pakete das Ergebnis erbracht, das sich die Autoren erhofft hatten?
    Diese Frage stellen sich nur wenige. Und wenn man danach fragt, dann liegt die Antwort auf der Hand: Die Sanktionen haben ihr Ziel nicht erreicht. Im Westen leben sie weiterhin isoliert von den realen Ereignissen und haben das falsche Gefühl ihrer moralischen und wirtschaftlichen Überlegenheit.
    Die Tatsache, dass die Mehrheit der Länder der Welt ihre Position nicht teilt und sich nicht an einseitigen Sanktionsmaßnahmen beteiligen will, um Einfluss auf die »widerspenstigen« Staaten zu nehmen, ignorieren sie hartnäckig. Die russische Wirtschaft passt sich unterdessen an und weist weiterhin ein stabiles Wachstum auf. (…)

    »Die UN-Bemühungen bezüglich der Ukraine sind gelähmt«

    Iz: In letzter Zeit tauchen immer häufiger Pläne zur Lösung des Konflikts in der Ukraine auf. Insbesondere schlug Indonesien tatsächlich das „koreanische Szenario“ mit der Schaffung einer entmilitarisierten Zone unter der Kontrolle der Vereinten Nationen vor. Wie realistisch ist es? Und was deutet die Zunahme der Vorschläge für eine friedliche Lösung darauf hin?

    GG: Die Russische Föderation respektiert die Bemühungen von Ländern, Organisationen und Einzelpersonen, Lösungen für die Ukraine-Krise zu finden. Es gab bereits viele solcher Vorschläge und Initiativen.
    Kürzlich kam eine Gruppe afrikanischer Länder auf ähnliche Ideen. Dies spiegelt das wachsende Verständnis wider, dass die aktuelle Situation rund um die Ukraine nicht nur eine ernsthafte Bedrohung für die regionale, sondern auch die globale Sicherheit darstellt.

    Die Russische Föderation bleibt einer politischen und diplomatischen Lösung des Konflikts gegenüber offen. Allerdings trösten sich das Kiewer Regime und seine Herren weiterhin mit der Hoffnung, dass sie unserem Land eine »strategische Niederlage« zufügen können. Deshalb knüpfen sie alle Möglichkeiten für einen Dialog an unrealistische, unannehmbare Vorbedingungen.
    Man darf nicht vergessen, dass die RF zunächst eine friedliche Lösung befürwortete. Darauf zielten die Minsker Vereinbarungen ab. Allerdings hatten Kiew und seine westlichen Fädenzieher, wie sich inzwischen herausgestellt hat, nicht einmal vor, sie umzusetzen, sondern bereiteten sich auf die Umsetzung eines gewalttätigen Szenarios vor. (…)

    Die Tragödie der gegenwärtigen Situation besteht darin, dass das ukrainische Volk, das uns historisch und kulturell nahe steht, Opfer der russophoben und menschenfeindlichen Politik Zelenskijs und seiner Kuratoren geworden ist und die Folgen des kriminellen Vorgehens seiner Regierungsmannschaft noch sehr lange spüren wird.“

    Im Weiteren geht es in dem sehr ausführlichen Interview um die Rolle der UNO, die durch ihre prowestliche und antirussische Haltung als Vermittler unbrauchbar geworden ist bzw. sich selbst unbrauchbar gemacht hat. Das WHO-Büro in Moskau wird geschlossen, seine Mannschaft nach Kopenhagen verlegt.
    Diese Abteilung der WHO in Moskau befaßte sich speziell mit Infektionskrankheiten, seine Übersiedlung betrifft die ganze Region – also nicht nur Rußland, sondern auch Mittelasien. Sie wurde übrigens von Rußland finanziert. Auch das UNO-Büro zur HIV-Bekämpfung (UNAIDS) wird von Moskau nach Bonn verlegt.
    Der Abzug dieser Gesundheitsbehörden wurde den russischen Behörden einfach mitgeteilt, ohne vorherige Beratungen. Als Ausflucht dienten Probleme der Bezahlung der Mitarbeiter durch die Sanktionen.
    Als nächstes ist vermutlich ein metereologisches Zentrum dran, das die grenzüberschreitende Luftverschmutzung untersucht. Es gibt bereits Vorbereitungen, es aus Rußland zu entfernen, die internationalen Gelder wurden gestrichen.

    Die angestrebte Verdrängung Rußlands aus der UNO schränkt den Wirkungsgrad dieser Organisation ein und zerstört viele Initiativen, von denen die ganze Welt etwas gehabt hat, meint Gatilov abschließend.

  18. Reuters berichtet, dass das türkische Schiff „Samsun“ am Sonntagmorgen im Rahmen der Getreideinitiative als letztes Schiff den Hafen von Odessa verließ und nach Istanbul fuhr. Angeblich hat es mehrere Tausend Tonnen Raps und Mais geladen. Das endgültige Ziel der Ladung sind die Niederlande.
    Zuvor hatte der russische Präsident erklärt, dass die Verlängerung des Getreideabkommens möglich werde, sobald alle Verpflichtungen aus diesem Abkommen gegenüber der Russischen Föderation erfüllt seien. Bisher wurde noch keine erfüllt.
    Soviel zu dieser Vereinbarung.

    (KP, 17.7.)

    Auch wieder etwas, was die Preise in Europa in die Höhe treibt, da alle diese Futtermittel für die europäische Landwirtschaft ab jetzt woanders eingekauft werden müssen.
    In den letzten Jahren kamen sie offenbar aus der Ukraine.

  19. Heute in den Abendnachrichten des ORF wurde vom Korrespondenten Wehrschütz darauf hingewiesen, was die Beendigung des Getreidedeals bedeutet.

    1. die Versicherungen für die Schiffe, die dennoch Odessa anlaufen wollen, werden sich erhöhen (sie sind jetzt schon hoch), weil das Risiko wächst. D.h., es ist dann irgendwann nicht mehr wirtschaftlich, Getreide auszuführen.

    2. 60% der Exporte der Ukraine sind LW-Produkte, und von diesen ging auch bisher die Hälfte in entwickelte Staaten.
    Also erstens ist der Verweis auf die hungernde Welt verlogen, aber zweitens wird jetzt dieses für die EU bestimmte Futtergetreide jetzt auf dem Landweg transportiert werden müssen, was langsam und auch recht teuer ist.

    3. Die Ukraine muß ihre Speicher leeren, weil die kommende Ernte steht vor der Tür.

    Es ist eigenartig, wie die Kündigung dieses Getreide-Abkommens in den Medien kommentiert wird: Rußland habe es „vorübergehend“ ausgesetzt. Die Russen hätten eine Aufhebung der Sanktionen verlangt, das geht ja überhaupt nicht.
    Keine Rede davon, daß es vor allem um die Wiederaufnahme der russischen Außenhandelsbank in das SWIFT-System ging.

    Aber der Tenor ist: Die Russen sind Spielverderber und das Ganze ist nur vorübergehend „ausgesetzt“.

    Laut russischen Medien kamen die satellitengestützten unbemannten Boote, die die Krim-Brücke bombardierten, durch den Getreidekorridor. Die Ukraine und die USA wollten noch schnell die Möglichkeit ausnutzen, um diese neue Waffe auszuprobieren.
    (Es wird nicht ganz klar, ob es U-Boote oder eine Art Torpedo-Boote waren. Die Untersuchungen laufen noch.)

  20. Ukraine Plea to Keep Grain Moving Clashes With Shippers’ Reality

    Russia withdrew guarantee of safe passage for ships on Monday

    Collapse of deal jeopardizes key trade route from Ukraine

    Ukraine is pushing for grain exports to continue from key ports following Russia’s withdrawal from the Black Sea grain deal. Insurers and shippers aren’t so sure.

    Russia’s termination of the pact this week means that it will no longer guarantee safe passage through the waterway. Ukraine is calling on other nations to help facilitate shipments from three of its deep-sea ports, which were covered by the agreement.

    The US said shipping escorts are not an option, and insurance broker Marsh on Tuesday suspended its program for grain exports from Ukraine, underscoring the challenges ahead.

    “No sane owners will call there uninsured,” said Vasilis Mouyis, joint managing director of Greece-based Doric Shipbrokers SA, which had previously had sent vessels through the shipping passage. Without the protection of the safe corridor “the Ukraine trade is dead.”

    (…)

    (Bloomberg, 18.7.)

  21. Gut gebrüllt, Löwe!

    Jetzt geht das Gerangel los, wie ukrainisches Getreide auf dem Landweg so ausgeführt werden kann, daß die Nachbarländer lediglich den Transit ermöglichen – wohin, fragt man sich?

    Das ukrainische Futtergetreide und die Ölsaaten waren ja nur deswegen so nachgefragt in der EU, weil sie billig waren. Aber der Transport über Land verteuert das Zeug.

  22. Man merkt an diesen Streitereien, wie viele ukrainische Lebensmittel bzw. Agrar-Rohstoffe bisher bereits unter anderem Ettikett auf die EU-Märkte gelangt waren.

    Nur eben nicht in die Nachbarstaaten.
    Holland, Deutschland, die Iberische Halbinsel, möglicherweise auch GB und verschiedene Mittelmeerstaaten haben ukrainische Lebens- und Futtermittel importiert, an die sie jetzt nicht mehr herankommen und die sie jetzt teurer woanders einkaufen müssen – was die Preise in die Höhe treibt.

    Ebenso waren ukrainische Futtermittel in anderen – eher zu den wohlhabenderen gehörenden – Staaten nachgefragt, wie man an den Routen der Schiffe sehen konnte, die bis vor kurzem die Ukraine verlassen haben. Israel, Südkorea, Südafrika.

    Gerade Brotgetreide scheint weniger zu den Spezialitäten der ukrainischen gegrabbten Landwirtschaft gehört zu haben – da hat Rußland die Nase vorn.

    Man muß auch bei den durch Krieg und Blockade zu Schaden gekommenen „Landwirten“ unterscheiden zwischen
    1. den kleinen, mit Vorliebe vor die Kamera gezerrten Personen, die mit Agrarkredit mittlere Betriebe in die Höhe gezogen haben und bei den Banken, vor allem der von Raiffeisen übernommenen AVAL-Bank in der Kreide stehen und über diese auch ihre Produkte vertreiben.
    Bei diesen Landwirten ist auch der Banksektor am Agrarhandel beteiligt und durch den Krieg in dieser Weise geschädigt.

    2. die großen, von westlichem Agrarkapital besessenen Betriebe, die ihr eigenes Kapital aus dem Ausland mitbringen, und diejenigen einheimischer Oligarchen, die ihr anderweitig (möglicherweise nicht ganz legal) erwirtschaftetes Kapital – möglicherweise auch steuerschonend – in die LW investiert haben.

    Bei denen waren ukrainische Importe vermutlich bereits in der westlichen Produktpalette eingeplant, sie kämpfen jetzt mit Unterversorgung und müssen ihre Lieferketten neu einrichten.

    3. in und ausländisches Handelskapital – da hatten vor allem die ukrainischen Oligarchen und vermutlich auch polnische und deutsche Firmen die Nase vorn –, die ebenfalls mit herben Verlusten und Nachschubproblemen konfrontiert sind.

  23. „Benin, Somalia und Tunesien – um nur einige zu nennen – sind fast zu 100 Prozent von Weizen aus Russland und der Ukraine abhängig.“

    Also was jetzt? Rußland oder die Ukraine?
    Diese Länder können also problemlos aus Rußland importieren, falls die Ukraine ausfällt.
    Das einzige Problem scheinen die Zahlungsmodalitäten zu sein.
    Aber vermutlich haben diese Handelspartner inzwischen Möglichkeiten gefunden, die Importe aus Rußland zu bezahlen.

    „Das Gros des ukrainischen Weizens geht aber an China. Konkret um Erntemengen umgefallen sind daher asiatische Müller, die für die nächsten Monate Kaufverträge mit Kiew abgeschlossen hatten.“

    Die können doch am leichtesten auf russisches Getreide umsteigen.
    AUßerdem sind sie auch keines der hungernden Entwicklungsländer, die durch das Ende des Getreide-Abkommens übrig bleiben …

    „Die EU hat angekündigt, ihre sogenannten Solidaritätsbahnen weiter auszubauen. Damit sind Investitionen in das EU-Straßen- und Schienennetz gemeint, um mehr ukrainischen Weizen über die EU auf den Weltmarkt zu bringen. Inzwischen ist es laut der EU das Gros, das auf diesem Weg die Ukraine verlässt. Projekte, die ukrainische Bahn auf EU-Spurweite umzustellen, sind wohl noch Zukunftsmusik. Derzeit spricht man in Brüssel davon, die Getreidetransite über Polen und Rumänien zu erhöhen. Das ist heikel: Bauern fürchten Preisdumping durch die Importe aus der Ukraine. Die beiden Länder sowie Ungarn, die Slowakei und Bulgarien haben daher mit EU-Erlaubnis vorerst die Einfuhr verboten – nicht aber den Transit.

    Frage: Gilt das alles nicht auch für Österreich?

    Antwort: Auch hierzulande war die Begeisterung für die zollfreie Lieferung ukrainischen Getreides in Agrarkreisen eher begrenzt. Auch hier kritisierte man, dass viel von dem eigentlich für den Globalen Süden bestimmten Getreide aus der Ukraine in Europa hängengeblieben ist. Die Landwirtschaftskammer teilte dem STANDARD schon im April mit, man müsse bei aller Solidarität unfairen Wettbewerb ausschließen. Etwas weniger feinsinnig agierte der Niederösterreichische Bauernbund. Dieser warnte schon Ende Juni in einer Aussendung vor "ukrainischem Genweizen in unseren Kaisersemmeln" und Dumping bei den Qualitätsstandards. Auch nun plädierte die Landwirtschaftskammer via APA darauf, eine Umleitung weiteren Getreides nach Westeuropa möglichst zu verhindern.“

    (Standard, 20.7.)

  24. Dieser Post ist eine Antwort auf einen Beitrag von Leser, der leider wieder einmal am falschen Fleck gelandet ist.

    Guterres hat wenig Spielraum für seine Forderungen, weil der UNO der Kauf russischen Getreides im Rahmen der Sanktionen verboten ist.
    Gleichzeitig haben NATO, EU, USA usw. im Zuge des bisherigen Getreidedeals klargestellt, daß die von Rußland geforderten Erleichterungen des Zahlungsverkehrs für russisches Getreide und Düngemittel nicht in Frage kommen.

    (Im Grunde sind nach wie vor der größte Nutznießer dieser Beschränkungen des Zahlungsverkehrs für russischen Getreideexport die USA als größter Weizenexporteur. Vor allem die UNO als Aufköufer hat sie sich praktisch exklusiv gesichert, und das ist der größte Kunde auf dem Weltgetreidemarkt.)

    Die EU ist auch in mehrer Hinsicht geschädigt.
    Der Futtergetreide-Import aus der Ukraine verteuert sich für diejenigen Staaten, die sich in den letzten Jahren darauf eingerichtet haben, und das Getreide der Ukraine kann nur durch Staaten ausgeführt werden, die es dezidiert nicht haben wollen.

    Das jetzige Geschwätz um die Wiederaufnahme der Getreideexporte dient nur zur Bekräftigung aller dieser Umstände und zur Propaganda gegen Rußland.
    Gerade im Sommerloch, wo die ukrainische Offensive steckt und ein Ende des Krieges nicht absehbar ist.

  25. Aus dem Artikel, den Putin jetzt abgezeichnet hat:

    "Wir verstehen die Bedeutung einer ununterbrochenen Nahrungsmittelversorgung für die sozioökonomische Entwicklung und die Aufrechterhaltung der politischen Stabilität afrikanischer Staaten. Auf dieser Grundlage widmen wir Fragen im Zusammenhang mit der Versorgung afrikanischer Länder mit Weizen, Gerste, Mais und anderen Nutzpflanzen stets große Aufmerksamkeit. Und das sowohl auf Vertragsbasis als auch unentgeltlich, als humanitäre Hilfe, unter anderem im Rahmen des UN-Ernährungsprogramms. So exportierte Russland im Jahr 2022 11,5 Millionen Tonnen Getreide nach Afrika und in den ersten sechs Monaten dieses Jahres fast 10 Millionen Tonnen mehr. Und das trotz der gegen unsere Exporte verhängten Sanktionen, die den Export russischer Lebensmittel in Entwicklungsländer wirklich ernsthaft behindern, die Transportlogistik erschweren.

    Fast ein Jahr lang wurden im Rahmen des „Deals“ insgesamt 32,8 Millionen Tonnen Fracht aus der Ukraine exportiert, von denen mehr als 70 % in Länder mit hohem und oberem mittlerem Einkommensniveau, darunter die Europäische Union, gingen, während auf Länder wie Äthiopien, Sudan und Somalia sowie Jemen und Afghanistan weniger als 3 % des Gesamtvolumens entfielen – weniger als eine Million Tonnen."

    Automatisch übersetzt aus "Artikel von Wladimir Putin „Russland und Afrika: Gemeinsam für Frieden, Fortschritt und eine erfolgreiche Zukunft“

  26. Ich vermute, daß vor allem die UNO vor allem Getreide aus den USA kauft und darauf läuft dieses ganze Sanktionsregime beim Getreide hinaus.

    Daß der europäische Getreidehandel dabei auch leidet, ist ein Kollateralnutzen. Und daß die Ukraine auf ihrem Getreide sitzenbleibt, ist offenbar auch allen Beteiligten wurscht. Man kann ohnehin Putin dafür verantwortlich machen.

  27. Die Getreidefrage stellt die EU-Staaten vor diverse Dilemmas:

    Um als „Transitland“ genutzt zu werden, müßte jede Getreide- oder Ölsaatenlieferung, die aus der Ukraine ausgeführt wird, einen Käufer und einen Zielort haben.

    Dergleichen ist jedoch großflächig nicht in Sicht.

    Also ist es wahrscheinlich, daß diese Getreidelieferungen in einem EU-Land steckenbleiben und früher oder später dort auf den Markt gelangen werden.

    Wollte man das vermeiden, so dürfte man als Nachbarstaat gar kein ukrainisches Getreide/keine Ölsaaten mehr einführen. D..h., die blieben bereits in der Ukraine stecken und verstopfen dort Lagerhallen und Transport-Infrastruktur. Und die ukrainischen Politiker würden mit gutem Grund ein Wehgeschrei anfangen, wie sehr sie von ihren Freunden im Stich gelassen werden.

    Wird das aber in Rumänien, Polen oder Ungarn verschifft oder per Zug eingeführt, so hätten die an der nächsten Grenze das Problem mit dem Weitertransport, also ob das dort hineingelassen wird – ähnlich wie mit den Flüchtlingen.

    Wahrscheinlich werden auch die USA Druck auf die EU ausüben, doch diese Importe aus der armen überfallenen Ukraine hineinzulassen, die jeden Cent/jede Kopeke braucht, um ihre Waffenlieferungen doch irgendwann einmal zu bezahlen!

  28. Wenn schon bisher 60% des ukrainischen Getreideexports per Bahn ins Ausland gekommen sind, dann ist dieser Exportweg doch schon etabliert. Soviel anders kann es dann jetzt doch gar nicht werden. Oder doch?

  29. Na ja. Diese 60%, oder zumindest ein Teil davon, haben ja dann dieses Frühjahr zu gröberen Protesten geführt, weil sie eben genau dort gelandet sind, wo niemand sie haben wollte.

    Eine Neuauflage dessen steht ins Haus, wenn die jetzt wieder auf diesen „etablierten“ Transportrouten Richtung Westen rollen.
    Weil es offensichtlich unter den derzeitigen Bedingungen zuwenig Käufer dafür gibt. Der Transportweg verteuert das Getreide.

    Vorher wurden erstens von verschiedenen EU-Staaten Futtermittel und Ölsaaten importiert.
    Bei den Futtermitteln gab es möglicherweise einen schwunghaften Handel, und mit dem dann aus den Ölsaaten gewonnenen Speise- und Schmierölen auch.

    Alles unter der Bedingung, daß das ukrainische Zeug konkurrenzlos günstig war.

  30. Die EU hat jetzt verkündet, daß kein Geld mehr frei sei, um den teuren Eisenbahntransport für ukrainisches Getreide zu bezahlen. Der kostet rund 10% Aufschlag.

  31. „Mehr Getreide aus Ukraine nicht im Interesse heimischer Bauern

    (…) Vor mehr Weizenimporten aus der Ukraine haben Getreidebauern im westlicheren Europa Sorge, in Polen war es bereits zu Protesten gekommen. "Wir beobachten die Situation genau, die Entwicklung auf den Märkten ist natürlich hochinteressant für unsere Bauern", sagt dazu wiederum der Generalsekretär der Landwirtschaftskammer (LKÖ), Ferdinand Lembacher. "Dass Getreide aus der Ukraine nach Westeuropa umgeleitet wird, ist nicht in unserem Interesse." Es dürfte aber viel Getreide in der Ukraine "liegen bleiben".“

    Wieso „aber“?
    Deswegen!

    „Denn die Riesenvolumina die beginnend übers Schwarze Meer nach Afrika und den arabischen Raum aus der Ukraine erreichten, sind auf alternative Wege nicht exportierbar, hieß es von beiden Fachleuten im jeweiligen Gespräch mit der APA. Da das Auslaufen des Abkommens laut Stallberger nicht überraschend kommt, sei dies "vom Weltmarkt zum Teil wohl auch schon eingepreist".“

    Welche „Riesenvolumina“?
    Nach allem, was man so liest, waren die Liefermengen nach Afrika und den arabischen Raum nicht besonders hoch.

    „Aus Sicht des Mühlenmanagers "helfen in Summe auch gute Ernteerwartungen in vielen europäischen Staaten". Dazu gehört Österreich genauso wie etwa Frankreich oder Ungarn. Voriges Jahr habe man wegen der großen Trockenheit mehr gebangt. "So sind alle in Summe etwas gelassen im Vergleich zu Zeiten mit Dürre und drohenden Minderernten." Goodmills (Farina, Fini's Feinstes) betreibt etwa in Schwechat bei Wien Österreichs größte Mühle und verarbeitet jährlich insgesamt rund 200.000 Tonnen Weizen, laut Stallberger nur aus der Alpenrepublik. "Wenn Preissprünge am Weltmarkt passieren sollten, dann sind wir kalkulatorisch und preislich natürlich dabei, da die Preisbildung global erfolgt." (…)

    Jedenfalls erwartete Lembacher, "dass das Ende des Abkommens für Europa kurzfristig keine substanziellen Auswirkungen haben wird".
    In Ländern, in die das ukrainische Getreide bisher vor allem ging – in Afrika und dem arabischen Raum – seien sehr wohl Auswirkungen zu erwarten.“

    Wie ein Mantra wird die Lüge dahergebetet, daß das ukrainische Getreide nach Afrika ginge. Also es wird kein Unterschied zwischen Futter- und Brotgetreide gemacht, kein Unterschied zwischen Getreide und Ölsaaten, und ausnahmslos wird „Afrika“ gestöhnt.

    „"Dort hat aber offenbar Russland sehr offensiv bereits Getreide in den Markt gebracht", verwies Lembacher auf die russische Rekordernte des Vorjahres.“

    Auch dort nichts wie Offensiven!
    Wie kann man „offensiv“ Getreide „auf den Markt bringen?
    Rußland scheint dort auch europäische Agrarprodukte verdrängt zu haben, weil ein Teil der ukrainischen Agrarexporte in der EU verarbeitet und dann in die ganze Welt exportiert worden zu sein scheint.
    Und dieser flöten gegangenen Einkommensquelle von EU-Firmen ist ein Teil des Gejammeres wegen des aufgekündigten Getreideabkommens geschuldet.

    „Üblicherweise, erläuterte der Agrarier, wird das Getreide nach der Ernte eingelagert und vor der neuen Ernte soll das Lager besenrein und desinfiziert sein. In der Regel läuft das von Juli bis Juli. Auf die Frage, wie lange man Getreide wie Weizen im Idealfall einlagern könnte, damit es nicht verdirbt, antwortete Lembacher, dass Schädlinge wie Motten das Problem seien, nicht die eigentliche Haltbarkeit. Wird Getreide gekühlt, trocken und schädlingsfrei gelagert, könne es aufgrund des geringen Wassergehalts grundsätzlich auch länger als eine Saison gelagert werden.“

    Selbst wenn das in der Ukraine gelingen sollte, was unter den jetzigen Bedingungen schwierig sein dürfte, so häuft sich damit das Getreide dort nur weiter an.

    (Finanzen.at, 18.7.)

    Laut der gleichen Quelle ist lediglich der Weizenpreis in die Höhe gegangen, der für Mais ist seit einiger Zeit mehr oder weniger stabil.

  32. „Mais

    Von Natur aus sonnengelb und als Popcorn im Kino nicht wegzudecken – das zeichnet Mais aus. Mais ist das weltweit am häufigsten angebaute Getreide. An den wichtigsten Börsen der Welt wird das gelbe Getreide in Form von Körnermais gehandelt. Die wichtigsten Handelsplätze für Mais sind die CBoT (Chicago Board of Trade) und die Matif in Paris. In Chicago wird Mais in Bushel gehandelt und ein Kontrakt umfasst dort 5.000 Bushel (ca. 127 Tonnen "t").

    Die Nachfrage nach Mais ist stark angestiegen. Für die Produktion von Biotreibstoffen stellt Mais eine wichtige Ressource dar. Der Maispreis wird durch weltweite wirtschaftliche und politische Umstände beeinflusst. Die wichtigsten Anbauländer für Mais sind die USA, China, Brasilien und die EU. Mais ist ein wichtiger Rohstoff zur Produktion von Stärke, Biotreibstoffen, Tierfutter und Lebensmitteln. Inzwischen ersetzten sogar kompostierbare Produkte aus Maismehl Plastikprodukte wie zum Beispiel Einweggeschirr.

    Der Maispreis wird vor allem durch den Börsenhandel an der CBoT in Chicago, der Matif in Paris und der B3 (Brasil Bolsa Balcão) in São Paulo beeinflusst. Die weltweiten Ernteerträge von Mais schwanken jährlich bedingt durch extreme Wetterlagen. Niedrige Ernteerträge ziehen eine Steigerung der Maispreise nach sich. Unerwartet gute Ernten führen dagegen zu sinkenden Preisen.“

    (Raiffeisen, Mais)

    „Weizen

    Ob in Brot, Weizenbier oder Nudeln – Weizen ist allgegenwärtig. Auf internationaler Ebene wird Weizen an Warenterminbörsen gehandelt und nach den Sorten Weich- und Hartweizen unterschieden. Weizen wird an der CBot (Chicago Board of Trade) in Bushel gehandelt. Ein Kontrakt sind 5.000 Bushel (ca. 136 Tonnen "t"). Weitere wichtige Handelsbörsen für Weizen sind die Matif in Paris, die MGEX (Minneapolis Grain Exchange) oder auch die KCBT (Kansas City Board of Trade).

    Der Weizenpreis hängt stark von globalen wirtschaftlichen und politischen Faktoren ab. Weizen ist nach Mais das weltweit am häufigsten angebaute Getreide. Die jährliche Weltproduktion deckt 20 Prozent des globalen Kalorienbedarfes. Die größten Weizenproduzenten der Welt sind die USA, Indien, China und Russland. Größtenteils wird Weizen als Viehfutter verwendet, in vielen Ländern ist Weizen jedoch auch ein Grundnahrungsmittel für den Menschen. Am häufigsten werden Brot, Backwaren, Nudeln und Griess hergestellt. Weizen gewinnt auch als Grundlage für die Produktion von Bio-Kraftstoff eine immer größer werdende Bedeutung.

    Der Weizenpreis wird insbesondere durch den Handel an der CBoT und KCBT beeinflusst. Die Preisentwicklung des Getreides war schon immer sehr unstabil, da die Höhe der jährlichen Ernte vom Wetter und unvorhergesehenen Naturkatastrophen abhängt. Durch diese Faktoren kann die Ernte erheblich vermindert werden, wodurch die Preise explosionsartig ansteigen.“

    (ebd., Weizen)

    Der Weizenpreis wird also in den USA gemacht.

  33. Der Ton der Medien, Rußland möge doch den Getreide-Liefer-Pakt wieder in Kraft setzen, wird immer schriller. Natürlich, ohne Bedingungen, aus Mitleid mit der angeblich hungernden Welt.

    „An diesem Freitag listete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zajárova, mit einem Ton der Verärgerung über den Druck Washingtons, zum Pakt zurückzukehren, die Forderungen Moskaus auf.

    Grob gesagt prangert der Kreml Hindernisse für den Export seines eigenen Getreides und seiner Düngemittel an, zwei wichtige Produkte auch für viele Länder des Südens. Zajárova machte die Rückkehr zu den Gesprächen von der Wiederanbindung der russischen Agrarbank Rosselkhozbank an das internationale Zahlungssystem SWIFT abhängig: »Die Abkoppelung russischer Banken von dieser Plattform war eine der ersten Sanktionen, die der Westen nach Beginn der Invasion im Februar 2022 vereinbarte.«, die Wiederherstellung der Transportlogistik und des Versicherungsschutzes sowie den Zugang der Unternehmen im Land zu ihren Vermögenswerten im Ausland.“

    (El País, 6.8.)

    Unerhört.

    Die Russen wagen es doch glatt, Bedingungen zu stellen. (Diese Bedingungen wurden übrigens von Anfang an gestellt, aber die westlichen Regierungen sagten „Kommt nicht in Frage!“)

    Auch jetzt wird davor gewarnt, auf diese Bedingungen einzugehen. Das wäre ein Sieg für Rußland!

    Dabei hat der Artikel die Überschrift: „Die Angst der ukrainischen Landwirte: Wenn es kein Abkommen gibt, können wir in 2 Jahren zusperren

    Der Artikel detailliert auch am Beispiel eines westukrainischen Agrarunternehmens: Der Markt für das Getreide – 90% Mais, 10% Weizen – ist Holland.
    Über das Schwarze Meer kostete der Transport 35 € pro Tonne, über Land kostet er 90 € pro Tonne.

  34. Der Preis für Weizen liegt bei knapp unter 300 Euro pro Tonne (vor einigen Jahren sogar eher bei 200 Euro). Da sind über 50 Euro mehr für den Landtransport schon recht heftig.

  35. Das Gejammere über die Exporte der Ukraine hat mehrere Grundlagen.

    1. wurde die Ukraine durch Land-Grabbing und Raiffeisen-Kredite wieder zu einem vorwiegend agrarischem Land gemacht, der Agrarsektor macht einen wichtigen Teil seines BIP aus.
    Wenn die Agrar-Einnahmen wegfallen, wird es noch teurer, die Ukraine mit Krediten über Wasser zu halten, was in erster Linie die EU betrifft, die die Hauptlast der zivilen Kriegskosten trägt. (D.h., Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsgütern, Versorgung der Flüchtlinge, Wiederherstellung der beschädigten Infrastruktur, usw.)

    2. waren diese ukrainischen Agrarprodukte konkurrenzlos günstig und wurden – mit einem polnischen oder anderem „made in …“ umettikettiert und zollfrei in die EU eingeführt und verbilligten dort die Viehpreise, möglicherweise auch unser Speiseöl, und dienten zu einem schwungvollen internationalen Handel mit Getreide und Ölsaaten.

    3. Dadurch, daß diese ukrainischen beachtlichen Mengen an Getreide, Soja, Raps und Sonnenblumenkernen jetzt auf dem Weltmarkt nicht oder nur viel teurer ankommen, steigen die Preise für diese Produkte und treiben damit – neben den gestiegenen Energiepreisen – die Inflation weltweit an.

    4. Diese gestiegenen Preise begünstigen natürlich die Produzenten dieser Lebensmittel. D.h., die USA, Rußland und diejenigen Produzenten der EU, die trotz Wetterkapriolen eine gute Ernte hatten, könnten dabei satte Gewinne machen.

    5. Die Angeschmierten sind die Importeure dieser Produkte.
    Da muß man darauf hinweisen, daß diverse Staaten Afrikas und Lateinamerikas seit den 70-er Jahren sukzessive ihre eigenen Agrarflächen auf Cash Crops (Baumwolle, Avocado, Kaffee, Obst usw.) umgestellt haben und deshalb die Grundnahrungsmittel importieren müssen.
    So sind diverse afrikanische Staaten von Weizenimporten abhängig. Mexiko wurde zu einem Mais-Importeur.
    Die Produzenten dieser Staaten können aber ihre Exportprodukte nicht so einfach verteuern, weil dann bleiben sie darauf sitzen, weil die Käufer in den „reichen“ Staaten sie ihnen nicht mehr abkaufen würden.

    6. Würden Rußlands Forderungen erfüllt, so gäbe es wieder genug Getreide und Speiseöl auf der Welt.
    Aber erstens würde Rußland daran noch kräftiger mitschneiden als bisher.
    Zweitens würden die Preise fallen und die westlichen Produzenten machten weniger Gewinn.
    Drittens aber hätte Rußland noch mehr Möglichkeiten zur Einflußnahme, weil es könnte unter dem Weltmarktpreis verkaufen und sich im Globalen Süden Liebkind machen. In Rußland ist nämlich der Export dieser agrarischen Güter Chefsache, der Staat ist Aufkäufer und Exporteur.

  36. Hintergrundinfo zu dem Getreideabkommen:

    Wem gehört der ukrainische Weizen?
    Konzerne und Investmentfonds aus den USA besitzen 17 Millionen der 60 Millionen Hektar der Ukraine

    Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Verkauf von Agrarland vor genau einem Jahr“ (d.h., August 2021) „haben drei große transnationale US-amerikanische Konzerne fast ein Drittel des ukrainischen Ackerlandes erworben. Laut der »Australian national review« sollen die US-Amerikaner nun 17 Millionen der rund 60 Millionen Hektar der Ukraine (Gesamtfläche des Landes) besitzen; 28 Prozent der Ukraine sind also US-amerikanisches Eigentum!

    Bekannte Namen

    Die Käufer und Eigentümer sind bekannte USA-Firmen wie Cargill, Dupont und Monsanto. Weniger bekannt ist jedoch, daß sich hinter diesen berühmten Namen Investmentfonds verbergen – etwas obskure Finanzstrukturen, die für die »New-Age«-Handelspraktiken charakteristisch sind. Sie sind ziemlich obskur, aber mächtig und verfügen über ein atemberaubendes Kapital in Billionenhöhe (d.h. Tausende Milliarden Dollar). Zu den in der Ukraine tätigen Unternehmen gehören insbesondere Vanguard, Blackstone und Blackrock mit einem Kapital von 10, 6 bzw. 0,9 Billionen US-Dollar.

    Um die Lage zu verdeutlichen, erwähnt die australische Zeitschrift das Beispiel Italiens, wo das nutzbare Kulturland 16,7 Millionen Hektar beträgt. Die Macht der Kiewer Marionetten hat also dazu geführt, daß drei US-amerikanische Unternehmen allein in der Ukraine jetzt mehr Ackerland besitzen als das G7-Mitglied Italien.

    Wenn es um ukrainischen Weizen und dessen Export geht, stellt sich die Frage, worüber genau gesprochen wird. Warum werden die US-amerikanischen Investmentfonds systematisch nicht erwähnt, obwohl sie sehr wichtige Interessengruppen und Hauptnutznießer sind?

    Wie es dazu kam

    Neben dieser auf den ersten Blick rein wirtschaftlichen Frage stellt sich auch die Frage, wie und warum die Ukraine in diese Lage geraten ist.

    Als das Land noch Teil der Sowjetunion war, gehörte das Land über die Landwirtschaftlichen Genossenschaften (Kolchos) dem Staat. Nach dem Ende der Sowjetunion erhielten die Bauern, die in den Kolchosen beschäftigt waren, das staatliche Land, das sie bis dahin bewirtschaftet hatten, in Pacht. Später wurde der Status dieses Landes geändert und es ging nach langwierigen Verwaltungsverfahren in den Besitz der ehemaligen Kolchosbewohner über, die es zuvor bewirtschaftet hatten.

    Danach folgte eine kurze Zeit, in der Transaktionen, d.h. der Kauf und Verkauf von Land, erlaubt waren. Ab 2001 wurde jedoch ein Moratorium verhängt, das alle weiteren Transaktionen unterband. Dieser Zustand hielt in den folgenden 20 Jahren bis 2021 mehr oder weniger an.

    Nutznießer der Privatisierung von Volkseigentum

    Da sie das Land weder verkaufen noch kaufen konnten, standen viele ehemalige Kolchosbewohner, die nach dem Zerfall der Sowjetunion formal zu Eigentümern geworden waren, vor der Wahl, das Land entweder wie zuvor weiter zu bewirtschaften oder, was für sie neu war, es für 150 Dollar pro Hektar und Jahr an »Betreiber« zu verpachten, die nach dem Zerfall der Sowjetunion »aus dem Nichts« auftauchten. Im Schatten des Moratoriums wurden die »Betreiber« zu echten Großgrund-Bewirtschaftern oder gar zu landwirtschaftlichen Monopolunternehmen. Auf diese Weise gehörte das Land zwar zumindest formal weiterhin den ehemaligen Kolchosbauern, doch in Wirklichkeit befand es sich in den Händen privater »Betreiber«, die ein wichtiges, wenn nicht angesichts der demografischen Bedeutung der ukrainischen Bauernschaft – die rund 30 Prozent der Bevölkerung des Landes ausmacht – ein wesentliches Rädchen im Oligarchen-System an der Spitze der Ukraine darstellten.

    Dennoch blieb die Frage des Eigentums an landwirtschaftlichen Flächen in der Ukraine ungelöst, ein wichtiges, zentrales politisches Problem, das im slawischen Land Ukraine besonders heikel ist. Die Qualität des ukrainischen Schwarzbodens, der zu den besten Ackerböden der Welt zählt, trug zu dieser traditionellen Herausforderung bei, zumal die ukrainische Agrarproduktion zunehmend am internationalen Handel teilnahm. Die Debatte darüber, ob das Moratorium für den Handel mit landwirtschaftlichen Flächen aufgehoben werden sollte und ob Ausländer die Möglichkeit haben sollten, in der Ukraine Land zu erwerben, wurde immer lauter. Nach und nach wurde die Idee mit der immer populäreren Öffnung des Landes durchgesetzt.

    Der Demagoge Selenski

    Wolodimir Selenski, der mit der Problematik vertraut war, schlug vor, die Frage dem Volk in einem Referendum vorzulegen. Auf Bauernkundgebungen verkündete er lautstark, daß »das Land den Ukrainern gehöre«, während er gleichzeitig »die Chinesen und Araber« brandmarkte, die sich seiner Meinung nach anschickten, »unser Land wagenweise wegzuschaffen«.

    Die Debatte tobte und Selenski verstand es als geschickter Demagoge, mit der Stimmung im Volk zu spielen, um ihr eine nationalistische, chauvinistische und sogar fremdenfeindliche Ausrichtung zu verleihen.

    Trotz der überwältigenden Mehrheit gegen die Abschaffung des Moratoriums für den Verkauf von Agrarland wurde mit Nachdruck die »Rechtfertigung« hervorgehoben. Dies sei notwendig, hieß es, da seit der Verabschiedung dieser Maßnahme viel Zeit vergangen sei, ohne daß das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, einen ausreichend transparenten Mechanismus geschaffen habe, um den Verkauf und Kauf von Land zu organisieren, wie es im Gesetz von 2001 vorgesehen war.

    Gegen den Willen der Mehrheit

    In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, daß zur gleichen Zeit Meinungsumfragen ergaben, daß 81 Prozent der Befragten sich gegen den Verkauf von Land an Ausländer aussprachen und nur 13 Prozent den von der Regierung befürworteten Ansatz unterstützten. Zwei Drittel der Befragten waren der Ansicht, daß eine so wichtige Entscheidung durch ein Referendum getroffen werden sollte, während mehr als die Hälfte (58 %) der Meinung war, daß landwirtschaftliches Land nach dem Vorbild Kanadas und Israels (wichtige Referenzen für die ukrainische Öffentlichkeit) in staatlichem Besitz bleiben sollte.

    Schließlich entschied der Internationale Währungsfonds, der größte Gläubiger der Ukraine, in seinem Bericht vom April 2021, daß die Abschaffung des Moratoriums eine Grundvoraussetzung für die Gewährung eines neuen Kreditpakets an die Ukraine sei.

    Die ukrainische Regierung tat dies gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit ihrer Bevölkerung. Seitdem hatten die »Betreiber« freie Hand, um das von ihnen verwaltete Land an »ausländische Investoren«, die Ultima Ratio des ukrainischen Wirtschaftssystems, weiterzugeben.

    Zuvor mußten sie das Land, wie es ihnen nun gesetzlich erlaubt war, von den ehemaligen »Kleinanlegern« aus den früheren Kolchosen erwerben. Die Operation, die in ihrer Art klassisch war und reibungslos verlief, wie die Zeitspanne zwischen der Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament und seiner Umsetzung – d.h. dem Erwerb durch die US-amerikanischen Unternehmen – beweist, brachte natürlich einigen Spekulanten und Ganoven, die der Kiewer Macht nahestanden, große Gewinne ein.

    Nach der Einrichtung von etwa 30 US-amerikanischen Biolaboren auf ihrem gesamten Territorium fügte die Ukraine durch den massiven Verkauf ihrer landwirtschaftlichen Flächen an transnationale Konzerne, die unter der Kontrolle US-amerikanischer Investmentfonds stehen, ihrer atlantischen Ausrichtung eine weitere Dimension hinzu. Die biologischen Labors haben ihre Geheimnisse noch nicht preisgegeben, aber was die landwirtschaftlichen Flächen betrifft, scheinen die Dinge einfacher zu sein, wenn man die Frage beantwortet: Ist der Weizen, der aus der Ukraine exportiert wird, amerikanisch?

    (Luxemburger Volkszeitung, 30. 8. 2022)

  37. Polen verbietet mit dem 15. September die Einfuhr von Getreide aus der Ukraine

    Polen verabschiedete am 15. September eine Resolution, die den Import von Getreide aus der Ukraine verbietet, unabhängig von der Entscheidung der Europäischen Kommission (EK), wie am 12. September auf der Website der polnischen Regierung berichtet wurde.

    »Unabhängig von der weiteren Entscheidung der Kommission werden wir nach diesem Datum die Grenze für ukrainisches Getreide nicht mehr öffnen. Wir streben eine Verlängerung des Verbots an. Wir werden weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Agrarmarktes besprechen«, heißt es in der Mitteilung.

    Wie betont wird, setzt Warschau diese Entscheidung unabhängig davon um, wie Brüssel in Fragen eines EU-Embargos entscheiden wird.
    Die Interessen der polnischen Landwirte seien wichtiger, fügte die Regierung hinzu. »Es besteht keine Gefahr, dass dieser Markt erneut instabil wird. In diesem wie auch in allen anderen Aspekten werden wir alles tun, um den Markt zu stabilisieren«, sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.

    (Izvestija, 12.9.)

  38. Russland ist zum weltweit größten Weizenexporteur geworden:
    Wer sind unsere Käufer und warum sind die Getreidepreise gefallen?

    Die Sowjetunion war vollständig auf Getreideimporte angewiesen. Im Jahr 1985 musste das Land beispielsweise 47 Millionen Tonnen kaufen.
    Glücklicherweise gehören diese Zeiten der Vergangenheit an. Russland hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen globalen Getreideproduzenten und -exporteur entwickelt. Laut Rosstat belief sich die Getreideernte des Landes im Jahr 2022 auf den Rekordwert von 153,8 Millionen Tonnen.
    In diesem Jahr werden die Zahlen nach Prognosen des Landwirtschaftsministeriums bescheidener ausfallen – 123 Millionen Tonnen, davon 78 Millionen Tonnen Weizen. Aber das reicht immer noch völlig aus, um unser Land zum Exporteur Nr. 1 zu machen.

    Dieser Sachverhalt spielt natürlich Russland in die Hände, schließlich bringen gesteigerte Exporte dem Land zusätzliche Einnahmen. Der Chef des Landwirtschaftsministeriums, Dmitri Patruschew, sagte kürzlich, dass das Land bereits landwirtschaftliche Güter im Wert von 28 Milliarden US-Dollar ins Ausland geliefert habe, was 25 % mehr als im Vorjahr sei.
    Bloomberg bemerkt für die andere Seite: »Russlands überfüllte Getreidespeicher und rekordverdächtige russische Exporte haben zu einem Rückgang der Getreidepreise auf den niedrigsten Stand der letzten drei Jahre geführt.«“

    Sieh da, sieh da.
    Rußland hat es also fertiggebracht, die Zahlungsschwierigkeiten durch den Ausschluß aus dem Swift-System zu überwinden und sein Getreide auf den Weltmarkt zu bringen.
    Damit haben seine Konkurrenten unter den Getreidelieferanten keine Freude.

    „Und tatsächlich, wenn im Frühjahr 2022 die Börsenpreise für Weizen auf 13 US-Dollar pro Scheffel (etwas mehr als 27,2 kg) und mehr sprangen, werden sie jetzt bei nur noch 6 US-Dollar gehandelt. Und das ist der niedrigste Preis der letzten drei Jahre.

    Warum sind die Getreidepreise in diesem Jahr plötzlich so stark gesunken, und kann Russland unter Ausnutzung seiner Position als Großproduzent Einfluss darauf nehmen?

    »Die Sanktionspolitik übt einen ziemlich starken Druck auf die Preise aus – und sie fallen«, sagte Arkadij Zlochevskij, Präsident der Russischen Getreideunion, im Radio Komsomolskaja Prawda. »Ja, wir sind der größte Anbieter auf dem Weltweizenmarkt, unser Anteil beträgt 20 %. Wenn wir einen Anteil von mehr als 50 % hätten, dann würde alles von uns abhängen. Aber unsere 20 % sind ersetzbar. Woran unsere Konkurrenten ernsthaft arbeiten. Warum begannen die Preise letzte Saison zu sinken? Denn die Aussichten bezüglich der neuen Ernten weltweit haben sich deutlich erhöht. Weltproduzenten haben ihre Anbauflächen erweitert und in die Weizenproduktion investiert. Und wenn das Wetter, das uns dieses Jahr geholfen hat, nicht gewesen wäre, hätten die Preise noch deutlicher sinken können.«“

    Das Wetter hat Rußland insofern geholfen, um diesen Satz richtig zu verstehen, als es Ernteausfälle bei der Konkurrenz verursacht hat, aber in Rußland gut war.

    „Laut Zlochevskij sind Ägypten, die Türkei, Saudi-Arabien, Iran und Algerien derzeit die Hauptabnehmer von russischem Weizen.

    Unter Berufung auf eigene Quellen behauptet Bloomberg, dass die russischen Behörden nun versuchen, eine inoffizielle Untergrenze für die Exportpreise für Getreide einzuführen, unterhalb derer unseren Unternehmen der Verkauf im Ausland nicht empfohlen wird.
    Das Landwirtschaftsministerium äußert sich jedoch nicht zu diesen Informationen, und der Vorstandsvorsitzende des Russischen Verbandes der Getreideexporteure, Eduard Zernin, sagte der Agentur, dass russische Exporteure an ihren Preisen festhalten, die durch steigende Produktionskosten diktiert werden.
    Erinnern wir uns daran, dass in Russland in diesem Jahr die Großhandelspreise für Kraftstoffe stark gestiegen sind; die Kosten für Dieselkraftstoff beispielsweise, mit dem alle landwirtschaftlichen Maschinen betrieben werden, stiegen in den Sommermonaten um 50 %.“

    Seltsam.
    Rußland verfügt doch über eigene Quellen und Raffinerien, warum auch dort ein solcher Anstieg der Energiepreise? Es ist nur mit der Steuerpolitik zu verstehen: Energie wird im Inland stärker besteuert, um die Exportausfälle teilweise wett zu machen.
    Gleichzeitig erhöht die Nationalbank die Leitzinsen, um die Inflation einzudämmen …

    ——–
    Weizenexporteure weltweit, in Millionen Tonnen, Prognose für 2023/24
    Rußland – 46,5
    EU – 34,3
    Kanada – 24,2
    Australien – 20
    USA – 19
    Argentinien – 12,5
    Quelle: International Grain Council (IGC)

    (KP, 17.9.)
    __________________________

    „Getreidepreise weiterhin im Sinken – Russland drückt Weizenpreise

    Der vom IGC verzeichnete Anstieg des gesamten Getreide- und Ölsaatenindex (GOI) im Juni um 1,1% (-19,0% im Jahresabstand) geht ausschließlich auf das Konto von Zuwächsen bei Sojabohnen (+7,2% zum Mai, -14,5% zum Vorjahr) und von Reis (+1,5% zum Mai, +18,6% zum Vorjahr), alle anderen erhobenen Produkte verloren weiter.
    Ausreichende Versorgung auf vorderen Lieferterminen und anhaltende Exportkonkurrenz aus Russland drückten den Subindex von Weizen im Monatsabstand um 5,5%, gegenüber dem Vorjahreszeitraum verfielen die Weizenpreise um 28,6%. Ebenso gab der Gersten-Subindex um 5,5% und sogar um 38,7% im Jahresvergleich nach. Mais verlor vor allem wegen fallender Kurse in Südamerika im Juni 4,7% und zum Vorjahr um 26,1%.“

    (Börse Wien, Juni 2023)

    Sehr ärgerlich für die westliche Welt:
    Aus der Ukraine kann kaum etwas ausgeführt werden, und Rußland hat seine Exportkanäle stabilisiert.

  39. Wer hätte gedacht, daß hier eine Front entsteht? surprise

    Die Ukraine will den Import von Obst und Gemüse aus Polen und bald auch Ungarn stoppen. Sehr gewagt für einen Staat, der einen inzwischen relativ aussichtslosen Krieg führt und auf die Unterstützung seiner westlichen Partner angewiesen ist.

    Einem Importstop für Kraut und Äpfel könnten nämlich bald auch wieder Gegenmaßnahmen der Nachbarstaaten folgen.

    Auch Polen, wo die Regierungspartei einen Wahlkampf führt, wird zusehends Ukraine-unfreundlicher.

  40. „Die Ukraine glaubt, eine Alternative (zum bisherigen Getreidekorridor) gefunden zu haben. Das erste Schiff mit Getreide kam diesen Mittwoch auf einer neuen Route in Rumänien an, um dieses Produkt (…) zu exportieren. Das mit 3.000 Tonnen Weizen beladene Schiff „Resilient Africa“ kam an diesem Mittwoch im rumänischen Hafen Mangalia an, ohne die ukrainischen Hoheitsgewässer zu verlassen und ohne Zugang zu internationalen Gewässern zu haben.“

    … aber natürlich kam es nach Mangalia über rumänische Hoheitsgewässer.
    Offenbar hat Rumänien klargestellt, daß es keine weiteren Einmischungen in seine Außenpolitik duldet, wenn die Ukraine die Häfen dieses Landes benutzen will.
    Das Schiff ist offenbar von einem ukrainischen Donauhafen gestartet, entweder Ismail oder Reni, und entlang der rumänischen Küste bis Mangalia gefahren.

    „Von Rumänien, einem NATO-Mitgliedstaat, aus wird die Resilient Africa das Schwarze Meer überqueren. Die beteiligten Parteien gehen davon aus, daß russische Kriegsschiffe es nicht wagen werden, ein Getreidetransportschiff zu versenken, das ein Bündnisland verlässt.“

    Es wird aber sicher genau beobachtet, ob es nicht Übles im Schilde führt.
    Außerdem ist diese Transportroute sicher auch ziemlich kostspielig und kompliziert und sicher keine Alternative zum bisherigen Getreidedeal.

    Ungefählich ist Herumfahren im Schwarzen Meer jedenfalls nicht:

    Russland beschießt regelmäßig die Hafenstadt Ismail an der Mündung der Donau,“ (genaugenommen an einem der Arme des Donaudeltas) „einem Fluß, der die Grenze zu Rumänien bildet und durch den ein Teil der Agrarladungen verschifft wird, die nicht direkt über das Schwarze Meer zum Bosporus transportiert werden können.“

    Nach dem Boykott der Nachbarstaaten ist es mehr oder weniger der einzige Weg.

    „Ukrainische Behörden berichteten am Mittwoch, dass ein Zementfrachtschiff, das von der Türkei nach Ismail fuhr, nach einer Explosion geborgen werden musste.
    Das unter Togo-Flagge fahrende Schiff „Seama“ soll laut Medien wie CNN und Visegrád auf eine Unterwassermine gestoßen sein, obwohl die Verantwortlichen der rumänischen Seenotrettung die Ursachen des Schiffbruchs noch nicht bestätigen wollten.
    Die rumänischen Rettungsdienste haben die Besatzung, bestehend aus 12 Seeleuten, aus dem rumänischen Hafen Sulina gebracht.“

    (El País, 20.9.)

  41. Rußland freut sich über Rekordergebnisse in der Landwirtschaft.

    Bei Getreide, einigen Gemüsesorten, Sonnenblumenöl und Kartoffeln übertreffen die heurigen Ergebnisse das Vorjahr, das auch schon ein gutes Jahr war. Voriges Jahr war so viel da, daß gar nicht genug Lagerstätten waren, die seither gebaut wurden.
    Die gute Getreideernte wirkt sich auch auf das Viehfutter aus, sodaß bei Milch, Eiern, Fleisch keine besonderen Preissteigerungen eintreten und diese traditionellen Grundnahrungsmittel billig bleiben.

    „Prognosen zufolge werden die Agrarexporte Russlands trotz aller Sanktionsschwierigkeiten im Jahr 2023 einen Rekordwert von 45 Milliarden US-Dollar einbringen, im vergangenen Jahr waren es 41,6 Milliarden US-Dollar.

    »Bei Weizen, der nach wie vor unser Hauptexportprodukt ist, haben wir bereits etwa einen 20%-igen Anteil am Weltmarkt«, sagt Anatoli Tichonow, Direktor des Zentrums für internationale Agrarwirtschaft und Ernährungssicherheit der Russischen Akademie für Volkswirtschaft (RANEPA).
    »Und das Potenzial zur Umsatzausweitung ist mittlerweile sehr gut. In Kanada herrscht Dürre, auch die Exportfähigkeit der USA und der EU ist aufgrund der natürlichen und klimatischen Bedingungen etwas zurückgegangen und Indien hat aufgrund der Dürre Beschränkungen für Getreideexporte eingeführt. Und wir haben einen wirklich erheblichen Überschuss, der exportiert werden kann und sollte, ohne dem Inlandsmarkt zu schaden und der Wirtschaft des Landes zu helfen.«

    Erst kürzlich unterzeichnete Russland mit China den größten Vertrag über die Lieferung von Getreide und Ölsaaten für die nächsten 12 Jahre – über 25,7 Milliarden US-Dollar.“

    (KP, 27.10.)

    Noch werden die Preise für diese Exporte in Dollar angegeben …

  42. Obwohl die Schiffe inzwischen relativ ungestört durch russischen Beschuß zumindest einige ukrainische Häfen anlaufen und dort laden können, kommt das richtige Geschäft mit den ukrainischen LW-Produkten nicht so richtig in Gang.

    Sie haben durch die Umstände ihren Hauptvorteil eingebüßt, ihren niedrigen Preis. Dadurch hat sich die Nachfrage verringert.

    Außerdem scheint die Route über das Schwarze Meer wenige Transportunternehmen zu reizen: Die Versicherungen wollen nicht zahlen, wenn ein Schiff unter Beschuß gerät oder auf eine Mine läuft.
    Das scheint der Grund zu sein, warum immer noch viele Produkte – Getreide, unlängst auch Bohnen – den Weg per Zug durch bzw. in die EU nehmen und dabei von aufgebrachten Bauern beschädigt oder vernichtet werden.

  43. Einigung in Brüssel
    EU will wieder Zölle für ukrainische Agrarprodukte

    Um europäische Landwirte zu unterstützen, werden in der EU bald wieder Zölle auf große Mengen einiger ukrainischer Agrarprodukte fällig. Wegen des russischen Angriffs hatte die EU 2022 die Zölle auf ukrainische Importe ausgesetzt.

    Die EU will zur Unterstützung europäischer Landwirte wieder Zölle auf hohe Mengen bestimmter Agrarprodukte aus der Ukraine einführen. Darauf einigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments in der Nacht.

    Konkret geht es nach Angaben des Parlaments um Eier, Geflügel und Zucker sowie Mais, Hafer, Grütze und Honig. Für diese Waren soll es künftig ein gewisses Kontingent geben, das zollfrei in die EU verkauft werden darf. Wenn diese Menge erreicht ist, werden wieder Zölle fällig.

    Regeln sollen bis Juni 2025 gelten

    Für die Einfuhr von Weizen sollen zunächst weiter keine Zölle gelten, allerdings sollen unter bestimmten Bedingungen Maßnahmen ergriffen werden können. Diese Regeln sollen nach der vorläufigen Einigung bis Juni 2025 gelten. Die Einigung muss noch formell vom Parlament und der EU-Staaten abgenickt werden.

    Mit der geplanten Wiedereinführung von Handelsbeschränkungen für bestimmte Agrarwaren aus der Ukraine ab einer bestimmten Menge geht die EU ein weiteres Mal auf Bäuerinnen und Bauern zu. Nach auch gewaltsamen Protesten der Landwirte hatte etwa die EU-Kommission bereits temporär weniger strenge Umweltauflagen ermöglicht. 

    Besonders scharfe Kritik aus Polen

    Im Zuge der andauernden Bauernproteste in der EU hatten etwa besonders Landwirte aus Polen Änderungen der ukrainisch-europäischen Handelspolitik gefordert. Seit Monaten kritisieren polnische Bauern die Einfuhr günstigerer Agrarprodukte aus der Ukraine. Sie wollen etwa verhindern, dass ukrainisches Getreide auf den heimischen Markt gelangt. 

    Nach Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine vor rund zwei Jahren hatte Brüssel alle Importzölle und -quoten für landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine ausgesetzt, um dem Land wirtschaftlich zu helfen. Zuvor gab es bereits ein Handelsabkommen mit der Ukraine, die zusätzlichen Erleichterungen gingen aber deutlich darüber hinaus.

    Polens Bauern protestieren weiter

    Ungeachtet der Einigung der EU-Staaten setzen die Landwirte in Polen heute ihren landesweiten Protest fort. An vielen Orten kam es zu Staus und Verkehrsbehinderungen, weil Bauern mit ihren Traktoren Straßen und Kreisverkehre blockierten, wie die Agentur PAP berichtete. Nach Angaben der polnischen Polizei waren Aktionen an 580 Orten mit insgesamt bis zu 70.000 Teilnehmern angekündigt.

    (Tagesschau, 20.3.)

    Diese „Einigung“ weist auf mehreres hin:

    Vorher kamen auch viele ukrainische Agrarprodukte in die EU, aber nicht offiziell deklariert und über andere Kanäle. Sie wurden in Produkte „Madin in EU“ eingebaut und verschafften damit polnischen und anderen Zwischenhändlern oder Verarbeitern Gewinne.
    Jetzt werden genau diese Betriebe durch die zollfrei einströmenden Agrargüter geschädigt.

    Zusätzlich machen sie auch den Landwirten selber Konkurrenz, deren Produkte teurer sind.

    Die Ukraine hingegen weiß nicht, wohin mit ihrem Zeug, das ja offenbar früher von großen Handelsketten quer über die Welt verkauft wurde.

    Der Getreidekorridor über das Schwarze Meer ist zwar inzwischen offen, aber scheint eben nicht alles abzudecken.

    Vor allem die Eier, die Hendln und der Zucker werden sich nicht auf diese Art verschiffen lassen …

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