Pressespiegel El País, 1.12.: Dschihadistische Offensive in Syrien

„WARUM BASCHAR AL-ASSAD ZITTERT

Die Probleme der Verbündeten des Diktators von Damaskus“

– hier wird schon am Anfang klargestellt, daß die dschihadistische Offensive in Syrien nicht zu negativ gesehen werden sollte, schließlich richtet sie sich gegen einen Diktator –

„Rußland, Iran und der Hisbollah, sowie die Gleichzeitigkeit des Waffenstillstands zwischen Israel und der libanesischen Miliz und dem Übergang in Washington erklären die Blitzoffensive der syrischen Rebellen.“

Erklären tut das noch gar nichts. Die Frage ist doch, wer die Dschihadisten unterstützt.

„Baschar al-Assad wurde von Rußland, dem Iran und der Hisbollah gerettet. Dank der Unterstützung dieser Akteure gelang es dem syrischen Diktator im vergangenen Jahrzehnt, die Macht in Syrien zu behalten. In den letzten Jahren schien das Szenario relativ stabil zu sein. Doch nun ist Moskau auf die immensen Anstrengungen in seinem illegalen“ (der Hinweis darf nicht fehlen!) „Krieg gegen die Ukraine eingeschränkt, Teheran ist durch israelische Angriffe geschwächt und die libanesische Miliz ist nach der verheerenden israelischen Offensive zusammengebrochen. Die verringerte Unterstützungskapazität der Verbündeten ist das entscheidende Element, um den rasanten Vormarsch der syrischen Rebellen zu verstehen, eines heterogenen Konglomerats radikalislamistischer Kräfte und anderer Milizen, deren entscheidende Unterstützung durch die Türkei geleistet wird.“

Damit ist zumindest angedeutet, daß die Türkei nicht die einzige Unterstützung liefert.
Aber es ist bequem, Erdogan vorzuschieben, um dann im Falle etwaiger Schlächtereien den Quasi-Diktator in Ankara beschuldigen zu können.

„Das Bild ist eindeutig. Der Kreml versorgt Damaskus mit lebenswichtiger Luftunterstützung. Obwohl die Luftwaffe nicht der Teil der russischen Kriegsmaschinerie ist, der durch die Kämpfe in der Ukraine am stärksten erschöpft ist, ist es offensichtlich, daß drei Jahre der Zermürbung an dieser Front sie belasten und daß Moskau seine Aufmerksamkeit in Syrien verringert haben muss.“

Hier ist wieder das Ärgerliche, daß Rußland an der Ukraine-Front keineswegs „zermürbt“ ist, zum Unterschied von der Ukraine. Man merkt aber die Freude, daß jetzt einer der russischen Verbündeten gestürzt werden könnte, gleichgültig von wem und mit welchen Folgen.
Das libysche Szenario wird für Syrien mit gewissem Frohlocken antizipiert.

„Der Einfluss des Iran auf das Land – und in gewissem Maße auch auf den Irak – wurde durch die unerbittlichen Schläge Israels völlig beeinträchtigt, und er steht außerdem vor der Herausforderung, zu entscheiden, ob und wie er auf den jüngsten israelischen Schlag reagieren soll, während seine militärische Unterlegenheit offensichtlich geworden ist. Die Hisbollah, die als Bodentruppe zur Unterstützung Assads und auch in der Gruppierung von Söldnern aus anderen Ländern, die für das Regime kämpften, unverzichtbar war, befindet sich in einem Zustand extremer Schwäche.“

Man merkt hier an dieser durchaus zufriedenen Beschreibung der Vorgänge im Nahen Osten, warum Israel freie Hand hat bei seinem Zerstörungswerk.

„Aber es gibt noch einen weiteren grundlegenden Schlüssel zum Verständnis der Ereignisse, nämlich das für die Rebellen außerordentlich aktuelle Zusammentreffen mehrerer politischer Entwicklungen an wichtigen Orten: der Übergang in Washington mit der neuen Regierung, die erst am 20. Januar eingesetzt wird,“

– was offenbar sowohl von der zu Ende gehenden Biden-Regierungs-Mannschaft als auch vom Autor dieser Zeilen als eine Art Freibrief angesehen wird, noch kräftig einmal auf den Putz zu hauen –

„der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah, der der Türkei das peinliche Bild erspart, hinter einem Feldzug gegen Israels Feinde zu stehen, der muslimische Zivilisten brutal niederschlägt; und, wenn auch von geringerer Bedeutung, der Machtwechsel in der EU – und ein China, das in ernsthafte wirtschaftliche Probleme verwickelt ist.“

Wie kommt hier China ins Spiel? Es spielte doch in Syrien eine vergleichsweise geringe Rolle.
Vermutlich denkt der Verfasser des Artikels hier, daß es innenpolitisch beschäftigt ist und deshalb außenpolitisch an allen Fronten die Zügel schleifen läßt.

„Abbas Araqchi, der iranische Außenminister, sagte seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, daß das, was passiert sei, »Teil eines israelisch-amerikanischen Plans zur Destabilisierung der Region« sei, so lokale Medien, die von der Agentur Reuters zitiert wurden.
Es ist wahr, daß der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine Absicht, die Ordnung der Region neu zu formulieren, deutlich zum Ausdruck gebracht hat, indem er das Rückgrat der »Achse des Widerstands« gebrochen hat, die vom Mittelmeer nach Teheran verläuft und die Hisbollah im Libanon mit dem Syrien von Assad, dem von schiitischen Fraktionen geführtem Irak und der Islamischen Republik verbindet.
Er hat es mit Taten und Worten deutlich gemacht und sogar gesagt, daß der Regimewechsel bald Teheran erreichen wird.

Was jedoch geschah, ist wahrscheinlich kein subversiver Plan der israelischen Regierung.“

Gar nicht subversiv, sondern sehr deutlich ausgesprochen und kriegerisch durchgeführt.
Nach den vorherigen Ausführungen des Verfassers ein sehr eigenartiges Dementi, mit dem er sich von der Bewunderung für Netanjahu doch wieder etwas distanzieren will:

„Es scheint eher eine Aktion zu sein, die die Türkei zu einem perfekten Zeitpunkt unterstützt hat, um Assad, Iran und Rußland zu schwächen und auch die kurdischen Milizen in Schwierigkeiten zu bringen. Diese haben die Unterstützung der USA, die derzeit im demokratischen Übergang abgelenkt sind. Die Blitzoffensive der Rebellen bringt sie in die schwierige Situation, in einer plötzlich dramatischen Situation zusammen mit Assad gegen denselben Gegner anzutreten.“

Hier geht die Analyse etwas durcheinander.
Warum sollte die Türkei Rußland schwächen, wenn sie eigentlich gegen die Kurden zuschlagen will, die von den USA unterstützt werden?
Die Türkei hat mit irgend jemandem eine Absprache getroffen, um der NATO einen Gefallen zu tun und sich dabei wieder ins Spiel zu bringen – diese Schlußfolgerung drängt sich hier auf.

„Das Geschehen zeigt die wachsende globale Verflechtung von Konflikten. Es gibt einen gewaltigen Konfliktbogen, der immer weiter zunimmt, der von Gaza bis nach Nordkorea – das Rußland militärisch unterstützt – reicht, einschließlich Israel, Libanon, Syrien, der Türkei – die militärisch in Syrien engagiert ist –, Irak, Iran, Georgien – mit einem eingefrorenen Konflikt mit russischen Truppen auf seinem Territorium, und schließlich Rußland und die Ukraine.“

Die Frage Abchasiens und Südossetiens wird hier am Rande gestreift, um Georgien schlecht aussehen zu lassen. Schließlich packelt die dortige Regierung mit einer Macht, die einen Teil seines Territoriums besetzt.

„Kommunizierende Gefäße beeinflussen strategische Entscheidungen.
Aserbaidschan nutzte die Schwäche Moskaus bereits aus, um in Berg-Karabach einen Vorteil zu erzielen, indem die Armenier abrupt kapitulierten, was Rußland zuließ.“

Das ist die Sichtweise derjenigen, die jede Schwächung Rußlands gutheißen und Aserbaidschan schönreden als Energielieferanten.
In westlichen Medien figuriert Ilham Aliyev nie als der „Diktator von Baku“.

„Jetzt versuchen die syrischen Rebellen den gleichen Schritt. In diesem Fall wird der Kreml zweifellos versuchen, einen wichtigen Verbündeten zu unterstützen, und zwar in einem Land, das ihm eine wichtige militärische Projektion im Mittelmeer ermöglicht. Es bleibt abzuwarten, wie viel Kraft Rußland hat. Assad allein hat sehr wenig. Unterdessen verspricht der Machtwechsel in Washington sehr lange zu dauern.“

Zur Freude der EU-Politiker und auch des Verfassers dieses Artikels.
Er hofft offensichtlich, daß noch möglichst viele Feuer entzündet werden, bevor Trump an die Macht kommt.

Pressespiegel El País, 15.10.: Die UNO und Israel

DER SPRECHER DER BLAUHELME IM LIBANON: »ISRAEL KANN NICHT DAS SCHICKSAL EINER MISSION DIKTIEREN, DIE DIE INTERNATIONALE GEMEINSCHAFT WILL«

Andrea Tenenti weist darauf hin, dass israelische Angriffe auf UN-Streitkräfte Teil von Netanyahus Kampagne für deren Abzug seien und dass seine Truppen Unifil-Stellungen als menschliche Schutzschilde genutzt hätten.“

Es geht hier um nicht mehr und nicht weniger, als daß Israel die UNO direkt angereift, weil sie sie als Hindernis für ihr Staats-Erweiterungs-Programm betrachtet.
Solange die UNO dort herumsitzt, sind die besetzten Gebiete nach wie vor nicht als Territorium Israels anerkannt, und das soll sich offenbar ändern.

„Andrea Tenenti, der Sprecher der UN-Mission im Südlibanon (Unifil), empfängt diese Zeitung in einem kleinen Hauptquartier, das sich »in einem historischen Zusammentreffen« neben der ukrainischen Botschaft befindet, Hinweis auf die andere Invasion, die heutzutage die geopolitische Agenda bestimmt.

Der Ort des Interviews (Baabda, eine Stadt südöstlich von Beirut, weit entfernt von den Orten, an denen die Blauhelme weiterhin stationiert sind) zeigt die heikle Situation, in der sich Unifil befindet: Die israelische Armee, die vor zwei Wochen in den Südlibanon einmarschierte, hat die UNO-Mission wiederholt angegriffen. In den vergangenen Tagen forderte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu den »sofortigen« Rückzug mit einer kaum verhüllten Drohung: Dies sei »der einfachste Weg«, weiteren Schaden zu verhindern.

Unter normalen Bedingungen wäre der Sprecher am Hauptstützpunkt in Naqura, ganz in der Nähe der Blauen Linie, der Trennlinie – es handelt sich nicht um eine formelle Grenze –, mit deren Überwachung Unifil beauftragt ist. Aber es wurde von Israel angegriffen, weshalb das etwa 800-köpfige Zivilpersonal der Mission, wie auch er, aus dem Südlibanon evakuiert wird.

Diejenigen, die noch dort sind, sind die mehr als 10.000 Soldaten aus rund 50 Ländern – unter dem Kommando des Spaniers Aroldo Lázaro Sáenz –, deren Gegenwart und Zukunft im Mittelpunkt des Interviews stehen.

Die Mission erlebt ihren heikelsten Moment seit dem letzten Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006, als die Truppen auf ihren Posten blieben. Tenenti verteidigt, dass sie dies auch jetzt tun, unter anderem, weil Israel »das Schicksal einer Mission, die der UN-Sicherheitsrat jedes Jahr erneuert, nicht diktieren kann«, und weist darauf hin, dass es die israelischen Truppen waren und nicht die Hisbollah, wie Netanjahu behauptet, die die Unifil-Positionen als menschliche Schutzschilde nutzten. Er fordert außerdem einen »ernsthaften Dialog« darüber, wie die unerfüllte UN-Resolution 1701 umgesetzt werden kann, denn die Alternative könnte ein offener regionaler Konflikt sein.“

Diese unerfüllte Resulotion ist von 2006, nur zur Information, und folgte auf andere Resulutionen zur territorialen Integrität des Libanon, die alle bis heute nicht umgesetzt sind, weshalb sich die UNO-Truppen dort aufhalten.

„El País: Israel hat offiziell den Abzug von Unifil beantragt. Was müsste passieren, damit die Truppen ihre Stellungen aufgeben?

Tenienti: Wir haben uns vor ein paar Tagen sehr klar ausgedrückt, und an diesem Sonntag hat der Generalsekretär [der UN, António Guterres] in einer bestimmten Weise auf Netanyahus Bitte reagiert. Auch als die israelische Armee uns aufforderte, einige Positionen in der Nähe der Blauen Linie zu verlassen, gab es eine klare Botschaft: wir werden bleiben. Es war eine einstimmige Entscheidung aller derzeit 50 truppenstellenden Länder: Es ist wichtig, eine internationale Präsenz im Süden aufrechtzuerhalten.
Wir sind auf Wunsch des Sicherheitsrats und der libanesischen Behörden hier. Wir haben uns entschieden zu bleiben, nicht nur, weil es Teil des Mandats ist, sondern weil eine internationale Präsenz erforderlich ist, um das Geschehen zu überwachen.
Derzeit sind unsere Überwachungsmöglichkeiten sehr begrenzt, da es für die Truppen bei anhaltendem Beschuss gefährlich sein kann, nach draußen zu gehen, und es von größter Bedeutung ist, ihre Sicherheit zu garantieren. Es ist aber auch die Pflicht der beteiligten Parteien, dies zu garantieren.“

Mit „beteiligte Parteien“ sind sowohl die Hisbollah als auch die libanesische Armee gemeint, aber vor allem die israelische Armee.

In den letzten Tagen kam es in Naqura, dem Hauptquartier der Mission, zu mehreren Angriffen gegen sie, teilweise von der israelischen Armee, bei denen Blauhelme verletzt wurden. Ein Turm wurde von einem Merkava-Panzer angegriffen, ebenso Überwachungskameras und die Beleuchtungsanlage. An einer anderen Position flog eine Drohne ganz nah an der Stelle vorbei, an der die Soldaten Zuflucht suchten. Und am Sonntag drangen zwei Panzer in eine Stellung ein und blieben dort 45 Minuten lang, wobei sie die Umfassungsmauern durchbrachen …
Es handelt sich um schwerwiegende Vorfälle, die einen klaren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht sowie gegen die (Resolution) 1701 darstellen. Und sie erschweren es der Mission, der Bevölkerung zu helfen.
Unifil ist keine humanitäre Mission, aber wir haben der Bevölkerung immer geholfen. Daher ist es sehr schwierig, den Tausenden von Menschen zu helfen, die im Südlibanon festsitzen und Wasser, Nahrung und Grundbedürfnisse benötigen.“

Das ist es offenbar, was Israel am meisten stört, ebenso wie in Gaza, daß die UNO-Mission sich der Vertreibungspolitik widersetzt und sie aus israelischer Sicht durch ihre Hilfeleistungen sogar hintertreibt.

„El País: Wenn die Möglichkeiten, die Bevölkerung zu überwachen und ihnen zu helfen, so begrenzt sind, hat das Bleiben dann ein symbolisches Element?

Tenienti: Das ist wichtig, denn es kann nicht sein, dass ein Mitgliedstaat das Schicksal einer Mission diktiert, die die internationale Gemeinschaft wünscht.
Wenn der Libanon beschließen würde, »geht bitte!«, würden wir gehen, weil wir auf Wunsch der libanesischen Regierung handeln. Aber es sind nicht die israelischen Behörden, die hier zu entscheiden haben. Das ist ganz klar.
Und die Überwachung ist wichtig, denn obwohl unsere Kapazität sehr begrenzt ist, haben wir immer noch 10.000 Soldaten an 50 Standorten entlang der Blauen Linie und im Einsatzgebiet. Wir können immer noch sehen, was passiert, und wir haben Radargeräte, die Bombenanschläge melden. Es bleibt also eine relevante Mission und wir werden dort bleiben, solange die Sicherheitsbedingungen erfüllt sind. Dann muss der Sicherheitsrat entscheiden.“

Diese Sätze sind unklar formuliert. Weswegen El País nachhakt:

„El País: Was wären diese Bedingungen?

Tenienti: Eine Risikobewertung müsste durchgeführt werden, wenn wir nichts überwachen könnten und ständig angegriffen würden. Dann müsste der Sicherheitsrat entscheiden. Das bedeutet nicht, dass wir gehen. Vielleicht werden sie sich für andere Optionen entscheiden.
Im Jahr 2006 dauerte der Konflikt zwischen der Hisbollah und Israel 34 Tage“

– und ruinierte die Infrastruktur des Libanon sehr gründlich, wovon er sich bis heute nicht erholt hat –

„und wir verließen das Land nie, obwohl Israel libanesisches Territorium betrat. Nach dem Waffenstillstand wurde die Resolution 1701 angenommen, was mich zu dem Punkt bringt, dass 1701 die Resolution zur Beendigung des Konflikts war und dies auch jetzt noch sein kann, da alle ihre Elemente immer noch gültig sind.
Sie wurden nicht umgesetzt, das stimmt. Das meiste davon war schwierig umzusetzen. Aber wir sind immer noch hier, um dies zu garantieren. Es sind die betreffenden Parteien, die sich hier ins Zeug legen müßten. Die Umsetzung hängt von ihnen ab, nicht von uns. Bringen Sie mindestens 50.000 libanesische Truppen in den Südlibanon, stellen Sie sicher, dass es im Süden keine Waffen gibt, dass es keine weiteren Verletzungen des libanesischen Land- und Luftgebiets gibt …“

Hier merkt man eine Schwachstelle dieser Resolution – der Libanon liegt ökonomisch am Boden und kann sich kein so umfangreiches Heer leisten, um 50.000 Leute in den Süden zu schicken und dort dauerhaft zu stationieren. So kommt es, daß praktisch die Hisbollah einen guten Teil des Gewaltapparates des Libanon ausmacht, in einer Art Privatisierung von Staatsaufgaben.

„Ein weiterer relevanter Teil ist, dass die Blaue Linie nicht die Grenze ist. Wir arbeiten seit vielen Jahren daran, diesen Punkt sichtbar zu machen. Es sind noch viele Fragen offen, weil beide Seiten bestimmte Gebiete beanspruchen. Dies geschah zwischen 2006 und dem 6. Oktober letzten Jahres (dem Tag vor dem Hamas-Angriff). Es gab Probleme, aber auch eine gewisse Stabilität. Dorthin müssen wir zurückkommen. Und das ist jetzt die größte Sorge, nicht nur für uns, sondern für die internationale Gemeinschaft. Dieser potenzielle regionale Konflikt. Die internationale Gemeinschaft muss ernsthafter und energischer eingreifen. Es gilt zu verhandeln und eine Lösung zu finden.

El País: Israel argumentiert, dass Unifil völlig ineffizient gewesen sei. Das wird dadurch untermauert, daß Israel seit der Invasion Videos von Hisbollah-Tunneln in der Nähe der UNO-Stützpunkte veröffentlicht.

Tenienti: Zunächst einmal können wir diese Zahlen oder Tunnel nicht unabhängig überprüfen, aber wir haben uns immer klar ausgedrückt. Wir haben den Sicherheitsrat über alle Ereignisse und Dinge informiert, die wir beobachten. Es gibt Bereiche, auf die wir keinen Zugriff haben. Die Privatsphäre ist für uns versperrt. Das Mandat erlaubte es den Einsatzkräften nicht, Häuser zu durchsuchen. Wir sind hier, um die libanesische Armee dabei zu unterstützen. Wir können also definitiv einiges von diesen Aufgaben übernehmen, aber nicht alle.
Gleichzeitig ist das Waffenproblem real. Es gab Verhandlungen und Vermittlungen mit den verschiedenen Parteien und wir haben in den letzten 18 Jahren versucht, daran zu arbeiten. Und dann kam natürlich der Oktober 2023 und wir konnten nicht weitermachen. Aber ich wiederhole, die mangelnde Implementierung ist nicht auf das Versagen von Unifil zurückzuführen. Außerdem wurden viele Dinge nicht getan, weil wir nicht über die entsprechenden Kapazitäten verfügten.“

Das kann sich sowohl auf Mannstärke und Bewaffnung als auch auf UN-Befugnisse beziehen.

„Darüber hinaus fanden in diesen 18 Jahren dreiseitige Treffen statt, die den wichtigsten Mechanismus zur Vertrauensbildung darstellten und bei denen sich die israelische und die libanesische Armee jeden Monat im selben Raum trafen. Es war ein echter Erfolg für zwei Länder, die sich im Krieg befinden und nicht miteinander reden. Es war sehr hilfreich in Situationen, die etwas Größeres hätten auslösen können.
Also ja, es besteht Bedarf, mehr zu tun. Aber wenn es diesen Bedarf gibt und der Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft beschließen, dies zu tun, brauchen wir natürlich eine Vereinbarung im Sicherheitsrat, der beide Seiten zustimmen. Es ist interessant, dass sowohl Israel als auch der Libanon sagen, dass 1701 umgesetzt werden muss. Sie sind sich also einig, dass es immer noch gültig ist. Aber sie muß umgesetzt werden. Nicht nur mit Worten, sondern mit Taten.

El País: Wäre eine Änderung der Mission in Kapitel 7 [der Charta der Vereinten Nationen, die die Anwendung von Gewalt erlaubt] eine Option, wie Israel es vorschlägt?

Tenienti: Es muss vom Sicherheitsrat beschlossen werden, aber es würde bedeuten, alle notwendigen Mittel einzusetzen, um die Stabilität in einem Land wiederherzustellen, daher bedarf es der Zustimmung des Libanon.
Ich denke, es wäre sehr schwierig. Man braucht eine pragmatische Lösung. Und dafür braucht man auch Truppen. Wären Italien, Frankreich, Spanien oder wer auch immer bereit, hier Truppen zu stationieren, die Gewalt anwenden müssen?
Was wären die Ergebnisse? Es ist, als würde man sich selbst verteidigen. Würde es noch mehr Gewalt auslösen als der Versuch, mit friedlichen Mitteln eine Lösung zu finden?

El País: Kapitel 6, die Grundlage der derzeitigen Mission, erlaubt die Selbstverteidigung. Fallen die Angriffe, die Unifil in den letzten Tagen erhalten hat, nicht in diese Kategorie? Warum haben sie nicht darauf zurückgegriffen?

Tenienti: Ja, die Möglichkeit wäre da. Aber es ist etwas, das eingesetzt werden kann, wenn eine ernsthafte Bedrohung für unsere Friedenstruppen besteht …“

Diesbezüglich ist ja bereits einiges geschehen. Tote, Verletzte und unverhüllte Drohungen …

„El País: Ich beziehe mich nicht auf den letzten, sondern auf die Angriffe, die Unifil als vorsätzlich deklariert hat.

Tenienti: Ja, absolut. Der Kommandeur vor Ort muss entscheiden, ob eine Reaktion angebracht ist, oder er sieht, dass eine Reaktion nur noch mehr Gewalt auslösen und noch mehr Menschen töten oder verletzen würde.
Bei der Selbstverteidigung muss man sehr pragmatisch vorgehen. Wir wollen nicht Teil des Konflikts werden. Es ist nicht die Aufgabe der Friedenstruppe, mehr Gewalt auszulösen. Sie kann eingesetzt werden, aber wir müssen sie von Fall zu Fall analysieren.

El País: Fühlen Sie sich von der internationalen Gemeinschaft unterstützt?

Tenienti: Absolut. Die Unterstützung war sehr stark. Es gab ein Unterstützungsschreiben der EU und der Mitgliedstaaten an die Friedenstruppen. Biden selbst sagte, dass Friedenstruppen nicht angegriffen werden sollten. Auch der Papst. Natürlich sind das nur Worte, aber es zeigt, dass sich alle darüber einig sind, dass das, was passiert, nicht die Art und Weise ist, wie ein Land gegen die Friedenstruppen in dieser Region vorgehen sollte, denn ein Angriff auf sie ist nicht nur ein Angriff auf die 50 Länder, sondern ein schwerer Angriff gegen die internationale Staatengemeinschaft.
Wird sich die Situation ändern? Ich weiß es nicht, aber es ist ein Anfang und könnte zu einigen Verhandlungen führen.“

Klingt nicht sehr überzeugt.

„Resolution 1701 könnte die tragfähige Vereinbarung zur Umsetzung sein. Möglicherweise sind Änderungen erforderlich, aber eine ernsthafte Debatte ist notwendig, denn ich wiederhole, ein regionaler Konflikt könnte die Folge sein, wenn dieser Konflikt jetzt nicht beendet wird.“

Der regionale Konflikt ist doch längst da.

„El País: Netanjahu wirft den Unifil-Truppen vor, zum menschlichen Schutzschild der Hisbollah zu werden

Tenienti: Was wir in diesen Tagen gesehen haben, ist, dass israelische Truppen in unseren Stützpunkt eingedrungen sind. Es ist für Friedenstruppen sehr gefährlich, eine der kämpfenden Gruppen auf ihrem Stützpunkt zu haben. Sie können angegriffen werden. Warum? Weil sich darin israelische Truppen befinden.
Als sie nur noch wenige Meter von den Iren und den Polen entfernt waren, gerieten damit unsere Stellungen in Gefahr. Schauen wir uns also die Fakten an. Ich werde es nicht beurteilen, ich werde es nicht analysieren, weil es nicht meine Rolle ist. Aber ich würde die Leute einfach bitten, sich anzuschauen, was in diesen Tagen passiert und ob die Argumente der Israelis richtig sind oder nicht.

El País: Und haben Sie eine Situation identifiziert, in der Milizionäre der Hisbollah aus der Nähe der Unifil-Truppen schossen?

Tenienti: Nicht in den letzten Tagen. In diesem Moment befindet sich die israelische Armee auf libanesischem Territorium. Zuvor schoss die Hisbollah auf Israel. Jetzt gegen die israelischen Streitkräfte im Libanon, wo wir sind. Natürlich ist es schwieriger und gefährlicher geworden.

El País: Sehen Sie die klare Absicht, die Unifil-Truppen anzugreifen, als Signal an die Truppen, abzuziehen?

Tenienti: Nun, sie sagten uns, wir sollten gehen, also war die Botschaft klar …

El País: Ja, aber es ist etwas anderes zu sagen: »Wir möchten, dass das passiert«, als die Truppen anzugreifen.

Tenienti: Die Worte waren: »Ihr müßt abziehen.« Die Taten sind, dass es von ihnen Angriffe gegen unsere Truppen gegeben hat. Der Sprecher der (israelischen Armee) sagte gestern (am 13.10.), dass sie diese Vorfälle tatsächlich untersuchen würden, um herauszufinden, was passiert sei. Nehmen wir an, im Zweifelsfalle für den Angeklagten, Zweifel, dass einige Truppen nicht wussten, was sie taten.
Aber ich weiß nicht …
Ist es für irgendjemanden besser, niemanden dort zu haben?“

Keine Zeugen und freie Hand für die Okkupation fremden Territoriums, das wäre so ein Hintergedanke …

Pressespiegel El País, 29.9.: Nachruf

„HASSAN NASRALLAH, DER GEISTLICHE, DER DIE HISBOLLAH AUF DIE POLITISCHE BÜHNE GEBRACHT HAT

Der Anführer der libanesischen Parteimiliz verhalf der Organisation zu einem wichtigen Machtanteil in den Institutionen und scheute sich nicht, mit Waffen zu drohen, um mögliche Entscheidungen, die ihren Interessen zuwiderlaufen, zu blockieren.

Der schwarze Turban, der für die Schiiten auf die Abstammung eines Geistlichen von Mohammend hinweist, schmückte das Haupt von Hassan Nasrallah, dem Generalsekretär der libanesischen schiitischen Milizpartei Hisbollah, der diesen Freitag von der israelischen Armee mit einem Bombardement auf einen Außenbezirk von Beirut ermordet wurde.“

Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Hauptströmungen des Islam, Sunniten und Schiiten, ist das Problem der religiösen Legitimation als Sprachrohr Allahs, die die Sunniten über Lehre und Inspiration ableiten, die Schiiten über die Abstammung.
Die Schiiten verfügen daher über einen (erblichen) Klerus, die Sunniten nicht.

„Unter seinen Anhängern galt er als Sayyid (= Nachfahre Mohammeds), der Ehrentitel, mit der viele Schiiten ihn bezeichneten.“

Es bleibt offen, ob er sich diese Abstammung nur zuschrieb oder ob da wirklich etwas dran war. Es klang jedenfalls gut.
Wahrscheinlich ist eher ersteres, weil sein Vater war kein Geistlicher. Er selbst hatte deshalb also eigentlich keine Berechtigung, die geistliche Laufbahn zu beschreiten.
Man sieht, hier wurde auch von den gestrengen Mullahs im Iran ein Auge zugedrückt, um diesen wichtigen Verbündeten mit der nötigen Aura auszustatten.

„Bei den Bestattungen der Märtyrer war sein Gesicht ebenso präsent wie die gelben Fahnen der Hisbollah. Der berühmte Spruch »Wir werden deinem Ruf folgen, O Hussein!« (der im schiitischen Islam verehrte Enkel Mohammeds) wurde zu „Wir werden deinem Ruf folgen, oh Nasrallah!“
Sein Gesicht war im Westen ein Synonym für Terrorismus und für die Libanesen ein Ausdruck der Schande, weil sie ihn beschuldigten, den Staat übernommen zu haben.“

Das war auch so, lag aber nicht nur an der Hisbollah, sondern auch an der Verfaßtheit des libanesischen Staates. Siehe dazu den Beitrag zum Libanon.

„Nasrallahs Person repräsentierte allerdings auch die Würde jener Sunniten in der arabischen Welt, die den Iran verabscheuen, aber der Miliz Beifall spenden, die Israel während des Bombardements von Gaza die Stirn bot.
Seine frühen Jahre verbrachte er an zwei vergessenen Orten. Der erste ist der »Elendsgürtel« im Osten Beiruts: das Elendsviertel Scharschabuk in der Nähe des Vororts Karantine, wo er vor 64 Jahren geboren wurde und »alle« arm waren, wie er sich im Mai erinnerte.“

Karantina grenzt unmittelbar östlich an den vor einigen Jahren explodierten Hafen von Beirut an und war das Viertel, wo in der Spätzeit des Osmanischen Reiches eine Quarantänestation für die ankommenden Schiffe eingerichtet wurde.
Auch heute sind dort alle ziemlich arm.
Das seinerzeitige Baracken- und Zeltviertel Scharschabuk ist heute anscheinend ein Depot für Altmetall und Schrottautos.

„Er war das älteste von neun Kindern, sein Vater betrieb einen Obstladen und dieses „jeder“ bezog sich auch auf sie. Arme und Schiiten, die marginalisierte Minderheit des Islam.
1975, als der Bürgerkrieg ausbrach, der 15 Jahre andauern sollte, kehrte die Familie des libanesischen Geistlichen in ihren Heimatort Bazouriye im Süden des Landes zurück. Es ist eine dieser Städte mit schiitischer Mehrheit nahe der Grenze zu Israel, die als Hochburg der Hisbollah gelten und aus der in den letzten Tagen Tausende von Menschen (auf Befehl oder aus Angst) an geflohen sind, – aus dieser Grenzregion, die regelmäßig zur Kriegsfront wird.“

Bazouriye liegt östlich von Tyros, zur israelischen Grenze sind es ca. 20 km.

„Das Elend, die Ausgrenzung der Schiiten und der palästinensischen Flüchtlinge, die in seinem Geburtsviertel leben – allesamt »unterdrückt«, ein zentrales Konzept in seiner Rede und in der Staatsideologie seines Hauptverbündeten Iran – prägten die Biografie Nasrallahs.
Der gläubige Teenager hielt schon sehr früh an seiner schiitischen Identität fest – und an einer anderen Idee, die schließlich einer der Gründe für die Existenz seiner Organisation wurde: dem Widerstand gegen die israelische Besetzung des Libanon.
Im Alter von 15 Jahren schloss er sich der libanesischen Widerstandsbewegung (Amal) an, die vom iranischen Geistlichen Musa as-Sadr gegründet wurde und deren Anhänger sich selbst »die Enteigneten« nennen. Als Al Sadr 1978 verschwand,“

– er kehrte von einen Libyen-Reise nicht zurück. Bis heute wird Gaddafi für seine Ermordung verantwortlich gemacht –

„strebte er nach einer Modernisierung des Schiitentums und war eine Schlüsselfigur in dessen Entwicklung hin zu einer politischen Partei.“

Das Verschwinden as-Sadrs ereignete sich, man rufe es sich in Erinnerung, im Jahr vor der iranischen Revolution, mit der die Schia sich erstmals als Staatsmacht etablierte. Seither sieht sich der Iran als Schutzmacht aller unterdrückten Schiiten der Welt, so wie Israel als Schutzmacht der verfolgten Juden.
Aber im Jahr 1978 waren die Schiiten tatsächlich überall Underdogs der islamischen Welt.

„1976 reiste Nasrallah zu einem der spirituellen Zentren des Schiismus: dem Seminar in Nadschaf im Irak. Ihr Direktor war Mohammed Baqir as-Sadr, ein enger Vertrauter des späteren iranischen Führers Ayatollah Khomeini, den der Student damals kennenlernte.
Zwei Jahre später wurde er vom Regime Saddam Husseins aus dem Irak vertrieben,“

– nicht nur Nasrallah, sondern die ganze schiitische Partie von Khomeini bis zu anderen Exilanten, wurde 1978 aus dem Irak ausgewiesen.
Erstens, weil sie gegen den säkulären Gedanken der Baath-Partei wetterten und damit das auf der sunnitischen Minderheit beruhende System Saddam Husseins gefährdeten, und zweitens, weil der Irak damals eine Annäherung an den Schah suchte, um die ewigen Grenzstreitigkeiten mit dem Iran auf friedlichem Wege zu lösen und deshalb die Anti-Schah-Opposition nicht mehr brauchen konnte –

„aber zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits die Aufmerksamkeit seines späteren Mentors und Vorgängers als Anführer der Hisbollah, Abbas Al-Musawi, auf sich gezogen, der 1992 von Israel ermordet wurde.

Diese Begegnungen prägten sein Denken. Ein Ereignis war entscheidend für seine Hingabe an Ayatollah Khomeini: die Gründung der Islamischen Republik Iran im Jahr 1979.
Das Regime, dessen erster oberster Führer Khomeini war, begründete die Doktrin des Welāyat-e Faqih, der Theokratie, die dem islamischen Recht verpflichtet ist und den Klerus an die Spitze der politischen und staatlichen Macht stellen.
Zwischen dem in Nadschaf gelehrten schiitischen Quietismus, der die Trennung von Politik und Religion verteidigte, und dem Welāyat-e Faqih von Khomeini und dem iranischen Seminar von Ghom – wo Nasrallah in den 1980er Jahren auch studierte – entschied sich der Libanese für Letzteres.“

Das ist nachvollziehbar, denn der Stillhalte-Modus der irakisch-schiitischen Kleriker von Nadschaf – der ihnen im Irak der Baath-Partei-Regierungen überhaupt die Aufrechterhaltung ihres Lehrbetriebs in Nadschaf ermöglicht hatte – hätte eben weiter den Status der Schiiten als Underdogs des Libanon festgeschrieben.

„1982 verließ er Amal und schloss sich der Hisbollah, der Partei Gottes, an, einer Miliz, die mit iranischer Unterstützung und Ausbildung gegründet worden war.
Zehn Jahre später, als Nasrallah zum Generalsekretär ernannt wurde, registrierte sich die Organisation als politische Partei, eine Entscheidung, die ihrem neuen, damals 32-jährigen Führer zugeschrieben wurde.
Bei den Kommunalwahlen 1992 kandidierte diese Partei in zwölf Bezirken und gewann alle. Seit 2005 ist die Hisbollah an den Regierungen des Landes beteiligt und hat 2006 ein Minderheits-Veto als Preis für die Koalition mit der Regierung der Nationalen Einheit eingeführt, die nach dem Krieg mit Israel in diesem Sommer gebildet wurde. Zum ersten Mal erhielt die Hisbollah zwei Ministerämter.

Israel

Nasrallahs Führung in der Hisbollah war schon lange vorher etabliert.

Der Rückzug Israels aus dem Südlibanon im Jahr 2000, der teilweise auf die militärischen Aktionen der Organisation zurückgeführt wurde, und der Rückzug nach dem kurzen Krieg von 2006 umgaben den Anführer der Parteimiliz mit der Aura eines Befreiers.
Viele seiner Glaubensbrüder sahen in ihm »den einzigen Muslim, der Israel auf dem Schlachtfeld besiegt hat«, wie ihn die arabische Website Al Bawaba vor Jahren beschrieb.

Sein Porträt ziert Häuser und Geschäfte in den schiitischen Vierteln von Beirut, der Bekaa-Ebene und im Süden des Landes, wo ihn viele als Helden verehren.
Sein erstgeborener Sohn Hadi wurde 1997 im Alter von 18 Jahren von Israel ermordet und israelische Medien gehen davon aus, daß seine Tochter am Freitag bei dem Bombenanschlag ums Leben kam. Die USA und Israel betrachteten ihn aufgrund der von der Hisbollah begangenen Selbstmordattentate und Entführungen als Anführer einer Terroristengruppe.“

Lies: Der israelische Terrorismus ist gerechtfertigt und daher keiner, sondern legitime Selbstverteidigung.

„Der Geistliche lebte jahrelang im Verborgenen und wandte sich von einem unbekannten Ort aus, meist live, an seine Anhänger.
Am 8. Oktober 2023, einen Tag nach dem Hamas-Angriff und als israelische Flugzeuge als Vergeltung die ersten Bomben auf Gaza abwarfen, setzte er einen Schritt, der ihn laut Israel am Ende das Leben kostete: Die Hisbollah feuerte Raketen auf die Schebaa-Farmen ab, ein Gebiet, das sie beansprucht und über dessen Status die USA in derselben Resolution verhandeln, mit der der Krieg von 2006 endete.“

Mit „Schebaa-Farmen“ wird ein unbewohntes Gebiet im Grenzgebiet zwischen Syrien, dem Libanon und Israel bezeichnet, das seit 1967 von Israel besetzt wird, das dort Militärstützpunkte errichtet hat.
Die Frage der Schebaa-Farmen ist deshalb heikel, weil sie nicht nur Israels Besetzung libanesischer Gebiete berührt, sondern auch die israelische Besetzung – und Beanspruchung! – der Golan-Höhen.

„Das Kreuzfeuer (fünfmal heftiger von Israel als von der Hisbollah) verursachte Hunderte von Toten, bis die Regierung von Benjamin Netanjahu mit einem massiven Bombenangriff (550 Tote, der tödlichste Tag in der Geschichte des Libanon und so viele wie in den letzten 11 Monaten davor) antwortete. Seither nutzt Israel seine strategische Überlegenheit, um Hisbollah-Führer bis hin zum obersten zu ermorden.

Als charismatischer und guter Redner war Nasralá vor allem ein Pragmatiker, ein Spezialist darin, gegensätzliche Positionen zu beziehen und die Interessen der Hisbollah über ihre Ideale zu stellen.
Im Libanon zögerte er nicht, die … Macht zu nutzen, die ihm Waffen und sein Status als Staat im Staat verleihen, um zu verhindern, daß Institutionen Entscheidungen trafen, die der Hisbollah geschadet hätten.
Sei es, indem sie wie 2008 ihre Milizionäre auf die Straße bringen; oder durch Blockierung der Untersuchung der Hafenexplosion in Beirut, da der Richter politisch motiviert war; oder indem der nächste Präsident per Veto zum Fall gebracht wurde.

Seine Rede zur Verteidigung der Unterdrückten hinderte ihn beispielsweise nicht daran, seinen syrischen Verbündeten Baschar al-Assad offen und militärisch zu unterstützen, (…)“

Zuvor hatte die Hisbollah die Aufstände des Arabischen Frühlings gegen Diktatoren in anderen Ländern der Region gelobt. Bis sie ihren Verbündeten Assad berührten, den Führer, der Wochen zuvor damit prahlte, daß diese Aufstände Syrien niemals erreichen würden.
Die palästinensische HAMAS-Bewegung war tatsächlich mit der Vertreibung ihrer Führung aus Damaskus konfrontiert, gerade weil sich die HAMAS nicht dem Schulterschluss mit Assad anschloß.“

Anfang 2012 verließ Chalid Maschal im Verlauf des syrischen Bürgerkrieges, in dem sich die Hamas gegen Präsident Baschar al-Assad stellte, sein Exil in Damaskus und übersiedelte nach Katar. (Wikipedia, Chalid Maschal)
Ismail Haniyya hingegen hielt sich damals in der Türkei auf.

Eine interessante Rückerinnerung der Autoren des Artikels über die damalige Spaltung in der Anti-Israel-Koalition. Immerhin ist die HAMAS eine sunnitische, die Hisbollah eine schiitische Organisation und beide begreifen sich als religiöse Organisationen, halten also damit an dieser Unterscheidung fest.

„Diese Widersprüchlichkeit Nasrallahs trübte sein Image.
11 Monate Raketenbeschuss gegen Israel und die Weigerung, seine Offensive zu stoppen, während weiterhin Bomben auf Gaza fallen – obwohl seine Kommandeure einer nach dem anderen fielen und der Mossad es mit der tödlichen Ferndetonation von Tausenden von Pagern und Funkgeräten demütigte und schwächte – stellten es wieder her.

Für den Westen ist ein Terrorist gestorben, der zu lange mit dem Schicksal gespielt hatte. Für viele im Nahen Osten hat Nasrallah den Preis dafür bezahlt, daß sie sich für die Palästinenser eingesetzt haben, während es sonst fast niemand tat.“