Pressespiegel El País, 22.5.: Portugals Schuldenverwaltung

PORTUGAL GIBT ALS ERSTES LAND DER EUROZONE SCHULDTITEL IN CHINESISCHER WÄHRUNG AUS

Das Ziel ist, in einen Markt mit großer Liquidität einzusteigen
Portugal wird das erste Land der Eurozone, das Schuldtitel in chinesischer Währung ausgibt, nachdem China dafür grünes Licht gegeben hat. Das bestätigte der Staatssekretär für Finanzen, Ricardo Mourinho.
Portugal – das sich auch in Euro und Dollar verschuldet – wird eine Anleihe auf 3 Jahre in der Höhe von 2 Milliarden Renminbi ausgeben, was 260 Millionen Euro entspricht. Die Ausgabe wird nächste Woche beginnen. Es ist noch nicht ganz klar, zu welchen Kosten, aber es wird angenommen, etwas über dem Euro-Anleihen (mit einem Zinsfuß von -0,222%).“
!!!
Portugal, noch vor einigen Jahren unter der Fuchtel der Troika, Ende 2018 mit einer Staatsverschuldung von 121,5 % des BIP, an 3. Stelle (bei relativer Verschuldung) hinter Griechenland und Italien
zahlt Negativzinsen bei Verschuldung in Euro!
EZB sei Dank!

„Obwohl das Volumen der Anleihe klein ist, erlaubt die nunmehr erteilte Genehmigung in Zukunft auch Anleihen größeren Umfangs. »Unser Ziel ist, in diesen groß dimensionierten Markt mit seiner umfassenden Liquidität hineinzukommen und damit unsere Investorenbasis zu erweitern,« sagte Mourinho der Zeitung Eco.
China ist bereits der größte Investor von außerhalb der EU in Portugal, mit Schlüsselbeteiligungen in den Sektoren Elektrizität, Wasser, Banken, Versicherungen und Gesundheit. Kürzlich mißlang die 100 %-Übernahme des größten Elektrizitätsversorgers Portugals, der EDP, wo sie bereits 25 % besitzen“ (– obwohl die chinesischen Investoren dafür mehr als 9 Mrd. Euro locker gemacht hätten.)
„Beim letzten Besuch des chinesischen Präsidenten letzten Dezember in Portugal unterschrieb er mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten António Costa ein Abkommen über die Teilnahme an der »Neuen Seidenstraße« unter Einbeziehung des Hafens von Sines.“
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Diese neuen Anleihen werden ganz lieblich Panda Bonds genannt.
Was heißt das für China? Es bereitet sich weiter vor, erstens den Renminbi zu einer Weltwährung zu machen und zweitens den Euro dabei zu stützen.
Was heißt es für Portugal?
Es versucht, sich vom Euro-Kredit und der EZB ein Stück weit frei zu machen.
Was heißt es für die EU?
Der Euro wird durch China gestützt. Es wird immer schwieriger, sich der Abhängigkeit von China zu entziehen, während der Big Brother aus den USA genau das immer stärker fordert.

Serie „Lateinamerika heute“. Teil 10: Ecuador

KEHRTWENDE IM DOLLAR-PARADIES

1. Das Territorium

Quito gilt aufgrund archäologischer Funde als die älteste Ansiedlung Südamerikas. In der vorkolumbianischen Zeit war Quito die zweitwichtigste Stadt des Inkareiches. Vor der Ankunft der Spanier wurde sie zerstört, weil sich damals bereits herumgesprochen hatte, daß die Eroberer zum Plündern gekommen waren. 1534 wurde das heutige Quito gegründet und war lange nach Lima die zweitwichtigste Stadt des spanischen Kolonialreichs in Südamerika. Von hier starteten die Expeditionen auf der Suche nach El Dorado, dem Goldland, und die Expansion nach dem Westen des Subkontinentes, so auch die Entdeckung des Amazonas durch die Spanier.

Die Vergangenheit des heutigen Gebietes von Ecuador war also weitaus bedeutender als seine Gegenwart.

Nach den Unabhängigkeitskriegen gehörte das Territorium zunächst zu Groß-Kolumbien, dem sich die Aufständischen von Quito und Guayaquil angeschlossen hatten, um erst gegen die spanischen Truppen bestehen, und dann überhaupt irgendwohin gehören zu können.
Als sich ein Caudillo aus Venezuela namens Flores und andere nicht damit abfinden wollte, bloß Provinz eines anderen Staates zu sein, lösten sich Quito und andere Städte 1830 aus dem großkolumbianischen Staat und gründeten mit viel Getöse den neuen Staat Ecuador.

Der Zerfall Groß-Kolumbiens durch die Zentrifugalkräfte der Militärs, die die Unabhängigkeit von Spanien erkämpften, beendete die politischen Pläne Simón Bolívars, der ursprünglich eine Art Vereinigte Staaten von Südamerika vorhatte, um den USA die Stirn bieten zu können. Er erkannte nämlich sofort die Bedeutung der 1823 verkündeten Monroe-Doktrin für die Zukunft Lateinamerikas: Daß sich hier im Norden eine neue Macht konstituiert hatte, die Anspruch auf Unterwerfung und Benützung der Nachfolgestaaten des spanischen Kolonialreiches erhob.
Was damals, 1830, und auch lange später nicht klar war, waren die Grenzen dieses neuen Staates Ecuador. Die Geschichte Ecuadors ist seither eine der Selbstbehauptung gegen seine beiden Nachbarstaaten, und der immer wiederkehrenden Grenzkonflikte. Perú und Kolumbien betrachteten nämlich dieses zusammengewürfelte Abspaltungsprodukt als ein Gebiet, aus dem sie sich bei jeder Gelegenheit etwas abknapsen könnten. Bis heute nehmen sie die aktuellen Grenzen nicht ganz ernst, wie wiederholte Übergriffe auf ecuadorianisches Territorium zeigen.

Ecuador hingegen hat damit das Dauerproblem, seine Grenzen verteidigen zu müssen, obwohl sich in seinen Grenzgebieten Fuchs und Hase gute Nacht sagen und nur hin und wieder Schmuggler ihren Geschäften nachgehen. Ohne dieses Territorium zu benützen und ohne daß sich der ecuadorianische Staat diese militärischen Ausgaben eigentlich leisten kann, muß er dennoch Mittel und Personal für Grenzsicherung und Grenz-Kriege aufbringen, um nicht weiter zu schrumpfen.

2. Die Ökonomie: Bananen, Öl und Dollars

Lange Zeit kam Ecuador über den Export einiger Agrarprodukte nicht hinaus. Kaffee, Kakao und Bananen waren alles, was es auf dem Weltmarkt anbieten konnte. Es kamen daher auch wenig Devisen ins Land.
Das änderte sich mit der Entdeckung und Förderung des Erdöls, das in den 70-er Jahren von Texaco und Shell begonnen, seit den 90-er Jahren aber von der staatlichen Firma Petroecuador betrieben wird.

Auf die steigenden Öleinnahmen vertrauend nahm die Regierung von Sixto Durán Ballén in den frühen 90-er Jahren und in Zusammenarbeit mit dem IWF eine Liberalisierung der Wirtschaft vor, die die Verschuldung Ecuadors in die Höhe trieb. Die Banken erhielten freie Hand für internationale Kreditaufnahme und nationale Kreditvergabe. Das leicht erhältliche Geld führte auch zu hoher privater Verschuldung und Korruption der Eliten. Ecuador erlebte einen Boom mit Firmengründungen, steigenden Importen von Konsumgütern und staatlichen Investitionen in die Infrastruktur.

Als Folge von der Schuldenkrise der südostasiatischen Tigerstaaten und Rußlands in den Jahren 1997-99 zogen viele Investoren Geld aus Staaten Lateinamerikas ab, so auch aus Ecuador. Dadurch kam es dort zu einem Crash, einer generellen Zahlungsunfähigkeit nach innen und außen. Die damalige Regierung Mahuad wurde 2000 gestürzt, eine Bankrottwelle erschütterte Ecuador und 2 Millionen Ecuadorianer verließen das Land, um woanders nach Überlebensmöglichkeiten zu suchen, vor allem in Spanien und den USA.

Mahuad stand bereits mit dem Rücken zur Wand, als er angesichts der völligen Entwertung der nationalen Währung, des Sucre, mit dem IWF in den letzten Tagen des Jahres 1999 die Einführung des Dollar paktierte. Der Sucre hatte sich als Zahlungsmittel praktisch in Luft aufgelöst, er war nicht einmal das Papier wert, auf dem er gedruckt wurde.

Mit Hilfe des IWF, der die Bindung an den Dollar zu diesem Zeitpunkt als ideales Mittel zur Bewältigung von Währungsturbulenzen ansah, führte Ecuador mit 1.1. 2000 den Dollar als Zahlungsmittel ein.
Mahuad wurde Anfang 2000 gestürzt, sein Nachfolger Gustavo Noboa fand die Dollar-Einführung als Tatsache vor. Allerdings geschah es erst unter seiner Regierungszeit im Herbst 2000, daß der Sucre völlig aufgegeben wurde und seither der Dollar als einziges Zahlungsmittel in Ecuador zirkuliert.

Die Politik der Dollarbindung wurde nach dem Bankrott Argentiniens 2001/2002 vom IWF aufgegeben. Ecuador war möglicherweise eine Art Vorlage, die auch für Argentinien ins Auge gefaßt wurde. Aber in Argentinien kam der IWF zu spät: Der Präsident wurde gestürzt, und mit ihm verließ der Dollar als Zahlungsmittel die öffentliche Szene und führte seither ein Leben im Untergrund der Matratzen. (siehe dazu: DIE EWIGE WIEDERKEHR DER ARGENTINISCHEN KRISE)

Man weiß nicht, welches Land besser gefahren ist. Argentinien und Ecuador verarmten beide in Folge dieser Währungskrisen. Argentinien war allerdings viel höher verschuldet, und war nach dem Bankrott von den internationalen Finanzmärkten abgeschnitten. Ein Schritt „Dollar ersetzt nationale Währung“ wie in Ecuador wäre dort vermutlich gar nicht möglich gewesen, selbst wenn sich im Land dafür ein Vertragspartner gefunden hätte.
Zur Dollarisierung in Ecuador findet man kaum irgendwelche Literatur oder Fakten. Man findet nirgends, wie diese Schritte begründet wurden. Im Falle Mahuads ist nicht einmal klar, ob er der Einführung des Dollars vor oder nach seinem Sturz zugestimmt hat, und unter welchen Bedingungen. Nach Einzelheiten, warum Noboa den Sucre aufgab, ob es später Versuche der Wiedereinführung gab, sucht man ebenfalls vergeblich. Zumindest am Internet findet man keine öffentlich zugänglichen Analysen zu dieser Frage.

Interessanterweise gibt es auch in der Verfassung von 2008, wo sehr viel von ökonomischer Souveränität die Rede ist, keinen Hinweis auf die Fremdwährung, mit der der Geldumlauf im Land bewerkstelligt wird.

Zum Unterschied von Argentinien, das den Dollar neben dem Peso als Zahlungsmittel zugelassen hatte, und El Salvador und Panama, die den Dollar ebenfalls neben ihrer nationalen Währung bis heute zulassen, gab Ecuador 2000 seine nationale Währung vollständig auf. In dem Land zirkuliert also ein Zahlungsmittel, auf dessen Ausgabe und Wert die Regierung Ecuadors keinen Einfluß hat. Die Abhängigkeit von den USA ist daher sehr grundlegend.
In Europa sind nur Montenegro und Kosovo, Nachfolgestaaten Jugoslawiens, in dieser Situation. Sie stellt eine Art von neuem Kolonialregime dar, weil es die Souveränität dieser Staaten einer Währung unterwirft, die von einem – oder mehreren – anderen Staaten gemanagt wird.
Ecuador ist – nach einem Austritt und Wiedereintritt – Mitglied der OPEC, wo es jedoch aufgrund seiner im weltweiten Vergleich geringen Förderquote für allfällige Entscheidungen dieser Gemeinschaft praktisch bedeutungslos ist. Abgesehen davon, daß die OPEC heute von miteinander verfeindeten – für oder gegen die USA aufgestellten – Staaten besteht und zu keiner Einigkeit mehr fähig ist.

3. Die Migration

Während Ecuador lange wirtschaftlich vor sich hindümpelte und bei großem Armutsgefälle – vor allem zwischen Stadt und Land – mehr oder weniger seine Bevölkerung ernährte, kam es erst in den 80-er Jahren und dann in den Boom-Jahren der 90-er Jahre erstmals zu größerer Einwanderung aus anderen lateinamerikanischen Staaten, vor allem aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Kolumbien.

Mit dem Crash von 1999/2000 setzte eine Emigrationswelle ein. Vor allem Spanien mit seiner damals entstehenden Immobilienspekulation und darauf folgenden Bauboom wurde Zielland der ecuadorianischen Auswanderer. Die Überweisungen der ecuadorianischen Bauarbeiter und der in Pflege und Hausarbeit tätigen Frauen machten in den nächsten Jahren einen guten Teil des ecuadorianischen BIPs aus.
Als wichtige Einnahmequelle etablierte sich der Tourismus. Die Galápagos-Inseln, der Chimborasso und andere Naturwunder und eine verhältnismäßig gute Sicherheitslage, nicht zu vergessen die Währungsstabilität, spülten Devisen in die ecuadorianische Staatskasse.

Zusätzlich brachten Pensionisten Geld ins Land. Aus Europa und den USA ließen sich wohlhabende Pensionisten in dem schönen Land nieder, das in höhergelegenen Regionen über ein angenehmes Klima und ansonsten über eine verhältnismäßig gute Infrastruktur und ein für lateinamerikanische Verhältnisse gut ausgebautes Gesundheitswesen verfügt.
Unter dem Präsidenten Correa wurden großzügige Rückkehrhilfen für die Ecuadorianer eingerichtet, die aus dem krisengeschüttelten Spanien oder den USA heimkehrten. Nicht all zu viele nahmen dieses Angebot an, oder viele sind inzwischen neu emigriert. Ein Fünftel der der gebürtigen Ecuadorianer lebt heute im Ausland, davon fast eine halbe Million in den USA.

4. Das politische System Ecuadors

Die Regierungswechsel in Ecuador gestalteten sich des öfteren turbulent. So schlimm wie 1912, als eine komplette Politikermannschaft umgebracht, in Stücke gehackt und öffentlich verbrannt wurde, geht es heute nicht mehr zu, aber auch in jüngerer Vergangenheit sahen sich Präsidenten hin und wieder genötigt, mit dem Hubschrauber aus der Hauptstadt und schnellstens ins Ausland zu flüchten, oder in einer Botschaft Zuflucht zu suchen.

Ein wichtiger Machtfaktor sind hierbei die Verbände der Indigenen, sowohl derer aus dem Gebirge als auch derjenigen aus dem Amazonasbecken. Wie in guter Tradition der europäischen Bauernaufstände ließen sie sich schon mehrmals mit ihren landwirtschaftlichen Geräten bzw. darauf aufbauender Bewaffnung als Fußvolk und Manövriermasse für Militärputsche einsetzen. Auch sonst verstehen sie mit Straßenblockaden und Demos an wichtigen Stellen und zur richtigen Zeit einiges durcheinanderzubringen, wenn sie Umweltschäden durch Firmen und die Zerstörung ihres Lebensraumes anprangern und verhindern wollen.

Um hier angesichts sehr unterschiedlicher Vorstellungen, wie Staat zu machen sei, so etwas wie Kontinuität und klare Verhältnisse zu schaffen, wurde unter dem Präsidenten Rafael Correa das Projekt einer neuen Verfassung in Angriff genommen. Die daraus entstandene, sehr lange Verfassung von 2008 ist vor allem um die Wahrung von Souveränität bemüht. Sie verbietet explizit fremde Militärbasen im Land, entkriminalisiert den Drogenkonsum und verkündet für ihre Bürger sehr viele Rechte, deren Umsetzung in der Marktwirtschaft schwierig bis unmöglich ist, wie z.B. das Recht auf „gutes Leben“ und auf Ernährungssicherheit.
Diese Rechte kollidieren natürlich mit den Interessen in- und ausländischer Kapitale, die mit der inzwischen weltweit üblichen Rücksichtslosigkeit gegen Gegenden und ihre Bewohner die natürlichen Ressourcen Ecuadors ausbeuten wollen. Vor allem bei der Ölförderung prallen da Welten aufeinander, bei denen die Landbewohner regelmäßig den Kürzeren ziehen, weil die Förderung und der Export von Öl von grundlegender Bedeutung für Ecuadors Wirtschaft und Staatshaushalt sind.

Der Nachfolger Correas, Lenin Moreno, ist entgegen den in ihn gesetzten Hoffnungen nicht bereit, den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Weg in Richtung Souveränität, Volkswohlstand und Mitbestimmung fortzusetzen. Ganz im Gegenteil. In Ecuador läuft inzwischen ein ähnliches Drehbuch zum Abbau aller Maßnahmen, die irgendwie als volksfreundlich gegolten haben, wie in Brasilien. Nur daß hier diese Wende von jemandem vollzogen wird, der aus dem gleichen Stall kommt wie sein Vorgänger und jahrelang als Mitglied der Regierung Correas alle Überzeugungen des Präsidenten geteilt und alle politischen Schritte mitgetragen hat. Viele Bewohner Ecuadors, sowohl der Eliten als auch anderer Bevölkerungsschichten, erfüllt diese Wende von Paulus zum Saulus mit Verwunderung.
Obwohl er als Kandidat der von Correa gegründeten und geleiteten Partei den Wahlkampf bestritten und die Wahlen mit hauchdünner Mehrheit gewonnen hat, sieht er sich an die Vorgaben seines Vorgängers offensichtlich nicht gebunden. Er entließ verschiedene Minister seiner Partei und besetzte die Posten mit überzeugten Anhängern der freien Marktwirtschaft, des IWF und der USA.

Die Justiz weiß er offenbar auf seiner Seite: Gegen verschiedene Mitglieder der Vorgängerregierung, so auch gegen Correa selbst, wurden unter dem Evergreen „Korruption“ Prozesse eingeleitet. Einer landete bereits im Gefängnis, Correa selbst setzte sich nach Belgien ab, weitere Verfahren sind in Vorbereitung. Den Ex-Mitgliedern seiner Partei, die ausgetreten sind und eine neue Partei gegründet haben, wurde die Registrierung verweigert, damit sie nicht zu den anstehenden Regionalwahlen antreten können.
Unter der Regierung Moreno wurde die Mitgliedschaft in der Wirtschaftsgemeinschaft ALBA und dem Staatenbündnis UNASUR gekündigt.
Mit dem IWF wurde ein umfassendes Sparprogramm vereinbart, um die Schulden Ecuadors „nachhaltiger“ zu machen.
(Der IWF und seine Betreiber und Hintermänner sind total froh, daß sie sich in Lateinamerika wieder breitmachen können. Nach dem Bankrott Argentiniens und bei hohem Ölpreis war diese ehrenwerte Institution eine Zeitlang sehr unpopulär in Südamerika. Aber inzwischen hat er fast überall wieder freie Hand.)
Im Rahmen dieses Programms werden Subventionen für Heizung und Lebensmittel gekündigt und die Entlassung Tausender Beamter in die Wege geleitet, um den „aufgeblähten“ Staatsapparat „abzuspecken“. Das wird auch als „Korruptionsbekämpfung“ verkauft – die meisten dieser Leute machten ohnehin nichts und füllten sich die Taschen.

Stolz verkündet der Finanzminister, daß seither die Investitionen in Ecuador gestiegen sind!
Business as usual ist also inzwischen in Ecuador eingekehrt.

Mit Venezuela wurden die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, der von den USA eingesetzte Usurpator anerkannt und eine Hetzkampagne gegen venezolanische Flüchtlinge gestartet, die angeblich Ecuador überfluten.
Julian Assange wird nahegelegt, doch endlich die ecuadorianische Botschaft zu verlassen. Bald kommt auch USAID wieder ins Land, und wer weiß, vielleicht sogar eine Militärbasis.
Die Verfassung wurde bereits modifiziert, wenn nötig, kann man da auch weitermachen oder eine ganz neue erlassen.
Solche Regierungschefs wie Lenin Moreno kann sich die USA-Regierung nur wünschen. Er wird sicher bald für einen Preis vorgeschlagen, und erhält am Ende seiner Präsidentschaft einen lukrativen Job bei der OAS oder einer US-Institution.
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Zur Wende in Lateinamerika:
KONZESSIONIERTE SOUVERÄNITÄT UND DEREN WIRTSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN UND FOLGEN
Rollback in Lateinamerika: AUS DER TRAUM?

Radiosendung zu Ecuador: Bananen, Öl, Dollar und Souveränität in 2 Teilen (Gesendet: Juli 2019)
https://cba.fro.at/418253
https://cba.fro.at/419416

Serie „Lateinamerika heute“. Teil 9: Allgemeines

KONZESSIONIERTE SOUVERÄNITÄT UND DEREN WIRTSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN UND FOLGEN
Anläßlich der derzeit sehr strapazierten Beschwerde über die Verletzung der Souveränität Venezuelas ist es angebracht, einmal zu untersuchen, wie die Souveränität vieler Staaten in der postkolonialen Epoche eigentlich aussieht, und warum sie überhaupt existiert.
Die politische Geschichte Lateinamerikas seit der Unabhängigkeit und die USA
Entgegen populären Vorstellungen, daß der Staat und seine Institutionen entweder vom Himmel fallen oder aus den Menschen herauswachsen, ist die Entstehung jedes Staates eine Gewaltfrage, und zwar sowohl nach innen als auch nach außen.
So haben sich die meisten Staaten Lateinamerikas im Zuge der Unabhängiskeitskriege 1810-1822 und später gegeneinander konstitutiert. Deshalb gibt es dort bis heute verschiedene offene Grenzfragen. Die Monroe-Doktrin 1823 erklärte die Entkolonialisierung für unumkehrbar und ernannte gleichzeitig die USA zur Schutzmacht der frischgebackenen Nachfolgestaaten der spanischen und portugiesischen Kolonialreiche.
Vor allem Mexiko bekam diesen in dieser Beschützerfunktion ausgedrückten Appetit im 19. Jahrhundert zu spüren: Erst verlor es ausgedehnte Gebiete an die USA, dann wurde es gegen die französische Invasion unterstützt, um nachher um so mehr ins Visier von wirtschaftlichen US-Interessen zu geraten.
1829 schrieb Simón Bolívar an einen amerikanischen Oberst: „Die USA scheinen von der Vorsehung dazu bestimmt zu sein, Amerika im Namen der Freiheit mit Elend zu überziehen.“
Während die USA den Besatzungs-Aktivitäten Großbritanniens in Lateinamerika nichts entgegensetzten, versuchten verschiedene US-Regierungen und ihre Agenten, sich ebenfalls dort festzusetzen, vor allem in der Karibik und in Mittelamerika. Sie nützten die Machtkämpfe in den Nachfolgestaaten des spanischen Kolonialreiches aus, um entweder eigene Staaten dort zu gründen, oder zumindest den US-Interessen zum Durchbruch zu verhelfen, indem sie willige Marionetten an die Macht brachten.
Die formelle Anerkennung lateinamerikanischer Staaten hatte von den USA also immer das Ziel, schwache Souveränitäten zu schaffen, die sich von US-Kapital und Militärs benutzen ließen. Nur deshalb wurde dort Souveränität eingerichtet, anerkannt und gegen Spanien verteidigt.
Das System des Hinterhofes, wenn es funktioniert, ist für den Besitzer des Vorderhauses viel effizienter als das der Kolonie, wo die Kosten für Verwaltung und Besatzung vom Mutterland getragen werden müssen. Die Beherrschten verwalten sich mittels ihrer einheimischen Eliten selbst, überlassen gegen entsprechendes Bakschisch dem ausländischen / US-Kapital ihre natürlichen Reichtümer und streiten sich um die Plätze an den Futtertrögen, verschulden sich und bleiben dadurch wehrlos gegen gewaltmäßige Eingriffe von außen.
So ließe sich die neuere Geschichte Lateinamerikas zusammenfassen.
Diese Art der Benutzung bedingt eine sehr einseitige Ausrichtung der Wirtschaft dieser Länder, mit der der dortigen Bevölkerung nicht gedient ist.
Welche ökonomische Ausrichtung verordnen die USA Lateinamerika?
Im 19. Jahrhundert kristallisierte sich bereits die Arbeitsteilung heraus, die zum Kapitalismus dazugehört: Die Kolonien/Hinterhöfe haben die Rohstoffe zu liefern, die in den Heimatländern des Kapitals verarbeitet werden. Ob es sich jetzt um agrarische oder mineralische Rohstoffe handelt: Her damit! Und möglichst billig, bitte! Weil wir, die Kapitalbesizer, die wir Fabriken aller Art betreiben, wollen unsere Waren günstig verkaufen und deswegen geringe Einkaufspreise haben.
Wenn das Öl, das Eisenerz, das Kupfer, das Getreide und Fleisch und was immer benutzt und verarbeitet worden ist, so hat der Unternehmer das nächste Problem: Wohin damit? Die Kaufkraft der eigenen Bevölkerung ist begrenzt, weil hohe Löhne will ja keiner zahlen, und die meisten Nachbarstaaten haben eine ähnliche Situation. Also verkauft man das Zeug, was in der Nähe nicht weggeht, eben in die Ferne. Die Rohstofflieferanten-Staaten haben ja nicht nur Rohstoffquellen, sondern auch Bevölkerung, die Nahrungsmittel, Autos, Kühlschränke und Kleidung braucht. Und so erfüllen die Staaten Lateinamerikas (und auch anderswo) ihre zweite wichtige Rolle, nämlich als Markt für die verarbeiteten Produkte des Kapitals derjenigen Staaten, die sich gerne international als die Zuständigen für Recht und Freiheit benehmen. Das Recht des Stärkeren und die Freiheit des Kapitals.
Für die Rohstofflieferanten und Markt-Länder geht sich die Sache natürlich nie aus. Sie kriegen für ihre Exportprodukte immer viel weniger, als sie für die verarbeiteten Produkte zahlen müssen. Deswegen machen sie Schulden, es gibt Putsche und Regierungswechsel, galoppierende Inflation und Aufstände. Regelmäßig finden kleinere oder größere Massaker statt, um die Menschen, die bei diesem für sie unvorteilhaften Hin und Her unter die Räder kommen, auch ruhig zu halten.
Patrioten suchen Auswege aus dieser Situation
Wenn dann Politiker an die Macht kommen, denen diese internationale Arbeitsteilung sauer aufstößt, so denken sie oft, aber nicht ausschließlich, an die Armen und Elenden in ihrem eigenen Land, die immer wieder niederkartätscht werden. Aber zunächst einmal haben sie meistens den Staat selbst vor Augen: Das Militär ist schlecht ausgerüstet, es fehlt an Devisen, alles muß man aber um ebendiese Devisen im Ausland einkaufen. Die Devisenerlöse gehen jedoch größtenteils für den Schuldendienst drauf. An den Aufbau eigener Produktion ist wiederum nicht zu denken, weil alles dazu fehlt.
Viele der Gründer des IWF in Bretton Woods waren lateinamerikanische Staaten, deren Regierungen darauf hofften, durch Verschuldung Kapitalakkumulation im eigenen Land anleiern zu können, um aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Das führte zu einigen Schuldenkrisen und einem ganzen Staatsbankrott. Aber auch zu gewissen Erfolgen in jüngerer Vergangenheit, die vor allem dem Auftreten Chinas auf dem Weltmarkt geschuldet sind.
Es ist aber aus dem Bisherigen klar, daß es die USA und die EU-Staaten stört, wenn lateinamerikanische Regierungen selber eine Industrie anleiern, ihre Rohstoffe im eigenen Land verarbeiten und die verarbeiteten Produkte im eigenen Land absetzen. Das entzieht ihrem Kapital Energie und Komponenten für die Produktion oder verteuert sie, und es beraubt sie ihrer Absatzmärkte.
Deswegen zielt die imperialistische Politik dieser Zivilisationshüter immer darauf, solche Entwicklungen zu verhindern oder rückgängig zu machen.
„Schwellenländer“ zurück an den Start!
Ein Land, an dem diese Politik sehr deutlich sichtbar war und ist, ist Argentinien. Unter Perón, der wirklich kein Linker war und jeder Menge Nazis Unterschlupf gewährte, wurde eine eigene Industrie aufgebaut. Er wollte die „Hemdlosen“ nicht nur mit Hemden versogen, sondern sie für wirtschaftliche Autarkie einsetzen, und erreichen, daß die Hemden in Argentinien hergestellt würden, und vieles andere auch. Er bzw. seine Witwe wurden gestürzt, und seither wurde erst während der Militärdiktatur und nachher unter Menem mit tatkräftiger Hilfe des IWF, der Chicago-School und sonstigen „Wirtschaftsexperten“ alles getan, um diese Produktion im Land wieder herunterzufahren, die Fabriken zuzusperren und Argentinien zu einem Lieferanten für Agrarprodukte und Gas zurückzustufen. Dafür wird der Pleitekandidat auch als G 20-Mitglied hofiert und kann Gipfeltreffen veranstalten.
Inzwischen laufen in ganz Südamerika Versuche, unter dem Stichwort „Korruption“ jede Menge Unternehmen zu ruinieren, die sich als Konkurrenz für amerikanische und europäische Multis unangenehm bemerkbar gemacht haben. Da ist Brasilien im Visier, aber auch Kolumbien, Peru, usw.
Und Venezuela soll überhaupt ganz klein gemacht werden, damit es nicht auch noch andere Staaten in ihren Versorgungsökonomien bestärkt, und allen vorzeigt, daß sie ihr Öl nach ihrem Gutdünken hergeben, an so unbotmäßige Staaten wie Kuba oder völlig überflüssige wie Haití.
Das ganze ist auch immer aggressiver und unverschämter, die imperialistischen Politiker und ihre medialen Sprachrohre bedienen sich grober Lügen und Drohungen, weil wir im Jahr 11 der Krise sind: Das Wachstum ist schleppend, der Kuchen ist kleiner geworden, und mit aller Gewalt sollen die subalternen Staaten auf ihre Rolle zurechtgestutzt werden, damit sie wieder der Kapitalakkumulation der USA und ihrer guten Freunde in Europa dienen.
Da werden Reviere beansprucht, die auch anderen Mächten ein Anliegen sind, die nicht untätig zusehen.