„Bad Banks“ für Osteuropa
Wie einem Artikel des „Standard“ vom 21.1. zu entnehmen ist,
gründet die Weltbank inzwischen in Wien ein (vielleicht auch mehrere) Tochterunternehmen, die sich mit den in den postsozialistischen Ländern haufenweise angefallen faulen Krediten befassen sollen.
Dieses ambitiöse Unterfangen ist mit dem Namen „Bad Bank“ nicht ganz erschöpfend beschrieben. (Ausführliches zum Konzept der „Bad Bank“)
Dieser Ausdruck bezeichnet nämlich zunächst eine Institution, die den Banken zweifelhafte Wertpapiere abkauft, um diese Zettel vor der völligen Entwertung zu schützen und die Banken durch diese Geldspritze wieder „liquide“, also zahlungs- und geschäftsfähig zu machen. Der Adressat einer solchen „Bad Bank“ sind also ins Strudeln geratene Banken, und finanziert wird sie vom Staat, der damit seinen Banksektor stützen und wieder funktionsfähig machen will.
Die Weltbank-Unternehmen, die hier vorgestellt werden, stellen schon eine Weiterentwicklung dieser Müllschlucker-Banken dar: Sie sind nämlich selbst schon wieder gewinnorientierte Unternehmen, die mit dem Aufkaufen fauler Kredite zwar einerseits schon die osteuropäischen Banken – bzw. die Osteuropa-Töchter westllicher Banken – stützen wollen.
Zunächst einmal jedoch soll damit eine gewisse Auswahl getroffen werden: Welcher Bank werden wieviele Kredite zu welchen Preisen abgekauft, und welche läßt man einfach baden gehen? Eine Bereinigung des osteuropäischen Bankenwesens steht nämlich an, die Kreditwürdigkeit der dortigen Unternehmen und Normalverbraucher wird von neuem unter die Lupe genommen und geprüft werden müssen: Womit kann man noch auf Geschäfte rechnen in Ungarn, in Lettland, in Kroatien usw. und welche Kunden und Sektoren gehören endgültig abgeschrieben? Diese Untersuchungen und deren praktische Umsetzung werden wieder einiges an Produktion und Jobs in diesen Ländern kosten, soviel läßt sich jetzt schon sagen.
Zweitens werden die österreichischen (und auch andere an der Region interessierten) Banken dazu eingeladen, sich an dieser Schulden-Aufkauf-Bank zu beteiligen. Sie sollen damit selbst dazu beitragen, ihre ins Strudeln geraten Filialen in den sich inzwischen als Kapitalgrab erwiesen habenden „emerging markets“ des Postsozialismus zu sanieren. Da das ganze von der Weltbank ausgeht, so wird ihnen damit das Angebot gemacht, die Probleme, die sie sowieso haben, in Zusammenarbeit mit ihren Konkurrenten in der Region zu lösen, möglicherweise mit Hilfe von Weltbank-Krediten, und unter sachkundiger Anleitung einer der obersten Finanzbehörden der Welt.
Es ist anzunehmen, daß die Banken dieses Angebot annehmen werden.
Drittens, was geschieht dann mit diesen „faulen“, also derzeit uneinbringlichen Krediten, wenn sie einmal im Bauch dieser Schulden-Aufkauf-Bank gelandet sind? Die werden dort keineswegs in den Reißwolf gesteckt, also vernichtet. Nein, sie werden fein säuberlich aufgehoben für den Tag X, wenn der Schuldner, der sie einmal gemacht hat, vielleicht doch wieder einmal kreditwürdig werden will. Wer nämlich heute seine Schulden in unser feinen Marktwirtschaft, in der die gewöhnliche Armut durch Gewährung von Krediten noch einmal produktiv gemacht wird, nicht zahlen kann, kommt zwar nicht mehr in den Schuldturm. Zunächst wird er gepfändet, sofern noch irgendwas an Vermögenswerten da ist, die man einziehen kann. Dann kommt er auf eine Liste der zahlungsunfähigen Schuldner, die bei allen Banken und anderen Kreditunternehmen aufliegt.
Aus diesem Grunde ist in Osteuropa der Sektor der illegalen Wucherkredite wiederauferstanden. Es gibt also findige Leute aus der Halb- und Unterwelt, die Leuten, die sonst nirgendwo mehr Geld bekommen, zu Wucherzinsen Kredit geben und dann mit Schlägertrupps dieses Geld eintreiben bzw. ihrerseits die Pfändungen vornehmen, mit denen sie ihr vorgeschossenes Kapital wieder hereinbringen wollen.
Wenn so ein säumiger Schuldner aus dieser beschissenen Lage wieder herauskommen will, so muß er seine Altschulden auf irgendeine Weise begleichen. Das heißt, er muß sich an die hier beschriebene Weltbank-Tochter wenden, mit ihr in Verhandlungen eintreten und ihr seine alten Schulden wieder abkaufen. Die Schuldenaufkauf-Bank wiederum will dabei ein Geschäft machen und wird sie ihm um mehr zurückverkaufen, als sie seiner Gläubiger-Bank seinerzeit abgekauft hat. Da ist viel Spielraum für Verhandlungen gegeben, oder genaugenommen sehr wenig. Viel in dem Sinne, daß um jeden Cent gefeilscht werden wird, vor allem jetzt, beim Aufkauf der Schulden. Wenig in dem Sinne, als man sehr gegen Null gehen wird, angesichts der Perspektive der völligen Uneinbringlichkeit dieser Schulden.
Es ist nämlich sehr fraglich, ob und wieviele dieser Schuldner in den nächsten Jahren in der Lage sein werden, zu zahlen, angesichts der ökonomischen Perspektiven dieser Region im Ganzen.
Was lernen wir daraus?
Ein Geschäft soll aus allem gemacht werden. Eine Person kann noch so arm und verschuldet sein, dennoch wird von den Geldhändlern ein Maßbandl an sie angelegt und geschätzt, was vielleicht doch noch aus ihr herauszuholen ist.
Schulden sind Geschäftsmittel, und auch wenn ein Kredit „platzt“, so wird der Schuldner dennoch nicht aus seiner Verantwortung entlassen, sondern er bleibt, auch wenn er gar nix mehr hat, immer noch als potentielle Geldquelle in irgendeiner Bilanz vermerkt.
Die postsozialistischen Staaten sind als Dauer-Sanierungsfall eingestuft. Man kann sich ausrechnen, daß die Maßnahmen, die hierzu ergriffen werden, den Sanierungsbedarf bezüglich dieser Gegenden vergrößern und verewigen werden.
Shylock läßt grüßen!
Griechenland und der Euro
Die Staatsverschuldung, ein Problem für wen?
Die Medien schießen sich schon seit einigen Wochen auf Griechenland ein:
„Griechenland als das Kärnten Europas … Wie kommen beispielsweise … wir Österreicher dazu, für einen Staat zu zahlen, der offenbar nicht wirtschaften kann? … Oder es wird irgendwann einmal tatsächlich ordentlich gewirtschaftet und bei den Ausgaben massiv gespart“ (Presse, 10.12. 2009)
„Minister der Eurozone prüfen Griechenland-Sanktionen … Nach Ansicht von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker muss Athen zur Bewältigung der Krise in diesem Jahr noch härtere Schnitte am Haushalt vornehmen als bislang vorgesehen.“ (Handelsblatt, 15.1. 2010)
„Ein schmerzhaftes Jahr wartet auf die Griechen“ (Népszabadság, 16.1.)
usw.
Die gesamte Journaille ist sich also zunächst einmal in einem einig: Wenn ein Staat sich verschuldet hat, so hat er „nicht ordentlich gewirtschaftet“ und muß daher jetzt einmal seine Bürger zur Kasse bitten. Für die Schulden des Staates hat die Bevölkerung geradezustehen, obwohl sie diese Schulden ja gar nicht gemacht hat.
Weiters wird in diesem Getue so getan, als wären die Staatsausgaben bisher der Bevölkerung zugute gekommen.
Das nehme ich zum Anlaß, einmal zu untersuchen, was ein Staatshaushalt ist und woraus die verschiedenen Ausgabeposten eigentlich bestehen. Vor allem deshalb, weil nicht nur die Apologeten unseres Gesellschaftssystems wie die oben zitierten Zeitungsfritzen, sondern auch jede Menge Leute, die sich als linke Kritiker des Kapitalismus bezeichnen und verstehen, bei allen möglichen Anlässen den Vater Staat als eine Art Weihnachtsmann darstellen, der den armen Leuten Geschenke macht und den man deswegen möglichst stützen und stärken muß.
Mit seinen Ausgaben finanziert der Staat in erster Linie sich selbst, also seine Angestellten. Da denkt gleich jeder an Bleistift kauende und Schifferl versenkende Beamten in irgendeiner Behörde. Aber dazu gehört zunächst einmal die Politiker-Riege selbst, die das ganze Werkl in Gang hält, Gesetze beschließt, Ausgaben – wie auch die eigenen Gehälter – festlegt, und über Krieg und Frieden entscheidet. Dann gehört dazu die ganze Rechtspflege, Richter, Staatsanwälte und Bezirksgerichts-Gebäude. Schließlich die Exekutive, die dafür sorgt, daß Rechtsbrecher zur Strecke gebracht werden und nach ihrer Verurteilung fest hinter Schloß und Riegel verwahrt bleiben.
Die 3 Elemente der Gewaltenteilung verschlingen also einmal einen Haufen Geld, der nicht dem Füllen der Mägen der Staatsangestellten, sondern der Aufrechterhaltung der Staatsgewalt und des Privateigentums dient.
Zur Abteilung Staatsgewalt gehört auch noch die Einrichtung eines stehenden Heeres und dessen Ausrüstung mit allerlei – auch nicht gerade billigem – Gerät.
Dieser Ausgabeposten leitet über in die zweite Abteilung von Staatsausgaben, nämlich die der Förderung des Kapitals. Der Staat als Brötchengeber des Militärs ist vielerorten ein großer Auftraggeber, der dafür sorgt, daß in einem Land überhaupt eine Militärindustrie entstehen kann.
Aber auch die harmlosen zivilen Maßnahmen, wie Bau von Straßen, Betrieb von Eisenbahnen und Einrichtung eines Telekommunikationsnetzes sind nicht Dienst am Normalverbraucher, sondern Dienst am Kapital. Der Endkonsument muß nämlich für das alles zahlen, wenn er es in Anspruch nimmt – ohne dabei ein Geschäft zu machen, aus dem er dann diese Betriebskosten locker wegstecken kann, wie es der Unternehmer kann.
Schließlich gibt es dann noch eine Abteilung Soziales, mit der dafür gesorgt wird, daß die vom Kapital nicht in Anspruch genommenen oder wieder als unbrauchbar weggeworfenen Bevölkerungsteile nicht die Grundfesten der Gesellschaft gefährden. Die Kinder von minderbemittelten Eltern bzw. Sozialfällen sollen nicht in der Gosse oder im Mistkübel landen. Ein nationales Gesundheitswesen soll dafür sorgen, daß Krankheit bei einem arbeitenden Menschen nicht gleich ein Todesurteil ist – allerdings immer mit dem Auftrag versehen, bei einem Patienten möglichst wieder Arbeitsfähigkeit herzustellen. Arbeitslose sollen nicht gleich unter der Brücke landen, für den Fall, daß das Kapital sie noch einmal brauchen könnte. Und so weiter und so fort.
Schließlich gibt es auch noch Bildung, auch die kostet was. Man will ja Standort sein als Nation, Grundkenntnisse sollte jeder haben, Forschung leistet man sich auch noch, um dann auch möglichst bei der Produktion die Nase vorn zu haben.
Aber letztlich sind Bildungs- und Gesundheitswesen, Arbeitslosenversicherung und Jugendheime Vorleistungen, die das Staatswesen für die Privatwirtschaft erbringt, faux frais des Kapitals. Damit wird dafür gesorgt, daß immer genug brauchbare Arbeitskräfte in allen Sparten zur Verfügung stehen und auch eine beträchtliche industrielle Reservearmee den Preis der Arbeit niedrig hält.
Seltsamerweise will das fast niemand zur Kenntnis nehmen, wenn er über die Staatsausgaben räsonniert. Da sind das dann immer humanitäre Vorleistungen und/oder sie gehören zur „Bekämpfung der Armut“, die seltsamerweise nie weniger wird, obwohl wir doch alle angeblich in einer „Wohlstandsgesellschaft“ leben.
Und an solche Leistungen denkt der geschulte staatsbürgerliche Verstand zuallererst, wenn es darum geht, Staatsausgaben zu beschränken.
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Der größte Ausgabeposten des griechischen Staatshaushaltes ist das Militär. Vom Aufwand auf die Bevölkerung umgerechnet, also Militärausgaben pro Kopf hat Griechenland die höchsten Ausgaben nach den USA und Großbritannien. Dies, obgleich seit dem Ende des Kalten Krieges die strategische Bedeutung Griechenlands stark zurückgegangen ist und es sich auch geweigert hat, sich an der Zerstörung Jugoslawiens zu beteiligen. (Griechenland verweigerte seine Militärbasen im NATO-Krieg 1999.)
Wie Griechenland seinen – nationalökonomisch betrachtet ruinösen – Rüstungswettlauf mit der Türkei finanziert, ist nicht ganz klar. Sicher ist jedoch, daß es dabei auf Unterstützung der großen Waffenproduzenten und der NATO-Spitze rechnen kann: Es hat schon öfters durchblicken lassen, daß es sich auch in Rußland als Einkäufer bedienen kann, wenn es nicht günstige Konditionen bei den NATO-Staaten erhält.
Als Griechenland 2001 der Euro-Zone beitrat, so liest man heute, wurde nicht so genau nachgeschaut, wie es mit dem Staatshaushalt aussah: Die neue supranationale Währung sollte in möglichst vielen Ländern eingeführt werden, Die damalige EU-Führung wollte also die Euro-Zone möglichst erweitern. Heute wird das so dargestellt, als hätte die damalige griechische Regierung die strengen Währungshüter „betrogen“. Zum Betrogen-Werden gehören halt immer zwei …
Der wichtigste Geschäftszweig der griechischen Banken ist der Handel mit Staatsanleihen. Da der griechische Staat schon seit geraumer Zeit hoch verschuldet ist, muß er auf seine Staatsanleihen hohe Zinsen zahlen. Die griechischen Banken hinterlegen die Staatsanleihen als Sicherheiten bei der EZB und verschaffen sich damit Euro. Die Zinsen kassieren sie jedoch selber, und mit der solchermaßen erworbenen Liquidität kreditieren sie wieder weitere Kunden, erweitern also ihr Geschäft.
Aufgrund der hohen Verschuldung, der negativen Handelsbilanz und der allgemeinen Krise ist die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates zweifelhaft geworden und von den Rating-Agenturen heruntergestuft worden, auf ein Niveau, das ihre Akzeptanz bei der EZB zweifelhaft werden läßt.
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In dem für 2010 angekündigten Krimi gibt es also folgende Akteure:
1. Die EZB. Soll sie den griechischen Staatsanleihen die Annahme verweigern und damit einen Staatsbankrott eines Euro-Landes riskieren, mit unabsehbaren Folgen für die Gemeinschaftswährung?
2. Die griechische Regierung. Sie ist mit allen möglichen Versprechen bezüglich Wirtschaftsbelebung, Sozialleistungen, Förderung des Bildungswesens usw. an die Macht gekommen. Sie sieht sich großem Druck von Seiten der EU ausgesetzt, alle diese Versprechen zu brechen und überall den Sparstift anzusetzen.
Sie kann es sich gleichzeitig nicht leisten, bei ihrem Gewaltapparat (Polizei, Rechtswesen, Heer) zu sparen, da sie den vermutlich in näherer Zukunft mehr denn je benötigen wird.
3. Die griechischen Gewerkschaften. Sie haben eine Kampfphase angekündigt, um Verbesserungen im Verhältnis von Kapital und Arbeit zu erzwingen. Das ist in Griechenland eine ernstzunehmende Drohung, da die dortigen Gewerkschaften nach allem, was man so liest, keineswegs so staatstragende und verläßliche Institutionen sind, wie der DGB oder ÖGB.
4. Die griechische Bevölkerung. Sie hat in jüngerer Vergangenheit schon gezeigt, wozu sie fähig ist. Die Unruhen vom Dezember 2008 haben der damaligen Regierung auch die unangenehme Erkenntnis gebracht, daß sie sich auf Armee und Polizei nur sehr bedingt verlassen kann. Weder die griechischen Rekruten noch die griechische Polizei waren nämlich bereit, mit der gebotenen Brutalität gegen die Aufrührer vorzugehen.
Für Spannung ist gesorgt!
Das Weltwährungssystem
Thesen zur Fragen des Weltgeldes und der Leitwährung
Anläßlich der dummen und hysterischen Zusammenbruchstheorien, die immer wieder durch Medien und Internet geistern, einige Überlegungen:
1. Geld als Maß der Werte hat sich schon lange von irgendeiner realen Wertmaterie wie Gold oder Silber emanzipiert. Seinen Wert erhält ein Geldschein durch die Macht des Staates, der ihn emittiert, und diese beruht wiederum darauf, wieviele erfolgreiche Geschäfte ihre – und auch fremde – Bürger in dieser Währung machen. Der Wert einer Währung schwebt also in dieser ständigen Wechselbeziehung zwischen dem, was ein Staat an Gewaltmitteln besitzt und gegebenenfalls auch einsetzt, und dem, was als ökonomischer Erfolg für seine Kapitalisten und seine Währung dabei herausschaut.
2. Im heutigen Weltwährungssystem gibt es zwei Arten von Währungen: Diejenigen, die Weltgeld sind und überall auf der Welt als Repräsentant von Wert anerkannt werden, und der großen Menge sonstiger nationaler Gelder, die ihre Konvertibilität nur über eine Bindung an diese Weltwährungen erhalten.
Unter den solchermaßen gestützten Währungen gibt es immerhin zwei, die angesichts der letzten Krise und Währungsturbulenzen über den Topfrand gelugt und ihren Anspruch angemeldet haben, auch in den illustren Kreis der Weltwährungen aufzusteigen. Das sind der Rubel und der Renminbi. Diese Absichten sind allerdings derzeit noch Zukunftsmusik.
3. Die Vorschläge diverser Hobby-Ökonomen, doch wieder eine Deckung der Weltwährungen einzuführen, sind genauso illusorisch wie die Sehnsucht von subalternen Staaten, sich durch durch eine Golddeckung vom Weltwährungssystem unabhängig zu machen. Staatspapiergeld ist nämlich per se ungedeckt. Seine „Deckung“ ist die Staatsgewalt, also eine außerökonomische Kategorie. Wenn jetzt eine Regierung, die eine Weltwährung herausgibt, beschließt, ein Verhältnis ihrer Währungseinheit zu Metallgeld einzuführen, so setzt sie damit zuerst einmal ein Mißtrauensdatum. Sie sagt nämlich: Meine Gewalt ist gar nicht mehr so fest und meine Wirtschaft rennt nicht mehr so gut, daß ich für meine Währung garantieren kann, deshalb muß ich mich an eine äußere, neutrale, sozusagen natürliche Materie halten. Dann ist das nächste: In welchem Verhältnis richtet so ein Staat seine Deckung ein? Sagt er: 100 X (Euro, $, Yen, einmal wurscht) sind so gut wie eine Unze Gold – wer glaubt ihm das denn?! Um Glaubwürdigkeit herzustellen, müßte diese Staatsgewalt die Eintauschbarkeit ihrer Währung in Gold garantieren, also praktisch die Metallzirkulation wieder zulassen. Das ist aber angesichts der Geldmengen – Banknoten- und Buchgeld –, die inzwischen auf der Welt herumschwappen, illusorisch.
Noch weniger schafft es ein Land wie Malaysia, seine Währung durch Golddeckung krisenfest zu machen. Keinen Spekulanten oder Geschäftsmann interessiert, wie viel Gold Malaysia in seinem Nationalbanktresor liegen hat. Was zählt, ist: Wie schnell kann ich in die Währung hinein und aus ihr wieder heraus, um meine Geschäfte dort zu machen? Wie verhält sich diese Währung zum wirklichen Weltgeld, also den gültigen Wertmaßen?
4. Die Wechselkurse zwischen den Weltwährungen entstehen dauernd neu im spekulativen Umfeld der Währungshändler, Ratingagenturen und Börsenspekulanten. Sie taxieren, was die Macht und Ökonomie der Emittenten taugen.
Wenn jetzt der Dollar kontinuierlich sinkt im Vergleich zu den anderen Weltwährungen, was bedeutet das für ihn als Leitwährung, also als primus inter pares?
Die Nachfrage nach dem Dollar und den US-Staatsanleihen sinkt. China versucht, seinen Devisenschatz auf Euro umzustellen. Auch verschiedene Golfstaaten überlegen, wie sie aus Petrodollars Petroeuros machen können. Kuweit fakturiert bereits seine Ölverkäufe in Euro, andere ölexportierende Länder überlegen sich diesen Schritt noch.
Werden die USA diese Demontage des Dollar hinnehmen?
Ist ihnen der Nebeneffekt der Entschuldung – ihre Schulden weltweit verringern sich durch Währungsverfall – das wert?
Wie finanzieren sie ihre Kriege, wenn sich die Nachfrage nach ihren Staatsanleihen spürbar verringert?
Wird ein neues Bretton Woods einberufen, ein neues Weltwährungssystem aus der Taufe gehoben?
Eines ist jedoch sicher: Ein Wertmaß muß bestehen bleiben, solange es um Gewinn geht, also solange Kapitalismus herrscht. Es muß ein oder mehrere Gelder geben, in denen die Werte, die um den Globus herumgeschoben werden, gemessen werden und geparkt werden können. Keine imperialistische Macht kann aus diesem Verhältnis aussteigen. Die restlichen Staaten der Welt sowieso nicht.