STERBEN DIE UNGARN AUS?
In einem Artikel in der „Népszabadság“ wurde kürzlich der bedenkliche Umstand vermeldet, daß die Bevölkerung Ungarns immer weniger wird und dann folgten besorgte Überlegungen, wo das denn hinführen möge!
Da solche und ähnliche Meldungen regelmäßig in den Medien aller Länder auftauchen, oft auch mit der einhergehenden Gefahr der „Überfremdung“ verbunden, so einmal ein paar Gedanken zu diesem Thema angebracht.
Erstens: Die Staaten haben allesamt ein Problem. Sie brauchen zwar Staatsbürger, die den nationalen Reichtum erarbeiten, Steuern und Abgaben zahlen und als Soldaten zur Verfügung stehen, aber sie können bzw. wollen die nicht selber machen. So wie in Huxleys „Schöner Neuer Welt“, wo die Kinder in der Retorte erzeugt werden, geht es in modernen Staaten nicht zu, obwohl das heute nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und Technik durchaus möglich wäre.
Nein, die Politiker weltweit halten es aus moralischen und staatsnützlichen Erwägungen für weitaus besser, kostengünstiger und zielführender, die gesellschaftliche Reproduktion im Privatbett geschehen zu lassen. Eltern sollen sich selber bemühen, die Kosten auf sich nehmen und ihren Nachwuchs selber Mores lehren. Völlig der Willkür der Eltern wird es zwar nicht überlassen, mit ihren Kindern zu machen, was sie wollen, deshalb gibt es eine Schulpflicht, und falls das alles nicht so recht hinhaut, auch eine Jugendfürsorge und ein Vormundschaftsgericht.
Aber das allgemeine Urteil der Politiker aller Parteien ist, daß die Familie als Keimzelle des Staates sich bewährt hat, und auch ihre modernen Verlängerungen wie alleinerziehende Mütter, Patchwork-Familien oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften immer noch der fließbandmäßigen Produktion von Retortenbabys vorzuziehen sind.
Bei dem regelmäßigen Gejammer von verantwortlichen Denkern aus Politik und Wissenschaft, daß die lieben Staatsbürger leider zu wenig Kinder machen und die Familien doch besser gefördert gehören, um diesen Trend aufzuhalten, ist ein leichter Widerspruch zu dem Umstand festzuhalten, daß am Arbeitsmarkt immer „zu viele Leute“ da sind. Arbeitslosigkeit wird beklagt, und es fehlt nicht an Informationen darüber, daß unsere Wirtschaftsordnung, – die Marktwirtschaft bzw. der Kapitalismus –, in einem fort Menschen überflüssig macht.
Also was jetzt? Gibt es zu wenig oder zu viele Staatsbürger?
Es bleibt daher an der Klage um zu wenig Neuzugänge im Staatsbürgerverband der Zynismus festzuhalten, mit dem einerseits das Schrumpfen des Staatsvolks beklagt wird, andererseits aber auch klar ist, daß gleichzeitig ein jeder schauen muß, wo er bleibt und Arbeitslose, Sozialfälle und Sandler in großen Mengen erzeugt werden. Es ist also recht und wahrscheinlich auch erwünscht, daß es immer eine große „industrielle Reservearmee“ gibt, die auf den Preis der Arbeit der Beschäftigten drückt und letztere noch stärker erpreßbar macht, jede Arbeit für jeden Lohn zu machen. Zweitens kann man an diesen Zynismus auch noch die in der Demokratie sehr populäre Lüge anhängen, daß es ja eigentlich genug Arbeit für alle gäbe, wenn die Leute „nur arbeiten wollten“ und daß die Ausgesteuerten an ihrer unerfreulichen Lage im Grunde selber schuld sind.
Schließlich ist als Bilanz der letzten 2 Jahrzehnte festzuhalten, daß die Geburtenrate in ganz Europa, zumindest was die „Einheimischen“ angeht, rückläufig ist: Lohndrückerei, Arbeitshetze, der Umstand, daß eine Familie selten mit einem Gehalt zu ernähren ist und in den meisten Fällen beide Eltern arbeiten müssen, haben vielen den Kinderwunsch verleidet, oder den Nachwuchs auf ein Exemplar pro Eltern reduziert.
In Staaten, in denen die Kapitalakkumulation funktioniert und flotte Gewinne gemacht werden, zieht der doch noch aufsaugfähige Arbeitsmarkt jede Menge Habenichtse aus aller Herren Länder an, die dann dort in oft sehr prekären Arbeitsverhältnissen ihr täglich Brot verdienen. Der Bevölkerungsschwund erhält also durch Zuzug ein Gegengewicht, was wieder das Wasser auf die Mühlen rechter Politiker treibt, die den Rassismus in der Bevölkerung schüren, um in der demokratischen Parteienkonkurrenz zu punkten.
In den meisten postsozialistischen Staaten, so auch in Ungarn, ist das nicht der Fall. Der Vormarsch des Kapitalismus hat dort die sozialistische Industrie und Landwirtschaft zerstört und einige Produktionsinseln errichtet, verlängerte Werkbänke erfolgreicher Unternehmen aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich usw. Man kann gar nicht mehr sagen: „westlich“, weil inzwischen ist ja alles „westlich“, also kapitalistisch. Mit unterschiedlichen Erfolgsraten allerdings.
Es strömen deshalb in Staaten wie Ungarn verhältnismäßig wenig zusätzliche Bewohner hin, viele Ungarn suchen jedoch ihr Glück im Ausland, weil sie das Hungerleiderdasein zu Hause satt sind. Zur rückläufigen Geburtenrate gesellt sich also auch noch eine hohe Abwanderung.
Und daher jetzt Sorgenfalten bei ungarischen Patrioten: Gehen „wir“ unter im slawischen Meer? Werden „wir“ überwuchert von Zigeunern, die eigentlich gar nicht zu „uns“ gehören?
In der Népszabadság macht sich zunächst wieder einmal András Gerő Gedanken über den Bevölkerungsschwund. (Der Mann wäre ein chancenreicher Kandidat für einen publizistischen Dummheitspreis, wenn er unter den Beitragsleistern für ungarische Zeitungen nicht so viele Konkurrenten hätte.) Er macht sich auf die Suche nach Gründen für die mangelnde Fortpflanzungslust:
„Das größte Übel in Ungarn ist, daß die Menschen früher sterben und bei weitem nicht auf einem solchen Niveau leben wie in der Union. Wir verstehen es nicht, gut zu leben, und das ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage.“
Was soll man sich dazu denken? Wenn man früher stirbt, macht das bei einer scheinbar durchschnittlichen Reproduktionsrate von einem Kind pro Jahr – wie es ja offenbar durchaus üblich zu sein scheint – im Schnitt natürlich weniger Kinder aus. Oder meint Gerő, daß es zu wenig alte Leute gibt in Ungarn und daraus das demographische Problem entsteht? Der erste Teil seiner scharfsinnigen Analyse bleibt im Dunkeln. Um so mehr, als er etwas weiter unten fragt: „Wer wird einmal die Pensionisten erhalten?“
Dann ist die Lebensqualität in Ungarn angeblich schlechter als in der „Union“. Hierbei scheint es Gerő entgangen zu sein, daß Ungarn bereits seit mehr als 5 Jahren Mitglied der Europäischen Union ist, und daß der mickrige Lebensstandard im Land durchaus etwas mit diesem Umstand zu tun hat. Der EU-Beitritt hat nämlich auf Produktion, Preisniveau und Beschäftigung in Ungarn alle möglichen negativen Folgen gehabt. Davon wollen aber so Typen wie Gerő nichts wissen, denn für die ist der Kapitalismus und die EU eine feine Sache, und wenn in Ungarn keine blühenden Landschaften entstehen, sind natürlich die Ungarn selber schuld, weil sie mit den Segnungen der Marktwirtschaft nicht richtig umgehen können. Unter anderem verstehen sie es eben nicht, „gut zu leben“:
„Wir trinken zum Beispiel zu viel und essen zu wenig Obst, obwohl der Alkohol teurer ist als der Apfel“. Was den Kilopreis betrifft, könnten den Herrn Gerő viele ungarische Alkoholkonsumenten eines besseren belehren. Auch sonst hinkt der Vergleich: Man nimmt ja diese beiden Produkte aus unterschiedlichen Gründen zu sich. Aber wurscht. Die Botschaft ist klar: Der dumme, ungebildete Ungar ernährt sich falsch, macht sich krank und stirbt früher als nötig.
Als Gegenmaßnahme schlägt Gerő zunächst einmal flächendeckende Salatwerbung vor, offenbar zur Hebung der Lebenserwartung.
Um die Kinderkriegfreude zu erhöhen, fordert er die Möglichkeit für die Eltern, von einem eventuell erwünschten zweiten Kind das Geschlecht zu bestimmen, wodurch er sich 15.000 weitere Kinder erwartet. Wäre interessant, herauszukriegen, mit welchen Methoden er das errechnet. Aber er ist anscheinend der Meinung, wenn er Zahlen anführt, wirkt das Ganze irgendwie wissenschaftlich.
Es kommen in diesem Artikel noch andere Leute zu Wort. Eine macht die allgemeine Einstellung, die mangelnde Unterstützung der Familien verantwortlich und plädiert auch für eine Art Medienkampagne, damit „die Familie wieder zu einem Wert“ wird.
Der letzte Befragte, der seinen Senf dazu geben darf, meint, eigentlich gibt es größere Probleme im Land, und dass ungefähr 2 Millionen Ungarn unter oder an der Armutsgrenze leben, ist eigentlich schlimmer. Der gequälte Leser atmet auf und denkt sich, es hat sich doch ausgezahlt, den Artikel bis zum Ende durchzulesen. Aber nein, als nächstes folgt die Warnung vor Populismus und Fremdenfeindlichkeit, also unerwünschten Folgen von Armut und Bevölkerungsschwund, und damit ist das Thema auch erledigt.
Die Zeitung begnügt sich aber nicht mit diesem Sammelsurium aus schlauen Sprüchen von ein paar „bekannten Personen“, sondern widmet noch einen eigenen Artikel den „demographischen Katastrophen“, die Ungarn im Laufe seiner Geschichte widerfahren sind. Der hier befragte Wissenschaftler, der z.B. den ersten Weltkrieg als großes demographisches Problem betrachtet, schlägt als Lösung eine liberale Einwanderungspolitik vor.
Ja, so geht’s, und nicht nur in Ungarn: Jeder der Befragten, und mehr noch die Zeitungsschmierer selbst, wissen, dass es jede Menge arme Leute in Ungarn gibt, und dass das der Hauptgrund ist, warum die Bevölkerung schrumpft. Anstatt aber dann der Sache auf den Grund zu gehen und zu untersuchen, warum das so ist, wird ein Problem der Nation draus gemacht: Es geht uns alle an! und: Wir alle sind aufgerufen, etwas dagegen zu tun!
Und dann kann, nach einigen besorgten Tönen, wieder ein jeder ruhig schlafen.
Wer nicht mindestens zwei Kinder gemacht hat, braucht auch nicht traurig sein. Auch er/sie kann noch viel Richtiges und Wichtiges tun:
Eine nicht-zigeunerfeindliche Partei wählen und mehr Salat essen!
beides! denn der diskurs ist immer auch sozialeugenisch. der grund dafür, dass die nationalökonomie (noch) nicht brummt (und die nation entsprechend mächtig ist), wird im UNTAUGLICHEN menschenmaterial gesehen. es gibt zu wenige brauchbare und zu viele unbrauchbare. die überflüssigen wollen halt nicht, sind moralisch verkommen und biologisch minderwertig.
daher ist es auch so eine schande, dass “wir” die “intelligenten juden” (rassist und antisemit sarrazin) ermordet haben, zum beispiel. die hätte deutschland schon brauchen können im gegensatz zu minderwertigem hartz4-gesindel, das sich überdurchschnittlich vermehrt und so den volkskörper verseucht und die nation in den abgrund treibt.
damit argumentierst du wie die mehrheit der bevölkerungsingenieure. die waren nämlich zu weiten teilen gegner der industrialisierung und des auch des ungezügelten kapitalismus. aus genau diesem grund.
vielleicht wollen manche wirklich nicht. ich will zum beispiel kein kind, auch wenn ich es mir leisten könnte. ich sehe da auch kein problem. manche wollen und könnten es sich in einer anderen gesellschaft “leisten”, andere wollte nicht, weil gerade der sozialismus ihnen das ausbrechen aus der familie ermöglichte.
auch: viele konnten bereits in den letzten jahrzehnten ausbrechen aus den oft einengenden familiären bindungen, das frauenbild ist nicht mehr bei allen mit einem mutterbild verknüpft …
auch die real sozialistischen staaten pflegten lange das bild der familie als keimzelle des sozialistischen staates und propagierten die mutterrolle. (und es gab ganz klar auch doppelbelastung dort, wenn auch vieles besser war). das hat ganz klar auch ökonomische gründe.
glaubst du, die geburtenziffer würde steigen im WELTkommunismus? und wieso sollte das überhaupt gut sein?
auch: “bevölkerung” (oder auch das ekelwort: “bevölkerungsschwund”, das du ja ganz unverkrampf verwendest) und damit ihre mehrung/midnerung ist ein begriff, der macht nur sinn in bezug auf eine NATION. hat etzemüller (kein kommunist) gezeigt. ist auch vom ökonomischen her logisch. auch im bezug auf sozialistische staaten, die sich zwangsläufig im militärischen (= ökonomischen) wettbewerb mit kapitalistischen staaten befinden. und der wichtigste ROHSTOFF in dieser konkurrenz ist TAUGLICHES MENSCHENMATERIAL (daher auch bevölkerungspolitik im realen sozialismus).
das thema “bevölkerung” und “schrumpfende bevölkerung” IST ein nationales thema, muss also gar nicht erst dazu gemacht werden.
bevölkerung, von der wir hier reden, bezieht sich IMMER auf den NATIONALEN RAUM: hier UNGARN.
“neue gefahren”: nein, die gibt es seit es nationen gibt.
wie gesagt: ‘bevölkerungswachstum’ oder -‘schwund’ ist per se ein nationales thema, weil die bevölkerung die ressource des nationalstaats ist. es gab das thema nicht vor den nationalstaaten – und es wird es nach ihrem verschwinden auch nicht mehr geben. es gibt es nur, weil die verfügung über menschenmaterial (viel & “qualitativ hochwertig”) in der staatlichen konkurrenz entscheidend ist.
was ich sagen will, ist: das sich KONSTRUKTIV einlassen auf das thema und das NATIONALE KONSTRUKT BEVÖLKERUNG, indem man schreibt:
Jeder der Befragten, und mehr noch die Zeitungsschmierer selbst, wissen, dass es jede Menge arme Leute in Ungarn gibt, und dass das der Hauptgrund ist, warum die Bevölkerung schrumpft. Anstatt aber dann der Sache auf den Grund zu gehen …
IST FALSCH. weil es den nationalen raum voraussetzt, auf den sich diese “bevölkerung” bezieht. man kann diese bevölkerungsdebatte nur DEKONSTRUIEREN, nicht mehr. man kann die bevölkerungsproblematik nur abschaffen, indem man staaten abschafft. es gibt sonst keine “lösung”. vor allem keine, die sich affirmativ auf “bevölkerung” bezieht. denn die gibt es nur MIT dem staat.
erklärung, um mißverständnissen vorzubeugen in bezug auf das hier:
nochmal dein zitat:
1. du akzeptierst die diagnose “bevölkerungsschwund” als ernstzunehmendes problem (obwohl du zurecht vorher feststellst: Also was jetzt? Gibt es zu wenig oder zu viele Staatsbürger?), tappst damit in die nationalistische falle und begibst dich konsequent auf ursachensuche
2. du stellst eine kausalbeziehung auf. die kennt man schon: sie bildet die grundlage der realsozialistischen bevölkerungspolitik, die – was für ein zufall – dann doch durchgepeischt werden musste (es gab, man höre und staune, realsozialistische staaten, da mussten frauen, die nicht früh genug kinder warfen, zu zwangsuntersuchungen. 4 kinder – diese idealkinderanzahl kannten auch realsozialisten. das ist die zauberzahl ALLER bevölkerungspolitiker, in west und ost). war halt doch nicht ganz so kausal …
beides ist FALSCH. der grundlegende fehler ist #1. denn er setzt den staat voraus. es geht ja um sein menschenmaterial.
***
schon mal überlegt, dass das in “entwicklungslädnern” noch viel krasser ist? – trotzdem viel mehr kinder! die kausalbeziehung gibt es so nicht, was nicht heißen soll, dass es keine rolle spiel. aber: es ist viel komplizierter, sozialwiss. ausgedrückt: viele, viele variablen! 😀
aber, was für ein glück, das ist echt nicht das problem von kommunisten. 🙂
“es gab, man höre und staune, realsozialistische staaten, da mussten frauen, die nicht früh genug kinder warfen, zu zwangsuntersuchungen.”
Nicht, daß ich mir das nicht vorstellen könnte, aber welche waren das denn und wann?
rumänien. war am härtesten in sachen bevölkerungspolitik.
wie gesagt: realsozialistische staaten (“sozialismus in einem land”) bewegt in konkurrenz und hat daher durchaus auch interesse für bevölkerungspolitik.
es ist daher auch nicht verwunderlich, dass in der ddr das abtreibungsverbot erst relativ spät viel. etwas zeitgleich wie in der brd.
ist sarazzin damit nich eher rassen-philosemit?
wo ist der große unterschied?
@crull
In Rumaenien mussten sich Frauen regelmaessig untersuchen lassen, um zu verhindern, dass es zu Schwangerschaftsabbruechen kommt. (Abgetrieben wurde trotzdem jede Menge, mit den entsprechenden Folgen.) Die ungewollt geborenen Kinder wurden dann oft ausgesetzt, und daher kommen die vielen rumaenischen Waisenhaeuser und Strassenkinder. Das war der rumaenischen Staatsführung nicht unrecht, weil aus diesem “Reservoir” kam der Nachwuchs für die Securitate.
Von anderen Staaten weiss ich nichts dergleichen. Vielleicht gabs aehnliches noch in Albanien.
In der SU galt man ab 4 Kindern als “sowjetische Mutter” und hatte ein paar Vergünstigungen, die man als Augenauswischerei bezeichnen kann.
@gnah
Dass die Leute weniger Kinder kriegen, ist halt eine Tatsache, da muss man noch nicht den Standpunkt der Nation einnehmen. Ich werf es ja niemandem vor, sondern schreib nur die Gründe dafür hin. Es hat durchaus was mit der wirtschaftlichen Situation zu tun.
In Afrika ist die Lage wieder ganz anders: Dort gibts kaum Arbeitshetze, weil die meisten Menwschen eh keine Arbeit haben und überflüssig sind. Dort sind Kinder die Altersversorgung, und man macht möglichst viele, damit ein paar überleben und die Eltern durchfüttern können.
NA UND?! WHO CARES?!
es geht nicht ums “vorwerfen”, sondern darum, dass du das “bevölkerungsproblem” akzeptierst (und das ist STAATLICH). wie schon ausgeführt.
es geht auch um die kausalbeziehung. die politik in rumänien wurde eingeführt (1966), weil zuvor die geburtenrate – zw. 1957 und 1966 – MASSIV gesunken war. das kannst du mit deiner kausalbeziehung nicht erklären.
ich kann das aber erklären: der realsoz ermöglichte den frauen zunächst das ausbrechen und das sich wegbewegen vom mutterbild. 1957 wurde die abtreibung in ru straffrei gestellt.
die kinder, die man zuvor so geboren hatte, waren schlicht in dem ausmaße nicht gewünscht gewesen und in den jahren nach 1957 wussten die frauen entsprechend zu handeln. – da sank die geburtenrate.
und wieso auch nicht? kann doch jede sagen: ich will keines oder nur eines. wofür soll das gebären denn gut sein (außer für mich, weil ich halt lust hab)? – FÜR DEN STAAT!
rumänien ist ein erstklassiges beispiel.
es gab in allen realsozialistischen staaten phasen, in denen ein abtreibungsverbot galt, weil der staat die RESSOURCE MENSCHENMATERIAL mehren wollte. ihr stellt euch den real sozialismus zu rosig vor, hab ich ein wenig den verdacht. dass er in vielerlei hinsicht, zB ddr, für frauen in der regel besser war als der westen: geschenkt. nur “besser” ist halt auch was, was von nem vergleich lebt.
“(et)was damit zu tun haben”: na klar. aber das ist schon was anderes als was du im beitrag schreibst.
zu afrika: auch hier, das stellst du fest, nehmen die überflüssigen zu. auch hier kann man feststellen, dass die rente nicht gesichert ist (altersarmut weitet sich massiv aus). warum steigt die geburtenrate nicht? oder steigt sich vielleicht doch?
(zudem kann man nicht derart abstrakt von “afrika” sprechen. ob ich in tunis sitze oder in äthiopien: ist grad schon noch ein unterschied. wie erklärst du dir eigentlich die sinkende geburtenrate in äthiopien?)
es ist eben etwas komplizierter, aber auch kein kommunistisches thema.
als kommunist kann man ner person, von der man weiß, dass die gerne ein kind hätte, aber sich das nicht leisten kann, einiges erzählen über die gründe der geldnot.
aber ich geh doch nicht zu kinderlosen hin und behaupte einfach, die seien kinderlos, weil wirtschaft, ohne sie befragt zu haben. das machen demographen und du machst das auch im beitrag.
das staatliche konstrukt “bevölkerung” kann man nur auseinandernehmen. mir geht’s doch so am arsch vorbei, wie sich zB deutschlands geburtenrate entwickelt. wenn ne bekannte ein kind will und sich keines leisten kann, freilich nicht. das ist aber auch ein anderes problem. und man schaut da mit nem andern blick drauf (nicht durch die bevölkerungslinse der volksingenieure).
vielleicht weiss nestor ja von umfragen zu gründen von kinderlosigkeit, dann soll nestor das aber auch explizit mitteilen
es ist ja auch ganz simpel:
wo liegt das problem, dass die weltweite geburtenrate sinkt? ach, um DIE geht es nicht? geht es um die STEIGENDE geburtenrate in island? nein!
es geht um die geburtenrate von UNGARN. das ist dein bezugspunkt. was auch sonst? und der ist natürlich national. was auch sonst? (träfe auch für den fall island zu.)
@bigmouth: umfragen sind auch nur durchschnittsdaten basierend auf zB 1000 befragten, die keinen rückschluss auf person 1001 zulassen. die muss man dann schon nochmal eigens befragen. die umfragedaten lassen bestimmte antworten lediglich wahrscheinlich erscheinen.
natürlich ist “wirtschaft” ein wichtiger faktor. will ich nicht bestreiten.
aber, nochmal: es ist nicht so simpel.
es gibt daten (es gilt dasselbe wie oben), die zeigen: mit wachsendem einkommen nimmt die rate ab. die “oberschicht” hat ne niedrigere.
das ist ja der punkt, der die demographen so fertig macht: ihrem klassenrassismus nach sollte doch gerade die fleißig nachwuchs in die welt setzen! tut sie aber nicht! das gesindel aber! was für eine katastrophe!
da sind wir bei: der müllerschen staatlichen familienberatung zur eindämmung der reproduktion des “asozialen milieus”.
das pack “flutet” sonst alles! arm, weil minderwertig, und ständig am gebären! die sind einfach auch fruchtbarer (das wusste auch tandler zB).
ich fände es halt interessant, wenn nestor quellen für die angegebenen gründe
angeben würde
Man begreift die Narrheit der ökonomischen Weisheit, die den Arbeitern predigt, ihre Zahl den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals anzupassen. Der Mechanismus der kapitalistischen Produktion und Akkumulation paßt diese Zahl beständig diesen Verwertungsbedürfnissen an. Erstes Wort dieser Anpassung ist die Schöpfung einer relativen Übervölkerung oder industriellen Reservearmee, letztes Wort das Elend stets wachsender Schichten der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht des Pauperismus.
Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann – dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.
(K1, 23. Kap.)
@gnah
Ich verstehe nicht ganz, was deine Kritik ist.
Warum Leute weniger oder mehr Kinder kriegen und/oder früher sterben, kann verschiedene Gründe haben. Die Bevölkerungspolitik im RealSoz war eine andere als im Kapitalismus. Dass zu wenig Staatsvolk als “Problem” aufgefasst wird, ist natürlich vom nationalistischen Standpunkt aus, den ich ja auch versucht habe, darzustellen und zu kritisieren.
Ich habe gar nicht bestritten, dass es gute Gründe gibt, die Nachwuchsproduktion zu unterlassen. Das ist aber ein ganz anderes Thema. Mir gibng es darum, zu zeigen, wie staatsmaennisch denkende Leute die Verarmung und Überflüssigmachung von Menschen zur Kenntnis nehmen und in ein Problem der persönlichen Lebenshaltung und Einstellung verwandeln.
Ich weiss nicht, welche Angaben von
@bigmouth
eingefordert werden. Die objektiven Zahlen kann man Volkszaehlungen und Geburtenstatistiken entnehmen, die subjektiven Gründe Meinungsumfragen. Ich habe sie auch oft genug persönlich mitgeteilt bekommen, sowohl in Ungarn als auch in anderen postsozialistischen Staaten.