ERZEUGTE VÖLKERWANDERUNGEN
1. Zur Migration und zum sogenannten Flüchtlingsproblem überhaupt
Die Flüchtlingsproblematik ist ein Dauerbrenner der europäischen und US-Innenpolitik.
Während die USA seit ihrer Gründung bis vor nicht allzulanger Zeit ein klassisches Einwanderungsland waren, wohin viele Leute aus aller Welt aus unterschiedlichen Gründen strömten, hat sich das in den letzten Jahrzehnten drastisch geändert. Die Einwanderungsbestimmungen wurden verschärft, die Arbeitserlaubnis ist auch immer schwieriger zu erhalten, und seit Trumps Wahlkampf ist die Einwanderung zum wichtigsten Instrument der Parteienkonkurrenz geworden.
Genützt im Sinne einer Reduzierung der Immigrationsströme hat das alles wenig. Die Menschen nehmen andere Routen, mehr von ihnen sterben beim Versuch, ins Gelobte Land zu gelangen, und mehr von ihnen leben und arbeiten illegal. Letzteres drückt die ohnehin niedrigen Löhne in verschiedenen Branchen und erhöht die Schwierigkeiten der arbeitenden Menschheit der USA, mit ihren Einkünften bis zum Monatsende durchzukommen und sich ein Dach über dem Kopf leisten zu können.
In der EU wurde die legale Einwanderung aus den ehemals sozialistischen und später in die EU aufgenommenen Staaten genehmigt und gefördert, weil auch hier die Möglichkeit gerne ergriffen wurde, mit Hilfe der Zuwanderung Löhne und Gehälter nach unten zu modifizieren und Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Bei der Ernte, am Bau, als Chauffeure und LKW-Fahrer, im Gastgewerbe, als Putzfrauen, in der Pflege – überall dorthin wurden und werden die Menschen aus dem ehemaligen Ostblock gedrängt.
Das Ergebnis in deren Ursprungsländern kann sich sehen lassen: Millionen von Kindern, die ohne Eltern aufwachsen; unbestellte Felder, auf denen das Unkraut wuchert; verwaiste Dörfer, durch die der Wind pfeift und die von den Ratten erobert wurden; vor sich hin verfallende Industrieruinen und Wohnhäuser, usw. usf. Allein Rumänien hat seit der Wende an die 9 Millionen Einwohner verloren, Bulgariens Bevölkerung hat sich seither von 10 auf unter 7 Millionen reduziert. Es sind die Alten und Uralten, die auf einander und ihre Enkel aufpassen, und sich mit einem sehr rudimentären Gesundheits- und Pensionssystem herumschlagen, das notwendigerweise durch Überweisungen von Familienmitgliedern aus dem Ausland ergänzt werden muß.
Den Regierenden dieser ehemals sozialistischen Staaten ist das durchaus recht.
Sie sind Statthalter des westeuropäischen Kapitals, das sich dieser Gegenden als Hinterhof bedient. Sie verachten ihre eigene Bevölkerung, weil diese sich nach der Wende nicht als Mittel der Reichtumsproduktion erwiesen und zur Erstarkung der staatlichen Macht nichts beigetragen hat. Sie regieren ein Volk von Trotteln und Schlafmützen, die sich für die Marktwirtschaft als ungeeignet erwiesen haben. Für diese schwere Aufgabe klopfen sie sich gegenseitig auf die Schultern, erhalten gute Jobs im EU-Apparat und füllen sich die Taschen.
Die massenhafte Auswanderung erfreut sie, weil dadurch wird Druck vom Sozialsystem weggenommen und die Überweisungen der Arbeitsemigranten sorgen dafür, daß die Kaufkraft nicht ganz verschwindet bzw. die Leute (noch) nicht auf der Straße verhungern.
Soweit, so gut. Im Westen Freude über billige und willige Arbeitskräfte (Leute, die ihre ganze Familie zu Hause ernähren müssen, sind sehr unterwürfig gegenüber Arbeitgebern und Behörden), im Osten Freude über massenhafte Auswanderung, die viele Probleme löst.
Wenn dort nicht die anderen Migranten wären, die richtigen „Flüchtlinge“, die Asylanten, die ebenso von allen Richtungen in die EU strömen und dort größtenteils überflüssig sind, aber den Staat Geld kosten.
Man muß sich hier vor Augen halten, daß diese Menschen vor allem deshalb „zu viele“ sind, weil die klassischen Migranten-Jobs bereits durch die unglücklichen Brüder und Schwestern aus den „neuen“ EU-Ländern besetzt sind. Daher sind die Einwanderer aus Afrika, dem Nahen Osten, Afghanistan usw. unwillkommen. Es bleibt ihnen auch, da sie – Unterschied zu den EU-„Inländern“ – illegale Migranten sind, gar keine andere Möglichkeit als das Stellen eines Asylantrags. Sie müssen also irgendeine Art von Verfolgung geltend machen, um überhaupt hier bleiben und eine Unterstützung erhalten zu können. Der Umstand, daß sie jeden Tag Opfer von Scharfschützen, gewöhnlichen Räubern oder Bomben werden können, ist nämlich kein Grund, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu gewähren.
Die Kriege, vor denen diese Menschen davonlaufen, werden jedoch von genau diesen Staaten verursacht und angeheizt, die dann unter der Flüchtlingslast stöhnen. Ob Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien oder Somalia – überall ist das segensreiche Wirken derjenigen Staaten die gerne die Welt beherrschen wollen, sichtbar. Sei es durch Verelendung mittels Cash Crop-Anbau für diejenigen Märkte, die in Devisen zahlen, wodurch die einheimische Landwirtschaft zerstört, innere Migrationen und Bürgerkriege ausgelöst werden. Sei es durch gewaltsamen Sturz von „Regimes“, was ebenfalls Bürgerkriege und Flüchtlingsbewegungen auslöst. Sei es durch aktive Unterstützung von Rebellen, die anderen die Gurgel durchschneiden. Wenn die unglückseligen Bewohner dieser zerstörten und verwüsteten Gegenden – die einst prosperierten, wie Syrien, oder sich zumindest selbst ernähren konnten, wie im Falle Afghanistans – dann mit Kind und Kegel vor der Tür stehen, so geht das Geschrei los, daß „das Boot voll“ sei; wir „uns“ nicht ausnützen lassen wollen; das Elend der Welt, an die die Leute „selber schuld“ seien, uns nichts angeht, und was dergleichen weiteres Lamento noch vorrätig ist.
Die Migration wird also in eine gewollte und eine ungewollte eingeteilt. Es ist sehr wesentlich, ein Bewußtsein zu entwickeln, daß beide von den Zielländern verursacht werden und nicht „einfach so“ geschehen.
Bei den Flüchtlingsströmen des letzten Jahrzehnts in Europa kommt noch das Element der imperialistischen Konkurrenz dazu: Obwohl diverse Konflikte auch auf die Kappe der USA gehen, so ist es die EU, die als Flüchtlings-Zielland die Zeche dafür zahlt.
Es ist den US-Regierungen durchaus recht, wenn man die EU als NATO-Partner irgendwie auf Umwegen doch zur Kasse bitten und ihr als ökonomischem Rivalen Scherereien verursachen kann.
2. Die Ukraine und ihre Bevölkerung
Die Ukraine als Ausgangs-Land vermischt beide Migrationsformen.
2.a) Arbeitsmigration
Bereits vor dem Krieg, sogar vor den Ereignissen von 2013-14 rund um die Majdan-Besetzung war sie vom Standpunkt des Pro-Kopf-Einkommens eines der ärmsten Länder Europas. In Rußland stellten die ukrainischen Arbeitsmigranten die größte Gruppe, vor den Usbeken. Auch in der EU strömten die Ukrainer in diejenigen Staaten, die sich ihnen öffneten, vor allem zunächst Spanien und Portugal, später, nach Visa-Erleichterungen auch in die Rest-EU.
Bereits vor dem Krieg befanden sich geschätzte 5 Millionen ukrainischer Staatsbürger außerhalb des Grenzen der Ukraine, um als Gastarbeiter ihre Angehörigen zu ernähren, weil die Gehälter in der Ukraine dafür nicht reichten – vor allem, nachdem die ukrainische Regierung auf Druck des IWF nach 2014 die Subventionierung der Energieträger aufgegeben hatte.
Sofern es überhaupt Jobs gab …
Die Verteuerung des Treibstoffs setzte auch gewisser Subsistenz-Landwirtschaft ein Ende und erleichterte das Land-Grabbing, wo sich lokale Beamte mit Verkauf oder Verpachtung die Taschen füllten und westliche Firmen sich den fruchtbaren Boden der Ukraine unter den Nagel rissen.
Man kann durchaus sagen, daß der Majdan und die darauf folgende Erhöhung der Energiepreise einen weiteren Schub zur Entvölkerung der Ukraine in Gang setzte.
2.b) Krieg
„In nur 5 Wochen seit Beginn der Invasion mussten mehr als 10 Millionen Menschen (ein Viertel der Bevölkerung der Ukraine) ihre Häuser verlassen. Aufgrund militärischer Ausreisebeschränkungen für Männer zwischen 18 und 60 Jahren sind die überwiegende Mehrheit der Migranten Frauen und Kinder.“ (Wikipedia, Migrationskrise durch den russischen Einmarsch)
Zum Zeitpunkt des 9. April, als dieser Eintrag erstellt wurde, befanden sich 2,6 Millionen in Polen, fast 700.000 in Rumänien, gefolgt von Ungarn, Moldawien und Rußland mit rund je 400.000. Nach russischen Angaben sollen auch noch ein paar 100.000 nach Weißrußland geflüchtet sein.
Somit befinden sich also bisher mehr als 4 Millionen Menschen in diversen EU-Staaten, weil diese anfänglichen Zahlen sind durch Weiterreise bereits überholt. Da kein Ende des Krieges abzusehen ist, und viele Häuser und Wohnungen zerstört sind, ist eine baldige Rückkehr dieser Menschen unwahrscheinlich. Es ist eher wahrscheinlich, daß die Anzahl zunehmen wird.
Abgesehen von der menschlichen Tragik der Flüchtlinge selbst gibt es durch diese Flucht einen großen Verlierer, das ist die EU als Ganzes und in unterschiedlicher Betroffenheit ihre Mitgliedsstaaten.
Die Flüchtlinge belasten die Sozialsysteme, müssen untergebracht werden und verursachen dadurch bedeutende Kosten. Die Kinder müssen eingeschult werden, Übersetzer müssen bezahlt werden, junge und vor allem alte Leute brauchen Ärzte und Krankenhäuser, und das alles bei steigenden Kosten für Wohnraum, Lebensmittel und Energie, die auch die Budgets für die Versorgung der eigenen Bevölkerung belasten.
Den anderen Akteuren dieses Dramas ist diese Entwicklung recht.
Den USA kommt es sehr gelegen, der EU Kosten aller Art zu verursachen – sie trägt die Hauptlast des Krieges und erhält nichts dafür. Der Ukraine-Krieg schwächt die EU als imperialistischen Konkurrenten, verringert ihre Wettbewerbsfähigkeit, erhöht ihre Verschuldung und auch die Spannungen innerhalb dieser Staatengemeinschaft.
Rußland hat anläßlich der Flüchtlingskrise 2015 festgestellt, daß die EU dafür überhaupt nicht gerüstet ist und Flüchtlinge die Spannungen zwischen den EU-Mitgliedern und die innere Parteienkonkurrenz beflügeln. Es ist der russischen Führung recht, der EU Kosten und Mühen durch den nicht enden wollenden Flüchtlingsstrom zu verursachen.
Für die ukrainische Führung schließlich löst der Krieg ein Problem, das sie seit der Unabhängigkeit vor sich herschiebt: Sie braucht ihre Bevölkerung nicht.
Die 40-45 Millionen Menschen, die dort lebten, sind ihr im Weg. Die durch und durch korrupten und menschenverachtenden Eliten, die sich seit 1992 an die politische und wirtschaftliche Macht geturnt haben, sehen ihre Bestimmung darin, die fruchtbare Erde der Ukraine und diejenige Industrie, die die EU noch brauchen kann, an die Meistbietenden zu verkaufen, um sich damit die Taschen zu füllen. Da ist es lästig, für Pensionen und Schulen und Krankenhäuser Geld auszugeben, um die Bevölkerung irgendwie am Leben zu halten.
Außerdem will sie der NATO das Territorium für Übungen und Stützpunkte überreichen, wofür es auch nur wenige Angestellte braucht, um so etwas wie eine militärische Grundversorgung für dieses Programm zur Verfügung zu stellen.
Je mehr Leute in die eine oder andere Richtung abhauen, um so besser für die ukrainischen Mieslinge, die dort die Macht in den Händen halten: Sie überlassen die Vertreibung ihrer Bevölkerung gerne den Russen und richten gleichzeitig den Finger auf die Schuldigen dieser neuen Völkerwanderung.
Das „wilde Feld“ und seine westlichen Ausläufer sollen möglichst leer sein als Kornkammer und Aufmarschgebiet für die USA und Europa, und als Blockade jeglicher eurasischer Konzepte.
Aus 'Kritische Tagespolitik.de' zu den Flüchtlingen
Ukraine-Flüchtlinge, ihre Funktionalisierung gegen den Feind im Osten und ihre Verpflichtung auf dt. Nation und Dienst am dt. Kapital
https://www.tages-politik.de/Aussenpolitik/Ukraine-Fluechtlinge-2022.html
—-
Flüchtlingsthesen von Huisken 2017
http://www.fhuisken.de/downloadable/lose-texte/VilligstNachlese-a.pdf
Zur verschiedenen Behandlung von Migranten:
2021 wieder mehr Abschiebungen, die meisten innerhalb Europas
Insgesamt 9.148 Menschen wurden vergangenes Jahr außer Landes gebracht. Nach Afghanistan fanden auch nach der Taliban-Machtübernahme noch vier Abschiebungen statt
Im Jahr 2021 wurden aus Österreich mehr Menschen abgeschoben als im ersten Jahr der Coronavirus-Pandemie, 2020. (…) Konkret wurden demnach im vergangenen Jahr 9.148 Menschen außer Landes gebracht, 3.359 davon wurden abgeschoben. Betroffen waren hauptsächlich Staatsangehörige europäischer Staaten, der Slowakei, Ungarns, Rumäniens, Serbiens und Polens. 2020 hatte es lediglich 8.675 Rückführungen gegeben, freiwillige und unfreiwillige Ausreisen zusammengenommen.
Laut Anfragebeantwortung waren 52 Prozent der zwangsweise Weggebrachten straffällig. Innerhalb Europas liegt der Grund dafür vielfach in mangelnder Selbsterhaltungsfähigkeit der Betroffenen. Es handelt sich um Bettlerinnen und Bettler, die mit Verwaltungs- und Meldeauflagen in Konflikt kommen.
Nur relativ wenige Menschen wurden 2021 in die häufigen Herkunftsstaaten von Asylsuchenden abgeschoben. 120 Personen wurden 2021 nach Nigeria, 66 nach Afghanistan gebracht.
Nach Afghanistan wurde auch noch im September 2021 abgeschoben, also nach der erneuten Machtübernahme der Taliban. In diesem Monat wurden vier Personen aus Österreich nach Kabul gebracht; in den darauffolgenden Monaten gab es keine solchen erzwungenen Ausreisen mehr.
(…)
https://www.derstandard.at/story/2000135160724/2021-wieder-mehr-abschiebungen-die-meisten-innerhalb-europas
„Noch vor Kurzem erfroren Menschen in polnischen Wäldern. Haben weiße Europäer:innen endlich Geflüchtete gefunden, die ihnen genehm sind – weiße Ukrainer:innen?“ (…)
Ob man den Rassismus jetzt plausibel findet, also billigt, oder als Rassismus ablehnt – die Vorstellung, es läge an den Eigenschaften der Geflüchteten, die ist nach wie vor krumm. Es liegt schon am positiven oder negativen Interesse an den Flüchtlingen. Dazu noch ein aktuelles drastisches Beispiel: Boris Johnson möchte Asylwerber gern nach Ruanda schicken und dort aufbewahren lassen, bis am St.-Nimmerleins-Tag über ihren Asylantrag entschieden wurde. Derselbe Premier hat vor einigen Monaten angekündigt, ein paar zehntausend britische Spezialpässe an Hongkong-Chinesen verteilen zu wollen, und die sind in der Regel weder weiß noch christlich noch blond noch blauäugig, und von Geschlechterprivilegien war auch nichts zu vernehmen. Auch ein paar Ukrainer dürfen inzwischen nach Großbritannien. Was kann man dem entnehmen? Wieder mal die alte Weisheit, dass „unsere“ Interessen an den Opfern aus näherer oder fernerer Umgebung der entscheidende Gesichtspunkt ihrer Behandlung sind. Wenn „uns“ die „Ukrainer politisch wie emotional näher als etwa Syrer“ sind, dann liegt das nicht an der Geographie oder der Kultur, sondern am europäischen Anspruch der Osterweiterung. Die Ukraine gehört zu Europa, sie gehört „uns“, insofern ist der russische Angriff ein Angriff auf uns, denn Ukrainer gehören inzwischen zum europäischen „Wir“. Insofern betreuen „wir“ mit den Flüchtlingen ein Stück Hinterland einer Front, an der „wir“ ideell längst stehen sind. Das ist der Sachverhalt – dass die Hautfarbe traditionellen Rassisten diese Flüchtlinge leichter verdaulich macht, ist ein Kollateralnutzen. Syrer oder Flüchtlinge aus Afrika sind demgegenüber die Opfer – oder gleich „illegale“ Wirtschaftsflüchtlinge – aus sicher ungemütlichen Gegenden; aber um die syrische Führung als Unrechtsregime zu delegitimieren, genügen ein paar Exemplare; und Flüchtlinge aus Afrika werfen höchstens ein abträgliches Licht auf „unseren“ Hinterhof und die trostlosen Lebensbedingungen im Reich der Globalisierung des Kapitals, und weniger auf einen eindeutigen Feind.
Da sind einige Adaptionen fällig. Unter der vorherigen türkis-blauen Regierung des Schließers der Balkanroute ist das Asylwesen erklärtermaßen auf Abschreckung ausgelegt worden: Flüchtlinge durften nicht arbeiten und sollten es ungemütlich haben, in eher entlegenen Quartieren ohne jede Perspektive oder Chance. Also wird momentan reformiert bzw. der Rechtsstatus der Ukrainer an die neuen österreichischen Bedürfnisse angepasst. Sogar die „Macht der Sprache“ – Vorsicht! Ironie! – darf sich austoben. Die offizielle Umbenennung dieser Flüchtlinge in „Vertriebene“ soll sie erst mal von der bisherigen Anti-Flüchtlings-Hetze absetzen, und die Erinnerung an die früheren sudetendeutschenVertriebenen gibt durchaus etwas her, für die politisch-moralische Einordnung: Diese Vertriebenen verkörpern wieder „unsere“ Ansprüche gegen den Feind.
Auszug aus: H. Auinger: Derzeit stirbt auch die Wahrheit über den Krieg.
https://cba.fro.at/553856
Ukrainische Flüchtlinge in Polen:
Auch Rechtsradikale erhalten Geld aus Warschau
In kein anderes Land kommen so viele ukrainische Kriegsflüchtlinge wie nach Polen. Nicht alle Hilfsorganisationen werden vom polnischen Staat finanziert. Die in Polen regierenden Nationalkonservativen dotieren Stiftungen und Vereine, die ihnen politisch genehm sind. Einer der größten Profiteure ist ein landesweit bekannter Rechtsradikaler.
Was in Polen derzeit passiert, hätten viele Westeuropäer, wohl aber auch viele Polen, nach den Erfahrungen von 2015 und der Krise an der polnisch-belarussichen Grenze im vergangenen Jahr wahrscheinlich nicht für möglich gehalten. Das Land an der Weichsel, das sich in den vergangenen Jahren gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten wehrte, das an der Grenze zu Belarus zum Schutz vor illegalen Migranten für Unsummen einen meterhohen Zaun fast fertiggestellt hat, entdeckt und zelebriert seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar die Willkommenskultur. (…)
Für die in Polen regierenden Nationalkonservativen scheint dies allerdings auch ein Weg zu sein, um Stiftungen, Vereinen und Organisationen Gelder zukommen zu lassen, die ihnen politisch nahestehen. Was seit dem Regierungsantritt der PiS 2015 nicht ungewöhnlich ist. Egal ob Projekte der nationalkatholischen Juristenvereinigung "Ordo Iuris", die unter anderem Kommunen bei der Schaffung von "LGBT-Ideologie-freien Zonen" unterstützt hat, oder von regierungsnahen Journalisten gegründete Stiftungen wie die von Paweł Lisicki. Der Chefredakteur des nationalkonservativen Wochenmagazins "Do Rzeczy" ist Vorsitzender von mittlerweile vier Stiftungen, die teilweise mit öffentlichen Mitteln finanziert werden und sich ebenfalls im "Kampf gegen LGBT" sehen. (…)
Doch der überraschendste Name auf der Liste der 130 vom Staat unterstützten Organisationen ist der "Verein Nationale Wache". Mit 264.000 Zloty, umgerechnet rund 65.000 Euro, ist er auch einer der größten Nutznießer. Dotiert wurde der Verein für seinen Antrag "Humanitäre Hilfe für vom Kriegskonflikt betroffene ukrainische Staatsbürger". Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine harmlose patriotische Organisation. Gründer und Vorsitzender ist Robert Bąkiewicz, der als Mitorganisator des jährlich am 11. November stattfindenden "Unabhängigkeitsmarsches" in Warschau zu den bekanntesten Rechtsradikalen des Landes gehört. Zu der Veranstaltung reisen Rechte aus ganz Europa an, sie findet jedes Jahr unter einem anderen Motto statt. 2015 war es beispielsweise "Polen den Polen, Polen für Polen", 2020 "Unsere Zivilisation, unsere Bedingungen", im letzten Jahr "Die Unabhängigkeit steht nicht zum Verkauf". (…)
Ob Bąkiewicz diese Hilfe aus Nächstenliebe leistet, wie er jüngst in einem Interview mit dem nationalkatholischen "Radio Maryja" bekundete, darf bezweifelt werden. In der Vergangenheit warnte er vor ukrainischen Arbeitsmigranten in Polen, weil die "Ukrainer ihre nationale Identität auf einem Verbrechen gegen die Polen aufbauen". Damit spielte Bąkiewicz auf das Massaker von Wolhynien an, bei dem die Ukrainische Aufständische Armee (UPA) zwischen Februar 1943 und April 1944 laut Schätzungen 100.000 dort lebende polnische Zivilisten umgebracht hat. Ein Verbrechen, das Bąkiewicz offenbar auch noch heute nicht verzeihen kann. Mitte April mahnte er, dass man der Ukraine helfen, aber das Massaker von Wolhynien nicht vergessen soll. Für die meisten Polen spielt diese Tragödie in den polnisch-ukrainischen Beziehungen aktuell überhaupt keine Rolle. Ihre Solidarität mit ihren östlichen Nachbarn ist größer.
https://www.n-tv.de/politik/Auch-Rechtsradikale-erhalten-Geld-aus-Warschau-article23286377.html
Polen und die bange Frage – Wie lange schaffen wir das noch?
Kein anderes Land nimmt so viele Flüchtlinge aus der Ukraine auf wie Polen. Vor allem Privatpersonen helfen, sammeln Spenden, bieten Wohnraum. Doch so langsam lassen Kraft und Geld nach. Warschau fordert deshalb Hilfe von der EU ein. Und stürzt Brüssel damit in ein Dilemma.
https://www.welt.de/politik/ausland/plus238084025/Fluechtlinge-Polen-und-die-bange-Frage-Wie-lange-schaffen-wir-das-noch.html
Erste Flüchtlinge kehren aus Polen in die Ukraine zurück
Bereits rund 100 000 ukrainische Kriegsflüchtlinge sind in der ersten Aprilwoche aus Polen wieder in die Ukraine zurückgekehrt, geht aus Angaben des polnischen Grenzschutzes hervor. Auch eine erste fundierte Meinungs-Umfrage weist darauf hin, dass knapp 60 Prozent der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Polen sofort wieder in die Heimat zurückkehren wollen, sobald die Kriegshandlungen in der Ukraine beendet sind.
https://www.infopol.press/erste-fluechtlinge-kehren-aus-polen-in-die-ukraine-zurueck/
Angeblich befinden sich bereits mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine und den Donbass-Republiken in Rußland, laut KP.
Die UNHCR hält derzeit 5,563,959 Flüchtlinge aus der Ukraine in Evidenz, davon 70.000 innerhalb der letzten 48 Stunden.
Die ukrainischen Flüchtlinge in Österreich haben bisher noch kein Geld gesehen. Sie halten sich mit Lebensmittelhilfe über Wasser. Die Kinder vertragen allerdings dieses Fertigfutter schlecht, weil dort doch noch selbst zu Hause gekocht wurde.
Mit den Arbeitsgehmigungen sieht es auch schlecht aus, die Bürokratie ist offenbar mit dieser neuen Art von "willkommenen" Flüchtlingen überfordert.
Die Caritas hat zwar einen Haufen leere Wohnungen angemietet, die aufgrund der ausufernden Spekulation leer herumstehen. Die sind aber wirklich leer, d.h. ohne Möbel oder auch nur Kücheneinrichtung und daher ungeeignet zur Unterbringung der Flüchtlinge.
Frontex: Illegale Einreise in EU über Balkan hat sich fast verdreifacht
Gründe für den kräftigen Anstieg nennt die Grenzschutzagentur nicht. Flüchtlinge aus der Ukraine seien in den Zahlen nicht erfasst
Brüssel – Die Europäische Union verzeichnet einen starken Anstieg bei der illegalen Einreise über die Balkanroute. Zwischen Jänner und Mai habe sich die Zahl der illegalen Grenzübertritte zum Vorjahr auf 40.675 fast verdreifacht, teilte die europäische Grenzschutzagentur Frontex am Montag mit. Allein im Mai habe es eine Verdopplung auf 12.088 gegeben. Die Migrantinnen und Migranten kämen vor allem aus Afghanistan und Syrien.
Frontex nennt keine Gründe
Die EU-Behörde nannte keinen Grund für den kräftigen Anstieg. Sie teilte aber mit, dass die meisten Migranten, die über den Westbalkan gekommen sind, sich vermutlich schon länger in der Region aufgehalten und nun den Schritt gewagt hätten. Insgesamt registrierte Frontex in den ersten fünf Monaten des Jahres 86.420 illegale Grenzübertritte, die Hälfte davon auf über die Balkanroute.
Die mehr als 5,5 Millionen ukrainischen Kriegsflüchtlinge, die seit Beginn des russischen Angriffs in die EU kamen, sind den Angaben zufolge nicht in den Zahlen erfasst.
https://www.derstandard.at/story/2000136537289/illegale-einreise-in-eu-ueber-balkan-laut-frontex-fast-verdreifacht
Die EU-Staaten haben echt ein Problem mit den zwei Arten von Flüchtlingen: willkommenen und unwillkommenen.
Das auch noch angesichts solcher Vorfälle:
Parkplatz-Streit löste Ukrainer-Schlägerei aus
Vor einem der bekanntesten Hotels Wiens kam es zu einer Massenschlägerei. (…)
Wie die Polizei bestätigt, dürfte ein Parkplatz-Streit die brutale Schlägerei ausgelöst haben. Zwei schwarze SUVs mit ukrainischen Kennzeichen standen vor dem Hotel Bristol im Halteverbot, als sie Taxilenker darauf aufmerksam machten. Es kam zu einem Streit, der rasch eskalierte.
Die beiden Taxilenker wurden attackiert und erlitten bei der Schlägerei Verletzungen. Ein 47-Jähriger wurde bewusstlos und musste mit Verdacht auf Frakturen im Kopfbereich ins Spital gebracht werden. Die Polizei ermittelt nun gegen einen ukrainischen Staatsbürger – ein politisches Motiv wird ausgeschlossen.
https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/parkplatz-streit-loeste-ukrainer-schlaegerei-aus/520470281
Frank Bernhardt: Flüchtlingspolitik: Warum wem „tatsächlich unbürokratisch geholfen“ wird
Mitleid greift dort, wo ein Feind des Westens ein bestimmtes Land angreift, sagt Freerk Huisken. Aus einem Gespräch mit ihm über die Neuauflage der deutschen Willkommenskultur
https://www.heise.de/tp/features/Flu-chtlingspolitik-Warum-wem-tatsaechlich-unbuerokratisch-geholfen-wird-7138123.html?seite=all
—–
Gibts eigentlich etwas über spontaneistische bis linksradikale Positionen z.B. im Antrassismus- und Gender- bzw. LGBT-Bereich? Ich habe nur dies gefunden:
https://www.heise.de/tp/features/Unterm-Regenbogen-6180620.html
https://www.heise.de/tp/features/Bunte-Welterklaerung-6181113.html
https://www.heise.de/tp/features/Queere-Praxis-6182232.html?seite=all
https://www.contradictio.de/blog/archives/8764/comment-page-1#comment-10583
https://www.contradictio.de/blog/archives/8764/comment-page-1#comment-10094
https://wissenundkritik.de/weitere-fundamente-2/
Ich kann nicht ganz nachvollziehen, was die LGTB-Sachen mit den Flüchtlingen und dem Ukraine-Krieg zu tun haben …
Weiterverwertung von Flüchtlingen als Abschiebehelfer:
Migranten als Pushback-Helfer
»Sie haben mich zum Sklaven gemacht«
Seit Jahren benutzt die griechische Polizei Flüchtlinge als Helfer für illegale Pushbacks. Das haben BR-Recherchen ergeben. Die Beamten sollen sie mit Drohungen und der Aussicht auf Aufenthaltspapiere unter Druck setzen.
Er zieht an seiner Zigarette. Ein Treffen auf einer Parkbank, irgendwo in einer Metropole Europas. Sein richtiger Name und der Ort, an dem er lebt, sollen nicht genannt werden. Die Vorwürfe, die Bassel M. erhebt, sind drastisch. "Sie haben mich zum Sklaven gemacht", sagt er.
Die griechischen Sicherheitsbehörden hätten ihn dazu gezwungen, Frauen, Männer und Kinder in Schlauchboote zu pferchen und sie illegal über den griechisch-türkischen Grenzfluss Evros in die Türkei zurückzubringen. Bis zu 150 Flüchtlinge soll er pro Nacht am türkischen Ufer abgesetzt haben, verhüllt mit Maske und teils unter Einsatz von Gewalt.
Drohung mit Abschiebung
Erstmals schilderten Flüchtlinge einem internationalen Journalistenteam, wie die griechische Polizei sie dazu gezwungen habe, andere Flüchtlinge aus der Europäischen Union zu befördern. Bassel M. und fünf weitere Männer berichteten, die Beamten hätten ihnen mit langen Haftstrafen oder der direkten Abschiebung in die Türkei gedroht, falls sie die Zusammenarbeit verweigerten.
Gleichzeitig habe die Polizei den Männern als Belohnung für eine rund dreimonatige Zusammenarbeit Papiere in Aussicht gestellt, die einen befristeten Aufenthalt in Griechenland ermöglichen. Auf diese Weise wurden sie nach eigenen Angaben dazu gedrängt, sogenannte Pushbacks durchzuführen.
Praxis laut Völkerrechtsexperten rechtswidrig
Die Recherchen ergaben, dass Beamte einer griechischen Polizeistation offenbar mit einem syrischstämmigen Mann zusammenarbeiten, der Teil eines Schmugglernetzwerks sein soll. Die Flüchtlinge berichten, er habe Migranten für die Tätigkeit ausgewählt und ihnen Anweisungen bei den Pushbacks gegeben.
Der Begriff steht für die Ausweisung von Flüchtlingen ohne Prüfung ihrer Schutzwürdigkeit und ohne geregeltes Verfahren. Diese Praxis ist nach Auffassung von Völkerrechtsexperten rechtswidrig, denn sobald eine Person das Staatsgebiet eines EU-Mitgliedslandes erreicht, hat sie Anspruch darauf, einen Asylantrag zu stellen.
(…)
https://www.tagesschau.de/investigativ/br-recherche/pushbacks-helfer-migranten-101.html
Das Ärgerliche an dem Artikel ist, daß die ganze Praxis in bester Aufdeckermanier als himmelschreiender Verstoß gegen EU-Recht und EU-Prinzipien angeprangert wird, ohne auch nur einen Moment lang nachzudenken, ob sie nicht ein Ergebnis derselben ist.
Besondere Flüchtlingsproblematik:
Tausende Belarussen flüchteten vor Lukaschenko in die Ukraine – dann kam der Krieg
Zahlreiche Menschen sind vor Alexander Lukaschenkos Regime ins Nachbarland geflüchtet. Aufgrund des russischen Angriffskriegs ist nun auch dort ihre Existenz in Gefahr (…)
Seit Kriegsbeginn wird belarussischen und russischen Staatsbürgern das Betreiben von Unternehmen erschwert: Die Bankkonten wurden im Februar eingefroren – offiziell, um die Finanzierung von terroristischen Aktivitäten zu bekämpfen. "Ich habe dafür Verständnis. Es herrscht Krieg. Aber das hier ist nur eine Bar, und seit mehr als vier Monaten wurden keine Mechanismen geschaffen, damit Leute wie wir aus dieser Situation herauskommen", so Haikovich.
Mit offenen Armen empfangen
Infolge der Proteste gegen die Regierung und Präsident Alexander Lukaschenko kam er als einer von mehr als 10.000 Belarussen im Jahr 2020 in die Ukraine. Damals, sagt er, wurden jene, die sich gegen das brutale Regime in Minsk gestellt haben, hier noch mit offenen Armen empfangen. In Kiew überwogen das Verständnis und die Sympathie füreinander. Damit war die Eröffnung der Karma-Bar in der Ukraine eine Formalität, so Haikovich. Doch dann griff Russland an.
Seit dem ersten Tag der Invasion werden aus Belarus Raketen auf ukrainische Städte und Dörfer abgefeuert. Zwar hat Kiew die diplomatischen Beziehungen mit Minsk noch nicht gestoppt, doch die Situation ist hochangespannt.
Seit dem Krieg kämpft Haikovich nun für das Überleben der Bar. Er sucht nach neuen Investoren, die im Gegensatz zu ihm keinen belarussischen Pass besitzen. "Wir haben alle Lizenzen für den Ausschank von Alkohol, für die Küche. Aber wir sind nun mit der surrealen Situation konfrontiert, dass unser Bankkonto gesperrt ist und wir kein Recht haben zu wirtschaften." Haikovich hat die Bar gemeinsam mit Freunden eröffnet, darunter Gleb Kowaljow. Der 30-Jährige floh am 24. Februar aus Kiew nach Warschau. "Wir haben die Bar aufgesperrt, als es noch eine noble Sache war, wenn man als Belarusse, der vor dem Lukaschenko-Regime geflohen ist, in Kiew etwas aufgebaut hat", sagt er am Telefon. (…)
https://www.derstandard.at/story/2000137419220/tausende-belarussen-fluechteten-vor-lukaschenko-in-die-ukraine-dann-kam
Obwohl die EU nicht gerade froh ist über die mehr als 4 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, die sie möglichst in grenznahen Staaten aufbewahren möchte, sind diejenigen, die nach Rußland flüchten, noch viel störender. Sie widerlegen schließlich die Einstufung Rußlands als „Aggressor“, der die „Zivilbevölkerung“ zu fürchterlichen Leiden verurteilt.
Deshalb werden die nach westlichen Angaben 1,3 Millionen, nach russischen Angaben über 2 Millionen Flüchtlinge, die in Rußland gelandet sind, regelmäßig als „Deportierte“ bezeichnet, die „gegen ihren Willen“ dorthin gebracht wurden. Regelmäßig werden in europäischen und US-Medien wie z.B. in der NZZ, der BBC oder der NYT Artikel veröffentlicht, in denen mit solchen angeblich Deportierten gesprochen wurde, die dort ihr Kalvarium schildern.
Niemand fragt nach, wie eigentlich eine solche massenhafte „Deportation“ möglich ist, wenn die keiner will?
Daß die Flüchtlinge dann irgendwo untergebracht werden, und möglichst weit weg vom Kriegsgeschehen, ist dann auch noch ein Verstoß gegen ihre Rechte und ihre Menschenwürde.
(Nur um diese Art von Berichterstattung richtig einzuordnen, sei an den Anfang des Krieges erinnert, als verschiedene ukrainische Politiker jeden warnten, in Richtung Rußland zu flüchten, unter Androhung von sofortiger Erschießung.)
Auch daß es für die Kriegsgefangenen Lager gibt, in denen geschaut wird, was die Soldaten eigentlich vor ihrer Gefangennahme so getrieben haben, ist ein unerhörter Verstoß gegen alle Humanität. Natürlich werden in diesen Lagern laut westlichen Medien nur unschuldige Zivilisten festgehalten und mißhandelt.
Daß verschiedene ukrainische Kriegsgefangene nach erfolgtem Screening einfach freigelassen und Wiederaufbau-Brigaden zugeteilt werden, wenn sie sich als unbedenklich erwiesen haben, darf überhaupt in keinem westlichen Medium erwähnt werden.
An der polnisch-weißrussischen Grenze ist inzwischen ein neuer Eiserner Vorhang aufgezogen worden mit über 6 Meter Höhe. Die polnischen Behörden haben anscheinend Maß genommen an den anderen Zäunen, die es bereits gibt, in Ceuta und Melilla, an der bulgarisch-türkischen Grenze oder in den USA.
Im Vorjahr wurden 40.000 illegale Grenzübertritte registriert. Seit September gab es eine eine 3 Kilometer-Sperrzone, die vom Militär patrouilliert wurde und von Zivilen nur betreten werden durfte, wenn sie dort wohnen oder ähnliche Gründe geltend machen können. Mit der Fertigstellung des Zauns wurden diese Bestimmungen aufgehoben, die Flüchtlinge kommen jedoch nach wie vor. Sie werden in den meisten Fällen sofort nach Aufgreifen rücküberstellt, was der Menschenrechtskonvention widerspricht, aber in Griechenland und Spanien ebenfalls üblich ist.
Der Rest – ungefähr 700 Personen, darunter auch Minderjährige – wartet in speziellen Gefängnissen auf die Behandlung ihres Asylantrags.
Diese Behandlung ist bemerkenswert im Unterschied zu den offenen Armen, mit denen die ukrainischen Flüchtlinge aufgenommen werden.
Während die Flüchtlinge im Vorjahr aus dem Irak, Syrien, Afghanistan und Schwarzafrika kamen, und vorher mit dem Flugzeug nach Minsk geflogen waren, so kommen sie inzwischen aus Rußland: Ausländer, deren Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist; ausländische Studenten, oder Menschen aus nicht-europäischen Ländern, die aus der Ostukraine zunächst nach Rußland geflüchtet sind und jetzt versuchen, in den Westen zu kommen. Da alle Flugrouten gesperrt sind, bleibt nur die Landgrenze.
Auch Leute aus Kuba, Haití und dem Jemen sind inzwischen an dieser verbarrikadierten Grenze aufgetaucht.
(El País, 25.7.)
Nach russischen Angaben haben inzwischen mehr als 3 Millionen Personen die Grenze von der Ukraine nach Rußland überschritten.
Laut Frontex haben bis Ende Juli 155.090 Flüchtlinge illegal die Grenzen der EU überschritten. (Die ukrainischen Flüchtlinge sind in dieser Zahl nicht enthalten.) Das ist eine Steigerung von 86% gegenüber dem Vorjahr.
Die Haupt-Route bleibt die über das östliche Mittelmeer und den Balkan. Die hier ankommenden Flüchtlinge stammen hauptsächlich aus Afghanistan, Syrien, Indien, Pakistan, Bangladesch und dem Irak.
Dank der Hilfsdienste der marokkanischen Polizei für Spanien ist die Route über Gibraltar praktisch unpassierbar und auch der Zugang zu den spanischen Enklaven wird durch Marokko geblockt. Dafür nimmt der Flüchtlingsstrom über den Atlantik auf die Kanaren zu, Ausgangspunkt ist – nach Verschärfung der Kontrollen in Senegal und Mauretanien – der Süden Marokkos, vor allem die Westsahara. Es handelt sich um eine sehr tödliche Route. 45% der Flüchtlinge auf dieser Route sind Marokkaner.
Auf dem Seeweg kommen die meisten Flüchtlinge nach Italien, über Libyen und Tunesien, teilweise sogar über Algerien. Die häufigsten Herkunftsländer sind hier Ägypten und Bangladesch, die Migration aus Schwarzafrika ist zurückgegangen.
Griechenland und auch Zypern werden von Flüchtlingen angesteuert. Die griechischen Küsten werden inzwischen von griechischen und türkischen Grenzpatrouillen gemeinsam kontrolliert. (!) So ist es gelungen, viele Boote am Ablegen aus der Türkei zu hindern.
Insgesamt ist die Anzahl der Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um 90% gestiegen. Hier sind allerdings auch Ukrainer(innen) mitgezählt.
(El País, 29.8.)
Mehr als tausend Migranten überquerten Ärmelkanal an einem Tag
London – Binnen 24 Stunden haben am Samstag fast 1000 Migranten in kleinen Booten den Ärmelkanal in Richtung Großbritannien überquert. Wie das Verteidigungsministerium in London bekanntgab, wurden 960 Menschen auf 20 Booten während der gefährlichen Überfahrt entdeckt. Demnach stieg die Gesamtzahl der über den Kanal gelangten Migranten seit Jahresbeginn bereits jetzt auf über 26.000. Der bisherige Jahreshöchstwert aus dem Jahr 2021 liegt bei 28.500.
Anstieg seit 2018
Am Freitag hatten 221 Menschen Großbritannien über den Ärmelkanal erreicht. Die Zahl der Migranten, die die Meerenge in Richtung Großbritannien überqueren, war seit 2018 deutlich angestiegen. Damals begannen die Behörden, den französischen Hafen Calais und den unter dem Kanal durchführenden Eurotunnel zwischen Frankreich und Großbritannien deutlich stärker zu kontrollieren. Zuletzt war insbesondere die Zahl der Migranten aus Albanien nach oben gegangen.
Ein Bericht des britischen Parlaments kommt zu dem Schluss, dass bis Jahresende bis zu 60.000 Menschen den Kanal überqueren dürften. Die konservative britische Regierung versucht bisher vergeblich, die Zahl der Überfahrten zu senken. Unter anderem zahlt London der französischen Regierung Millionenbeträge, um die Überwachung der Küsten zu verstärken.
https://www.derstandard.at/story/2000138797169/mehr-als-tausend-migranten-ueberquerten-aermelkanal-an-einem-tag
Türkisches Frachtschiff in der Ägäis beschossen
(…)
Am Samstagnachmittag ist es in der Ägäis unweit von Lesbos zu einem Zwischenfall gekommen, der das angespannte Verhältnis zwischen der Türkei und Griechenland weiter strapazieren wird. Ein türkisches Schiff namens Anatolian, das unter der Flagge der Komoren fuhr, wurde von der griechischen Küstenwache beschossen. (…)
Nach türkischen Angaben befand sich das Schiff in internationalen Gewässern elf Meilen südlich der türkischen Insel Bozcaada. Die griechische Küstenwachehätte das Schiff beschossen und sei erst abgedreht, als die türkische Küstenwache herbeieilte und das Schiff in sichere Gewässer eskortierte.
Tatsächlich werden in sozialen Medien in der Türkei mehrere von Besatzungsmitgliedern des Schiffes aufgenommene Videos gezeigt, auf denen zusehen ist, wie die griechische Küstenwache nahe an das Schiff heranfährt. Dann sind Schüsse zu hören und man sieht ein Fenster auf der Brücke, das von einer Kugel durchschlagen wurde. Personen wurden nicht verletzt. Die Besatzung besteht aus Seeleuten aus Somalia, Ägypten, Aserbaidschan und der Türkei.
Die Türkei hat von Griechenland eine Erklärung gefordert, die griechische Botschaft in Ankara reagierte auf Anfragen nicht. Die Anatolian ist ein uraltes, völlig heruntergekommenes Schiff, das von Somalia kommend durch die Dardanellen und den Bosporus in Schwarze Meerfahren sollte, um dort in einer Werft wieder aufgepäppelt zu werden. Von seinem heruntergekommenen Äußeren her, kann es von der griechischen Küstenwache für eines der Schrott-Schiffe gehalten worden sein, mit denen manchmal illegal Flüchtlinge transportiert werden, allerdings war es nicht in Richtung Griechenland oder Italien unterwegs, sondern eindeutig in Richtung türkischer Küste und den Dardanellen. (…)
https://www.derstandard.at/story/2000139000256/tuerkisches-frachtschiff-in-der-aegaeis-beschossen
Die Türkei braucht offenbar zusätzliche Schiffe für ihre Getreidegeschäfte, und greift auf Altbestände zurück.
Außerdem hat sich aufgrund der Tätigkeit der griechischen Küstenwache auch noch ein reger Verkehr mit Seelenverkäufern entwickelt, die die bisherigen Schlauchboote für die Überfahrt aus der Türkei abgelöst haben.
In den USA werden die Flüchtlinge zusehends zu einer Waffe in der sich verschärfenden Parteienkonkurrenz: In republikanisch regierten Staaten setzen die Behörden die nach dem Grenzübertritt aufgegriffenen Flüchtlinge aus Süd- und Mittelamerika in Flugzeuge und transportieren sie in demokratisch regierte Staaten.
Der bisherige Höhepunkt ist die Ablieferung von zwei Flugzeugladungen mit Venezolanern in Martha’s Vineyard, einer Oberschicht-Urlaubsinsel vor der Küste von Massachusettes.
Die nächste Flüchtlingsstrom droht:
Flucht vor Kriegsdienst: Kein pauschaler Schutz für russische Flüchtlinge geplant
Nach Teilmobilisierung sucht die EU nach Lösungen für Flüchtlinge aus Russland. Außenminister Schallenberg eine "kulante Lösung" in Aussicht, auch Van der Bellen spricht sich dafür aus, Schutz zu bieten. Was ist da geplant? Und wie viele Russen sind schon jetzt in Österreich?
Rund 60.000 Ukrainer haben wegen des Krieges in ihrer Heimat in Österreich Zuflucht gefunden und befinden sich in Grundversorgung. Mit der Teilmobilisierung von Reservisten für das russische Heer flüchten seit gestern, Mittwoch, vermehrt auch Russen aus ihrem Land.
(…)
https://kurier.at/politik/inland/411-russen-haben-seit-kriegsbeginn-asyl-in-oesterreich-beantragt/402155265
Rußland verbietet zum Unterschied von der Ukraine seinen wehrpflichtigen Bürgern nicht die Ausreise. Abgesehen davon, daß dafür auch in Rußland verfassungsmäßig der Kriegszustand ausgerufen werden müßte, sieht die russische Führung nach wie vor den Zwang nur bedingt als geeignetes Mittel für Kriegsführung an.
Das erzeugt in westlichen Medien eine Debatte, ob diese Flüchtlinge auch wirklich „richtige“ Flüchtlinge sind.
Wie es aussieht, hat die EU die Grenzen für russische Staatsbürger geschlossen, weshalb die Wehrpflichtigen über Kasachstan, Georgien und die Mongolei ausreisen.
Es ist ein umgekehrtes Muster: Die Ukrainer dürfen in die EU einreisen, aber die Männer nicht aus der Ukraine ausreisen.
Die Russen hält in Rußland niemand zurück, aber die EU läßt sie nicht herein.
Es ist wahrscheinlich, daß bei der Führung der EU-Debatte um die Streichung der Schengen-Visa für Russen schon mit einer solchen Fluchtwelle gerechnet und sich so auf sie vorbereitet wurde.
Polen bekräftigt Nein zu Aufnahme von Deserteuren
Die polnische Regierung hat indessen einmal mehr bekräftigt, dass sie keine gesonderten Einreiseerleichterungen für russische Kriegsdienstverweigerer plane. Es sei sowohl aus sicherheitspolitischer als auch aus moralischer Sicht "höchst unratsam", eine größere Zahl an Russen aufzunehmen, sagte Außenminister Zbigniew Rau am Samstag. Auch andere Nachbarn Russlands, etwa die baltischen Staaten und Finnland, teilten Polens Haltung, dass Kriegsdienstverweigerung allein kein ausreichender Grund sei. "Wir haben beschlossen, die derzeitige Erteilung von Visa an Bürger der Russischen Föderation einzustellen und damit die Touristenvisa abzuschaffen", erklärte Rau. Er schloss aber Ausnahmen für Russen, die wirklich gegen den Krieg seien und zum Beispiel an Protestaktionen teilgenommen hätten, nicht aus.
Am Freitag hatte sich Vize-Innenminister Marcin Wasik im polnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ähnlich geäußert. Es sei nicht auszuschließen, dass sich unter dem Vorwand, vor dem Kriegsdienst zu fliehen, Mitarbeiter russischer Geheimdienste einschleichen könnten.
https://www.derstandard.at/story/2000139387869/putin-setzt-gesetz-ueber-strafen-fuer-deserteure-in-kraft
Ungarn gibt weiter Schengen-Visa an Russen aus und läßt Russen einreisen.
Die EU-Flüchtlingskrise findet eine Art Entsprechung in den USA, wo die Staaten an der Südgrenze die Flüchtlinge in andere Staaten verschieben, was eine rechtlich interessante Situation schafft:
When Migrants Become Political Pawns
he calcified cruelty, malignant politics, and questionable legality of the decisions by Governors Greg Abbott, of Texas, and Ron DeSantis, of Florida, to transport dozens of migrants in Texas to unsuspecting locales in Massachusetts and Washington, D.C., reiterate the point—often made in recent years—that the only check on the behavior of the current Republican Party is the limits of its own imagination. Most of the migrants reportedly came from Venezuela, a country so racked with discord that an estimated twenty per cent of its population has been displaced. One man said that he arrived after having spent three months trekking across several countries. Many people recounted being offered free accommodations and flights to cities where they thought they would be guaranteed work.
(…)
https://www.newyorker.com/magazine/2022/10/03/when-migrants-become-political-pawns
Es sind die Venezolaner, die überhaupt als Flüchtlinge anerkannt werden, und dadurch Bleiberecht haben.
Andere, wie Salvadoraner oder Haitianer, werden abgeschoben.
Im Deutschlandfunk wurde die aparte Frage gewälzt, ob russische Flüchtlinge nicht eine Bedrohung für Ukrainer, besonders ukrainische Frauen wären.
Umstrittenes Asyl: Ukrainerinnen fürchten sich vor russischen Flüchtlingen
Ja, ja der böse Russe. Der hat es einfach in den Genen Ukrainer zu killen.
Na klar. Man braucht die Russen noch nicht mal fragen, warum sie nicht in den Krieg wollen. Wie man die Spezies kennt sind das feige Hunde, denen es keinesfalls darum gehen kann, keine Menschen töten zu wollen. Im Unterschied zu einem anständigen ukrainische Mann, dem das Russenkillen auf jeden Fall gut zu Gesicht steht. Für die ukrainische Frau ist es natürlich kein moralischer Makel zu fliehen und die Feigheit russischer Kriegsdienstverweigerer anzuklagen. Denn die ukrainische Frau muss ja nach dem Krieg wieder das ukrainische Volk aufstocken. Männer braucht es dafür weit weniger für das Fortbestehen ukrainischen Bluts. Außerdem ist die Frau ja ein Opfer im Unterschied zum feigen russischen Mann, dem man dieses Prädikat keinesfalls zuerkennen kann.
Das sind Abgründe des Nationalismus, Rassismus, Sexismus, die Journalisten vom Deutschlandfunk als berechtigte Ängste der armen ukrainischen Opfer zum Goutieren anbieten.
Ich dachte das seien Kriegsdienstverweigerer, also sicher nicht die, die zuvor in der Ukraine irgendwen vergewaltigt haben. Aber es sind halt Russen und da ist bekanntlich einer wie der andere. Das sind alles Vergewaltiger. Wer provoziert hier wen? Die Ukrainer tauchen tatsächlich mit einer ukrainischen Flagge am "Tag des Sieges" bei den Russen auf und wundern sich dann, dass sie niedergebrüllt werden?
Die Ukrainerinnen sind einfach die Premiumopfer. Deutschland ist i h r Exil und der Feind hat da nichts verloren.
Noch ein Artikel vom Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/asyl-russische-deserteure-100.html
Eine absolut infame Logik. Wer sich nur feige vor dem Krieg drücken will darf nicht rein. Wer dagegen Putins “verbrecherischen wie sinnlosen Krieg verurteilt, muss ihm daheim Einhalt gebieten” und braucht nicht nach Deutschland fliehen. Der wehrfähige Russe hat dann quasi die Wahl, entweder er wird von Russland eingezogen oder er wird virtuell von der Medienmeute des Deutschlandfunks als Widerstandskämpfer gegen Putin abgestellt.
Alles richtig.
In Rußland wurden – seit 24. Februar – mit dem heutigen Tag 4,4 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine gezählt.
Dazu kommen noch die ca. 2 Millionen, die seit 2014 dorthin geflüchtet sind, hauptsächlich aus dem Donbass.
(KP, 27.9.)
Biden-Regierung steht Notstand am Rio Grande bevor
Vor der bevorstehenden Aufhebung der pandemiebedingten US-Einreiseverbote warten zehntausende Migranten auf der mexikanischen Seite der Grenze
Die Mahnung klang ebenso eindringlich wie hilflos. "Die Grenze ist nicht offen", betonte Karine Jean-Pierre, die Sprecherin des Weißen Hauses, und insistierte: "Es wäre falsch anzunehmen, dass die Grenze offen ist." Sie wolle das ganz klar sagen, wiederholte Jean-Pierre am Montag in der Pressekonferenz des Weißen Hauses schließlich ein drittes Mal: "Die Grenze ist nicht offen, und wir machen den Job der Menschenhändler, wenn wir Falschinformationen verbreiten."
Formal ist die Aussage der Regierungssprecherin korrekt. Entlang der amerikanischen Südgrenze zu Mexiko stellt sich die Lage gleichwohl deutlich komplexer dar. Dort hat der demokratische Bürgermeister von El Paso vor ein paar Tagen den Notstand ausgerufen. Rund 2.500 Migranten versuchen alleine in seiner Region derzeit täglich den Rio Grande zu überqueren. Schon in wenigen Tagen könnte sich die Zahl nach Einschätzung von Experten vervielfachen.
Republikaner machen Stimmung
Es drohe "ein totales Chaos", warnt der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott. Solche Stimmungsmache liegt Bürgermeister Oscar Leeser fern. Aber auch er mahnt: "Dieses Problem ist größer als El Paso." Auslöser der aktuellen Krise an der Grenze ist die bevorstehende Aufhebung einer Regelung mit dem harmlos klingenden Namen "Titel 42". Diese 80 Jahre alte gesetzliche Bestimmung soll die USA bei Gefahren für die öffentliche Gesundheit schützen.
Ex-Präsident Donald Trump hatte sie während der Corona-Pandemie im März 2020 aktiviert und für seine restriktive Einwanderungspolitik genutzt. Seither können Migranten und Asylsuchende ohne Rechtsprüfung an der Grenze zurückgeschickt werden. Mehr als 2,4 Millionen Flüchtlinge wurden in den vergangenen zweieinhalb Jahren auf dieser Basis abgewiesen.
Bürgerrechtsanwälte kritisieren diese Praxis scharf. Präsident Joe Biden versprach im Wahlkampf eine humanitärere Einwanderungspolitik. Im April befand die Gesundheitsbehörde CDC, die pauschalen Pandemie-Einreiseverbote seien nicht mehr gerechtfertigt.
Nach einem längeren Rechtsstreit entschied dann im November ein Bundesrichter in Washington, dass das Gesetz am 21. Dezember – also an diesem Mittwoch – außer Kraft gesetzt wird. Durch eine formale Intervention des Obersten Gerichtshofs wird sich das Datum nun um ein paar Tage verschieben. An dem Problem ändert das aber nichts.
Zahlreiche Menschen aus Zentralamerika
In Erwartung der vermeintlichen Grenzöffnung warten nämlich in den mexikanischen Grenzstädten seit Monaten zehntausende Menschen, die vor Verfolgung, Gewalt, Not und Hunger in ihrer Heimat geflohen sind. Sie kommen aus Venezuela, Nicaragua, Kuba oder Haiti. In Mexiko leben sie bei inzwischen eisigen nächtlichen Temperaturen unter menschenunwürdigen Bedingungen in überfüllten Lagern oder auf der Straße. Doch auch auf der amerikanischen Seite sind viele Notunterkünfte belegt. Behörden und Helfer wären mit dem drohenden Ansturm und der Versorgung überfordert.
Diese reale Herausforderung stößt in den USA auf ein extrem polarisiertes Meinungsklima. Kaum ein Thema ist so vergiftet wie die Einwanderungspolitik, die längst auf beiden Seiten zum Kulturkampf genutzt wird. Seit Jahrzehnten können sich Republikaner und Demokraten nicht auf dringend erforderliche Reformen des komplexen Systems einigen. So stehen auch jetzt die Chancen schlecht, dass es nach dem offensichtlichen Missbrauch der pandemiebedingten Restriktionen zu einer realistischen Politik kommt.
Längst nutzen die Republikaner die Krise an der Grenze zu einer populistischen Kampagne gegen die Biden-Regierung, in der sie den "kompletten Kontrollverlust" des Staates beklagen, die Amtsenthebung von Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas betreiben und die Migranten für den boomenden Drogenschmuggel verantwortlich machen. Umgekehrt hat Präsident Biden lange versucht, das heikle Migrationsthema zu meiden. Er ist bis heute nicht an die Grenze gereist.
Parteiintern steht er von zwei Seiten unter Druck: Während der linke Flügel auf liberale Regelungen dringt, haben demokratische Abgeordnete und Senatoren aus Texas und Arizona gegen eine Aufhebung des Artikels 42 protestiert. Aktuell will das Weiße Haus nun zunächst einmal die Grenzpolizei verstärken und hat beim Kongress 3,5 Milliarden Dollar zusätzliche Hilfsmittel beantragt. Mittelfristig strebt die Regierung eine Reform an, nach der Asylsuchende für die Dauer ihres Verfahrens ein Bleiberecht in den USA online aus der Heimat beantragen können. Wer hingegen illegal statt über den offiziellen Grenzübergang ins Land kommt, soll schneller abgeschoben werden.
https://www.derstandard.at/story/2000141976967/biden-regierung-steht-notstand-am-rio-grande-bevor
Biden plant einen Besuch in Mexiko, wo folgende Regelung ausgehandelt werden soll:
Migranten aus Venezuela, Nicaragua, Cuba oder Haití dürfen elgal in die USA einreisen, wenn sie Verwandte in den USA haben, vorher einen Antrag stellen und ihr Verfahren abwarten.
Was das stellen des Antrags betrifft, so wird nur sehr vage angedeutet, daß es „vor dem Überschreiten der Grenze“ zu geschehen hat – aber welcher Grenze, bleibt offen.
In dieser Grauzone zwischen dem Stellen des Antrags in ihrem Heimatland, in einem Transitland oder in Mexiko, gibt es viele Hebel, die Einreise zu verweigern und die Leute in irgendwelchen „Dreckslöchern“ (O-Ton Trump) sitzenzulassen.
(El País, 6.1.)
Lukaschenko galt als barbarisch, wenn er Leute nicht ausreisen ließ. Aber auch genau so, wenn er Zäune an der Grenze für Flüchtlinge geöffnet hat. Verstärken Polen und Balten ihre Grenzen incl. Push-Backs, die ja auch in Griechenland praktiziert werden – so gilt das hierzulande als superhuman, und wird gerne von derselben EU-Präsidentin als Ausdruck vom Wertewesten gelobhudelt, die einen berechnenden Umgang mit Flüchtlingen, wird er von Lukaschenko betrieben, als Ausdruck von Inhumanität geißelt. Überhaupt ist es unerträglich, was sich beim Thema Flüchtlinge von den europäischen Staatschefs so alles zurechtgelogen wird unter dem unerträglich verlogenen Titel "Wertorientierter Umgang mit Menschen in Not".
Dazu gibt es detailliertere Aufklärung über den Inhalt des wertewestlichen europäischen Migrations- bzw. Flüchtlingsgipfels am Donnerstag, 9. 2.23:
Suitbert Cechura: EU-Migrationsgipfel – Ein Gipfel der Heuchler und der Heuchelei
“(…) offiziellen Ansagen, d.h.: Nicht die Flüchtlinge sind in Not, sondern die EU, die sich ihres Ansturms erwehren muss. Und dass der Strom der Notleidenden nicht weniger wird, dafür haben die EU, die USA und der sogenannte Westen ja einiges getan. Man muss nur auf die lange Liste der Kriege schauen, die die gepriesene Friedensordnung nach dem Zweiten Weltkrieg so hervorgebracht hat. Kriege sind hier ja nicht ausgestorben, sondern werden mit unschöner Regelmäßigkeit geführt. (…) Nicht nur mit Kriegen hat der Westen jede Menge Fluchtgründe geschaffen. Die globalisierte Marktwirtschaft als Resultat der hochgelobten regelbasierten Weltordnung – immerhin unser Rechtstitel im Kampf gegen das „neoimperialistische“ Russland – steht dafür ein, dass in weiten Teilen der Welt Hunger und Elend herrschen. Da ist etwa der durch die rücksichtslose Benutzung der Natur von den kapitalistischen Ländern verursachte Klimawandel zu nennen, der viele Menschen durch Trockenheit oder Überschwemmungen ins Elend stürzt. Große Teile der Bevölkerung wurden und werden von ihren gewohnheitsmäßig genutzten Flächen vertrieben, weil sie über kein staatlich verbrieftes Eigentumsrecht verfügen. Ihr Land wird von den eigenen Regierungen an Kapitalgesellschaften vergeben, die die dortigen Rohstoffe ausbeuten, die Ländereien für den Anbau von Gemüse, Obst oder Blumen für den Markt in den Metropolen nutzen oder die Wasserquellen monopolisieren; Nutznießer sind Konzerne wie Nestle oder Coca-Cola.
So steht der Flüchtlingsstrom für die umfassende Ruinierung von Mensch und Natur durch die Nutzung für das Geschäft und die Macht der kapitalistischen Staaten. Dass diese Nutzung ungestört ihren Gang weiter geht, war die Sorge des EU-Gipfels. „Ein Sieg der Hardliner“, kann man mit der Flüchtlingsorganisationen „Pro Asyl“ dazu sagen: Die Beschlüsse sind „ein Dokument der Härte und Herzlosigkeit“. Mehr Mitmenschlichkeit dagegen einzuklagen, bleibt aber solange ein Akt der Hilflosigkeit, wie kein Einspruch gegen diese brutalen Benutzungsverhältnisse erfolgt – gegen Verhältnisse, die nicht nur im globalen Süden, sondern auch in den Metropolen die Existenz von Millionen Menschen immer prekärer werden lassen.”
https://overton-magazin.de/top-story/eu-migrationsgipfel-ein-gipfel-der-heuchler-und-der-heuchelei/
https://www.euractiv.de/section/innenpolitik/news/eu-staaten-verschaerfen-rhetorik-bezueglich-migration/
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/eu-gipfel-zur-migration-europa-verstaerkt-die-grenzsicherung-18668742.html
Die speziell österreichische Position wird hier gewürdigt: https://www.telepolis.de/features/Komplett-dicht-Oesterreich-will-EU-Gipfel-wegen-Migration-blockieren-7489819.html
Reinhard Lauterbach über das polnische Grenzregime an der belarussische Grenze
Tote im Wald. – Stacheldraht und kilometerlanger Zaun: Noch immer versuchen Tausende Asylsuchende, die Grenze zwischen Polen und Belarus zu überwinden
https://www.jungewelt.de/artikel/445220.eu-grenzregime-tote-im-wald.html
Aber selbst polnische Staatsvertreter kennen sogenannte “gute Flüchtlinge” (aktuell die aus der Ukaine), denn mit denen will man 2023 seine Zuständigkeitsbereiche innerhalb der EU-Gremien ausweiten ….
https://www.euractiv.de/section/europa-kompakt/news/polen-warnt-vor-desinformationskampagnen-gegen-ukrainische-fluechtlinge/
Die (ja ebenfalls rechtsnationale) italienische Regierung reagiert insgesamt spiegelverkehrt zu den polnischen Staatsvertretern – weil sie ihren eigenen Machtbereich durch die Konzentration der EU auf die Ukraine aktuell eher geschmälert sieht ….
https://www.euractiv.de/section/europa-kompakt/news/berlusconi-attackiert-ukrainischen-praesidenten/?utm_source=website&utm_campaign=popular
https://www.euractiv.de/section/europa-kompakt/news/meloni-unter-druck-wegen-ausschluss-aus-deutsch-franzoesischem-duo/?utm_source=website&utm_campaign=popular
Sonstiges aus dem ‘wertebasierten Westen’ ….
https://www.euractiv.de/section/europa-kompakt/news/paris-raet-franzosen-belarus-unverzueglich-zu-verlassen/?utm_source=website&utm_campaign=popular
https://www.telepolis.de/features/EU-Kommission-gibt-Plaene-fuer-Sanktionen-gegen-russischen-Nuklearsektor-auf-7518363.html
Eigenartig, daß der Zustrom an der weißrussisch-polnischen Grenze nicht abreißt, obwohl dort jetzt ein Zaun steht, gegen den der seinerzeitige Eiserne Vorhang ein Klacks war.
Die Flüchtlinge, die dorthin gekommen sind, waren vor allem aus dem irakischen Kurdistan und flüchteten vor Bandenkriminalität, nicht vor Krieg oder Hunger.
Entweder die Lage hat sich dort verschlimmert, oder andere aus dem Nahost haben diese Route entdeckt und sie ist wegen der Kooperation Weißrußlands immer noch perspektivenreicher als die übers Meer oder durch die Türkei …
Hier eine Aufstellung dazu, was in der EU bereits an Grenzzäunen errichtet wurde. Es ist schon an sich bemerkenswert, mit was für Mauern und Zäunen sich der Wertewesten und das Reich der Freiheit umgibt, das seine Entstehung dem Fall der (Unrechts-)Mauer verdankt.
Reichen tut es natürlich hint und vorn nicht.
Mehr Zäune, höhere, mehr Abschreckung! – schreien die meisten staatlichen Vertreter auf entsprechenden Konferenzen. So sehr Einigkeit darüber besteht, daß von dem Zeug mehr und größer gebaut werden muß, um so mehr kommt Uneinigkeit darüber auf, wer das Ganze eigentlich berappen soll.
Noch immer gibt es nämlich eine gewisse Neigung zum Florianiprinzip, ankommende Flüchtlinge möglichst weiterzuschicken, wenn es schon zurück nicht geht.
Und da sind die Staaten im Inneren der EU sauer, wenn von vermeintlich löchrigen Außengrenzen zu ihnen diejenigen kommen, die es in unwirtlichen Gegenden über hohe Zäune und das Meer geschafft haben.
Diese wieder schreien: Mehr Geld! – und lassen genau deshalb eine gewisse Anzahl von Flüchtlingen durch, um auf ihrem Anliegen zu beharren.
An dieser Stelle fällt erstens auf, daß Litauen sich nicht lumpen läßt und wirklich seine ganze Grenze zu Weißrußland mit einem Zaun versieht, koste es, was es wolle.
Spanien war Pionier im Zäunebauen und hat auch mehrere Linien der Verteidigung gegen Immigranten aufgebaut, die das ohnehin schon beschränkte Territorium seiner Entklaven noch weiter verkleinern und verhäßlichen.
Vieles beim Zaun- und Mauerbau in der EU beruht auf spanischem Know-How, das regelmäßig nachgefragt wird. So wurde auch das Rückführungsabkommen mit der Türkei an dem modelliert, das Spanien schon lange vorher mit Marokko geschlossen hatte.
Weiters ist auffällig, wieviele Barrieren zwischen EU-Staaten errichtet wurden, trotz oder wegen der Schengen-Reisefreiheit.
So mußte sich Kroatien seinen Schengen-Beitritt erst durch die nötige Brutalität gegenüber dem Migrantenstrom aus (=über) Bosnien sozusagen erdienen. Slowenien, Ungarn und Österreich verlassen sich aber nicht drauf und haben eigene Kontrollen eingerichtet.
Die zypriotischen Zäune geben Rätsel auf.
Vermutlich sind sie gegen Nordzypern errichtet und dienen in erster Linie dem Unterbieten des Schmuggels. Die Migranten kommen doch eher übers Meer. Oder über den Flughafen on Ercan, den einzigen, der auf türkischem Hoheitsgebiet liegt?
Seit dem Brexit ist für die Einreise nach GB die Seegrenze attraktiver geworden, da der Transitverkehr durch den Chunnell weniger geworden ist und genauer kontrollliert zu werden scheint.
Ein Gipfel der Heuchler und der Heuchelei
EU-Migrationsgipfel
„Seid umschlungen Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt“. Darauf spielt die Hymne der EU an, die ihre Menschheitsverbrüderung mit Mauern, Zäunen, Grenzsicherung durchsetzt.
Im Rahmen ihres Gipfeltreffens in Brüssel, nach Gruppenfoto und Treffen mit Ukraine-Präsident Selenskij, haben sich die 27 Regierungschefs der EU auch mit dem Thema Migration befasst. Früher hiess der Tagesordnungspunkt Gemeinsame Asylpolitik und war den ständig steigenden Flüchtlingszahlen gewidmet. Nun heisst er Migrationspolitik, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich bei den Flüchtenden nicht um Menschen in einer Notlage handelt, sondern um Auswanderer, die ihr Glück in einem anderen Land suchen. Auch wird ihre Situation unter dem Titel illegale Einreise zum Thema, womit die Politik deutlich macht, dass sie es bei den Flüchtlingen eigentlich mit Straftätern zu tun hat.
Wertorientierter Umgang mit Menschen in Not
Mit ihrer Kennzeichnung des Personenkreises mal als Flüchtlinge, mal als Migranten oder Grenzverletzer geben die Regierungschefs zu erkennen, dass sie definieren, wann ein Handeln im Lichte der Humanität zu deuten und wann ein grenzpolizeilicher Blick auf lauter Vergehen angebracht ist. Sie legen eben fest, wie die Werte zu verstehen und in Anschlag zu bringen sind, auf die sie sich in ihrer Wertegemeinschaft (woraus die EU ja bestehen soll) berufen. Deshalb ist auch die Sicherung der Aussengrenzen der EU nicht als ein Akt der Asyl-Verweigerung zu sehen, sondern als Kundgabe, wie das Asylrecht immer schon zu begreifen war – nämlich als Mittel der Aussenpolitik der betreffenden Länder. So sind ukrainische Flüchtlinge willkommen und ein Ausweis europäischer Humanität, weil sie der lebende Beweis für die unmenschliche Politik Russlands sind. Also werden sie rasch und unbürokratisch aufgenommen und entsprechend umsorgt. Ausgedient haben dagegen Asylbewerber aus Afghanistan. Schliesslich hat die Nato beschlossen, dass dieses erfolgreich zerstörte Land – in dem u.a. die Bundeswehr 20 Jahre lang wütete – sich selbst überlassen werden kann, denn die Taliban werden wohl alle Hände voll zu tun haben, ihre Macht zu sichern und ihr Volk irgendwie über die Runden zu bringen. Ausgedient haben zum Beispiel auch die Jesiden, die vor einiger Zeit noch das menschliche Beweismaterial gegen den Islamischen Staat und Syriens Präsident Assad waren. („Immer weniger jesidische Flüchtlinge aus dem Irak werden in Deutschland anerkannt. Dabei hat der Bundestag gerade erst gefordert, den Überlebenden des Völkermordes hier Schutz zu gewähren.“ sueddeutsche.de, 3.2.23) Menschen aus den Kriegsgebieten Syrien, Libanon, Irak sind nicht mehr von Interesse und es gilt deren Fluchtwege zu stoppen. Menschlichkeit im Sinne wertorientierter Aussenpolitik hat eben so ihre Konjunkturen…
Sicherung der Aussengrenzen der EU
So heisst jetzt das vorrangige Thema europäischer Migrationspolitik. „Es geht vor allem um eine stärkere Sicherung der Aussengrenze und mehr Abschiebungen. Deutschland unterstützt die Pläne für mehr Grenzschutz.“ Es ist also nichts anderes geplant als die Umzäunung der EU mit möglichst hohen Stacheldrahtzäunen inklusive Überwachungskameras und Alarmanlagen. Erinnerungen an eine „unmenschliche“ Grenze, die einst zwei deutsche Staaten voneinander trennte, dürfen da natürlich nicht aufkommen. Hier und jetzt regiert ja die Humanität!
Ansonsten muss dafür gesorgt werden, dass andere Länder die Elendsfiguren gar nicht erst auf „uns“ loslassen, also auf den Weg nach Norden oder aufs Mittelmeer, sondern sie gleich einfangen und einsperren. Private Rettungsaktionen gilt es zu behindern. Nach dieser Logik ist es eben besser, dass diejenigen, die nicht erfolgreich eingefangenen wurden, im Mare Nostrum ertrinken, als dass sie den Boden der EU erreichen. Und so können sich weiterhin jedes Jahr zum 13. August deutsche Politiker mit Trauermine in Szene setzen, um der Mauertoten zu gedenken, während tausendfach Menschen im Mittelmeer sterben.
Dabei könnte man sich hier noch an einige andere Gipfelleistungen der Inhumanität erinnern, denn vor nicht allzu langer Zeit galt der Bau von Mauern auch bei Bündnispartnern als Ausweis menschenverachtender Politik – etwa im Fall der Grenze zwischen den USA und Mexiko, die ein Donald Trump paramilitärisch befestigte, oder des Zauns, den der ungarische Präsident Orban errichtete. Das war damals schon als reine Heuchelei erkennbar. Die Aufmerksamkeit richtete sich ja nicht auf den meterhohen Zaun vor den spanischen Exklaven in Afrika oder die scharf bewachte Mauer Israels in Palästina. Es kommt eben nicht darauf an, was der Zaun oder die Mauer jeweils bewirkt, sondern darauf, in welchem Verhältnis die hiesigen Regierungen jeweils zu den auswärtigen Mächten stehen. Schliesslich hatte Trump mit seiner Politik des „America first!“ auch den Konkurrenten aus Europa den Kampf angesagt – und da kam jeder Anlass gelegen, einen solchen Politiker moralisch anzugreifen. Ein Orban, der darauf bestand, für seine Aussengrenzen selber die Entscheidungen zu treffen, und der EU, damit auch Deutschland, eine Mitsprache über sein Hoheitsgebiet verweigerte, disqualifizierte sich eben im Gegensatz zu Spanien, das sich EU-konform verhielt. Und dass sich Israel vor den von ihm terrorisierten Palästinensern schützen muss, ist ebenfalls von Kritik ausgenommen, denn der hochgerüstete Staat sorgt mit seinem Militär für eine dem Westen genehme Ordnung im Nahen Osten.
Wenn jetzt die verschiedenen EU-Mitglieder von der EU Geld für ihre Zäune wollen, so hat dies zwei Seiten. Einerseits ist klargestellt: Dass niemand mehr ohne Genehmigung in die EU gelangt, geht in Ordnung; dafür ist Brüssel auch bereit zu zahlen. Andererseits will die Union damit eine Mitsprache bei der Ausübung der Hoheit über die Grenzen und bei der Behandlung der dort ankommenden Menschen. Insofern hält sich die EU dann auch wieder bei der Finanzierung der Zäune zurück und überlässt es den Ländern, EU-Gelder für die Grenzsicherung umzuwidmen. Womit eben öffentlich klargestellt wird, dass die EU sich keineswegs abschottet, wenn sie sich abschottet. Dies machen ja die einzelnen Länder. Dabei gilt es als ausgemachte Sache, dass die EU sich dem Ansturm der Migranten und illegal einreisenden Menschen erwehren muss.
Der Druck auf die EU durch den Flüchtlingsstrom
Die Sachlage ist also eindeutig: Scholz verwies nach dem Gipfel zwar darauf, dass das Wort „Zäune“ im Beschluss nicht vorkomme, sagte aber gleichzeitig, es gehe schon darum, „dass an einigen Grenzen Sicherungsmassnahmen ergriffen werden“. Dass die Bundesregierung diese Beschlüsse mittrage, sei „ein klarer Bruch des Koalitionsvertrags“, hiess es dagegen von linken Kritikern. „Eigentlich habe sich die Koalition dafür einsetzen wollen, das Leid an den Aussengrenzen zu mindern.“ (MiGazin, 12.2.23)
Und unsere Mainstream-Medien? Kommt von ihnen ein Aufschrei angesichts der Tatsache, dass Inhumanität und Heuchelei bei Vertretern der wertebasierten Weltordnung mit Händen zu greifen sind? Weit gefehlt! Man ist weitgehend in Übereinstimmung mit den offiziellen Ansagen. Das heisst: Nicht die Flüchtlinge sind in Not, sondern die EU, die sich ihres Ansturms erwehren muss. Und dass der Strom der Notleidenden nicht weniger wird, dafür haben die EU, die USA und der sogenannte Westen ja einiges getan. (…)
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/europa/eu-migrationsgipfel-sicherung-der-aussengrenzen-7524.html
In den letzten sechs Monaten haben zwei Journalisten von EL PAÍS und dem griechischen Presseorgan Solomon mehr als ein Dutzend Quellen interviewt, darunter Migranten, Mitarbeiter verschiedener Institutionen im Zusammenhang mit dem griechischen Asylsystem, aktive und pensionierte Mitglieder der Sicherheitskräfte, Sicherheitskräfte und Anwälte, Experten und Bewohner der Grenzprovinz Evros, der östlichsten Griechenlands. Sie haben auch die von verschiedenen Verbänden und NGOs gesammelten Zeugenaussagen zu 374 Vorfällen analysiert, bei denen zwischen 2017 und 2022 mehr als 20.000 Menschen illegal von griechischen Sicherheitskräften über die Grenze, die den Fluss Evros begrenzt, in die Türkei abgeschoben wurden.
Die Ergebnisse der Untersuchung weisen auf ein klares Muster der griechischen Behörden hin: Die meisten Migranten werden bei der irregulären Einreise nach Griechenland aufgegriffen, ohne dass ihnen die Möglichkeit geboten wird, einen Asylantrag zu stellen und ohne ihre Inhaftierung zu registrieren – was nach griechischem und europäischem Recht vorgeschrieben ist. Sie werden zu verschiedenen Konzentrationspunkten gebracht (Polizeiwachen, Armeekasernen, verlassene Lagerhäuser), wo sie Polizeigewalt ausgesetzt werden.
Bevor sie in Schlauchbooten in die Türkei transportiert werden, werden sie ihrer Habseligkeiten beraubt. Die gesammelten Daten erlauben uns zu schätzen, dass sich die griechischen Sicherheitskräfte in den letzten sechs Jahren mehr als 2 Millionen Euro in bar (zwischen 2,2 und 2,8 Millionen) sowie Telefone und andere Wertgegenstände (Ringe, Ohrringe, Armbänder, Uhren…) angeeignet haben.
Dieser Betrag könnte noch viel höher sein, da viele dieser Abschiebungen – und die daraus resultierenden Diebstähle – von den in der Region tätigen NGOs nicht registriert werden.
Die Analyse der Informationen führt uns zu der Feststellung, daß das, was vor einigen Jahren Einzelfälle gewesen sein könnten, inzwischen zu einer systematischen Taktik geworden ist.
„Wenn Sie ihre Telefone konfiszieren, entfernen Sie alle Beweise dafür, dass sie dort waren. Wenn Sie ihr Geld konfiszieren, machen Sie ihr Leben schwieriger. Wenn Sie sie ausziehen und nackt deportieren – ein weiterer wachsender Trend – demütigen und demoralisieren Sie sie. Es ist Teil einer Strategie, sie davon abzubringen, erneut zu versuchen, [die Grenze zu überqueren]“, kritisiert Eva Cossé, Forscherin von Human Rights Watch (HRW) in Griechenland.
(El País, 6.3.)
Aus den folgenden Erörterungen geht hervor, daß sich immer mehr Polizeiposten an diesem lukrativen Geschäft beteiligen. Die Möglichkeit, die Flüchtlinge auszuplündern, wirkt als Anziehungskraft für die Sicherheitskräfte in der Region.
Der griechische Staat muß ihnen also kein zusäzliches Geld für Überstunden oder zusätzlich eingestellte Kräfte zahlen und spart sich dadurch Kosten.
Eine Win-Win-Situation auf der EU-Seite. Inwiefern die türkischen Behörden ebenfalls involviert sind, geht aus dem Artikel nicht hervor.
Weitere Untersuchungen von El País und HRW fördern zutage, daß sich die griechische Grenzpolizei bei der Rückführung aufgegriffener Flüchtlinge auf ebenfalls Geflüchtete stützt, um sich selber rechtlich nicht anzupatzen.
Manche von ihnen werden dazu gebracht, selber die Boote zu lenken, mit denen die abgeschobenen Flüchtlinge in der Nacht über den Fluß Evros zurück in die Türkei gebracht werden.
Wenn sie diesen Dienst eine Zeitlang verrichtet haben, erhalten sie ein Dokument, das sie zur Weiterreise in andere EU-Staaten befähigt.
Die subtile Propaganda der Medien:
Heute wurde in den österreichischen Abendnachrichten von den mindestens 39 Toten in einer „Flüchtlingsunterkunft“ in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez berichtet. Die Ursache des Brandes werde noch untersucht. Die Opfer stammten aus Venezuela.
Natürlich, Venezuela, dort herrscht ja ein Autokrat, der seine Bevölkerung unterdrückt, von dort muß man einfach flüchten.
Mit einem Abo von „El País“ stellt sich die Sache anders dar.
Erstens war das keine „Flüchtlingsunterkunft“, sondern ein Schubgefängnis, wo die Leute teilweise in Handfesseln verwahrt wurden, bis zu ihrer Rückschiebung.
Sie zündeten Matratzen an, um der drohenden Abschiebung zu entgehen. Das erwies sich für einen Teil von ihnen als tödlich. Die Anzahl der Verletzten ist noch höher als die der Toten, also dort ist die Post ziemlich abgegangen.
Einige Venezolaner waren auch unter den Opfern, die überwiegende Anzahl der Toten – 28 – stammte aus Guatemala, der Rest hauptsächlich aus Honduras und El Salvador. Es ist also das Elend und die Lebensgefahr in Mittelamerika, das das Gros der Flüchtlingsströme verursacht.
Man sieht an dergleichen Aktionen auch, wie sehr sich Mexiko inzwischen zu einem Türsteher der USA verwandelt hat, ähnlich wie die Türkei für die EU. Vermutlich floß da auch einiges an Geld aus dem Norden.
Fabian Lambeck: EU – Das Ende des Rechts auf Asyl
Mit der geplanten Reform des Asylrechts wird es für Geflüchtete zukünftig noch schwerer, in der EU Schutz zu finden..
Das EU-Parlament ebnete in dieser Woche den Weg für die Verhandlungen zum Asyl- und Migrationspakt. Nach langen und zähen Sitzungen einigte sich der zuständige Innenausschuss auf eine gemeinsame Position für das anstehende Geschacher mit den EU-Staaten. Die Stoßrichtung der insgesamt vier Gesetzesvorschläge, auf die sich der Ausschuss verständigt hatte, ist klar: Die Abgeordneten werden den EU-Regierungen nicht in den Arm fallen, wenn diese das Asylrecht weiter aushöhlen wollen. Unter anderem soll es neue Vorschriften für Kontrollen an den EU-Grenzen geben. Was unspektakulär klingt, könnte das »Ende des Rechts auf Asyl einleiten«, fürchtet Cornelia Ernst, die migrationspolitische Sprecherin der Linken im Parlament. Denn der Teufel steckt im Detail, etwa beim neuen Screening-Verfahren, »durch das alle irregulär eingereisten Menschen registriert werden und so eine Identitätsprüfung durchlaufen müssen«, wie die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel erklärte, die den Vorschlag mit erarbeitet hatte.(….)
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172158.festung-europa-eu-das-ende-des-rechts-auf-asyl.html
—–
Sonja Gerth: „Verstoß gegen das Völkerrecht“-USA haben in drei Jahren fast drei Millionen lateinamerikanische Migranten abgeschoben..
https://amerika21.de/2023/03/263266/27-millionen-aus-usa-abgeschoben
https://amerika21.de/2023/01/262113/kanada-usa-mexiko-gipfeltreffen
——
Einige ökonomische Gründe für die mittelamerikanische Einwanderungsbewegung in die USA: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172039.mittelamerika-kakaoanbau-in-mexiko-alles-wird-zur-ware.html. (Eigentümliche Reportage, voller Bewunderung für die Überlebens-Kunststücke der kleinen Leute in Mexiko. Vermutlich ist das vom Autor gar nicht als Zynismus gemeint.)
Einfach abschaffen können und wollen die Regierenden das Asylrecht nicht.
Erstens würden sie sich damit eine politische Waffe und einen Einmischungstitel in fremde Länder selbst aus der Hand nehmen. Zweitens würde es gegen alle Menschen- und Völkerrechts-Konventionen widersprechen die sie – bzw. eine ihrer Vorgängerregierungen – unterzeichnet haben.
Aber so, wie es ist, ist es ihnen allen natürlich auch nicht recht, sodaß die Flüchtlingsfrage ein Dauerbrenner ist.
London least schwimmende Unterkunft für 500 Migranten
Die konservative britische Regierung will Medien zufolge etwa 500 Asylsuchende auf einer schwimmenden Unterkunft unterbringen und hat dafür trotz Kritik aus den eigenen Reihen ein erstes Schiff organisiert. Das Innenministerium bestätigte heute, in der Grafschaft Dorset den Lastkahn „Bibby Stockholm“ geleast zu haben, auf dem etwa 500 Menschen untergebracht werden sollen.
Zuvor hatten verschiedene Medien über die Pläne berichtet. Die Kosten betragen laut „Times“ und „Guardian“ rund 20.000 Pfund (22.781,64 Euro) pro Tag plus Security, Verpflegung und Gesundheitsversorgung.
Die örtlichen Vertreter der Konservativen Partei lehnen das Vorhaben ab und drohen mit Klage. Der Tory-Abgeordnete Richard Drax nannte den Einsatz von Booten und Lastkähnen „völlig und absolut ausgeschlossen“. Bestehende Probleme würden verschärft. „Wir prüfen alle legalen Mittel. Wir werden nach Möglichkeiten suchen, wie wir das stoppen können“, sagte Drax.
Die Unterbringung auf Lastkähnen ist Teil des Plans, unerwünscht in Großbritannien ankommende Migrantinnen und Migranten zunächst in speziell für sie vorgesehene Unterkünften zu internieren und sie dann entweder in ihre Herkunftsländer oder nach Ruanda auszuweisen. Mit dem ostafrikanischen Land hat London ein entsprechendes Abkommen. Aufgrund von Klagen und ausstehenden Prüfungen ist bisher jedoch keine einzige Person ausgeflogen worden.
(ORF, 5.4.)
Laut El País wurde dieses Schiff, das kein Lastkahn, sondern dezidiert eine schwimmende Unterkunft ist, Anfang dieses Milleniums in Holland für Flüchtlinge verwendet, bis sich die Kritiken wegen der Zustände auf dem Schiff häuften.
Derzeit liegt es in Liverpool im Hafen und wurde angeblich in den letzten Jahren auch zur Unterbringung von Bauarbeitern bzw. Militärangehörigen genutzt – allerdings vermutlich nur für kurze Zeitspannen.
Es gibt bereits eine handfeste Auseinandersetzung vor Ort zwischen den Behörden der Gemeinde Weymouth (– dort soll das Schiff hinkommen), die um den Tourismus, der Haupteinnahmequelle der Ortschaft, fürchtet, und den Hafenbehörden von Portland, die sich von dem Schiff zusätzliche Einnahmen aus der Staatskasse erhoffen. (Der Hafen kann offenbar keine besondere Geschäftstätigkeit vorweisen.)
Özge İnan: Durchbruch bei der Asylreform: Europa macht dicht
Migration Die EU-Asylreform rückt in greifbare Nähe. Was menschenrechtlich nicht passt, wird passend gemacht. Welche Änderungen kommen und warum das erst der Anfang einer völligen Entrechtung sein dürfte
https://www.freitag.de/autoren/oezge-inan/durchbruch-bei-der-asylreform-europa-macht-dicht
https://www.euractiv.de/section/europa-kompakt/news/europa-kompakt-baldige-einigung-bei-eu-asylreform/
Cechura: EU-Migrationsgipfel – Ein Gipfel der Heuchler und der Heuchelei
https://overton-magazin.de/top-story/eu-migrationsgipfel-ein-gipfel-der-heuchler-und-der-heuchelei/
Bernhardt: Flüchtlingspolitik: Warum wem “tatsächlich unbürokratisch geholfen” wird
https://www.telepolis.de/features/Flu-chtlingspolitik-Warum-wem-tatsaechlich-unbuerokratisch-geholfen-wird-7138123.html?seite=all
Regierung und Opposition belämmern sich und die Öffentlichkeit auf der Basis
des Konsenses, dass zu viele Flüchtlinge das EU-Gebiet bevölkern, damit, welche
Methoden unerwünschte Ausländer am effektivsten fernhalten
Dies vorab: Der Ukraine-Krieg hat auch unter flüchtlingspolitischen Gesichtspunkten den staatlich berechnenden, perfiden Umgang mit Zufluchtsuchenden offenbart: Flüchtlinge, die "uns" mehr oder weniger willkommen sind, wie die Ukraine-Flüchtlinge, die nämlich als propagandistisches Werkzeug gegen die polit-moralisch als böse Angriffsrussen Abgefertigte benutzt werden: das Elend des Heimatverlustes als Extra-Unterstreichung der Gräueltaten der Russen in humanistischer Hinsicht – auch wenn Länder, Gemeinden und Kreise über das Unterbringungsvermögen in Bezug auf die Flüchtlinge jammern.
Umgekehrt wird bei anderen Flüchtlingen insbesondere aus dem Süden des Globus vermehrter Handlungsbedarf in Richtung Abwehr/Abschiebung entdeckt. Aus Radiomeldungen verlautete zunächst, dass aus der Berliner Koalition heraus ausätzliche sog. sichere Herkunftsstaaten definiert werden sollen. Damit sich arme Teufel gar nicht erst auf den Weg nach Europa machen, sollen wohl in den Herkunftsländern der Flüchtlinge nach dorthin Asylverfahren verlegt werden, die im Allgemeinen ohnehin abschlägig beschieden werden – deswegen heißen die sichere Herkunftsländer so, weil BRD/EU-Europa keine Fluchtgründe aufgrund wie auch immer schäbiger Lebensverhältnisse dort zuerkennen, auch wenn die Insassen die Zustände da unten für sich derart unerträglich befinden, dass sie von dort am liebsten abhauen. – Zeitgleich vernahm man von der zuständigen Innenministerium anderes oder Ergänzendes(?), dass nämlich von den Außengrenzen der EU her Asylverfahren beschleunigt in Angriff genommen werden sollen.
Ähnliches vertritt die Christ-Opposition mit ihrem Plädoyer für Zentren/Transitzentren, wo die Flüchtenden bereits an EU-Außengrenzen festgehalten werden sollen, also gar nicht erst die Chance kriegen, nach denen favorisierten Zufluchtsländern durchzukommen. – Neben diesen Abwehrinstrumenten lebt seitens der Christparteien das Drehen an der Alimentierung von Flüchtlingen auf: möglichst einheitlich wenig Geld über die ganze EU hinweg oder stattdessen sog. Sachleistungen als Hebel der Abschreckung, sich so Flüchtlinge weitgehend vom Hals zu schaffen.
https://www.tages-politik.de/Europapolitik/Aktuelle_Fluechtlingspolitik-Mai_2023.html
Eine Schnapsidee – sofern sie überhaupt richtig referiert ist:
Wie sollte das in Afganistan, dem Irak oder Syrien aussehen?
Auch andere Staaten, die bis heute keine Schubakommen unterzeichnet haben, wie z.B. Pakistan, dürften sich dafür wohl auch nicht einspannen lassen.
Deswegen kommt ja bei der britischen Regierung die Idee mit Ruanda auf – ein Drittland, dem man etwas zahlt, damit es sich als Parkplatz für Flüchtlinge herrichtet.
Dorthin ist übrigens bis heute kein Flüchtling überstellt worden, weil dergleichen der Verfassung widerspricht und im Grunde das Asylrecht aushebeln würde.
Die rechtlichen Regelungen bezüglich Flucht und Asyl in Europa unterstellen, dass das weltweite kapitalistische System von Geschäft und Gewalt ggf. bis in die hinterletzten Fleckchen dieser Erde zerstörerische Auswirkungen hat und weltweit zu Verelendung und sog. 'menschlichen Kollateralschaden' führt, die sich als sogenannte "Einwanderungswellen in Europa" hierzulande bemerkbar machen . (Je nachdem, wie die Herkunftsstaaten verfasst sind und benutzt werden, kommen als weltweite Fluchtgründe neben direkter politischer Verfolgung alle möglichen weiteren Fluchtgründe vor. Ein Großteil der Flüchtenden verbleibt in anderen Regionen des Landes oder in Nachbarstaaten.)
Vor allem die BRD, aber gleichfalls Österreich und andere EU-Staaten, die nicht direkt eine EU-Außengrenze haben, haben forciert, dass Flüchtende in die EU gemäß den Verträgen von Dublin ihre Flüchtgründe und ihr zukünftiges Verbleiben in den EU-Außenstaaten zu regeln haben (vor allem also Italien und Griechenland), da ist die BRD also fein raus, denn eigentlich erreicht kein Flüchtling Schland, ohne vorher die Grenzen eines anderen EU-Staates überquert zu haben, und daher dort Asyl beantragen zu müssen. https://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-europa/dublin-verfahren. In der BRD führen die bisherigen Dublin-Regelungen aber nicht dazu, dass keine Flüchtlinge in der BRD ankommen würden. Vielmehr werden sie von den Grenzstaaten oft durchgewinkt – und bescheren hiesigen Behörden incl. den Behörden vor Ort eine Masse von als solche definierte “Problemfälle” – sprich: die alten Dublin-Regeln funktionieren selbst in der BRD, die damit eigentlich ihre rechtlichen Vorteile gegenüber Resteuropa hat wahren wollen, schlecht.
Eine Reform der Dublin-Regelungen ist bisher immer daran gescheitert, dass die BRD diese Günstigkeitstellung bei der Flüchtlingsfrage nicht hat aufgeben wollen.[In der BRD selbst wird hingegen immer der Finger vorzugsweise auf andere EU-Staaten, Ungarn u.a. gelegt, als würde an denen vor allem eine Reform des Dublin-Systems scheitern…]
Fals sie nun doch eine Reform des Dublin-Systems vereinbart hinkriegen sollten, so ist damit gar nicht aus der Welt geschafft, dass die herrschende Weltordnung massig Fluchtursachen produziert. Der Klimawandel wird dem noch etliche hinzufügen.
Und dass Nicht-EU-Staaten (Ruanda hast du erwähnt) auch darin erst einmal ihre eigene Agenda vertreten, stimmt auch. Gleiches gilt z.B. für Niger, das EU-mäßig ähnlich vorgesehen ist. Und die “Rückführung” in Herkunftsstaaten gibt es auch zumeist eher als wertloses Papier.
[Das alles sei also explizit gar nicht bestritten. Dass neue Regelungen, so es sie denn geben täte, vermutlich auch schlecht ‘funktionieren’ werden, liegt weniger an diesem oder jenem veränderten Regelungsdetail. Sondern an der kapitalistischen Weltordnung.]
Mit den Dublin-Regelungen wurde der Schutz der EU-Außengrenzen denjenigen übertragen, die das Pech haben, eine Außengrenze zu haben.
Die Flüchtlingswelle hat seinerzeit Ungarn sozusagen am falschen Fuß erwischt, weil es klammheimlich mit Serbien eine Art Freihandelszone errichtet hatte. Diese Außengrenze war also besonders offen.
Im Winter vor dem großen Flüchtlinsstrom 2015 wurde die EU von einer Welle von Flüchtlingen aus dem Kosovo überflutet. Das haben inzwischen alle ganz „vergessen“.
(Verzeihung für die sprachliche Anpassung, die Menschen mit Naturkatastrophen gleichsetzt!)
Der unmittelbare Anlaß dafür war, daß Serbien irgendeine Erleichterung für die Anerkennung kosovarischer Dokumente eingeführt hatte, möglicherweise auf Druck der EU. Serbien war damit durchlässig geworden. Die Kosovaren kamen über überflutetes Gelände – oder waren es Bewässerungskanäle? –, wateten jedenfalls durch eisiges Wasser und trugen ihre Kinder. Ich kann mich an die Bilder gut erinnern.
Ihr Versuch, ihrem von NATO und EU eingerichteten Drecksnest zu entkommen, wurde umgehend abschlägig beschieden: Das EU-Parlament beschloß irgendeine Resolution, daß Leute aus dem Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Albanien kein Recht auf Asyl haben. Armut ist kein Asylgrund.
An die ungarische Grenze wurden einige Frontex-Leute geschickt, um den Ungarn bei der (bis dato praktisch nicht stattfindenden) Grenzüberwachung unter die Arme zu greifen.
Als dann die Massen im Sommer desselben Jahres kamen, war Ungarn völlig unvorbereitet, hätte aber nach den Dublin-Regelungen alle Flüchtlinge zurücknehmen müssen, die über seine Grenze kamen.
Das Dublin-Abkommen ist derzeit nur ausgesetzt, aber nicht aufgehoben. D.h., es schwebt wie ein Damoklesschwert über allen Staaten mit Außengrenzen, wie Ungarn, Griechenland, Italien.
Das sollte man nicht vergessen, wenn man sich über die „rechten“ und „unmenschlichen“ Regierungen dieser Staaten aufregt. Die Aufregung kommt meistens aus Staaten, die keine Außengrenzen haben.
Vergleichsweise fein heraußen ist Spanien, das mit Marokko ein Schubabkommen hat, nach dem Marokko alle Leute zurücknimmt, die über sein Territorium nach Spanien kommen. Der Kompromiß wackelte ein wenig, als Spanien wegen der Westsahara in mehrere Fettnäpchen trat, inzwischen scheint diese Front aber befriedet.
Georg Schuster: Wir und die Anderen im Jahr 2023
Europäische Asylrechtsreform, Fachkräfteeinwanderungsgesetz, Flüchtlingsgipfel, „Chancenkarte“ – Anlass zu einer Kritik der Dauerkontroversen über Zuwanderung und Asyl.
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/wir-und-die-anderen-im-jahr-2023/
Wie Flüchtlinge auf Lesbos entführt und im Meer ausgesetzt werden
Laut "New York Times"-Recherchen, die auf einem Video eines österreichischen Flüchtlingshelfers basieren, werden Asylsuchende von griechischen Inseln auf Life-Boats in die Türkei zurückgetrieben
Vermummte, die auf griechischen Inseln Asylsuchende festnehmen und diese in aufblasbaren Rettungsinseln auf dem Meer aussetzen, um sie so zurück in die Türkei zu bringen: Dass solche illegalen Praktiken existieren, wurde schon länger vermutet. Beweise fehlten jedoch – bis jetzt.
(…)
(Standard, 19.5.)
Noch gut, daß die türkische Küstenwache die Leute von diesen Plastikflößen rettet. Die nächste Stufe ist, das auch nicht mehr zu machen.
Grüne Hochstapelei….
Eine AfD-Regierung könnte kein menschenfeindlicheres Asylrecht aushecken als das jetzt in der BRD bestehende. Grüne spielen dabei allenthalben und auf allen Ebenen mit.
Warum eigentlich wurden die Grünen als die heutige Regierungspartei überhaupt gewählt, fragt sich Leo Fischer:
“(…) All die grünen Positionierungen gegen Rassismus, für den Schutz von Geflüchteten, all die Kämpfe für ein humaneres Recht, sind im Nachhinein als blankes Wahlkampfgetöse zu werten. Das passt zum Umgang mit der Letzten Generation: Keine AfD-Regierung hätte der seit den 68ern beispiellosen Kriminalisierungskampagne besser zuarbeiten können. (…).
Redet man mit hochrangigen Grünen, hört man das, was man jahrzehntelang von der SPD gehört hat: Pragmatismus, Sachzwang, EU-Partner, das ganze Blabla. Das Personal der zweitstärksten Partei des mächtigsten EU-Landes stellt sich als eine Gruppe armer Hascherl dar. Neu sind noch verdruckste Verweise auf »die Verwaltung«: in den Ämtern herrsche ein Geist, der es schwer mache, wirklich Fortschritte zu erzielen. Herrje. Es gibt wohl nichts, was mehr Mitleid erzeugt als ein Minister, der sich vor den eigenen Verwaltungsbeamten fürchtet. Das werden sicher auch die Schutzsuchenden verstehen.(….)”
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1173551.die-stimme-der-vernunft-gruene-hochstapelei.html