EURO-AUSTRITT: EINE SPIEGEL-ENTE?
Im SPIEGEL erschien am 6.5. ein Artikel, in dem unter anderem behauptet wurde, die griechische Regierung erwäge den Austritt aus der Eurozone und die Wiedereinführung der Drachme. In dem Artikel werden die Folgen eines solchen Schrittes für Griechenland und die EU kurz skizziert, und ein eilig einberufenes geheimes Finanzministertreffen in Luxemburg erwähnt, das Griechenland von diesem Schritt abhalten sollte.
Heute heißt es überall: So eine Verantwortungslosigkeit des SPIEGEL! Alles völlig aus den Fingern gesogen! Besonders scharf protestiert die griechische Regierung selbst.
Das „geheime“ Ministertreffen in Luxemburg hat es dennoch gegeben, und wie inzwischen durchsickert, waren gar nicht alle Finanzminsiter eingeladen, sondern nur die aus Ländern mit der besten Bonitätsstufe – zu denen, die österreichische Zeitungen stolz vermelden, auch Österreich gehört. „Wir“ waren also auch dabei, als dieses heiße Thema verhandelt wurde.
Der SPIEGEL beruft sich auf ein internes Papier des deutschen Finanzministeriums. Dieses Papier wurde dem SPIEGEL ja nicht zufällig zugespielt – irgendwer wichtiger in der Regierung meinte, es gehöre zum Thema einer öffentlichen Debatte gemacht. Schon allein deswegen, weil die sogenannten Rettungspakete des letzten Jahres viel Unmut in Deutschland ausgelöst haben und irgendetwas Ähnliches jetzt wieder einmal bevorsteht.
Denn Griechenland ist ja nicht ohne Grund im Gerede: Wie nicht anders zu erwarten, hat das „Rettungspaket“ des vorigen Jahres und die darin verordneten „Sparmaßnahmen“ den griechischen Staatshaushalt noch weiter zerrüttet, und das Land ist wieder am Rande der Zahlungsunfähigkeit.
Auch das interne Papier des Finanzministeriums kommt ja nicht ohne Gründe zustande. Wenn darin vor den verheerenden Folgen gewarnt wird, die ein Austritt aus der Eurozone für alle hätte, so wird es dafür ja auch wohl einen Anlaß gegeben haben. Die griechische Regierung hat diese Möglichkeit offenbar erwogen, wenn vielleicht auch nur deshalb, um die EU unter Druck zu setzen und eine Neuverhandlung der Bedingungen zu erzwingen, die mit den vorjährigen Kredithilfen verbunden waren.
Das „Geheimtreffen“, über das die Öffentlichkeit via SPIEGEL informiert wurde, hat es auch in sich: So wie bei Portugal, mit viel Getöse und heftigen Auflagen, sollen die Zahlungsschwierigkeiten Griechenlands heuer offenbar nicht mehr abgehandelt werden. Es würde auch ein sehr schiefes Licht auf diese „Rettungsversuche“ werfen, wenn sich herausstellen würde – was sich de facto herausgestellt hat – daß diese Stützungsaktionen ein Dauerprogramm sind, also entgegen allen ausgegebenen Sichtweisen keineswegs eine Sanierung, sondern eine weitere Zerrüttung dieser Staatshaushalte darstellen. Und damit eine weitere Strapazierung des Kredites der Eurozone.
Auch die zweite Möglichkeit, die im Zusammenhang mit Griechenland seit einiger Zeit durch die Medien geistert, die Idee einer Umschuldung bzw. Schuldenstreichung, wurde in Luxemburg angeblich verworfen. Griechenland darf sich also weder in Form eines privaten Vergleiches mit seinen Gläubigern eines Teiles seiner Schulden entledigen, noch darf es die Fristen seiner Zahlungsverpflichtungen verschieben. In beiden Fällen würde es nämlich in Zukunft als Schuldner genauso von den Kapitalmärkten verstoßen, wie es im Falle des Ausstiegs aus dem Euro geschähe, und die griechischen Zahlungsverpflichtungen würden auf Ramschstatus heruntergestuft – was sich vor allem für die EZB negativ zu Buche schlagen würde, die aufgrund der bisherigen Stützungsaktionen auf griechischen Staatsanleihen in der Höhe von 40 Milliarden Euro sitzt.
Es muß echt spannend gewesen sein, was da auf dem Schloß in Luxemburg verhandelt wurde, und es ist offenbar nicht geplant, den Inhalt dieser Gespräche an die große Glocke zu hängen. Es sei denn, es kommt wieder zu einer „Indiskretion“.
Wie auch, das widerspräche der eben der kapitalistischen Funktionalität des Kreditgeschäfts. Es kommt doch auch kein Reicher auf den Gedanken, den Habenichtsen dieser Welt was zukommen zu lassen, und wenn ein Funktionär der Reichen dergleichen ernsthaft in Erwägung zieht (aus meinetwegen ‘humanitären’ Gründen o.s.ä.), gehts ihm vielleicht ähnlich wie Herrhausen oder Rohwedder …
Nein, ein Konkursverfahren auch für einen Staat widerspräche grundsätzlich überhaupt nicht der kapitalistischen Funktionalität des Kreditgeschäfts. Sowas gibt es innerstaatlich für Firmen und andere Rechtspersonen doch schon immer als Insolvenzverfahren. Gerade das dient der Funktionalität, daß nur solche Schulden als Vermögenswerte kursieren, die halbwegs “realistisch” bedient werden können. Wenn es offensichtlich nicht mehr geht, wenn selbstein Insolvenzverwalter keine besseren Ideen hat, dann werden halt die aufgehäuften Schulden zusammengestrichen auf den Wert, der gerade noch geht. Wenn das im Fall Griechenlands 50 % sind, dann sind es eben 50 %. Die meisten Gläubigerstaaten (und Banken) sträuben sich doch nicht aus Prinzip, sondern weil sie Weiterungen befürchten. Weil sie Berfürchtungen haben, daß sich dann erweisen könnte, daß nicht nur Kredite an Griechenland ganz offiziel abzuschreiben sind, sondern daß es auch noch weitere unsichere Kantonisten gibt.
Umgekehrt sind Staaten normalerweise überhaupt keine Propagandisten des eigenen Bankrotts, weil sie durch die euphemistische “Umschuldung” zwar ihre Altschulden zu einem erheblichen Teil loswerden können, anders als Firmen, die danach eben tot sind und aus dem Handelsregister gestrichen werden und irgendjemand Neues die Betriebsstätten billig kauft und neu anfängt, geht sowas bei Staaten ja nicht. Die stehen nach einem “Haircut” doch erst mal auf Jahre da, und kriegen null neuen Kredit. So, wie eine Privatperson nach der Abgabe der eV ja auch erst mal keinen Autokredit oder eine neue Wohnung bekommt. Und sich deshalb regelmäßig mit allen Tricks der Abgabe zu entziehen versucht.
Noch ergänzend zu dem, was Neoprene schreibt:Argentinien hat ja wirklich einen großen Teil seiner Schulden gestrichen, weil einfach nichts da war. Auf das Bekenntnis der Zahlungsunfähigkeit folgten lange Jahre der Verhandlungen, welche Ausgleichsrate die Gläubiger akzeptieren würden. Nestor Kirchner konnte nirgends hinfliegen, weil sonst sein Flugzeug beschlagnahmt worden wäre. Auf den Kapitalmärkten ist es bis heute nicht vertreten, es ist ein Land, dem keiner Geld borgt.
Das das nichts damit zu tun hat, daß da jemandem etwas „geschenkt“ würde, kann man auch an Argentinien betrachten: Das Land, das als Kornkammer und Rinderparadies gegolten hat, exportiert heute auf Teufel komm raus Futtermittel nach Europa, mehr als die Hälfte des Rinderbestandes wurde geschlachtet, der Hunger ist endemisch geworden, jede Menge Kinder verhungert, und ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung lebt in Slums.
Aber bei Argentinien ging das deshalb, weil das halt seinen Peso hatte, dessen Koppelung an den Dollar einfach über Nacht aufgehoben wurde. Die Devisenkonten wurden eingefroren.
Bei Griechenland würde das die gesamte Eurozone mit sich ziehen, und den Euro als internationale Währung in Frage stellen.
Das ist ja gerade die Funktionalität des Kredits. Niemand bekommt den, weil er was kaufen will, gleichgültig ob Staat, Frima oder Privatperson, sondern ausschließlich dann, wenn er den bedienen kann.
Im Übrigen geht das mit der billigen Übernahme von Staaten durchaus, siehe DDR. Auch da war das politische Argument, die sei pleite gewesen. Nur will niemand Griechenland oder Argentinien als ‘arme Verwandte’ übernehmen, deswegen lässt man es drauf ankommen, wegen des Schuldendienstes mit den dortigen Habenichtsen ggf. ebenso umzugehen wie mit denen in Afrika. Den Auftrag soll die griechische Regierung halt ausführen. Und deswegen gabs die klandestine Tagung in Luxemburg. Ob sich die Leute in Griechenland das in ähnlicher Weise gefallen lassen wie die deutschen Verhartzen, bleibt abzuwarten …
@Samson
Da geht jetzt einiges durcheinander.
Ach nein, was du nicht sagst! Und wie wird die Zahlungsfähigkeit, also die Fähigkeit, den Kredit zu bedienen, festgestellt? Aus den vorhandenen Einkünften und „Sicherheiten“. Nun, an beidem kann sich einiges ändern und dann kann der Kredit nicht mehr bedient werden.
Du hingegen tust so, als hätte die Bank per Rechtsordnung eine Garantie auf Bedienung des Kredits. Wenn das so wäre, wäre es unklar, warum es Konkurse gibt und warum Banken krachen.
Die „Übernahme“ der DDR war eine Gewaltfrage, auf der Grundlage der Selbstaufgabe des Realen Sozialismus. Normalerweise ist für so eine Art „Übernahme“, wie du es formulierst – Anschluß hieß es bei Österreich 1938 – ein Krieg nötig. Es ist also völlig verkehrt, die DDR in die Rubrik „Zahlungsunfähigkeit“ hineinzutun, dort hat sie nämlich nichts verloren.
Die griechische Regierung ist sicher nicht zimperlich, und was die Griechen selbst dazu sagen, bleibt abzuwarten.
Das Problem von Griechenland und der EU ist aber ein ganz anderes: Es ist einfach eine Lüge, daß mit „Sparpaketen“ „Haushalte saniert“ werden können. Man kann den Leuten noch so viel versuchen wegzunehmen, es kommen dadurch keine nennenswerten Einkünfte zustande. Das ist der Unterschied zu Hartz IV-lern, die befinden sich mitten in einer florierenden kapitalistischen Ökonomie, die ein „Exportweltmeister“ stolz vorstellt und die auch der Staatskasse Einnahmen und dem deutschen Staat Kredit verschafft.
Griechenland hingegen ist ein Dauerzuschußbetrieb, Irland und Portugal werden es auch werden, und das hat Folgen für das gesamte Kreditwesen der EU und für den Euro – man vergesse nicht, wer griechische Staatsanleihen hält: Die EZB, deutsche und französische Banken. Ähnlich ist die Lage bei Irland (hier sind mehr mehr britische Banken engagiert) und Portugal. Das Vorspiel zu ihren „Rettungspaketen“ war nämlich erstens über Jahre hinweg der Handel mit ihren Staatsanleihen durch die großen europäischen Banken, und im letzten Jahr der massive Ankauf derselben durch die EZB, um die „Märkte zu beruhigen“ und den ramponierten Kredit dieser Länder wiederherzustellen. Was nicht gelungen ist.
Überleg dir einfach, welche ausdrücklich nicht gewaltbasierten ‘Sicherheiten’ die USA den Finanzmärkten bieten resp. weshalb niemals jemand auf den Gedanken kommt, den Amis gleichermaßen mangelnde Kreditwürdigkeit anzuhängen wie Griechen, Iren, Portugiesen etc; bzw. warum die BRD von der EU bestenfalls ‘Verwarnungen’ bekommt.
Es war schon die “Lüge”, daß mit der Einführung eines einheitlichen Euroraumes Staaten wie die BRD und einige andere als bestimmende dieser neuen Währungszone ganz vortrefflich weiterakkumulieren könnten. Daß die Kredite, die sich nun neue Eurostaaten besorgen konnten, ein dauerhaftes florierendes Geschäft bei den starken Staaten garantieren würden. Die Krisen der auch durch den Euro nicht stärker gewordenen schwachen Staaten zeigt, daß das ganze Projekt eine klassische Überakkumulationskriese zur Folge hatte und noch hat. Deshalb bestehen doch die starken Staaten so beinhart auf all den verrückten Sanierungsrunden in den PIIG-Staaten. Das Eingeständnis, daß dort doch nichts (mehr) zu holen sein wird, wäre ja gleichbedeutend, daß all die schönen Exporte, all die schönene Kapitalmarkt- und Kreditgeschäfte ex post genixt würden, daß nicht nur in Spanien und Irlands die berüchtigten Blasen entstanden sind, sondern eben auch und gerade in der BRD und Frankreich. Diesen Offenbarungseid möchten sich Trichet, Schäuble und Co. naheliegenderweise ersparen.
“Überleg dir einfach, welche ausdrücklich nicht gewaltbasierten ‚Sicherheiten‘ die USA den Finanzmärkten bieten resp. weshalb niemals jemand auf den Gedanken kommt, den Amis gleichermaßen mangelnde Kreditwürdigkeit anzuhängen”
Es kommen doch schon manche auf diesen ja naheliegenden Gedanken: PIMCO als gigantischer Rentenfonds hat doch gerade erst mit viel Wellenschlagen alle seine US-Staatspapiere abgestoßen. “Der weltgrößte Bondinvestor zeigt sich noch skeptischer gegenüber US-Staatsanleihen als bisher: Der Total Return Fund des Pimco-Gründers Bill Gross baute seine Positionen, mit denen er auf fallende Notierungen der Papiere wettet, von drei auf vier Prozent aus.”
@Samson
Warum soll ich mir das überlegen? Hier geht es doch darum, was mit Griechenland und in der Eurozone los ist. Und es ist dabei nicht zielführend, sich zu überlegen, warum es woanders anders ist.
Der Kredit der USA ist ganz ein anderes Thema, aber wie Neoprene richtig hinweist, auch nicht mehr sakrosankt.
Vielleicht erleben wir noch den Tag, von dem Peter Tosh selig gesungen hat: „The day the Dollar die“.
Noch was. Der Dollar kommt bei der jetzigen Griechenland-Schuldenkrise höchstens so ins Spiel, als er ja der Bewerter des Euro ist und an der Kursdifferenz gerade das Ver- oder Mißtrauen der Finanzmärkte ablesbar ist.
Vor allem zeigt sich daran wiedermal, dass Überakkumulation eine Folge von Stockung der wirklichen Produktion ist, und zwar gleichgültig, ob ‘die Wirtschaft’ dabei beim BSP in Geld brummt oder nicht.
Ja und? Der Sorros hat mal das Britische Pfund beinahe erledigt bekommen. Man kann es auch anders ausdrücken: Wieso ist keine Zahlungsfähigkeit irgendeiner Regierung infrage gestellt worden, als es denen darum ging, erfundenes Geld in die Banken selber zu ‘pumpen’?
Weil dein Argument lautet:
Gesetzt den Fall, es wäre so, täte das an der kapitalistischen Funktionalität von Kreditgeschäften etwas ändern, resp. wäre dann Geld als Kapital plötzlich das gleiche wie Geld, das man beim Bäcker für Brötchen hergibt? Oder woran bemisst sich denn “das Ver- oder Mißtrauen der Finanzmärkte”?
Warum denn, und warum „wieder einmal“? Das war doch noch nie so.
Das „Über“ bezieht sich auf die Zahlungsfähigkeit, die die Produzenten am Markt vorfinden. Sie haben produziert, und bringen ihre Ware nicht an.
Und was heißt denn, die „Produktion stockt“? Wenn eine Fabrik schließt, ist das doch eine Folge der Krise, nicht ihr Grund.
Weil ihnen eben geglaubt wurde, daß es echtes Geld ist! Wenn die Geldmacher wirklich Geld machen, warum soll denen das wer nicht glauben?
Und was wäre deiner Ansicht nach „nicht erfundenes“ Geld? Die gute alte DM?
Was soll denn die „kapitalistische Funktionalität von Kreditgeschäften“ sein?
Wenn sich erweist, daß du eine Anleihe in Euro bei dir liegen hast, wo der Aussteller soeben pleite gegangen ist, was ist sie dann wert? Nichts! Also ist ein Kreditpapier geplatzt, und abstrakter Reichtum vernichtet worden. Und wenn du dann noch andere Anleihen herumliegen hast, von anderen Ausstellern, so schaust du, daß du sie möglichst rasch los wirst, bevor die sie gezeichnet habenden Subjekte auch flöten gehen. Damit würden die Finanzmärkte mit Euro-Anleihen überschwemmt, die die EZB gar nicht so schnell aufkaufen könnte, wie sie am Markt auftauchen. Und verschiedene weitere Euro-Länder gingen auch pleite, weil die von ihnen ausgestellten Papier jeder nur los werden, keiner aber haben möchte.
Sodaß dann vielleicht nur ein paar Staaten mehr Kredit hätten, aber die Länder, in die sie ihr Zeug verkaufen, dieses nicht mehr kaufen könnten.
Dazu kommen jetzt noch die privaten Banken dieser paar Länder, die, sagen wir, ihre Bonität behalten würden: Deutschland, Frankreich, Holland, Österreich. Die haben auch jede Menge Staatsanleihen bei sich liegen, sind sie doch ein Teil der gefürchteten und allmächtigen Finanzmärkte. So auch solche, die jetzt entwertet sind.
Und da fragst du, was für Auswirkungen das auf die „Funktionalität“ des Kreditgeschäfts hätte?
Die Produzenten haben mit der Versilberung der Waren am Gütermarkt selbst nichts am Hut. Die Warenbesitzer sind es die sich als Teilnehmer am Gütermarkt gegeneinander positionieren. Die Produzenten der Waren nehmen in anderer Funktion am Gütermarkt selbst wieder teil. Sie sind die Gesamtheit der Käufer, der von ihnen produzierten, und innerhalb der kapitalistischen Konkurrenz, feilgebotenen Konsumtionsartikel. Nach dem Kaufakt fungieren die Käufer zugleich wieder als Konsumenten.
Das “über” bezieht sich deswegen (in erster Stelle) nicht auf die (beschränkte) Zahlungsfähigkeit, der Gesamtheit der Käufer, sondern auf den Rentabilitätszweck, der für die Gütermärkte feilgebotenen Konsumtionsartikel, selbst. Der führt nämlich dazu dass viele Unternehmen die Produktionskapazitäten auf Expansion (intensiv, was die Lohnstückkosten, bei im ideellen Durchschnitt steigernder organischer Zusammensetzung der Kapitale, und extensiv bezüglich der Eroberung von Gütermärkten betreffend) ausrichten müssen.
Diesbezüglich treten, auf Grundlage des vorherrschenden Rentabilitätszwecks, die Wachtums- und Konkurrenzzwänge der Kapitale, der beschränkten Zahlungsfähigkeit der Konsumenten immer wieder gegenüber. Beschränkt ist die zahlungsfähige Nachfrage aber immer nur in Bezug auf die gerade vorherrschenden Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals.
Und warum gibt es Krisen selbst? Was ist denn der Grund der Krise, etwa der beschränkte Geldbeutel zahlungsfähiger Konsumenten? Weil das Kapital als Selbstzweck in unserer kapitalistischen Gesellschaft fungiert entstehen Überkapazitäten, und dabei muss die kapitalistisch motivierte Produktion periodisch immer wieder ins Stocken geraten. Dass ist der Grund von Krisen.
Nein, sondern weil die Verschuldungsfähigkeit eines Staates von der eines stinknormalen kapitalistischen Betriebs von Investoren qualitativ grundverschieden bewertet ist. Staaten können sich immer weiter verschulden, weil Staatskredit von Banken dazu verwendet wird in der Zirkulation als spekulatives Kapital zu fungieren. Staaten begleichen deswegen alte Schuldlasten in dem sie neue Staatspiergelder ausgeben, also zusätzlich zu den Altlasten neue Schuldscheine im Umlauf, also in die Zirkulation, werfen. Deswegen fungiert die Staatssschuld als Trifefeder der Akkumulation, sowie der kapitalistisch organisierten Spekulation.
Durch die VWL-Brille vielleicht; analytisch bezieht es sich auf Geld, das als Kapital fungieren soll, also auf Anlage suchendes Kapital, diese aber nicht findet (wofür es alle möglichen Gründe geben kann). Und nur in dieser Beziehung ist es Produktionsinstrumenten (Fabriken, Inventar, Arbeitskräften etc.) vergleichbar, die ‘abgewrackt’, entlassen werden, weil sie nicht rentabel, also profitabel zu verwenden sind.
Das wirklich abstrakte am ‘abstrakten Reichtum’ ist nicht, dass der als Geldform daherkommt, sondern dass in der Forderung, als Geldkapital zu fungieren, bspw. als Anlage, von der Produktion, aus welcher der ‘stoffliche’ Inhalt der Waren kommt, abgesehen resp. abstrahiert wird. Daher lauten die Forderungen an Regierungen immer, die Kapitalisten von Sozialklimbim zu ‘entlasten’, also gewaltsam Bedingungen zu schaffen, unter denen die die Löhne senken können, um ihre ‘Wettbewerbsfähigkeit’ o.s.ä. zu erhöhen. Und deswegen, weil es als Geldkapital dienen soll(te), haben die Staaten Geld erfunden, es den Banken überschrieben und gleichzeitig ‘Bad Banks’ eingerichtet. Die spekulative Idee dahinter ist immer schon die, dass die Renditerechnung der abstrakten Reichtumsvermehrung aufgehen würde. Nur entsteht der Profit gerade nicht bei den Geldmachern sondern in der tatsächlichen Produktion, ist aber gesellschaftlich mit dem Makel behaftet, mit wachsender organischer Zusammensetzung des produktiven Kapitals tendeziell zu sinken (was auf verschiedene Einzelkapitale unterschiedliche Auswirkungen haben kann).
Wenn star wars meint,
dann halte ich dem entgegen, daß sie das genausogut und eben genausowenig tun können wie eine einzelne Firma. So wie Banken nicht jeden Kreditantrag beglaubigen, weil sie aus Erfahrung wissen, daß nicht jedes Projekt dem Initiator (und der Bank) Profite abwirft, genauso schauen schon die Staaten selber darauf, ob das, was sie erstmal als “nur” spekulatives Kapital in ihre Geschäftswelt pumpen, sich letztlich auch als “wirklich” profitables Kapital erweist. Der Unterschied zu Firmen ist doch gar nicht, daß es stimmen würde “Staaten begleichen deswegen alte Schuldlasten in dem sie neue Staatspiergelder ausgeben”, das tut jeder Großkonzern genauso, sondern daß ein Staat hoffen kann, daß im Durchschnitt sich sein Kredit schon irgendwie rechnen wird. Wenn die Wirtschaft dadurch besser brummt, wenn sie “solide” Geschäfte macht, wenn daraufhin die Steuereinnahmen gesteigert werden können, dann hat es sich gelohnt.
Wenn aber zudem die Abnehmer von Staatspapieren nicht mehr glauben, daß das so funktioniert oder wenigstens zukünftig so funktionieren wird, dann geht es eben nicht mehr mit immer größerer Nettoverschuldung. Das lernen doch jetzt reihenweise Staaten, ganz schwache wie ganz große, daß das internationale Bankenwesen als die primären Finanziers der jeweiligen Staatsschulden, diesen Staaten es nicht mehr abnehmen, daß das gut angelegtes Geld ist, das man sorglos zur Verfügung stellen kann.
Wenn star wars schreibt:
„Staaten können sich immer weiter verschulden, weil Staatskredit von Banken dazu verwendet wird in der Zirkulation als spekulatives Kapital zu fungieren.“
so ist das einfach kontrafaktisch.
Portugal z.B. mußte bei der EU anklopfen, weil die portugiesischen Banken der Regierung gemeldet haben, daß sie ihre Staatsanleihen nicht mehr kaufen.
Es ist irgendwie absurd, angesichts der Tatsache, daß der Staatkredit an seine Grenzen stößt – darum geht es ja in diesem Beitrag – diesen Umstand einfach zu leugnen und allgemeine Vorträge darüber zu halten, was Kapitalismus ist. Bei denen dann herauskommt, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.
Ich habe ja auch nicht behauptet dass Staaten sich grenzenlos verschulden könnten.
Ach hör doch auf damit. Meine Behauptung bezog sich auf deine, und Neoprenes Vermutung, dass die Gewährung von Staatskredit qualitativ in eins zu setzen ist wie der Unternehmenskredit. Und dass stimmt halt einfach nicht, denn der Staatskredit wird durch die unproduktive Verausgabung von Steuer- und sonstigen Budgeteinnahmen des Staates, schrittweise getilgt. Der Unternehmenskredit muss dagegen nach der, im Geschäftsgebaren gültigen Rentabilitätsmaßstäben und -kriterien entlang, abgetragen werden.
Anders beim Staatskredit, da werden praktisch betrachtet Gelder aus dem unproduktiven Sektor für die Schaffung von gewinnträchtig ausgelegten Kreditgeschäften der Finanzinstitute verwendet. Die Finanzwelt schöpft über die beständige Abtragung von Staatskredit durch den Staat frisches, gewinnträchtig bereits ausgelegtes Kreditgeld (abgedeckt durch die Ausgabe von finanziellen Staatsicherheiten, wie z.B. Staatsanleihen).
Ob aber im nächsten Schritt, dieser Kredit durch die Finanzindustrie auch gewinnträchtig verwertet wird (womit Kreditgeld geschöpft wird), ist die Frage des laufenden Geschäftganges im Staate. Und wenn die Geschäfte mal schlecht laufen kann es schon mal passieren dass sogar der Staatskredit selbst platzt, und ein Staat(shaushalt) pleite gegen muss (vor allem wenn stark beschädigte Bankbilanzen in Staatsbilanzen selbst mit aufgenommen werden müssen). Starken Staaten wird deswegen mehr Vertrauen in den dort laufenden Geschäftsgang, und dessen Finanzierbarkeit (z.B. Deutschland), entgegengebracht wie schwachen Staaten (z.B. Portugal usw.). Dann wird Staatskredit einfach verweigert, und der Staat geht pleite. Der Staatshaushalt selbst ist halt auch ein Spiegelbild des laufenden Geschäftsganges im Staate selbst.
@star wars
Getilgt, also abgezahlt wird eine Staatsanleihe – ähnlich einer Firmenanleihe – nicht schrittweise, sondern am Ende der Laufzeit. Bis dahin sind darauf Zinsen zu zahlen. Eine Staatsanleihe ist im Unterschied zu einer Aktie ein fix verzinsliches Wertpapier.
Die Abzahlung geschieht durch Aufnahme von neuen Schulden, also Ausgabe von neuen Staatsanleihen. Wenn der Kredit eines Staates ramponiert ist, wie der Griechenlands, so gelingt es nicht, diese Anleihen zu verkaufen, dadurch können die alten nicht bezahlt werden, und der Kredit ist endgültig im Keller.
Die großen Unternehmen finanzieren ihren Kreditbedarf heute durch die Ausgabe von Wertpapieren, entweder Aktien oder Unternehmensanleihen. Bankkredite, wie sie dir offenbar vorschweben, werden an die KMBs vergeben, die ja erst deswegen zu einer eigenen Grupee zusammengefaßt worden sind, weil sie sich schwertun, an Kredit zu kommen.
Vom Standpunkt der Bank wird übrigens kein Unterschied gemacht zwischen Staaten, Ländern, Kommunen und ähnlichen Kreditnehmern einerseits, und Privatunternehmen andererseits. Sondern nach Kriterien, welche Art von Wertpapier – fix verzinslich oder nicht, und die Bonität des Schuldners.
Warum erzählst du mir dass alles eigentlich?
Weil du etwas über den Staatskredit behauptest, das nicht stimmt, und ich dich daher darauf hinweise, wie die Sache wirklich abläuft.
Ich glaube nicht dass deine Behauptungen mir widersprechen.
Der Staatskredit wird halt nicht „schrittweise“ getilgt, sondern zu bestimmten Terminen, die auf den Anleihen draufstehen – und das sind ja auch die Augenblicke der Wahrheit, wo sich dann herausstellt, ob der Staat überhaupt noch Kredit hat. Deswegen auch diese „Schuldenkrisen“. Weil eben die Schulden nicht aus Steuern und Abgaben gezahlt werden, sondern aus neu aufgenommenem Kredit.
Du schreibst etwas hin, dann sagt man dir: das ist nicht so! und dann sagst du: Das ist doch eh das Gleiche!
Es ist halt ein Unterschied ob ein Privathansel am Ende eines Leasingvertrages für sein Auto wirklich eine erhebliche Restzahlung auf den Tisch legen muß, um den Wagen nicht abgeben zu müssen, oder ob eine florierende Firma oder ein anspruchsvoller Staat fürs nächste Jahre wieder eine Ausweitung der Kredite einplant, um die Geschäfte ausweiten zu können.
Die zahlen doch immer die alten kleinen Kredite mit den neuen größeren zurück. Revolvierung ist buchstäblich die Basis des erfolgreichen Geschäfts. Und damit steht die Kreditwürdigkeit natürlich zu jeder Tages- und Nachtzeit hoch im Kurs, weil ja praktisch “immer” irgendeine Teiltranche umgerubelt und neu vergeben werden muß. Ein Staat, der sagen wir mal 3% des BSP als sowieso schon durch Neukreditaufnahme zu finanzieren gedenkt, weil er ja gerade seine Ausgabeplanung nicht davon abhängig machen will (und kapitalistisch gedacht auch nicht “darf”), was er an Steuern und Abgaben per Zwang einnehmen kann, der muß eben immer für die Revolvierung der Altkredite und die Nettoneuverschuldung gut sein. Und wenn sein Kreditstanding “plötzlich” in Frage gestellt wird, dann kriegt er eben im schlimmsten Fall nicht nur seine geplante Nettoneuverschuldung nicht am Markt platziert, sondern dann geht auch die Revolvierung nur noch zu immer “schlimmeren” Konditionen, wenn er überhaupt noch Kredite bekommt.
Nestor, ich war doch der erste der darauf hingewiesen hat. Wenn es dir um den Begriff “schrittweise” so sehr ankommt, scheiss drauf! Mir geht es um die Klärung von Verständnisfragen. Wie soll denn der Staat jemals für aufgenommenen Kredit monetär aufkommen können als durch Steueraufkommen (z.B. Zinstilgung)? Warum besteht z.B. die EU darauf dass Griechenland seinen Haushalt sanieren müsste?
Nestor, ich will gerade die Begrifflichkeiten auf die Spur kommen, die du aus der VWL-Brille heraus einfach voraussetzt. Oder glaubst du das Anleihegeschäft (Unternehmensanleihen, Staatsanleihen) trägt keine Spuren monetärer Verzinsung mehr in sich.
Ja ja, die „Begrifflichkeiten“!
Erst muß man einmal schauen, was los ist.
Das ist bei dir schon die VWL-Brille.
Aber wenn wir uns eh einig sind, so ist das fein …
Deswegen:
“Unser Geld bedingt den Kapitalismus, den Zins, die Massenarmut, die Revolte und schließlich den Bürgerkrieg, der zur Barbarei zurückführt. …Wer es vorzieht, seinen eigenen Kopf etwas anzustrengen statt fremde Köpfe einzuschlagen, der studiere das Geldwesen.”
Silvio Gesell
“Wenn jemand nicht zuerst das Wasser kennt, kennt er nichts. Denn was nützt es ihm, wenn er darin getauft wird? Wenn jemand nicht weiß, wie der wehende Wind entstanden ist, wird er mit ihm hinweggeweht werden. …Jemand, der nicht kennen wird die Wurzel der Schlechtigkeit, ist ihr kein Fremder.”
Jesus von Nazareth (nicht in der Bibel zu finden)
Wo wir heute vielleicht schon sein könnten, wäre die Natürliche Wirtschaftsordnung (echte Soziale Marktwirtschaft = freie Marktwirtschaft ohne Kapitalismus) bereits 1916 verwirklicht worden, kann bestenfalls erahnen, wer die “Großen Vier” (Heinlein, Asimov, Lem, Clarke) vollständig gelesen hat.
Wo die Menschheit aber heute wäre, hätte es die “heilige katholische Kirche” nicht gegeben, sprengt jedes Vorstellungsvermögen. Herzlich Willkommen im 21. Jahrhundert:
http://www.deweles.de/willkommen/cancel-program-genesis.html
Hmmm.
Was Gesell betrifft, so fühle ich mich nicht angesprochen, weil ich studiere das Geldwesen ja.
Was den Jesus betrifft, kenne ich mich nicht ganz aus, was das mit den Schuldenproblemen Griechenlands zu tun hat.
Die „großen 4“ habe ich nicht gelesen, lebe aber ganz gut mit dieser Bildungslücke.
Bist du sicher, daß du deinen Kommentar an der richtigen Stelle gepostet hast?
Wäre es nicht eher ein Posting für einen Sci-Fi-Fanclub?