Die Russen warns!

RUSSLAND BILDET DIE MEINUNG DER EU- UND US-BÜRGER?!
Russland soll die US-Wahlen beeinflußt haben, so der Tenor der Medien. Erst sollen sie mit Hacker-Angriffen diverse US-Websites geknackt haben.
„Der russische Einfluss auf den US-Wahlkampf mittels Hackerangriffe soll nach einem Medienbericht von oberster Stelle gesteuert worden sein. Wie der US-Nachrichtensender NBC berichtet, soll Staatschef Wladimir Putin selbst Anweisungen für den Umgang mit den gehackten Mails der demokratischen Parteifunktionäre in den USA gegeben haben. Der Sender beruft sich in seinem Bericht auf zwei anonyme hochrangige Geheimdienstverantwortliche.“ (Die Zeit, 15.12. 2016)
An Meldungen dieser Art fällt auf, daß es offensichtlich Null Beweise gibt. „Soll“, „beruft sich auf“ usw. Auf reinen Behauptungen aufbauend wird eine Urheberschaft für etwas konstruiert, das selber keinerlei Grundlagen hat.
Diese Anschuldigungen wurden bereitwillig von Politik und Medien der EU aufgenommen. Bei uns haben sie es auch versucht! Wir sind gefährdet! Wir müssen uns gegen solche Angriffe verteidigen! Über die Beschuldigung Rußlands versucht die EU, selber Einigkeit herzustellen und ihre Einigkeit mit denjenigen Eliten der USA zu bekräftigen, die ebenfalls in Rußland ihren Hauptfeind sehen.
Spanien hat inzwischen diesbezüglich nachgezogen und beschuldigt Rußland, an der Katalonien-Krise schuld zu sein.
1. Einfluß auf die Politik und Wahlkampagnen
Diese Vorwürfe kommen von Staaten und Regierungen, die während des Kalten Krieges jede Menge Dissidenten unterstützt haben, durchaus materiell. Für Dissidenten war diese Unterstützung durch westliche Staaten – oder auch Private, wie Soros – ihre Existenzgrundlage. In Ungarn wurde z.B. die ganze Dissidentenmannschaft über ein Jahrzehnt lang dadurch unterstützt, daß sie mit Übersetzungen westlicher Literatur beauftragt wurde, was deren Repräsentanten erstens ein Einkommen verschaffte und zweitens dafür sorgte, daß auch Bücher erscheinen konnten, die in verschiedener Form prokapitalistische Propaganda betrieben.
Es war auch durchaus üblich, den Dissidenten aller Staaten des Warschauer Paktes und auch Jugoslawiens (z.B. Djindjic und Seselj) großzügige Stipendien, Lehr- und Forschungsaufträge an westlichen Universitäten zu verschaffen, wo sie sich weiter von den Wohltaten der Marktwirtschaft und der bürgerlichen Wissenschaft für die gesamte Menschheit überzeugen konnten, um dann zu Hause darüber zu informieren, aus erster Hand natürlich.
Ebenso wurden nach der Wende in Osteuropa 1989/90 verschiedene Politiker, die sich für die liberale Doktrin und Privatisierungen durch Worte und Taten verdient machten, mit lukrativen Berater-Jobs und Unterbringung in hochdotierten Stellungen bei internationalen Organisationen belohnt.
Schließlich erinnere man sich zurück an den Präsidentenwahlkampf Boris Jelzins 1996, wo sich russische Oligarchen und westliche Regierungen verbündeten, um diesen Mann, der sich beim Zerfall der Sowjetunion bisher so bewährt hatte, von neuem ins Präsidentenamt zu hieven. Was heute als „Enthüllung“ gehandhabt wird, war damals keineswegs ein Geheimnis. Westliche wie russische Medien (damals größtenteils in Beresowskis Hand) berichteten darüber, und zwar mit dem Brustton der Überzeugung, daß man doch alles machen müßte, um den Demokraten Jelzin gegen seine Haupt-Rivalen, den Kommunisten Sjuganow oder den Militär Lebed an der Macht zu halten.
Auch heute werden Organisationen und Personen, die sich gegen die Regierung von Wladimir Putin stellen, vom Westen mit Medienpropaganda und materiellen Zuwendungen unterstützt. Auch das ist übrigens kein Geheimnis, und hat dazu geführt, daß westliche NGOs in Rußland einer strengen Kontrolle unterstellt oder verboten wurden, was wieder höchste Entrüstung im westlichen Blätterwald hervorgerufen hat.
Das, was Rußland heute vorgeworfen wird, war und ist also völlig selbstverständliche Gepflogenheit der demokratischen Regierungen der EU und der USA.
2. Einfluß über die Medien
Die USA und Westeuropa unterhielten seit 1950 den Sender „Radio Free Europe“ mit Sitz in München, der die Satellitenstaaten der SU mit Propaganda für Demokratie und Marktwirtschaft versorgte, in den jeweiligen Landessprachen. Ab 1953 sendete „Radio Liberty“, ebenfalls mit Standort in Deutschland, Sendungen der gleichen Art in russischer Sprache. 1973 wurden die beiden Sender zusammengelegt. Es war ebenfalls nie ein Geheimnis, daß die Haupt-Finanzierungsquelle beider Sender der CIA war. Als dieser Umstand gegenüber der Öffentlichkeit auf Kritik stieß, wurden sie (offiziell) über den US-Kongreß finanziert.
Nach der Wende 1990 wurden die beiden Programme bzw. Sender zunächst überflüssig. Die USA – wer auch immer genau – strichen die Unterstützung. Der damalige Präsident der Tschechoslowakei, Václav Havel, lud sie – in Anerkennung ihrer vorher geleisteten Dienste – nach Prag ein. Seither arbeiten die inzwischen vereinheitlichten Sender von Prag aus und verbreiten ihre Sicht der Dinge mit Hilfe zusätzlicher Sende-Einrichtungen in anderen Ländern in viele Teile der Welt, so auch auch in Afghanistan, Nordafrika, Südostasien u.a. Gegenden.
Westliche Medienunternehmen haben sich in viele Zeitungen ehemals sozialistischer Staaten eingekauft und betreiben dort inzwischen wahre Medienimperien, so in der Ukraine, in Serbien und anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens, in Rumänien und bis vor kurzem auch in Ungarn.
Rußland hat diesbezüglich im letzten Jahrzehnt nachgezogen. Mit Itar-Tass, Russia Today, Sputnik und halbprivaten Websites in verschiedenen Sprachen hat es das Internet genutzt, um seinerseits Propaganda zu betreiben. Es hat also die westlichen Vorbilder geschickt imitiert und die neuen Medien und sozialen Foren genützt, um der Propaganda der USA und der EU seine Sicht der Dinge gegenüberzustellen.
3. Rußland als Buhmann für die internen Krisen der EU
Obwohl man die Ereignisse in der Ukraine 20014/2015 nicht wirklich als interne Krise der EU bezeichnen kann, weil da ja sowohl die USA als auch Rußland als Akteure mitspielten und die EU in die zweite Reihe drückten, hat sie sich inzwischen zu einer inneren Krise der EU entwickelt. Die EU hat sich nämlich an diesem großen Brocken verschluckt, muß die Kosten dieser ökonomischen Bruchbude tragen und sieht sich mit den beiden Großmächten mit zwei Gegenspielern konfrontiert, gegenüber denen sie militärisch-gewaltmäßig ziemlich alt aussieht.
Als Hauptgrund für ihr Scheitern bei dem Versuch, sich diesen mehr als 40-Millionen-Staat als Hinterhof einzuverleiben, wurde Rußland dingfest gemacht. Nicht nur, weil es der pro-westlichen Ukraine einen Teil ihres Gebietes weggenommen und einen anderen Teil streitig gemacht hat, sondern weil es auch einen Teil der EU-Bürger für sich eingenommen hat. Die Medien der EU mußten mit Schaum vor dem Mund zur Kenntnis nehmen, daß ihr Meinungsmonopol gebrochen wurde und sie seither als „Lügenpresse“ sehr viel von ihrer propagandistischen Macht eingebüßt haben.
Seither ist Rußland für alles verantwortlich, was in der EU schiefläuft. Russische Propaganda und russische Unterstützung sollen das Erstarken rechter Parteien gefördert haben, sie sollen den Brexit auf dem Gewissen haben, und der neueste Streich ist angeblich die separatistische Bewegung in Katalonien:
„In der EU ist die Debatte über die Verbreitung von Fake News zugunsten der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens die neueste Episode einer langen Serie von Vorkommnissen in vielen Ländern.“ (El País, 18.11.)
Man merkt schon der schwammigen Wortwahl an, daß die Suppe äußerst dünn ist. „Debatte über“, „Episode“, „Vorkommnisse“. Soziale Medien, Foren, Twitter und Blogs werden durchkämmt, um dort Anhaltspunkte für angebliche „Einmischungen“ „der Russen“ zu finden.
Abgesehen davon, daß diese „Einmischungen“ höchst lächerlich wären angesichts dessen, was sich europäische Mächte und die USA gegenüber der SU oder Rußland in den letzten Jahrzehnten geleistet haben, ist auch noch die Absurdität festzuhalten, daß sich renommierte westliche Medien in den Tagen nach dem illegalen Referendum am 1. Oktober ziemlich eindeutig gegen die spanische Regierung und auf die Seite der katalanischen Separatisten gestellt haben.
Beispiele:
„I Was in the Room When Catalonia Made History. Or Didn’t? Or Did?“ (New York Times, 14.10.)
„Der Traum von der perfekten Republik. Für kurze Zeit feiern die Katalanen ihre Unabhängigkeit, dann greift die spanische Regierung durch. Die Menschen in Barcelona reagieren trotzig – und geben nicht auf.“ (Die Zeit, 27.10.)
„Massive Gewalt: Polizei griff bei Kataloniens Urnengang hart durch.“ (Der Standard, 1.10.)
usw.
Wenn in Twitter und auf Facebook und sonstwo genau diese Stellung: Spanien böse, Franco ersteht wieder auf, Selbstbestimmung gut, Katalanen arme Opfer – widerhallt, so sind natürlich die Russen schuld!
Der in der EU aufblühende Nationalismus und die Idiotie der EU- und Demokratie-Fans, mit der sie sich auf das Phänomen des Separatismus beziehen, wird auf das Konto der Russen geschrieben, die sich in unzulässiger Weise auf die Destabilisierung der EU spezialisieren!
Das alles wäre höchst lächerlich und nur eine weitere Demonstration des geistigen Verfalls der Möchtegern-Meinungsmacher, wenn es nicht Folgen hätte:
Die EU muß sich wappnen – unter dieser Losung werden Behörden ins Leben gerufen und Mittel zur Verfügung gestellt, mit denen das Internet durchkämmt wird nach angeblichen russischen Trollen, um dann zur Medienzensur schreiten zu können. Google hat angeblich seine Suchmaschine dahingehend modifiziert, daß politisch mißliebige Websites nicht mehr angezeigt werden, oder erst auf einem Platz sehr weit hinten. Auch Facebook folgt dem Rufe seines Herrn und setzt seine Filtertechniken auch verstärkt gegen linke Inhalte ein. Facebook muß hier etwas vorsichtiger vorgehen, weil es massiven Nutzerverlust befürchten muß, wenn diese Praktiken zu offensichtlich werden.
So daß am Schluß herauskommt, daß die EU nur deshalb Probleme hat, weil es nicht gelingt, den russischen Einfluß genügend zurückzudrängen!
Auch wenn das offensichtlich ein Blödsinn ist: das ist die Sichtweise, die Politik und Medien inzwischen durchzusetzen versuchen.

Staatsbankrott, Einmarsch, Bürgerkrieg?

VENEZUELA AUF DER KIPPE
„Das südamerikanische Land braucht möglicherweise eine Hilfe von 30 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro) pro Jahr.
Der IWF hat Vorbereitungen für ein mögliches Rettungspaket für Venezuela in der Höhe von 30 Milliarden $ in die Wege geleitet.
Diese Maßnahme wird von einer der kompliziertesten Umschuldungen von Staatsanleihen weltweit begleitet.
Der IWF unterhält seit 2007 keine offiziellen Verbindungen mit Venezuela und hat seit 13 Jahren keine Länderanalyse über dieses Land erstellt.“ (Expansion, 23.10. 2017)
Man muß sich vor Augen halten, was es heißt, wenn ein Land mit dem IWF die Beziehungen abbricht, wie es Venezuela unter Chávez getan hat. Es heißt, daß es vom internationalen Kredit ziemlich abgeschnitten und auf seine eigenen Ressourcen zurückgeworfen ist. Es bedeutet auch, daß seine Währung nicht mehr konvertibel ist und Importe und Exporte der Devisenbewirtschaftung unterliegen, d.h. der Staat eine Art Außenhandelsmonopol einnimmt.
Chávez hat seinerzeit mit dem IWF gebrochen, weil er erstens nicht bereit war, die Bedingungen zu akzeptieren, die der IWF für seine Kreditierung verlangt und wo alle Versorgungsleistungen an die Bevölkerung als unnötige Kosten zu streichen sind. Zweitens gab es in Lateinamerika nach dem Bankrott des Musterschülers Argentinien, das vom IWF fallengelassen worden war, eine gewisse Ernüchterung bezüglich des IWF und der segensreichen Wirkungen des Kredits. Und drittens dachten Chávez und seine Mitstreiter damals: Was brauchen wir Kredit, wir haben ja das Öl!
Erdöl als Devisenquelle
2007 stand der Ölpreis auf über 60 $ pro Barrel, Tendenz steigend. Zwei Jahre später auf mehr als 120 $. Heute ist er auf 45 $ pro Barrel gesunken. Es ist also von vornherein sehr riskant, auf einen solchen Rohstoff zu setzen und das Gedeihen einer ganzen Volkswirtschaft davon abhängig zu machen. Aber Chávez hatte damals überhaupt hochfliegende Pläne von einer Einigung Lateinamerikas und etwaiger Einführung einer Einheitswährung à la Euro, und der Kredit erschien sowieso unbegrenzt.
Mit Hilfe chinesischer und iranischer Fachleute war damals auch der Abgang der einheimischen Fachkräfte durch Entlassungen nach dem gescheiterten Putsch irgendwie aufgefangen worden.
Aber heute, 10 Jahre später, leidet die Wirtschaft Venezuelas nicht nur an den niedrigen Ölpreisen, sondern auch an einer stark gesunkenen Förderung. Erstens blieben die Chinesen und Iraner nicht ewig, die entlassenen venezolanischen Erdöl-Fachleute gingen ins Ausland, vor allem nach Brasilien, und die venezolanische Regierung kämpft seither mit Personal- und in Folge dessen mit technischen Problemen.
Außerdem aber hat Venezuela die gleichen Probleme wie einige Jahrzehnte vorher der Iran und Kuba: die ganze Technologie der Erdölförderung kommt aus den USA und nach dem politischen Bruch mit der Weltmacht wird es schwierig bis unmöglich, sich Ersatzteile oder neuere, verbesserte Anlagen aus den USA zu besorgen. Auch eine Umstellung auf andere Anlagen ist praktisch unmöglich, weil die USA nicht das metrische System verwenden, also ihre Technologie auf ganz andere Normen aufbauen. Das ist natürlich auch eine Methode, Abhängigkeiten zu schaffen, und sobald es zu politischer Gegnerschaft kommt, werden diese Abhängigkeiten schlagend.
Kredit ist im Falle Venezuelas endlich
Venezuela ist daher immer mehr auf Kredit angewiesen, um seine Importe tätigen zu können. An der grundlegenden Problematik einer einheimischen Bourgeoisie, die sich lieber auf Export-Import-Geschäfte verlegt, anstatt den einheimischen Markt mit Waren aus eigener Produktion zu versorgen, haben auch alle Jahre des Chavismus nichts geändert.
Siehe hierzu: Rollback in Lateinamerika
Als Ergebnis der ungenügenden eigenen Produktion und den durch Devisenmangel geschrumpften Importen kommt es zu schweren Versorgungsengpässen in Venezuela, Hamsterkäufen in Grenzstädten zu Kolumbien und einem Kampf ums tägliche Überleben, der dem Land eine besonders hohe Kriminalitätsrate beschert.
Daß Venezuela überhaupt Kredit erhält, liegt am weltweiten niedrigen Zinsniveau, wo man mit höher verzinsten Wertpapieren noch punkten kann, auch wenn man Ukraine oder Venezuela heißt und die Rating-Agenturen einen als Ramsch einstufen. Oder, wie im Falle Venezuelas, die Staatsanleihen selbst niemand mehr haben will, aber die der staatlichen Erdölgesellschaft noch einen Hauch von Solidität verströmen. So hat Goldman Sachs im Frühjahr ein größeres Paket dieser Anleihen gekauft, was große Entrüstung bei US-Politikern und venezolanischen Oppositionellen hervorgerufen hat, die offenbar Venezuela in den Bankrott treiben wollen, um die Regierung Maduro zu stürzen:
„US-Banken dürfen künftig keine Geschäfte mehr machen mit dem venezolanischen Ölkonzern PDVSA. Das Weiße Haus will so die „Tyrannei“ in Venezuela stoppen.“ (Die Zeit, 25.8. 2017)
Maduro selbst hat, um das zu vermeiden, bei Rußland und China um Umschuldung ersucht, die ihm auch gewährt wurde. Auf Dauer ist das Problem der mangelnden Einnahmen und nötigen Ausgaben in Devisen so jedoch nicht zu lösen.
Was ein Bankrott Venezuelas sowohl im Land selbst – das ja dann endgültig von Devisenimporten abgeschnitten wäre – als auch im internationalen Finanzsystem auslöst, wird sich möglicherweise bald zeigen.

Opiate in den USA

DROGEN
In den USA wurde der „sanitäre Notstand“ wegen der Welle der Abhängigkeit von Opiaten ausgerufen. Trump weigerte sich, einen nationalen Notstand auszurufen, obwohl er dergleichen im Sommer versprochen hatte. Der Unterschied liegt vor allem in den für die Bekämpfung der Notlage vorgesehenen Mittel, da im Falle eines nationalen Notstandes der Katastrophenfonds angezapft werden kann. Es ist also noch gar nicht klar, welche Folgen diese Erklärung haben wird und mit welchem Geld irgendwelche Maßnahmen finanziert werden sollen.
Der Gebrauch von Opiaten ist in den USA ständig gestiegen, besonders seit 2012. Im Jahr 2016 forderte er das Leben von 64 000 Personen. Viele andere überlebten nur aufgrund rechtzeitig rechtzeitig gegebener Spritzen mit einer Art Gegengift. In den USA wird die Abhängigkeit von Opiaten inzwischen als Epidemie bezeichnet. Sie betrifft keineswegs nur die Ghettos oder die Unterschicht, sondern hat längst die weiße Mittelklasse erreicht.
Es erscheint als Paradox, daß dasjenige Land, das seit Jahrzehnten einen Krieg gegen Drogen führt und es aufgrund dessen zu der höchsten Gefängnisbelegung pro Kopf der Bevölkerung auf der ganzen Welt gebracht hat, sich der Drogen und ihrer Folgen gar nicht erwehren kann.
Hier wiederholt sich die Erfahrung der „Prohibition“, der Zeit des Alkoholverbots, als sich herausstellte, daß Kontrolle, Strafe, Einsetzen von Agenten gegen den Alkohol nur den Konsum und die illegal gemachten Gewinne erhöhten und große Teile der Bevölkerung in die Kriminalität trieben.
Was ist der Unterschied und die Gemeinsamkeit zwischen illegalen und legalen Drogen? Beides sind Rauschmittel, oder Betäubungsmittel, je nachdem, die den Leuten notwendig erscheinen, um diese Gesellschaft auszuhalten. Der Gesetzgeber entscheidet sehr willkürlich darüber, welche davon erlaubt, welche unter Strafe gestellt werden.
Das ganze Verbotssystem von Drogen seit den 60-er Jahren war politisch motiviert:
„John Ehrlichman war von 1969 bis 1973 Nixons Chef-Berater für Innenpolitik und gehörte zu dessen innerem Zirkel. In einem Gespräch mit dem Journalisten Dan Baum im Jahre 1994 äußerte er sich über die innenpolitischen Motive für die spätere Proklamation des »War on Drugs«:
»Die Nixon-Kampagne 1968 und die folgende Regierung hatten zwei Feinde: Die linken Kriegsgegner und die Schwarzen. Verstehen sie, was ich damit sagen will? Wir wussten, dass wir es nicht verbieten konnten, gegen den Krieg oder schwarz zu sein, aber dadurch, dass wir die Öffentlichkeit dazu brachten, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin zu assoziieren und beides heftig bestraften, konnten wir diese Gruppen diskreditieren. Wir konnten ihre Anführer verhaften, ihre Wohnungen durchsuchen, ihre Versammlungen beenden und sie so Abend für Abend in den Nachrichten verunglimpfen. Wussten wir, dass wir über die Drogen gelogen haben? Natürlich wussten wir das!«“ (Wikipedia, War on Drugs)
Inzwischen entsteht der Eindruck, daß sich die Drogenbekämpfung irgendwie verselbständigt hat, und gar keinen politischen oder pseudo-gesundheitlichen Richtlinien mehr folgt. Sie dient der Polizei in Slumgegenden zur Rechtfertig ihrer Existenz durch Drangsalisierung der Slumbewohner und füttert das teilweise privatisierte Gefängniswesen mit neuem Frischfleisch. Auf den Konsum und Handel von illegalen Drogen selbst hat das alles wenig Einfluß.
Die andere Seite, die der legalen Drogen ist jedoch viel entscheidender. Die gescheiterte und in Obamacare gemündete Gesundheitsreform hat das grundlegende Problem des US-Gesundheitswesens nicht gelöst. Die Volksgesundheit ist ziemlich am Boden und kann aus den privaten Taschen des Proletariats nicht repariert werden. Eine Finanzierung via Sozialstaat ist in den USA von Haus aus nicht vorgesehen. Das führt dazu, daß viele Behandlungen unterbleiben. Vor allem Operationen werden hinausgeschoben, so lange es nur geht, oder unterbleiben ganz – lieber läßt man den Patienten einen natürlichen Abgang machen, das kommt billiger. Viele Gebrechen werden oft gar nicht richtig diagnostiziert, weil das bereits zu teuer käme. Krankenhäuser, Ambulanzen und andere öffentliche Einrichtungen müssen nämlich mit einem beschränkten Budget auskommen, was die Versorgung derer angeht, die ihre Behandlung nicht bezahlen können.
So werden Kranke aller Art mit Schmerzmitteln nach Hause geschickt, um sie loszuwerden. Und die wirksamsten Schmerzmittel sind nun einmal die Opiate. Die Pharmaindustrie freut sich, weil dadurch macht sie gute Geschäfte. Dazu trägt bei, daß es zum ordentlichen Behandeln der Patienten zwar nicht reicht, zum Subventionieren von Schmerzmitteln aber allemal.
In Folge dessen türmen sich in den amerikanischen Haushalten opiumhaltige Medikamente oder Opiumderivate aller Art und stehen der heranwachsenden Generation zur Verfügung, für die sie anscheinend als Einstiegsdrogen dienen.
Die zunehmende Verelendung und Perspektivlosigkeit, die inzwischen weite Teile der Mittelschicht ergriffen haben, tragen dazu bei, daß viele junge Leute bereitwillig diese Trostpflaster benützen und sich damit wegtörnen, so gut es geht.
Für weiteren Konsum stellt dann das Internet alles Gewünschte zur Verfügung. Sehr beliebt sind, was man so liest, Betäubungsmittel für Pferde und Elefanten. Die fahren anscheinend besonders ein. Und was das normale Internet an legalen Drogen nicht hergibt, kann man sich über das Darknet beschaffen, ein Netz von geheimen Websites, wo man sich alles Illegale beschaffen kann.
So präsentiert sich die Weltmacht Nr. 1 an dieser Front: Der ganzen Welt ihre Drogenpolitik aufnötigend, und mit höchster Rücksichtslosigkeit gegen die eigene Bevölkerung, deren Einsatzfähigkeit in Krieg und Frieden daher immer fraglicher wird.