Pressespiegel El País, 21. & 25. Februar

FAKE NEWS AUS ST. PETERSBURG
Die Zeitung „El País“ ist besessen von der angeblichen „Lügenfabrik“ Jewgenij Prigozhins in St. Petersburg namens „Agentur für Internetforschung“ (AII), die seit einigen Jahren als besonders perfide Waffe Rußlands im Kampf um die Deutungshoheit über die jeweiligen imperialistischen Fortschritte und innenpolitischen Machtkämpfe in den westlichen Medien gehandelt wird.
Diejenige Zeitung, die sich als eine Art Flaggschiff des spanischen Überganges zu Demokratie versteht, schäumt vor Wut, daß es den Russen anscheinend gelungen ist, unter geschickter Ausnutzung der sozialen Medien ihre Propaganda unters Volk zu bringen – sowohl unter das eigene als auch unter das europäische und amerikanische.
Man erfährt dabei aus zwei Artikeln vom 21. und 25. Februar ganz unerhörte Dinge:
1. Propaganda kostet Geld!
„Die Organisation namens Projekt Lachta hatte ein monatliches Budget von 1,25 Mill. Dollar.“ (21.2.)
Während natürlich die Mediengruppe PRISA, zu der El País gehört, keine nennenswerten Summen bewegt.
Oder ist es ein Verbrechen der Propagandaabteilung, daß sie eine non-Profit-Organisation ist, und aus dem Restaurations-Imperium von Prigozhin finanziert wird?
Lobbyisten, Sponsoren und Mäzene gibt es nämlich nur bei „uns“, in Rußland ist das schon ein besonderes Verbrechen.
NGOs existieren auch nur unter westlicher Patronanz, dortige sind lauter Trolle und Agenten, unsrige hingegen selbstlose Engel.
Oder wird diese Abteilung womöglich aus dem Budget bezahlt, vom KGB oder irgendwelchen anderen sinistren Institutionen? Noch schlimmer! Eine Regierungs- oder Geheimdienst-Abteilung, als Privatfirma getarnt!
Sowas gäbe es bei uns niiiiiiee!
2. Die Lügenfabrik zahlt schlecht!
Der ehemalige Mitarbeiter der AII Marat Mindijarow „verdiente zwischen 40.000 und 50.000 Rubel, bei einem Arbeitstag von 12 Stunden. Auf 2 Arbeitstage folgten 2 freie Tage. (Ein Euro entspricht 69 Rubel.)“ (25.2.)
Nun ja, vor der Ukraine-Krise und den Sanktionen stand der Euro bei 45 Rubel, da war das kein so schlechtes Gehalt für Rußland.
Daß in den ehemals sozialistischen Ländern die Gehälter niedriger sind, ist ansonsten für westliche Medien ganz normal, obwohl man sich angesichts des aufgrund der hohen Importe beinahe westlichen Preisniveaus für diverse Konsumgüter schon fragt, wie die Leute damit über die Runden kommen.
Bei denjenigen, die sich mit Facebook beschäftigten, war das Gehalt höher, da kam aber der Informant von El País nicht hinein, weil er zu schlecht Englisch sprach.
Also so schlecht zahlt die Firma gar nicht, aber dann ist eben das der Skandal: für Lügen werden sie gut bezahlt!
3. Sie beschäftigt viele Leute!
Bei solchen bescheidenen Gehältern kann sie für diese lumpigen 1,25 Millionen Dollar (1 Million Euro) jede Menge Fake News-Produzenten anstellen:
Mindijarow erzählt, er saß „mit einer 20-Personen-»Brigade« in einem Büro. In jedem der 4 Stockwerke des Gebäudes befanden sich zwischen 8 und 10 solcher Büros mit der gleichen Anzahl von Arbeitern. Sodaß … in dem Gebäude mehrere 100 Leute beschäftigt waren.“
Um die 720 Leute. Ist das viel für eine Medienfirma?
Bei der New York Times arbeiten einige Leute.
Bei der NSA gibt es zwar keine solche Aufstellung, aber ein Foto des Hauptquartiers und des Parkplatzes zeigt, daß dort auch nicht gerade wenig Leute arbeiten.
Hier bei uns sind das tolle Arbeitgeber, die Arbeitsplätze schaffen und den Menschen auch die Möglichkeit geben, gleichzeitig dem Vaterland einen wichtigen Dienst zu erweisen. (Was so Schufte wie Edward Snowden, der zum Feind übergelaufen ist, leider nicht zu würdigen wissen!)
In Rußland hingegen sind das bestenfalls unglückliche Arbeitslose, die begreiflicherweise in diesem „Räderwerk“ landen, bis sie etwas Besseres gefunden haben. Wie der Herr Mindijarow, der inzwischen als Bote arbeitet. (Man weiß nicht, für Geheimbotschaften oder Pizza, aber immerhin besser als in der Lügenfabrik.)
Oder aber Leute wie der Betreuer der Auslandsabteilung, Dzhejchun Aslanow, der von dem Sonderermittler Mueller auf eine Art Interpol-Liste gesetzt wurde und deshalb überall verhaftet werden kann, obwohl aus den ganzen Berichten über Mueller und die Liste nie hervorgeht, was jetzt genau das international strafbare Verbrechen Aslanows sein soll. Der Typ macht Fake News und gehört deshalb in ein Hochsicherheitsgefängnis!
(Mir würden da viele Kandidaten aus westlichen Medien und sogar Politiker einfallen, die nach den gleichen Kriterien wie Aslanow auch in eine solche Institution passen würden.)
4. Die Entenproduktion
Man erfährt über die Erzeugung der Fake News vor allem, daß sie mit besonders fiesen Methoden vorgegangen ist: mit Hilfe von falschen Profilen bei Facebook, Twitter und anderen Internet-Firmen dieser Art wurden Nachrichten in die Welt gestreut.
Erstens bieten die sozialen Medien mit ihrer virtuellen Welt eben wirklich sehr viel Raum für dergleichen Geistersubjekte. Es ist sowohl dem Ärger der USA darüber, wie ihre Internet-Erfindungen von Russland genutzt werden, als auch dem Ärger des El País darüber, daß seine publizistische Tätigkeit durch dergleichen Manöver ergänzt bzw. gestört wird, anzumerken, daß da der pure Neid am Werk ist.
Agenten der USA-Geheimdienste sitzen natürlich schon lange in Facebook und Twitter und spionieren dort unter fremdem Namen. Es ist auch möglich, daß sie die sozialen Netzwerke für Anwerbung neuer Leute nutzen.
Aber die Idee, diese Plattform für politische Propaganda zu nutzen, scheint diesen Geistesgrößen nicht gekommen zu sein. Diese Idee hatten die Russen. Und wenn die Nachrichten über die Agentur AII stimmen, so dürfte sich diese Propagandaschiene als relativ preisgünstig erweisen im Vergleich zu westlichen Medienunternehmen.
Es ist überhaupt nicht ersichtlich, was an dieser Art der Benützung der sozialen Medien illegal oder strafbar sein sollte. Die ganze Entrüstung soll offenbar den Umstand verdecken, daß da offenbar wer anderer schlauer war und die Weltmacht Nr. 1 mit ihren eigenen Waffen geschlagen hat. Und das angeblich, laut FBI, seit 2014, und keiner hats gemerkt! NSA und CIA haben offenbar geschlafen, diese Papiertiger!
Jetzt zum Inhalt dieser Enten, da wurden die spanischen Journalisten übrigens kaum fündig: In einem Artikel wird erwähnt, daß sich Obama in Indien einen Kaugummi aus dem Mund nahm und diese Episode dann das bei der „Lügenfabrik“ breitgetreten wurde. Der Kaugummi war aber echt!
Fake News?
Dann erzählt Mindijarow noch, daß oft offizielle Medien die Themen, die sie in den sozialen Medien verbreitet hätten, aufgenommen und über ihre Kanäle verbreitet hätten.
Das zeigt aber weniger die Gefinkeltheit der russischen Propaganda, sondern mehr die intellektuelle Verkommenheit der Mainstream-Medien, die Nachrichten nicht recherchieren, sondern offenbar jede Menge Blödsinn von Agenturen oder sozialen Medien übernehmen.
5. Ein Unternehmer steckt dahinter!
Prigozhin ist ja auch so eine Art lebendige Unmöglichkeit. Der ist nicht einmal ein echter Oligarch, der sich mit Hilfe von miesen Geschäften und Schwarzhandel auf typisch russische Art illegal bereichert hat.
Der hat sich nämlich vom Betreiber eines Würschtlstands zum Besitzer eines Gastronomie-Imperiums hinaufgeturnt, mit hervorragenden Beziehungen zur Macht, das kann ja nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.
Vom Tellerwäscher zum Millionär, das gibt es nämlich nur in der freien westlichen Welt.
FAZIT
Was erfahren wir über die russische Lügenfabrik?
Lauter Dinge, die eigentlich gar keine Überraschung sind. Gewöhnliche und unbedeutende Dinge werden zu Sensationen aufgeblasen. Die zwei Artikel fallen genaugenommen unter das, was der Lügenfabrik als „Fake News“ vorgeworfen wird.

5 Gedanken zu “Pressespiegel El País, 21. & 25. Februar

  1. “Um die 720 Leute. Ist das viel für eine Medienfirma?” Das ist schon für eine normale Firma beachtlich. Die New York Times beschäftigt laut deinem Link 132 Leute. Also mit dem 5-fachen lässt sich schon was anstellen. Aber ehrlich gesagt schockt mich das nicht besonders. Im Prinzip ist die ganze westliche Presse ja nichts anderes. Was soll daran denn schockierend sein, dass Russland Journalistsn beschäftigt. Man tut halt so als ob alle rund um die Uhr sich Lügen ausdenken würden. Als bräuchte man dafür 720 Mann.

  2. Na ja, die NYT ist eine Zeitung. Wenn die schon allein 132 Leute beschäftigt …
    Wenn man z.B. einen Medienkonzern nimmt, der mehrere Zeitungen/Fernsehkanäle/Radios betreibt, so sind ist das keine so besonders hohe Mitarbeiterzahl.
    Vielleicht ist das Besondere daran, daß sie sich alle auf einem Fleck befinden.
    PRISA, der Mutterkonzern von El País hatte 2016 laut Wikipedia 8890 Angestellte.

  3. Kommt halt drauf an, was die 720 Leute tun. Die Zahl für sich sagt gar nichts. Wenn man es mit den Beschäftigten von Walmart vergleicht sind es wenig. Die Unterstellung ist halt, die 720 Leute sind eine Art Internet Untergrund, die die Meinungen im Netz steuern. Aber was die tatsächlich machen, weiß keiner. Und da es keiner weiß, kann man auch einfach behaupten es sei eine Propagandamaschine.

  4. Das geht aus den El País-Artikeln schon hervor.
    Sie nehmen irgendeine Nachricht und verbreiten die dann über verschiedene erfundene Benutzerprofile in sozialen Netzwerken oder Foren. Damit erreichen sie weitaus mehr Leser als eine Internet-Zeitung, weil das bei Facebook ja direkt auf die Pínnwand ihrer Freunde kommt.
    Ob das immer „Fake News“ sind, wage ich zu bezweifeln. Sie vervielfältigen dadurch in erster Linie die Meldungen der russischen Medien und verschaffen ihnen mehr Gewicht. Das nennen die westlichen Quellen dann „Fake News“, weil es ihren eigenen Mist durch Gegendarstellung entwertet.
    So etwas gibt es übrigens außerhalb Rußlands auch, sogar schon länger. In der Marktwirtschaft wurden solche Schreiberlinge zunächst von Agenturen für Produkt-Placing in diversen Internet-Foren, vor allem von Zeitungen, eingesetzt. Sie machten also Werbung für eine Zahnpasta oder Zigaretten oder Putzmittel, als vermeintliche 0815-User besonders glaubwürdig.
    Inzwischen sind diese Poster auch – genauso wie die Russen – in Zeitungsforen unterwegs, möglicherweise sogar im Auftrag dieser Zeitungen selbst, und sollen der Blattlinie genehme Kommentare verfassen.
    Auf Facebook ist die Produkt-Werbe-Schiene immer unterbunden worden, weil Facebook mit Werbung selbst Geld verdienen will. Auf die falschen Profile und die Polit-Postings hat Facebook aber lange nicht reagiert, solange der Inhalt nicht anstößig war. Es wollte ja möglichst viele User, um damit wiederum Werbe-Einnahmen zu lukrieren.
    Und das hat die News-Fabrik in Petersburg ausgenützt.
    Bei Twitter kenne ich micht nicht so aus.

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