DAS FÜLLHORN DES EURO-KREDITS
soll irgendwie alle Probleme der einzelnen Euro-Staaten dahingehend lösen, daß der Euro weiterhin Vertrauen genießt. Der Euro-Kredit wird strapaziert, um den Euro-Kredit zu stützen. Beim Versuch, sich selbst in den Schwanz zu beißen, stößt die Katze auf einige Hindernisse.
Da wurde einmal seit November 2011 von der EZB eine Billion – also tausend Milliarden, oder 1 000 000 000 000 – Euro in Krediten zu 1% an die Banken Europas ausgeschüttet. Diese Maßnahme Herrn Draghis wurde in den Medien sehr gelobt. Man fragt sich wirklich, warum das erst jetzt geschieht, wenn diese Kreditschöpfung tatsächlich das Allheilmittel ist, als das es von verschiedenen Finanzfachleuten präsentiert wird. Offenbar gab es bisher Bedenken gegen diese Art, Euros zu vermehren. Haben diese Bedenken sich in Luft aufgelöst, oder wurde zu dieser Maßnahme als letzter Notlösung gegriffen?
Diese Geldausschüttung erfolgte erstens, damit diese Banken sich selber sanieren, also irgendwie liquide bleiben, obwohl sie einen Haufen uneinbringliche Schulden und entwertete Wertpapiere bei sich aufgehäuft haben. Zweitens, um damit Staatsschuld derjenigen Länder zu kaufen, die unter den Druck „der Märkte“ geraten sind, erhöhte Zinsen für ihre Neuverschuldung bezahlen müssen und deshalb Schwierigkeiten haben, ihre im Umlauf befindlichen Schulden zu bedienen. Drittens, so wurde verlautbart, sollte damit „der Wirtschaft“ Kredit verschafft werden, damit die Firmen wieder investieren können und damit das Wachstum befördern.
Zu erstens kam bald die Meldung, daß viele Banken das so billig erhaltene Geld sehr schnell wieder bei der EZB als Einlage parken, weil ihnen das der sicherste Ort für dieses Geld erscheint – sicherer jedenfalls, als es in Staatsanleihen oder Firmenkredite zu investieren, und immer noch besser, als es bei sich in der Bank unverzinst herumliegen zu lassen.
Zu zweitens wurde als Erfolg gefeiert, daß Spanien und Italien erleichtert aufatmen, weil ihre Staatsanleihen von den Banken gekauft werden.
Was Spanien betrifft, so getraut sich die spanische Staatsverwaltung jedoch nicht, Anleihen mit längerer Laufzeit als 18 Monate aufzulegen – aus Furcht vor einem Flop, der dann auch den Verkauf der kurzfristigen Anleihen zum Stocken bringen und die spanische Staatsschuld endgültig auf Ramsch-Status befördern würde. Die Haupt-Aufkäufer dieser Anleihen sind die spanischen Banken, deren Status als Global Players – zumindest Santander und BBVA sind solche – mit der spanischen Staatsschuld steht und auch fallen würde.
Das heißt natürlich, daß Spaniens Liquiditätsprobleme nur kurzfristig gelöst sind und bald wieder Finanzierungsbedarf ansteht.
Außerdem heißt es, daß Spaniens Banken, die mehrheitlich ohnehin mit staatlichen Garantien und direkten EZB-Krediten gestützt werden, eine Menge Anleihen bei sich versammeln, die sich ähnlich den griechischen schlagartig entwerten können.
Zu drittens wurde vermeldet, daß diese enorme Geldsumme in der Privatwirtschaft nicht angekommen ist – die Banken verleihen an Firmen weiterhin kein Geld in Form von Krediten, sogar Aktien-Neuemissionen sind selten. Dieser Umstand wurde jedoch nach dem Motto „think positive“ dahingehend als gute Nachricht eingestuft, daß dadurch die Inflationsgefahr gebannt sei.
Kaum haben die gewöhnichen Sterblichen aus den Medien erfahren, daß diese Summe mit den vielen Nullen ziemlich geräuschlos in den Eingeweiden der Finanzwelt verschwunden ist, werden sie mit einer neuen Frohbotschaft beglückt: Die EU hat in Kopenhagen beschlossen, den Rettungsschirm für Staaten, die mit Zahlungsschwierigkeiten kämpfen, auf 800 Milliarden – 800 000 000 000 – Euro zu erhöhen. Das solle Spekulanten abschrecken – wovor eigentlich? – und den Euro weiter stabilisieren.
Es ist fraglich, inwiefern die Finanzminister der Eurozone selbst an den Erfolg dieser Maßnahmen glauben, oder ob sie nur Zeit gewinnen wollen, um ein etwaiges Ende der Gemeinschaftswährung je nach ihren nationalen Möglichkeiten geordnet abzuwickeln. Also ihren Staatskredit retten und den anderer verfallen lassen wollen.
Kategorie: Die Marktwirtschaft und ihre Unkosten
Einiges zur Verrücktheit der Marktwirtschaft
SPANIENS ENTSALZUNGSANLAGEN
Die Schönredner des kapitalistischen Systems faseln gerne von einer „invisible hand“, die von selbst alles zum Guten wendet, von „Gleichgewichten“, die durch schlaue Politik oder Investitionen herzustellen seien, und davon, daß ohne den Markt ja die Dinge nie zu denen kämen, die sie brauchen.
Dabei genügt es, die Zeitung aufzuschlagen und unvoreingenommen zu lesen, um zu merken, wie die ganzen „Marktmechanismen“ und die Forderungen nach Gewinn und Wachstum dazu führen,
– daß jede Menge an Ressourcen vergeudet wird,
– ein guter Teil der Teilnehmer eben keinen Gewinn macht, sondern als Verlierer der Konkurrenz das Feld räumen muß,
– ein Teil der erzeugten Waren nirgendwohin kommt, sondern vernichtet wird
– und vieles auch nicht produziert wird, weils keiner kaufen kann, ders braucht.
Spanien hat seit dem EU-Beitritt eine forcierte Gemüseproduktion in Andalusien aufgezogen, für die der Name Glashauskultur schönfärberisch wäre. Im „Plastikmeer“ rund um Almeria und Málaga dunsten Unmengen von geschmacklosen Tomaten, Gurken, Salathäupteln usw. unter Folien vor sich hin, bis sie von billigen und halblegalen ausländischen Taglöhnern gepflückt und quer durch Europa verschickt werden. Dort landet dann ein guter Teil, wie man in letzter Zeit öfter liest, noch in der Originalverpackung auf dem Müll, da die Handelsketten das Zeug so billig einkaufen und so teuer verkaufen, daß sie locker einen Haufen davon wegschmeißen können, wenn sie ihn nicht rechtzeitig anbringen.
Diese Art von Folien-Anbau benötigt außer einer Menge Agro-Chemie auch viel Wasser. Da es das billigste ist, sich das Wasser aus Brunnen zu holen, sinkt seit Jahren der Grundwasserspiegel und früher oder später versiegen diese Brunnen daher.
Um diese Erfolgsstory kapitalistischer Landwirtschaft weiterhin zu ermöglichen, wurde auf Abhilfe gesonnen. Die Sozialistische Partei Spaniens (PSOE) setzte auf Entsalzungsanlagen, und stampfte mit EU-Geldern ein großes Programm aus dem Boden, um die Küste von Valencia bis Almeria mit diesen Meerwasser-Aufbereitungs-Anlagen zu versorgen. Von den 51 geplanten Anlagen wurden 17 tatsächlich gebaut. Jetzt stellt sich heraus, daß diese 17 insgesamt im Durchschnitt zu 16.5 % (!!) ausgelastet sind.
Der Grund: das Wasser in diesen Anlagen zu entsalzen, ist energieaufwendig und dadurch recht teuer. Außerdem wollen ja die Baukosten auch über die Wasserpreise hereingebracht werden. Diese Entsalzungsanlagen wurden zwar zunächst mit EU- und spanischem Staatsgeld finanziert, sollen sich aber natürlich selbst amortisieren, also Gewinne machen und das vorgeschossene Geld zurückzahlen. Wenn die Abnehmer jedoch dieses aufbereitete Wasser zu dem erhöhten Wasserpreis für ihre Folientomaten nehmen, so sind ihre Produkte nicht mehr konkurrenzfähig, weil sie ja diese gestiegenen Kosten auf den Tomaten-Verkaufspreis draufschlagen müssen, um selber auch Gewinn zu machen. Auf einmal kämen dann vermutlich die holländischen Landwirte oder die von anderen Staaten ohne Wasserprobleme und könnten sie bei den Handelsketten unterbieten.
Diese Entsalzungsanlagen waren auch dafür gedacht, den Wasserbedarf für den Tourismus zu decken, und für diverse Stadtteile und Feriensiedlungen an der Küste, die entweder nie gebaut wurden oder heute als Rohbauruinen herumstehen. Den Urlaubern aus dem In- und Ausland hätte man diesen hohen Wasserpreis vielleicht verrechnen können – nur sind sie blöderweise nicht eingetroffen, um ihn zu zahlen. Die Gemeinden können sich jedoch ohne diese gestiegenen Tourismuseinnahmen das teure Wasser nicht leisten, da sie meistens ohnehin schon über die Ohren verschuldet sind.
Die EU-Zuständigen in Brüssel sind jetzt sauer und sagen: benützt doch eure Entsalzungsanlagen, weil Bedarf gibt es ja!
Jaaa, aber wie immer im Kapitalismus geht es um die zahlungsfähige Nachfrage, und die ist eben nicht gegeben.
Für die ganze iberische Halbinsel sind wegen kaum vorhandener Niederschläge im Winter die Prognosen düster: Ein Jahr der Dürre ist angesagt. Wenn weiterhin nur die Brunnen und das etwaige Regenwasser verwendet werden, wird eine große Anzahl der Brunnen versiegen. Und dann verschrumpelt ein Teil der Ernte, und viele dieser Folienunternehmen können zusperren – oder teures Wasser aus den Entsalzungsanlagen zukaufen! In ganz Europa hingegen gehen in Folge wahrscheinlich die Gemüsepreise in die Höhe, weil entweder die Lebensmittelketten die gesteigerten Kosten weitergeben oder das Zeug aus Lateinamerika oder Afrika einführen. Und wir kriegen als „Erklärung“ sicherlich mitgeteilt, das läge an Erderwärmung und Klimawandel.
Als Tüpferl aufs i kommt hier noch die spanische Parteienkonkurrenz hinzu: Die unlängst an die Macht gekommene Volkspartei war nämlich immer ein Gegner dieser Entsalzerei. Ein Politiker der PP – die übrigens Anhängerin der Atomenergie ist – zieht alle Register des Umweltbewußtseins und bezeichnet diese Entsalzungsanlagen als umweltschädliche Dreckschleudern, ähnlich den AKWs. Der Grund liegt in den vielen Unterstützern der PP aus der Bauindustrie, die ihre vielen im Zuge der Krise gescheiterten Bauprojekte mit der gigantomanischen Umleitung des Ebro nach Andalusien kompensieren wollen. Was laut Propaganda der PP ja viel billiger wäre als die Entsalzungsanlagen hochzufahren …
Die Schuldenstreichung für Griechenland und die Kommunalkredit-Bank
VERSPEKULIERT
1. „Schuldenerlaß“
Mit der gleichzeitigen „Rettung“ und „Streichung“ der griechischen Staatsschuld ist den Politikern der europäischen Union ein ganz eigenartiges Kunststück gelungen: Sie haben es geschafft, Schulden bestehen zu lassen und gleichzeitig zu entwerten.
Ein Teil der noch in Umlauf befindlichen griechischen Staatsanleihen kann zu deutlich schlechteren Bedingungen gegen Ersatzpapiere umgetauscht werden, ein anderer Teil muß aus den Bilanzen der Geldinstitute einfach getilgt werden.
Was das für Folgen für den Euro und das Kreditsystem der EU hat, ist noch gar nicht abzusehen. Im Grunde hat ein Verfall von Schulden stattgefunden, der nicht als solcher bezeichnet wird und nicht als solcher betrachtet werden soll. Das weist in die Zukunft bezüglich aller Staats- und Gemeindeanleihen, deren Bedienbarkeit zweifelhaft ist. Alle diese Papiere können in Zukunft mit ähnlichen Manövern ebenfalls zu Makulatur erklärt werden.
Ebensowenig sind die Folgen für diejenigen Kreditinstitute absehbar, die griechische Staatsschuld bei sich liegen hatten und jetzt abschreiben mußten. Es wird selbstverständlich nicht an die große Glocke gehängt, bei welchen Banken wieviel von den Verlusten anfallen – es wäre für keine Bank eine gute Werbung, zu sagen: hurra, wir haben einige Millionen bzw. Milliarden in den Rauchfang schreiben müssen! Es wird jetzt der Kunst der Bilanzersteller überlassen, da diverse Löcher zu stopfen oder schönzureden, und gegebenenfalls sind wieder Staatshilfen nötig.
Das Gerangel hinter verschlossenen Türen, welche Kreditinstitute wieviel von griechischer Staatsschuld streichen mußten, wird vermutlich alle Gegensätze zwischen den Staaten wieder fest angeheizt haben. Wie ist es z.B. mit einer der größten französischen Banken, der BNP Paribas, die sehr engagiert in griechischer Staatsschuld war, um die Rüstungsgeschäfte Frankreichs zu ermöglichen? Was ist mit den deutschen Banken, die ihre Portfolios zwar gar nicht so stark mit griechischen Staatsanleihen angefüllt hatten, aber dafür umso mehr mit spanischen – wurden da Vereinbarungen für die Zukunft getroffen? So in der Art: heute mach ich dir den Pelz nicht naß, und morgen … Was ist schließlich mit den griechischen Banken, deren Existenz – so wie die aller Banken – mit der Staatsschuld desjenigen Souveräns, der ihnen die Konzession erteilt hat, steht und fällt?
Im Laufe der nächsten Monate werden einige der Folgen bezüglich Staatschuld und Banksektor die Medien und die nationalen Bankaufsichten beschäftigen. Von der
2. Kommunalkredit
ist aber jetzt schon bekannt, daß es sie erwischt hat.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Sache ist recht einfach und hängt mit dem österreichischen Banksektor und dessen Engagement für EU und Euro zusammen.
Die österreichischen Banken hätten ohne den Rückenwind, sprich Kredit der EU nie diesen Gang nach Osten antreten können und sich nie zu den Geldinstituten auswachsen können, die sie heute sind. Ihr Festhalten ohne Wenn und Aber an dieser Staatengemeinschaft und deren gemeinsamen Geld ist das Eingeständnis, daß im Falle eines Scheiterns des Euro die hiesigen Banken alle krachen würden. Dabei haben sie selbstverständlich die Rückendeckung der einheimischen Unternehmerwelt und der Politik.
Und so dachten die Kommunalkredit-Chefs Anfang 2009, als sie das Portfolio mit griechischen Staatsanleihen anfüllten und CDS zur Versicherung der griechischen Staatsschuld emittierten: Das kanns ja wohl nicht sein, daß man ein Mitgliedsland pleite gehen läßt! Das wäre ja das Ende des Euro!
Da offensichtlich diese biedere Gemeindefinanzierungs-Bank die Konzession zur Emittierung von Wertpapieren hatte, so sahen ihre Häuptlinge ihre Chance gekommen, mit einem schlauen Coup ihre Bilanzen aufzubessern. Während alle Unkenrufe ausstoßen, wissen wir schon: die EU läßt Griechenland nicht im Stich! Und das wird uns Geld in die Kassen schwemmen!
Mit dem Fortgang und den besonderen Verlaufsformen der Euroschuldenkrise rechneten sie nicht.
Als sich jedoch die Wolken über der griechischen Staatsschuld zusammenzogen und der Schuldenschnitt im Herbst des Vorjahres im Prinzip vereinbart wurde, hätte die Kommunalkredit ihre diesbezüglichen Posten nur mehr unter großen Verlusten liquidieren können. Es ist auch fraglich, ob sie dafür die nötige Rückendeckung durch die Bankenaufsicht und die Politik gehabt hätte.
Andere, richtige Global Players hingegen, in Gestalt diverser Hedgefonds, denen das Schicksal des Euro nur insofern am Herzen liegt, als es ihnen Gewinne in die Kasse spült, begannen, die noch nicht fällig gewordenen CDS aufzukaufen.
Und so muß heute der österreichische Staat – 2 bis 3 Wochen nach Bekanntgeben der Kosten, die die Stützung der Volksbanken AG verursachen wird – auch noch der Kommunalkredit unter die Arme greifen, mit noch nicht absehbaren Kosten. Die Schätzungen reichen von 400 Millionen bis zu einer Milliarde und mehr.
Einmal sehen, wie der österreichische Staatskredit das verkraftet und wo die österreichischen Politiker das Geld dafür „einsparen“ wollen.