SÄBELRASSELN GEGEN RUSSLAND ALS AUSWEIS DER LINIENTREUE
Wenn man die ganzen Posts der letzten Zeit zusammenfaßt, so stellt sich heraus, daß sie etwas deutschlandlastig sind.
Dort bringen sich die Grünen mit Kriegstreiberei in Stellung, um nach dem Kanzlerposten zu greifen und auszunützen, daß die klassischen Parteien keinen perspektivenreichen Kandidaten haben.
Die ehemalige Friedenspartei …
Die EU krankt weiterhin an dem Dilemma, ein zerstrittener Haufen mit Weltmachtambitionen zu sein, der nur durch Festhalten am Rockzipfel der USA und Hetze gegen Rußland so etwas wie Einigkeit hinkriegt. (Lawrow hat kürzlich angemerkt: Bald wird auch entlarvt werden, daß es die Russen waren, die Franz Ferdinand 1914 abgemurkst haben …)
Die Türkei hat sich militärisch zwar gestärkt, ökonomisch aber übernommen. Was dabei herauskommt, wird man erst sehen.
Die USA scheinen noch nach einer neuen Strategie zu suchen, nachdem weder Einmarschieren noch Farbrevolutionen noch Sanktionen die gewünschten Erfolge zu bringen scheinen.
Kategorie: Die Marktwirtschaft und ihre Unkosten
Pressespiegel El País, 23.4.: Neuigkeiten aller Art aus der Türkei und zu Bitcoin
VIRTUELLES SPIELGELD
Massiver Kryptowährungsbetrug in der Türkei
ANDRÉS MOURENZA
„Der Kryptowährungsboom in der Türkei ist vielen Sparern teuer zu stehen gekommen. Die Einstellung des Betriebs der digitalen Geldwechselplattform Thodex hat Zehntausende von Investoren im Regen stehen gelassen – laut türkischen Medien bis zu 391.000 – und kann zu Verlusten von Hunderten von Millionen Euro führen. Der Gründer und Eigentümer von Thodex, Faruk Fatih Özer, hat das Land verlassen, aber das Unternehmen sagte in einer Erklärung am Donnerstag, dass die Schließung nur vorübergehend ist und dass alle Kunden ihr Geld zurückbekommen werden. Die türkische Justiz hat inzwischen eine Untersuchung angeordnet und die Polizei hat ihren Geschäftssitz in Istanbul durchsucht.
Seit 2018 hat die Lira 55% ihres Wertes verloren und die Inflation ist gewaltig angestiegen. Da die Regierung die Steuern auf Währungskäufe erhöht hat, haben viele Türken begonnen, sich auf Kryptowährungen zu konzentrieren, um einen Kaufkraftverlust zu vermeiden. Das geschah insbesondere in den letzten Monaten, als die Entlassung des Zentralbankgouverneurs die türkische Währung wieder auf Abwertungskurs schickte.
Nach Angaben von Reuters belief sich der Kryptowährungshandel in der Türkei zwischen Februar und März auf fast 22 Milliarden Euro, 30-mal mehr als im Vorjahreszeitraum. Um den Markt abzukühlen, hat die Zentralbank am vergangenen Freitag den Kauf von Dienstleistungen oder Produkten mit Bitcoin verboten, nicht jedoch den Kauf von Bitcoin selbst als Anlageprodukt.
Unternehmen, die mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen zu tun haben, sind überall aufgetaucht. Die wichtigsten Plattformen werben im Fernsehen und sponsern einige der meistgesehenen Shows in der Türkei. Thodex wurde 2017 gegründet und war unter den fünfzig ähnlichen Websites des Landes eine der meistbesuchten Websites, unter anderem dank seiner großen Werbekampagnen in sozialen Netzwerken, an denen berühmte türkische Schauspieler teilnahmen, und der Verlosung von Porsches unter ihren Kunden. Der Gründer war unter anderem mit dem Außenminister Mevlüt Çavusoglu auf Fotografien erschienen, was ihm einen Nimbus von Seriosität verlieh (obwohl das Büro des Ministers am Donnerstag schnell versicherte, dass er Özer überhaupt nicht kenne und ihn seinerzeit nur auf Antrag des Sohnes eines Abgeordneten der Regierungskoalition empfangen habe).
Bitcoin-Bankomat in Istanbul
Thodex-Benutzer hatten seit einigen Tagen Probleme, ihre Kryptowährungen einzulösen und ihre Positionen zurückzuziehen. Am Mittwoch, den 21., stellte die Plattform den Betrieb ein, obwohl es sich laut einer Ankündigung des Unternehmens auf Twitter um eine vorübergehende Schließung für sechs Stunden »wegen Wartungsarbeiten« und zwecks »Problemlösung« für die Schwierigkeiten handle, unter denen Kunden seit mehreren Tagen litten.
Am nächsten Tag kündigte das Unternehmen in einer anderen Erklärung an, dass die Schließung um vier oder fünf Tage verlängert werde. Kurz darauf tauchte jedoch ein Foto von Özer am Istanbul International Airport auf, von dem er zwei Tage zuvor nach Angaben einiger Medien nach Thailand oder nach Angaben anderer in die USA geflogen war.“
Die türkische Regierung hat den Handel mit Bitcoin also zugelassen, obwohl die virtuelle Währung der eigenen nationalen Währung sozusagen Konkurrenz macht. Um die Ergebnisse des Sturzes der Lira abzuschwächen, erlaubte und beförderte die türkische Politik den Einsatz der Kryptowährung.
In China, wo zwar viel Bitcoin auf Servern „gemünzt“ wird, ist der Handel damit verboten, weil China seine Währungshoheit nicht aus der Hand geben will.
Abgesehen davon, daß der Handel mit Bitcoin selber Möglichkeiten des Betruges bietet und von der Unterwelt für Geldwäsche genutzt wird, ist es nicht auszuschließen, daß der nach Thailand oder sonstwohin geflüchtete Besitzer der Bitcoin-Wechselstube selber Opfer eines Betruges geworden ist: In einer anderen Zeitung erschien vor einigen Tagen ein ausführlicher Artikel über das Heer nordkoreanischer Hacker, mit denen Nordkorea u.a. seinen Devisenmangel bekämpft. Bevorzugte Opfer von Hacking-Angriffen sind die Bankensysteme asiatischer Staaten, die nicht besonders gut durch Firewalls geschützt sind, und Krypto-Währungs-Börsen, weil diese aufgrund ihrer mit dem Internet eng verbundenen Struktur ebenfalls anfällig sind.
Die Türkei ist jetzt jedenfalls in Schwierigkeiten:
„Panik
»Die Website ist völlig unzugänglich und die Kunden sind in Panik geraten. Wir haben eine Strafanzeige eingereicht«, erklärte Oguz Evren Kiliç auf Twitter. Dieser Anwalt, der auch einige der Geschädigten vertritt, sagte, dass auch die Beschlagnahmung der Konten von Koineks, der Muttergesellschaft von Thodex, gefordert wird. »Wir schätzen, dass bis zu 2 Milliarden Dollar verloren gegangen sein könnten. Es ist der größte Betrugsfall in der Geschichte der Republik«, erklärte er.
Derzeit hat das Untersuchungskomitee für Finanzverbrechen die Konten von Thodex gesperrt und die Staatsanwaltschaft hat eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet. Am Donnerstag durchsuchten Polizisten den Firmensitz. Die dreißig Angestellten von Thodex waren dem türkischen Fernsehen zufolge nicht in der Arbeit erschienen.
In einer Erklärung in sozialen Netzwerken erklärte der junge Geschäftsmann, er sei »ins Ausland« gereist, um »Treffen mit Investoren abzuhalten«, ohne anzugeben, wo er sich befindet oder wer die Investoren sind. Sein Ziel sei es, die technologische Struktur der Plattform zu ändern, um »Cyberangriffe« wie in der Vergangenheit zu vermeiden, für die er die starken Schwankungen der letzten Tage verantwortlich gemacht habe. Darüber hinaus seien von den fast 700.000 Nutzern der Plattform nur etwa 30.000 aktiv, der Wert ihrer Investments liege weit unter den 2 Milliarden Dollar, die als Schadenssumme gehandelt werden.
»Mit diesen unbegründeten Behauptungen wird der Versuch behindert, das Geschäftsleben dieses Unternehmens aufrechtzuerhalten, dessen Marktwert etwa 40 Millionen Dollar beträgt«, sagte Özer in der Erklärung, in der er versprach, dass er zurückkehren und niemand sein Geld verlieren werde. Auf der anderen Seite meinte ein Anwalt des Unternehmens, der vom Habertürk-Kanal zitiert wurde, dass es sich um ein »Liquiditätsproblem« handelt – eine weitere der verschiedenen Erklärungen, die das Unternehmen im Laufe der Woche verlautbart hat.
Der Skandal um die Kryptowährungs-Firma ereignet sich inmitten einer Krisensituation in der Türkei, deren Regierung für das Wirtschaftsmanagement der letzten Jahre stark kritisiert wird. Die Opposition prangert beispielsweise an, dass die Zentralbank durch Verkäufe in den letzten zwei Jahren fast alle Währungsreserven bei dem vergeblichen Versuch verbrannt habe, den Wert der türkischen Lira zu erhalten.“
Na ja. An der verkehrten Währungspolitik liegt es nicht.
Die Türkei hat in den letzten Jahren in Rüstung investiert, was das Zeug hielt, und dafür die Staatsfinanzen strapaziert. Das kritisiert die Opposition offenbar nicht.
Der Versuch, Wechselkursverfall, Ebbe bei den Devisenvorräten und galoppierende Inflation durch Kryptowährungen abzufangen, ist vorerst einmal gescheitert. Weil die anderen Firmen, die ebenfalls mit Kryptowährungen handeln, werden diesen Crash vermutlich auch zu spüren bekommen.
Abzug aus Afghanistan
KREUZWEG DER KULTUREN UND FRIEDHOF DER IMPERIEN
„Biden rechtfertigt den militärischen Rückzug aus Afghanistan: »Es ist Zeit, den längsten Krieg zu beenden«.
Joe Biden wird nicht als derjenige Präsident in die Geschichte eingehen, der den längsten Krieg in der Geschichte der Vereinigten Staaten gewonnen hat, sondern als derjenige, der ihn 20 Jahre später beendete, – überzeugt, dass es keinen anderen Ausweg gibt, als einfach auszusteigen.
Der Präsident kündigte diesen Mittwoch den bedingungslosen und vollständigen Abzug der Truppen aus Afghanistan in einer bitteren Rede an, in der er davon ausging, dass deren weitere Anwesenheit keine »andere Ergebnisse« als die bisherigen erwarten lasse. »Es ist Zeit für die amerikanischen Truppen, nach Hause zu gehen«, sagte er. Die Entscheidung zeigt die geopolitische Wende von Biden, die die internen Herausforderungen des Landes und die damit verbundenen externen Bedrohungen priorisiert, die heute eher in China verortet werden als in Afghanistan oder im Nahen Osten.“ (El País, 14.4.)
Der Vergleich mit dem Vietnamkrieg drängt sich auf.
Aber man sollte die Unterschiede nicht außer acht lassen: Damals, während des Kalten Krieges, war es gelungen, das Zerwürfnis zwischen der Sowjetunion und China zu vertiefen. Die Gefahr eines kommunistischen Vormarsches in Indochina und anderswo war vorbei: Die beiden kommunistischen Mächte bekämpften einander über ihre Stellvertreter, und auch über ihre Schwesterparteien in der kapitalistischen Welt.
So konnten es sich die USA leisten, Vietnam aufzugeben – wenngleich dieser Rückzug als Niederlage angesehen wurde, im In- und Ausland.
Heute hingegen rivalisieren nur mehr Großmächte ohne besonderen politischen Anspruch. Auch China präsentiert sich nicht mehr als Vertreter der ländlichen Volksmassen, die vom Imperialismus unterdrückt werden. Es geht offen um die Aufteilung der Welt, das Abstecken von Claims, Gewinnen von Verbündeten und Einfluß.
Der Abzug der USA – und in ihrem Schlepptau der restlichen Truppen der „internationalen Staatengemeinschaft“, also der US-Verbündeten – ist ein Eingeständnis des Mißerfolges. Die USA tun damit kund, daß sie nicht mehr imstande sind, die ganze Welt oder zumindest bedeutende Teile davon auf ihre Maßstäbe zu verpflichten.
Während der Rückzug der USA aus Somalia zwar auch eine Art Aufgabe war, aber doch damals klar war, daß andere Staaten auch kein Interesse an dieser Weltgegend haben würden, ist das bei Afghanistan nicht so. Vor allem Rußland hat Interesse an einer Regelung der Verhältnisse in Afghanistan und führt seit einiger Zeit diesbezüglich Gespräche mit Vertretern der Taliban.
Ebenso ist der Iran interessiert an seinem Nachbarland und einer Ausweitung seines Einflusses ebendorthin.
Ein von Besatzungstruppen befreites und vom Iran und Rußland unterstütztes Afghanistan könnte sich möglicherweise alten Unrechts erinnern und die Durand-Linie, die Grenze zu Pakistan, in Frage stellen. Pakistan ist daher derjenige Staat, der am wenigsten ein Interesse an einem Wiederaufbau Afghanistans hat.
„Die Regierung von George W. Bush startete die Offensive gegen Afghanistan als Reaktion auf die traumatischen Angriffe vom 11. September 2001 auf die Twin Towers und das Pentagon, ein Angriff von Al Qaida, einer von den Taliban geschützten Terroristengruppe. Bis zum nächsten 11. September, 20 Jahre danach, hoffen die Vereinigten Staaten, den Abzug aus dem Land in einem koordinierten Rückzug mitsamt ihren NATO-Verbündeten abgeschlossen zu haben. Die Taliban wurden nicht besiegt, Al-Qaida nicht für immer liquidiert. Das einzige, was geschehen ist, ist daß Zeit vergangen ist.“ (ebd.)
Das ist natürlich eine verkehrte Darstellung. Seit dem Einmarsch der USA in Afghanistan 2001 sind Tausende, vermutlich Zehntausende Zivilisten und Widerstandskämpfer durch die Soldaten der Koalition getötet worden, durch Bombardements, Drohnenangriffe, bei Kämpfen oder durch extrajudikale Hinrichtungen. Mehrmals wurden ganze Hochzeitsgesellschaften durch Bombardements vernichtet. Ebenso geht die Zahl der Verwundeten und Krüppel in die Zehntausende.
Dazu kommen noch die gefallenen afghanischen Regierungssoldaten und ca. 3700 Tote auf Seiten der westlichen Koalition.
Der vorige afghanische Präsident, Hamid Karzai, hat Präsident Trump vorgeworfen, Afghanistan als Testgelände für Militärtechnologie zu verwenden, nachdem dieser eine Riesenbombe auf den Süden Afghanistans abwerfen gelassen hatte. (Die Welt, 14.4. 2017)
Auch vor Trumps Amtsantritt wurde jede Menge von Bomben, Minen, Drohnen usw. in Afghanistan eingesetzt. All dieses Zeug, zusammen mit den Waffen und Sprengkörpern, die schon von den sowjetischen Truppen und dem späteren afghanischen Bürgerkrieg übriggeblieben sind, machen das Land zu einem großen Misthaufen für militärischen Abfall.
Die Kosten der Besetzung Afghanistans sind beachtlich:
„Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums beliefen sich die gesamten Militärausgaben in Afghanistan (von Oktober 2001 bis September 2019) auf 778 Mrd. USD.
Darüber hinaus gab das US-Außenministerium – zusammen mit der US-amerikanischen Agentur für internationale Entwicklung (USAID) und anderen Regierungsbehörden – 44 Mrd. USD für Wiederaufbauprojekte aus.
Damit belaufen sich die Gesamtkosten – basierend auf offiziellen Daten – zwischen 2001 und 2019 auf 822 Mrd. USD, enthalten jedoch keine Ausgaben für Pakistan, das die USA als Basis für Operationen im Zusammenhang mit Afghanistan verwenden.“ (BBC News, 15.4.)
Die Kosten für die USA und ihre Verbündeten haben sich auch deshalb nach 2014 erhöht, weil nach der Krimkrise die Zusammenarbeit mit Rußland endete, also keine logistische Unterstützung von dort mehr stattfinden konnte.
Die Zusammenarbeit mit Usbekistan endete 2005, nachdem die usbekische Regierung den Vertrag mit den USA zur Benutzung des Stützpunktes in Chanabad gekündigt hatte, weil sie den USA Einmischung in die inneren Angelegenheiten Usbekistans vorwarfen.
Auch eine halboffizielle Zusammenarbeit mit Turkmenistan endete abrupt 2008, als die turkmenische Regierung den USA die Tür wies. (nd, 27.7. 2010)
2014 und sicher nicht ohne Absprache mit Moskau mußten die USA 2014 schließlich auch den Stützpunkt in Manas in Kirgisien räumen. (TAZ, 3.6. 2014)
Ein Hintergrund des Abzugs aus Afghanistan ist also die schrittweise Verdrängung der USA aus den mittelasiatischen Nachfolgestaaten der SU, der durch die chinesische Initiative der „Neuen Seidenstraße“ verstärkt wurde.
Die Zukunft Afghanistans ist unklar, aber es sieht nicht gut aus für seine Bevölkerung.
Das ist allerdings leider nichts Neues.