ZUR SOUVERÄNITÄT
1. Staatliche Organisation der Menschheit und Anerkennung
Das System ist vielen so selbstverständlich, daß viele überhaupt nicht nachdenken, wie es eigentlich dazu kommt: Staaten erkennen einander an und verkehren dann auf Regierungsebene miteinander. Die Staatsgewalt, so die zweite Selbstverständlichkeit ist auch souverän nach innen: Sie genießt das Gewaltmonopol über ihre Bürger und definiert ihnen, was legal und was verboten ist. Und diese halten sich daran.
Menschen erhalten ihre Existenzberechtigung nur als Staatsbürger – auf diesem System beruhen auch die vielzitierten Menschenrechte:
„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so eine einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“
(Bertolt Brecht, Flüchtlingsgespräche)
Im internationalen Umgang der Staaten miteinander gibt es zwar von jeher die Großen, die sich mehr erlauben können als die Kleinen. Aber bis zum Ende des Kalten Krieges im Jahr 1990 war es doch üblich, gewisse Gepflogenheiten im diplomatischen Verkehr zu beachten, die eben die Anerkennung der fremden Souveränität trotz möglicherweise abweichender Ansichten bezüglich der Weltlage beinhalten.
Aber nach 1990 wurde die Sache etwas zügellos. Die Auflagen für die konzessionierte Souveränität, de Weltmächte subalternen Staaten zugestehen, solange sie nach ihrer Pfeife tanzen, wurden strenger. Verschiedene Staaten wurden herabgestuft, zerschlagen oder zerstört, wenn sie sich nicht in dieser Herabstufung fügen wollten: Libyen, Jugoslawien, Syrien. Um diverse Hinterhöfe ging ein Gerangel los, wobei vor allem Lateinamerika und Mittelasien zu erwähnen sind.
2. Souveränität ist nur mehr ein leerer Titel für Ansprüche auf Botmäßigkeit
Die USA und in ihrem Gefolge die EU, die bei dieser Neu-Auf- und -Einteilung der Welt unbedingt mit dabei sein will, werden bei diesem Treiben immer unverschämter: Mißliebige Regierungen, die sich in irgendeiner Form widersetzen, werden mittels Unterstützung der Opposition oder des Militärs geschwächt, weggeputscht oder ins Ausland getrieben.
Alles begleitet von einer medialen Kakophonie von offiziell abgesegneten Fake News und Hofberichterstattung der Sonderklasse, wo die westlichen Demokratien die Vertreter des Wahren, Guten und Schönen sind, die mit allen Mitteln gegen Autokraten, Diktatoren und korrupte Politiker vorgehen, vorgehen müssen, um auch fremde Untertanen von der Geißel einer falschen Führung zu erlösen. Und auch deshalb, damit die Harmonie, die hierzulande angeblich zwischen oben und unten herrscht, nicht durch ausländische Propaganda gestört wird.
Das gelingt nicht immer. In Bolivien, Weißrußland und der Türkei sind Regierungswechsel gescheitert.
Aber das größte Ärgernis bei diesen Unternehmungen ist immer Rußland, das über viel zu viele Waffen und Reichtümer verfügt, und immer wieder imstande ist, die sehr größenwahnsinnigen Pläne des Wertewestens zu durchkreuzen.
3. Die Ukraine als das „Wilde Feld“ der maßlosen Großmachtsinteressen
Wie wenig bei diesen außenpolitischen Manövern inzwischen die Souveränität gilt, sieht man u.a. bei der Ukraine. Während ständig medial angeprangert wird, wie sehr Rußland durch seine Annexion der Krim und die Unterstützung der Donbass-Volksrepubliken die Souveränität der Ukraine mit den Füßen tritt, sollte nicht übersehen werden, daß es die NATO, die USA und die EU diesbezüglich auch nicht so genau nehmen.
Als z.B. im November 2013 das ukrainische Parlament den Assoziationsvertrag mit der EU zurückwies, wurde die Majdan-Opposition unterstützt, der gewählte Regierungschef vertrieben und Neuwahlen ausgeschrieben, über deren Beteiligung und Stimmabgabe sehr wenig bekannt ist. Nur das Ergebnis war wichtig: Uns genehme Politiker müssen an die Macht.
Dabei waren die Einwände der Abgeordneten der Rada keineswegs von der Hand zu weisen: Der Ukraine würden schwere Verluste entstehen und es war nicht vorgesehen, sie dafür zu kompensieren. Das würde sich sehr nachteilig auf den Lebensstandard der Bevölkerung auswirken. Betriebe, die bisher nach Rußland geliefert hätten, müßten zusperren, die Arbeitslosigkeit würde steigen.
Ebenso wurden vom IWF Bedingungen für einen Kredit verlangt, wie den Stop der Subvention von Gas, die zu gröberen Heizproblemen angesichts der niedrigen Gehälter führen müßten.
Die Ukraine mußte das alles erfüllen, obwohl das bis heute ihre wirtschaftliche Situation sehr belastet.
Die erwarteten Investitionen blieben auch aus, vor allem in die Infrastruktur, Telekommunikation, Transportwesen, Energiesektor, sodaß sich die Situation weiter verschlechtert hat. Von russischen Zahlungen und Hilfen wurde die Ukraine durch das Abkommen abgeschnitten. D.h., dieses Abkommen diente lediglich den strategisch-politischen und auch ökonomischen Interessen der EU, die sich den Markt der Ukraine erschließen wollte, aber weder den Interessen des Staates Ukraine noch denen von deren Bewohnern.
Die Kredite, die die Ukraine erhält, dienen in erster Linie dem Schuldendienst, also der Bedienung der Altschulden, die seit der Unabhängigkeit ständig ansteigend, aber nicht sehr transparent aufgenommen werden.
Jetzt dienen sie auch noch dazu, die Waffen zu bezahlen, die verschiedene NATO-Staaten der Ukraine förmlich aufdrängen, um sich vor der russischen „Aggression“ zu schützen, was natürlich mit diesem ganzen Zeug gar nicht geht. Es läßt sich nur zur Drangsalisierung der eigenen Bevölkerung verwenden, zum Kaputtmachen von den Resten von Landwirtschaft und Industrie in den Rebellengebieten und auch denen an der ukrainischen Seite der umkämpften Regionen, aber könnte der russischen Armee nicht trotzen, sofern diese tatsächlich eingesetzt würde.
Dazu kommt noch, daß die Ukraine gar nicht das nötige Personal hat, um alle diese Minenwerfer, Drohnen und Panzerabwehrgeräte der neueren Generation in Betrieb zu nehmen. Weder nach Fertigkeiten, noch nach Verläßlichkeit.
Es verhält sich mit diesem Kriegsgerät in der Ukraine ähnlich wie in Afghanistan, wo ebenfalls recht viel geliefert wurde, was jetzt niemand mehr bedienen kann.
Die Abkommen von Minsk blieben Makulatur, weil der ukrainischen Regierung von ihren Gönnern und Kreditgebern ausdrücklich untersagt wurde, bestimmte Punkte davon umzusetzen, die der Reintegration der Separatistenrepubliken gedient hätten, aber mit den Plänen unvereinbar sind, die die NATO und EU mit der Ukraine vorhaben. Handel mit und Arbeitsemigration nach Rußland sowie administrative Autonomie hätten die Ukraine unbrauchbar für die westliche Wertegemeinschaft gemacht.
Dabei war der Hauptgrund für den Wahlsieg Selenskis das Versprechen, diese Abkommen in Kraft zu setzen.
Die Propaganda der USA, daß Rußland jeden Augenblick in die Ukraine einmarschieren wird – die von allen westlichen Leitmedien ge-echot wird –, führen zu Kapitalflucht und Versorgungsmängeln. Außerdem schießen die Gaspreise und andere Preise in die Höhe und viele Personen können ihre Gasrechnungen nicht mehr zahlen.
Natürlich hat die ukrainische Regierung anfangs auch diese Propaganda unterstützt, in der Hoffnung, dabei auf Unterstützung westlicher Institutionen und Unternehmen zählen zu können.
Das Gegenteil ist eingetreten, die Ukraine zahlt die Zeche in Form wirtschaftlicher Rückschläge. Und einen Krieg vor der Tür …