Gastkommentar: „Der soziale Staat“ von Dillmann/Schiffer-Nasserie

DER GEGENSTANDPUNKT SPIELT DIE BELEIDIGTE LEBERWURSCHT
Angesichts des kenntnisreichen und agitatorischen Werkes „Der soziale Staat“ zeigt sich der GSP beleidigt. So etwas hat er in 45 Jahren nicht hinbekommen, nicht einmal ansatzweise. Weil er es nicht hinbekommen hat, andere aber schon, muss es falsch, falscher geht es gar nicht, sein.
Diese schräge Logik bebildert er in einem – oder mehreren – Vorträgen zum Sozialstaat, wie folgt:

1. Negative Urteile und die Aufforderung, doch selber zu prüfen – Wissenschaft vom Feinsten

1a. Die Autoren verfassen keine systematische Ableitung. Darauf haben wir, der GSP, aber einen Anspruch in dem Sinne, daß wir definieren: Wissenschaft = Ableitung (was immer man darunter verstehen will, die Methode des GSP eben), deshalb ist alles, was nicht als Ableitung angelegt ist, schon einmal unwissenschaftlich und daher falsch.
So ergeht sich der GSP dann des öfteren in der öden Wiederholung des negativen Urteils, daß hier die richtige Methode nicht angewendet wurde und daher alles verkehrt sei.
1b. Die gehen doch glatt durch die einzelnen Abteilungen des Sozialstaates durch, das ist doch keine Ableitung!
1c. Dann kommt auch noch Geschichte vor, Bismarck ganz prominent, so geht doch keine Ableitung!
1d. Dann stellen sie auf Seite 27 ein „Schaubild“ ein – OMG, wie kann man denn mit einem Schaubild etwas erklären?!
Der gute Mann kennt noch nicht einmal den Unterschied zwischen einer tabellarischen, begrifflichen Zusammenfassung, die auf den Ausführungen der 7 Seiten zu „Kauf und Verkauf der Ware Arbeitskraft“ beruht, und einem Bild, also einer Zeichnung oder so etwas, wo Gegenstände oder Leute abgebildet sind:
�Schaubild�
Es ist schon erstaunlich, mit wie wenig Substanz und welch völlig unkundigem Gerede in der Sache der GSP in der – zugegeben recht begrenzten – Öffentlichkeit auftritt.
Der Referent fordert das Publikum auf, ihm nicht einfach zu glauben, sondern die Erläuterungen selbst zu prüfen. Das muß dem p.t. Publikum einmal nahegelegt werden, weil es dazu offenbar selber gar kein Bedürfnis hat.
Man kann das als offen erklärten Offenbarungseid eines Vereins betrachten, der sich in jahrzehnterlanger Kleinarbeit eine treudoofe Hammelherde herangezüchtet hat. Stichwort (Marburger Lösung): „Wir warten erst einmal, was aus München kommt“.
Jetzt ist also der GSP mit dem Resultat eignen Treibens konfrontiert, nämlich einer Glaubensgemeinde, die sich auf das Buch angesprochen, sich bestenfalls irgendetwas zusammenstammelt nach dem Motto, da sind irgendwie Fehler drin, „ich und andere“ hätten das vielfach getestet.
Man stelle sich einmal vor, man geht zu einem wissenschaftlichen oder politischen Vortrag und der Referent bettelt, bitte glaubt mir nicht einfach, denkt selber – ist so etwas vorstellbar, nein, beim GSP aber schon – man denkt ans Mittelalter, und an seine Überwindung: Nein, nicht einfach nur mehr was glauben!
So bleibt nur noch etwas zu den
2. Idealismen
des GSP zu sagen:
2a. Das Grundeigentum und der Wohnungsmarkt
In deutschen Großstädten ist eine neue Wohnungsnot ausgebrochen. Ein Normalverdiener zahlt derzeit rund ein Drittel seines Einkommens für ein Dach über dem Kopf – und die Mieten steigen weiter. Dass diese elementare Lebensbedingung für die arbeitende Bevölkerung ein Luxus ist, den sie sich kaum leisten kann, wird hochoffiziell als „soziales Problem“ anerkannt. „Besonders vor Wahlen versprechen Politiker, sich dafür einzusetzen, dass »das Wohnen bezahlbar bleibt« – was als Diagnose und Therapie schon alles sagt: Nach 150 Jahren kapitalistischen Wachstums ist es das für viele eben nicht.“ (Gleichnamiger GSP Artikel, 2/14, s. 123)
Ach so, eigentlich hätte die Wohnungsnot nach all den Jahren schon verschwinden müssen.
Oder aber, vor 150 Jahren hatte jeder was zum Wohnen?!
Man fragt ja nur, was der Hinweis auf die 150 Jahre eigentlich soll.
2b. Das liebe Geld
„Zwar herrscht an Notlagen kein Mangel in »unserer Überflussgesellschaft«. Die davon Betroffenen haben aber noch nie ein Gesuch um die amtliche Betreuung an die Obrigkeit gerichtet. Sie haben in der Regel einen recht eindimensionalen Begriff von der Ursache ihrer Lage – dessen Richtigkeit kaum zu bestreiten ist; zu wenig Zaster.“ (Beruf Sozialarbeiter, in: Die Jobs der Elite, S.124)
Der Referent behauptet völlig herbeigelogen, dafür aber permanent, die Autoren von „Der soziale Staat“ gäben immer nur Geldmangel als Grund der Misere an.
Das hat er wohl seinen eigenen Schriften abgelauscht:
„So geht im modernen Klassenstaat Volksgesundheit. Funktionieren kann das freilich nur so, dass der Staat den Medizinbetrieb als Teil des kapitalistischen Geschäftslebens organisiert, dem er zuarbeitet … Die organisierte Volksgesundheit ist zwar für alle da, aber sie soll und kann nur in der Weise für alle dasein, dass sie gemäß den Kriterien der Konkurrenz freier Erwerbspersonen hergestellt wird, um deren Opfer sich die Medizin zu kümmern hat: Sie ist eine Geldfrage. (Broschüre Gesundheit, Gegenstandpunkt Verlag, Seite 77)
Dem GSP scheint die Kategorie Geld so eine Art Allschlüssel zu sein: Mit dem tumben Hinweis auf Geld ist auch die gesundheitliche Betreuung ursächlich geklärt.
So, so.
2c. Das Soziale und die Revolution
„Auch beim Sozialstaat ist also absolut nichts Revolutionäres in Sicht im Zuge dieser industriellen Revolution. Der zur Lohnarbeit gehörende Pauperismus war auch schon vor der »Wertschöpfung in der digitalen Welt« eine öffentliche Angelegenheit und bleibt es auch in der digitalen Zukunft.“
(Industrie 4.0., GSP 2/16, Seite 51)
Aha, was der GSP dem Sozialsstaat so für ein Potential zumisst, prinzipiell jedenfalls. Und oho, die Veränderung der Produktivkräfte könnten ggf. was Revolutionäres hervorbringen in Sachen Sozialstaat. Da fehlt es doch ein bisschen an den Grundlagen einer marxistischen Analyse.
3. Warum dieses Buch so gut ist
Bei so viel idealistischem Schwachsinn über den Sozialstaat empfehle ich dem GSP mal das Buch „Der soziale Staat“ zu lesen. Da werden solche Vorstellungen grundlegend kritisiert. Wenn gewünscht, ließe sich sogar ein Lesekreis zum Thema einrichten, da könen sich der Referent und andere Interessenten mal anmelden – kostenfrei.
Insgesamt: Was soll man schon von einem kleinbürgerlicher Eliteverein erwarten? Die wollen halt gern recht haben, egal wie, – da kommt dann so etwas raus.
Wer wirklich was zum Sozialstaat erfahren will,
1. kaufe das derart geschmähte Buch und lese es.
2. Das Internet bietet auch einen Vortrag der Autorin, und ein Interview mit beiden Autoren.
3. Es gibt im Netz einige Rezensionen: Besonders sei die von Norbert Wohlfahrt empfohlen, der zunächst einen redlichen Überblick über die Inhalte des Buches gibt und auch den historischen Abriss erläutert und dabei nicht wie der GSP-Referent schon beim Namen Bismarck das Stottern kriegt.
4. Wir dulden keinen Gott außer uns
Nachtrag: Es gibt für den GSP offensichtlich das Bedürfnis, mit großem Fleiß und Einsatz (z.B. mit einer Wochenendschulung, über die ein Audiomitschnitt vorliegt, sowie einem Protokoll, besser ein Chefpapier von Konrad Hecker, und schließlich mit öffentlichen Vorträgen) gegen dieses Werk anzutreten.
Nach außen, vor allem aber nach innen seinen Anhängern gegenüber, arbeitet sich der GSP ja an der Vorstellung ab, dass politische Arbeit, insbes. Agitation, unheimlich schwer ist. Keiner seiner Anhänger bekommt irgendetwas hin. Nach 40 Jahren Schulung stellt sich besagter Hecker vor einem Haufen Professoren und Oberstudienräten hin und sagt: Die Chronik der laufenden Ereignisse – also die 2-3 Seiten Infos zum Weltgeschehen im Vorfeld anderer Artikel im Gegenstandpunkt – müsse eingestellt werden, da es niemand mehr gäbe, der so was schreiben kann. (!!!)
Normales Deutsch ist also demzufolge beim GSP ausgestorben, nur mehr für die verschlüsselten und verdrechselten Artikel, deren Inhalt sich für Normalverbraucher gar nicht erschließt, finden sich noch Schreiber bei dieser ausgedünnten Mannschaft, die ständig jammert, es fehle ihr an „Ressourcen“!
Und jetzt kommen welche daher und zeigen, dass man ein Buch, welches den Sozialstaat darstellt bzw. erklärt, gleichwohl keine „Ableitung“ ist, enorm kleinschrittig, gut lesbar und agitatorisch verfassen kann. Zudem hat die Autorin Dillmann früher selbst einige GSP Artikel mitverfasst, ein Buch über China verfaßt, und hat in GSP Kreisen immer noch einen guten Namen. (Der Autor dieser Zeilen war selbst überrascht, wie vielen GSP-Anhängern er das Buch verkaufen konnte.)
Summa summarum: für einen kleinbürgerlichen Eliteverein, der in erster Linie in Konkurrenzkriterien reflektiert (Wir sind besser als alle anderen!), ist ein solches Werk aus den bisher genannten Gründen ein wahrer Alptraum.
Das also ist das Substrat oder die vorläufige Endstation eines Vereins, der mit dem Anspruch antritt, der einzige und wahre marxistische Analytiker zu sein.
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Renate Dillmann selbst bezieht auf ihrer Website auch Stellung zu den GSP-Anwürfen gegen ihr neues Buch (Scrollen nach unten):
Zur Kritik der Zeitschrift “Gegenstandpunkt” am Buch “Der soziale Staat”

Serie „Lateinamerika heute“. Teil 12: El Salvador

(ER)LÖSUNG NICHT IN SICHT
Der Name dieses Staates – „Der Erlöser“ steht in ziemlichem Kontrast zum Zustand, in dem es sich befindet.
Wie wir im Folgenden sehen werden, ist das nicht die einzige Ungereimtheit, der einem in El Salvador begegnet.

1. Land der Landlosen

Da das Gebiet des heutigen El Salvador keine Bodenschätze verbirgt, war es seit jeher auf die Landwirtschaft als Quelle der Bereicherung verwiesen.

Während der spanischen Kolonialherrschaft und noch einige Jahrzehnte später war das wichtigste Exportprodukt das Indigo, neben den üblichen Kolonialprodukten wie Kaffee, Kakao usw. Als die chemische Herstellung des Indigo die natürliche verdrängte, entwickelte sich der Kaffee zum wichtigsten Exportprodukt, und das ist er bis heute geblieben.
Rund um den Kaffeeanbau und -export entwickelte sich die Elite El Salvadors, und sie achteten auf ihre Einkommensquelle insofern, als sie sich nach und nach alles brauchbare Land für die Kaffee-Plantagenwirtschaft unter den Nagel rissen. Im Jahr 1882 schließlich wurde den indigenen Gemeinden ihr Land per Dekret weggenommen. Das führte dazu, daß die indigene, bäuerliche Bevölkerung ohne Land blieb, und entweder als Taglöhner oder als Kleinpächter der Großgrundbesitzer ihr Leben fristen oder in die Städte abwandern mußte. Es führte außerdem dazu, daß die Volksnahrungsmittel teilweise eingeführt werden müssen, was sie verteuert, weil das fruchtbare Land für Cash Crops verwendet wird.

Ein Präsident, der diese für die Mehrheit der Bevölkerung unerfreuliche Entwicklung mit Sozialprogrammen abfedern wollte, wurde 1913 umgebracht.

Das Mißverhältnis zwischen Armut und Reichtum mündete, verstärkt durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, 1931/32 in einem von der kommunistischen Partei El Salvadors angezettelten und dann von den landlosen Bauern weitergetriebenen Aufstand.

Der neue starke Mann El Salvadors, Maximiliano Hernández Martínez, der sich im Dezember 1931 an die Macht geputscht hatte und auch vorher bereits den Repressionsapparat kontrolliert und ausgebaut hatte, machte kurzen Prozeß. Nachdem er den Gründer und Anführer der kommunistischen Partei El Salvadors, Agustín Farabundo Martí und einige seiner Genossen verhaften und ohne Verfahren erschießen hatte lassen, ging er mit aller ihm zur Verfügung stehender Gewalt gegen die Aufständischen vor.

Das ganze wirtschaftliche System El Salvadors, wo die Grundbesitzerklasse fast alles Land besaß und der Rest der Bevölkerung gar nichts, wollte verteidigt sein.

Bei der Niederschlagung des Aufstandes wurden Zehntausende von Menschen ohne irgendein Verfahren getötet. Dieses Vorgehen, das in El Salvador als „La Matanza“ bezeichnet wird – das Massaker, aber auch: Das große Morden – kam ganz ohne irgendwelche Beweise oder Rücksichtnahme aus. Es genügte, wenn jemand als Indigener erkennbar war, um ihn oder sie umzubringen, unabhängig vom Alter.
Die politische Klasse El Salvadors, die diesen Massenmord unterstützte, wollte ein für allemal klarstellen, daß die Nachfahren der Ureinwohner dieses Staates keinerlei Rechte besaßen, und jedes Einklagen derselben, geschweige denn Anspruch auf Land, mit dem Tod bestraft würden.

Das große Morden endete nicht mit der Niederschlagung des Aufstandes oder mit dem Jahr 1932. Hernández Martínez regierte bis zu seinem Sturz im Jahre 1944. Bis dahin blieb es lebensgefährlich, als Indigener erkennbar zu sein. Die indianischen Bewohner El Salvadors waren vogelfrei und konnten jederzeit von Militär, Polizei oder paramilitärischen Truppen liquidiert werden. Die Sprache der Ureinwohner, das Nahuat, wurde verboten.
Um zu überleben, legten die Indigenen El Salvadors ihre traditionelle Kleidung ab, gaben ihre Sprache auf und unterließen alles, was sie als Indigene kennzeichnen konnte. Das große Morden führte zur Auslöschung der indigenen Traditionen.
Ansonsten lebten sie weiter in großem Elend. Außerdem lehnte der Diktator jegliche Schulbildung für die bäuerliche Bevölkerung ab. Der Analphabetismus blieb das einzige Merkmal, das die Nachfahren der Ureinwohner von der kreolischen Oberschicht und den besser integrierten Mestizen grundlegend unterschied.

2. Die Kirche

a) Die Theologie der Befreiung in El Salvador
Als der Papst Johannes XXIII. das 2. Vatikanische Konzil einberief, um eine Erneuerung der Kirche einzuleiten, fielen die Beschlüsse dieses Konzils gerade in Lateinamerika auf sehr fruchtbaren Boden. Sie knüpften nämlich an die ruhmreicheren Traditionen der katholischen Kirche an, die vom Dominikanerpater Bartolomé de las Casas, dem „Vertreter der Indianer“ im 16. Jahrhundert begründet worden waren. Auf der Konferenz von Medellín verpflichteten sich die Bischöfe Lateinamerikas 1968 darauf, sich die Anliegen der Armen und Entrechteten zu eigen zu machen und sich um ihr Wohlergehen im Diesseits zu kümmern, anstatt sie bloß auf das Jenseits zu verweisen.

In keinem Land Lateinamerikas fanden diese Beschlüsse eine so flächendeckend positive Aufnahme wie in El Salvador. Ein guter Teil des Klerus’ El Salvadors, von den Barfuß-Geistlichen in den Dörfern bis zu den Seelsorgern in den Städten, und auch die Spitzen der Hierarchie machten sich daran, für ihre Schäfchen bessere Lebensbedingungen zu erstreiten. In Predigten, mit Initiativen zur Volksbildung, und mit Forderungen an die lokalen Behörden, doch Schulen zu errichten und die Landfrage auf die Tagesordnung zu setzen.
Sie arbeiteten dabei natürlich auch fallweise mit den in der Zwischenzeit entstandenen linken Guerillaorganisationen zusammen, die das Gleiche vorhatten.

b) Der Vatikan und El Salvador
Als Karol Wojtyla 1978 zum Papst gewählt wurde, war eines seiner wichtigsten Anliegen, die „Theologie der Befreiung“, sozusagen den Kommunismus innerhalb der Kirche, mit allen Mitteln zu bekämpfen. Ihm standen dabei Ernennungen von vakanten Posten, Hirtenbriefe und sonstige Anweisungen an die Diözesen zur Verfügung. Der Vatikan hatte es auch in der Hand, staatliche Repression gegen Geistliche zu rechtfertigen, als Willen Gottes gegen Abtrünnige, die den rechten Weg verlassen hatten.

In den 80-er Jahren wurde der Spruch „Bring einen Priester um!“ zu einer Art Anweisung an die Militärs und Paramilitärs von El Salvador. Und sie befolgten diese Anweisung. Bis heute sind nur die Morde an wichtigen Vertretern der Kirche und ausländischen Priestern und Missionaren Gegenstand von Untersuchungen. Wie viele unbekannte, unbedeutende Geistliche dran glauben mußten, wurde nie erfaßt.

Als der Erzbischof von San Salvador, Óscar Romero, 1980 am Altar während der Zelebrierung eines Gottesdienstes erschossen wurde, konnte der Auftraggeber dieses Mordes, Roberto D’Aubuisson, sicher sein, dafür den Segen des Papstes zu haben. (D’Aubuisson wurde später eindeutig als der Mann im Hintergrund ermittelt, er starb nur rechtzeitig, um nicht zur Verantwortung gezogen zu werden.) Der polnische Papst kann also als direkter Komplize dieses Mordes bezeichnet werden. Romeros Tod machte den Weg frei für eine Neubesetzung seines Postens. Seither sind die Erzbischöfe von San Salvador und der gesamte höhere Klerus des Landes verläßliche Unterstützer der weltlichen Macht, und im Vatikan konnten alle ruhig schlafen.
Óscar Romero ist heute heiliggesprochen und hat auch einen Platz auf der Westminster Abbey, wo Märtyrer des 20. Jahrhunderts als Statuen verewigt wurden. Seine Heiligsprechung war aber lange umstritten, weil sich die Frage auftat: Wurde er wegen seines Glaubens ermordet oder aus politischen Gründen? Nur im ersteren Fall kann er nämlich heiliggesprochen werden. Unter Ratzinger ruhte das Gesuch, erst Papst Franziskius sprach ihn 2015 erst selig und dann 2018 heilig.

c) Die Kirche heute
Inzwischen hat der Klerus in El Salvador verstanden, auf welcher Seite er zu stehen hat.
El Salvador hat das strengste Anti-Abtreibungsgesetz der Welt. Unter keinerlei Umständen ist Abtreibung erlaubt. Abtreibung wird bis zu 8 Jahren Freiheitsentzug geahndet, aber wenn eine Abtreibung als beabsichtigter Mord qualifiziert wird – was sehr üblich ist – so drohen bis zu 40 Jahren Haft.
Viele Fehlgeburten werden auch als Abtreibung eingestuft und damit eröffnet sich die Möglichkeit, auch da Strafen bis zu 40 Jahren Freiheitsentzug zu verhängen.
Alle möglichen NGOs und Menschenrechtsanwälte laufen gegen dieses Gesetz Sturm, bisher ohne Ergebnis.

Das Interessante ist: Wie kommt es zu diesem Gesetz?

Die von D’Aubuisson gegründete Partei ARENA erließ dieses Gesetz unter ihrem Präsidenten Armando Calderón Sol im Jahr 1998. Im Jahr darauf erhielt dieses Gesetz auch Verfassungsrang.
Der damalige Erzbischof von San Salvador, Fernando Sáenz Lacalle, unterstützte dieses Gesetz, ebenso wie die inzwischen zahlreich vertretenen evangelikalen Kirchen des Landes. Es war eine Art Bund zwischen der geistlichen und der weltlichen Macht in El Salvador, mit der sie ihre Zusammenarbeit besiegelten: Mit Recht und Gesetz gegen die Armen, und mit Gott!
Dieser Bund ist als eine Art Distanzierung gegenüber den Irrwegen der 70-er und 80-er Jahre zu verstehen, als sich die Kirche auf die falsche Seite begeben hatte.

3. Bürgerkrieg
Seit den 60-er Jahren bildeten sich Widestandsnester, aus Bauern, Studenten, Journalisten und anderen Unzufriedenen. El Salvador befindet sich eigentlich schon seit damals in einem Zustand des Bürgerkrieges. Es ist verkehrt, den Bürgerkrieg erst mit dem Jahr 1980 anzusetzen, wie das allgemein üblich ist.

Ein Ergebnis des allgemeinen Terrors gegen die Bevölkerung war die fälschlicherweise als „Fußballkrieg“ bezeichnete Auseinandersetzung mit Honduras im Jahr 1969. Die Regierung des ebenfalls nicht sehr prosperierenden Honduras eröffnete in diesem Jahr eine Art Hetzkampagne und Vertreibung gegen die aus El Salvador geflüchteten Bauern, die sich in den Grenzgebieten niedergelassen hatten. Das Land sei nicht deshalb knapp, weil es auch in Honduras Großgrundbesitz und Plantagenwirtschaft für Cash Crops gibt, sondern weil die Salvadorianer sich dort breitgemacht hätten, wurde den Honduranern mitgeteilt.

Im Zuge von Fußballspielen der Nationalmannschaften wurde dieser Konflikt international bekannt. Der Grund dieser Auseinandersetzung war der Terror, den die Regierungen beider Länder gegen ihre Landbevölkerung führten. Den Medien weltweit gefiel es jedoch, das als eine Art Spinnerei der Bevölkerung beider Staaten zu qualifizieren, die einfach fußballnarrisch oder nationalistisch waren. So mußte nicht die unangenehme Wahrheit bemüht werden, daß Eigentum Ausschluß bedeutet, und daß der Grund und Boden in beiden Ländern im Besitz einer privilegierten Schicht ist.

Die Auseinandersetzung zwischen Militärs, Polizei, Gendarmerie und paramilitärischen Gruppierungen einerseits, und Studentenorganisationen, Gewerkschaften, Landarbeiterorganisationen und Guerilla andererseits erreichte nach der Ermordung Romeros einen neuen Höhepunkt. Damals verließen die Kommunistische Partei und mit ihnen verbündete Gruppen den Weg der demokratischen Wahl, der aufgrund des salvadorianischen Wahlsystems und des Klientelismus nie zu Wahlsiegen führen konnte, und wählten den Weg des bewaffneten Widerstandes.

Gegen den Gewaltapparat des Staates hatten sie nie eine Chance. Viele Mitglieder des Militärs und Geheimdienstes von El Salvador waren in der School of the Americas ausgebildetet worden. Sie praktizierten eine Politik der verbrannten Erde gegenüber jeglicher Art von Widerstand. Gegen Studenten, Landarbeiter, Gewerkschafter und sonstige Subversions-Verdächtige wurde alles aufgeboten, was gut und teuer war: Entführungen, extrajudikale Hinrichtungen, Auslöschung ganzer Dörfer, Folter und Verstümmelung, usw. usf.

Es wurde dabei auch das Land verwüstet, das die Bauern genutzt hatten, sodaß heute in El Salvador viel Land brachliegt, das die landlosen Bauern nicht nutzen können und die Grundherren nicht nutzen wollen.

Der Bürgerkrieg in El Salvador hat nach offiziellen Angaben um die 75.000 Tote gefordert.

Vor diesem Terror flüchteten viele Bewohner El Salvadors: in die Nachbarländer Honduras, Guatemala, Nicaragua. Und mehr als eine Million in die USA.

4. Die Banden
Die Flüchtlinge aus El Salvador waren mehr oder weniger die unterste Schicht der lateinamerikanischen Flüchtlinge. Sie hatten gar nichts und keinen Staat, der sie irgendwie schützte. Die politische Klasse El Salvadors war froh, sie los zu sein. Sie betrachtet ja schon seit langem die Besitzlosen des Landes als überflüssig, unnötig und gefährlich für ihre eigene privilegierte Position.

Die Immigranten fingen also ganz unten an und wurden bald auf das US-Bandenwesen für die Armen und Elenden verpflichtet. Um überleben zu können, bildeten sie eigene Banden und brachten sich gegenüber Schwarzen und anderen Lateinamerikanern weiter, die alle mehr Erfahrung im Leben als Outlaw angesammelt hatten. Die Kids aus EL Salvador lernten schmerzhaft und verlustreich, wie man sich in der unmittelbaren Gewalt-Konkurrenz bewährt.

Im Jänner 1992 wurden die Friedensverträge von Chapultepec in Mexiko unterzeichnet. Sie stellten ein völlige Niederlage der Guerilla und der Landlosenbewegung dar. Alles blieb beim alten, das Land blieb bei den Großgrundbesitzern, und die Militärs und sonstigen Killer erhielten mehr oder weniger Straffreiheit. Um nicht eine ganz schiefe Optik zu erzeugen, wurden einige Schlichtungs- und Wahrheitskommissionen ins Leben gerufen.

Damit war die Duldung der El Salvadorianer in den USA vorbei – jetzt ist ja alles in Ordnung, keine Gefahr mehr in der Heimat! – und sie wurden in großen Mengen ausgewiesen und „nach Hause“ deportiert. Jede Menge armer Schlucker stand auf einmal in El Salvador auf der Straße und hatte nichts. Es ist begreiflich, daß sie zum Überleben das Einzige einsetzten, was sie aus den USA mitgebracht hatten: Organisierte Gewalt.

Die Banden beherrschen heute das Alltagsleben El Salvadors. Die größte, die Mara Salvatrucha, soll zwischen 50.000 und 100.000 Mitglieder haben. Sie operiert auch in den Nachbarländern.

Wer das nötige Kapital in El Salvador hat, kann sich bis an die Zähne bewaffnete Schutztruppen leisten. Außerdem wissen die Banden ganz genau, an welche wichtigen Leute sie sich nicht heranwagen dürfen.
So bleiben Kleingewerbetreibende als Objekt für Schutzgelderpressung, und wer nichts zu bieten hat, kann sich immer noch für Prostitution oder Mitgliedschaft in der Bande einspannen lassen. Wer nein sagt, wird bald tot in einem Straßengraben gefunden.

Der herrschenden Klasse El Salvadors kommt diese Selbstverwaltung der Armut durchaus gelegen, bei allem Gejammer. Die Maras bilden, ähnlich wie die Mafia und verwandte Organisationen in Italien, ein „Sottogoverno“, eine Sub-Regierung: Sie machen den Staatsterror gegen die Armen auf eigene Faust und kosten die Staatskasse nichts.

Gerade einmal ist ein junger Mann aus El Salvador mit seiner kleinen Tochter im Rio Bravo ertrunken, weil er unbedingt in die USA gelangen wollte.
Migration

Nun ja.
Es ist jedenfalls nachvollziehbar, warum jemand aus einem Land wie El Salvador abhauen möchte.

„Humanitäre Hilfe“

AKTUELLE RECHTSTITEL ZUR ERLANGUNG DER WELTHERRSCHAFT
Nachdem ein Usurpator von allen wesentlichen EU-Staaten als Regierungsoberhaupt anerkannt wurde – was gegen alle bisherigen diplomatischen und völkerrechtlichen Gepflogenheiten und Konventionen ist – schicken sich diejenigen Staaten, die die Welt beherrschen möchten, zu weiteren Schritten an.
Nicht genug damit, die Verfassung Venezuelas und alle völkerrechtlichen Konventionen zu negieren, sind die USA und ihr neuer Hinterhof EU damit beschäftigt, unter völliger Außerachtlassung des Willens der Bevölkerung Venezuelas sich zu ihrem Vormund und Beschützer aufzuschwingen, indem sie „humanitäre Hilfe“ versprechen und liefern.

Während die Wirtschaft Venezuelas seit Jahren unter Sanktionen leidet, wovon die wichtigsten die Finanzen Venezuelas betreffen, was Venezuelas Importe drastisch beschränkt, werden jetzt mit großer medialer Präsenz „Hilfsgüter“ für Venezuela zur Verfügung gestellt.
Was Venezuela aufgrund mangelnder Zahlungsfähigkeit nicht importieren konnte, wird jetzt als selbstlose Hilfe zur Verfügung gestellt. Es kommen einem die Tränen!

1. Über IWF, Konvertibilität, Devisenbewirtschaftung und Vermögenswerte
Als der damalige venezolanische Präsident Hugo Chávez die Zusammenarbeit mit IWF und Weltbank aufkündigte und alle Kredite bei diesen menschenfreundlichen Institutionen abzahlte, war der Ölpreis hoch.
Damals wurden auch westliche Ölfrimen hinauskomplimentiert. Venezuela wollte sein Öl allein vermarkten:

„Zurückgeben sollen internationale Öl-Unternehmen auch die Kontrolle über Ölprojekte in Venezuela. Im Rahmen einer Kundgebung zum 1. Mai wollte Chavez am Dienstag zudem die staatliche Übernahme der milliardenschweren Projekte verkünden, die bislang von ausländischen Unternehmen betrieben wurden. »Wir erhalten so die Kontrolle über die Orinoco-Region zurück, die der Präsident richtigerweise als die weltweit größte Rohöl-Reserve bezeichnet«, sagte Gewerkschaftsführer Marco Ojeda … Von der Verstaatlichung sind die amerikanischen Unternehmen ConocoPhillips, Chevron und Exxon Mobil, sowie die britische BP, Norwegens Statoil und die französische Total betroffen. Die vier Projekte sind Schätzungen zufolge mehr 22 Milliarden Euro wert, dort können mehr als 600.000 Barrel Rohöl am Tag weiterverarbeitet werden. Venezuelas Präsident will mindestens 60 Prozent daran übernehmen.“ (FAZ, 1.5. 2007)

Da sind auch schon die Haupt-Interessenten an einem Regime-Change erwähnt.

Barack Obama verhängte 2015 Sanktionen gegen verschiedene venezolanische Regierungsmitglieder mit der Begründung, Venezuelas Regierung stelle eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA dar.
Damit war bereits das Tor geöffnet für die Beschlagnahmung venezolanischer Vermögenswerte im Ausland. Venezuela wurde so zu einem Unrechtsstaat erklärt, dessen Eigentum vogelfrei sei und jederzeit von Staaten, auf deren Territorium es sich befand, einkassiert werden konnte.
Das betraf Konten von Privaten, aber auch die Goldeinlagen Venezuelas in Großbritannien, die die Bank of England voriges Jahr mit fadenscheinigen Gründen nicht herausrückte. Inzwischen will sich der Usurpator Guaidó ihrer bemächtigen:

„A UK foreign office minister has suggested that the Bank of England grant access to £1.2bn in Venezuelan gold reserves to the self-proclaimed interim leader Juan Guaidó rather than Nicolás Maduro.
In a statement to British MPs, Sir Alan Duncan said the decision was a matter for the Bank and its governor, Mark Carney, and not the government. But he added: “It is they who have to make a decision on this, but no doubt when they do so they will take into account there are now a large number of countries across the world questioning the legitimacy of Nicolás Maduro and recognising that of Juan Guaidó.”
Guaidó has already written to Theresa May asking for the funds to be sent to him.“ (Guardian, 28.1. 2019)

Schließlich wurden alle Aktiva der Firma Citgo, die venezolanisches Erdöl in den USA raffiniert und über ein eigenes Tankstellennetz verkauft, von den USA eingezogen und sollen zur Verfügung des Usurpators Guaidó gestellt werden, um seine Präsidentschaft zu finanzieren und zu legitimieren.

„Citgo betreibt drei Raffineranlagen und eine Tankstellenkette in den USA, in denen Rohölexporte aus Venezuela verarbeitet und vertrieben werden.“ (Dabei wurden Citgos Einnahmen bereits an einen kanadischen Gläubiger verpfändet, – da ergeben sich auch noch Rechtsstreitigkeiten der USA mit Kanada.) (Amerika 21, 28.11. 2019)

Venezuelas ausländische Vermögenswerte werden also in Verstoß zu allem internationalen Recht enteignet, und die Möglichkeit, Importe auf Dollarbasis zu finanzieren, werden Venezuela damit genommen.
So entstand die Versorgungskrise, mit der Venezuela seit Jahren kämpft, und die in den Medien verlogenerweise als Ergebnisse der „Mißwirtschaft“ der venezolanischen Regierung dargestellt werden.

2. Wir helfen ja so gern
Die „Hilfsgüter“, die über USAID und andere GOs der USA-Regierung angeliefert und medienwirksam in Cúcuta in Kolumbien gelagert werden, beruhen also erst einmal auf der Lüge einer „humanitären Katastrophe“, als welche die durch das US-Embargo verursachten Versorgungsmängel bei Lebensmitteln und Medizin dargestelt werden. Inzwischen haben sich auch Brasilien und Holland zur Verfügung gestellt, um über eine Grenzstadt in Roraima und die Insel Curaçao diese „Hilfsgüter“ zu lagern.

Das venezolanische Rote Kreuz hat gleich abgewunken und möchte mit diesen Hilfelieferungen – die in Venezuela selbst niemand bestellt hat –, nichts zu tun haben.

Abgesehen davon, daß keine derjenigen Situationen vorliegt, die humanitäre Hilfe verlangen – Naturkatastrophe, Krieg oder Seuche – , ist ja auch gar nicht klar, worin denn diese Lieferungen bestehen und wer sie kontrolliert. Haben da Firmen ihre abgelaufenen Lebensmittel und Medikamente hineingepackt, um sie medienwirksam loszuwerden? Ist das Zeug womöglich gesundheitsschädlich, was da verliefert wird?

Die UNO und deren Unterorganisation WHO haben jedenfalls mit diesen Lieferungen nichts zu tun. Sie wurden von keiner international anerkannten Organisation kontrolliert.
Es ist also weder der Inhalt noch die Herkunft dieser Lieferungen bekannt. Es können theoretisch sogar Handgranaten, MG-Munition und ähnliches drin sein, als Konservendosen deklariert.
Umso bemerkenswerter ist es, wie einige Staaten sich richtig überbieten, diesen Sondermüll nach Venezuela zu bringen und notwendigerweise auch mit Gewalt drohen, wenn das „Regime“ in Venezuela diese Hilfslieferungen nicht seiner angeblich darbenden Bevölkerung, die angeblich sehnlichst darauf wartet, zukommen läßt.

Guaidó hat angekündigt, sie am 23. Februar mit Hilfe seiner Getreuen gewaltsam nach Venezuela zu bringen.

Man darf gespannt sein, wer ihm da alles zu Hilfe eilen wird.