DAS SCHWANKEN DER GIGANTEN
Bis 2008 floß Kredit reichlich und wurde als Wachstumsmotor geschätzt, befördert und gelobt. Und ganz verabschiedet haben sich die Politiker und Ideologen in Medien, Universitäten und Think Tanks von dieser Vorstellung noch immer nicht. Kredit soll sein und muß sein, und alle sind seit 7 Jahren damit beschäftigt, weiterhin den Kredit schönzureden und sich Kredit für ihre Ziele zu beschaffen, während man die Unkosten des gescheiterten Kredits gerne auf andere abwälzen möchte.
Kredit ist Anspruch auf zukünftigen Gewinn, der seit geraumer Zeit nur mehr durch weiteren Kredit generiert wird, nicht durch wirklich gelungene Geschäfte.
Den ständig wachsenden Kreditberg schieben Staaten, Banken und Finanzdienstleister in immer schlechterem Einverständnis miteinander vor sich her, und hofften lange Zeit vermutlich, daß irgendein Wunder geschehen und die Konjunkturlokomotive von irgendwoher hereinrattern würde, oder sich in einer Felswand ein Safe öffnen, die ganzen faulen Kredite inhalieren und als Gold oder Diamanten, also echte und wahre Werte wieder ausspucken möge.
Man verzeihe das blumige Bild, aber die Verlautbarungen von Bankchefs, Politikern und Wirtschaftswissenschaftlern klangen in den letzten Jahren alle so, als ob so ein Wunder geschehen, ein deus ex machina den ganzen Schulden-Saustall auskehren würde.
Ewig läßt sich dieser naive Kinderglaube aber nicht aufrechterhalten und auch nicht endlos der Menschheit solchermaßen ein X für ein U vormachen. Irgendwann glaubt niemand mehr den Experten und schon gar nicht glauben die Akteure des Finanzsektors die Zwecklügen, die einem die Kollegen auftischen.
Es steht also eine Bereinigung an, und die wird nun von verschiedenen Institutionen und Geldinstituten in Angriff genommen. Was dabei herauskommt, läßt sich nicht abschätzen, klar ist jedoch, daß irgendwo abstrakter Reichtum = Zahlen auf Konten gestrichen werden müssen, weil sich die Behauptung, sie würden Wert repräsentieren, nicht länger aufrechterhalten läßt. Und dadurch alle Reichtumstitel, Aktiva, sogar das Geld selbst in Verruf geraten ist und jetzt irgendwie wieder vertrauenswürdig gemacht werden sollen.
1. Schuldenstreichung – für Griechenland nein, für die Hypo Alpe Adria schon?
So steht in Österreich seit geraumer Zeit eine Bankruine namens Hypo Alpe Adria herum, die irgendwie abgebaut werden soll. Das Hauptproblem ist, daß diese Bank in ihren besseren Zeiten Bankanleihen ausgegeben hat, die – weil sie etwas höher verzinst waren als vergleichbare Anleihen im deutschsprachigen Raum, aber als völlig solid galten – von diversen großen deutschen Banken und anderen Instituten gekauft wurden. Entweder diese Anleihen werden vom österreichischen Staat, der inzwischen Eigentümer der Hypo ist, bedient, d.h. der österreichische Staat muß aus seinem Budget die Gewinnansprüche von aus- und inländischen privaten Geldinstituten bedienen und dafür seinen eigenen Staatskredit strapazieren.
Um das zu vermeiden, soll hier eine Schuldenstreichung und ein Vergleich stattfinden. Verhandlungen und Klagen sind unterwegs. Es handelt sich um eine Summe von 10-15 Milliarden, und um einen Präzedenzfall: Eine mit Garantien des Bundeslandes versehene und von der staatlichen Aufsicht als gesund eingestufte Bank gibt Anleihen aus, die sie einige Jahre später nicht mehr bedienen kann und die der Staat nicht übernehmen will. Da die Hypo nicht die einzige Bank ist, die dergleichen gemacht hat, könnten andere Institute bzw. Regierungen ebenfalls einen solchen Haircut vornehmen, was die Aktiva der Banken, die aus solchen von anderen Banken ausgegebenen Wertpapieren bestehen, ziemlich alt aussehen ließe. Und man täusche sich nicht über den Umfang solcher Bankanleihen in den Depots: sie wurden munter ausgegeben, und ebenso heftig gekauft und den Bankschätzen einverleibt, weil sie neben Staatsanleihen als sicherste AAA-Anlage galten.
2. Die UniCredit verändert sich
Die größte bzw. zweitgrößte italienische Bank, die sich vor der Krise mit der deutschen Hypo-Vereinsbank auch die größte österreichische Bank einverleibt hat, will diese mehr oder weniger zusperren. Außerdem machen Gerüchte die Runde, daß sich die UniCredit in Italien mit der anderen Großbank, Intesa Sanpaolo und einem dritten Geldinstitut fusionieren will.
Das wäre eine Elefantenhochzeit, der nicht wie vor 10 Jahren eine Expansionsstrategie zugrundeliegt, sondern im Gegenteil, ein (vermeintliches) Gesundschrumpfen mit jeder Menge Entlassungen, Filialschließungen usw. So in der Art, aus 2 Elefanten wird 1 Nashorn. Das wird schon den Kredit in Italien selber stark einschränken.
Was die vom Abbau bedrohte Bank Austria betrifft, so hatte die viel Engagement in den ehemals sozialistischen Staaten, das in Zukunft von Italien aus betreut und vermutlich auch stark reduziert wird. Das bedeutet, daß der Kredit dort ziemlich auf die heimischen Kreditquellen beschränkt werden wird. Das heißt wiederum, daß die allgemeine Zahlungsfähigkeit in Staaten wie Ungarn, Rumänien, der Slowakei, den Nachfolgestaaten Jugoslawiens usw. weiter zurückgehen wird, was sie als Märkte wenig leistungsfähig machen wird, – was wiederum diverse EU-Firmen vor allem in der Sphäre des Handelskapitals spüren werden, die dort präsent sind.
3. Die Deutsche Bank will abspecken
Die Deutsche Bank, immerhin auch eines der größten Finanzinstitute Europas, gab unlängst einen Rekordverlust von 6 Milliarden Euro nur für das noch gar nicht zu Ende gegangene Jahr 2015 bekannt, Streichung der Dividendenauszahlung und eine drastische Einschränkung der Geschäftstätigkeit, was Filialschließungen, Entlassungen und den Rückzug aus 10 Ländern beinhaltet, darunter auch denjenigen aus dem EU-Mitglied und Nachbarstaat Dänemark.
Die DB war eine der Stützen des Euro – dank ihrer Kreditierung innerhalb der EU wurde Zahlungsfähigkeit, Immobilienblasen und Vertrauen in diese Währung geschaffen.
Ihr Rückzug bedeutet daher einen Volumens- und Prestigeverlust für die europäische Einheitswährung.
4. Der IWF weiß nicht, was er mit der Ukraine machen soll
Die Ukraine ist praktisch pleite, wird aber mit IWF- und anderen Krediten über Wasser gehalten, weil sich einen Bankrott der Ukraine aus politischen Gründen niemand leisten will. Daraus könnte man ersehen, was es einem Land bringt, sich der EU und den USA um den Hals zu werfen, was das weltweite Prestige und damit auch den Einfluß dieser Mächte sehr einschränken könnte.
Das Über-Wasser-Halten der Ukraine um jeden Preis hat aber auch ökonomische Gründe, weil viele europäische, vor allem deutsche und österreichische Banken ukrainische Staatspapiere halten, die nach der Orangen Revolution und dem IWF-Kredit von 2008 als vergleichsweise hoch verzinste Wertpapiere von vielen Instituten gekauft wurden.
Manche IWF-Mitglieder, vor allem aus den BRICS-Staaten, aber auch Kanada, sind eher ungehalten über die Kreditierung von Pleitestaaten wie Griechenland und der Ukraine, und der IWF verliert mit dieser Politik zusehends an Boden, weil er als Garantiemacht der Kreditwürdigkeit von Staaten nicht mehr glaubwürdig ist.
Wenn jetzt die Ukraine ihren im Dezember fälligen Kredit an Rußland nicht tilgt und der IWF das nicht als Bankrott einstuft, sondern meint: Schwamm drüber! – so kommt das einer Bankrotterklärung des IWF gleich, und was das wieder für Folgen für die Eurokrise haben könnte – schließlich garantiert der IWF mit seiner Aufsicht für die Gültigkeit der griechischen und portugiesischen Staatsschuld …
5. Null- und Negativzinsen und Geldschwemme allerorten
Mit der Niedrig- bis Nullzins-Politik der EZB und Fed haben die großen Notenbanken klargestellt, daß ihre Geldinstitute sich bei ihnen unbegrenzt Kredit holen können. Diese Geldpolitik führt einerseits dazu, daß es unbegrenzte Mittel zum Ankauf von Staatsanleihen gibt, wovon in der EU Krisenstaaten wie Spanien, Italien oder auch Frankreich profitieren, von deren Kreditnöten man in letzter Zeit nichts liest. Es führt aber auch dazu, daß sich Banken, Versicherungen und Pensionsfonds in sehr riskante Spekulationen einlassen, weil man nur dort halbwegs gute Renditen erzielen kann.
Der Umstand, daß der Geldhahn so weit geöffnet wurde und vor allem zum Ankauf öffentlicher Schuld geführt hat, hat Besorgnis hervorgerufen, ob das nicht wieder die Banken destabilisieren könnte, die in ihren Portfolios soviel Staatsanleihen herumliegen haben. Die Wackelstaaten wollen keine Regulierung, um sich weiter verschulden zu können. Deutschland, unterstützt von Schweden hingegen versucht seinen Einfluß bei den Basel-Richtlinien geltend zu machen, um den Anteil der Staatsanleihen in den Bankportfolios zu beschränken – sie sehen einen hohen Anteil an Staatsanleihen als „riskant“ an.
Man fragt sich, welche Art von Wertpapieren das Risiko für die Banken verringern sollen?
VW-Aktien?
Kategorie: Imperialismus
Digitales Archiv zur MG
MSZ 1974-80
So Leute, die MSZ 1974-80 ist inzwischen mehr oder weniger vollständig am Netz. 2 oder 3 hab ich unterschlagen, weil sie mir zu unbegreiflich erschienen sind, und bei der Nr. 7 fehlen 2 Artikel, die mir gern einmal wer schicken kann. Ich konnte die nirgends aufstellen.
http://www.msz1974-80.net/
Ergänzung:
Linkliste zur Geschichte und Kritik der „Marxistischen Gruppe“ (MG)
Beiträge zur Geschichte und Kritik der „Marxistischen Gruppe“ (MG), ihrer Vorläufer und ihres Umfeldes (work in progress)
Die Rückkehr einer Großmacht
RUSSLAND SETZT FAKTEN IN SYRIEN
Das Comeback derjenigen Macht, die der US-Präsident zur Regionalmacht deklarieren wollte, könnte gar nicht besser gelingen. Rußland bringt sein Kriegsgerät in Stellung, schmiedet Allianzen mit einigen Regierungen der Region und greift militärisch in Syrien ein.
1. Die Ziele und Vorgangsweise Rußlands
Das erklärte Ziel Rußlands ist die Wiederherstellung eines Gewaltmonopols in Syrien, und in der Folge wahrscheinlich auch im Irak. Damit durchkreuzt die russische Politik sowohl das von den Großmächten gestiftete und geduldete Ende-Nie-Bürgerkriegsszenario als auch Pläne zur Neuaufteilung der Region, wie sie von einigen Strategen und Think Tanks der USA gewälzt wurden. Vor allem aber legt sie die Konzeptlosigkeit der Weltmacht Nr. 1 bloß. Dazu später.
Die russische Führung probiert ihr Kriegsgerät aus und zeigt gleichzeitig der Weltöffentlichkeit, was sie alles hat. Das ist ein wichtiger Aspekt ihres Eingreifens in den Nahostkonflikt, auch in Hinblick auf die Krim und die Situation in der Ukraine: laßt die Finger militärisch von uns, wir schießen nicht mit Pfeil und Bogen!
Es ist das erste Mal, daß Rußland Marschflugkörper einsetzt. Es zeigt damit, was ihre Fabrikate an Präzision und Reichweite leisten, daß die russischen Streitkräfte kein Problem in der Handhabung derselben haben und Rußland es sich auch leisten kann, ein paar von diesen Dingern mir nix dir nix in Syrien zu verpulvern.
Diese Demonstration in Sachen Strategie und Waffentechnik ist bei der NATO mit Zähneknirschen aufgenommen worden.
Dadurch, daß die russischen Militärs mit der syrischen Armee und Regierung zusammenarbeiten, haben sie sozusagen die Bodentruppen, die es den USA bis heute nicht gelungen ist heranzuzüchten. Sie können daher Erfolge feiern, weil sie das Terrain kennen, ihre Aktionen mit der syrischen Armeeführung absprechen und die Ziele ihrer Bombardements präzise aussuchen und anfliegen können.
Es sollte niemanden wundern, wenn die Kooperation zwischen Rußland, syrischer Regierung, Iran und anderen Verbündeten (irakische Regierung, Kurden-Milizen) binnen einiger Wochen dem ganzen IS-Spuk ein Ende bereiten würde – nachdem diese Organisation medial zu einer geheimnisvollen und unbezwingbaren Hydra aufgeblasen wurde, an der sich alle Maßnahmen der zivilisierten Welt als wirkungslos erweisen müssen.
2. Die Reaktion des Freien Westens
ist an Lächerlichkeit und Heuchelei nicht zu überbieten. Die Politiker und Medien greinen im Chor, daß die Russen auch unsere guten Terroristen bombardieren, die „Gemäßigten“! Und das einige Tage, nachdem die USA bekannt geben mußten, daß alle ihre von ihnen ausgebildeten Hurensöhne als bewaffnete Truppe zerbröselt sind, weil sie entweder zu anderen Formationen übergelaufen oder sonstwie verschwunden waren. Also wird die Al-Nusra-Front, der Al-Kaida-Ableger in Syrien, kurzerhand zu Guten und Gemäßigten erklärt, und die Russen werden beschuldigt, durch ihr „einseitiges“ Eingreifen zugunsten des bösen Diktators Assad die Lage in Syrien zu DESTABILISIEREN!
Man möchte sich, wenn es nicht so tragisch wäre und dauernd Menschen sterben, auf die Schenkel schlagen vor Lachen über die geistigen Verrenkungen, die die diversen NATO- und Regierungs-Sprecher und ihnen zutiefst verbundene Schreiberlinge in diversen Medien auf sich nehmen müssen, um sich über das russische Eingreifen zu empören.
Die Türkei jammert, daß ihr Luftraum verletzt wird, nachdem sie ihn vorsorglich schon einige Kilometer nach Syrien ausgedehnt hatte, und droht damit, kein russisches Gas mehr zu kaufen – was angesichts der Phase, in der sich die Operation inzwischen befindet, sehr kleinkrämerisch wirkt.
Den Vogel schießt natürlich wieder die EU-Spitze ab. Erst zeigt sie, wie sie dank ihrer Festung Europa-Politik mit der Ankunft von ein paar Hunderttausend Flüchtlingen heillos überfordert ist. (Im Libanon allein befinden sich über eine Million.) Der Hort des Wahren, Guten und Schönen kann nämlich mittellose Hungerleider überhaupt nicht brauchen.
Dann macht die französische Führung ein paar Alibi-Bombardements, wo wahrscheinlich ein paar Esel und Ruinen in der Wüste dran glauben müssen, um zu zeigen, daß sie sich auch nicht lumpen läßt und auch ein paar Flieger und Bomben besitzt.
Gleichzeitig inszeniert die deutsche Führung ein Theater mit „Flüchtlinge willkommen!“ und versucht damit, sich einen Rechtstitel für eine Einmischung im Nahen Osten zu verschaffen. Die „Ursachenbekämpfung“ besteht dann, wie man so liest, darin, die Fluchtwege besser zu versperren und den Bau von mehr Lagern in der Nähe Syriens zu veranlassen. Die Beendigung des Krieges in Syrien, die Rußland jetzt ins Auge faßt, war als „Ursachenbekämpfung“ nicht vorgesehen – so, als sei der von Gott gewollt und unabänderlich …
Während die Türkei noch versucht, von der NATO Rückendeckung für das Abbeißen eines Stückes von Syrien zu erreichen, um dann dort humanitär Flüchtlingslager zu errichten, erlebt die Weltöffentlichkeit die Desintegration der Weltmacht Nr. 1, deren Führung offenbar völlig ratlos ist, wie sie angesichts des von ihr angerichteten Schlamassels eine gute Figur machen soll.
Mit den Russen in offene Konfrontation zu gehen, kann die USA schon deshalb nicht, weil es kein dafür irgendwie verwendbares Kriegsziel gibt. Sie könnten nämlich nur beschließen, den IS oder die Al-Kaida-Truppe vor der Vernichtung retten zu müssen und deswegen jetzt ihr Militär in die Schlacht werfen. Erstens will das die USA selbst nicht – keine der untereinander zerstrittenen Fraktionen, nicht einmal Hardliner wie McCain oder Falken im Pentagon – und zweitens ließe sich das wirklich nicht mehr als Verteidigung von Freedom and Democracy verkaufen.
Damit ist aber auch klar, daß sie ihre ohnehin schon sehr halbherzigen Kampfhandlungen in der Region entweder mit Rußland koordinieren oder einstellen müssen. Ersteres wollen sie auf keinen Fall: die USA als Hilfs-Sheriff Moskaus, nicht auszudenken! Zweiteres wird dadurch notwendig, weil ein Zusammenstoß von US- und russischen Flugzeugen im syrischen Luftraum oder ein Abschuß durch eine Rakete ein casus belli wäre, der von den USA in diesem Augenblick aus den oben erwähnten Gründen nicht gesucht wird. (Man erinnere sich dabei daran, daß die von den USA initiierte „Koalition“ für ihre Flüge oder Bombardements weder das Einverständnis der syrischen Regierung noch irgendeine Rückendeckung durch die UNO hatte. Diese „Koalition“ ins Leben zu rufen war ein reiner Willkürakt der USA ohne völkerrechtliche Grundlage.)
Die Russen haben also durch ihr Handeln die USA aus dem Syrien-Konflikt hinausgeworfen.
3. Die Regionalmächte
Man muß sich bewußt machen, was das heißt. Es heißt, daß Rußland jetzt dort bestimmt, und daß die USA-Vasallen – Israel, Saudi-Arabien, Katar – sich zurückhalten müssen, und daß ihre Unterstützung für den IS sie in unmittelbaren Konflikt mit einer Großmacht bringen kann, die ihre Kriegsziele wohl definiert hat und verfolgt.
Schon allein dieser Umstand zeigt, daß die Tage des IS gezählt sind und daß das manche ihrer Kämpfer auch begriffen haben, wie die russischen Berichte über Fluchtbewegungen aus Mossul und Rakka zeigen.
Auch die Türkei weiß nicht, wo ihr der Kopf steht. Ihr Feldzug gegen die PKK verblaßt zusehends angesichts der russischen Bombardements und der syrischen Bodenoffensive. Bombardements im Irak kann sie sich inzwischen nicht mehr guten Gewissens erlauben – die Marschflugkörper Rußlands wurden mit gutem Grund aus dem Kaspischen Meer abgefeuert, um auch in dieser Richtung allen Beteiligten Ausmischung nahezulegen. Während die türkische Regierung mit der EU um Bedingungen für besseres Flüchtlings-Containment verhandelt, werden die Kurdenmilizen Syriens und des Iraks über das Koordinationszentrum in Bagdad in den Krieg zur Wiedereroberung des Territoriums für die Zentralmacht einbezogen und ihnen dadurch der Rücken gestärkt.
Die Türkei wird so auch zu einem bloßen Zuschauer degradiert, der ohnmächtig der Wiederherstellung Syriens beiwohnen muß, wenn sie sich nicht mit Rußland anlegen will. Auch der den USA überlassene Stützpunkt in Incirlik ist als Trumpfkarte verbraucht, da die Russen den syrischen Luftraum mit Flugzeug-Abwehrraketen verteidigen.
Der Krieg wird jetzt von Rußland geführt, vermutlich mit Rußland gewonnen, und Rußland wird dann die Nachkriegsordnung im Nahen Osten bestimmen.
Rußland kann sich dabei der Sympathie eines großen Teils der europäischen Bevölkerung sicher sein, die den antirussischen Kurs der Politik und der Medien nicht unterstützt und mit Kopfschütteln die US- und EU-Politik in Nordafrika und dem Nahen Osten verfolgt hat.
Es wird sich weisen, ob die EU noch lange ihre Politik ohne und gegen Rußland machen kann.