Die Ermordung Darja Duginas, Teil 2

DAS ATTENTAT SELBST: SELTSAME ZIELSETZUNG VERSCHIEDENER GEHEIMDIENSTE

Darja Dugina war ein einfaches Ziel für ein Attentat. Niemand nahm an, daß dieser jungen Frau eine gewaltsame Auslöschung drohen könnte. Auch sie selbst nicht. Sie traf daher auch keinerlei Sicherheitsvorkehrungen.

1. Das Setting

Wie die Nachforschungen der „Komsomolskaja Pravda“ (KP) und anderer Zeitungen ergaben, lebte sie in einem Haus mit 33(!) Stockwerken am südwestlichen Stadtrand Moskaus. Diese Gegend war in den letzten Jahrzehnten durch viel Neubautätigkeit vor allem für junge Leute attraktiv geworden, weil sich viele Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen dort angesiedelt hatten.
Das Haus war vom Standpunkt der Bewohner ein richtiges Vogelhaus. In einem fort zogen Leute ein oder aus. Die meisten Leute hatte keine Ahnung, wer ober oder neben ihnen wohnte. Genausowenig interessierte es irgendjemanden, ob der- oder diejenige, die dort aus- und eingingen, auch tatsächlich dort wohnten oder zu einem tatsächlichen Bewohner unterwegs waren.
Es war also praktisch überhaupt nicht überwacht, und auch sehr schwer überwachbar. Niemand nahm an, daß dort jemand aus- und eingehen könnte, der Böses im Schilde führte. Gegen Einbruch waren die Wohnungstüren halbwegs abgesichert, und auch die Garage wurde offenbar noch nie für Raubüberfälle genutzt, sonst hätte das alles anders ausgesehen.
Ähnlich ideal für das Verüben von Attentaten war das Festival im Westen Moskaus, von wo aus Darja Dugina die Reise in den Tod antrat. Jede Menge Leute, aufgrund der Menge praktisch nicht zu kontrollieren, ein überfüllter Parkplatz, auf dem es auch keine oder nicht funktionierende Überwachungskameras gab, und eine eigentlich überraschende Sorglosigkeit der Veranstalter in einem Land, das sich immerhin seit 6 Monaten im Krieg befindet, auch wenn man den offiziell nicht so nennen darf.

2. Die Täter

Die Hauptverdächtige, Natalja Wowk, stammt aus Mariupol. Den Recherchen der KP zufolge hatte sie eine unglückliche Ehe hinter sich, mit einem Mann, der sie beinahe totprügelte. Nach der Trennung von ihm hatte sie das Problem, wie sie in der Ukraine in einer höchst trostlosen wirtschaftlichen Situation ihre beiden Kinder ernähren sollte. Sie schrieb sich daher bei der Nationalgarde ein und wurde Soldatin der ukrainischen Streitkräfte. Die Vermutung liegt nahe, daß sie dort vom SBU, dem ukrainischen Geheimdienst angeworben wurde, für den sie aufgrund ihrer prekären Situation eine willige Mitarbeiterin wurde.
Sie reiste gegen Ende Juli mit ihrer 12-jährigen Tochter aus dem russisch besetzten Teil des Donbass in einem Auto mit ukrainischer Nummer nach Rußland ein. Die Tochter diente sozusagen als Mittel, um jeden Verdacht von sich zu lenken. So entging es den Grenzkontrolloren, daß diese Frau ursprünglich bei der ukrainischen Nationalgarde gedient hatte, angeblich sogar beim Azov-Batallion.
Sie mietete sich dann in dem bewußten Haus mit den 33 Stockwerken in Moskau ein, und zwar so, daß sie von ihrem Fenster aus in ein oder mehrere Fenster der Dugina-Wohnung hineinschauen konnte, möglicherweise unter Zuhilfenahme eines Fernglases. Sie wußte also um deren Lebensgewohnheiten – wann sie heimkam, wann sie das Haus verließ, usw.
In der Tiefgarage besaß sie einen Stellplatz relativ nahe dem von Darja Dugina. Die Tiefgarage ist schlecht beleuchtet, sie verfügte über wenige Überwachungskameras und diese deckten nur einen kleinen Teil des gesamten Raumes ab.
Natalja Wowk verwendete auf dem gleichen Auto, mit dem sie eingereist war – einem Mini-Cooper – während ihres einmontigen Aufenthalts in Moskau ein kasachisches Kennzeichen und reiste am Tag nach dem Attentat mit dem gleichen Auto, diemal mit russischem Kennzeichen und wieder in Begleitung ihrer Tochter über die Grenze nach Estland aus. Am gleichen Tag bot ihr – bereits erwachsener – Sohn in der Ukraine das Auto bereits im Internet zum Verkauf an.

Die Anwesenheit von Natalja Wowk ist durch Videoaufnahmen gut dokumentiert. Es ist klar, daß sie nur der sichtbare Teil einer Organisation zur Abwicklung des Attentats war. Man weiß derzeit nicht, ob sie selbst die Autobombe im Auto ihres Opfers plaziert hat, und ob das in der Tiefgarage oder auf dem Parkplatz des Festivals geschah.
Es ist ziemlich sicher, daß der ukrainische Geheimdiens SBU das Attentat organisiert hat. Wowk hatte auf jeden Fall einige weniger sichtbare Mittäter. Immerhin besaß sie 3 Autokennzeichen mitsamt der nötigen Dokumentation für den Fall einer Kontrolle. Auch die Wohnung wurde vermutlich von jemandem anderen angemietet. Moskau hat sie bereits vor dem Attentat verlassen, um es rechtzeitig über eine EU-Grenze zu schaffen.
Die russischen Behörden halten es auch nicht für ausgeschlossen, daß der SBU mit dem CIA und MI6 zusammengearbeitet hat.

3. Das Opfer

Darja Dugina war 29 Jahre alt. Wie ihr Vater hatte sie Philosophie studiert. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über die Neo-Platoniker. Sie betrieb ein Doktoratsstudium zu einem verwandten Thema. Außerdem sprach sie Französisch.
Sie war seit Jahren aktiv als Rednerin, Journalistin, wurde zu Talkshows eingeladen und hielt Vorträge zu verschiedenen Gegenständen – von der Innenpolitik Frankreichs über griechische Philosophie bis zu Themen, die mit der eurasischen Bewegung zusammenhingen, deren Vorsitzender ihr Vater ist. Sie machte auch kein Geheimnis daraus, daß sie den russischen Einmarsch in die Ukraine unterstützte.
Dennoch, die Wahl fiel wahrscheinlich auf sie, weil sie die Tochter Alexander Dugins war. Es ist auch ziemlich sicher, daß die Zielperson des Attentats er war und der Tod der Tochter als Kollateralschaden in Kauf genommen worden wäre.
Aber Dugin, der ebenfalls dieses Festival besuchte und auch ursprünglich mit seiner Tochter zusammen nach Moskau zurückfahren wollte, entschied sich im letzten Augenblick dazu, mit einem Freund die Heimreise anzutreten, weil er während der Autofahrt noch etwas mit ihm besprechen wollte.

Als die Täter den Zeitzünder aktivierten, wußten sie vermutlich, daß sie nur die Tochter erwischen würden und dachten sich, besser als gar nichts. Immerhin war die Bombe am Auto befestigt. Sie zu entfernen, wäre schwierig und riskant gewesen, und eine zufällige Detonation irgendwo hätte keinerlei erwünschten Effekt gehabt.

4. Warum dieses Attentat?

Ausgehend von der Überzeugung, daß das Attentat eigentlich Alexander Dugin gegolten hat, erhebt sich die Frage, was der SBU und andere Geheimdienste eigentlich mit einem solchen Attentat bezwecken?

Erstens überschätzen sie die Rolle von Ideologen auf die russische und überhaupt jede Gesellschaft. Abgesehen davon, daß diese Leute nicht die Entscheidungsträger sind, so ist Dugin eben nur der Vorsitzende der Eurasischen Bewegung. Diese Bewegung existiert auch ohne ihn, weil die Gründe für das Aufkommen dieser Art von Gedankengut nicht in seiner Person liegen.
Zweitens werden solche Personen wie die Dugins ausgewählt, weil die wirklich wichtigen Akteure in Rußland natürlich gut bewacht sind. An Putin, Schoigu, Medwedjew usw. kommen solche Bombenattentäter nicht heran. Selbst wenn diese Personen einmal ein Bad in der Menge nehmen, sind dort die höchsten Sicherheitsvorkehrungen angesagt.

Die Idee war also, eine bekannte Persönlichkeit umzubringen, um zu zeigen, daß die Unterstützer der russischen Politik ihres Lebens nicht sicher sind.
Sogar wenn das gelingen würde, so hätte das nur eine Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen für solchermaßen gefährdete Personen zur Folge.
Die Wahnvorstellung westlicher Geheimdienste ist jedoch, daß nach einem solchen Mord in Rußland Zittern und Bangen losgeht, und sich alle von dem Diktator abwenden.
Das ist eine völlig verkehrte Vorstellung gegenüber der Bevölkerung Rußlands – oder irgendeines anderen Staates. Das Gegenteil ist nämlich der Fall – wie man es bei islamistisch inspirierten Attentaten in ganz Europa sehen konnte: Ein solches Attentat schweißt die Bevölkerung und ihre Herrschaft zusammen.

Um so mehr, als das Opfer eine junge Frau war, die niemandem etwas zuleide getan hat.

Zusatzinfo: Die Eurasier

Ausführlicheres hier.

11 Gedanken zu “Die Ermordung Darja Duginas, Teil 2

  1. Die weiteren Nachforschungen von Polizei und Geheimdienst haben ergeben, daß die Attentäterin Wowk mindestens einen Komplizen hatte, einen Ukrainer, der über Estland einreiste und einen Tag vor dem Attentat Rußland wieder verließ.
    Der versorgte Wowk mit den falschen Autonummern und Dokumenten. Da eine Autonummer plus Dokumentation auf Kasachstan lautete, ist anzunehmen, daß es auch dort Mittäter gab bzw. gibt.

    Außerdem mieteten die beiden – oder noch ein Dritter – eine Garage im Süden Moskaus an, wo sie die Bombe bastelten.

    Es ist zwar immer noch nicht klar, wo und von wem die Bombe am Auto montiert wurde. Es kann aber als sicher angenommen werden, daß Wowk diejenige war, die sie schließlich per Auslöser zur Detonation brachte, weil ihre Anwesenheit auf dem Festival durch Überwachungskameras festgehalten wurde. Sie wußte also, wann Dugina mit dem Auto den Heimweg antrat.

    Vor allem die sehr professionelle Aufmachung der Kennzeichen und dazugehörigen Dokumente schließt irgendwelche privaten Täter aus und weist eindeutig auf einen Geheimdienst hin.

    In österreichischen Medien tauchten Fake News auf, Natalia Wowk wäre irgendwo in einem Hotel tot aufgefunden worden.

    Dergleichen Fake News könnten natürlich der Auftakt zu einer tatsächlichen Beseitigung Wowks durch den- oder diejenigen Geheimdienste sein, die mit dem Mord an Dugina zu tun haben. Wowk weiß zuviel.
    Es ist auch sonst sehr üblich, bei Mafias und Geheimdiensten, Killer zu beseitigen, um Spuren zu löschen.

  2. Der zweite Verdächtige, Bogdan Tsyganenko, stammt aus Donezk. Wie Natalja Wowk hatte er eine gescheiterte Familiengründung hinter sich.
    Die Biographien beider werfen in erster Linie ein bezeichnendes Licht auf die prekären wirtschaftlichen Verhältnisse der Ostukraine, ob jetzt im ukrainisch verwalteten Mariupol oder im seit Jahren beschossenen Volksrepublik-Donezk. Für viele Leute bleiben nur das Militär oder der Geheimdienst als Verdienstmöglichkeit, wenn man nicht emigrieren will.

    Es ist ist anzunehmen, daß der SBU gerne Leute aus dem Donbass für dergleichen Attentate anwirbt. Erstens rufen sie beim Überschreiten der Grenze weniger Verdacht hervor. Schließlich sind es „Unsrige“ aus „befreiten Gebieten“. Sie werden daher weniger kontrolliert, vor allem, wenn es sich um eine Frau mit Kind oder einen Mann handelt, zu dem keine Vermerke vorliegen.

    Bei Tsyganenko wird übrigens immer angegeben, daß er über Estland eingereist ist, aber nicht, bei welchem Grenzübergang er ausgereist ist. Es muß aber den russischen Behörden bekannt sein, weil das Datum der Ausreise – 19. August – veröffentlicht wird.
    Offenbar gibt es bei dieser Grenze jetzt ein Köpferollen bei den Verantwortlichen …

    Die KP weist auch zweitens auf den propagandistischen Effekt hin, wenn Leute aus dem Donbass für dergleichen Attentate rekrutiert werden: Kiew kann sagen, das ist die Rache der durch den russischen Bären unterdrückten Ostukrainer!

    Der Schreiber des Artikels meint spöttisch, vermutlich werden die Attentäter bald für den Nobelpreis vorgeschlagen, die allgemeine Stimmung und auch die Nobelpreis-Vergabekriterien sind inzwischen derartig, daß so etwas durchaus drin wäre.

  3. Laut einem Artikel in der New York Times beschuldigen US-Geheimdienste den ukrainischen Geheimdienst der Ermordung Darja Duginas und gehen damit sogar an die Öffentlichkeit.
    In dem Artikel wird ziemlich genau das bestätigt, was die russischen Ermittler herausbekommen haben.

    Diese Enthüllungen sind angeblich Ergebnis der Unzufriedenheit der Zusammenarbeit mit den ukrainischen Partnern, die sich nicht immer mit den USA absprechen, und auch untereinander zerstritten sind.

    (El País, 6.10.)

  4. Das Attentat auf den russisch-ukrainischen Blogger und Milizionär Tatarskij/Fomin wurde nach Angaben des russischen Antiterror-Komitees vom ukrainischen Geheimdienst in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des von Nawalny ins Leben gerufenen und inzwischen verbotenen Fonds zur Korruptionsbekämpfung (FDK) durchgeführt.

    Das hat die verhaftete und diesem Komitee angehörige Attentäterin Darja Trepowa gestanden.

    Sie hatte nicht nur – ähnlich wie die Attentäterin Duginas – eine Wohnung in der Nähe gemietet, sondern auch eine zweite, wo sie sich nach dem Attentat verstecken wollte. Für den Tag nach dem Attentat hatte sie bereits ein Flugticket nach Usbekistan gekauft.

    Nach der Übergabe der Statue, in der der Sprengstoff versteckt war, flüchtete sie und schnitt sich die Haare kürzer. Sie war aber auf diversen Kameras erfaßt, deswegen gelang es, sie aufzuspüren, bevor ihr die Flucht gelang.

    (KP, verschiedene Artikel, 3.4.)

    Gegenüber dem Attentat auf Dugina wurde vom ukrainischen diesmal eine russische Staatsbürgerin ausgesucht. Inzwischen erregt nämlich das Anmieten einer Wohnung durch Ausländer(innen) Verdacht und muß vermutlich gemeldet werden.
    Trepowa war noch dazu aus St. Petersburg, also diesbezüglich völlig unverdächtig.

    Was noch zu klären ist, ist, warum eine Sprengstoff enthaltende Statue erstens überhaupt in das Lokal gebracht und zweitens dem späteren Opfer direkt übergeben werden konnte.

  5. Das Opfer des Attentats, Maxim Fomin alias Tatarskij (das Wählen von Pseudonymen ist im Ukraine-Krieg auf beiden Seiten üblich) war, im Unterschied zu Darja Dugina, genau die Art von Feind, die die ukrainischen Dienste eliminieren wollen.

    Er stammte aus Makejewka bei Donetsk und gehört damit also erstens zu dem Teil der Bevölkerung der Ukraine, die die ukrainische Führung – verschiedene Regierungen, so auch der inzwischen in der Versenkung verschwundene Poroschenko oder Juli Timoschenko – spätestens seit dem Maidan vertreiben oder sonstwie eliminieren wollten, weil sie nicht ins Konzept der unabhängigen Ukraine paßten: Russischsprachige, die sich als ethnische Russen definierten und ihre Hauptstadt in Moskau sahen und nicht in Kiew.

    Außerdem schloß er sich 2014 den Milizionären der Donbass-Rebubliken an und kämpfte gegen die ukrainische Armee, die, man vergesse es nicht, 8 Jahre ihre eigene Bevölkerung im Donbass bekämpfte und beschoß.

    Diese Erlebnisse von der Front verarbeitete er literarisch und eröffnete 2019 einen Blog, auf dem er Nachrichten aus dem Donbass und seit 2022 als Kriegsberichterstatter aus den Kriegsgebieten brachte, die nicht nur von Parteigängern des Krieges in Rußland, sondern auch in der Ukraine unter Militärangehörigen und Zivilisten gelesen wurden, weil sie als Nachrichten „von unten“ galten, die vertrauenswürdiger waren als die Veröffentlichungen offizieller Medien.

    Er war also für die ukrainische Führung ein in mehrfacher Hinsicht lästiger Zeitgenosse.

    In Moskau, wo er offenbar seinen Hauptwohnsitz hatte, verbreitete er seine Ansichten, auch bei Buchpräsentationen seiner beiden bisher erschienen Bücher „Krieg“ und „Laufen“ und bei Diskussionen in einem Buchgeschäft mit Veranstaltungslokal namens „Laub“.

    Dieses Lokal, das auch einen Ableger in Petersburg hat (das Attentat war aber woanders) ist einer der Treffpunkte einer patriotischen Szene, die den Krieg in der Ukraine und andere Aktionen und Ansichten, die der Größe Rußlands dienen, begrüßen und unterstützen.

    Das Buchgeschäft meldet in seinem Untertitel, es sei das Buchgeschäft der „Schwarzen Hundertschaft“.

    Die ersten „Schwarzen Hundertschaften“ waren die Leute unter den Handwerkern von Nischnij Nowgorod, die sich zu den 1612 aufgestellten Truppen von Minin und Poscharskij meldeten und die polnische Soldateska aus Moskau vertrieben, während der „Zeit der Wirren“. Das gilt als die erste „Wiedergeburt“ oder „Rettung“ Rußlands.

    Diesen Namen übernahmen die Todesschwadronen des Ancien Regimes in Rußland, die sich nach der Revolution von 1905 bildeten und Pogrome gegen Juden und Morde an sozialistischen und anderen linken Akteuren sowie bürgerlichen Politikern verübten. Ihr prominentes Opfer war der liberale Premierminister Pjotr Stolypin.
    Sie waren in der ebenfalls 1905 gegründeten Duma mit mehreren Abgeordneten vertreten und benutzten sie als Bühne für ihre reaktionären Vorstellungen, gestützt durch die halblegale Organisation „Bund des russischen Volkes“.

    Jetzt gibt es also eine Neuauflage dieser Art von Vaterlandsverteidigern …

  6. Für das Attentat auf Tatarskij dürfte sich nach derzeitigem Wissensstand der ukrainische Geheimdienst nicht nur auf das Nawalny-Umfeld, zu dem die Attentäterin gehörte, sondern vor allem auf die 1993 von Eduard Limonow und Alexander Dugin gegründete Nationalbolschewistische Partei gestützt haben, deren Mitglieder teilweise nach ihrem Verbot 2005 und vor allem nach dem Majdan 2014 in die Ukraine übersiedelten.

    Der 2020 verstorbene Limonow selbst hatte mit diesem Wandel nichts zu tun, er unterstützte die Volksrepubliken.

  7. Auch die Sache mit der Statue hat sich geklärt.

    Die junge Dame betätigte sich künstlerisch. Sie gestaltete nicht nur Postkarten mit Motiven aus dem derzeitigen Krieg, die sie dann dem Lokal „Laub“ brachte, als ihren Beitrag zur guten Sache. Sie machte auch Statuen, wie ihren Veröffentlichungen in sozialen Medien zu entnehmen ist. Es ist also wahrscheinlich, daß sie diese Statue selbst gemacht hat.
    In den 2 Monaten, die sie in Moskau lebte, machte sie sich mit der dortigen Szene vertraut und war auch Tartarskij bekannt. Es ist möglich, daß sie ihm das Geschenk sogar angekündigt hatte, sodaß er keinen Verdacht schöpfte und es auch nicht überprüfen ließ.

    Darja Trepowa trug sich mit Selbstmordgedanken, wie ihren Spuren in den sozialen Netzen zu entnehmen ist. Sie und vor allem ihre Hintermänner rechneten vermutlich damit, daß sie bei dem Attentat selbst sterben und daher auch den Untersuchungsbehörden nicht als Auskunftsperson zur Verfügung stehen würde.

  8. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß ein Ukrainer namens Jurij Denisov, der sich eine Zeitlang in der Nähe der Wohnung von Tatarskij/Fomin eingemietet und ihn beschattet hatte, der Attentäterin die Statue übergeben hatte. (Ursprünglich behauptete sie, sie von einem Taxifahrer erhalten zu haben.)

    Er entkam nach der Übergabe der Bombe über Armenien und die Türkei nach ?

    Noch fehlen Angaben zur Zündung und woher die Bombe kam.

    (KP, 14.4.)

  9. Nach dem 3. Attentat gegen Vertreter der russischen intellektuellen Kriegsunterstützer stellt ein Geheimdienstler der Gruppe Alfa im Gespräch mit der KP fest, daß die Behörden dagegen nicht sehr viel machen können.

    Man kann nicht hinter jeden potentiell gefährdeten Menschen einen Sicherheitsbeamten stellen.

    Der Attentäter gegen Prilepin war ein Kleinkrimineller aus der Ukraine, der seit dem Vorjahr in Rußland lebt und auch die russische Staatsbürgerschaft erhalten hat.

    Es gibt Millionen von Ukrainern, die seit dem Maidan 2014 und erst recht seit dem Vorjahr nach Rußland geflüchtet sind. Dazu kommen noch die Arbeitsmigranten, die in ebenso hoher Zahl schon vorher nach Rußland gekommen sind. Unmöglich, die alle zu überprüfen. Und vor allem: Was sollte da überprüft werden? Der Job? Die Sozialkontakte? Die Auslandsreisen?

    Die einzige Möglichkeit ist, die Wachsamkeit in der Bevölkerung anzuregen. Mehr darauf achten, was die Nachbarn so treiben, wer bei ihnen aus und eingeht, oder Fremde wahrnehmen, die Orte auskundschaften.

    Der Herr von Alfa meint aber leicht resigniert, es werden vermutlich weitere Attentate dieser Art folgen.

    (KP, 7.5.)

  10. Eine etwas seltsame Überschrift für einen Bericht über das verfahren gegen Darja Trepova:

    „Was an Antiwar Russian Tricked Into Carrying Out an Assassination Plot?

    Darya Trepova admits that a network of handlers in Ukraine recruited her to hand an explosive device to a far-right propagandist in St. Petersburg – but, she says, they never told her it was a bomb. (…)“

    (The New Yorker, 6.2.)

    Allerdings kann man sie auch so deuten, daß Gegnerschaft gegen den Ukraine-Krieg in Rußland Leute mit gutem Grund verdächtig macht …

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