Pressespiegel EL País, 11.1.: Völkermordanklage gegen Israel

„»GAZA VOM ERDBODEN TILGEN«: DIE SÄTZE ISRAELISCHER POLITIKER, AUF DIE SÜDAFRIKA SEINEN VÖLKERMORDVORWURF STÜTZT

Israelische Minister und Abgeordnete haben Erklärungen abgegeben, in denen sie die Ermordung palästinensischer Zivilisten entmenschlichten oder direkt oder indirekt verteidigten. Sie erscheinen in der dem Gericht vorgelegten Klage als Beispiel für »Anstiftung zum Völkermord«.

In der Anhörung, die diesen Donnerstag vor dem Internationalen Gerichtshof (IStGH) der UNO in Den Haag begann, stellte der Vertreter Südafrikas Tembeka Ngcukaitobi dar, daß »die Aufstachelung zum Völkermord von der höchsten Ebene« der israelischen Regierung ausgeht, weshalb sie nicht als vereinzelte Formulierungen von »außer Kontrolle geratenen Gruppen« dargestellt werden kann.

Der Entwurf Südafrikas umfasst öffentliche Erklärungen von (israelischen) Ministern, Abgeordneten, Soldaten und sogar Künstlern seit Kriegsbeginn nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober.“

Südafrika hat bereits vor Jahren das Rom-Statut des IStGH unterzeichnet, also damit auch seine Bereitschaft erklärt, sich den Urteilen dieses Gerichtshofes zu unterwerfen.
Südafrika hat sich offenbar – als eine Art Stimme des Globalen Südens – seit Monaten auf diese Klage vorbereitet und Zitate gesammelt.

Israel hat (ebenso wie die USA, Rußland und der Sudan) ebenfalls bereits vor geraumer Zeit erklärt, daß sie nicht vorhaben, irgendwelche Papiere zu ratifizieren: Sie wollen diesen Gerichtshof nicht anerkennen.
D.h., theoretisch könnte Israel sagen: Was Südafrika und der IStGH treiben, geht uns nichts an – ebenso wie das Rußland gemacht hat.
Das hätte allerdings eine sehr schiefe Optik, selbst wenn die USA Israel den Rücken stärken würden, weshalb sich Israel doch ein Stück weit auf dieses Spiel einläßt. Man behalte allerdings im Auge, daß es jegliche Urteile als nicht bindend auffassen würde.

„Einer von ihnen stammt von Nissim Vaturi, dem Stellvertreter und Vizepräsidenten des Parlaments. Obwohl Premierminister Benjamin Netanjahu laut dem israelischen Fernsehsender 12 in den letzten Tagen die Politiker gebeten hat, »ihre Worte sorgfältig« zu wählen, um dem Publikum in Den Haag keine Munition zu liefern, bekräftigte Vaturi an diesem Mittwoch in seinen Aufrufen, »Gaza auszulöschen«, »vom Erdboden zu tilgen« und »Gaza niederbrennen«.“

Das ist eigentlich schon geschehen, viel gibt es da nicht mehr zu tun …

„»Es ist besser, Gebäude in Brand zu setzen, als [israelische] Soldaten in Gefahr zu bringen.« »Es gibt dort keine Unschuldigen«, sagte er in einem Radiointerview, bevor er die »Eliminierung« der 100.000 Palästinenser forderte, die seiner Schätzung nach im Norden des Gazastreifens verblieben sind. »Ich habe keine Gnade für diejenigen, die noch da sind«, fügte Vaturi hinzu, der dem Likud angehört, der rechten Partei unter Netanjahu.
Auch der Finanzminister, der Ultranationalist Bezalel Smotrich, hielt sich dieser Tage nicht zurück. Letzten Sonntag versicherte er, daß es in Gaza zwei Millionen »Nazis« gebe – praktisch die gesamte Bevölkerung.
Der Premierminister selbst taucht in der Klage Südafrikas auf, weil er in mehr als einer Rede Amalek erwähnt hat, die feindliche Nation der Israeliten in der Bibel, deren Vernichtung Gott König Saul verlangte: »Sie müssen sich daran erinnern, was Amalek Ihnen angetan hat, sagt unsere Heilige Bibel. Und wir erinnern uns daran.« Es handelt sich um eine Referenz, die bisher vom radikalsten religiösen Nationalismus verwendet wurde. Auch Verteidigungsminister Yoav Gallant erscheint: »Wir stehen menschlichen Tieren gegenüber und handeln entsprechend.«

Nach Angaben des nationalen Fernsehsenders 12 wird das Team aus Israels Vertreter bei der Anhörung und seinem renommiertesten Richter, Aharon Barak, die Phrasen in ihrer Präsentation an diesem Freitag herunterspielen. Ein Teil, weil sie von Leuten geäußert wurden, die keine relevanten Positionen innehatten. Der Rest ist so zu verstehen, daß sie falsch interpretiert wurden.“

Na, da kann man ja neugierig sein, wie das gelingt …

„Kurz nach dem 7. Oktober meinte der Präsident des Landes, Jitzchak Herzog, ursprünglich von der Arbeiterpartei, daß »eine ganze Nation«“

– so, so, die Palästinenser sind also eine „Nation“, sogar für israelische Politiker, aber einen eigenen Staat dürfen sie nicht haben …

„in Gaza »verantwortlich« dafür ist, daß sie nicht gegen die Hamas rebelliert hat, die das Land seit 2007 mit eiserner Faust regiert.
Der Minister für kulturelles Erbe, Amihai Elijahu, erwog den Abwurf einer Atombombe auf dem Gazastreifen als Option. Netanjahu rügte ihn und schloss ihn von den Sitzungen des Ministerrats aus, behielt ihn aber im Amt.“

Der Abwurf einer Atombombe auf Gaza würde vermutlich das israelische kulturelle Erbe stark in Mitleidenschaft ziehen, daher diese Rüge.
Und nicht nur das Erbe, auch das Lebendmaterial …

„»Es gibt keine Unschuldigen«

Mehrere Abgeordnete unterschiedlicher politischer Couleur haben öffentlich erklärt, daß es in Gaza »keine Unschuldigen oder … Unbeteiligten« (Zivilisten) gäbe, darunter Avigdor Lieberman, ehemaliger Verteidigungs- und Außenminister.
Er ist in der Opposition, ebenso wie Merav Ben-Ari, der Abgeordnete von Jair Lapids Partei Jesch Atid, der im Parlament sagte, daß »die Kinder von Gaza es sich selbst zuzuschreiben haben«.“

Was immer auch damit gemeint sein mag, die Botschaft ist klar: Bis hin zum Neugeborenen sind das alles Terroristen. Und gegen die ist alles erlaubt.

„Tally Gotlib von der Likud-Partei forderte »gnadenlose Bombenangriffe aus der Luft«, um die Soldaten nicht zu gefährden und »kein Mitleid mit den unbeteiligten Bewohnern des Gazastreifens zu haben«, weil »es keine gibt«.
Ihre Parteikollegin Galit Distel-Atbaryan, ehemalige Ministerin für öffentliche Diplomatie, forderte angesichts des Ausmaßes des Hamas-Angriffs ein »rachsüchtiges und grausames« Verhalten der Armee. »Es gibt nur eine Lösung, um Krebs zu heilen: alle Krebszellen zu eliminieren«, sagte UN-Botschafter Gilad Erdan.
Netanjahu veröffentlichte am Donnerstag eine Erklärung, in der er betonte, daß »Israel Terroristen bekämpft und Lügen bekämpft«, in »einer auf dem Kopf stehenden Welt«, in der »Israel des Völkermords beschuldigt wird, obwohl es Völkermord bekämpft«.

Es spiegelt wider, wie die Mehrheit des Landes die Verteidigung gegen ein Verbrechen erlebt, dessen Begriff während des Holocaust genau von einem jüdischen Juristen, dem Polen Raphael Lemkin, geprägt wurde.

Das Außenministerium bezeichnete die Anhörung als »eine der größten Heucheleien der Geschichte, bestehend aus einer Reihe falscher und unbegründeter Anschuldigungen« und nannte Südafrika »den legalen Arm der Terrororganisation Hamas«. Israel verteidigt, daß keiner der zivilen Todesfälle, die es in Gaza verursache, absichtlich geschähen, sondern vielmehr als das Ergebnis der »Nutzung der Bevölkerung als menschlicher Schutzschild« durch die Hamas zu betrachten seien. Ebenso wird darauf hingewiesen, daß sie im Kontext eines Konflikts auftreten.“

Kollateralschäden eben.

„Um das Verbrechen des Völkermords zu beweisen, muss die Absicht nachgewiesen werden, »eine nationale, ethnische oder rassische Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören«.

Politiker, Kommentatoren und die Bevölkerung [in Israel] sind sich darin einig, die Anklage als Affront und Ausdruck von Doppelmoral anzusehen.
Um so mehr, als in der Anklage die Ereignisse (23.000 Tote, hauptsächlich Minderjährige und Frauen, bei beispiellosen Bombenanschlägen in Jahrzehnten, die einen Großteil des Gazastreifens in Schutt und Asche gelegt haben) analysiert werden, die sich seit dem Hamas-Angriff ereignet haben, der in Israel normalerweise als eine Art Holocaust dargestellt wird.“

Da Israel selber die Angriffe der HAMAS als Genozid bewertet, können seine Angriffe auf die Palästinenser in Gaza (und dem Westjordanland!) ja unmöglich ein Genozid sein, so die Logik.
Es ist eine eigenartige Sichtweise, eine Art Allmachtsphantasie, nach der die eigene Interpretation für die ganze Welt zu gelten habe:

„Hamas-Mitglieder werden“ (von israelischen Medien und Politikern) „oft als »Nazis« oder »schlimmer als Nazis« beschrieben und der Angriff – mit 1.200 Toten, größtenteils Zivilisten – als »das größte Massaker an Juden an einem einzigen Tag« seit der Vernichtung durch die Nazis.“

Damit wird festgestellt, daß Mord an Israelis als verabscheuungswürdiger Terror einzustufen ist, die Ermordung von Arabern (im Verlaufe eines Konfliktes) jedoch als gerechte Selbstverteidigung.

Zwei unterschiedliche moralisch-rechtliche Auffassung der gleichen Ereignisse stehen sich hier also gegenüber.

Pressespiegel El País, 29.10.: Der Libanon

„DAS SCHWÄCHSTE GLIED IM NAHEN OSTEN DROHT ZU ZERBRECHEN, FALLS ES IN DEN KRIEG EINTRITT

Angriffe der Hisbollah lösen eine Welle von Vergeltungsmaßnahmen der israelischen Armee aus und erzwingen die Evakuierung Tausender Zivilisten auf beiden Seiten der Grenze

Der Libanon, der seit mehr als drei Jahren in Armut und Misswirtschaft versunken ist, kann sich einen neuen Krieg mit Israel nicht leisten.“

Eine seltsame Vorstellung, daß es Staaten gibt, die sich Kriege „leisten“ können, und andere, die das nicht können.
Diese Vorstellung geht von einer Hierarchie von Staaten aus, die kraft ihrer militärischen Gewalt anderen ihren Willen aufzwingen können.
Wenn sich ein Staat also einen Krieg „leisten“ kann, so darf es ihn auch führen, die anderen müssen kuschen?
Die Absurdität dieser Auffassung zeigt sich z.B. an Afghanistan, gegen die 2 Großmächte Krieg geführt haben, die ihn sich offensichtlich „leisten“ konnten, mit den entsprechenden Verwüstungen, aber beide verloren haben.

„Doch nach dem Konflikt in Gaza, 200 Kilometer südlich der gemeinsamen Grenze, dem anhaltenden Raketenbeschuss und den Einfällen der pro-iranischen Miliz Hisbollah und den gewaltsamen Vergeltungsangriffen der israelischen Armee handelt es sich um die schwersten seit dem bewaffneten Konflikt von 2006 und es droht eine umfassende Konfrontation.“

Das heißt, daß Israel einen 2-Fronten-Krieg führen muß und daß der Iran seine Verbündeten unterstützen könnte.
Und was ist mit der Türkei?
Kann sie sich ein Eingreifen „leisten“?

„»Die Hisbollah wird den schlimmsten Fehler ihres Lebens begehen und wird noch dem Krieg von 2006 nachweinen«, warnte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vor einer Woche an derselben libanesischen Grenze und bezog sich dabei auf einen Konflikt, der in 33 Kampftagen 1.300 Libanesen und 165 Israelis das Leben kostete.“

In diesem Krieg von 2006 wurden im Libanon sämtliche Brücken und ein großer Teil der sonstigen Infrastruktur zerstört. Von den Schäden von damals hat sich der Libanon bis heute nicht erholt.
Damals griffen Syrien und der Iran nicht ein und deswegen hatte die israelische Armee freie Hand bei ihrem Zerstörungswerk. Heute wird das vermutlich nicht so sein.

„Seit drei Wochen ist der Einsatz von Merkava-IV-Panzern, Artilleriebatterien und Infanteriebataillonen im Grenzgebiet von Ober-Galiläa zu beobachten.

Einige Tage später traf sich der Anführer der schiitischen Parteimiliz, Hassan Nasrallah, in Beirut mit Führern der Hamas und des palästinensischen Islamischen Dschihad, um »die Achse des Widerstands [gegen Israel] zu koordinieren, um einen Sieg in Gaza zu erringen«, laut einer Erklärung der Hisbollah.
Das von ihnen angekündigte Kriegsszenario beinhaltet eine Flut von 150.000 bis 200.000 Raketen, die von der pro-iranischen Guerilla im Südlibanon gelagert wurden, und die Mobilisierung von mehr als 20.000 Milizionären, die in mehr als einem Jahrzehnt der Kämpfe an der Seite der Regierungstruppen in Syrien abgehärtet wurden, und Zehntausenden weiteren Kämpfern in der Reserve.

»Technisch gesehen hat der Krieg im Südlibanon bereits begonnen, mit fast täglichen Zusammenstößen zwischen den Streitkräften der Hisbollah [die in ihren Reihen fünfzig Todesopfer erlitten hat] und der israelischen Armee [mit sechs Todesopfern] seit Beginn des Krieges in Gaza«, sagt der libanesische Politikanalyst Nadim el Kak. »Aber ich glaube nicht, dass er sich – zumindest im Moment – auf den Rest des Libanon ausbreiten wird. Es liegt im Interesse des israelischen Militärs, keine weitere Front an der libanesischen Grenze zu eröffnen, was zu möglichen Zusammenstößen mit Syrien führen und von seiner Priorität ablenken könnte: der Beseitigung der Hamas«, sagte dieser Soziologieprofessor an der Amerikanischen Universität in Beirut.“

Es ist aber nicht allein Israel, das über die Ausweitung des Krieges entscheidet.

„Nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2019, die das libanesische Pfund um mehr als 90% abgewertet hat, ist es den libanesischen Parteien nicht gelungen, eine stabile Exekutive zu bilden – der derzeitige Premierminister Nayib Mikati regiert seit mehr als einem Jahr interimistisch.
Die Mehrheit der politischen Kräfte fordert nun die Hisbollah (integriert in die provisorische Regierungskoalition) auf, die Eskalation des Krieges zu stoppen.
»Das Schicksal des Libanon steht auf dem Spiel«, warnte laut Reuters Walid Dschumblatt, Anführer der drusischen Minderheit.
Der erfahrene Führer kann sich seit dem Bürgerkrieg, der sein Land zwischen 1975 und 1990 ausgeblutet hatte, und der israelischen Invasion von 1982, die erst im Jahr 2000 vollständig endete, an keine ernsthaftere existenzielle Bedrohung für sein Land erinnern. Nach dem Krieg von 2006 wurde der Libanon von Europa und den Golfstaaten beim Wiederaufbau unterstützt, aber heute vertrauen nur noch wenige Libanesen darauf, dass sie ihr Land wieder aufbauen können, wenn Israel seine Drohung wahr macht, es zu zerstören und in die Steinzeit zurückzuversetzen.

Die libanesische Wirtschaft ist bereits von den Auswirkungen der Spannungen an der Südgrenze betroffen. Laut der Zeitung L’Orient-Le Jour ist die Aktivität in Cafés und Restaurants im Vergleich zur Woche vor dem Konflikt um 50 bis 80 Prozent zurückgegangen. Der Umsatz von Supermärkten hingegen ist vor allem in den schiitischen Bezirken im Süden Beiruts, Hochburgen der Hisbollah, um bis zu 25 % gestiegen, da die Bürger in Erwartung eines Ausbruchs von Feindseligkeiten Lebensmittel horten. Das Gleiche passiert an Tankstellen.

Aus Angst vor den Folgen der israelischen Bombenangriffe hat die Fluggesellschaft MEA die Hälfte ihrer Flotte in die Türkei in Sicherheit gebracht. Während einige reguläre Flüge noch in Betrieb sind, haben die meisten diplomatischen Vertretungen mit der Evakuierung ihres nicht unbedingt notwendigen Personals begonnen und empfehlen ihren Bürgern, das Land zu verlassen, wenn ihre Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich ist.

Nach der verheerenden Explosion im Jahr 2020, die im Hafen von Beirut mehr als 200 Todesopfer und fast 7.000 Verletzte forderte, geht das Unglück im Land der Zedern weiter. »Der Libanon erlebt die schlimmste Wirtschaftskatastrophe seit einem Jahrhundert, in einem Land, das seit 30 Jahren von einem Warlord-Regime regiert wird. Die grassierende Korruption hat es zu einem gescheiterten Staat gemacht, ohne Dienstleistungen für die Menschen«, bemerkt Carmen Gea, ehemalige Professorin für öffentliche Verwaltung an der Amerikanischen Universität in Beirut, die sich daran erinnert, dass jeder vierte Einwohner des Landes (5,5 Millionen, mit einem brutalen oder knappen Rückgang um die 20 % seit 2015) Flüchtlingsstatus besitzt, die überwiegende Mehrheit sind Syrer und Palästinenser.

„Leider ist der Libanon kein souveräner Staat und wird weiterhin von der Geopolitik der Expansionspolitik Irans in der Region betroffen sein.“

Hier wird sehr tendenziös der Iran für die Lage im Libanon verantwortlich gemacht, während die Bedrohung durch und die offenen Grenzfragen mit Israel unter „ferner liefen“ figuriert, oder die Interventionen der USA und diverser EU-Staaten in Syrien, von der Türkei ganz zu schweigen, überhaupt unter den Tisch fallen.
Dabei verdankt der Libanon diesen verschiedenen Staaten seine Flüchtlingsbevölkerung und letztlich auch die Katastrophe vom Hafen von Beirut, die auch diesen Interventionen zu verdanken ist.

„»Was im Süden des Landes passiert, ist sehr gefährlich. Selbst wenn es sich nicht ausbreitet, setzt es Tausende von Bewohnern dem Risiko des Todes aus, wenn sie in den Konflikt hineingezogen werden«, warnt Gea (…) »Wir wissen nicht, ob es Krieg geben wird, wo er sich auswirken wird oder wie lange er dauern wird, aber diese Situation der Unsicherheit und Bedrohung, die zusätzlich zur wirtschaftlichen Katastrophe hinzukommt, hat negative Auswirkungen auf die psychische Verfassung der Menschen.«“

Nachvollziehbar …

„Die UN-Koordinatorin im Libanon, Joanna Wronecka, stimmt bereits mit der Regierung von Beirut einen Notfallplan für den Konfliktfall ab, berichtet EFE <https://de.wikipedia.org/wiki/EFE>. Die Zusammenstöße und Scharmützel zwischen der Hisbollah und der israelischen Armee, die seit drei Wochen an der libanesischen Grenze festsitzt, tragen die Merkmale eines Zermürbungskrieges, der die Aufmerksamkeit vom Konflikt in Gaza ablenken soll. Die kleinste Fehleinschätzung kann jedoch einen offenen Flächenbrand auslösen, wie es 2006 beim Einmarsch der schiitischen Miliz geschah, bei dem drei israelische Soldaten starben.“

Damals war Israel der Anlaß willkommen, um einen Feldzug gegen den Libanon zu starten, aber wie das heute aussieht?

„»Ich glaube nicht, dass sich der Krieg ausweiten wird, aber wenn er eine regionale Dimension erreicht, wird er den Libanon und Syrien sowie andere am Konflikt beteiligte Akteure einbeziehen, die alle Waffen an die verschiedenen Parteien schicken«, prognostiziert Nadim el Kak.
Er betont, daß zwar die Mehrheit der Libanesen die Hisbollah nicht unterstützt, aber fast alle den Widerstand gegen Israel unterstützen. »Nach Jahrzehnten der Invasionen, Bombardierungen und Besatzungen in der Vergangenheit ist es wichtig, diese Unterscheidung zu treffen«, betont dieser Experte, »da die Parteimiliz einen faktischen Widerstand darstellt und die libanesische Armee der israelischen Armee nicht direkt gegenübersteht.«“

Eine eigenartige Unterscheidung angesichts der Tatsache, daß der Libanon praktisch keine eigene Armee besitzt, die der Rede wert wäre. Die Armee des Libanon ist die Hisbollah, und ihre Entscheidungen betreffen den Libanon als Ganzes.

„Iranische Operationsbasis

»Die strategische Frage besteht darin, zu wissen, in welchem Ausmaß der Druck aus dem Inneren des Libanon den Iran und die Hisbollah beeinflussen wird«, sagt Zvi Barel, Korrespondent für die arabische Welt der israelischen Zeitung Haaretz.

Welche Akteure gibt es im „Inneren des Libanon“, die „den Iran und die Hisbollah beeinflussen“ könnten?
Die sunnitischen Eliten sind mit Saudi-Arabien verbandelt, die maronitischen mit Israel und der NATO.

Beide sind jedoch gegenüber der Hisbollah inzwischen sehr im Hintertreffen, weil sie wenig Unterstützung ihrer Sponsoren haben, die den Libanon mehr oder weniger in die dritte Reihe ihrer Prioritäten geschoben haben.
„»Obwohl es am wahrscheinlichsten ist, dass beide Verbündete es vorziehen würden, das Land, das Teheran seine Hauptoperationsbasis im Nahen Osten bietet, nicht zu verlieren, wenn es von Israel zerstört wird.«

Die Eskalation des Krieges an der libanesischen Front hat zu einer Flucht von Zivilisten auf beiden Seiten der Grenze geführt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration der UNO (IOM) sind fast 20.000 Menschen in den Nordlibanon geflohen. »Es gibt Menschen, die den Süden auf der Suche nach anderen Alternativen bereits verlassen haben, aber viele andere wissen nicht wohin. Die Auswirkungen eines Krieges im Libanon auf die Zivilbevölkerung können sehr, sehr negativ sein«, betont Professor El Kak.

Auf israelischer Seite haben eine ganze Stadt und Dutzende Kleinstädte einen militärischen Evakuierungsbefehl erhalten. Mehr als die Hälfte der 23.000 Einwohner von Kyriat Schmona, die zwischen der libanesischen Grenze und den Golanhöhen festsitzen, sind bereits abgereist, um bei Verwandten oder von der Regierung finanzierten Hotels unterzukommen.
»Ein Viertel der Bevölkerung weigert sich immer noch, ihre Häuser zu verlassen, trotz der Gefahr, die von der Nähe zum Kampfort ausgeht«, erklärte in dieser Woche die Stadträtin für soziale Dienste von Kyriat Schmona, Aviva Rihan-Whitman.
Am selben Samstag bombardierten israelische Flugzeuge Hisbollah-Stellungen im Südlibanon, von wo aus Stunden zuvor Raketen und Panzerabwehrraketen in Richtung Israel abgefeuert worden waren.“

———–

„»Blauhelme« im Fokus

Als im Krieg 2006 die Waffen schwiegen, waren an der Blauen Linie, die die trennende Grenze markiert, 10.800 Soldaten aus 40 Ländern im Einsatz, darunter mehr als 600 Spanier. Seitdem sind sie Teil einer internationalen Puffer-Truppe, der Interim Force of Nations for Lebanon (UNIFIL).
Auch der aktuelle Konflikt trifft diese Mission. An diesem Samstag traf ein Projektil das Hauptquartier in Naqura. »Glücklicherweise explodierte es nicht und niemand wurde verletzt, aber unsere Basis wurde beschädigt«, sagte UNIFIL in einer Erklärung.
Es war nicht das erste Mal. Am 15. Oktober fiel eine Rakete in der Nähe des Kommandopostens des Missionskommandanten, des spanischen Generals Aroldo Lázaro, der die gegnerischen Parteien zu größter Zurückhaltung und Koordination mit dem UN-Militärkontingent aufrief, um eine militärische Eskalation zu verhindern. Der Großteil des spanischen Einsatzes konzentriert sich in der Nähe der Stadt Mardsch Uyun, im östlichen Teil der Grenze, im israelischen Gebiet Metula und Kyriat Schmona sowie auf den Golanhöhen, einem syrischen Plateau, das seit 1967 von der Armee besetzt ist.
Dort starb im Jahr 2015 der spanische Unteroffizier Francisco Javier Soria Toledo, der der UNIFIL zugeteilt wurde, aufgrund des Einschlags eines israelischen Projektils, das angeblich gegen eine Hisbollah-Hochburg gerichtet war.

Pressespiegel El País 12.3.: Große Vorhaben in Sachen erneuerbare Energien

„DIE BEISPIELLOSE EXPLOSION DER ERNEUERBAREN ENERGIEN: IN PLANUNG SIND MEHR ALS 1.400 PROJEKTE

Die Regierung hat seit Anfang 2022 182 Makro-Wind- und Solarparks die Umweltgenehmigung erteilt, und die Gemeinden haben 1.236 kleinere genehmigt. Spanien wird in den nächsten zwei Jahren einen Boom erleben, der für Spannungen sorgt.

Im Oktober 2021 wurde der Kühlturm des Wärmekraftwerks Velilla del Río Carrión (Palencia) gesprengt. Durch die Verbrennung von Kohle zur Stromerzeugung wurden jährlich etwa eine Million Tonnen CO2 emittiert. (…)

Ein Jahr nach der Schließung der Anlage hat das Projekt zur Installation einer Solaranlage auf einem Gebiet, das jetzt für Trockenfeld-LW (d.h., ohne Bewässerung) verwendet wird, grünes Licht erhalten. Es wird 350 Megawatt Energie erzeugen können, genug, um mehr als 180.000 Haushalte zu versorgen.“ 

Komisch, daß bei Energiegewinnung immer die Haushalte im Vordergrund stehen. Hat Spanien keine Industrie? Oder soll damit suggeriert werden, daß das ja alles nur „für uns alle“ ist?

„Bis Januar dieses Jahres gab es in Spanien 25 Wind- und Solaranlagen wie das (noch nicht existierende) Kraftwerk Velilla – oder »Makroparks«, d.h. Großanlagen mit einer Leistung von mehr als 50 Megawatt. Aber diese Landkarte wird sich ändern:
Die Zahl der Großanlagen kann in zwei Jahren versiebenfacht werden: Allein in den letzten 14 Monaten hat die Regierung bereits 182 von ihnen die Umweltgenehmigung erteilt. Wenn sie alle endlich gebaut sind, werden sie Flächen in mehr als 250 Gemeinden bedecken und mehr als 33.000 Megawatt erzeugen: Für jedes erzeugte MW werden 300 Tonnen CO2 eingespart.“

Eine mehr als seltsame Berechnung, die aber der Euphorie des Artikels entspricht: Hurra, wir werden der Energie-Champion Europas!
Dahinter steht die Landflucht und fortgesetzte Versteppung bzw. Verwüstung weiter Flächen in Spanien, wo immer mehr einstmals landwirtschaftlich genutztes Land brachliegt und Waldbrände den Baumbestand dezimieren. Mit Windparks und Solaranlagen hofft die Regierung – und die Verfasser des Artikels! – aus der Not eine Tugend machen zu können.
Außerdem hat die Leere der Landschaft den Vorteil, daß man ohne nennenswerten Widerstand dort diese ganzen Geräte und Solarflächen aufbauen kann. So zumindest die Vorstellung.

Was als Maßnahme gegen den Klimawandel dargestellt wird, könnte ihn allerdings sogar verschärfen, weil diese Anlagen – zum Unterschied von Waldflächen – Niederschläge vertreiben und die Austrocknung der iberischen Halbinsel fortsetzen werden.

„Alle für diesen Bericht befragten Experten sind sich einig: Es gibt keinen Präzedenzfall für einen derartigen sprunghaften Anstieg der erneuerbaren Energien, wie sie in den nächsten zwei Jahren in Spanien erwartet wird.
Worauf ist das zurückzuführen?
Auf die Umweltgenehmigung der Autonomen Gemeinschaften und der Regierung für mehr als 1.400 Windprojekte und vor allem Solaranlagen. Diese neue Welle von Projekten gesellt sich zu dem Bestand, der bereits in den letzten zwei Jahren installiert wurde und für die Photovoltaik, die Technologie, die derzeit besondere Popularität genießt, rekordverdächtig war.
Diese schnelle und massive Expansion hilft Spanien, sich von fossilen Brennstoffen, den Haupttreibern des Klimawandels, zu lösen und billigeren Strom zu beziehen.“

Hier wird suggeriert, daß dieser Ausbau von gigantischen Solarflächen dem Klima in Spanien dienlich wäre. Es ist allerdings wahrscheinlich, daß es genau den gegenteiligen Effekt hätte.
Dieser Ansicht sind offenbar auch Bewohner der betroffenen Gebiete:

„Gleichzeitig führt dies jedoch zu Spannungen aus der Konkurrenz um Land, Landschaftseinflüsse und Biodiversität, die eine gewisse Ablehnungsbewegung in einigen ländlichen Gebieten verstärkt.

Hinzu kommt die Verpflichtung der EU, sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine von russischem Gas und Öl zu lösen. Brüssel hat es glasklar ausgedrückt: Noch schneller noch mehr Erneuerbare und Energieeffizienz.
Die EU ist derzeit so positioniert: Im Jahr 2022 erzeugten Wind und Sonne ein Fünftel des europäischen Stroms (22 %) und übertrafen erstmals Gas (20 %) und Kohle (16 %), so die Bilanz von Ember International Analysts.
Spanien war nach Deutschland das EU-Land, das am meisten Solarenergie produzierte: Es verzeichnete um 21% gegenüber 2021. Bei Wind, wo die installierte Leistung größer, aber das Ausbautempo viel geringer ist, war es das auch hinter Deutschland die zweite Nation mit dem meisten Strom, der ins Netz eingespeist wird.
All das gehört bereits der Vergangenheit an.“

Das ist etwas irreführend ausgedrückt. Dieses Bild zeichnet die Gegenwart nach.

„EL PAÍS versucht, in die unmittelbare Zukunft einzutauchen, in das, was in den nächsten zwei Jahren in Spanien erlebt werden wird, einem der attraktivsten Länder der Welt für die Investition in erneuerbare Energien.
Für diese Zeitreise ist das Beste, die Umweltbewertungen der bereits genehmigten Projekte zu analysieren, Informationen, die bei vielen Gelegenheiten mit einem Korkenzieher aus offiziellen Verlautbarungen extrahiert werden müssen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nämlich für die Durchführung eines Projekts unerlässlich.“

Auf gut deutsch: Die Projekte müssen erst die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchlaufen und positiv abschließen, bevor an ihre Verwirklichung gegangen werden kann. Diese UVP sind also die Vorbedingung für den Bau.
Ist sie einmal abgeschlossen, so ist die Finanzierung eines Projektes die nächste Hürde.
Hier scheint sich Spanien auf den Kredit der EU und diverse Fonds zur Förderung der Erneuerbaren zu verlassen, was derzeit gute Chancen hat. In Spanien sind diese Erneuerbaren nämlich – im Unterschied zu Mitteleuropa – aufgrund der oben erwähnten Gegebenheiten noch kräftig ausbaubar.
Spanien setzt mit vollen Segeln darauf, zu einer Energiequelle der EU zu werden.

„Wenn die Projekte 50 Megawatt (MW) Leistung überschreiten, was unter »Makropark« = Großanlage läuft, ist die zentrale Verwaltung für die Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigungen zuständig.“

Es wird nicht genau angegeben, welche zentrale Verwaltung. Ein Ministerium? Das Parlament?
Der Eindruck entsteht, daß diese ganzen luftigen Projekte etwas intransparent durchgewunken wurden bzw. werden sollen, was dann bei der faktischen Umsetzung zu Problemen führen wird.

„Derzeit sind 25 dieser Großanlagen in Betrieb: 18 Photovoltaik- und sieben Windkraftanlagen. Aber von Januar 2022 bis zu diesem Freitag hat der Staatsanzeiger die positiven UVPs von weiteren 182 Makroprojekten (161 Solar- und 21 Windenergie) veröffentlicht.
Wenn sie alle erfolgreich sind,“

– damit ist klar, daß die alle am Laufen sind und die Umweltverträglichkeit noch keineswegs ausgemacht ist. Für EL PAÍS steht jedoch der Wille bereits fürs Werk –

„bedeutet das, daß sich die bisherigen Makroparks versiebenfachen werden.
Im Falle von Projekten mit weniger als 50 MW, deren Bearbeitung den Provinzverwaltungen obliegt, hatten die Regionalregierungen bis zum 25. Januar – der vom Staat festgelegten Frist für die Freigabe der Bearbeitung von Hunderten von Projekten – nach den Angaben von 16 der 17 Provinzen die UPV für weitere 1.236 Parks“ (!!!) „positiv abgeschlossen“.

Wirklich wirklich?
Wenn das stimmt, so werden diese Prüfungen dort noch viel geschwinder durchgepusht als bei der Zentralregierung.
Es ist eher möglich, daß die meisten dieser Verfahren noch am Laufen sind, die euphorischen Autoren das aber dem Leser als g’mahte Wies’n darstellen wollen.

„Die Ausnahme ist Aragón, die einzige Provinz, der diese Informationen nicht anbieten wollte. Insgesamt geht es, wenn man die Genehmigungen aller Provinzregierungen zusammenfaßt, um 1.418 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 68.856 MW. Das ist mehr als das, was derzeit in Spanien an Photovoltaik und Windkraft zusammen installiert ist, nämlich rund 50.000 MW.
Die meisten dieser neuen Projekte sollten gemäß dem vom Ministerium für ökologische Umstellung festgelegten Zeitplan bis Juni 2025 in Betrieb genommen werden. Ein Boom, der sich gewaschen hat.“

An dieser Karte ist erkennbar, daß vor allem Andalusien am meisten am Ausbau der Erneuerbaren interessiert ist.

Es ist bezeichnend, daß hier die Megawatt als genehmigt bezeichnet werden – wer kann schon etwas gegen mehr Megawatt haben! – aber nicht die Anlage, die diese MW erst generieren soll.

„»Man muß sehen, wie viel davon am Ende gebaut wird, aber die Realität ist, daß noch nie so viele große Projekte im Gange waren. Spanien ist bereits ein führendes Land bei erneuerbaren Energien und all diese genehmigten UVPs werden seine Position weiter festigen«, betont Alejandro Labanda, Direktor für Ökologische Umgestaltung bei BeBartlet.
Die Staatssekretärin für Energie, Sara Aagesen, erinnert in Erklärungen gegenüber EL PAÍS daran, daß die meisten Projekte, die eine positive UVP erhalten haben, »modifiziert werden müssen und Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen sind«.“

Das heißt, die UVP setzt Modifizierungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Plan fest, die eingeplant werden müssen, bevor an die Ausführung geschritten werden kann.

„Nach dieser positiv abgeschlossenen UVP müssen die Projektträger die Erstgenehmigung, die Baugenehmigung und schließlich die Betriebsgenehmigung einholen. »Wir wissen nicht, wie viele diese Forderungen annehmen und weitermachen werden«, fügt Aagesen hinzu, die betont, daß alles, »was realisiert werden wird, hervorragend für die Umwelt und das Territorium sein wird«.
Derzeit haben nach den von EL PAÍS gesammelten Daten 21 der 182 Makroparks im Portfolio der Zentralregierung bereits die Erst- oder Baugenehmigung erhalten. Aber in einigen Fällen können die im Umweltprozess auferlegten Bedingungen die ursprünglichen Berechnungen über den Haufen werfen und das Projekt zu Fall bringen. Dazu gehören die Reduzierung von Strom und Fläche oder die Entschädigung an Grundbesitzer. Außerdem spielt auch die Finanzierung eine Rolle – der Anstieg der Zinssätze hat die Dinge sehr kompliziert gemacht.
»Die, bei denen sich vorher alles genau ausging, kommen jetzt vielleicht nicht mehr auf ihre Kosten«, räumt der Chef der spanischen Photovoltaik-Union (UNEF), José Donoso, ein.“

Das ist ein Eingeständnis, daß bisher bei den ganzen Berechnungen viel Trickserei da war, weil viele Unternehmen den Rückenwind der Regierung spürten.
Leider gibt es Widerstand von unverständigen Starrköpfen, die meinen, daß Windparks dem Tourismus schaden und den Bestand des Bartgeiers gefährden.
Auch die traditionelle Landwirtschaft muß oft den Photovoltaik-Anlagen weichen:

„Die Projektträger suchen meist nach Land, das ohne Bewässerung bestellt wird: »Photovoltaik löst Getreide- oder Rübenkulturen ab, die weniger Produktivität haben«, erklärt der Minister für Nachhaltigkeit und ökologischen Wandel von La Rioja, Alejandro Dorado Nájera.“

Was ist schon Brot und Zucker gegen Megawatt!

Eine Solaranlage bei Mula in Murcia

„Innerhalb der Bewegung gegen die Anlagen gibt es auch Kritik an der Rolle großer Unternehmen und Investmentfonds, die die großen Parks finanziell voranbringen können. Von den 182 staatlich geförderten Makroprojekten erhalten beispielsweise Iberdrola (SP), Enel (IT) und TotalEnergies (FR) die meisten Genehmigungen.“

Surprise, surprise.
Während in der Provinz Rioja eher Unbehagen und Zurückhaltung gegenüber den Megaprojekten besteht, aus Sorge um die Artenvielfalt, will der der WWF keine Einwände gelten lassen:

„»Es gibt nur ja oder ja, wir brauchen die grünen Energien unbedingt. Spanien steht im HotSpot des Klimawandels, in diesem Sommer werden wir das wieder einmal feststellen, und wir haben nur eine Linie, an der entlang wir uns fortbewegen können: Die erneuerbaren Energien … Wenn wir den Verzicht auf Kohle und den schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft befürworten, gibt es keine Alternative.« Aber dieser Kraftakt, der »sehr schnell sein muß«, findet inmitten einer etwas chaotischen Situation statt, die durch das Fehlen einer »echten territorialen Ordnung in Spanien« entsteht.“

Diese kryptische Formulierung wird im Weiteren etwas mit Inhalt gefüllt:

„Die Stadtplanung liegt bei den Gemeinden, was es dem Ministerium erschwert, die von den wichtigsten Umweltorganisationen geforderte verbindliche Zoneneinteilung zu genehmigen, erklärt Asunción Ruiz, Geschäftsführerin von SEO/BirdLife (die spanische Ornithologen-Gesellschaft).
Das Ressort (d.h., das Ministerium für Energie-Umgestaltung) unter der Leitung von Vizepräsidentin Teresa Ribera hat eine Karte erstellt, auf der die sensiblen Gebiete verzeichnet sind, die für den Einsatz erneuerbarer Energien nicht in Frage kommen. Aber diese Einteilung war für niemanden zwingend. Und rund 20 % der erneuerbaren Projekte, zu denen SEO sich geäußert hat, entsprachen nicht dieser Zoneneinteilung und beinhalteten Maßnahmen in sensiblen Bereichen.“

Die Formulierung ist mehrdeutig.
Hatten die Vogelkundler konkret etwas dagegen?
20 % von was? 20 % aller Projekte wurden von den Ornithologen beeinsprucht? Oder sind nur 20% aller Einsprüche nicht durch die – ohnehin unverbindliche – Artenschutzkarte nicht gedeckt?

„»Unternehmen müssen verstehen, daß wir ein Mitspracherecht haben, sobald sie für diese Zonen Pläne präsentieren, und das verlängert den Genehmigungsprozeß«, sagt Ruiz, die daran erinnert, daß ihre Organisation seit den 1990-er Jahren an der Abwicklung von erneuerbaren Projekten beteiligt war, als die ersten Windparks in Cádiz installiert wurden.“

Es handelt sich um 12 Windräder, die 1995 in der Nähe von Tarifa an der Südspitze Spaniens errichtet wurden.

Manche Regionen setzen auf die Erneuerbaren, andere halten weniger davon und behindern ihre Installation. Es ist vor allem der WWF, der sie durchdrücken möchte. (Seltsam. Der Wildtierschützer als Technologie-Pionier …)
Manche Regionen fühlen sich schon im Vorfeld übervorteilt, wenn sie als Energielieferanten für die Industrie anderer Provinzen eingesetzt werden.
Daran sieht man, daß die Arbeitsplatz-Situation nicht für diese Energien spricht. Sie vertreiben die Bevölkerung eher, als sie in Arbeit zu setzen. Dadurch sind sie vor Ort nicht unbedingt beliebt.

Als Notmaßnahme wegen des Ukrainekrieges wurde Ende vergangenen Jahres ein königliches Dekret erlassen, das Projekten für erneuerbare Energie sozusagen freie Bahn verschafft, über das spanische Parlament, autonome und Gemeindeorgane hinweg „im nationalen Interesse“ dergleichen Anlagen zu errichten.
Das erhöht natürlich das Mißtrauen in der Bevölkerung und führt zu Protesten.
Bisher ist der Widerstand in Aragón am größten, wo auch schon einige Gegner solcher Projekte den Rechtsweg beschritten haben.

Man sieht hier, daß bisher die beiden Kastilien die meiste erneuerbare Energie generieren.

„Abgesehen von dieser (juristischen) Front sind die Betreiber auch besorgt über die Zeiträume, mit denen sie kalkulieren müssen.
José María González von der Vereinigung der Unternehmen für Erneuerbare Energie (APPA) erklärt es so: »Es wird schwierig sein, ausführende Unternehmen (d.h., Projektplanungs- und Bauunternehmen) zu finden, Starkstrom-Transformatoren zu bekommen … Alles das unter der Voraussetzung, daß der Rest der Ausrüstung ist erhältlich ist. Wir stehen vor einer völlig neuen Entwicklung, die Spanien an die Spitze der weltweiten Nachfrage nach diesen Komponenten bringen und China und die USA hinter sich lassen wird.«“

Der Chef des Photovoltaik-Verbandes möchte daher die derzeit gültige Frist von 2 Jahren für die Realisierung derjenigen Projekte, die die UVP bereits durchlaufen haben, verlängert sehen. Er nimmt an, daß Spanien beim Bedarf an Komponenten immer noch hinter den USA, China und Deutschland steht. Zusätzliche Probleme stellen der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften dar, erst an dritter Stelle kommt das Problem des Bodens, d.h. des zu genehmigenden Standortes für die Anlage.

Die zwei Jahre kommen auch dem Chef des Windpark-Verbandes knapp vor. Er verweist auf zusätzliche Probleme der Material-, d.h. Komponentenbeschaffung bei den Lieferketten. Es gibt auch in Spanien Hersteller der entsprechenden Komponenten, aber die müssen auch ihre Aufträge ins Ausland erfüllen und stehen daher dem heimischen Markt nur begrenzt zur Verfügung.