Serie „Lateinamerika heute“. Teil 7: Puerto Rico

VERWÜSTUNG

„Alles ist eine Wüste
Das Volk ist gestorben
an Not“ (Rafael Hernandez „El Jibarito“ – Puertorikanische Klage, 1929)

Zuletzt war Puerto Rico in den Medien, als der Hurrikan Maria im September des Vorjahres die Insel ohne Strom und Trinkwasser hinterließ und fast 3000 Tote forderte.
Heute, mehr als ein Jahr später, ist nur ein Teil des Schadens repariert. In erster Linie wurde diejenige Infrastruktur in Gang gesetzt, die mit dem Tourismus zusammenhängt, der dringend benötigte Einnahmen bringt.
Puerto Rico war, ungeachtet seines Namens („Reicher Hafen“), nämlich schon vorher ziemlich in Schwierigkeiten.


Teil der USA ohne Rechte

Puerto Rico gehörte seit den Anfängen desselben, also seit 1493 zum spanischen Kolonialreich und verblieb dort auch, nachdem sich das Festland von Mexiko bis Patagonien aus diesem gelöst hatte. Die Reste der spanischen Besitzungen in der Karibik wurden rund um die kubanischen Unabhängigkeitskriege von den USA annektiert, so auch Puerto Rico im Jahr 1898.
Die USA hatten lange kein Interesse daran, sich in die Karibik auszudehnen. Sie begnügten sich damit, das Festland Lateinamerikas zu ihrer Einflußzone zu machen, in Konkurrenz mit dem British Empire.

Das Interesse an der Karibik als Vorhof der USA erwachte gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die USA sich eine Kriegsflotte zulegten und begannen, über einen Kanal durch Mittelamerika nachzudenken. Sie wollten sich die Karibik für Stützpunkte sichern, mischten sich deshalb in den kubanischen Unabhängigkeitskrieg ein und vertrieben die Spanier.
Damals besetzten die US-Streitkräfte Puerto Rico. Diese de facto-Inbesitznahme wurde durch den Pariser Vertrag von 1899 besiegelt. Seither gehört Puerto Rico den USA, als ihr Territorium.

Zunächst war Puerto Rico militärisch besetztes Territorium. Es war eine Art Kolonie, aber dieser Status wurde nie offiziell als solcher benannt.
Mit dem Foraker Act von 1900 wurde eine zivile Verwaltung mit sehr beschränkten Befugnissen eingesetzt. Die Regierung wurde von den USA ernannt, die Selbstverwaltung beschränkte sich – ähnlich wie in der spanischen Kolonialverwaltung – auf die Gemeindeebene. Wahlen für eine Art Parlament waren eine Farce. Das Rechtssystem wurde nach US-Recht konstruiert, aber mit einer Menge Ausnahmen, unter anderem, was die Steuerhoheit betraf.

Puerto Rico ist ein historisch einzigartiger Fall von beschränkter Souveränität, der bis heute als solcher besteht. Es ist ein Staat, der keiner ist, aber als solcher international anerkannt ist. Ein Fall von Souveränität, die jeden Staatsakt, sei es im Inneren, sei es nach außen, immer mit der übergeordneten Macht der USA koordinieren muß. Jede Freiheit, die sich die Regierung dieses Staates erlaubt, muß vorher mit den USA abgesprochen werden. Was jedoch die Verbindlichkeiten dieses Halb-Staates betrifft, ist er auf sich allein gestellt. Die USA stehen nicht gerade für die Schulden Puerto Ricos, und sie haben keinerlei Verpflichtung, für die Schäden auf der Insel aufzukommen, die Naturkatastrophen verursachen.

Im Jones Act von 1917 wurde den Puertorikanern die US-Staatsbürgerschaft zugesprochen – sofern sie nach der Annexion von 1898 geboren waren. Damit verfestigten die USA ihren Anspruch auf die Insel und verwehrten sich gegen Unabhängigkeitsbestrebungen. Der unklare Status von Puerto Rico wurde damit weiter festgeschrieben.
Der unmittelbare Anlaß für diesen Beschluß – gegen den Willen der damaligen puertorikanischen Politiker – war der Wille, die Männer Puerto Ricos als US-Soldaten in den 1. Weltkrieg schicken zu können, in den die USA einen Monat nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes eintraten.
Seither ist die Emigration aus Puerto Rico in die USA ein taugliches Ventil für alle ökonomischen Nöte. Die Puertorikaner bevölkern die Slums der USA und ermöglichen durch ihre Überweisungen das Überleben der restlichen Bewohner der Insel.

Das zum gleichen Zeitpunkt, im Zuge des Krieges der USA gegen Spanien 1898 annektierte Hawai wurde 1959 unter der Präsidentschaft Eisenhowers zum 51. Bundesstaat der USA erklärt. Dem ging eine Abstimmung voraus, wo die Bewohner Hawais befragt wurden, ob sie den USA beitreten oder weiter in dem gleichen ungeklärten Status – wie Puerto Rico – verbleiben wollten. Die Idee der Unabhängigkeit wurde gar nicht zum Thema gemacht.

In Puerto Rico wurde anders vorgegangen. Versuche eines US-Politikers, über die Unabhängigkeit Puerto Ricos zu entscheiden, wurden sowohl in den USA als auch unter deren Parteigängern in Puerto Rico hintertrieben. 1948 wurde das sogenannte Knebelgesetz erlassen, das das Hissen der puertorikanischen Flagge und andere Äußerungen für die Unabhängigkeit Puerto Ricos sowie Vereine, die sich selbige zum Ziel setzten, unter Strafe stellten. Dieses Gesetz war bis 1957 in Kraft, als es vom US-Kongress aufgehoben wurde.
Eine Abstimmung über den Status der Insel fand während des gesamten 20. Jahrhunderts nicht statt. Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung wurden ermordet oder zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Ein Referendum von 2012 zu dieser Frage wurde ignoriert.

Puerto Rico ist also bis heute ein annektiertes Territorium der USA, mit ungeklärten Zuständigkeiten.
Als Rufe nach Unabhängigkeit sowie Streiks überhandnahmen und die Stabilität und Funktionalität Puerto Ricos ernsthaft gefährdeten, dehnten die USA 1933 die New Deal-Maßnahmen auch nach Puerto Rico aus. Vor allem auf dem Gebiet der Infrastruktur und des Gesundheitswesens wurde in den 30-er Jahren einiges investiert. Damals wurde die Insel mit Staudämmen für die Elektrizitätsgewinnung versehen und ein Stromnetz aufgebaut. Eine angestrebte Landreform und der Aufbau einer Industrie scheiterten vor allem am Widerstand von Firmen und Politikern in den USA.
Damals wurden jedoch die Grundlagen für das ehrgeizige Projekt der Nachkriegszeit gelegt, und auch die Politiker erzeugt, die in der Zugehörigkeit zu den USA das Heil Puerto Ricos sahen und alle anderen Richtungen ausschalteten.


Operation „Ans Werk!“

Unter dem 1948 gewählten Präsidenten Luis Muñoz Marín, den man als einen Vorkämpfer der Idee der „Entwicklung“ betrachten kann, wurde in Puerto Rico ein Programm begonnen das die bisherige, auf Zuckerrohranbau und sonstige Agrarprodukten basierende Wirtschaft der Insel gründlich umkrempelte.
Muñoz Marín war der erste nicht vom Senat ernannte, sondern von der Bevölkerung gewählte Präsident Puerto Ricos. Mit der solchermaßen zustande gekommenen Autorität sah er sich befugt, nicht nur alle Unabhängigkeitsbestrebungen zu verfolgen und niederzumachen, sondern auch dem Segen des Privateigentums und des Kredits auf der Insel zum Durchbruch zu verhelfen. Er war ein bekennender Anhänger der freien Marktwirtschaft, und der USA als Wohltäter Puerto Ricos.

„Ans Werk!“ war nicht mehr und nicht weniger, als eine Billiglohnzone für US-Kapital zu schaffen, – das, was später in Mexiko flächendeckend als „Maquiladoras“ stattfand. Puerto Rico und sein voraussehender Präsident schufen eine Art Mischung von Billiglohnsektor und Steuerparadies für US-Kapital. Der unklare Status Puerto Ricos wurde als Lockvögeli für das US-Kapital eingesetzt. Die Insel wurde – durchaus als eine Art Vorreiter für Verlagerung in Billiglohnländer – dem amerikanischen Kapital angeboten: zollmäßig Inland, und dennoch steuermäßig und gesetzesmäßig Ausland.

Den Bewohnern Puerto Ricos wurde dieses Programm verkauft als: Seid nur willig und billig, und schon kommt der Segen des Kapitals, schafft Arbeitsplätze und Wohlstand! Schon der Name dieses Programms war ein Aufruf an die Botmäßigkeit an die Bewohner der Insel: Es liegt an euch, macht doch etwas daraus!
Im Zuge dieses Programm wurde die Landwirtschaft heruntergefahren, sodaß Puerto Rico nicht nur bei allen Grundnahrungsmitteln, sondern auch bei seinen ehemaligen Exportprodukten Zucker und Kaffee importabhängig ist. Puerto Rico wurde damit auch zu einem Markt für US-Konsumgüter.

Um das US-Kapital anzulocken, schuf die puertorikanische Regierung noch einen zusätzlichen Attraktivitäts-Faktor: Unter dem Motto „Fortschritt“ und „Familienplanung“ wurde mehr als ein Drittel der weiblichen Bevölkerung zur Sterilisation überredet, was von USA-Organisationen großzügig finanziert wurde, um „Überbevölkerung“ und Armut zu lindern. Damit sollte das Einstellen von weiblichen Arbeitskräften befördert werden, die dem Kapital verläßlich das ganze Jahr hindurch zur Verfügung stehen würden. Auch „die Pille“ wurde zuerst in Puerto Rico großflächig ausprobiert, bevor sie in den USA zugelassen wurde. Die Frauen Puerto Ricos waren also in mehrerlei Hinsicht Versuchskaninchen für US-Firmen. Als Nebenprodukt dieser Vorgangsweise hat sich eine gewisse pharmazeutische Industrie dort angesiedelt.


Puerto Rico heute

Mit dem Abschluß des Freihandelsabkommens NAFTA mit Mexiko 1994 wurde Puerto Rico als Billiglohnland unbedeutend. Mexiko ist für die US-Firmen näher, größer, über den Landweg erreichbar. Neue Firmen siedelten sich in Puerto Rico nicht mehr an, manche alte sperrten zu und verlegten ihre Produktion nach Mexiko. In die Infrastruktur wurde nicht mehr viel investiert, die Abwanderung nahm zu.
Puerto Rico war lange eine Steueroase für US-Kapital. Das bedeutete jedoch, daß weder die Firmen, die nur ihren Firmensitz auf der Insel angemeldet hatten, als auch diejenigen, die dort tatsächlich Produktionsstandorte betrieben, Steuern bezahlten. Die Haupteinnahmen des Staates bestanden also sowieso lange Zeit – neben Zuschüssen aus den USA selbst – in den Steuern und Abgaben, die die arbeitende Bevölkerung in seine Kassen spülte.
2 Jahre nach dem Abschluß von NAFTA, 1996, strichen die USA die Steuervergünstigung für Puerto Rico, das damit endgültig unattraktiv für Investoren aller Art wurde.

Der Weltmarkt war so weit fortgeschritten, daß Puerto Rico unwichtig für das USA-Kapital wurde, weil inzwischen anderswo in Lateinamerika auch die meisten Schranken für das US-Kapital niedergerissen worden waren.
Und Puerto Rico begann sich zu verschulden, ohne irgendeine Aussicht, diese Schuld jemals selbst bedienen zu können. Es erhielt Kredit, weil es für die Gläubiger ein Teil des US-Territoriums war und deshalb als relativ solider Schuldner eingestuft wurde. Vermutlich nahmen die Banken und Fonds, die puertorikanische Anleihen kauften, auch an, daß der Kredit Puerto Ricos von der Fed irgendwie gestützt werden würde, falls die die Regierung der Insel ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könnte.
Seit 2015 kann Puerto Rico seine Anleihen nicht mehr bedienen und erhält daher auch keinen Kredit mehr. Bezüglich einer Stützung durch den US-Staatskredit haben sich die Gläubiger genauso geirrt wie in Detroit oder Kalifornien. Puerto Rico kann jedoch aufgrund seiner ungeklärten rechtlichen Stellung auch keinen Bankrott anmelden oder seine Schuld mit den Gläubigern neu verhandeln. Es ist auf Zuschüsse aus den USA angewiesen, auf die es jedoch keinen konkreten Rechtsanspruch hat. Die Hilfen, die es von Budget und Katastrophenschutz der USA erhält, haben daher den Charakter eines Almosens.

Dieser unerfreuliche Zustand betrifft über 3 Millionen Menschen. Seit 2007 wurde keine Volkszählung mehr durchgeführt, damals wurden 3,7 Millionen gezählt. Seither ist die Einwohnerzahl wegen Abwanderung wahrscheinlich zurückgegangen.

Das Privateigentum und die Natur

OPFERREKORD BEI WALDBRÄNDEN IM REICH DES GUTEN

Die EU hatte in den letzten Jahren auch schon einiges zu bieten in Sachen Opfer bei Waldbränden, wie in Portugal 2017 mit 56 Toten und heuer in Griechenland mit ca. 100 Totesopfern.
Aber die Waldbrände in Kalifornien werden diese Zahlen vermutlich locker toppen.

Auch die Symbolik hat es an sich.

In einem Ort namens „Paradies“ wurden mehr als 70 verkohlte Leichen geborgen, und die Anzahl der Vermißten läßt Böses ahnen für die makabren Entdeckungen, die noch auf die Feuerwehr und den Katastrophenschutz warten.
Das Paradies für Leute, die einen ruhigen Lebensabend genießen wollen, war offenbar aus leicht entflammbarem Material gebaut, und mit dem Brandschutz scheint es nicht zum Besten zu stehen.

Sehr unangemessene Vorbereitung
Obwohl die Website des US- Brandschutzes für Kalifornien 4 Stationen für Paradise aufweist, und 9 für die nächste benachbarte Stadt, Chico, die allerdings für Zugriff teilweise gesperrt sind (?!), so scheint es sich bei den Stationen hauptsächlich um Depots für Utensilien und Fahrzeuge zu handeln, aber nicht um bemannte und schnell einsatzfägige Einrichtungen. Zumindest ist den Berichten der Überlebenden nicht zu entnehmen, daß irgendwo eine Feuerwehr im Ort verfügbar gewesen wäre. Der Einsatzleiter, der als erster vor Ort war, brauchte jedenfalls zwischen Verständigung und Eintreffen eine Stunde.

Außerdem ist eine Feuerwehr-Website mit einem Firewall (!), der zuallererst die Zugriffsberechtigung des Surfers prüft, nicht die beste Adresse für Notsituationen.

Der neue kalifornische Fire Plan vom Sommer dieses Jahres versucht, gegensätzliche Anforderungen unter einen Hut zu bringen:

„By placing the emphasis on what needs to be done long before a fire starts, the Fire Plan looks to reduce fire fighting costs and property losses, increase firefighter safety, and to contribute to ecosystem health.“

An erster Stelle steht die Kostenreduktion, der Rest muß sich offensichtlich daran orientieren.
Und das im nach dem Pro-Kopf-Einkommen reichsten Staat der USA, wo sich jede Menge Prominenz herumtreibt und ihre sicher nicht billigen Wohnsitze hingebaut hat.

Ein guter Teil der Feuerwehrleute scheint nur auf Zeit eingestellt zu werden:

„Fire Fighter I is a seasonal, temporary classification used by CAL FIRE. The Fire Fighter I application period occurs in November and hiring usually occurs between March and June, depending upon the year’s fire and weather conditions.“

Das heißt erstens, daß die solchermaßen eingestellten Leute keine professionellen Feuerwehrleute sind, sondern nur eine kurze Ausbildung durchlaufen und sich nach dem Ende des Anstellungsverhältnisses wieder am freien Arbeitsmarkt nach anderen Jobs umschauen müssen. Dadurch fehlt ihnen Routine und Berufserfahrung – etwas, was in Extremsituationen wie einer Feuersbrunst dringend vonnöten wäre.

Zweitens aber ist der November nur die Zeit, in der die Interessenten für diesen Job ansuchen dürfen, eingestellt werden sie dann zwischen März und Juni, weil das von der Feuerverwaltung in Kalifornien offenbar als die brandgefährlichste Zeit eingestuft wird. Das heißt also, daß die Feuerwehren des Staates die meiste Zeit des Jahres unterbesetzt sind.

Die Website ergeht sich dann auch in guten Ratschlägen an die Bürger, wie man Brände vermeiden könnte. Das spart ebenfalls Kosten für die staatliche Feuerwehr und gibt den Einwohnern das schöne Gefühl, zu einem guten Teil selbst für ihren Brandschutz verantwortlich zu sein.
(Yes we can …)

Die vom Himmel gefallenen Waldbrände
Dabei ist es nicht so, daß die Brandgefahr um diese Jahreszeit ein Geheimnis und die Brände eine große Überraschung gewesen wären.

Erstens treten um diese Jahreszeit, also im Herbst, extrem trockene und sehr starke Winde auf. Diese Santa-Anna-Stürme sind keine Erscheinung der neueren Zeit, sie werden bereits seit dem 19. Jahrhundert von Geographen und Metereologen beschrieben. Ihre Entstehung ist unklar, ob sie sich in den Wüstengebieten östlich von Kalifornien bilden oder durch spätere Erwärmung. Ihr Auftreten ist jedenfalls zeitlich bestimmt und auch die Verlaufsform ist seit Jahrzehnten bekannt.
Zweitens hat Kalifornien 5 Jahre Dürre hinter sich. „In dieser Zone Kaliforniens hat es seit 214 Tagen nicht mehr geregnet.“ Ansonsten gibt der Sprecher der kalifornischen Feuerwehr Widersprüchliches von sich: Die Ausbreitung des Feuers in Paradise sei nicht „normal“ gewesen. Dergleichen kam erst in den letzten Jahren vor.

Ja, dann ist doch wohl das die heutige Normalität, sollte man meinen.

Auch sonst beklagt der gute Mann, daß sich die Normalität leider geändert hat, während die staatliche Feuerwehr-Zentrale offenbar daran festhält, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, und man sich dort an einer anderen, weit konstengünstigeren „Normalität“ von vor 10-15 Jahren orientiert.

„Normalerweise ist die brennbare Masse beim Ausbruch eines Feuers teilweise feucht und wird erst im Verlaufe der Ausbreitung eines Feuers entlang eines Hanges von diesem getrocknet und verbrannt.
Jetzt enthält jedoch das Holz keinerlei Feuchtigkeit mehr … Das Feuer verbreitet sich sehr schnell. Und bei Wind noch schneller.“ (ebd.)

Surprise, surprise.


Fazit: Was lernen wir daraus?

Naturkatastrophen sind gerade im Falle von Feuer relativ leicht vorhersehbar. Aber die Eigentumsordnung und die Geschäftskalkulationen verhindern, daß vom Wissen um die Natur der angemessene Gebrauch gemacht wird. So etwas wie die Feuerwehr ist kein Geschäft. Das Betreiben derselben kostet nur Geld, ist Abzug von Reichtum.

Während in der EU erstens durch die Freiwilligkeit der Bürger und zweitens durch eine halbwegs gute Dotierung von Gemeindebudgets die Sache lange Zeit einigermaßen im Griff war und nur jetzt durch Sparbudgets und -maßnahmen immer mehr außer Kontrolle gerät, so ist die Feuerwehr in den USA offensichtlich Geschäftskalkulationen unterworfen, die die Funktionalität dieser Körperschaft sehr einschränken.

Trump ist vorgeworfen worden, daß er gleich Schuldige dingfest machte, anstatt in das allgemeine Lamento einzustimmen und vor Mitleid mit den Opfern zu zerfließen.

Ganz unrecht hat er aber dabei nicht. Nicht der Brand, aber die Opfer und auch einiges an Zerstörung von Sachwerten wären vermeidbar gewesen, wenn nicht der Staat Kalifornien hier den Sparstift angesetzt hätte.

Das ganze Mitleidsgedusel hingegen dient nur dazu, das ganze zu „höherer Gewalt“ zu erklären, der man als kleiner Menschenwurm hilflos gegenübersteht.

Man erinnere sich: Kalifornien war vor einigen Jahren zahlungsunfähig …

Sowohl die Pensionisten, die einen geruhsamen Lebensabend verbringen wollen, als auch die Stars, deren Villen weiter südlich zu Schaden gekommen sind, waren schlecht beraten, sich in einem Staat niederzulassen, der sich seinen Brandschutz nicht leisten kann, oder will.

Übrigens hier einiges zu Waldbränden anderswo:

Wieder einmal Waldbrände
DIE LÄSTIGE NATUR
11.8. 2012

Waldbrände und Privateigentum
RUSSLANDS HOLPRIGER WEG IN DIE MARKTWIRTSCHAFT
22.8. 2010

und die Nutzbarmachung von Naturkatastrophen durch die Medien, sofern sie das für nötig halten:

Die mediale Aufbereitung einer Naturkatastrophe
EIN ORKAN, DER NEUE MEDIENSTAR
1.11. 2012

Zu Italiens Budget-Entwurf

GRUNDEINKOMMEN ALS AUSWEG AUS DER KRISE?

Zu den Wahlversprechen der 5-Sterne-Bewegung gehörte ein Grundeinkommen für Arbeitslose. Mit diesem Versprechen kamen sie vor allem im Mezzogiorno gut an, weil dort Jobs an und für sich rar sind.
Nach ihrem Wahlsieg wurde das schon etwas abgespeckt und sollte sich auf eine Einkaufskarte reduzieren. Das blieb natürlich auch nicht lange im Gespräch, weil mit der kann man ja weder Miete noch Schulden noch die Stromrechnung bezahlen.

An dem, wie diese Sozialhilfe am Ende aussehen soll, wird noch herumgebastelt. Die EU ist auf jeden Fall dagegen, weil dafür angeblich kein Geld da sei, und die EU-Kommission hat den italienischen Budgetentwurf zurückgewiesen.

Was würde so ein Grundeinkommen volkswirtschaftlich gesehen bedeuten?

1. Grundeinkommen – Zahlungsfähigkeit auf Staatskredit

Ein Grundeinkommen würde einen Teil der Bevölkerung, der vom Standpunkt des Kapitals überflüssig ist – redundant population – mit einer wenngleich sehr beschränkten Zahlungsfähigkeit ausstatten. Ein Leben in Saus und Braus wäre also keinesfalls möglich, es ginge hier um das schlichte Überleben.
Ein Moment dieser Grundeinkommensidee ist in Italien sicherlich, damit den verschiedenen Mafia-Gruppen das Wasser abzugraben. Wenn die Bevölkerung Süditaliens mit einer Überlebenschance ausgestattet wäre, so würde damit die Motivation wegfallen, bei der Cosa Nostra oder sonstwo anzuheuern, um die Familie füttern zu können. Ein Grundeinkommen würde also die nationale Sicherheit erhöhen und geringere Kosten für den Sicherheitsapparat zum Ergebnis haben. So könnte eine Überlegung der italienischen Regierung oder zumindest der 5-Sterne-Mitglieder aussehen.

Es ist übrigens für diese Überlegung ganz gleichgültig, ob dieses Grundeinkommen bedingungslos oder an bestimmte Leistungen für die Gemeinschaft geknüpft wäre. Auch vom ökonomischen Standpunkt her ist es gleichgültig: Die Leute hätten eine auf niedrigem Niveau gesicherte Existenz und müssen nicht kriminell werden.
Man vergesse nicht den weiteren erwünschten Effekt dieses Grundeinkommens: Mit dieser beschränkten, aber gesicherten Zahlungsfähigkeit könnten die Betroffenen ihre Miete zahlen, also Immobilienbesitzern Geld in die Kassen spülen. Sie könnten sich ernähren und damit Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie helfen, ihre Waren zu versilbern. Und die könnten sich bekleiden und ihre Stromrechnung zahlen, was den Absatz der Produkte von Energiewirtschaft und Textilindustrie ermöglichen würde.

Sie wären also ein zwar beschränkter, aber immerhin sicherer und zahlungsfähiger Markt für das internationale, in erster Linie europäische Kapital. Das Grundeinkommen hätte eine wohltuende Wirkung in Bezug auf den „Salto Mortale“ der Waren, den Verkauf.

Die wichtige Frage ist jedoch, wie wird ein solches Einkommen finanziert? Es ist der Staat, der dieses Geld auszahlen würde, und nicht ein profitorientiertes Unternehmen.

Der Staat hat genau zwei Liquiditätsquellen: Erstens das, was er aus seiner Gesellschaft herausholt, in Form von Steuern, Abgaben, Gebühren usw. Zweitens, der Kredit.
Es ist klar, daß Leute, die nichts haben, dem Staat auch keine Einnahmen verschaffen können. Es bleibt also nur der Staatskredit für die Schaffung dieses Grundeinkommens.

2. Kredit als Quelle der staatlichen Zahlungsfähigkeit

Beim Kredit des Staates gibt es auch zwei große Gruppen von Krediteuren.

Das eine sind die eigenen Banken. Der Staat verschuldet sich bei seinen Banken und zahlt ihnen dann dafür Zinsen, und die Banken haben dadurch ein sicheres Zinseinkommen. Es wäre zumindest ein geschlossener Kreislauf, auch wenn die Staatsschuld immer mehr anwachsen würde. Solange die Banken dem Staat glauben, daß er weiter zahlen wird, so lange geben sie ihm auch diesen Kredit.

Dieses Schema setzt allerdings eine nationale Währung voraus, in der sich dieser Staat bei seinen eigenen Kreditinstituten verschulden kann. Hier sieht man sehr gut den Unterschied zwischen Italien und Großbritannien, den beiden EU-Mitgliedern mit der in absoluten Zahlen höchsten Staatsschuld: Die Verschuldungsfähigkeit der britischen Regierung ist praktisch unbegrenzt und kein Thema in den Medien. Italien hingegen ist an die Sparpolitik des europäischen Stabilitätspaktes gebunden. Zumindest sehen die anderen Staaten der Eurozone das so.

Die zweite Quelle des Kredits sind nämlich die internationalen Kreditgeber. Dazu gehören Fonds aller Art, Banken, Versicherungen, Stiftungen, die ständig die Welt nach Investitionsmöglichkeiten abgrasen, wobei ein Gesichtspunkt die Rendite ist, der andere die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Die beiden stehen in umgekehrten Verhältnis zueinander: Je schlechter die Zahlungsfähigkeit eingestuft wird, um so mehr Zinsen muß dieser „schlechte“ Schuldner zahlen.

Mit der Einrichtung der Gemeinschaftswährung verschmolzen diese beiden Kreditquellen bis zu einem gewissen Grad. Der Zins, den ein Staat für seine Anleihen entrichten mußte, glich sich an. Die nationalen Banken gaben sich nicht mehr mit einem geringeren Zinsfuß zufrieden, alle verlangten die gleichen Bedingungen.
Das störte damals niemanden. Die Staaten freuten sich, daß die ganze Welt ihre Anleihen nachfragte, die inzwischen in einer international anerkannten Währung auf allen Weltbörsen gehandelt wurden.
Die einheimischen Banken freuten sich, daß sie höhere Zinsen kriegten.
Die ausländischen Kreditgeber waren auch total scharf auf Anleihen in Euro. Sie machten zwar immer noch kleine Unterschiede zwischen den nationalen Fähnchen, die auf den Anleihen drauf waren, aber kauften auch die Anleihen Griechenlands und Portugals mit großem Eifer, weil dahinter stand ja, so die damalige Ansicht, die Wirtschaftskraft der gesamten EU, und eine bessere Rendite als die der Anleihen Deutschlands. Die Differenz, der sogenannte „spread“, war damals aber vergleichsweise gering und betrug 2-3%.

Diese vermeintliche Win-Win-Situation hielt genau bis 2008 an, als die Kreditgeber auf einmal genauer auf die nationalen Fähnchen achteten und die „spreads“ sich erhöhten. Die Krise brachte auch noch ein eigenes Wertpapier hervor, die Kreditversicherungs-Zettel, die die Zinsen der fragwürdigen Staaten weiter hinauftrieben.
Die einheimischen Banken waren jetzt entweder patriotisch und hilfsbereit, was sie in den Ruin trieb, wie in Griechenland oder Zypern. Andere bewiesen sich als vaterlandslose Gesellen und kündigten dem eigenen Staat den Kredit, wie in Portugal 2011, als die größten Banken sich weigerten, den Staat weiter zu kreditieren. (Es half übrigens den portugiesischen Banken nichts, sie gingen auch pleite und mußten mit EZB-Geldern gestützt werden.)

Aufgrund des internationalen Vertrauensverlustes gab es nur mehr eine Möglichkeit, die Pleitestaaten der Eurozone und damit den Euro selbst zu retten, und das war der kollektive Kredit der Eurozone. So wurden Rettungsfonds eingerichtet und der EZB-Kredit verstärkt in Anspruch genommen.

3. Die EZB und die Rettungsfonds

Die Rettungsfonds wurden gegründet, als aufgrund der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, und dann Irlands und Portugals der Euro auf dem Spiel stand. Sie sehen so aus, daß die zahlungsfähigen Staaten Garantien für die zahlungsunfähigen übernehmen. Das heißt, daß die – damals! – zahlungsfähigen Staaten mit ihrer Kreditmacht Garantien für die Kredite der zahlungsunfähigen übernehmen und damit den Kredit – das in den Euro gesetzte Vertrauen – der gesamten Eurozone strapazieren.

Diese damals ziemlich ad hoc, d.h. anlaßgegeben aus der Taufe gehobenen Garantiekonstruktionen sind nicht erweiterbar. Italien kann das Geld der Rettungsfonds nicht in Anspruch nehmen. Abgesehen davon, daß die dort noch vorhandenen Summen zu gering für die Geldnöte Italiens wären, so ist Italien selbst Garantiemacht. Das heißt, es steht mit seinem Nationalkredit für den Kredit anderer Staaten gerade und kann deshalb selbst diesen Kredit nicht in Anspruch nehmen.

Das heißt, daß bloß die EZB als „lender of last resort“, letzter Kreditgeber, zur Verfügung steht.
In diesem Falle hieße das, daß die EZB Italien das Geld zur Verfügung stellen müßte, das Italien benötigt, um 1. seinen Schuldendienst weiter zu leisten, 2. seine Banken zu stützen, 3. seine Infrastruktur zu sanieren (man erinnere sich an die eingestürzte Brücke in Genua, die erdbebengeschädigten Ortschaften in den Abruzzen und die völlig veralteten Eisenbahnen) und 4. seine Bevölkerung mit Grundeinkommen und Pensionen funktional und ruhig zu halten.

4. Grundeinkommen für alle Überflüssigen geht nicht

Man sieht, Italien benötigt viel Geld, um weiter als Mitglied der EU halbwegs zu funktionieren – als Kapitalstandort, als Markt und als Beitragszahler.
Es ist jetzt sehr kleinlich, wenn die EU sich gerade an der Grundeinkommens-Frage ziert und sagt: Also nein, das geht jetzt wirklich nicht mehr!

Umgekehrt ist eben die Frage: Wie weiter?

Soll die EU ihren Kredit strapazieren, um ihre immer mehr strauchelnden Mitglieder aufrecht zu erhalten? Kann die EU so funktionieren, den Euro aufrecht erhalten?

Heute Italien, morgen Spanien, übermorgen Frankreich? Überall wächst die überflüssige Bevölkerung, inzwischen auch in den Kernstaaten der Eurozone, nicht nur an der Peripherie, dem Hinterhof der EU: Auch wenn die Medien fest hetzen, daß die „Sozialschmarotzer“ alle nicht arbeiten wollen und zur Arbeit gezwungen werden sollten, anstatt sie in der „sozialen Hängematte“ weiter durchzufüttern, auch wenn mit Hartz IV in Deutschland die Leute drangsalisiert werden, so gut es nur geht – die Tatsache bleibt, daß in der ganzen EU immer mehr Leute ohne Einkommen dastehen.

Italien ist da kein Sonderfall.

Was tun mit den Überflüssigen? Indische Zustände einreißen lassen, wo die Leute auf der Straße Hungers oder an Krankheiten sterben?
Lager einrichten, Arbeitshäuser, Privatgefängnisse wie in den USA, wo moderne Sklavenarbeit wieder an Unternehmen vermietet wird, die bei fast 0 Arbeitskosten profitabel produzieren können? Werden sich das alle Betroffenen gefallen lassen?

Es ist begreiflich, daß Italiens Regierung für ein Grundeinkommen oder eine flächendeckende Sozialhilfe optiert. Und es ist, angesichts der oben angeführten Alternativen, auch nicht unsympathisch. Sie möchten ihre Bevölkerung angesichts trostloser Perspektiven zumindest irgendwie am Leben und für etwaige spätere Inanspruchnahme durch das Kapital fit halten. Und wenn sich kein Anwender findet, so sollen die Menschen dennoch nicht krepieren.

Unter den kapitalistischen Bedingungen und dem Euro als Einheitswährung ist dieses Verfahren aber nicht möglich. Es würde sowohl die Gewinnproduktion als auch das Kreditwesen ad absurdum führen. Und zwar deshalb, weil es keine Perspektive gibt, daß diese Menschen je wieder gebraucht würden. Das Grundeinkommen würde einen Dauerzustand bedeuten, und den Kredit, der auf Gewinn zielt, rein auf die Staatsgewalt gründen.

5. Die Anhänger des Grundeinkommens: Staats- und Marktfans

Abgesehen davon, daß die Idee des Grundeinkommens im Kapitalismus nicht machbar ist – ist ein solcher Zustand erstrebenswert?
Einen guten Teil der Bevölkerung zu staatlichen Almosenempfängern zu machen, ist erstens für die Betroffenen unerfreulich. Sie kriegen damit vorgeführt, daß sie unnötig und auf die Gnade der Staatsgewalt angewiesen sind, ohne jede Möglichkeit, dem zu entkommen. Die einzige Möglichkeit ist der Versuch, Nischen-Jobs zu finden, wie Rikschafahrer oder Fahrradbote, zum gleichen Verdienst. Kunsthandwerk verfertigen? Batik und Tiffany-Lampen, auf die keiner neugierig ist?

Es ist absehbar, daß sich ein guter Teil dieser Menschen mit Drogen und Alkohol zutörnen wird.

Beziehungen und Familiengründung, und sei es auch in alternativen Patchwork-Familien und Homo-Ehen, stehen für diese Leute ebenfalls unter keinem guten Stern. Wofür Kinder kriegen und aufziehen? Um Bettler in die Welt zu setzen?

Abgesehen von den trostlosen Aussichten für die Bezieher dieser Sozialhilfe stellen sie eine Klientel des Staates dar, die dieser dann nach Belieben einsetzen kann, weil diese Leute sind völlig abhängig von den staatlichen Zahlungen. Es hängt nur von den Zielen der jeweiligen Regierung ab, wofür sie diese Leute mobilisieren will.
Ab morgen werden Flüchtlinge zusammengesammelt und ins Meer geworfen! Du hast am Soundsovielten dort zu sein und dabei mitzumachen, diese Flüchtlinge zusammenzutreiben!
Was, du willst nicht? Na, dann streichen wir dir sofort das Grundeinkommen!
Roma und sonstige unerwünschte EU-Bürger werden dann und dann zusammengesammelt und in KZs gesperrt.
Was, das gefällt dir nicht? Na, dann schau, wie du ab morgen ohne Grundeinkommen weiterkommst!

Und seien wir ehrlich, Salvini und Co. ist dergleichen durchaus zuzutrauen.

Vielleicht wäre es doch besser, darüber nachzudenken, ob Staat, Privateigentum, Markt und Geld wirklich notwendig sind zum Funktionieren der menschlichen Gesellschaft, anstatt sich dauernd darüber den Kopf zu zerbrechen, wie man diese tollen Einrichtungen retten kann.