Serie „Lateinamerika heute“. Teil 10: Ecuador

KEHRTWENDE IM DOLLAR-PARADIES

1. Das Territorium

Quito gilt aufgrund archäologischer Funde als die älteste Ansiedlung Südamerikas. In der vorkolumbianischen Zeit war Quito die zweitwichtigste Stadt des Inkareiches. Vor der Ankunft der Spanier wurde sie zerstört, weil sich damals bereits herumgesprochen hatte, daß die Eroberer zum Plündern gekommen waren. 1534 wurde das heutige Quito gegründet und war lange nach Lima die zweitwichtigste Stadt des spanischen Kolonialreichs in Südamerika. Von hier starteten die Expeditionen auf der Suche nach El Dorado, dem Goldland, und die Expansion nach dem Westen des Subkontinentes, so auch die Entdeckung des Amazonas durch die Spanier.

Die Vergangenheit des heutigen Gebietes von Ecuador war also weitaus bedeutender als seine Gegenwart.

Nach den Unabhängigkeitskriegen gehörte das Territorium zunächst zu Groß-Kolumbien, dem sich die Aufständischen von Quito und Guayaquil angeschlossen hatten, um erst gegen die spanischen Truppen bestehen, und dann überhaupt irgendwohin gehören zu können.
Als sich ein Caudillo aus Venezuela namens Flores und andere nicht damit abfinden wollte, bloß Provinz eines anderen Staates zu sein, lösten sich Quito und andere Städte 1830 aus dem großkolumbianischen Staat und gründeten mit viel Getöse den neuen Staat Ecuador.

Der Zerfall Groß-Kolumbiens durch die Zentrifugalkräfte der Militärs, die die Unabhängigkeit von Spanien erkämpften, beendete die politischen Pläne Simón Bolívars, der ursprünglich eine Art Vereinigte Staaten von Südamerika vorhatte, um den USA die Stirn bieten zu können. Er erkannte nämlich sofort die Bedeutung der 1823 verkündeten Monroe-Doktrin für die Zukunft Lateinamerikas: Daß sich hier im Norden eine neue Macht konstituiert hatte, die Anspruch auf Unterwerfung und Benützung der Nachfolgestaaten des spanischen Kolonialreiches erhob.
Was damals, 1830, und auch lange später nicht klar war, waren die Grenzen dieses neuen Staates Ecuador. Die Geschichte Ecuadors ist seither eine der Selbstbehauptung gegen seine beiden Nachbarstaaten, und der immer wiederkehrenden Grenzkonflikte. Perú und Kolumbien betrachteten nämlich dieses zusammengewürfelte Abspaltungsprodukt als ein Gebiet, aus dem sie sich bei jeder Gelegenheit etwas abknapsen könnten. Bis heute nehmen sie die aktuellen Grenzen nicht ganz ernst, wie wiederholte Übergriffe auf ecuadorianisches Territorium zeigen.

Ecuador hingegen hat damit das Dauerproblem, seine Grenzen verteidigen zu müssen, obwohl sich in seinen Grenzgebieten Fuchs und Hase gute Nacht sagen und nur hin und wieder Schmuggler ihren Geschäften nachgehen. Ohne dieses Territorium zu benützen und ohne daß sich der ecuadorianische Staat diese militärischen Ausgaben eigentlich leisten kann, muß er dennoch Mittel und Personal für Grenzsicherung und Grenz-Kriege aufbringen, um nicht weiter zu schrumpfen.

2. Die Ökonomie: Bananen, Öl und Dollars

Lange Zeit kam Ecuador über den Export einiger Agrarprodukte nicht hinaus. Kaffee, Kakao und Bananen waren alles, was es auf dem Weltmarkt anbieten konnte. Es kamen daher auch wenig Devisen ins Land.
Das änderte sich mit der Entdeckung und Förderung des Erdöls, das in den 70-er Jahren von Texaco und Shell begonnen, seit den 90-er Jahren aber von der staatlichen Firma Petroecuador betrieben wird.

Auf die steigenden Öleinnahmen vertrauend nahm die Regierung von Sixto Durán Ballén in den frühen 90-er Jahren und in Zusammenarbeit mit dem IWF eine Liberalisierung der Wirtschaft vor, die die Verschuldung Ecuadors in die Höhe trieb. Die Banken erhielten freie Hand für internationale Kreditaufnahme und nationale Kreditvergabe. Das leicht erhältliche Geld führte auch zu hoher privater Verschuldung und Korruption der Eliten. Ecuador erlebte einen Boom mit Firmengründungen, steigenden Importen von Konsumgütern und staatlichen Investitionen in die Infrastruktur.

Als Folge von der Schuldenkrise der südostasiatischen Tigerstaaten und Rußlands in den Jahren 1997-99 zogen viele Investoren Geld aus Staaten Lateinamerikas ab, so auch aus Ecuador. Dadurch kam es dort zu einem Crash, einer generellen Zahlungsunfähigkeit nach innen und außen. Die damalige Regierung Mahuad wurde 2000 gestürzt, eine Bankrottwelle erschütterte Ecuador und 2 Millionen Ecuadorianer verließen das Land, um woanders nach Überlebensmöglichkeiten zu suchen, vor allem in Spanien und den USA.

Mahuad stand bereits mit dem Rücken zur Wand, als er angesichts der völligen Entwertung der nationalen Währung, des Sucre, mit dem IWF in den letzten Tagen des Jahres 1999 die Einführung des Dollar paktierte. Der Sucre hatte sich als Zahlungsmittel praktisch in Luft aufgelöst, er war nicht einmal das Papier wert, auf dem er gedruckt wurde.

Mit Hilfe des IWF, der die Bindung an den Dollar zu diesem Zeitpunkt als ideales Mittel zur Bewältigung von Währungsturbulenzen ansah, führte Ecuador mit 1.1. 2000 den Dollar als Zahlungsmittel ein.
Mahuad wurde Anfang 2000 gestürzt, sein Nachfolger Gustavo Noboa fand die Dollar-Einführung als Tatsache vor. Allerdings geschah es erst unter seiner Regierungszeit im Herbst 2000, daß der Sucre völlig aufgegeben wurde und seither der Dollar als einziges Zahlungsmittel in Ecuador zirkuliert.

Die Politik der Dollarbindung wurde nach dem Bankrott Argentiniens 2001/2002 vom IWF aufgegeben. Ecuador war möglicherweise eine Art Vorlage, die auch für Argentinien ins Auge gefaßt wurde. Aber in Argentinien kam der IWF zu spät: Der Präsident wurde gestürzt, und mit ihm verließ der Dollar als Zahlungsmittel die öffentliche Szene und führte seither ein Leben im Untergrund der Matratzen. (siehe dazu: DIE EWIGE WIEDERKEHR DER ARGENTINISCHEN KRISE)

Man weiß nicht, welches Land besser gefahren ist. Argentinien und Ecuador verarmten beide in Folge dieser Währungskrisen. Argentinien war allerdings viel höher verschuldet, und war nach dem Bankrott von den internationalen Finanzmärkten abgeschnitten. Ein Schritt „Dollar ersetzt nationale Währung“ wie in Ecuador wäre dort vermutlich gar nicht möglich gewesen, selbst wenn sich im Land dafür ein Vertragspartner gefunden hätte.
Zur Dollarisierung in Ecuador findet man kaum irgendwelche Literatur oder Fakten. Man findet nirgends, wie diese Schritte begründet wurden. Im Falle Mahuads ist nicht einmal klar, ob er der Einführung des Dollars vor oder nach seinem Sturz zugestimmt hat, und unter welchen Bedingungen. Nach Einzelheiten, warum Noboa den Sucre aufgab, ob es später Versuche der Wiedereinführung gab, sucht man ebenfalls vergeblich. Zumindest am Internet findet man keine öffentlich zugänglichen Analysen zu dieser Frage.

Interessanterweise gibt es auch in der Verfassung von 2008, wo sehr viel von ökonomischer Souveränität die Rede ist, keinen Hinweis auf die Fremdwährung, mit der der Geldumlauf im Land bewerkstelligt wird.

Zum Unterschied von Argentinien, das den Dollar neben dem Peso als Zahlungsmittel zugelassen hatte, und El Salvador und Panama, die den Dollar ebenfalls neben ihrer nationalen Währung bis heute zulassen, gab Ecuador 2000 seine nationale Währung vollständig auf. In dem Land zirkuliert also ein Zahlungsmittel, auf dessen Ausgabe und Wert die Regierung Ecuadors keinen Einfluß hat. Die Abhängigkeit von den USA ist daher sehr grundlegend.
In Europa sind nur Montenegro und Kosovo, Nachfolgestaaten Jugoslawiens, in dieser Situation. Sie stellt eine Art von neuem Kolonialregime dar, weil es die Souveränität dieser Staaten einer Währung unterwirft, die von einem – oder mehreren – anderen Staaten gemanagt wird.
Ecuador ist – nach einem Austritt und Wiedereintritt – Mitglied der OPEC, wo es jedoch aufgrund seiner im weltweiten Vergleich geringen Förderquote für allfällige Entscheidungen dieser Gemeinschaft praktisch bedeutungslos ist. Abgesehen davon, daß die OPEC heute von miteinander verfeindeten – für oder gegen die USA aufgestellten – Staaten besteht und zu keiner Einigkeit mehr fähig ist.

3. Die Migration

Während Ecuador lange wirtschaftlich vor sich hindümpelte und bei großem Armutsgefälle – vor allem zwischen Stadt und Land – mehr oder weniger seine Bevölkerung ernährte, kam es erst in den 80-er Jahren und dann in den Boom-Jahren der 90-er Jahre erstmals zu größerer Einwanderung aus anderen lateinamerikanischen Staaten, vor allem aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Kolumbien.

Mit dem Crash von 1999/2000 setzte eine Emigrationswelle ein. Vor allem Spanien mit seiner damals entstehenden Immobilienspekulation und darauf folgenden Bauboom wurde Zielland der ecuadorianischen Auswanderer. Die Überweisungen der ecuadorianischen Bauarbeiter und der in Pflege und Hausarbeit tätigen Frauen machten in den nächsten Jahren einen guten Teil des ecuadorianischen BIPs aus.
Als wichtige Einnahmequelle etablierte sich der Tourismus. Die Galápagos-Inseln, der Chimborasso und andere Naturwunder und eine verhältnismäßig gute Sicherheitslage, nicht zu vergessen die Währungsstabilität, spülten Devisen in die ecuadorianische Staatskasse.

Zusätzlich brachten Pensionisten Geld ins Land. Aus Europa und den USA ließen sich wohlhabende Pensionisten in dem schönen Land nieder, das in höhergelegenen Regionen über ein angenehmes Klima und ansonsten über eine verhältnismäßig gute Infrastruktur und ein für lateinamerikanische Verhältnisse gut ausgebautes Gesundheitswesen verfügt.
Unter dem Präsidenten Correa wurden großzügige Rückkehrhilfen für die Ecuadorianer eingerichtet, die aus dem krisengeschüttelten Spanien oder den USA heimkehrten. Nicht all zu viele nahmen dieses Angebot an, oder viele sind inzwischen neu emigriert. Ein Fünftel der der gebürtigen Ecuadorianer lebt heute im Ausland, davon fast eine halbe Million in den USA.

4. Das politische System Ecuadors

Die Regierungswechsel in Ecuador gestalteten sich des öfteren turbulent. So schlimm wie 1912, als eine komplette Politikermannschaft umgebracht, in Stücke gehackt und öffentlich verbrannt wurde, geht es heute nicht mehr zu, aber auch in jüngerer Vergangenheit sahen sich Präsidenten hin und wieder genötigt, mit dem Hubschrauber aus der Hauptstadt und schnellstens ins Ausland zu flüchten, oder in einer Botschaft Zuflucht zu suchen.

Ein wichtiger Machtfaktor sind hierbei die Verbände der Indigenen, sowohl derer aus dem Gebirge als auch derjenigen aus dem Amazonasbecken. Wie in guter Tradition der europäischen Bauernaufstände ließen sie sich schon mehrmals mit ihren landwirtschaftlichen Geräten bzw. darauf aufbauender Bewaffnung als Fußvolk und Manövriermasse für Militärputsche einsetzen. Auch sonst verstehen sie mit Straßenblockaden und Demos an wichtigen Stellen und zur richtigen Zeit einiges durcheinanderzubringen, wenn sie Umweltschäden durch Firmen und die Zerstörung ihres Lebensraumes anprangern und verhindern wollen.

Um hier angesichts sehr unterschiedlicher Vorstellungen, wie Staat zu machen sei, so etwas wie Kontinuität und klare Verhältnisse zu schaffen, wurde unter dem Präsidenten Rafael Correa das Projekt einer neuen Verfassung in Angriff genommen. Die daraus entstandene, sehr lange Verfassung von 2008 ist vor allem um die Wahrung von Souveränität bemüht. Sie verbietet explizit fremde Militärbasen im Land, entkriminalisiert den Drogenkonsum und verkündet für ihre Bürger sehr viele Rechte, deren Umsetzung in der Marktwirtschaft schwierig bis unmöglich ist, wie z.B. das Recht auf „gutes Leben“ und auf Ernährungssicherheit.
Diese Rechte kollidieren natürlich mit den Interessen in- und ausländischer Kapitale, die mit der inzwischen weltweit üblichen Rücksichtslosigkeit gegen Gegenden und ihre Bewohner die natürlichen Ressourcen Ecuadors ausbeuten wollen. Vor allem bei der Ölförderung prallen da Welten aufeinander, bei denen die Landbewohner regelmäßig den Kürzeren ziehen, weil die Förderung und der Export von Öl von grundlegender Bedeutung für Ecuadors Wirtschaft und Staatshaushalt sind.

Der Nachfolger Correas, Lenin Moreno, ist entgegen den in ihn gesetzten Hoffnungen nicht bereit, den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Weg in Richtung Souveränität, Volkswohlstand und Mitbestimmung fortzusetzen. Ganz im Gegenteil. In Ecuador läuft inzwischen ein ähnliches Drehbuch zum Abbau aller Maßnahmen, die irgendwie als volksfreundlich gegolten haben, wie in Brasilien. Nur daß hier diese Wende von jemandem vollzogen wird, der aus dem gleichen Stall kommt wie sein Vorgänger und jahrelang als Mitglied der Regierung Correas alle Überzeugungen des Präsidenten geteilt und alle politischen Schritte mitgetragen hat. Viele Bewohner Ecuadors, sowohl der Eliten als auch anderer Bevölkerungsschichten, erfüllt diese Wende von Paulus zum Saulus mit Verwunderung.
Obwohl er als Kandidat der von Correa gegründeten und geleiteten Partei den Wahlkampf bestritten und die Wahlen mit hauchdünner Mehrheit gewonnen hat, sieht er sich an die Vorgaben seines Vorgängers offensichtlich nicht gebunden. Er entließ verschiedene Minister seiner Partei und besetzte die Posten mit überzeugten Anhängern der freien Marktwirtschaft, des IWF und der USA.

Die Justiz weiß er offenbar auf seiner Seite: Gegen verschiedene Mitglieder der Vorgängerregierung, so auch gegen Correa selbst, wurden unter dem Evergreen „Korruption“ Prozesse eingeleitet. Einer landete bereits im Gefängnis, Correa selbst setzte sich nach Belgien ab, weitere Verfahren sind in Vorbereitung. Den Ex-Mitgliedern seiner Partei, die ausgetreten sind und eine neue Partei gegründet haben, wurde die Registrierung verweigert, damit sie nicht zu den anstehenden Regionalwahlen antreten können.
Unter der Regierung Moreno wurde die Mitgliedschaft in der Wirtschaftsgemeinschaft ALBA und dem Staatenbündnis UNASUR gekündigt.
Mit dem IWF wurde ein umfassendes Sparprogramm vereinbart, um die Schulden Ecuadors „nachhaltiger“ zu machen.
(Der IWF und seine Betreiber und Hintermänner sind total froh, daß sie sich in Lateinamerika wieder breitmachen können. Nach dem Bankrott Argentiniens und bei hohem Ölpreis war diese ehrenwerte Institution eine Zeitlang sehr unpopulär in Südamerika. Aber inzwischen hat er fast überall wieder freie Hand.)
Im Rahmen dieses Programms werden Subventionen für Heizung und Lebensmittel gekündigt und die Entlassung Tausender Beamter in die Wege geleitet, um den „aufgeblähten“ Staatsapparat „abzuspecken“. Das wird auch als „Korruptionsbekämpfung“ verkauft – die meisten dieser Leute machten ohnehin nichts und füllten sich die Taschen.

Stolz verkündet der Finanzminister, daß seither die Investitionen in Ecuador gestiegen sind!
Business as usual ist also inzwischen in Ecuador eingekehrt.

Mit Venezuela wurden die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, der von den USA eingesetzte Usurpator anerkannt und eine Hetzkampagne gegen venezolanische Flüchtlinge gestartet, die angeblich Ecuador überfluten.
Julian Assange wird nahegelegt, doch endlich die ecuadorianische Botschaft zu verlassen. Bald kommt auch USAID wieder ins Land, und wer weiß, vielleicht sogar eine Militärbasis.
Die Verfassung wurde bereits modifiziert, wenn nötig, kann man da auch weitermachen oder eine ganz neue erlassen.
Solche Regierungschefs wie Lenin Moreno kann sich die USA-Regierung nur wünschen. Er wird sicher bald für einen Preis vorgeschlagen, und erhält am Ende seiner Präsidentschaft einen lukrativen Job bei der OAS oder einer US-Institution.
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Zur Wende in Lateinamerika:
KONZESSIONIERTE SOUVERÄNITÄT UND DEREN WIRTSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN UND FOLGEN
Rollback in Lateinamerika: AUS DER TRAUM?

Radiosendung zu Ecuador: Bananen, Öl, Dollar und Souveränität in 2 Teilen (Gesendet: Juli 2019)
https://cba.fro.at/418253
https://cba.fro.at/419416

27 Gedanken zu “Serie „Lateinamerika heute“. Teil 10: Ecuador

  1. Es ist schon scharf, wie die den USA die Schuhe schleckende ecuadorianische Regierung die Verhaftung von Julian Assange ermöglicht hat:
    Sie hat ihm nämlich erstens die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen, die ihm unter der Regierung Correa verliehen wurde. Es mag sein, daß bei der Verleihung auch nicht alles ganz ok war, aber beim Entzug wurde die ecuadorianische Verfassung sicherlich verletzt.
    Außerdem hat Ecuador britschen Bobbys den Zugang zur Botschaft gewährt und ihnen freie Hand für die Verhaftung gegeben. Das ist ein beachtlicher Verzicht auf die diplomatische Immunität so einer Vertretung.
    Bananenrepublik eben. Es scheint der heutigen Regierung Ecuadors nichts auszumachen, sich als solche aufzuführen.
    Der US-Hinterhof kommt voran.

  2. Nachdem wir Cuba vor knapp 2 Jahren 1 Monat lange als Familie gemeinsam und in Privatquartieren bereisten,betrachten wir die “offizielle bzw. APA” presse Berichterstattung immer wieder mit Erstaunen: wie wenig Information und wieviel Meinungsmache aus prefab Medien. Der Standpunkt der USA ist seit über 70 Jahren hinlänglich bekannt. Eigentlich seit der Vertreibung der Spanier von der Insel mit geringer Hilfe eines US Kanonenbootes, nachdem sich die Aufständischen, zum großen Teil ehem. Sklaven unter großen Opfern praktisch schon gegen die Spanier durchgesetzt hatten. Dieser Übergang endete nicht in erwünschter Republik und Demokratisierung sondern in quasi Okkupation durch die USA mit von ihnen gedulteten Chaudillios, die dann mit MAfia, Großgrundbesitzern etc. die Kolonisierung unter anderen Vorzeichen fortsetzten.

  3. Bergbau in Ecuador: Räumung illegaler Siedlung, Unterstützung von Großkonzernen
    Um die 1.200 Militärangehörige und 1.200 Polizisten waren am Dienstag in Begleitung von 40 Vertretern der Staatsanwaltschaft in die abgelegene Region um Buenos Aires gekommen. Sie begannen Siedlungen, die unter den Namen La Feria, La Visera oder aufgrund der provisorischen Errichtung einfach als “Plastikstadt” bekannt wurden, zu räumen. …
    Präsident Lenín Moreno rief für die kommenden 60 Tage den Notstand aus, um nach und nach die illegalen Aktivitäten in den Griff zu bekommen.
    https://amerika21.de/2019/07/228393/referendum-bergbau-ecuador-solgold

  4. Ein wichtiges Infrastruktur-Projekt Ecuadors scheinen nicht so richtig hinzuhauen:

    Chinesischer Staudamm verursacht schwere Erosionen an einem Fluss in Ecuador

    Ein chinesischer Staudamm verursacht schwere Erosionen an einem Fluss in Ecuador. Im Wasserkraftwerk „Coca Codo Sinclair“ sind nicht nur Risse entstanden, die zu einem Rechtsstreit mit „SinoHydro“ geführt haben, sondern es wurden auch Schäden am Rio Coca entdeckt. Das Wasserkraftwerksprojekt „Coca Codo Sinclair“ wurde während der Regierung von Rafael Correa ins Leben gerufen und als das „größte in der Geschichte Ecuadors“ vorgestellt. Das Wasserkraftwerk wurde von der chinesischen Firma „Sinohydro“ gebaut und befindet sich zwischen den Amazonasprovinzen Napo und Sucumbíos. Neben den mindestens 7.000 Rissen in den Turbinenverteilern des Kraftwerks, die zu einem Rechtsstreit zwischen Ecuador und „Sinohydro“ geführt haben, ist der „Coca Codo Sinclair“ eine der Ursachen für die rückläufige Erosion des Coca-Flusses, die nun das „Trans-Ecuadorian Oil Pipeline System“ (SOTE) bedroht. Flußerosion tritt auf, „wenn die Hydrodynamik eines Flusses so stark ist, dass sie die an das Flussbett angrenzenden Ufer und Hänge abträgt und so den ursprünglichen Flusslauf verändert“. Sie wird regressiv, „wenn die Unterspülung das Flussbett abträgt, aber in der entgegengesetzten Richtung zum Flussbett“, so Esteban Terneus, Direktor der School of Environmental Management an der Internationalen Universität von Ecuador, in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2020.

    (…)

    Nach der Fertigstellung des Wasserkraftwerks zeigte die Morphologie des Flusses nach Angaben der Nationalen Polytechnischen Schule „erhebliche Veränderungen“ und eine Erosionsrate von zweiundvierzig Prozent. Cobo, der diese Daten in seiner Veröffentlichung zitiert, weist darauf hin, dass „dies eindeutig die Auswirkungen des Projekts auf die Dynamik des Flusses zeigt, Veränderungen, die im Erscheinungsbild des Flusses in den letzten Jahren offensichtlich sind“. Im April 2020 kam es durch ein erosionsbedingtes Erdloch zum Bruch des Trans-Ecuadorianischen Pipelinesystems und der Schwerölpipeline (OCP). Infolgedessen wurden mehr als 15.000 Gallonen Öl verschüttet, die den Fluss verseuchten und die einheimischen Gemeinden in der Gegend beeinträchtigten. Die Erosion bedroht nun das „SOTE“. Die Regierung arbeitet am Bau der siebten und fünften Variante des Pipelinesystems, um die Pipelines vor Erosion zu schützen. Das private Unternehmen „OCP Ecuador“ ist mit der Verlegung der Pipeline für den Bau der neunten provisorischen Umgehungsstraße beauftragt. Angesichts der fortschreitenden Erosion hat das Unternehmen Präventivmaßnahmen eingeleitet, darunter eine 24-Stunden-Überwachung und einen Plan zur Notentwässerung, falls die Situation dies rechtfertigt.

    (…)

    https://latina-press.com/news/295007-chinesischer-staudamm-verursacht-schwere-erosionen-an-einem-fluss-in-ecuador/

  5. Massaker in Ecuador: Neun Tote bei Angriff auf Fischereihafen

    Mindestens neun Tote und eine unbestimmte Zahl von Verletzten wurden am Dienstag (11.) in einem Fischereihafen in der Gemeinde Esmeraldas (Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordwesten Ecuadors und an der Grenze zu Kolumbien) gemeldet. Der Vorfall ereignete sich am Dienstagmorgen Ortszeit, als eine bewaffnete Gruppe das Feuer auf Fischer eröffnete, die in dem kleinen Hafen ihrer üblichen Arbeit nachgingen. Die Staatsanwaltschaft gab an, dass „etwa 20 schwer bewaffnete Männer an der Tat beteiligt waren“. Lokalen Medien zufolge kam die bewaffnete Gruppe in Booten zu dem Lagerhaus für Meeresfrüchte im Fischereihafen und eröffnete das Feuer auf die Arbeiter. Bislang gibt es keine offizielle Hypothese zu dem Vorfall, aber in den sozialen Netzwerken wird vermutet, dass es sich um eine bewaffnete Erpressergruppe handelt, die versucht, Panik unter der Bevölkerung zu schüren, um sie zur Zahlung von „Vacunas“ (Quoten) oder Erpressungsgeldern für die Sicherheit zu bewegen.Lokale Medien weisen auch auf die Aktion einer Bande von Auftragsmördern oder auf Racheaktionen von Drogenhändlergruppen hin, die häufig Fischerboote für den illegalen Transport von Drogen nutzen.

    Ecuador liegt zwischen Kolumbien und Peru, den wichtigsten Kokainproduzenten der Welt und sieht sich mit einer Zunahme des Drogenhandels und gewaltsamer Todesfälle konfrontiert. Die Mordrate des Landes hat sich im letzten Jahr fast verdoppelt, von 14 pro 100.000 Einwohner im Jahr 2021 auf 25 im Jahr 2022. Der Vorfall ereignet sich auch zu einem Zeitpunkt, zu dem die Nationalversammlung (Parlament) den Präsidenten des Landes, den konservativen Guillermo Lasso, der von der politischen Opposition der Veruntreuung beschuldigt wird, aber auch für die Welle der Unsicherheit im Land verantwortlich gemacht wird, absetzen will.

    https://latina-press.com/news/310749-massaker-in-ecuador-neun-tote-bei-angriff-auf-fischereihafen/

    In Ecuador machen sich anscheinend Zustände wie in Mexiko und Honduras breit, wo bewaffnete Banden mit allen Mitteln irgendwie Einkommensquellen erschließen wollen, so durch „Besteuerung“ von Tätigkeiten aller Art.

  6. 12 tote Häftlinge in einem Gefängnis in Ecuador

    Sie wurden Opfer einer Schießerei in der Nacht von Freitag auf Samstag.

    „Es war ein Besuchstag für Verwandte, meist Frauen, die draußen Schlange standen, um die Kontrollen zu passieren. Viele von ihnen beschweren sich, daß sie sogar gezwungen werden, sich auszuziehen, um sicherzustellen, dass keine verbotenen Gegenstände eingeschmuggelt werden. Dennoch befinden sich in den Gefängnissen von Ecuador vor allem großkalibrige Waffen, Sprengstoffe und illegale Substanzen, wie die von der Polizei durchgeführten Razzien erwiesen haben.
    Die Pavillons sind auf die verschiedenen Gangs verteilt, die das Gefängnis kontrollieren und dort Schützengräben und Checkpoints für ihre eigene Sicherheitskontrolle errichtet haben. (…)

    Ecuador war seit 2021 Schauplatz von 12 Gefängnismassakern. Elf davon ereigneten sich in der Regierung von Guillermo Lasso, bei denen 431 Menschen ums Leben kamen und für die der ecuadorianische Staat Rügen von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission erhalten hat. Seit 2021 ist dies das siebte Massaker in den Gefängnissen von Guayaquil, in denen rund 260 Menschen ermordet wurden.“

    (El País, 15.4.)

  7. Zu Beginn des Wahlkampfs in Ecuador eskaliert die Gewalt: Ein Bürgermeister eines wichtigen Hafens für den Drogenhandel wird ermordet

    Agustín Intriago, Stadtrat von Manta, wurde während der Besichtung von Baustellen erschossen, während in mindestens vier Gefängnissen des Landes Unruhen registriert wurden

    Am Sonntag, dem 23. Juli, wurde der Bürgermeister von Manta, einer Stadt an der ecuadorianischen Küste, einem der wichtigsten Häfen des Landes, 400 Kilometer von Quito entfernt, ermordet. Agustín Intriago, 38, wurde bei einem Rundgang durch einige Abwasseranlagen im Viertel 15 de Septiembre erschossen. Er erhielt sechs Schüsse, hauptsächlich in die Brust. Bei dem Angriff wurden außerdem vier Menschen verletzt und eine junge Frau getötet …

    Die Nachricht schockierte das Land in einem äußerst angespannten Klima aufgrund der Unsicherheit, die alle Ecuadorianer aufgrund der Zunahme von Verbrechen wie Raubüberfällen, Entführungen, Erpressungen und gewaltsamen Todesfällen bedroht, und das alles inmitten eines untypischen Wahlkampfs.

    Der Ort, an dem der Bürgermeister ermordet wurde, ist nicht weniger relevant. Manta ist eine Stadt mit knapp über 250.000 Einwohnern, die in der Provinz Manabí liegt. Es ist ein Hafen, der zum Pazifischen Ozean hin offen ist, daher von Schiffen mit großem Tiefgang angelaufen werden kann und eines der Ausgangstore für Drogen ist, die aus Kolumbien hier und dann ins weitere Ausland gelangen.
    Bis 2009 diente es als Enklave für einen US-Militärstützpunkt, der Luft- und Seeüberwachung durchführte, doch als Rafael Correa an die Macht kam, ließ er ein Verbot von Militärstützpunkten auf dem Territorium in die Verfassung aufnehmen und das Abkommen für den Stützpunkt wurde gekündigt.“

    Man sieht, warum Correa sehr unpopulär bei den USA war.
    So ein Stützpunkt bringt natürlich auch einiges an wirtschaftlicher Tätigkeit mit sich. Es ist begreiflich, daß der Hafen und die Stadt sich dann nach anderen Erwerbsmöglichkeiten umsehen mußten.

    „»Manta ist ein wichtiger Bereich für den Drogentransfer ins Ausland«, erklärt Sicherheitsanalyst Mario Pazmiño. »Das war schon immer«,“

    d.h., auch als die USA dort vor Ort waren.
    Der Drogentransport lief also mit ihrer Duldung bzw. Zusammenarbeit.

    „Ende der 1990er-Jahre wurde die gesamte Küste von Manabí für den Menschenhandel genutzt. Migranten reisten versteckt in den Motoren von Fischerbooten oder in Booten nach Kolumbien oder Mittelamerika, um in die USA zu gelangen.
    Als der Strom der Migranten sich verringerte, wurde die gesamte für den Menschenhandel geschaffene Struktur auf den Export von Kokain umgestellt.
    Einige Jahre später, im Jahr 2012, wurde einer der ersten Beweise für Ecuadors Verbindungen zum mexikanischen Sinaloa-Kartell entdeckt, als der ehemalige Gouverneur von Manabí, César Fernández, mit 115 Kilo Kokain ertappt wurde, das unter dem Siegel dieser kriminellen Vereinigung nach Mexiko geschickt werden sollte.“

    Interessant, daß die verschiedenen Drogenkartelle sich offenbar Verpackungstechniken bedienen, die erstens klarstellen, wer der Besitzer ist und zweitens sicherstellen sollen, daß der zwischenhandel sich nicht daran bedient.

    „Den Behörden liegen Informationen über mindestens zwei weitere Kartelle vor, die in Ecuador operieren würden: Jalisco Nueva Generación und die albanische Mafia.“

    Sieh da, sieh da. Der Balkan-Drogenhandel hat auch vor Ort seine Leute.

    Zur Zeit der Pandemie führte die Stauung der Drogen, die nicht verschifft werden konnten, zu einem Kampf um die Kontrolle des Territoriums zwischen mehreren lokalen kriminellen Banden, die in den Logistikoperationen der Sinaloa- und Jalisco Nueva Generación-Kartelle tätig sind, und derzeit »kommen 700 Tonnen Kokain Überschuß ins Land, und einer der Häfen, über die die meisten Drogen auslaufen, ist Manta«, sagt Pazmiño.“

    D.h., es gibt immer noch Kokain-Lager aus Pandemiezeiten, die abgebaut werden müssen, zusätzlich zu der neuen Ware, die auch verschifft werden muß – was den Kampf um die Nadelöhre, wo sie exportiert werden, verschärft.

    „Das Verbrechen gegen den Bürgermeister von Manta ereignete sich an einem besonders gewalttätigen Wochenende in Ecuador.
    Wenige Stunden vor der Ermordung Intriagos hatte die Regierung in allen Gefängnissen des Landes eine Alarmmeldung wegen möglicher Unruhen ausgelöst. Alles begann am Samstagnachmittag, als im Litoral-Gefängnis in Guayaquil Bomben- und Kugelexplosionen zu hören waren.

    Die von der Behörde des staatlichen Gefängnis-Informationsdienstes (SNAI) herausgegebenen Informationen waren dürftig und sie beschränkten sich auf die Meldung, dass sie »die Kontrolle über das Gefängnis aufrecht ist«, doch die Pressemitteilungen waren unglaubwürdig angesichts der fast 24 Stunden dauernden Schießereien, der aus dem Gefängnis aufsteigenden Rauchsäule und der Videos von enthaupteten und verbrannten Leichen.
    Von Medienberichten bedrängt, berichtete die SNAI am Sonntagnachmittag in einem Dokument, dass sechs Gefangene gestorben sind und elf verletzt wurden. Darüber hinaus wies die Behörde darauf hin, dass Sicherheitsbeamte der SNAI-Gefängnisse in vier Anstalten des Landes »von Gruppen krimineller Organisationen festgehalten werden«, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Sie berichteten lediglich, dass sie sich „in gutem Zustand“ befänden und dass die Gefangenen in zehn anderen Gefängnissen im Hungerstreik getreten sind.“

    (El País, 24.7.)

    Ecuador, so der Eindruck, nähert sich langsam dem Verlust des Gewaltmonopols und Zuständen wie im Kolumbien der 80-er Jahre.
    Kein Wunder, daß der Wahlkampf als „untypisch“ bezeichnet wird. Die politischen Ämter werden unter diesen Umständen immer fragwürdiger und gefährlicher.

  8. Ecuador verhängt nach gewalttätigen Zusammenstößen Ausnahmezustand

    Ecuadors Präsident Guillermo Lasso verhängt nach den gewalttätigen Ausschreitungen vom Wochenende den Ausnahmezustand und nächtliche Ausgangssperren. In den Küstenprovinzen Manabi und Los Rios sowie in der Stadt Duran in der Nähe von Guayaquil gelte der Ausnahmezustand für 60 Tage, die Ausgangssperre werde während dieses Zeitraums variieren, teilte die Regierung am Montag mit.

    (…)

    (Standard, 25.7.)

  9. Ecuador verhängt nach Mord an Präsidentschaftskandidat Ausnahmezustand

    Der 59-jährige Abgeordnete Fernando Villavicencio wurde von Unbekannten erschossen. Ein Tatverdächtiger soll ebenfalls getötet worden sein

     Eineinhalb Wochen vor der vorgezogenen Präsidentenwahl in Ecuador ist der Kandidat Fernando Villavicencio nach einer Wahlkampfveranstaltung in der Hauptstadt Quito getötet worden. Unbekannte feuerten auf den 59-Jährigen, als er am Mittwoch ein Auto bestieg, wie lokale Medien berichteten. Ein Tatverdächtiger sei bei dem Schusswechsel schwer verletzt festgenommen worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Besatzung eines Rettungswagens habe dann seinen Tod bestätigt.

    In dem Land in Südamerika wurde daraufhin der Ausnahmezustand verhängt. Präsident Guillermo Lasso erklärte, dieser würde für 60 Tage gelten. "Die Streitkräfte sind ab sofort im gesamten Staatsgebiet mobilisiert, um die Sicherheit der Bürger, die Ruhe des Landes und die freien und demokratischen Wahlen am 20. August zu gewährleisten", sagte Lasso in einer Ansprache.

    (…)

    (Standard, 10.8.)

    In mehrerer Hinsicht ein Déjà-vu –

    Erstens, der Ausnahmezustand. Sehr viel mehr Möglichkeiten scheint der Präsident nicht zu haben, um irgendwie seine Autorität zu zeigen. Vorher war er lokal begrenzt, jetzt scheint er für das ganze Land zu gelten.
    Es fragt sich, ob sich das überhaupt aufrechterhalten läßt, und wie Wahlen unter diesen Bedingungen vonstatten gehen sollen.

    Zweitens, das ganze Setting. Gefängnisaufstände, Schießereien auf den Straßen und schließlich die Ermordung eines Präsidentschaftskandidaten.
    Das erinnert sehr an Mexiko 1994, das Auftreten der EZLN, die Ermordung Colosios und den Absturz des Peso, der in der Tequila-Krise mündete.

  10. Schon gruselig, wie es in Ecuador zugeht:

    „Die 6 kolumbianischen Killer, denen die Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio vorgeworfen wird, wurden in einem ecuadorianischen Gefängnis ermordet

    Die im Guayaquil-Litoral-Gefängnis festgehaltenen Männer wurden in einem der Gefängnispavillons erhängt aufgefunden.

    Vor wenigen Tagen setzten die USA eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für Hinweise aus, die zur Festnahme der Auftraggeber des Verbrechens an dem Politiker führen. Sie starben eine Woche vor den Präsidentschaftswahlen im Land.

    Die Gefängnisbehörde SNAI berichtete, dass die Opfer »keine Anzeichen von Folter oder Verletzungen infolge eines Kampfes aufwiesen«.
    Obwohl ihre Leichen in Pavillon 7 aufgefunden wurden, wurden die Gefangenen zunächst dem Pavillon 9 zugewiesen und vor fünf Tagen nach Angaben der Polizei in Pavillon 10 verlegt.“

    (El País, 7.10.)

    Die Leute sind also direkt von den Gefängnisbehörden umgebracht worden, offensichtlich im Auftrag der Auftraggeber dieses Mordes.

    Der im Exil lebende Ex-Präsident Correa macht die Regierung von Guillermo Lasso für die Ereignisse verantwortlich: Sowohl für die Ermordung Villavivencios als auch für das Mundtot-Machen der Killer.

  11. In Ecuador scheint das Gewaltmonopol ernsthaft in Frage gestellt zu sein:

    „Bewaffnete stürmen TV-Studio in Ecuador während Livesendung

    Mehrere Medienleute wurden als Geiseln genommen, die Polizei überwältigte die Angreifer und nahm 13 Personen fest. Jetzt soll das Militär Gangs im Land ausschalten

    In Ecuador haben bewaffnete und teilweise maskierte Männer am Dienstag den staatlichen Fernsehsender TC in Guayaquil während einer Livesendung gestürmt. Wie Live-Aufnahmen zeigten, nahmen sie dabei mehrere Journalisten und andere Mitarbeiter als Geiseln. Angesichts der eskalierenden Bandengewalt in Ecuador hat Präsident Daniel Noboa die Streitkräfte ins Gefecht gegen die mächtigen Gangs des südamerikanischen Landes geschickt.

    Die Soldaten sollen Einsätze gegen rund 20 kriminelle Organisationen durchführen, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Dekret. Ecuador befinde sich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen mittlerweile in einem internen bewaffneten Konflikt. Bei den Banden handle es sich um terroristische Organisationen und nichtstaatliche Kriegsparteien, die ausgeschaltet werden sollen, hieß es in dem Dekret weiter. »Alle diese Gruppen sind jetzt militärische Ziele«, sagte Militärchef Jaime Vela.

    Sturm auf TV-Sender

    Kurz zuvor hatten Bewaffnete während einer Live-Übertragung die Räumlichkeiten von TC Televisión gestürmt und hatten mehrere Journalisten und Mitarbeiter als Geiseln genommen. In den Aufnahmen waren Schüsse und Schreie von Menschen zu hören. Die Live-Übertragung wurde nicht unterbrochen, obwohl das Licht am Set ausging. Etwa 30 Minuten nach dem Auftauchen der Bewaffneten war zu sehen, wie die Polizei eintraf. "Polizei, Polizei", rief ein Mann in Uniform. "Wir haben einen verletzten Kollegen", sagte ein Mann.

    Spezialeinheiten der Polizei brachten den Fernsehsender später wieder unter Kontrolle und nahmen 13 Verdächtige fest. Es seien Waffen und Sprengstoff sichergestellt worden, teilte die Polizei mit. Den Festgenommenen werde Terrorismus vorgeworfen.

    Im Regierungssitz Carondelet kam am Dienstag das Sicherheitskabinett zu einer Sitzung zusammen. "Wir werden nicht zulassen, dass terroristische Gruppen den Frieden im Land stören", sagte Präsident Noboa. Laut einem Bericht des Fernsehsenders Ecuavisa patrouillierten Soldaten in gepanzerten Fahrzeugen im historischen Zentrum der Hauptstadt Quito. Bis Ende der Woche sollen alle Schulen des Landes geschlossen bleiben, wie das Bildungsministerium mitteilte.

    Aufstand in Gefängnissen

    Wegen chaotischer Zustände in den Gefängnissen hatte die Regierung des südamerikanischen Landes erst am Montag den Ausnahmezustand verhängt. Kriminelle Banden lieferten sich in den Haftanstalten heftige Auseinandersetzungen und nahmen Wärter als Geiseln. Dem Chef der mächtigen Bande "Los Choneros", Adolfo Macías alias "Fito", und dem Anführer der Gang "Los Lobos", Fabricio Colón Pico, waren dabei laut Gefängnisverwaltung offenbar die Flucht gelungen.

    Die Sicherheitslage in Ecuador hatte sich zuletzt dramatisch verschlechtert. Die Mordrate von rund 46,5 Tötungsdelikten pro 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr war die bislang höchste in der Geschichte des einst friedlichen Andenstaates und eine der höchsten Lateinamerikas. Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio, der gegen die Korruption zu kämpfen versprach, war im August nach einer Wahlkampfveranstaltung erschossen worden.

    Mehrere Banden mit Verbindungen zu mächtigen mexikanischen Kartellen kämpfen um die Kontrolle über die Routen des Drogenhandels. Auch albanische Drogenhändler sollen mittlerweile mitmischen. Ecuador ist ein wichtiges Transitland für Kokain aus Südamerika, das in die USA und nach Europa geschmuggelt wird.“

    (Standard, 10.1.)

    Es ist interessant, wie über dergleichen Ereignisse inzwischen berichtet wird: Die „Sicherheitslage“ habe sich verschlechtert.

    Es handelt sich also um eine „Lage“, die entstanden ist und auf die die Regierung reagieren muß. Die Ursachen sind in dieser Sichtweise nur ein Aufeinandertreffen unseliger Umstände, die Berichterstattung bleibt rein beschreibend, Erklärungen sucht man vergebens.

    Die gesellschaftlichen Erscheinungen – Armut, Kriminalität, Frauenmorde usw. – werden ähnlich aufgefaßt wie Naturkatastrophen oder Klimawandel: Herausforderungen an die Politik, mit ihnen umzugehen.

  12. Ecuador will russische Waffen, die unter einer früheren Regierung (vermutlich unter Correa) eingekauft wurden, gegen neuere US-Waffen tauschen – wahrscheinlich, um sie in die Ukraine zu schicken, wo sie sie bedienen können.

    Ecuador wird dabei vermutlich schlecht aussteigen, aber die jetzige Regierung Noboa schleckt den USA die Schuhe.
    Für die USA liegt ein Kollateral-Nutzen darin, zwischen Ecuador und Rußland einen weiteren Keil zu treiben, weil die Russen sind darüber natürlich sauer.

  13. Ecuador übergibt die russischen Hubschrauber und andere Geräte, die seinerzeit für das ecuadorianische Heer – oder die Polizei? – angeschafft wurden, doch nicht den USA.

    Rußland hatte für den Fall mit einem Bananenembargo gedroht, mit Berufung auf irgendwelche Bakterien in einer Bananenlieferung.

    (KP, 17.2.)

    Außerdem dürfte ausschlaggebend sein, daß Ecuador die Geräte selber zur Verbrechensbekämpfung benötigt und die USA auch zuwenig zahlen oder bieten dürften.

  14. „Ecuadors Ex-Vizepräsident in mexikanischer Botschaft festgenommen

    Sicherheitskräfte stürmten die mexikanische Vertretung in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Mexiko bricht die diplomatischen Beziehungen ab

    Sicherheitskräfte in Ecuador sind in die mexikanische Botschaft eingedrungen und haben dort den ehemaligen ecuadorianischen Vizepräsidenten Jorge Glas festgenommen. Das teilten die Regierungen beider lateinamerikanischen Länder am Freitag (Ortszeit) mit. Mexiko breche mit sofortiger Wirkung die diplomatischen Beziehungen zu Ecuador ab und werde den Internationalen Gerichtshof anrufen, erklärte Außenministerin Alicia Bárcena.

    Seit Monaten in mexikanischer Botschaft

    Der wegen Korruption gesuchte Glas hatte sich seit Monaten in der Vertretung Mexikos in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito aufgehalten. Das mexikanische Außenministerium hatte mitgeteilt, Glas Asyl gewähren zu wollen. Aus dem Außenministerium des südamerikanischen Ecuador hieß es daraufhin, das verstoße gegen internationale Abkommen. Gegen Glas liege ein Haftbefehl wegen Veruntreuung vor, ihm werde die Ausreise nicht genehmigt.

    Glas war in der zweiten Amtsperiode des linken Präsidenten Rafael Correa (2013-2017) – der inzwischen wegen Korruption verurteilt wurde und im Exil in Belgien lebt – sowie zu Beginn der Amtszeit von dessen Nachfolger Lenín Moreno (2017-2021) Vizepräsident von Ecuador. Ende 2017 wurde er für schuldig befunden, Bestechungsgeld angenommen und dafür öffentliche Aufträge an den brasilianischen Konzern Odebrecht vergeben zu haben. Er wurde in mehreren Korruptionsverfahren zu insgesamt acht Jahren Haft verurteilt. Vor zwei Jahren wurde er wegen der schlechten Sicherheitslage in Ecuadors Gefängnissen frühzeitig freigelassen.

    Eskalation mit Ansage

    Erst am Donnerstag hatte die ecuadorianische Regierung des konservativen Präsidenten Daniel Noboa die mexikanische Botschafterin zur unerwünschten Person erklärt. Grund war eine Andeutung des linkspopulistischen mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador, der Mord an dem Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio vergangenen August in Ecuador habe zu Noboas Wahlsieg im Oktober beigetragen.“

    (Standard, 6.4.)

    Eine solche Aktion wirft ein sehr bezeichnendes Licht auf den Zustand Ecuadors.

    1., der Machtkampf im Inneren nimmt zu, wenn es so wichtig wird, die Correa-Richtung um jeden Preis zu zerstören
    2. Ein Bruch mit Mexiko und eine solche Aktion isoliert Ecuador international, was aber von der Noboa-Regierung offenbar in Kauf genommen wird.

  15. „Nach Sturm auf Mexikos Botschaft in Quito: Druck auf Ecuador wächst

    Ecuadors Ex-Vizepräsident wurde in der Botschaft festgenommen. Mexiko und Nicaragua brechen ihre diplomatischen Beziehungen zu Ecuador ab. Die Uno reagierte "alarmiert" (…)

    UN-Generalsekretär António Guterres habe "alarmiert" auf den Vorfall in Quito reagiert, hieß es am Wochenende in New York. Auch Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Kuba, Peru und Venezuela übten Kritik. Nach Mexiko brach auch Nicaragua seine Beziehungen zu Ecuador ab. (…)“

    (Standard, 6.4.)

  16. „OAS und Celac verurteilen Sturm auf mexikanische Botschaft in Quito

    Ecuador versucht erfolglos sich zu rechtfertigen. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Celac einberufen. Glas im Hungerstreik

    Mit deutlichen Worten hat Luis Almagro, Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), das gewalttätige Eindringen ecuadorianischer Sicherheitskräfte in die Botschaft Mexikos in Quito am Freitag vergangener Woche verurteilt.

    "Es besteht kein Zweifel daran, dass das Vorgehen der ecuadorianischen Behörden gegen den diplomatischen Sitz Mexikos die grundlegenden Prinzipien der internationalen Rechtsordnung ernsthaft beeinträchtigt", so Almagro. (…)

    Nachdem sich innerhalb kurzer Zeit viele Regierungen der Region mit Mexiko solidarisierten, hat die ecuadorianische Führung in dieser Woche auf zwei Sondersitzungen der OAS und einem außerordentlichen Treffen der Außenminister:innen der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac), ihrer Auffassung der Ereignisse dargelegt. Glas sei ein Krimineller, gegen den mehrere Urteile und ein offenes Verfahren vorlägen. Mexiko habe sich daher in interne Angelegenheiten Ecuadors eingemischt, so die Argumentation.

    Mexikos Außenministerin Alicia Bárcena erklärte dagegen, dass Glas "eine politisch verfolgte Person ist oder sein könnte". Die mexikanische Regierung hatte ihm daher politisches Asyl gewährt.

    Glas, der als eines der Symbole des "Lawfare" in Ecuador gilt, wurde 2017 wegen angeblicher Korruption verurteilt. Nachdem er 2022 einen Teil seiner Haftstrafe verbüßt hatte, wurde er auf Bewährung entlassen. Diese sollte Ende 2023 aufgehoben werden, woraufhin er in die mexikanische Botschaft flüchtete und Asyl beantragte. Im Januar 2024 wurde ein weiterer Haftbefehl gegen ihn erlassen. Ihm wird vorgeworfen, nach der Erdbebenkatastrophe von 2016 öffentliche Gelder veruntreut zu haben.

    Auf dem Treffen der Celac verurteilten 19 von 20 der Anwesenden die Vorgehensweise des Landes. Für den 16. April ist ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der Celac geplant. Xiomara Castro, Präsidentin von Honduras und derzeitige Vorsitzende des Gremiums, hat angekündigt, dass auf diesem Gipfeltreffen mögliche Strafmaßnahmen gegen Ecuador geprüft werden sollen.

    Auf der zweiten Sondersitzung der OAS am Mittwoch wurde eine von Kolumbien und Bolivien eingebrachte Resolution bei nur einer Gegenstimme – der von Ecuador – verabschiedet.

    Die Resolution verurteilt "das Eindringen in die Räumlichkeiten der mexikanischen Botschaft in Ecuador […] auf das Schärfste" und fordert Ecuador und Mexiko auf, die Angelegenheit im Einklang mit dem Völkerrecht konstruktiv zu lösen. Alle Mitgliedsstaaten werden aufgerufen, die Immunität der diplomatischen Missionen und das Asylabkommen von 1954 zu respektieren.

    Weiter heißt es darin, diplomatische Botschaften dürften nicht anders genutzt werden, als diese Abkommen sowie das Völkerrecht es vorsehen und ihre Mitglieder dürften sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Gastlandes einmischen.

    Nach anfänglichem Zögern haben inzwischen auch die USA das Vorgehen der Regierung Noboa scharf verurteilt. (…)“

    (amerika21, 13.4.)

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