Pressespiegel Moskovskij Komsomoljets, 20.11.: Machtübergabe in Washington

„ABSPRACHE ZWISCHEN TRUMP UND BIDEN: EINE VERSION, DIE ALLES ERKLÄRT

Die scheidenden und neuen US-Präsidenten spielen gegenüber Moskau den guten und den bösen Polizisten

Am Ende seiner Präsidentschaft genehmigt Biden Angriffe mit westlichen Langstreckenwaffen auf den russischen Rücken, um die Pläne seines Nachfolgers, einen Deal mit Moskau abzuschließen, zu zerstören – das ist die offiziell anerkannte Version der Entscheidung des scheidenden Chefs der USA.

Aber das ist nicht die einzig mögliche Erklärung für das, was jetzt vor unseren Augen geschieht. Eine geheime Verschwörung zwischen zwei amerikanischen Führern, ihre gemeinsame Entscheidung, mit dem Kreml gute und böse Polizisten zu spielen – auf den ersten Blick sieht diese Version wie etwas völlig Unglaubliches aus. Beschäftigt man sich jedoch nicht mit Oberflächlichkeiten, sondern mit einer tiefgreifenden Systemanalyse, dann muss auf den »ersten Blick« zwangsläufig ein zweiter, ein dritter und ein vierter folgen. Und mit jedem neuen Blick erscheint mir die Version der »ausgehandelten Vereinbarung« immer überzeugender.

Auszug aus der offiziellen Niederschrift des Treffens zwischen den beiden amerikanischen Staats- und Regierungschefs vom 13. November, veröffentlicht vom Weißen Haus.

Präsident Biden: »Nun, Herr gewählter Präsident und ehemaliger Präsident …«
Präsident Trump: »Vielen Dank, Joe!«
Präsident Biden: »Donald, herzlichen Glückwunsch!«
Präsident Trump: »Vielen Dank.«
Präsident Biden: »Ich freue mich, wie wir gesagt haben, auf einen reibungslosen Machtwechsel – ich werde alles tun, was ich kann, um sicherzustellen, dass Sie alles haben, was Sie brauchen. Heute haben wir die Gelegenheit, einiges davon zu besprechen.«

Die bewusste Herzlichkeit der beiden Politiker, die sich erst kürzlich gegenseitig mit Schlamm beworfen haben, mag gespielt wirken. Dies muß aber gar nicht sein – oder spiegelt zumindest nicht das volle Ausmaß des Geschehens wider.
Zu diesem Zeitpunkt hatten Biden und Trump einfach nicht mehr mitzuteilen. Einige politische Kämpfe sind bereits ausgefochten, andere haben noch nicht begonnen. Was die beiden US-Präsidenten trennt, ist vorübergehend (und, das muss hinzugefügt werden, teilweise) in den Hintergrund gerückt. Aber was sie verbindet, trat in den Vordergrund: ihr gemeinsamer Glaube an den absoluten Vorrang amerikanischer Interessen.
Ja, in Bezug auf die Ausrichtung der US-Politik gegenüber Rußland wollten und wollen Biden und Trump diesen Vorrang mit unterschiedlichen Methoden sicherstellen. Der scheidende US-Präsident ist ein Befürworter harter Drucktaktiken, und sein Nachfolger bekräftigt an jeder Ecke seine Bereitschaft, »einen Deal mit Putin zu machen«.

Aber man sollte Trump nicht für einen »guten Lasch« halten, der im Sinne des Katers Leopold denkt: »Leute, lasst uns miteinander auskommen!« Trump ist ein harter und berechnender Geschäftsmann, der Geschäfte möglichst aus einer Position der Stärke heraus abschließt. Er versteht eine unter russischen Geschäftsleuten so beliebte Geschäftspraxis wie »Detailansicht – Perspektive« voll und ganz.“

Damit ist gemeint, daß man sich einmal mit bestimmten einzelnen Aspekten einer Transaktion befaßt und dann wieder aus der Entfernung das Gesamtszenario analysiert.

„Außerdem ist die Situation für ihn sehr vorteilhaft, wenn der »böse Polizist« Joe Biden, der seine politische Karriere beendet, die »Detailarbeit« macht. Trump hat dadurch die Möglichkeit, als sein Gegenspieler das Bild des »guten Polizisten« zu verkörpern – oder zumindest eines Politikers, für den die ganze »Drecksarbeit«, d.h. der zunehmende Druck auf Russland bereits erledigt ist.

Solange der Inhalt des informellen Teils des Gesprächs zwischen Biden und Trump am 13. November nicht bekannt ist, ist eine solche Interpretation der Situation natürlich nicht beweisbar.
Sicher ist nur, dass die beiden US-Präsidenten im Rahmen der Gewährleistung einer »reibungslosen Machtübergabe« auch über die Ukraine-Krise diskutierten. Aber gerade das sollte meines Erachtens als Bestätigung der Richtigkeit meiner Theorie angesehen werden. Biden ist ein Mann des Systems, ein Mann der Tradition. Und eine der informellen amerikanischen politischen Traditionen lautet wie folgt: Der scheidende US-Präsident sollte unter keinen Umständen den gewählten US-Präsidenten untergraben oder bloßstellen – auch wenn dieser »Gewählte« im Wahlkampf sehr schmutzig und völlig »gegen die Regeln« gespielt hat.

Betrachten wir zum Beispiel die politische Intrige hinter den Kulissen des Wahlkampfs von 1968. Der scheidende US-Präsident Lyndon B. Johnson erkannte, dass es nicht möglich sein würde, den Krieg, den er in Vietnam begonnen hatte, mit einem militärischen Sieg zu beenden.
Johnson forderte das proamerikanische Regime in Saigon und das gegnerische Regime in Hanoi dazu auf, Friedensverhandlungen aufzunehmen. Inwieweit dies getan wurde, um dem Blutvergießen ein Ende zu setzen, oder inwiefern bloß Johnsons Parteifreund, dem damaligen Vizepräsidenten und Kandidaten für die neue amerikanische Führung, Hubert Humphrey, dabei geholfen werden sollte, die Wahl zu gewinnen, ist immer noch eine umstrittene Frage. Historiker betrachten jedenfalls diesen Schritt Johnsons als erwiesenes Faktum.

Um zu verhindern, dass die Demokraten als Friedensstifter auftreten, schickte der republikanische Präsidentschaftskandidat Richard Nixon seine geheime Abgesandte nach Saigon, die einflussreiche Gesellschaftsdame Anna Chennault.

Ihre Aufgabe bestand darin, die südvietnamesische Regierung davon zu überzeugen, Johnsons Vorschlag nicht zuzustimmen. Helfen Sie Nixon, die Wahl zu gewinnen – und er wird Ihnen im Gegenzug helfen! Die Behörden von Saigon stimmten natürlich gerne zu. Nixon gewann die Wahl.
Johnson wusste alles über die Intrige des republikanischen Kandidaten, hielt sie für einen Akt des Verrats und beklagte sich gegenüber seinen Vertrauten, dass Nixon »Blut an seinen Händen« habe. Doch um einen stabilen Machtwechsel zu gewährleisten, ballte der scheidende Präsident seine Gefühle zur Faust und hielt die Geschichte geheim. Dies nennt man den überparteilichen Charakter der amerikanischen Außenpolitik, der bereits 1968 vorhanden war und auch im Jahr 2024 nicht verschwunden ist.

Ein weiteres Argument für meine Theorie. Trump ist nicht der Typ Mensch, der schweigt, wenn er denkt, dass er bei irgend etwas etwas hereingelegt worden wäre. Wenn der gewählte Präsident der USA empört und wütend ist, führt dies schnell zu einem saftigen Post auf seinem Twitter-Account. Aber er hat dort nichts verlautbart. Es scheint, dass »Freund Donald« meint, dass sich alles genau nach Plan entwickelt.“

Eine Bilanz des Ukrainekriegs, ab November 2024

UNANGENEHME; ABER VORAUSSEHBARE ENTWICKLUNGEN

Voraussehbar nur für den, der nicht von Wunschdenken geleitet wird …

1. Die Lage in der Ukraine selbst

Seit 2023 rücken die russischen Truppen auf allen Frontabschnitten vor. Mit der Einnahme von Selidowe ist der Weg frei nach Pokrowsk. Auch an den anderen Frontabschnitten stehen die ukrainischen Truppen auf verlorenem Posten. Tschasow Jar, Sewersk, Kurachowe stehen kurz vor dem Fall. Damit überwinden die russischen Truppen die mit Bunkern ausgebaute ukrainische Verteidigungslinie und können ab da ziemlich ungehindert vorrücken. Mit dem Fall von Ugledar wurde auch im Süden eine wichtige Verteidigungsbastion überwunden.

Mit der ukrainischen Invasion nach Kursk wurde von ukrainischer Seite der Versuch unternommen, die bedrängten Frontabschnitte zu entlasten und gegenüber der NATO einen militärischen Erfolg vorzuweisen. Auf lange Sicht war das allerdings auch ein Schuß ins Knie, weil für diesen Schritt von anderen Frontabschnitten Truppen abgezogen werden mußten, die dort jetzt fehlen.
Die russische Armee läßt sich Zeit beim Bekämpfen der ukrainischen Truppen in Kursk, weil sie die dortigen ukrainischen Truppen binden und an der Rückkehr an andere Frontabschnitte hindern wollen.
Inzwischen wurden nordkoreanische Soldaten für diesen Frontabschnitt herbeigeholt.
Nordkorea ist nämlich sehr interessiert daran, seine Elitesoldaten einmal tatsächlich im Kampf auszuprobieren. Im Rahmen der neuen wiederbelebten Freundschaft mit Rußland gefällt ihnen die Möglichkeit, auch Südkorea damit zu drohen, daß sie über wirkliche Kampfmaschinen verfügen, die zu wahren Wundertaten fähig sind. Es ist sehr wahrscheinlich, daß bei der Rückeroberung der Provinz Kursk eine ziemliche Schlächterei unter den ukrainischen Truppen stattfinden wird. Was auch westliche Söldner betreffen könnte, die dort angeblich auch im Einsatz sind.

Mit dem Nachschub an Waffen schaut es auch schlecht aus. Niemand wollte die teuren Patriot-Systeme liefern, vor allem, nachdem die russische Armee 2 oder 3 von ihnen zerstört hat. Außerdem wurde mit einem dieser Systeme von ukrainischer Seite eine der wenigen F-16 abgeschossen, was sowohl das F-16-Experiment als auch die Patriot-Lieferungen ziemlich abrupt gestoppt hat. Die Ukraine erhält also inzwischen nur noch Munition, und auch die sehr begrenzt. Panzer erhält sie praktisch keine mehr.

Ebenso ist inzwischen auch in westliche Medien vorgedrungen, daß die Desertionen in der ukrainischen Armee zunehmen. In russischen Medien konnte man schon früher darüber lesen, daß die ukrainischen Zwangsrekrutierten, die auch inzwischen fast keine Ausbildung mehr erhalten, bei der ersten besten Gelegenheit abhauen, wenn sie nicht von ukrainischen, sogar ausländischen Soldaten daran gehindert werden.
Inzwischen kann man sogar in ukrainischen Publikationen über das Phänomen lesen – auch darüber, daß viele Soldaten vom Heimaturlaub nicht mehr an die Front zurückkehren, weil sie die Nase voll haben von der aussichtlosen Vaterlandverteidigung.
Dazu kommt, daß die sich Rekrutierungsabteilungen, die seit geraumer Zeit eine wahrhaftige Menschenjagd auf Wehrpflichtige unternehmen, wachsendem Widerstand gegenüber sehen. Auch darüber gibt es Berichte, daß von diesen Abteilungen immer mehr Leute abhauen.
Bisher war nämlich dieser Job gefragt: Erstens wurde man selbst nicht eingezogen, zweitens konnte man sich an denjenigen Zahlungen bereichern, mit denen die Wehrpflichtigen sich dem Wehrdienst entzogen. Inzwischen fragen sich jedoch die Mitglieder dieser Rekrutierungsabteilungen, was mit ihnen nach einem möglichen Sieg der russischen Armee geschieht?

2. Das internationale Panorama

Dort ist inzwischen einiges geschehen.

Erstens haben sich die meisten Staaten der Welt nicht den von den USA und der EU verhängten Sanktionen angeschlossen. Das hat von Anfang an, also seit Februar 2022, gezeigt, daß die NATO und der „Globale Westen“ nicht besonders populär sind.

Auch der Ausschluß Rußlands aus dem SWIFT-System hat sich nicht als Wunderwaffe erwiesen, sondern dazu geführt, daß andere Zahlungsformen entwickelt wurden. Am Ende vom Tag wird das ganze SWIFT-System dadurch entwertet und auf immer weniger Partner zurückgeschrumpft. Auch hier hat sich der Westen ins Knie geschossen und humpelt seither, weil immer mehr Geschäfte außerhalb dieses Systems getätigt werden.

Außerdem kommt das BRICS-System voran. Immer mehr Staaten wollen diesem Bündnis beitreten. Nur deshalb wird diesem Begehr von Seiten der BRICS-Staaten nicht entsprochen, weil die bisherigen Mitglieder daran arbeiten, dieses Bündnis erst überhaupt zu etablieren.
Die Vorstellung der multipolaren Welt, innerhalb derer das BRICS-System funktionieren könnte bzw. deren Grundlage es bilden sollte, will erst einmal auf solide Grundlagen gestellt werden.

Im Zuge dessen sollten wichtige Mitglieder, wie China und Indien, erst einmal ihre Gegensätze arrangieren. Grenzstreitigkeiten müssen begraben werden.
Im Falle des Iran stehen Fragen der Art an, wie die restlichen BRICS-Staaten zu den Angriffen Israels stehen. Heißt so ein Staatenbündnis auch, daß man einander militärisch beisteht? Oder genügen ökonomische Maßnahmen, wie eine wirtschaftliche Blockade?

Schließlich treten auch Staaten wie Nordkorea, Vietnam, Laos oder die Mongolei in den Vordergrund, um Rußlands und Chinas Interessen zu befördern. Sei es militärisch oder ökonomisch, um außerhalb des SWIFT-Systems Handel zu treiben und als Transit-Staat zu fungieren, sei es, um militärische Kooperation zu betreiben, oder um aus strategischen Lagen zu profitieren. Alte Völkerfreundschaften werden neu belebt und neue geschaffen, wie mit Sri Lanka oder Myanmar.
Alle diese Staaten eilen begierig in Richtung BRICS, um der Umarmung der USA oder des IWF zu entkommen. Sie haben also zunächst ein rein negatives Interesse.

Ein eigenes Kapitel ist Afrika, wo mehrere Staaten um die Vorherrschaft rittern. Südafrika, Ägypten, Algerien und Nigeria würden sich gerne als Führungsmacht bzw. wenigstens regionale Vormacht etablieren. Auf diesem Kontinent ist noch gar nichts entschieden, aber China und Rußland haben als neue Schutzmächte die Nase vorn.
Die Frage ist vor allem, wie weit die Marktwirtschaft dort der Motor der Entwicklung wird und inwiefern das Kreditsystem der chinesischen Schanghai-Entwicklungsbank die Regierungen der afrikanischen Staaten befriedigen wird.

Schließlich kommen hinzu die US-Wahlen. Sogar wenn Kamala Harris gewinnen sollte, wird angesichts des traurigen Bildes, das sich an der ukrainischen Front herauskristallisiert, die Unterstützung aus den USA bald aufhören. Es fehlt einfach die Perspektive für weitere Unterstützung.
Gewinnt Trump, so werden die USA recht geschwind aus dem schiefgegangenen Abenteuer Ukraine aussteigen.

In beiden Fällen muß die EU überlegen, wie sie weiter mit diesem Klotz am Bein umgehen will – noch mehr, wenn die russische Armee wirklich gewinnt.

Pressespiegel Moskovskij Komsomoljets, 2.9.: Neues aus der Welt außerhalb des SWIFT-Systems

„DIE KRYPTOBEZIEHUNGEN ZWISCHEN RUSSLAND UND CHINA SIND BEDROHT

Es gibt nur einen Ausweg: Tauschhandel

Am 1. September tritt das Mining-Gesetz in Kraft, das versuchsweise die Verwendung von in der Russischen Föderation hergestellten Kryptowährungen für internationale Zahlungen erlaubt. Bei der Abfassung des Gesetzes hatten die Juristen China im Auge, das aufgrund der Sanktionen Banküberweisungen nicht durchführen will.

Es scheint jedoch, daß die Situation mit Hilfe von Kryptowährungen nicht gelöst werden kann: Der Oberste Gerichtshof und die Oberste Staatsanwaltschaft der Volksrepublik China haben kürzlich die Verwendung virtueller Währungen zu einer »Methode der Geldwäsche« erklärt, und Verstöße mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bedroht.“

China hat natürlich Bitcoin usw. im Auge, von denen es seine Geldhoheit bedroht sieht.
Außerdem fand eine Menge Bitcoin Mining in China statt, das jedoch irgendwann verboten wurde. China will diesen ganzen Krypto-Scheiß aus seinem Territorium draußen haben.

„Handelsprobleme mit China begannen Anfang 2024, nachdem die Regierung von Joe Biden chinesischen Finanzinstituten mit Sekundärsanktionen gedroht hatte.

Große Banken waren die ersten, die Zahlungen aus der Russischen Föderation einstellten, da für sie der Verlust des amerikanischen Marktes, wenn nicht gleich den Zusammenbruch, aber doch große Schwierigkeiten verursacht hätte.
Nach und nach schlossen sich ihnen jedoch kleine regionale Strukturen an, die es zuvor nicht so genau genommen hatten. Die Situation verbesserte sich auch nicht nach dem Besuch von Putin in China, bei dem die höchste aller möglichen Ebenen der Partnerschaft zwischen den beiden Ländern bekräftigt wurde. Auch die jüngsten Verhandlungen mit dem Vorsitzenden des Staatsrates der Volksrepublik China, Li Qiang, bei viele pompöse Worte über die von Tag zu Tag wachsende Völkerfreundschaft gesprochen wurden, brachte keinen Durchbruch.

Vertreter der russischen Wirtschaft behaupten, daß mittlerweile 98 % der chinesischen Banken eine Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation verweigern. Die im Juni überwiesenen Zahlungen wurden nirgendwo gutgeschrieben, sind aber noch nicht angekommen. Darüber hinaus fordert China seit Anfang August die als Vermittler fungierenden Banken der VAE auf, keine Zahlungen für von russischen Gegenparteien gekaufte Geräte und elektronische Komponenten zu leisten. Der Grund ist in diesem Fall nicht finanzieller Natur, sondern hängt auch mit drohenden Sanktionen zusammen.

Der Kreml ist sich der Problematik bewußt, macht jedoch nicht Peking dafür verantwortlich. »Wir verfügen über ein mehr als solides Volumen an Handels- und Wirtschaftsbeziehungen. Bei solchen Mengen und einem solch unfreundlichen Umfeld treten notgedrungen Probleme auf. Aber die wirklich gute partnerschaftliche Atmosphäre unserer Beziehungen ermöglicht es uns, aktuelle Probleme sehr konstruktiv zu lösen und zu diskutieren«, sagte Dmitri Peskow kürzlich.
Offenbar erwartete die russische Seite eine Lösung des Problems der Abrechnung mit dem Ausland durch digitalen Währungen.

Am 1. September tritt in Russland ein Gesetz zum Krypto-Mining in Kraft, in dem sich einer der Artikel mit der Verwendung von Kryptowährungen im internationalen Handel befasst.“

Man fragt sich, was dieses Gesetz eigentlich reguliert?
Das „Krypto-Mining“ ist eine sehr energieintensiver Versuch, diesen virtuellen Währungen so etwas wie einen Wert zu verleihen – der durch Mathematik und Energie-Verbrauch sozusagen beglaubigt werden soll.
Was hat Rußland diesbezüglich vor? Will es auch Energie und Mathematik investieren, um eine glaubwürdige Kryptowährung hervorzubringen?
Das ganze Projekt bleibt rätselhaft, weil die Kryptowährungen sind ja ein Versuch, durch Schein-Wertschöpfung den staatlichen Währungen Konkurrenz zu machen.
Aber wenn ein Staat selber eine Kryptowährung schaffen will, wie geht er dann vor?

„Schon in der Vorbereitungsphase dieses Dokuments hieß es, daß die Verwendung von Kryptowährungen es ermöglichen werde, »den … Sanktionsdruck des Westens auszugleichen« und SWIFT und SPFS zu ersetzen, was »besonders wichtig sei im Zusammenhang mit der Ablehnung von sei Banken sogar aus befreundeten Ländern (lies: China), Zahlungen aus Russland zu akzeptieren.«

Ohne solche Mechanismen drohe der exportorientierten Wirtschaft eine »Zerstörung«, warnte der erste stellvertretende Chef der Zentralbank, Wladimir Tschistjuchin. Erinnern wir uns daran, daß sowohl die Zentralbank als auch das Finanzministerium früher glühende Gegner der Kryptowährung waren, aber wie man sagt: tempora mutantur e nos mutamur in illis (»Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen« – lateinisch).“

Das alles, Wunschdenken hin und Notwendigkeiten her, löst weder das Problem, wie eigentlich eine Kryptowährung überhaupt geschaffen werden, und zweitens, wie die im internationalen Zahlungsverkehr eingesetzt werden soll.
Arbeitshypothese: Kryptowährungen und staatliche Akteure schließen einander aus.
(Eine andere Angelegenheit ist die Bemühung El Salvadors, bestehende Kryptowährungen für staatliche Zwecke einzusetzen. Auch dort sind die Erfolge spärlich.)

„Allerdings müssen ausländische Partner, die sekundäre, tertiäre und andere Sanktionen befürchten (und es besteht kein Zweifel, daß sie früher oder später folgen werden), noch von den offensichtlichen Vorteilen der Kryptowährung überzeugt werden, wie Vertreter russischer Finanzinstitute bekräftigen.

Und im Fall Chinas scheint dies nicht die einfachste Aufgabe zu sein. Im Himmlischen Imperium hatten sie nie eine Freude mit Kryptowährungen. Allerdings wurden Transaktionen, die beispielsweise über Hongkong abgewickelt wurden, bis vor kurzem nicht strafrechtlich verfolgt. (Bloomberg berichtete zuvor, daß russische Rohstoffunternehmen, die eine der bekannten Kryptowährungen verwenden, auf solche Zahlungen zurückgegriffen haben.)

Am 19. August verschärften jedoch der Oberste Volksgerichtshof und die Oberste Volksstaatsanwaltschaft der Volksrepublik China ihre Position und gaben bekannt, daß ab sofort die Verwendung digitaler Währungen und anderer virtueller Vermögenswerte »als Methode der Geldwäsche« betrachtet wird. Personen, die an solchen Operationen beteiligt sind, müssen mit bis zu 10 Jahren Gefängnis rechnen. Lagen die Kryptowährungen zuvor in einer »Grauzone«, gibt es laut Anwälten nun keinen Interpretationsspielraum mehr. Und da in China alles, was in der digitalen Welt passiert, vom Staat sorgfältig überwacht wird, ist es besser, nicht einmal nach Schlupflöchern zu suchen. Sie können für immer einen »schwarzen Fleck« bekommen.“

China sieht offensichtlich die Kryptowährungen als eine Bedrohung seiner Finanzhoheit und als ein Schlupfloch für Kriminalität an.

„Wenn Bankzahlungen eingestellt wurden und Zahlungen in Kryptowährungen für alle Parteien mit großen Problemen verbunden sind, wie soll dann der Handel abgewickelt werden?
Experten sagen allen Ernstes: durch Tauschhandel. Für diejenigen, die dieses Wort aus der frühneuzeitlichen Geschichte der Russischen Föderation vergessen haben, erinnern wir Sie daran: Dies ist, wenn man für ein Fass Öl eine Tüte Getreide oder für einen Karren Kohle eine Kiste Chips gibt.
Die Frage ist, wie man äquivalente Volumina von beiden finden kann. Und brauchen Ölverkäufer tatsächlich Getreide? Natürlich ist es möglich, Vermittlungsstrukturen zu schaffen, die in China nach Waren suchen, mit den Chinesen darüber verhandeln, was sie wirklich von der Russischen Föderation benötigen, die entsprechenden Einkäufe tätigen und einen Umtausch durchführen.

Dies sind jedoch sehr komplexe Systeme und hohe Kosten. Das bedeutet, daß die Waren, die aus China nach Russland kommen – und das ist eine riesige Bandbreite von Bohrinseln bis hin zu Schulmäppchen – noch einmal deutlich teurer werden.“

Einmal sehen, ob sich nicht doch andere Modalitäten finden, aber die werden dann nicht mehr im MK veröffentlicht.
Z.B. ein neues vermittelndes Land, dessen Banken keine Sanktionen fürchten müssen.
Oder aber, das Ganze ist ein Versuch, von anderen Zahlungsformen abzulenken.