Pressespiegel El País, 23.8.: Details zu den Attacken auf die Krim-Brücke

ZU LEISTUNGEN AUFGEBLASENE ERSATZ-AKTIONEN?

Der Umstand, daß die ukrainische Führung sich jetzt zu ihren Attentaten auf die Krim-Brücke bekennt, und auch der Umstand, daß F-16 geliefert werden dürfen, könnte so verstanden werden, daß die westlichen Allierten ihnen immer mehr gestatten, meint der Autor des Artikels.
(Diese Großzügigkeit kann auch als Ersatz für Unterstützung verstanden werden, die nicht mehr stattfindet.)

Der derzeitige SBU-Chef Maliuk beschrieb das ganze genau in CNN.
Vorher war beides deswegen ein Tabu, weil die NATO nicht zu offen selbst in die Konfrontation eintreten wollte.
(Inzwischen will sie das aus anderen Gründen auch nicht mehr, – weil sich herausgestellt hat, daß den Russen ohne WK III nicht beizukommen ist.)

Allerdings behaupten die Ukrainer, sie hätten das alles selbst gemacht, was natürlich ganz unglaubwürdig ist. (So wird auch mehr oder weniger publik gemacht, wie sich der Westen den Krieg weiter vorstellt – Ausprobieren ihrer Waffen mit Hilfe ihres ukrainischen Personals.)
Eine der vom Westen vorgestellten Entwicklungen scheint zu sein, daß die eingeschlafene Offensive von einem Seekrieg abgelöst wird – mit den so erfolgreichen Drohnen namens „Meerbaby“.
(Der Name!)

Die neue „Wunderwaffe“?

Der 1. Anschlag wird genau beschrieben und sich gebrüstet damit, wie russische Transportfirmen in das ganze eingebunden wurden, die keine Ahnung hatten, was sie da transportieren.
(Inzwischen wird das natürlich sicherlich besser kontrolliert, das ging nur einmal.)

Ebenso wird darauf hingewiesen, daß der SBU die Überwachungskameras „geknackt“ habe:

„In dem Video des Marineangriffs auf die Krimbrücke, das die SBU CNN zur Verfügung gestellt hat, gibt es ein Detail, das auf ein hohes Maß an ukrainischer Infiltration auf der von Russland besetzten Halbinsel hinweist: Neben der im Bombenboot eingebauten Kamera enthält das Video Bilder einer auf der Brücke installierten Kamera. In einem anschließenden Interview mit dem ukrainischen Sender NV bestätigte Maliuk, dass sie Zugang zu Kameras haben, die auf der Brücke angebracht sind.
Der Chef des Sicherheitsdienstes machte keine näheren Angaben, versicherte aber, dass man mit diesen Kameras den Weg der LKW-Bombe verfolgen könne, die im Oktober 2022 die Brücke schwer beschädigte und zu monatelangen Verzögerungen bei der Versorgung der russischen Truppen an der Südfront geführt habe.“

Damit soll einerseits die Bedeutung dieses Anschlages herausgestrichen werden. Allerdings wurde Kupjansk vorher erobert, nur der Abzug der russischen Truppen aus Cherson fand nach der teilweisen Zerstörung der Brücke statt. Daß die Verzögerungen diesen Abzug, also die Aufgabe von Territorium seitens Rußlands verursacht haben, ist jedoch bei näherer Betrachtung des Kriegsgeschehens unwahrscheinlich. Auch die Eroberung von Kupjansk und anderer von der russischen Armee besetzter Gebiete waren deshalb möglich, weil Rußland zu wenig Soldaten hatte, nicht deshalb, weil der Nachschub gefehlt hätte. Deshalb wurde im September, also vor dem Anschlag (im Oktober) in Rußland die Teilmobilmachung verordnet.
Zweitens wird mit dem Hinweis auf die Bilder der Überwachungskameras so getan, als würde hier eine enorme technische Überlegenheit vorliegen. Dabei ist die Sache relativ simpel: Diese Kameras waren offenbar mit dem Internet verbunden. Dann ist es nicht schwierig, an die Aufnahmen zu gelangen. Inzwischen dürfte das auch von den russischen Behörden geändert worden sein.
Es war eben ein Moment der Modernität dieser Brücke, sie mit internetfähigen Kameras auszustatten.

Zu der Sprengladung und wie sie dort hinkam, wird ebenfalls nicht mit Details gespart:

„Agenten des ukrainischen Geheimdienstes heuerten eine Gruppe »russischer Schmuggler« an, um 21 angebliche Polyethylen-Kunststoff-Rollen auf die Krim zu verladen. Was die Ausführenden nicht wußten, war, dass in jeder Spule eine Tonne Hexan, ein explosiver Kohlenwasserstoff, versteckt war.
Der russische Sicherheitsdienst (FSB) berichtete damals, dass die Fracht, die im August 2022 zunächst die ukrainische Stadt Odessa verlassen hatte, nach Bulgarien umgeladen wurde, von dort weiter nach Armenien, dann nach Georgien und schließlich nach Russland gelangte.“

Die Bemerkungen Maliuks sind für Rußland nichts Neues, also auch für die russische Öffentlichkeit nicht, nur für das westliche Publikum.

„In Russland wurden 22 Personen festgenommen, gegen die wegen angeblicher Mitschuld an dem Anschlag ermittelt wird. Maliuk behauptet, sie hätten nichts von der Operation gewusst.“

Das dürfte stimmen. Auch der Lenker, der bei dem Anschlag starb, hatte keine Ahnung, was er da transportierte.
Es geht übrigens nur so. Jeder zusätzliche Mitwisser hätte das Manöver vereiteln können.
Der ukrainische Geheimdienst kannte die Schwachstellen Rußlands gut, in diesem Falle auch die verschiedenen Zollfreiabkommen mit ehemals sowjetischen bzw. RGW-Staaten, die diese Transportmanöver ermöglichten.
Diese Anschläge hatten vor allem den Effekt, daß dergleichen Sicherheitslücken geschlossen und die Überwachung in Rußland und den annektierten Gebieten verschärft wurde.
Es wird also immer schwieriger, solche Anschläge zu verüben.

„Der SBU versteckte die 21 Tonnen Hexan in den Metallzylindern der Spulen und wählte genau die Dicke des Polyethylens, die es ermöglichte, den Sprengstoff vor den Röntgenscannern zu verbergen, die die auf die Brücke einfahrenden Fahrzeuge überwachen.
Maliuk enthüllte“ (bei einem weiteren Medienauftritt vor dem ukrainischen Medium) „NV außerdem, dass der Lastwagen über ein elektronisches System verfügte, das die GPS-Verbindung mit dem Zünder des Sprengstoffs aufrechterhielt, obwohl an den Zufahrten zur Kertsch-Brücke Satellitensignalstörsender installiert waren.“

Ein interessantes Detail.
Der LKW gehörte dem Fahrer, und enthielt dieses System vermutlich nicht. Also mußte dieses unbemerkt eingebaut worden sein, von einem SBU-Agenten, bevor der Mann zu seiner tödlichen Fahrt startete.

„Der Lastwagen detonierte am Morgen des 8. Oktober um 5:40 Uhr, zeitgleich mit der Durchfahrt eines Zuges, wodurch eine Richtung der Autobahn und ein Abschnitt der Eisenbahnlinie zerstört wurden. Die russischen Behörden meldeten den Tod von fünf Menschen, darunter dem Fahrer des Lastwagens.“

Der Zug hatte Treibstoff geladen, was die Explosionswirkung verstärkte.
Wie gelang es, den LKW gleichzeitig mit dem Zug auf die Brücke zu bringen? Hier handelt es sich um eine ziemliche logistische Leistung. Vermutlich wurde mit dem Fahrer ein genauer Übergabetermin in Kertsch vereinbart.
Der Schaden fiel nur deshalb nicht größer aus, weil es den russischen Einsatzkräften gelang, den größeren Teil der Waggons zu entkopppeln und zurück aufs Festland zu schicken, sodaß das Feuer nicht auf sie übergreifen konnte.

„Zwei Tage später, am 10. Oktober, ordnete der russische Präsident Wladimir Putin einen dreimonatigen Bombenangriff auf das ukrainische Energienetz an. Was der Kreml als Vergeltung für die Sabotage an der Kertsch-Brücke ankündigte, war laut von EL PAÍS befragten Experten in Wirklichkeit ein Monate im Voraus ausgearbeiteter Plan, die Ukraine im Winter im Dunkeln und ohne Heizung zu lassen.“

Was will uns der Autor damit sagen?
Daß der Anschlag auf die Krim-Brücke in Ordnung ging?
Daß der Kreml seinen Krieg plant?
Daß Anschläge gegen russische Infrastruktur strategisch berechnet und gerechtfertigt sind, während Rußland bei seiner Zerstörungstätigkeit gemein und böse die ukrainische Zivilbevölkerung schädigt?

„Die Enthüllungen über die Angriffe auf die Kertsch-Brücke fallen mit den Feierlichkeiten an diesem Mittwoch zum dritten Gipfel der Krim-Plattform zusammen. Hierbei handelt es sich um eine Arbeitsgruppe, die 2021 von Präsident Volodímir Zelenski gegründet wurde, um internationale Unterstützung für die Wiedereingliederung der Krim in den ukrainischen Staatsverband zu koordinieren.“

Man merkt, daß die Ukraine vor dem russischen Einmarsch durchaus Schritte setzte, die als eine Provokation Rußlands gedacht waren und auch so aufgenommen wurden.

„2022 nahmen am Treffen dieser Krim-Plattform-Gruppe per Videokonferenz die wichtigsten europäischen Staats- und Regierungschefs und seitens der USA der Außenminister Anthony Blinken teil.
Der dritte Gipfel wird von einem zunehmenden Druck auf Kiew geprägt sein, zu akzeptieren, dass eine Möglichkeit zur Beendigung des umfassenden Krieges darin besteht, einen Teil der besetzten Gebiete an Russland abzutreten.“

Also Schluß mit lustig.
Die Rückeroberung der Krim wird offenbar von keiner nennenswerten Macht mehr unterstützt.

„An dem Gipfel im Jahr 2022 hatten der französische Präsident Emmanuel Macron, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und auch der Präsident der spanischen Regierung, Pedro Sánchez, teilgenommen, um zu unterstreichen, dass die EU weiterhin entschieden von Putin verlangt, die Krim an die Ukraine zurückzugeben.“

Na, und was sagt die EU jetzt?
Das ist die große Frage.

Die Absicht der Ukraine bei diesen ausführlichen Beschreibungen ihres Attentats ist offenbar, zu zeigen, was für schlaue Burschen da am Werk sind und wie man den Russen schaden kann, wenn man es nur schlau anstellt.

Die Attentate auf Darja Dugina und Maxim Fomin/Tatarskij waren zwar auch sehr kompliziert eingefädelt, aber mit denen gibt man vielleicht doch nicht so gerne an.

Die Feier so eines Erfolges aus dem Vorjahr wirkt angesichts der mageren Performance der ukrainischen Streitkräfte in diesem Jahr eigenartig.

Soll damit Eindruck geschunden werden?

Will sich der ukrainische Geheimdienst auf diese Weise für westliche Arbeitgeber weiterempfehlen, auch wenn der Krieg für die Ukraine in die Hose geht?

Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 11.8.: Säbelrasseln allerorten

WENN DU FRIEDEN WILLST; RÜSTE ZUM KRIEG!

Kim Jong-Un befahl, sich auf Krieg vorzubereiten: Was bedeutet das?

Kim Jong-Un kündigte eine verstärkte Vorbereitung der nordkoreanischen Armee auf eine Offensive an“

Schon einmal ganz interessant: Der nordkoreanische Häuptling faselt nichts von „Verteidigung“, schon gar nicht irgendwelcher Werte, aber auch nicht der Nation, sondern sagt klipp und klar: Wenn Krieg ansteht, machen wir notfalls auch den ersten Schritt!

„Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un forderte auf einer Sitzung der zentralen Militärkommission der Arbeiterpartei Koreas mehr Vorbereitungen für einen möglichen Krieg, eine Steigerung der Waffenproduktion und eine Ausweitung der Militärübungen. Die Telegraphenagentur der DVRK berichtet darüber und fügt hinzu, dass der Chef des Generalstabs des Landes entlassen und ein neuer ernannt wurde.

In Nordkorea passiert, wie jeder sehr gut weiß, nichts zufällig. Der chinesische Präsident Xi Jinping hat wiederholt erklärt, dass die Volksbefreiungsarmee Chinas (VBA) und die Bevölkerung des Landes auf einen möglichen groß angelegten Krieg vorbereitet sein müssen. Er forderte den sichtlich runderneuerten Generalstab der VBA auf, »keine Angst zu haben, zu kämpfen und schwierige Entscheidungen zu treffen« und betonte: »Wir müssen mit unseren Feinden in einer Sprache sprechen, die sie verstehen.«

Man vergleiche dies mit den Nachrichten aus der DVRK: Kim Jong-Un »hat die wichtige Schlussfolgerung gezogen, die militärische Ausbildung der Koreanischen Volksarmee (KVA) auf offensive Weise weiter auszubauen.« Die Parallelen sind unverkennbar. Es ist kein Geheimnis, daß zwischen China und Nordkorea sehr enge Beziehungen bestehen, auch bezüglich der militärischen Linie.

Wir erinnern daran, daß der nordkoreanische Führer Ende Juli in einer Rede anlässlich des 70. Jahrestages des Endes des Koreakrieges sagte: »Ich betone noch einmal, dass die DVRK auf jeden militärischen Zusammenstoß mit den USA bestens vorbereitet ist« – und präzisierte zur Klarstellung, dass Pjöngjang bei Bedarf bereit sei, seine »Kräfte zur nuklearen Abschreckung« zu mobilisieren. Und vergessen wir nicht, wer unter den Zuhörern war: Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, den die Koreaner besonders herzlich willkommen hießen.

Was ist der »russische Teil« des von den Koreanern arrangierten Festkonzerts wert, das in unseren sozialen Netzwerken zum Hit geworden ist?!“

Auch wenn man nicht ausschließen kann, daß hier von diversen Diensten bzw. Medien etwas nachgeholfen wurde, so scheint es eine gewisse Genugtuung in Rußland zu geben, daß man sich endlich vom perfiden Westen ab- und dem verläßlicheren Osten zugewandt hat.

„Die inhaltlichen und emotionalen Komponenten der Feierlichkeiten in Pjöngjang vor dem Hintergrund der neuesten Nachrichten aus der Hauptstadt der DVRK führen also, wie es heißt, zu »bestimmten Gedanken«.

In den Berichten über Shoigus Aufenthalt in Nordkorea und seine Verhandlungen mit der obersten Führung des Landes herrschte wenig Gewißheit. Im Wesentlichen wurden rituelle Zusicherungen der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern, der Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung veröffentlicht … Aber keine Einzelheiten.
Warum auch, denn wahrscheinlich haben sie vor dem Hintergrund der aktuellen Krisensituation in der Welt über konkrete Dinge gesprochen, und wenn ja, dann ist der Inhalt dieser Gespräche streng geheim.
Aber Experten und Beobachter, die nicht mit der Pflicht zur Wahrung von Staatsgeheimnissen belastet waren (und woher sollten sie die auch wissen?), begannen sofort zu analysieren, zu argumentieren und zu spekulieren.“

Damit bezieht dich der Autor des Artikels offenbar auf Spekulationen in russischen UND westlichen Medien.

„Unter diesen Vermutungen waren einige bemerkenswert. Zum Beispiel über mögliche Lieferungen nordkoreanischer Waffen und Munition, die für den Ukraine-Einsatz notwendig sind, nach Rußland.“

„Notwendig“ werden sie wohl nicht sein, weil der russischen Armee geht die Munition nicht aus.
Aber eine gewisse Kooperation zwischen Nordkorea und Rußland kündigt sich hier an, wo die Nordkoreaner irgendetwas liefern und Rußland im Gegenzug auch Waffen nach Nordkorea hinüberschiebt, also das kriegerische Potential Nordkoreas verstärkt:

„Und umgekehrt die Lieferung moderner russischer Waffen an die nordkoreanische Armee. Schließlich erreichen Granaten aus Südkorea, wenn auch über die Amerikaner, die ukrainische Armee …“

Mit dieser möglichen Kooperation wird Südkorea darauf aufmerksam gemacht, daß die Lieferung von Waffen aus südkoreanischer Produktion an Polen und die Ukraine von Rußland bemerkt und mißbilligt wird.

„Oder hier einige andere Vermutungen: Was wäre, wenn es nordkoreanische Freiwillige gäbe, die ausländische Söldner zurückschlagen wollen, die in den Streitkräften der Ukraine kämpfen? Und wenn es auch nur wenige sind, also 150 bis 200 Mann. Immerhin hat die KVA insgesamt 1 Million 200.000 Kämpfer.
Oder als weiteres Moment die Beteiligung nordkoreanischer Baufirmen an der Wiederherstellung der neuen Gebiete Rußlands. Es wurden auch Vermutungen darüber angestellt, was sie in ihren Händen haben werden, eine Kelle oder ein Maschinengewehr … ?“

Mit einem Wort, Rußland und Nordkorea versuchen ihre Beziehungen zu vertiefen und wieder auf das Niveau sowjetischer Zeiten zu bringen, wo diese Kooperationen üblich waren.

„Heute verheimlicht niemand, weder in unserem Land, noch in China, noch in der DVRKorea,, noch in Europa und sogar in den USA, daß ein großer Krieg nicht nur vor der Schwelle steht, sondern bereits an die Tür klopft, um die Schwelle zu überschreiten.

Und alle bereiten sich darauf vor.

Die NATO bildet an den Ostgrenzen neue Militärkontingente von 300.000 Mann und zieht dort Ausrüstung ab, die es ihr bisher nicht gelungen ist, nach Kiew zu transferieren.“

Hier wird implizit formuliert, daß sie das vielleicht auch gar nicht wollen, weil sie sie für sich benutzen wollen.

„Die USA bereiten ein neues gewaltiges Militärbudget von ca. einer Billion Dollar vor. Deutsche und Polen streiten darüber, wer von ihnen die stärkste Armee Europas aufstellen wird.
Und in der Ukraine gibt es seit langem Feindseligkeiten.“

Damit wird dem Ukrainekrieg eine zweitrangige Position zugewiesen, der „richtige“ Krieg steht erst bevor.

„Wie sagten die Alten? Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor. Jeder versucht also, die Welt zu retten, die jeder auf seine Weise repräsentiert, und versteht immer mehr, daß er für diese Welt kämpfen muss. Das sagte auch Genosse Kim Jong-Un.“

Dieser letzte Satz ist bemerkenswert. Einerseits begrüßt der Autor den Führer Nordkoreas als Verbündeten und Waffenbruder. Andererseits weist er darauf hin, daß die Vorstellungen über „die Welt“ zwischen beiden Staaten recht unterschiedlich sind.
Das macht aber nichts, meint er, für ein Bündnis gegen den Westen reicht auch das.

Pressespiegel El País, 27.6.: Einheit in Gefahr?

DER WAGNER-AUFSTAND VERSCHÄRFT DIE SPALTUNG DER RUSSISCHEN STREITKRÄFTE

Das Wagner-Logo, ein Totenkopf an der Spitze eines roten Zielfernrohrs, erfreute sich auf den russischen Straßen bis zum Aufstand der Söldnerkompanie am vergangenen Wochenende großer Beliebtheit. So unterschiedliche Menschen wie der Manager eines billigen Hostels in Moskau, ein junger Mann in einem noblen Fitnessstudio und ein verkrüppelter Mann auf der Straße einte in diesem unklaren Krieg das Symbol von Jevgenij Prigozhin, dem neuen russischen Alpha-Mann, der seine eigenen Wahrheiten verkündet und kein gutes Haar an den Siegesbotschaften des Verteidigungsministeriums läßt.
Eine neue Form der Dissidenz, die auf ihrem Weg in die russische Hauptstadt den Beifall des Volkes und die Passivität der Streitkräfte fand. »Unser Ziel war es, diejenigen vor Gericht zu stellen, die während der militärischen Sonderoperation Fehler gemacht haben«, sagte Prigozhin am Montag durch eine Audioaufnahme, aus der hervorgeht, dass er noch am Leben ist.
Sein Überleben – politisch und physisch – stellt nun eine neue Bedrohung für das Regime dar, aber Putin kann nicht ohne seine Söldner auskommen.
Einen Tag, nachdem Russland durch Wagner in seinen Grundfesten erschüttert worden war, waren die Anstecknadeln und T-Shirts dieser Truppe wieder in den Geschäften erhältlich.

»Die Experten sind sich einig, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass Alexej Djumin – Putins ehemaliger Leibwächter und derzeitiger Gouverneur von Tula – neuer Verteidigungsminister und General Sergej Surowikin Chef des Generalstabs wird«, meinte Sergej Markow am Montag. Er ist ein ehemaliger Putin-Berater, der zum inneren Kreis des Präsidenten gehört.“

Warum dann „ehemalig“?
Vielleicht ist er doch nicht so eingeweiht, wie der Verfasser des Artikels meint.

„Der derzeitige Minister Sergej Schoigu befindet sich in einer so schwachen Position, dass die russischen Kriegsbefürworter selbst anprangerten, dass das Video, in dem er drei Tage nach dem Aufstand auftauchte, bereits früher aufgenommen worden sei.
»Aber ihre Entlassungen werden nicht sofort erfolgen, damit es nicht so aussieht, als ob Schoigu und Gerassimow – der derzeitige Chef des Generalstabs – auf Wunsch des Rebellen entlassen wurden«, fügt Markow hinzu.

Nach den ersten Rückschlägen im Herbst 2022, als die Ukraine Teile von Charkow und Cherson zurückeroberte, kam es zu Machtkämpfen innerhalb der russischen Streitkräfte.“

Es waren allerdings weder die ersten Rückschläge – man denke an die teilweise sehr hohen russischen Verluste bei Kiew und den Rückzug von dort – noch die ersten Meinungsverschiedenheiten in der Armee Rußlands. Man erinnere sich an Dvornikov und seine Abberufung.

„Surowikin wurde unter dem Beifall von Prigozhin und dem tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrow, der mit seiner Prätorianergarde, den Kadyrowtsy, ebenfalls Protagonist dieses Krieges war, zum alleinigen Befehlshaber der Offensive befördert. Doch die Freude währte nur kurz: Schoigu ernannte im Januar Gerassimow zum Chef seiner Streitkräfte und Surowikin wurde in die zweite Reihe gestellt.
Der gescheiterte Aufstand offenbarte auch die Zweifel vieler kreml-naher Persönlichkeiten. Der tschetschenische Präsident brauchte mehr als einen halben Tag, um sich öffentlich für Putin auszusprechen, während die Direktorin des Medienunternehmens Russia Today, Margarita Simonján, bis vor kurzem eine glühende Anhängerin von Wagner, am Montag erklärte, sie habe nichts von der ganzen Sache mitbekommen, weil »sie befand sich auf einem Schiff auf der Wolga.«“,

– wo es anscheinend kein Netz gibt? Auf dem größten Fluß Rußlands?

„Die Strategie des Kremls angesichts des Aufstands von Prigozhin bestand darin, an die Einigkeit um den Präsidenten zu appellieren. Die Abgeordneten (der Duma) forderten bereits von Montag an blinde Unterstützung für Putin, und andere Sektoren schlossen sich dieser Botschaft an. »In schwierigen Zeiten hat uns die Loyalität des russischen Volkes gegenüber seinen Führern immer geholfen«, las der Sprecher von Last.FM ohne jede Leidenschaft, »auf Wunsch der Musikabteilung.«“

Recht neckisch, wenn man weiß, daß die Wagner-Truppe oft auch als „Musiker“ bezeichnet wird.

„Hierbei handelt es sich übrigens um einen Radiosender, der rund um die Uhr in Taxis im ganzen Land zu hören ist.

Ohne Wagner geht es nicht

Prigozhins Paramilitärs waren als bloßes „Kanonenfutter“ für an Selbstmord grenzende Offensivaktionen bezeichnet worden,“

– allerdings kam diese Einschätzung nur bei den erbitterten Kämpfen in Bachmut vor, nicht in anderen Einsatzgebieten –

„doch die Debatte um ihre Existenz zeigte am Montag, dass der Unternehmer immer noch diese Karte ausspielen kann.“

Der Satz ist unklar. Welche Karte? Immerhin hatten die Wagner-Truppen Bachmut eingenommen, sich also nicht dabei aufgerieben. Es war schon seit einiger Zeit klar, daß es Probleme geben würde.

„Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Duma (…) Andrej Kartapolow, verteidigte die Existenz Wagners, obwohl er einen Gesetzentwurf zur Regulierung von Söldnerfirmen vorlegte.“

Warum „obwohl“? Der Gesetzesentwurf war wohl überfällig, um der Wagner-Truppe einen legalen Rahmen zu geben.

„»Josif Vissarionovich Stalin sagte, dass Kinder nicht für ihre Eltern verantwortlich sind. Derjenige, der den Aufstand ausgelöst hat, muss reagieren (…) Wagner ist die am besten ausgebildete Einheit in Russland und sogar die Streitkräfte erkennen das an. »Man kann sich kein besseres Geschenk für die NATO und die Ukrainer vorstellen, als sie zu entwaffnen«, behauptete Kartapolow an diesem Montag und begründete damit, dass sein neues Gesetz »noch genau studiert und möglicherweise modifiziert werden muß«, was seine Annahme bis zum Herbst verzögern könnte. Ein bemerkenswertes Bemühen um Gesetzeskonformität angesichts der Tatsache, dass diese Art von Unternehmen seit geraumer Zeit, also schon vor Wagners Gründung, gesetzlich verboten war.

Angesichts dieser Lage plädiert das Verteidigungsministerium für die Entwaffnung der Söldner. Weitere einflussreiche Persönlichkeiten der russischen Politik erwärmen sich ebenfalls für siese Option. Der bereits in sowjetischen Zeiten aktive Militär und Abgeordnete Viktor Alksnis, bekannt als »der schwarze Oberst«, erinnerte die Parlamentarier daran, dass sie kürzlich ein Gesetz verabschiedet hatten, das Kritik an der Wagner-Truppe mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft.“

In der Tat bemerkenswert für eine illegale Vereinigung, von der ein guter Teil abgeurteilte Schwerbrecher sind.

„»Es kann nicht zwei (drei, vier usw.) Armeen in einem Staat geben! Alle militärischen Auftragnehmer und andere bewaffnete Formationen müssen verboten und entwaffnet werden!« Er schrieb auf Telegram und erinnerte dort an eine weitere Bedrohung: »Ich frage mich, was Präsident Putin jetzt mit Kadyrows tschetschenischer Armee machen wird, die über mehr als 70.000 Bajonette verfügt.«“

Ein Teil dieser 70.000 Kämpfer machte sich angeblich nach Rostov auf, um der Spuk ein Ende zu bereiten.
Das kann einer der Gründe sein, warum Prigozhin schnell einlenkte, weil Kadyrows Armee ist im In- und Ausland gefürchtet.
Zur allgemeinen Erleichterung, weil ein Zusammenstoß dieser beiden Formationen hätte in Rußland wirklich eine fatale Wirkung.

Ein weiterer einflussreicher Putin-Berater, sein Bevollmächtigter im Donbass und anderen besetzten Gebieten zwischen 2014 und 2020 – eine römische Richterposition, die der Kreml für seine inoffiziellen Unterführer eingerichtet hat –, Wladislaw Surkow, forderte ebenfalls die Entwaffnung der Wagnerianer. »In Russland ist es unmöglich, ein privates Atomkraftwerk zu haben. Aber eine private Sturmtruppe? Wieso das? »Diese Privatarmeen sind in Russland nur in Zeiten der Unruhen und des Bürgerkriegs von 1920 entstanden«, sagte er in einem Interview mit dem Politikwissenschaftler Alexei Tschesnakow.
Wer einmal als einer von Putins möglichen Nachfolgern galt, gab in dem Interview jedoch zu, dass Wagner“ (seinerzeit, 2014 ff.) „im Donbass eingesetzt wurde, um die Anheizung dieses Krieges durch den Kreml zu verbergen: »Warum brauchen wir diese Leute jetzt, wo wir offen am Kampf um die Ukraine teilnehmen?«“

Surkow meint anscheinend, die Wagner-Truppen seien inzwischen obsolet. Na ja. Wenn das so war, warum wurden sie dann in Bachmut – erfolgreich – eingesetzt? War das vielleicht ein Versuch, sich ihrer zu entledigen?
Wenn ja, so ist dieser Versuch gründlich gescheitert.

„Die Bilder von Zivilisten, die Prigozhins Truppen in Rostow am Don hochleben ließen, haben bei der russischen Elite Angst ausgelöst, der nun bewußt wird, wie sehr sich der Chef der Wagners in den letzten Monaten durch seine Kritik an Schoigu beliebt gemacht hat. Die gefürchtete russische Internet-Kontrollinstanz Roskomnadzor sperrte sofort den Zugang zu seinen Mitteilungen auf Vkontakte (VK) und dem russischen Facebook, während die wichtigsten Online-Verkaufsplattformen Ozon und Wildberries die Fan-Produkte von Wagner während des Aufstands versteckten und versprachen, »sie in naher Zukunft vollständig vom Markt verschwinden zu lassen«.
Die Angst davor, Wagner zu unterstützen, hielt kaum länger an als sein gescheiterter Vormarsch auf Moskau.
Wildberries bot an diesem Montag 11.565 Produkte der „Musiker“ an. Zu den beliebtesten Artikeln gehörten Autoschlüsselanhänger, Aufnäher, Macheten und Mützen. Viele davon sind bereits ausverkauft und haben Lieferzeiten von mehr als einer Woche.

»Wagner, die Musiker, den die ganze Welt kennt«, lautete das Motto einer Fahne, die ein Model zwischen Flammen hochhielt. Im Hintergrund ein Paramilitär, bewaffnet mit einer Geige, einem Gewehr und einem Raketenwerfer. Eine Vision der Söldner, die Prigozhin idealisiert hat – derselbe, der die verstümmelten Leichen von Dutzenden der von ihm in Bachmut eingesetzten Ex-Gefangenen zur Schau gestellt hat, um Shoigu dafür zu kritisieren, dass er ihm keine Munition gegeben hat.
Mit seiner Kritik hat Prigozhin in den letzten Monaten Sympathien bei den Russen erworben. Laut einer Umfrage des unabhängigen Soziologiezentrums Levada stand der Geschäftsmann im Mai erstmals auf dem Podium der am höchsten bewerteten Persönlichkeiten. Die Umfrage ergab, dass ihm 4% der Bürger vertrauten, verglichen mit 11% für Shoigu.“

???
Schoigu ist offensichtlich weitaus populärer, sofern man dieser Umfrage überhaupt vertrauen kann.

„Gegen den Wagner-Chef spricht die Vergangenheit seiner Helden. Das letzte Verbrechen der freigekommenen Häftlinge ereignete sich am selben Tag wie ihr Aufstand: Am 23. Juni betranken sich drei ehemalige Söldner in der Stadt Kurgan“

– im südlichen Ural, was machen sie dort?

„und eröffneten das Feuer auf ein Gebiet mit Ferienhäusern. Diesmal ohne Opfer, im Gegensatz zu anderen ähnlichen Vorfällen in den letzten Monaten.“