Pressespiegel El País, 4.1.: Der israelische staatlich abgesegnete Terrorismus

„SELEKTIVE ATTENTATE UND REGIONALE ESKALATION

Israel hat in der Vergangenheit mehrere HAMAS-Führer eliminiert, doch der palästinensische Widerstand nutzt seine Märtyrer für den inneren Zusammenhalt

Israel hat Saleh al Aruri, den militärischen Führer der Hamas und Nummer zwei in der Organisation, in Beirut ermordet.

Das Verfahren ist nicht neu.

Israel hat eine lange Geschichte gezielter Attentate auf HAMAS-Führer und davor auf Führungspersönlichkeiten aller Art der PLO, von Mitgliedern der Marxistischen Volksfront für die Befreiung Palästinas bis zur sozialdemokratischen Fatah.

Der palästinensische Widerstand wurde dadurch nie geschwächt, im Gegenteil: Die Märtyrer stellen ein wesentliches Element für den inneren Zusammenhalt einer Gesellschaft dar, die über fast alles uneins ist, ihre Gefallenen aber wahllos verehrt.

Auch die israelische Verletzung des Territoriums eines anderen Staates ist nichts Neues: Der Libanon, Tunesien, Syrien, das UK und kürzlich auch Katar, Iran, die Türkei und Jordanien waren Schauplatz von »Sonderoperationen« der israelischen Sicherheitskräfte, die unterschiedliche Namen haben: Mossad, Schin Bet, Shabak, Aman … Israel variiert die Bezeichnungen nach Bedarf.

Was wir also nach der Ermordung von Saleh al Aruri – zusammen mit zwei anderen HAMAS-Kämpfern – erleben werden, ist eine stärkere Hamasisierung sowohl der palästinensischen Gesellschaft als auch der regionalen Konfrontation. Machen wir sich nichts vor: Netanyahu wusste das, als er den Befehl gab.

Die Planungen liefen schon seit Wochen, seit mit der Evakuierung der Städte nahe der Grenze zum Libanon, etwa 60.000 Menschen, begonnen wurde. Auch der jüngste Rückzug einer Elitebrigade aus Gaza kündigt Vorbereitungen für eine Eskalation mit der Hisbollah an.“

Die Verfasserin des Artikels ist also überzeugt, daß dies eine gezielte Provokation war, um eine weitere Front zu eröffnen und die Hisbollah zu einem Angriff zu veranlassen.

„Auf den Kopf von Al Aruri war lange Zeit ein Preis ausgesetzt: 2018 setzte das Außenministerium eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für jeden aus, der Hinweise gab, die zu seinem Aufenthaltsort führten. Gleichzeitig war Al Aruri jedoch ein entscheidender Vermittler bei geheimen Gesprächen, dem Austausch von Gefangenen und dem Bau von Brücken für die sich überschneidenden Interessen Israels, der USA, des Iran, Syriens, der Türkei und des Libanon.

Wenn die israelische Regierung gerade jetzt die Entscheidung getroffen hat, ihm ein Ende zu setzen, liegt dies zweifellos in Netanyahus Interesse.

Der Mord an Al Aruri ist unter anderem eine Provokation gegenüber der Hisbollah, die kaum unbeantwortet bleiben wird. Und zwar angesichts der Tatsache, daß die Hisbollah in diesen drei Monaten der Zerstörung des Gazastreifens eine Eindämmungspolitik praktiziert hat, die fast als staatlich betrachtet werden könnte, wenn es so etwas wie eine Staatlichkeit im Libanon gäbe.“

Damit spricht die Autorin aus, daß die Hisbollah inzwischen den Staat Libanon repräsentiert – alle anderen Gruppierungen und Volksgruppen sind macht- und einflußlos.

„Ihr Anführer Hasan Nasrallah hat das letzte Wort.

Auch das Massaker an hundert Menschen im iranischen Kerman als Hommage an den iranischen General Qasem Soleimani, der 2020 in Bagdad von US-Drohnen ermordet wurde, wird Einfluß haben.“

Damit deutet die Verfasserin an, daß sie Israel für den Autor dieses Massakers hält.

„Netanyahu weiß, dass er keine Zukunft hat, wenn der Krieg endet, und flieht weiter“

– in den totalen Krieg, wie es aussieht. –

„Bezüglich der Ermordung von Al Aruri hat der Premierminister seinem Volk, der Zivilbevölkerung und dem Militär Schweigen auferlegt. Das Gegenteil wäre die Anerkennung einer außergerichtlichen Hinrichtung, die durch die Erste Genfer Konvention verboten ist. Und das würde die internationale Diskreditierung Israels verstärken, die nach der Völkermordklage, die Südafrika beim Internationalen Gerichtshof eingereicht hat, zunehmend alarmierend wird.

Das gibt Anlass zur Sorge in Israel, das angekündigt hat, daß es sich verteidigen würde, – eine ungewöhnliche Geste im Umgang mit internationalen Organisationen.“

Zu dieser Völkermord-Anklage:

„Südafrika wirft Israel Völkermord vor

Südafrika hat den Internationalen Gerichtshof aufgefordert, Israels Vorgehen gegen die Hamas als Völkermord einzustufen. Zudem solle Israel seine Angriffe beenden. Israel wies die Anschuldigungen scharf zurück.

Südafrika hat Israel vor dem höchsten Gericht der UNO Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen vorgeworfen. In der eingereichten Klage beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag wird zudem verlangt, dass Israel zur Einstellung seiner Angriffe in Gaza aufgefordert wird, teilte der IGH mit. (…)“

(Tagesschau, 30.12. 2023)

12 Gedanken zu “Pressespiegel El País, 4.1.: Der israelische staatlich abgesegnete Terrorismus

  1. Die Staatsgründungsprogramme der HAMAS und Israels gleichen sich, das ist keine Frage. Es ist sogar so, daß die HAMAS in vielem ihre Ziele und Methoden denen Israels abgekupfert hat.

    Es gibt allerdings kleine Unterschiede: Während Israel sich (erfolgreich) bemüht, Juden aus aller Welt über die Sochnut anzuziehen, um sich ein Staatsvolk zu schaffen, hat die HAMAS das umgekehrte Problem: Jede Menge Leute vor Ort, aber keinen Staat für sie.

    Der weitere Unterschied ist, daß Israel zwar mächtige Unterstützer hat, während die arabischen Staaten des Nahen Ostens – nach mehreren Niederlagen – kein Interesse an einem Staatsprojekt auf dem Boden Palästinas haben.
    Ein solches ist auch weiterhin nicht absehbar.

    Während Israel bisher ein Einwanderungsland war, das mit guten Gehältern, Wohnraum und Sozialprogrammen seit Jahrzehnten Einwanderer aus gecrashten Staaten anlockt (Sowjetunion, Argentinien), so könnte sich das angesichts der derzeitigen Lage ändern.

  2. Man gewinnt den Eindruck, daß Israel diesen Schlag auf das iranische Konsulat als gezielte Provokation verübt hat, um die USA hinter sich zu stellen, also auf die bedingungslose Unterstützung Israels einzuschwören.

    Auch nach Innen war es ein gewiefter Schachzug, um das Volk als bedrohtes hinter der Führung zu vereinigen.

    Kein Mensch schaut jetzt mehr auf die Hungernden in Gaza, sondern alle warten auf den Gegenschlag des Iran.
    Der Iran ist auch in einer blöden Lage, weil wenn er nix macht und das Abschießen seiner Militärs durchgehen läßt, so wirkt das ohnmächtig.
    Ich glaube dennoch, daß der Iran stillhalten wird – und höchstens das Ganze im Inneren nützen wird, um sein Volk hinter der Führung zu versammeln.

  3. Schon sehr dreist von Israel:

    „Hamas meldet Tod von Politbürochef Hanija

    Der Anführer der Hamas ist nach Angaben der islamistischen Palästinenserorganisation bei einem israelischen Angriff getötet worden. Ein ranghohes Hamas-Mitglied droht mit Konsequenzen.

    Der Hamas-Führer Ismail Hanija ist in der iranischen Hauptstadt Teheran getötet worden. Das teilte die militante Palästinensergruppe mit. Sie sprach von einem „zionistischen“ Angriff – gemeint ist damit Israel. Ein ranghoher Hamas-Vertreter drohte mit Konsequenzen. Musa Abu Marsuk, Mitglied des Hamas-Politbüros, sagte, die »Ermordung« Hanijas sei eine »feige Tat« und werde »nicht unbeantwortet bleiben«. Israel äußerte sich zunächst nicht offiziell zum Tod des Hamas-Führers.

    Die iranischen Revolutionsgarden bestätigten den Tod von Hanija. Die Residenz des Politbürochefs der Hamas in Teheran sei angegriffen worden, hieß es am Mittwoch auf der Webseite der Revolutionsgarden, Sepah News.“

    Sieh da, der HAMAS-Chef hat eine eigene Residenz in Teheran – und die ist offenbar nicht gut abgesichert. Abgesehen von dem Verlust für die HAMAS wird hier der Iran vorgeführt, wo man politisch unliebsame Leute einfach so abschießen kann.

    „Dabei seien Hanija und einer seiner Leibwächter getötet worden. Zu den Hintergründen des Angriffs seien Ermittlungen aufgenommen worden.

    Offizielle Stellungnahmen der israelischen Regierung oder des Militärs auf die Tötung Hanijas bei einem Angriff auf sein Anwesen in Teheran gab es zunächst nicht. Allerdings reagierten zwei der rechtsnationalen israelische Minister mit Genugtuung auf die Nachricht vom Tod Hanijas. »Hanijas Tod macht die Welt ein bisschen besser« schrieb Amichai Elijahu, Minister für das Kulturerbe, auf der Plattform X. Diasporaminister Amichai Chikli postete ein Bild Hanijas bei einer Versammlung, auf der der »Tod Israels« gefordert gefordert worden war. »Sei vorsichtig, was du dir wünschst«, schrieb er als Kommentar.

    Das iranische Außenministerium sagte, der Tod Hanijas werde das Band zwischen seinem Land und den Palästinensern stärken. Sein Blut werde niemals vergeblich vergossen sein, sagt Außenamtssprecher Nasser Kanaani staatlichen iranischen Medien zufolge. »Hanijas Märtyrertum in Teheran wird die tiefe und unzerbrechliche Bindung zwischen Teheran, Palästina und dem Widerstand stärken«, sagt Kanaani. Damit spielt er offenkundig auf die sogenannte Achse des Widerstandes an, die von Iran geführt wird und der die Hamas, die Hizbullah-Miliz im Libanon, die Huthi-Miliz im Jemen sowie Gruppen im Irak und in Syrien angehören.

    Die Türkei warf Israel vor, den Gazakrieg in der Region ausweiten zu wollen. Es habe sich abermals gezeigt, dass die Regierung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu keine Absicht habe, den Frieden zu erreichen, teilte das türkische Außenministerium mit. Russlands stellvertretender Außenminister Michail Bogdanow nannte die Tötung Hanijas laut der Nachrichtenagentur RIA einen »absolut inakzeptabler politischer Mord, der zu einer weiteren Eskalation der Spannungen führen wird«. Dies werde auch negative Auswirkungen auf die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen haben. Russland unterhält einerseits zwar Beziehungen zu Israel, andererseits aber noch engere Beziehungen zu den mit Israel verfeindeten Ländern Iran und Syrien sowie der Hamas.

    Hanija nahm an Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten teil

    Hanija wurde 1963 in einem Flüchtlingslager im Gazastreifen geboren. 2006 gewann er als Spitzenkandidat der Hamas die letzten Wahlen in den Palästinensergebieten. Im Gazastreifen regierte er bis 2017. Anschließend wurde er zum Chef des Politbüros der Organisation und verlegte seinen Sitz nach Qatar. Hanija befand sich diese Woche in Iran, weil er dort an der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian teilgenommen hatte.

    Die Nachricht von Hanijas Tötung folgte wenige Stunden nach einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut. Dabei wurde nach Angaben der israelischen Armee Fuad Schukr getötet, ein ranghoher Kommandeur der Schiitenmiliz Hizbullah. Die Hizbullah ist mit der Hamas im Gazastreifen verbündet, beide sind wiederum verbündet mit Israels Erzfeind Iran.“

    (FAZ, 31.7.)

    Israels Führung fühlt sich offenbar so sicher, daß es ungeniert andere Staaten angreift – weil beides sind ja auch Angriffe auf den Libanon und den Iran – und offenbar auch im Inneren klare Verhältnisse schaffen will in Richtung Präsidialdiktatur.

    Die Auswirkungen dieses Verhaltens auf die Weltlage lassen sich überhaupt nicht abschätzen.

    Man hat den Eindruck, daß den Medien bei der Berichterstattung über Israel langsam mulmig wird, wenn sie die Taten eines Verbündeten melden müssen, der sich der gleichen Methoden bedient, wie sie ansonsten bei Gegnern als fürchterliche Verbrechen angeprangert werden.

  4. „Hisbollah-Miliz im Libanon Tote und Tausende Verletzte nach Pager-Explosionen

    Im Libanon sind Funkempfänger von Hisbollah-Milizionären offenbar gezielt zur Explosion gebracht worden. Laut Regierungsangaben wurden neun Menschen getötet und 2.750 verletzt. Die Hisbollah macht Israel verantwortlich.

    Bei einem mutmaßlich koordinierten Angriff im Libanon sind nach Regierungsangaben neun Menschen durch explodierende Telekommunikationsgeräte getötet worden. 2.750 Menschen wurden demnach verletzt, davon 200 schwer. Die sogenannten Pager, die von der Hisbollah zur Kommunikation genutzt werden, waren fast zeitgleich explodiert, hieß es aus dem Umfeld der Miliz.

    Unter den Verletzten sollen auch Mitglieder der Radwan-Truppe sein, einer Eliteeinheit der Terrormiliz, sowie hochrangige Hisbollah-Vertreter. Der Chef der Miliz, Hassan Nasrallah, sei nicht verletzt worden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf ranghohe Hisbollah-Kreise.

    Panik in Beirut

    Augenzeugen berichteten von Panik in den Straßen Beiruts. Zahlreiche Krankenwagen waren im Einsatz, Kliniken im Süden der Hauptstadt baten um Blutspenden. Das libanesische Gesundheitsministerium rief alle Krankenhäuser zu höchster Alarmbereitschaft auf und forderte die Menschen auf, keine Funkgeräte zu benutzen. Die meisten Betroffenen hätten Verletzungen »im Gesicht, an der Hand, am Bauch oder sogar an den Augen« erlitten, sagte der libanesische Gesundheitsminister Firass Abiad.

    Im Raum steht die Frage, ob Israel die Geräte als Angriff womöglich gezielt zur Explosion gebracht haben könnte.“

    Das ist überhaupt keine Frage, sondern liegt auf der Hand.

    „Die Hisbollah warf Israel vor, hinter den explodierenden Pagern zu stecken. Israel werde dafür seine »gerechte Strafe« bekommen. Libanesische Nachrichtenagenturen sprachen von einem »beispiellosen feindlichen Sicherheitsvorfall«. Die Pager seien mittels fortschrittlicher Technik zur Explosion gebracht worden. Aus Hisbollah-Kreisen hieß es, die Vorfälle seien die Folge eines Eindringens Israels in das Kommunikationssystem der Miliz. Die israelische Armee kommentierte die Berichte bislang nicht.

    Iranischer Botschafter unter den Verletzten

    Um israelische Angriffe auf das Hisbollah-Kommunikationssystem zu verhindern, waren die Mitglieder seit Beginn des Gaza-Kriegs dazu aufgefordert worden, auf Mobiltelefone zu verzichten. Drei Mitarbeiter aus Sicherheitskreisen sagten der Nachrichtenagentur Reuters, bei den Pagern habe es sich um neueste Modelle gehandelt, die die Hisbollah in den vergangenen Monaten eingeführt habe.“

    Das heißt, sie wurden erst kürzlich angeschafft und hier liegt der Hund begraben.

    „Nach Angaben aus Teheran ist auch der iranische Botschafter im Libanon verletzt worden. Das iranische Staatsfernsehen berichtete, Botschafter Modschtaba Amani habe dem Sender selbst mitgeteilt, dass es ihm trotz der Verletzung gut gehe und »keinerlei Gefahr« für ihn bestehe. (…)

    Israel weitet Kriegsziele aus

    Die israelische Regierung hatte kurz zuvor mitgeteilt, dass sie ihre Kriegsziele auf den Konflikt mit der Hisbollah im Libanon ausgeweitet habe. Die Regierung habe die Kriegsziele aktualisiert und um die »sichere Rückkehr der Bewohner des Nordens in ihre Häuser« erweitert, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit.

    Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast einem Jahr kommt es im Grenzgebiet fast täglich zu Konfrontationen zwischen der libanesischen Hisbollah und dem israelischen Militär. Auf beiden Seiten gab es infolge des Beschusses Tote — die meisten von ihnen waren Mitglieder der Hisbollah. Am Nachmittag teilte das israelische Militär mit, bei einem Angriff auf einen Ort im Südlibanon drei Hisbollah-Kämpfer getötet zu haben. (…)“

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    „Was sind Pager und warum benutzt die Hisbollah sie?

    Pager sind kleine Kommunikationsgeräte und waren so etwas wie ein Vorläufer des Handys. Die Grundidee: Wenn man mit jemandem sprechen will, pingt man den Pager der Person an. Diese sieht die Telefonnummer oder eine kurze Nachricht. Pager wurden vor allem seit den 1980er-Jahren breit eingesetzt, unter anderem bei Rettungsdiensten. Die permanente Erreichbarkeit von Handys machte sie jedoch weitgehend überflüssig.

    Dass eine Miliz wie die Hisbollah in großem Stil Pager verwendet, hat wohl einen einfachen Grund: Anders als bei Handys oder Smartphones kann ihr Aufenthaltsort nicht ermittelt werden. Denn ein gewöhnlicher Pager ist nur ein Empfänger, der nicht in ein Netz eingeloggt ist. Alle Pager in einem Gebiet gleichzeitig zu aktivieren, ist unterdessen kein Problem.“
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    (tagesschau, 17.9.)

  5. „Manipulationen an den Pagern sind die wahrscheinlichste Erklärung für die gleichzeitigen Explosionen im Libanon
    (…)

    Marc Rivero, Forschungsleiter beim Sicherheitsunternehmen Kaspersky, erklärte, es sei erwiesen, dass ein elektronischer Angriff möglich sei und die Batterien in elektronischen Geräten Schaden anrichten könnten. Aber Rivero führt weiter aus, dass es zwar plausibel wäre, dass ein eletronisches Signal eine Funktionsstörung in den Batterien verursacht hätte, die die Explosion verursacht habe. Er sei aber der Meinung, dass die logischste Theorie darin bestehe, dass es sich um »einen Angriff auf die Lieferkette« handele. Das erklärt er so: »Das Gerät wurde möglicherweise an der Quelle manipuliert, bevor es an die Benutzer verteilt wurde, und es könnte eine Art Sprengladung eingeführt worden sein, die durch spezifische und ferngesteuerte Programmierung zu Explosionen führt.«“

    (El País, 17.9.)

    Die Batterien dieser kleinen Geräte sind nämlich viel zu klein, um solchen Schaden anrichten zu können.

    D.h., der israelische Geheimdienst hat diese Geräte eingekauft, mit Sprengsätzen ausgestattet und dann über diverse Mittelsmänner an die Hisbollah weiterverkauft.

    Eine Sache ist, daß jetzt die Hisbollah ihre Kommunikation neu organisieren muß.
    Eine zweite Folge wird sein: Der Haß gegen Israel wird in der Region ins Unermeßliche steigen.

  6. „Hezbollah’s security and technical teams are investigating the blasts. Today, the Taiwanese company Gold Apollo issued a statement that the reportedly retrofitted AR-924 pagers were made and sold by a Hungary-based company using Gold Apollo’s trademark.

    This afternoon, as many continued to speculate about how precisely the attack was carried out, there was a second round of explosions, this time from walkie-talkies. At least fourteen people were killed and four hundred and fifty more were wounded, according to the Lebanese health ministry.

    Hezbollah has vowed retribution. The exploding communications devices are the latest and most significant escalation in eleven months of conflict. Was Tuesday’s attack and Wednesday’s follow-up Israel’s »big hit« or the prelude to it? When and how will Hezbollah respond? The party’s leader, Sayyed Hassan Nasrallah, is set to deliver a speech tomorrow afternoon to address the latest developments. The Lebanese, and no doubt many Israelis, will be listening carefully.“

    (New Yorker, 18.9.)

  7. „Die Hypothese, dass es sich um eine aus der Ferne aufgeheizte Batterie handelte, wurde sofort aufgegeben: Die Art der Explosion, ihre Stärke und die Gleichzeitigkeit der Detonationen passen nicht zur Hypothese, dass die Batterie überhitzt wird, bis sie explodiert.

    Der Erfolg der Operation hing also von der Kombination aus dem Einbringen von Sprengstoff in den Pager und der Optimierung seiner Firmware – der werkseitig vorinstallierten Software – ab, um die Explosion zu erzeugen. Ohne physischen Zugriff auf die Geräte geht das nicht. Wenn dies der Fall ist, besteht der Schlüssel darin, herauszufinden, wie die Attentäter Zugriff auf die Pager hatten, um sie zu manipulieren.

    Nach Angaben der Agentur AP hat Taiwans Wirtschaftsministerium detailliert dargelegt, dass Gold Apollo zwischen Januar und August mehr als 40.000 Geräte dieses Typs exportiert hat. Die Kunden waren hauptsächlich europäische und amerikanische Länder; Es liegen keine Aufzeichnungen über direkte Exporte in den Libanon vor.

    Es gibt unzählige Theorien darüber, wo dieses hypothetische und mysteriöse Abfangen in der Lieferkette stattgefunden haben könnte. Eine einfache Möglichkeit besteht darin, dass Israel andere Geräte gekauft, sie in seinen Einrichtungen durch den Einbau von Sprengstoff und neuer kabelgebundener Firmware optimiert und sie während des Transports ausgetauscht hat: eine Box gegen die andere, Punkt.

    Eine andere mögliche Methode besteht darin, dass der Attentäter auf die Waren zugreift und dieselben Änderungen während des Transports, beispielsweise auf dem Schiff, vornimmt.
    Es ist eine viel riskantere Operation, die mehr Komplizen erfordert.
    Wenn jedoch der Sprengstoff und die Firmware vorbereitet wären, wäre es möglich, die Modifikation in wenigen Minuten durchzuführen. Daher ist es plausibel, sich vorzustellen, dass eine Gruppe von Agenten oder Soldaten dies in wenigen Stunden an einem halb geheimen Ort durchführt. Und ohne dass jemand gravierende Verzögerungen vermutet oder Manipulationen an den Geräten erkennt.

    Dieser Prozess des Abfangens (auch Interdiktion genannt) ist weder einzigartig noch außergewöhnlich. Im Jahr 2014 wurde bekannt, dass die US-amerikanische National Security Agency Cisco-Router abgefangen hatte, um sie gezielt zu modifizieren und Zugriff auf ihre Kommunikation zu erhalten.
    Der Unterschied liegt in diesem Fall im Ausmaß und darin, dass das Ziel darin bestand, die Geräte explodieren zu lassen, und nicht darin, sie jahrelang zum Abhören einzusetzen.

    Warum setzten die Attentäter die Geräte nichtzur Erlangung von mehr Informationen ein?

    Als die Manipulatoren die Firmware der Geräte änderten, hätten sie ein Netzwerk von Hisbollah-Mitgliedern oder jedes andere erdenkliche Ziel aufspüren können. Pager haben nicht die gleichen Fähigkeiten wie ein Mobiltelefon, aber wenn sie modifiziert werden, können Sie sie dazu bringen, mehr Informationen zu vermitteln.

    Die Manipulatoren könnten auch warten, bis es einen offensichtlicheren Konflikt gibt, um ihre Rivalen auszuschalten. Einigen Videos zufolge explodierten die Pager, nachdem sie eine Nachricht erhalten hatten, die auf die Aktivierung des Sprengstoffs hinweisen könnte.

    Abgesehen von den schrecklichen Schäden ist unklar, warum sie zu diesem Zeitpunkt gezündet wurden. Eine offenbar bestätigte Hypothese besagt, dass so viele modifizierte Pager ein potenzielles Risiko darstellten. Bei einer Panne wäre die Operation aufgedeckt worden. Den Quellen zufolge bestand das Ziel darin, die Operation unmittelbar vor einem militärischen Angriff zu starten.“

    (El País, 18.9.)

  8. „Einigen Berichten zufolge wurde eine Reihe von Geräten über einen iranischen Zwischenhändler aus China gekauft. Und entweder bereits dort oder höchstwahrscheinlich auf dem Lieferweg gelangte es in die »richtigen Hände«, und in jedem der Pager wurden mehrere Gramm Sprengstoff plaziert.
    Es war eine komplexe und sehr mühsame Arbeit, die eine sehr genaue Organisation und die Beteiligung von mehr als einem Dutzend Spezialisten erforderte. Am Dienstag aktivierte das gesendete Signal die Batterien in den Geräten, es folgte eine Detonation.“

    (KP, 19.9.)

    Die Batterien funktionierten also als Zünder für die Auslösung der Explosion, indem sie sich aufgrund des gesendeten Signals überhitzten.

    Auch die Walkie-Talkies, die 2 Tage später explodierten, waren chinesische Fabrikate.

  9. Die ebenfalls präparierten und explodierten Walkie-Talkies stammten angeblich nicht aus China, sondern aus Japan:

    Reuters berichtet unter Berufung auf ihre Quellen, dass die japanischen Icom v82-Funkgeräte, die am 18. September explodierten, vor 5 Monaten von der Hisbollah erworben wurden – etwa zur gleichen Zeit wie die Pager.“

    Außerdem fragt man sich, ob die USA eingeweiht waren:

    „Wie ein Einwohner der libanesischen Hauptstadt gegenüber Izvestija sagte, diskutiert das Land derzeit über Informationen, wonach Ärzten des American University Medical Center in Beirut 15 Tage vor der Pager-Explosion ihre Geräte weggenommen wurden, angeblich zur »Neuregistrierung«. (…)

    Wie der Beiruter hinzufügte, seien diese Pager nicht nur bei der Hisbollah verbreitet, sondern werden auch von Ärzten im Libanon und in Syrien verwendet. Dies bedeutet, dass diejenigen, die den Angriff verübten, sich der Zahl möglicher Opfer unter dem einfachen Gesundheitspersonal bewusst waren.“

    Das ist natürlich besonders effektiv, wenn man beim Feind auch gleich die Ärzte und Krankenpfleger mit ausschaltet.

    Die Herkunft der Pager ist inzwischen unklar:

    „Die New York Times berichtete, dass die Pager von der taiwanesischen Firma Gold Apollo hergestellt wurden, die dies wiederum bestritt und erklärte, dass die explodierten Pager von der ungarischen Firma BAC Consulting Kft. hergestellt wurden. Dieses in Budapest registrierte Unternehmen bestreitet jedoch eine Beteiligung an der Herstellung von Geräten.“

    Die Bezeichnung „in Budapest registriert“ weist darauf hin, daß die Firma ganz woanders sein und produzieren könnte.

    Der Vertrauensverlust der Mitglieder in alle Kommunikationsmittel und überhaupt in die Organisation der Hisbollah ist jedenfalls beachtlich.
    Auch die Kampfkraft der Hisbollah ist eingeschränkt, weil die von der schnellen Übertragung von Informationen und Kommandos abhängt.

    „Am 18. September wurde bekannt, dass zur Explosion der Pager der Stoff Nitropenta verwendet wurde. Es wird zur Herstellung von kumulativen Projektilen und Sprengschnüren verwendet. Es handelt sich um eine chemisch stabile Verbindung, die als kristallines Pulver vorliegt. Es zersetzt sich beim Erhitzen und führt zu Selbstbeschleunigung, Volumenzunahme und Explosion, erklärte Igor Bederov, Direktor der Firma Internet Search, gegenüber der Izvestija.
    »Irgendwann wurden die Lieferketten für die Komponenten unterbrochen und die Pager manipuliert. Dies konnte sogar unter sehr einfachen Bedingungen erfolgen. Es war notwendig, einen zusätzlichen Chip mit Sprengstoff an die bestehende Stromversorgung anzuschließen, höchstwahrscheinlich auch eine Zündkapsel und ein GSM-Modul, damit all dies aktiviert werden konnte«, sagte er.“

    Dafür bedarf es allerdings einer gewissen Vorbereitung. Diese Sprengkapseln u.a. mußten für die Montage in ausreichender Menge an richtigen Ort bereitliegen.

    „»Zur Detonation der Walkie-Talkies wurde derselbe Sprengstoff verwendet, der auch bei der ersten Explosionswelle zum Einsatz kam. Sie können allerdings mehr Sprengstoff aufnehmen als die Pager, die 20 Gramm enthielten. Auch diese Geräte wurden vor einigen Monaten von einem japanischen Unternehmen gekauft.
    Offenbar seien dieselben Personen für die Lieferung beider Kommunikationsgeräte verantwortlich gewesen«, sagte der Cybersicherheitsexperte Andrei Masalovitsch gegenüber der Izvestija.
    »Während Pager an eine Vielzahl von Menschen verteilt wurden, verwenden nur Hisbollah-Kämpfer Walkie-Talkies.«“

    (Izvestija, 19.9.)

  10. Es wird immer nebelhafter, wo diese Geräte herkamen. Die darauf prangenden Firmennamen sollen gefälscht sein, die verkaufenden Firmen sind Briefkastenfirmen:

    „Kamen explodierende Hisbollah-Pager aus Bulgarien?

    Nach einer ungarischen soll nun eine bulgarische Firma für die Produktion der detonierten Funksysteme verantwortlich sein

    Gold Apollo, BAC Consulting, Norta Global?
    Die Spurensuche bei den Pagern, die im Libanon reihenweise explodiert sind und Tote und Verletzte gefordert haben, geht weiter und zieht immer mehr Unternehmen und Länder mit hinein. Die taiwanische Firma Gold Apollo, deren Name auf den detonierten Funksystemen prangte, wies die Schuld am Mittwoch von sich und verwies auf das ungarische Unternehmen BAC Consulting. Dort will die Gründerin ebenfalls nichts damit zu tun haben und erklärte, sie sei lediglich eine Zwischenhändlerin.

    Ihr zur Seite sprang kurz darauf die ungarische Regierung. Diese erklärte am Mittwochabend, dass sich die explodierten Pager nie in ihrem Land befunden hätten. Auch bestätigte sie, dass BAC Consulting gar keine Produktionsstätten habe, um die mobilen Geräte herzustellen.

    Kurze Zeit später berichtete die ungarische Nachrichtenwebseite Telex, dass BAC Consulting nur auf dem Papier involviert sei. Deren Gründerin Cristiana Bársony-Arcidiacono habe demnach mit dem bulgarischen Unternehmen Norta Global kooperiert, das tatsächlich die Pager aus Taiwan importiert und an die Hisbollah geliefert haben soll. Dem Bericht zufolge soll Bársony-Arcidiaconos Firma nur als Deckung verwendet worden sein.

    Prüfung in Bulgarien

    Und so wechselte das internationale Scheinwerferlicht am Donnerstag von Budapest nach Sofia. Dort gab der Inlandsgeheimdienst Sans in einer offiziellen Stellungnahme bekannt, dass in Bulgarien keine Geschäfte und Lieferungen mit den betreffenden Pagern durchgeführt worden seien. Man werde aber gemeinsam mit dem Innenministerium und weiteren nationalen Behörden die mögliche Involvierung eines bulgarischen Unternehmens prüfen, ohne einen Namen zu nennen.

    Diverse Anfragen an Norta Global wurden nicht beantwortet. Telex zufolge gehört die Firma einem Norweger und wurde im April 2022 gegründet – also circa zur gleichen Zeit wie das ungarische Unternehmen BAC Consulting. Laut Registerunterlagen ist Norta Global im Bereich Projektmanagement tätig, die Firmenhomepage war am Donnerstag nicht mehr aufrufbar.“

    Interessant, wie viele Briefkastenfirmen es in der EU gibt.

    „»Pager explodieren, Walkie-Talkies explodieren, eine schreckliche Stimmung wird in Bulgarien verbreitet«, sagt Ex-Premier Bojko Borissow zu der Angelegenheit. »Ich hoffe, Sans und die anderen Behörden können rasch aufklären, was passiert ist. Überall auf der Welt wird geschrieben, dass Bulgarien direkt beteiligt ist. Das muss aufhören.« Der Chef der konservativen Partei Gerb fühlt sich dabei an den Anschlag am bulgarischen Flughafen Burgas im Jahr 2012 erinnert. Pikanterweise galt dieses Selbstmordattentat israelischen Touristen.

    Keine Hinweise auf einen »Tom«

    Zu einem möglichen Österreich-Bezug gibt es derweil nichts Neues, allerdings ist der Ansatzpunkt auch sehr vage. Der Leiter von Gold Apollo hatte sich eigenen Aussagen zufolge mit einem Österreicher namens »Tom« über die Produktion und den Vertrieb von Pagern unterhalten. Selbst getroffen hat er ihn aber nie, sondern mit ihm über Videoschaltung kommuniziert.

    Und was die am Mittwoch explodierten Walkie-Talkies in den Reihen der Hisbollah betrifft, hat sich mittlerweile auch der Hersteller gemeldet. Das japanische Unternehmen ICOM erklärte, es wolle Berichten nachgehen, denen zufolge auf den detonierten Funksprechgeräten sein Firmenlogo zu sehen war.

    Fotos zufolge sehen die Walkie-Talkies aus wie das ICOM-Modell IC-V82. Die Firma mit Sitz in Osaka erklärte, sie stelle alle ihre Funkgeräte in Japan her. Ob sie die Geräte, um die es geht, ausgeliefert habe, könne sie nicht bestätigen – unter anderem, weil das Modell vor zehn Jahren eingestellt worden sei.

    In der Vergangenheit hat ICOM davor gewarnt, dass Produktfälschungen auf dem Markt kursierten, insbesondere von eingestellten Modellen. Sicherheitskreisen zufolge hatte die Hisbollah die Walkie-Talkies vor fünf Monaten gekauft – etwa zur selben Zeit wie die Pager.“

    (Standard, 19.9.)

  11. Die nächste Scheinfirma:

    „Spur der explodierten Hisbollah-Pager führt zu ominöser Schweizerin

    Israelische Geheimdienste sollen für die mit Sprengstoff präparierten Pager der Hisbollah ein Netz aus Scheinfirmen genutzt haben. Eine neue Spur führt in die Schweiz

    Das Haus in Zürich, zu dem die Spur einer der ausgeklügeltsten Geheimdienstoperation der letzten Jahrzehnte führt, ist unscheinbar. Im Erdgeschoß befindet sich ein vietnamesisches Restaurant, ein Stockwerk darüber ein gutbesuchtes Nagelstudio, ein paar Meter weiter fließt der Fluss Sihl vorbei. Und doch soll hier, in der Selnaustraße 33, eine Frau leben, von der das Geld für jene 3000 mit Sprengstoff gespickten Pager stammen soll, die vor etwas mehr als zwei Wochen zeitgleich explodierten und mindestens zwölf Menschen in den Tod rissen, darunter mehrere Kinder.

    Selnaustraße 33, 8001 Zürich – diese Adresse steht als Anschrift jener Frau im Hongkonger Firmenregister, die 2021 eine Firma namens Ellenberg Trading gründete. Die Firmengründerin weist sich als »Pauline Ellenberg« aus. Sie und ihr Team hätten »jahrzehntelange Erfahrung (…) auf dem Gebiet der internationalen Investitionen«, heißt es auf der Homepage der Firma.

    Briefkastenfirmen

    Bislang hat Israels Regierung weder bestätigt noch bestritten, etwas mit den manipulierten Pagern zu tun zu haben. Allerdings bestätigten zwölf frühere oder derzeitige Beamte der New York Times, dass es sich um eine von langer Hand geplante Geheimdienstoperation Israels handle.“

    Mit einem Wort, US-Beamte bzw. -Dienste waren auch beteiligt.
    Daß die der NYT so bereitwillig Auskunft erteilen, zeigt, daß ihnen nicht ganz wohl bei dem gedanken ist, was diese israelisch-US-Aktion weltweit ausgelöst hat.

    „Mithilfe eines Netzes von Briefkastenfirmen sollte offenbar verborgen werden, dass es in Wahrheit israelische Geheimdienstler waren, die jene Pager fabrizierten, die die Hisbollah bestellt hatte. Eine dieser Tarnfirmen ist mutmaßlich die Hongkonger Ellenberg Trading.

    Über die Firma liefen offenbar Zahlungen in Millionenhöhe an eine bulgarische Firma, die das Geld wiederum an die ungarische Firma BAC Consulting weiterleitete, welche die Produktion der Pager in Auftrag gab. Dies zeigt eine Recherche der norwegischen Zeitung VG, der Schweizer Tamedia-Gruppe, des Organized Crime and Corruption Reporting Project und des STANDARD. Zwar hat Ellenberg Trading, die Firma am Anfang der Zahlungskette, ihren Sitz in Hongkong, das Geld aber wurde von einem Konto der Mizrahi Tefahot Bank überwiesen – Israels drittgrößter Bank. Ellenberg Trading ließ eine Anfrage unbeantwortet. Auch die Gründerin ist nicht zu erreichen – wenn es sie denn überhaupt gibt.

    Zweifel an Ellenbergs Existenz

    Zwar hat sich Pauline Ellenberg bei der Gründung ihrer Firma offenbar ausgewiesen. Ihre Ausweisnummer ist in Hongkong hinterlegt, ebenso wie ihre Anschrift in Zürich. Allerdings ist die Frau dort nicht zu finden. Ihr Name steht nicht auf der Klingel, auch nicht auf den Briefkästen. Auch die Nachbarn in dem vierstöckigen Gebäude haben noch nie von ihr gehört. Die Schweizer Post gibt an, dass unter der Adresse keine Pauline Ellenberg registriert ist.

    Und es wird noch mysteriöser: Laut Steueramt gibt es im gesamten Kanton Zürich keine Frau mit diesem Namen. Bleibt nur die angebliche Schweizer Passnummer. Ob diese echt ist, will das Schweizer Bundesamt für Polizei allerdings nicht verraten – aus Datenschutzgründen.“

    Es ist natürlich peinlich für die Schweizer Behörden, wenn herauskommt, daß man Schweizer Pässe ohne weiteres fälschen kann, wenn man ein befreundeter Geheimdienst ist …
    Man erinnere sich an den Mord an Al-Mabhuh in Dubai 2010, bei dem auch Mossad-Agenten mit gefälschten europäischen Pässen unterwegs waren.

    „Vieles unklar

    Dass das Rätsel um die explodierenden Pager zeitnah gelöst wird, ist unwahrscheinlich. Noch immer ist unklar, wo genau der Sprengstoff in die Pager verbaut wurde – und wie genau sie ab Sommer 2022 an die Hisbollah geliefert wurden. Die Terrormiliz schweigt bislang dazu, wo genau sie die Geräte ursprünglich bestellt hat. Für die Milizionäre ist es ein peinliches Kapitel – schließlich hatten sie ihre Anhänger erst aufgefordert, Pager statt Handys zu nutzen. Und nur wenige Stunden nachdem tausende Pager explodiert waren, detonierten Funkgeräte. Nun sei keinen iPhones mehr zu trauen, keinen Laptops, hieß es schon bald in den Reihen der Hisbollah. In jedem Gerät könne der Tod lauern.

    Von Israel selbst ist wenig Aufklärung zu erwarten. Nachdem der israelische Inlandsgeheimdienst Shin Bet den palästinensischen Terroristen Yahya Ayyash 1996 mit einem mit Sprengstoff präparierten Handy getötet hatte, dauerte es mehr als ein Jahrzehnt, bis der einst dafür verantwortliche Geheimdienstchef die Verwicklung Israels offiziell bestätigte.“

    (Der Standard, 4.10.)

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