OBAMA RUFT ZAPATERO AN
Der Euro ist mit der Krise um die griechische Staatsschuld selber als Weltwährung in Frage gestellt. Die Schwierigkeiten Griechenlands, seine in Euro bilanzierte Staatsschuld zu bedienen, haben die Finanzmärkte mißtrauisch werden lassen. Der Euro, der immerhin eine Weltwährung ist, in den Währungsreserven der meisten Staaten Staaten der Welt als Devisenschatz liegt, und in dem viele Geschäfte und Rohstoff-Transaktionen verrechnet werden, ist als Maß der Werte, Ankerwährung, und ähnliches fragwürdig geworden. Damit auch alle Wertpapiere, die auf Euro lauten.
Es ist aber keineswegs so, daß die Schwäche des Euro die Hüter des Dollar freuen würde. Der Dollar bezieht einen Teil seines Wertes und seiner „Stabilität“ aus dem Verhältnis zum Euro, und aus Geschäften, die zwischen Dollar- und Euro-Besitzern getätigt werden.
Die Turbulenzen um den Euro verursachen offensichtlich auch dem amerikanischen Präsidenten Sorgenfalten und so griff er am 11. Mai zum Telefon, um den spanischen Regierungschef anzurufen.
Über den Inhalt dieses Gespräches gibt es verschiedene Versionen. Von spanischer Seite verlautet, sie hätten eigentlich nur Smalltalk gemacht.
Eher unglaubwürdig zwischen zwei Personen ihres politischen Kalibers.
Die Pressemeldung des Weißen Hauses ist etwas ausführlicher:
”They discussed the importance of Spain taking resolute action as part of Europe’s effort to strengthen its economy and build market confidence. The President expressed the support of the United States for those efforts.“ (Erklärung)
Obama hat also Zapatero aufgefordert, schleunigst etwas für die Stabilität des Euro zu tun.
Der Erfolg war durchschlagend: Am nächsten Tag verkündete der spanische Regierungschef im Parlament, unter anderem die Beamtengehälter dieses Jahr um 5% zu kürzen und für 2011 einzufrieren, die Invalidenrenten einzuschränken, die Pensionen nächstes Jahr nicht zu erhöhen, und den Babyscheck (2.500 Euros pro Lebendgeburt) abzuschaffen. Damit sollen 15.000 Millionen Euro eingespart werden.
Der Mann hat sicher die ganze Nacht durchgearbeitet, um mit diesen Erklärungen aufwarten zu können.
Was ist hier alles passiert?
Der amerikanische Präsident macht sich Sorgen um seine Währung und seine Nation und möchte, daß andere, also Staatenlenker der Euro-Zone, sich um ihre Währung kümmern, um dem Dollar zu nützen. Daran erkennt man, daß es sich die USA nicht leisten können, den Euro fallen zu lassen, es sich andererseits aber auch nicht leisten wollen, ihn zu stützen. Also ergeht an den EU-Vorsitz und gleichzeitig Problemkandidaten Spanien ein informeller Anruf: Tuts was, Leute!
So informell, daß man es dabei bewenden lassen würde, ist dieses Gespräch auch nicht gewesen. Immerhin wurde es veröffentlicht und durch den Pressesprecher des Weißen Hauses auch noch kommentiert:
Die Regierungschefs „sprachen davon, wie wichtig es sei, daß Spanien Rettungsmaßnahmen ergreift, als Teil der Anstrengungen Europas, seine Wirtschaft und das Vertrauen der Märkte zu stärken.“ (El País, 12.5.)
Damit auch alle Welt weiß, daß Obama dem spanischen Regierungschef einen kleinen freundschaftlichen Stesser gegeben hat.
Der spanische Premierminister wiederum verkündet bereits am nächsten Tag im Parlament sein Sparprogramm.
Was ist dazu zu sagen?
Zapatero nimmt den Anruf sehr ernst, obwohl er dementiert, direkt zu den Sparmaßnahmen aufgefordert worden zu sein, die er jetzt vorschlägt. Als Vollstrecker amerikanischer Befehle will er nicht dastehen. Er hat es jedoch sichtlich sehr eilig.
Wie kommen Beamtengehälter zustande? Doch wohl so – es handelt sich ja immerhin um Angestellte des Souveräns selbst und nicht um marokkanische Erntehelfer – daß diese Leute bei Antritt ihres Jobs einen Vertrag erhalten haben, in dem ihre Rechte und Pflichten und auch ihre Bezahlung festgehalten sind.
Wenn Zapatero jetzt eine 5-prozentige Reduktion ihres Gehaltes in Aussicht stellt, so begeht er damit einen Vertragsbruch. Während ein solcher im Zivilrecht, sofern er zwischen Privatpersonen geschieht, geahndet wird, so kann sich der Staat anscheinend, als die Grundlage und erste Bedingung des Rechtes, über von ihm selbst unterzeichnete Verträge hinwegsetzen. (Diese Maßnahme betrifft angeblich 2,5 Millionen Beamte.)
Bei den anderen Maßnahmen handelt es sich immerhin um im Parlament beschlossene Gesetze, deren Modifikation oder Abschaffung auch erst einmal durch das Parlament genehmigt werden müssen.
Was werden die Folgen davon sein?
Erstens, hitzige innenpolitische Debatten, die Bemühung des ökonomischen Sachverstandes und der patriotischen Gefühle, um alle maßgeblichen Teile der Nation (Opposition, Gewerkschaften, Medien, Kirche usw.) hinter sich zu versammeln.
Zweitens, ein ziemlicher Rückgang der Kaufkraft, ein Anstieg der Kreditausfälle der Banken im Konsumentensektor, da viele der solchermaßen in ihrem Einkommen verkürzten Personen und Familien in Zahlungsschwierigkeiten geraten werden. Sie haben sich ja deswegen verschuldet, weil ihr bisheriges Einkommen für bestimmte Anschaffungen nicht gereicht hat.
Drittens, in Folge dessen, Rückgang des Konsums, Probleme im Handel, vielleicht wieder Bankprobleme, und Bedarf an Stützungen seitens der Regierung, um Konkurswellen oder Bankenkrachs zu verhindern.
Alles in allem, schöne Perspektiven für die spanische Bevölkerung.
Es fragt sich nur: sind das wirklich vertrauensbildende und aufmunternde Signale an die „Märkte“, „Investoren“, „Spekulanten“, Rating-Agenturen?
Ich bin mir nicht sicher. Aber ich glaube dass die Staatsmänner in USA und Europa denken dass der Ursprung der Wirtschafts- und Finanzkrise ausschließlich an den Finanzmärkten zu suchen ist. Dementsprechend auch die Hoffnung, wenn sie den bereits brachliegenden Finanzbedarf aufkaufen lassen, wird sich dieser zwar mittelfristig in ausufernder Staatsverschuldung manifestieren. Das Vertrauen der Finanzmärkte in die Staatsverschuldung, und nach einer Konjunkturbelebung in USA und Europa wieder sprudelnde Steuereinnahmen, werden dieses Problem wieder automatisch aus dem Weg räumen lassen können. Schließlich tilgen Regierungen ihre Staatsschuld sowieso nie. Sondern sie finanzieren sie beständig dadurch dass sie neue Schulden auf den Finanzmärkten aufnehmen lassen müssen. Als Lender of Lat Resort sorgt dementsprechend die “ausufernde” Kapazitätsauslastung des Staatsfinanzwesens dass die fortschreitende Zahlungsfähigkeit des Finanz- und Bankenwesens gesichert bleiben kann. Was der Staat dementsprechend macht ist alte Schulden immerzu mit neuer Schuldenaufnahme zu begleichen. Beglichen wird der Schuldendienst der Staaten dadurch dass er eine Zins- und Zinsenszins-Abgabe an die Finanz- und Bankenwelt in die Wege leitet, aber niemals vollständig ihre Schuldenlasten an den Finanz- und Bankensektor begleichen müssen. Deswegen auch jetzt wieder der “Glaube”, wenn die Staaten in good old Europe an den Staatsausgaben sparen, werden sowie das Schuldenproblem eindämmen können.
Meine Frage zielt eben darauf ab, ob nicht diese Maßnahmen eine Konjunkturbelebung verhindern, das BIP aller Euro-Staaten schrumpfen lassen und keineswegs zu sprudelnden Steuereinnahmen führen werden.
Es ist offensichtlich, daß Politiker wie Politikerinnen einerseits wieder zum alten keynianischen Glauben zurückgekehrt sind, daß man nur mit dem Hubschrauber über die Problemgebiete (also eigentlich fast überall hin) fliegen müsste und Hundert-Dollar/Euro-Scheine rausschmeißen müßte (der aktuelle FED-Chef Bernanke ist dafür explizizt berühmt geworden und seinem Vorgänger Greenspan werfen es ja reihenweise selbst die Leute vor, die jetzt seine Politik des billigen Geldes trotzdem als alleinigen Ausweg aus der Krise sehen).
Andererseits wird der alte Brüning auch wieder rausgekramt, weil man den Sirenengesängen der Keynesianer doch nicht so richtig richtig traut, bzw befürchtet, daß die Finanzwelt zumindest dem nicht traut und man deshalb ganz “klassisch” vorgehen müssen. Wo ärgerlichwerweise dann eben Nestors Frage gleich um die Ecke lugt:
“sind das wirklich vertrauensbildende und aufmunternde Signale an die „Märkte“, „Investoren“, „Spekulanten“, Rating-Agenturen?”
Da muß man sich die Wirtschaftsstrukturen meinetwegen Spaniens etwas genauer ansehen. Jedenfalls sprechen eine Immobilienblase und Leistungsbilanzdefizit nicht dafür dass durch verringerte Staatsverschuldung die wirtschaftliche Situation für die Kapitalisten dort sich verbessern könnte. Im Gegenteil, der Staat ist auf Teufel komm raus darauf angewiesen dass alles bestehen bleibt wie es momentan schon ist (damit das Leistungsbilanzdefizit wie gehabt über Schulden finanziert werden kann). Alle verschulden sich (Staat, Konsumenten, Kapitalisten) wie gehabt und am Abend wird darauf gehofft dass der Helikopter morgen schon wieder abheben wird. Da wirkt der Tritt auf die Schuldenberemse wie ein Pfeiffen im Wald in einem einsamen Waldspaziergang. Wenn das Kapital nicht konkurrenzfähig ist, hilft keine Sparmaßnahme der Welt mehr in dieser Situation.
Na ja, die Geldpakete sind ja über den Banken hinausgeworfen worden, und die Sparmaßnahmen werden anderen, hmm, Teilnehmern der Marktwirtschaft verordnet.
Ich weiß nicht, ob da unbedingt bei Keynes oder Brüning nachgeschlagen worden ist.
Jedenfalls scheint mir viel dafür zu sprechen, daß star wars Recht hat mit seinem “Jedenfalls sprechen eine Immobilienblase und Leistungsbilanzdefizit nicht dafür dass durch verringerte Staatsverschuldung die wirtschaftliche Situation für die Kapitalisten dort sich verbessern könnte. Im Gegenteil, der Staat ist auf Teufel komm raus darauf angewiesen dass alles bestehen bleibt wie es momentan schon ist”. Und nicht nur in Spanien meine ich, relativ viel “Pfeifen im Wald” vernehmen zu können. Daher auch die enorme Nervosität der angeblich bzw. nur relativ “stärkeren” Staaten, daß eben nicht nur Staaten wie Griechenland ausgemischt und aufgemischt werden könnten.
Ein Grund-Credo der „Finanzmärkte“ ist, daß Schulden dann solide sind, wenn sie in einem bestimmten Verhältnis zum BIP stehen.
Jetzt erfüllen jede Menge, praktisch alle Euro-Länder die sich selbst verordneten Maastricht-Kriterien nicht.
Bei Ländern mit negativem Leistungsbilanzdefizit ist auch nicht absehbar, wie sich dieses verhältnis je verbessern soll.
Alle haben also nach ihren eigenen Kriterien „unsolide“ Schulden.
Was aber, wenn überhaupt das Verhältnis von Schuldenbergen zu BIP einmal angezweifelt wird? Dann würden alle Bilanzkosmetik und Geldpakete auch nix mehr helfen.
Nein, daß Grundcredo der Finanzmärkte ist, daß Schulden dann solide sind, wenn die Finanzmärkte daß so sehen, wenn nicht, dann nicht. Denn nicht erst “jetzt” erfüllen doch viele Staaten z.B. die Mastricht-Grenzen nicht, “jetzt” ist eben nur das Vertrauen weg. Bei Staaten wie den USA, die bekanntlich das größte Leistungsbilanzdefizit haben und das schon eine ganze Weile, ist zwar eigentlich in der Tat nicht “absehbar”, wie die das je wegkriegen sollen, but who cares?
Es stimmt schon: “Alle haben also nach ihren eigenen Kriterien „unsolide“ Schulden”, aber nicht alle stehen jetzt akut unter Druck. Die USA jedenfalls nocht nicht (ob noch lange nicht, will ich nun wahrlich nicht prophezeihen).
Ja, aber wenn das „Vertrauen“ der Märkte einmal weg ist, wie es wieder herstellen? Es scheint so, daß diese ganzen Sparpakete eher den gegenteiligen Effekt haben – jeder kann sich ausrechnen, daß in diesen Sparefroh-Ländern sicher die nächsten Jahre kein Wirtschaftswachstum gibt, wegrationalisieren können sie ihren Staatsapparat jedoch auch nicht, also die Defizite bleiben, und das BIP geht zurück.
Während Deutschland sich als Musterschüler aufführt, an dem sich alle ein Vorbild zu nehmen hätten, so sind es seine Exportmärkte, die da zusammengestrichen werden, und deutsche Banken haben einen guten Teil des Geschäftes und Konsums in diesen Ländern kreditiert.
Nur eine Frage der Zeit, wann sich die ganze Sparerei in den deutschen Bilanzen niederschlägt.
Das ist auch einer der Gründe warum Deutschland sich dermaßen “lang” gegen Soforthilfe für Griechenland gewehrt hat. Die wussten, zuerst Griechenland, und dann möglicherweise Spanien, GB… Das sind alles Länder mit Leistungsbilanzdefizit und Rekordverschuldung. Während Deutschland über Exportüberschüsse gegenüber diese Länder konkurrenzfähig ist, füttern sich Länder wie Spanien usw. über ihre Finanzblasen. Die könnten mit deutscher Hilfe also ihre Bilanzen sanieren, und ihre Schuldenstände langsam aber sicher wieder abbauen. Nach der Krise könnte es dann passieren dass im internationalen Standortvergleich diese Länder wieder konkurrenzfähig werden können. Also steht die deutsche Bundesregierung vor der widersprüchlichen Aufgabe dass diesen Ländern geholfen werden muss, damit sie als Exportabnehmer nicht kaputtgehen müssen. Andererseits fürchten sie sich davor dass ausgerechnet mit deutscher Finanzhilfe ihre Konkurrenzvorteile im industriellen Sektor, gegenüber den Defizitwirtschaften im Süden Europas, sowie im angelsächsischen Raum, ein Stück weit wieder einbüssen müssen.
Aber ich denke sowieso dass es für die Staaten in Europa keinen Ausweg mehr gibt. So oder so werden sie ihre, über internationalen Handelsverkehr aufgebauten, Überkapazitäten abbauen müssen. Die bestehenden Defizitkreisläufe in Europa verdanken sich der Überproduktion. Sowohl was die Verteilung von Vorteilen, aber auch Nachteilen im internationalen Handels- bzw. Staatenverkehr (Finanzsektor, Industriebereich) angeht.
“Rekordverschuldung”?? Wer hat die denn nicht?
Oder andersrum: Es ist langjährige Praxis bei *allen* wichtigen EU-Staaten (und nicht nur EU-Staaten), *jedes* Jahr mehr Schulden zu machen als im Vorjahr. Die lichtesten Höhen haben dabei die bisher erfolgreichen Staaten erreicht: Deutschland rund 1700 Mrd €, Italien auch, Frankreich “nur” 1500, Großbritannien rund 1000 Mrd Pfund. Belgien und Italien haben mit rund 30.000 € pro Einwohner merklich mehr Schulden als Griechenland mit “nur” 24.000. (http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung)
Was die Auswirkungen der “Rettung” von Staaten vor Zahlungsunfähigkeit also der Unfähigkeit, jeweils fällig gewordene Alt-Schulden durch neu emittierte Anleihen “bezahlen” zu können, angeht, da bin ich mir nicht mal sicher, ob damit die Konkurrenzfähigkeit der jeweiligen Wirtschaften überhaupt wirkungsvoll angehoben wird. Denn die mit den Staatsschulden finanzierten Infrastrukturprojekte, die Millionen in Geldeinkommen gehaltenen Staatsbürger, die gab es vor der Rettung ja schon, ohne daß das die Konkurrenzfähigkeit der nationalen Kapitale merklich befördert hätte.
Ich denke, daß die Widersprüchlichkeit der Hilfe eher in dem klassischen Dilemma von Deficit Spending liegt, daß damit eben zwar die nötige Nachfrage hinzukriegen ist bzw. aufrechtzuerhalten ist also das Geldverdienen gestützt wird, aber leider damit das Geld als solches Gefahr zu leiden droht.
Ein ultrarechter US-Think-Tank (Cato) hat übrigens die sozusagen echte Gesamtverschuldung ausgewählter Staaten zusammengerechnet, also z.B. auch die nicht offiziell bilanzierten Pensionsverpflichtungen. Diese effektiven Staatsverschuldungen liegt, nicht ganz überraschend, nochmal erheblich höher als die offiziellen “Rekordverschuldungen”.
http://www.ncpa.org/pdfs/st319.pdf
@star wars
Wie denn das, bitte?
Alles, was ich bisher geschrieben hab, spricht dagegen, daß sich diese Länder in absehbarer Zeit derrappeln. Die Krise hat mehr oder weniger manifest gemacht, wer die Konkurrenz innerhalb der EU definitiv verloren hat.
Nein, davor fürchtet sich kein deutscher Politiker. Die „Finanzspritzen“ dienen nämlich dazu, Zahlungsunfähigkeit zu überwinden, das heißt, Schuldendienst zu leisten. Von Aufbau einer eigenen Industrie kann hier keine Rede sein.
Die Ängste der deutschen Politiker gehen eher dahin, daß auf diese Weise die ins Straucheln geratenen Staatsgewalten mit immer neuem Kredit vom Zusammenbruch gerettet werden müssen, mit „Ende nie“, und daß das auf Dauer den deutschen Staatskredit auch in die Tiefe zieht.
Also, noch einmal kurz zusammengefaßt: Die Befürchtung deutscher Politiker ist nicht, daß ihnen dort Konkurrenten erwachsen, sondern daß dort wirtschaftliche Wüstenlandschaften entstehen, die mit ihrem Staatskredit am Leben erhalten werden müssen.
Die Werbung hier paßt ja maßgenau:
“Testen Sie den Devisenhandel!
Lernen Sie wie man aus 1000€ in einem Monat 7000€ macht!”
Unsinn. Das ist wiedermal die alte GSP-Theorie, dass der Staat aus Scheiße Gold herbeizauben könnte.
Nein, zunächst einmal wird der zu leistende Schuldendienst innerhalb der Staatenwelt umverteilt. Ob die Zahlungsunfähigekt des Kreditnehmers überwurden wird, oder ob es später die andere oder gar die gleichen treffen wird, ist nach heutigen Stand noch nicht richtig abzusehen (Ausnahme hier Griechenland). Fakt ist dass der europäische Kredit als ganzes angeschlagen ist, wobei sich die Kredithändler erstmal die schwächsten Mitglieder in der Kette vornehmen möchten.
Die GSP-Theorie ist NICHT, daß der Staat aus Scheiße Gold herbeizaubern kann, sondern daß er in Zusammenarbeit mit seinen Banken Kredit in die Welt setzt und den in funktionierendes Kapital verwandeln will.
Daß der zu leistende Schuldendienst innerhalb der Staatenwelt umverteilt wird, mag sein, steht aber nicht im Widerspruch zum von mir und auch „Keynes“ bisher Gesagten.
Ob der Sprung, aus Schulden funktionierende Akkumulation zu machen, gelingt, ist inzwischen mehr als fragwürdig, und das wissen die handelnden Subjekte aus Politik und Finanzwelt auch.
Nein, was ich dir vorwerfe Nestor ist dass du aus den nationalistischen Reflexen sowie nationalen Interessenskonflikten die gegenwärtige Finankrise erklären willst. Die gibt es natürlich, aber die Finanzkrise läßt sich nicht als Verteilungskrise des weltweiten Kredits hinreichend erklären. Warum sollten die handelnden Subjekte aus Wirtschaft und Politik Kredit schöpfen wollen, wenn sie nicht wissen können ob dieser Schöpfungsprozess funktionieren könnte. Wenn sie die Kontrolle darüber hätten, müßten sie jetzt nicht Milliarden und vielleicht Billionen von Geldern für Konjunkturhilfe und Rettung der Bankenbilanzen hinterher schmeißen müssen. Dieser Gelder müssen durch Steuereinnahmen wieder in die Kasse gespült werden. Dieser Gelder schaffen zunächst keine Gewinne, sondern spulen Gelder von der Hand des Steuerzahler und der Staaten in die Hand der weltweit handelnden Finanzkapitalisten. Die Finanzkrise in Europa wurde überhaupt deswegen in die nächste Stufe hinaufbefördert weil die internationale Staatenwelt fiktive Geldsummen in ihre Staatsbilanzen aufnehmen mußten. Gelder verteilen können die Banken ohne Ende (bis sie irgendwann vollkommen Pleite werden), ob sie damit auch Gewinne erzielen können ist für´s Finanzgewerbe die alles entscheidende Frage.
Das ist der theorertische Widespruch den du dir leistest, wenn du die europäische Finanzkrise von oben herab ableiten willst.
Das stimmt: “die Finanzkrise läßt sich nicht als Verteilungskrise des weltweiten Kredits hinreichend erklären”. Jedenfalls, wenn man die Betonung auf Verteilung legen würde. Es geht schließlich nicht um ein Null-Summen-Spiel.
Star wars, du stellst eine gute Frage: “Warum sollten die handelnden Subjekte aus Wirtschaft und Politik Kredit schöpfen wollen, wenn sie nicht wissen können ob dieser Schöpfungsprozess funktionieren könnte?” Meine Antwort ist: Was sollen sie denn sonst tun, um den weiteren Schöpfungs- und Verwertungsprozeß zu stabilisieren bzw. wieder anzuleiern? Wenn sie die Kontrolle hätten, dann würden sie nicht so ängstlich vorgehen, mit all dem Zögern, dem Pfeifen im Wald, den Versuchen, es irgendwie den lieben Partner reinzureiben usw.
Mir scheint es dabei nicht ganz richtig beschrieben zu sein, wenn du sagst: “[Sie] spulen Gelder von der Hand des Steuerzahler und der Staaten in die Hand der weltweit handelnden Finanzkapitalisten.” Als wenn da Gelder, die eigentlich für was “Nützliches” vorgesehen waren, nun “zweckentfremdet” würden. Der Clou ist doch die enorme Ausweitung des Kreditvolumens, nicht die Umverteilung schon vorhandener Beträge. Und ob bzw. wieviel davon sich letztlich als “fiktive Geldsummen” erweisen werden, daß wird man noch sehen.
Von daher bin ich mir im Schluß auch nicht klar, ob eher die Realität von Widersprüchen gekennzeichnet ist oder deren Erklärungen (von Nestor usw.).
@star wars
Ich muß nur anmerken, daß die Idee, hier würde Kredit „umverteilt“, von dir ist, nicht von mir. Ich würde so etwas nicht behaupten. Wenn Stützungspakete geschnürt werden, sei es für Banken oder für Staaten, so wird Kredit in die Welt gesetzt, nicht vorhandener von irgendwo genommen und woanders hingeschoben.
Du sagst:
und darauf entgegne ich: Das geht nicht.Die Summen, die inzwischen als Schulden, also Anspruch auf Reichtum, auf Verwertung, in die Welt gesetzt worden sind, können nie und nimmer durch Steuereinnahmen gedeckt werden.
Das ist eben die Lüge, mit der Politiker jetzt hausieren gehen, um „die Märkte“ zu beruhigen und so zu tun, als würden sie damit ihre Schulden wieder solide machen können. Ein matter Trick, weil jeder, der ein bißl Einblick in das internationale Schuldenkarussell hat, weiß genauso gut wie ich, daß das unmöglich ist.
Und diese Kriterien, ab wieviel % des BIP Schulden „solide“ sind, gilt halt genau so lange, als ein Investor oder Spekulant oder wie sie heißen mögen, das dem betreffenden Staat abkauft.
Das ist eben das Widersprüchliche am Kredit, am Anspruch auf Verwertung, daß er letztlich auf dem Vertrauen beruht, daß dieser Anspruch eingelöst wird – und wenn dieses Vertrauen einmal flöten gegangen ist, so wackelt eben der ganze Kreditapparat.
Ich weiß nicht, welchen Widerspruch du mir vorwirfst und verstehe auch die Kritik nicht, ich würde die Finanzkrise „von oben“ ableiten wollen.
Was genau meinst du damit?
Nix, zumindest nicht bezogen auf die gigantischen Geldsummen die sie vor ein, zwei Jahren in die Märkte gepumpt haben. Meiner Meinung nach haben nämlich die Staaten in Mitteleuropa sowieso schon viel zu viel Gelder in den Kreditsektor hinterherpumpen müssen. Hätten sie lieber die USA machen sollen. Das hätte der Konjunktur am Anfang vielleicht mehr Schmerzen bereitet, aber lieber eine mögliche Frühgeburt als ein totes Kind ein paar Wochen später (mit Staatspleiten und weiteren Milliardenpaketen für den Kreditsektor anno 2010). Und jetzt kriegen sie die Quittung für ihren blinden Aktionismus vor zwei Jahren zu spüren.
“Meiner Meinung nach haben nämlich die Staaten in Mitteleuropa sowieso schon viel zu viel Gelder in den Kreditsektor hinterherpumpen müssen.”
Zuviel wofür? Ganz offensichtlich haben die Regierungen, die das jeweils gegen massives Warnen von einflußreichen Stellen, im Wissen um die Gefahren, die das mit sich bringen oder nach sich ziehen kann oder vielleicht sogar wird, trotz alledem für unabdingbar gehalten. Denn an einem halbwegs funktionierenden Finanzwesen sind sie zu Recht allesamt aus ganzem Herzen interessiert gewesen und mußten es auch sein, das war alternativlos.
Und deine Option, mit verschränkten Armen den USA zuzusehen, wie die sich ruinieren, was relativ die EU gut hätte dastehen lassen, schien denen ganz offensichtlich zu riskant. Die haben doch alle den berühmten Montag gefürchtet, der mit einem Bank Run auf einen Schlag alles auf Null gebracht hätte. Und der hat in manchem Land manches mal bis Sonntag Nacht um die Ecke gelugt. Der damalige Aktionismus war doch alles andere als “blind”. Es ist nur offensichtlich, daß er keine Erfolgsgarantie hatte. Aber das zumindest wußten die auch.
Ja, vielleicht habe ich mich nicht ganz richtig ausdrücken können. Der Auslöser des externen Finanzierungsbedarfs einiger Staaten ist doch überhaupt wegen europaweit vorangetriebener Verstaatlichung von Kreditrisiken, sowie riesiger Konjunkturprogramme, zustanden gekommen. Zu der Verschuldungsspirale, die bereits vielerorts in Gang gekommen ist, gesellte sich also noch einmal die Sozialisierung milliarden- und vielleicht sogar billionenschwerer Konjunktur- und Bankenrettungsprogrammen noch hinzu. Zugunsten dieser Rettungsprogramme für potentielle Pleitekandidaten muss deswegen jetzt der Vertrauensvorschuss in die Kreditgewährung vertrauenswürdigerer Staaten angezapft werden müssen. Also wird dieser Vertrauensvorschuss der Finanzwelt, in Form der Solidarität zwischenstaatlicher Kreditgewährung zwischen den Staaten, “umverteilt” werden müssen. Die Hoffnung dabei ist (die Hoffnung für die noch kreditwürdigeren Staaten) dass ein Schneeballsystem gegen die europäische Finanzsysteme insgesamt (und ihre Konjunktur) frühzeitig noch gestoppt werden könnte.
@star wars
Was meinst du hat Amerika besser gemacht, und hätten die Europäer auch machen sollen?
Weil „mit verschränkten Armen zusehen“ kann ich aus deinen Beiträgen nicht herauslesen.
Es keinen Vertrauensvorschuss in der Finanzwelt, sondern nur „Vertrauen“, d.h.Gewinnberechnungen, daher kann ein solcher weder quantifiziert noch umverteilt werden.
Offensichtlich schon, denn der Rettungsschirm der EU zielt geradezu darauf gezielte Wettangriffe von Finanzspekulanten gegen einzelne Staaten in der EU verhindern zu können. Auch die Zahlunsgsunfähigkeit Griechenlands wurde durch solche Wettangriffe gezielt herbeigeführt. Bevor die Zahlungsfähigkeit eines Staates wirklich eintrifft gilt es also für Finanzinvestoren ihr Geld, sprich ihre Schäfchen, womöglich noch mit Gewinn ins Trockene bringen zu können. Und treiben gerade deswegen Staaten zielgerichtet in den Ruin.
“gezielte” “Angriffe” von “Spekulanten”. Mannomann, da könntest du gleich von Bild bis Spiegel abschreiben. D.h., nein, selbst da wird dieser Verbrechermoralismus mittlerweile schon wieder zurückgenommen. Fakt ist doch, daß “einzelne” Staaten der EU deshalb solche easy targets sind, weil es buchstäblich noch dem letzten Chief Executive eines Pensionsfonds oder einer deutschen Versicherung plausibel und einleuchtend erscheint, daß diese Staaten echt Schwierigkeiten mit ihrer Schulden-Revolvierung (und Ausweitung) haben und noch mehr haben werden. Daß sowas in der Welt der Finanzen dann als self-fulling prophecy gehandelt wird, das wird wohl schon so sein. Daraus aber zu machen, daß da sozusagen willkürlich aus grundsoliden kapitalistischen Staaten Bankroteure gemacht würden, daß wäre wirklich zu platt.
Es stimmt übrigens auch nicht, daß alle “Finanzinvestoren” ihr Geld im Fall Griechenlands ins Trockene gebracht hätten: Die, die in Panik, von einem Haircut oder Schlimmerem erwischt zu werden, ihre Staatsanleihen selbst mit hohen Abschlägen schnell noch verkauft haben (die mathematische Kehrseite der hohen Effektivrenditen, die da ja richtig Rekordhöhen erreicht hatten), die haben dabei sicherlich nicht gewonnen. Es gibt da sicher welche, die rechnen/spekulieren/ auf Ruin, aber es gibt doch zu jedem Zeitpunkt auch die jeweiligen Halter der paar Hundert Milliarden Anleihen, die gerade andersrum hoffen/spekulieren, daß Griechenland doch nochmal gerettet wird und wenigstens die Papiere, die sie gerade noch für ein paar Jahre halten müssen, bei Endfälligkeit tatsächlich bezahlt werden.
Ich wäre einmal glücklich, wenn der Unfug, da würden Schulden oder Vertrauensvorschüsse oder Kredit „umverteilt“, einmal vom Tisch wäre.
Soweit ich das mitgekriegt habe, ist Griechenland dadurch ins Strudeln geraten, daß immer mehr CDS – credit default swaps – gegen die griechische Staatsschuld gekauft wurden, und dadurch diese Papiere selbst im Wert gestiegen sind und Gegenstand der Spekulation wurden. Das sind optionsähnliche Versicherungszettel gegen Zahlungsausfall. Die Inhaber griechischer Staatsanleihen haben sich mit solchen Papieren eingedeckt, um nicht durch einen etwaigen Zahlungsausfall und eine damit einhergehende Entwertung ihres Portfolios geschädigt zu werden.
Und dann tritt eine typische Börsenbewegung ein, eine Sogwirkung: Die CDS wurden wegen der starken Nachfrage teurer, manche Händler entdeckten die CDS als Geschäftsmittel für sich, unabhängig von Griechenland, es erfolgte ein Run auf die CDS und da scheinbar alle Welt sich gegen einen Zahlungsausfall Griechenlands versichern wollte, wurde dieser plötzlich als sicher angesehen, sodaß keiner mehr griechische Staatsanleihen kaufen wollte und die griechische Regierung daher ihre abreifenden Staatspapiere nicht durch neue Kreditaufnahme tilgen konnte.
Self fulfilling prophecy ist schon ein guter Terminus zur Beschreibng von dem, wie Börsen aller Art funktionieren.
Es ist aber nicht so, wie es manchmal in der Presse dargestellt wird, daß „maßlose Gier“, oder „Zockertum“ oder gar eine anti-griechische Verschwörung am Werk gewesen sind. Nein, im Ausgangspunkt des Börsengeschehens stand der Wunsch von Investmentfonds, ihre Wertpapiere abzusichern, im Interesse ihrer Kunden.
Griechenland konnte auch deshalb die Revolvierung der fälligen Anleihetranchen nicht durchhalten, weil ja nicht nur die Ausfallversicherungen erheblich teurer geworden waren sondern ungefähr dementsprechend auch die Kurse der “alten” Anleihen entsprechend der Markteinschätzung des Ausfallrisikos (ablesbar an den Preisen der CDS) gesunken waren. Das führt mathematisch zwingend zu deren drastisch steigenden Renditen (die es natürlich nur wirklich gibt, wenn zum Schluß das Papier auch zurückgezahlt wird). Und dies wiederum bedeutet für jede neue aufgelegte Tranche (zur Ablösung einer auslaufenden) daß die gleich mit dieser hohen Rendite an den Start gehen muß, also entweder mit dementsprechend hohem Nominalzins ausgestattet werden muß oder mit einem hohen Abschlag verkauft werden kann. Auf jeden Fall steigt damit selbst für den Fall, daß die neue Tranche überhaupt noch am Markt platziert werden kann, die zukünftige Zinsbelastung erheblich an, was dann eigentlich noch mehr Anleihevolumen erfordern würde in einer Situation, wo der Markt ja gerade das Signal gegeben hat, daß man eher weniger als mehr zu kaufen gedenkt.
Noch was zu „maßlose Gier“, oder „Zockertum“:
Das sind wieder mal klassische Beispiele dafür, daß nicht die eigentliche Logik des Verhaltens der Kritisierten als solche kritisiert wird sondern das Maßlose, Übertriebene, (eh nur moralisch) Unzulässige. Es wird da immer implizit unterstellt, das Vorhaben, aus Geld mehr Geld zu machen, sei schließlich durch und durch intege,r vernünftig und notwendig etc. Aber an irgendeinem, natürlich gar nicht benannten, weil auch gar nicht feststellbar bzw. festlegbaren Punkt kippe dieses ach so gute “Investieren” oder “Anlegen” oder “Sparen” um ins negative, dann auch völlig verantwortungslose “Zockertum”. Und woran merkt man, daß man es mit dem Einen und nicht mit dem Anderen zu tun hat? Natürlich daran, daß es entweder schiefgegangen ist oder daß die Falschen gewonnen haben. Also eh höchstens dann, wenn es eh schon zu spät ist, demjenigen in den Arm zu fallen, der sich am grundsoliden Wirtschaftsgebaren vergangen haben soll.
Kritisier doch lieber Nestor. Heutzutage müssen doch Staaten Haushaltspolitik, deficit spending, Währungspolitik (gemeinsame Währung) aufeinander abstimmen. Es sind doch Finanzinvestoren die Kreditvergabe aus gesamteuropäischer Warte aus beurteilen, und beurteilen müssen. Was soll denn hier moralisch sein, wenn ich Investitionsstrategien von Finanzinvestoren in gesamteuropäischer Ausrichtung, als solche auch benenne. Eine gesamteuropäische Wirtschafts- und Währungsunion habe nicht ich in die Wege geleitet. Das haben Staats- und Regierungschefs in ganz Europa mal beschlossen. Da wird mal gezockt, spekuliert, auf fallende Finanzwerte bzw. Kurse gewettet usw..
Mit Indizes- bzw. Finanzwetten lässt sich heutzutage an Finanzmärkten jede Menge Geld verdienen. Sicher lassen Finanzinvestoren gezielt einige europäische Staaten absaufen lassen, um noch einen ganz großen Batzen Extraprofit abzukassieren.
Ich hab nie behauptet dass in Finanzschwierigkeiten stehende Staaten eigentlich grundsolide dastehen würden. Dass ist allerdings auch kein Gegenbeweis dafür dass gegen die Zahlungspotenz einiger dieser Staaten gezielt investiert bzw.. gewettet werden könnte. George Soros hat mal eien gewaltigen Batzen Geld gegen das britische Pfund gewettet, und hat dadurch ein riesiges Vermögen gewonnen. Ist das etwa moralisch, wenn ich schon darauf hinweise dass es so gewesen ist? Unsinn.
Ach so, jetzt plötzlich fällt es dir auch ein dass so was geht bzw. wohl in Europa passiert sein könnte. Die Zahlungsfähigkeit Griechenlands z.B. wurde just dann herbeigeführt als die Bundeskanzlerin wochenlang gezögert hat Griechenland eine Kreditgarantie abzugeben. Ich schrieb ja auch deswegen “Bevor die Zahlungsfähigkeit eines Staates wirklich eintrifft gilt es für Finanzinvestoren ihr Geld, sprich ihre Schäfchen, womöglich noch mit Gewinn ins Trockene bringen zu können.”
Guter Witz. Finanzinvestoren wussten doch dass jede Menge Werte und Massen von Staatsanleihen in Europa bald wertlos werden könnten. Das sind Profis, also unterstell denen nicht falsches Wissen bzw. stockenden Informationsfluss untereinander. Es haben sich einige eben dazu entschlossen, und haben ein paar Dollar, Euros oder was auch immer dazu verdienen können. Einige andere haben einen größeren Batzen von ihrem Geld dadurch verloren. Was soll´ s?
“Mit Indizes- bzw. Finanzwetten lässt sich heutzutage an Finanzmärkten jede Menge Geld verdienen.”
Das klingt wie die Werbung hier auf dem Blog. Ist aber nur die eine Hälfte der Wahrheit. Denn da zu jeder Wette immer zwei Parteien gehören, kann man genauso mit Fug und Recht sagen:
Mit Indizes- bzw. Finanzwetten lässt sich heutzutage an Finanzmärkten jede Menge Geld verlieren. Zudem diese beiden Seiten ja nicht nur für die kompliziertesten Superhebel-Konstruktionen gelten, die sich die Finanzbranche in den letzten Jahren so ausgedacht hat, sondern auch schon für die etwas grundlagengeschäftsnäheren Geschäfte mit Optionen und genauso für den ganz klassischen Aktien-, Anleihe- und Währungshandel.
Und laß bitte den berühmt/berüchtigten Soros aus dem Spiel. Der war doch nicht der Beelzebub in Person, der das engelsgleiche Britannien in den Orkus gezerrt hat, sondern seine vergleichsweise geringe Investition (rund 10 Mrd. Dollar) hat einen Schwelbrand, das immer schwächer Werden des Pfunds, in ein loderndes Feuer hochgetrieben, weil eben recht viele andere “Marktteilnehmer” das auch so gesehen haben. Interessanterweise hat Soros so einen spektakulären Deal nie mehr wiederholen können (auch wenn man ihm das vorgeworfen hat). Es geht eben nicht so, daß sich ein paar Hedgefonds in Manhattan treffen und dann auswürfeln, wenn sie als Nächstes von der Stange schießen. Bei rund 1000 Millarden Dollar Umsatz allein an den Devisenmärkten pro Tag würde das ohne die berüchtigen “Fundamentaldaten” eben nicht allzuviel bringen.
Zweitens ist dein “Heutzutage müssen doch Staaten Haushaltspolitik, deficit spending, Währungspolitik (gemeinsame Währung) aufeinander abstimmen.” falsch: Müßten sie, tun sie aber nicht und wundern sich, daß das Auswirkungen hat. Auch “früher” schon mußten sich Staaten zweimal überlegen, ob sie sich und ihrer jeweiligen Wirtschaft deficit spending, also die Schuldenmacherei für die jeweiligen Staatszwecke leisten können oder ob das mit Inflation und/oder Wirtschaftskrise und/oder Verschlechterung des Außenwerts der eigenen Währung geahndet wird.
Zu deinem “Die Zahlungsfähigkeit Griechenlands z.B. wurde just dann herbeigeführt als die Bundeskanzlerin wochenlang gezögert hat Griechenland eine Kreditgarantie abzugeben” Erstens meinst du doch wohl Zahlungs*un*fähigkeit. Zweitens tutst du so, als ob alle Spekulanten das als Ergebnis gewollt hätten. Die einen ja, die anderen nein. Oder glaubst du im Ernst, daß die französischen Banken, die die internationalen Hauptgläubiger der griechischen Staatsanleihen sind, ausgerechnet auf den Staatsbankrott gewettet haben?
Ach so, jetzt führst du also die Finanzkrise darauf zurück dass Europa halt ein widersprüchliches Projekt sein soll. Aber welchen Erklärungswert hat dieser Hinweis? Überhaupt keinen. Dass soll nur davon ablenken dass ganz Europa jetzt relativ gleichzeitig vom Verlust der Kreditwürdigkeit einzelner Staaten betroffen sein könnte. Bloß sagen darf man dass nicht.
Dein Hinweis ändert überhaupt nichts daran dass Europa ein Staatenbund mit koordinierter Währungs- bzw. Wirtschaftsunion ist. Auch wenn die verschiedensten Geschäftsbanken ihren Sitz (immer) noch in den großen Hauptstädten beziehen wollen. Jetzt könnten sie, ja sie müssen sogar, im Geschäftsverkehr mit Staatsanleihen Reisenverluste hinnehmen. Was soll dein Hinweis eigentlich beweisen? Dass diese Bank ein deutsches oder französisches Emblem bekleidet. Denen ist es vollkommen wurscht wo sie Geschäfte machen, wo sie die größten Gewinne einfahren können. Das interessiert nur die Staatenlenker der jeweiligen Nation.
Willst du etwa bestreiten dass ein grossteil des zwischenstaatlichen Geschäftsverkehrs Europas innerhalb der EU stattfindet. Willst du offenbar die Maastricht-Kriterien bestreiten, die gemeinsamer Währung. Willst du offenbar bestreiten dass ein gesamteuropäischer Markt gegen auswärtige Konkurrenten supranational gebündelt, deswegen von den Saaten und EU, protegiert werden soll.
Welche Widersprüche sich die verschiedensten Staaten dabei leisten, und leisten müssen, ändert eben am gesamteuropäischen, wenn auch widersprüchlichen, Projekt, welches sich die Staaten zum Zweck gesetzt haben, damit sie im globalisierten Wettbewerbsmarkt bestehen können, überhaupt nichts. Das sehen übrigens auch die Finanzmarktteilnehmer genauso. Die haben schon längst ihre nationalistischen Denkgewohnheiten abgelegt und sich als Kosmopoliten an den Finanzmärkten seit längerem bewähren können. Die Staatsführungen in Europa sehen dass übrigens genauso, wenn es um Fragen der Ökonomie geht.
@star wars
Des öfteren, wo du schreibst „Zahlungsfähigkeit“, müßte eigentlich der Logik nach „ZahlungsUNfähigkeit“ stehen.
Mir ist nach wie vor nicht klar, was du mir eigentlich vorwirfst.
Bei deinen Ausführungen weiß ich nicht, wer bei dir eigentlich die Akteure sind. Einmal sinds die Staatenlenker, die die ganze Chose ja eingerichtet haben und sich daher viel mehr um sie bemühen müßten als sie es eigentlich tun.
Auf der anderen Seite stehen die raffgierigen Spekulanten, die unbedingt einen „Extraprofit“ (was ist das eigentlich?) machen wollen und deshalb Staaten ins Verderben stürzen.
Stimmt alles in dieser Art nicht. Der Zusammenschluß der europäischen Staaten war ein Zusammenschluß von Konkurrenten und in dieser Konkurrenz ist einiges gelaufen: Dem Exportmeister Deutschland stehen die desindustrialisierten Staaten der iberischen Halbinsel, des Balkans und Osteuropas gegenüber, mit ihren seit Jahren negativen Zahlungsbilanzen, die ihre Schulden gar nicht mehr in den Griff kriegen können, weil sie wirtschaftlich so zugerichtet sind, daß sie kein gscheites BIP mehr hinkriegen.
An den Märkten spekulieren die Finanzer, um SICH zu bereichern – Kosmopolitentum ist übrigens keineswegs ein Gegensatz zur Konkurrenz, sondern eher ihr globalisiertes Vehikel –, aber natürlich nicht mit dem Zweck, Staaten oder Währungen „in den Ruin“ zu treiben. Damit würden sie sich ja ihr eigenes Geschäft verunmöglichen. Also, wenn der Euro zerbröselt, hat damit kein Geld- und Wertpapierhändler eine Freude.
Daß das dennoch ein Ergebnis ihrer einfachen Tätigkeit des Kaufens und Verkaufens sein kann, ist auch klar, aber das liegt eben an dem Eigenleben der Börsen und nicht an den bösen Absichten ihrer Benützer.
Nestor, @all
Mal wieder hat dein Kommentar hier NICHTS, aber auch gar nichts mit meinen Äußerungen und Kommentaren zu tun. Überhaupt bin ich mittlerweile der Auffassung dass es mir nichts bringt bei blogsport weiterhin zu diskutieren. Mein letzter Eintrag, meine letzte Diskussion. Jetzt könnt ihr endlich unter euch bleiben.
„Extraprofit“ (was ist das eigentlich?)
Das ist ein Profit, der über die durchschnittliche Profitrate hinaus gemacht werden kann, weil besondere Bedingungen das begünstigen. Zu bestimmten Uhrzeiten konnten früher z.B. nur noch Tankstellen Geschäft machen. Der Extramehrwert dagegen …
Als Nachtrag zu star wars, @all (selten war ein “all” so unangemessen wie hier):
1. “jetzt führst du also die Finanzkrise darauf zurück dass Europa halt ein widersprüchliches Projekt sein soll”. Nein tue ich nicht. Das sind zwei unterschiedliche Dinge, die man schon jeweils separat erklären muß, auch wenn die sich gegenseitig beeinflussen.
2. Ich will überhaupt nicht bestreiten, daß “ganz Europa jetzt relativ gleichzeitig vom Verlust der Kreditwürdigkeit einzelner Staaten betroffen sein könnte”. Wobei “ganz Europa” im erster Linie die Euro-Staaten sind, die ja nicht deckungsgleich mit der EU sind und die wiederum nicht mit ganz Europa, aber das nur nebenbei.
3. Was ich aber massiv bestreiten möchte ist die Behauptung, “dass Europa ein Staatenbund mit koordinierter Währungs- bzw. Wirtschaftsunion ist.” Erstens gibt es wichtige Staaten wie Großbritannien und weniger wichtige wie Schweden, die überhaupt nicht zur Euro-Gruppe gehören, zweitens ist das mit der “Koordination” eben bisher nicht weit (genug) gediehen.
4. “Denen [den Banken] ist es vollkommen wurscht wo sie Geschäfte machen, wo sie die größten Gewinne einfahren können. Das interessiert nur die Staatenlenker der jeweiligen Nation.” Das “nur” ist wirklich apart! Das ist für manche Nationalökonomie und damit für manchen Staat eine Existenzfrage und denen lange nicht so egal wie star wars, dem Internationalisten, dem revolutionären!
5. “Willst du offenbar die Maastricht-Kriterien bestreiten, die gemeinsamer Währung?” Da star wars in letzter Zeit sehr schlampig formuliert hat, ist mir nicht ganz klar, was er damit eigentlich wirklich sagen wollte. Daß es die Kriterien gibt, daß weiß ich so gut wie jeder andere Zeitungsleser auch. Daß sie Geltung haben, bestreite ich entschieden: von Griechenland bis Deutschland wurde Staaten aus den unterschiedlichsten Erwägungen heraus zugestanden, daß einzelne Kriterien gar nicht oder erst mal nicht oder noch nicht gelten sollten. Das war und ist Konsens, selbst jetzt, wo da angeblich beinhart durchgegriffen werden soll. Auch das mit der “gemeinsamen Währung” ist so eine Sache. Wie gesagt, da machen eh schon nciht alle Europa-Projekt-Staaten mit und angesichts der zunehmenden Spannungen untereinander gibt es mittlerweile reihenweise Zweifel, ob der Euro als flächendeckende Währung überhaupt noch aufrecht erhalten werden kann bzw. werden sollte, star wars hat offensichtlich Frau Merkels Sprüche für buchstäblich bare Münze genommen.
6. “Willst du offenbar bestreiten dass ein gesamteuropäischer Markt gegen auswärtige Konkurrenten supranational gebündelt, deswegen von den Saaten und EU, protegiert werden soll.” Also wenn es ihn schon gibt, den gesamteuropäischen Markt, dann braucht da nichts mehr an Nationalmärkten “gebündelt”zu werden. Zweitens heißt gemeinsamer Markt doch offensichtlich erbittertste Konkurrenz innerhalb dieses Protektorats mit wie immer bei solchen Konstruktionen ein paar Gewinnern und recht vielen Verlierern. Dazuzugehören ist eben doch nicht Alles, wie auch mancher Anschlußstaat nach zwei Jahrzehnten recht ernüchtert feststellen mußte (Von Altstaaten wie Griechenland gar nicht zu reden).
7. Deshalb ist auch star wars summary “Welche Widersprüche sich die verschiedensten Staaten dabei leisten, und leisten müssen, ändert eben am gesamteuropäischen, wenn auch widersprüchlichen, Projekt, welches sich die Staaten zum Zweck gesetzt haben, damit sie im globalisierten Wettbewerbsmarkt bestehen können, überhaupt nichts” der pure Stuß. Entweder, man nimmt die Widersprüche ernst oder man faselt sich ein unumstößliches harmonisches “gesamteuropäisches Projekt” zusammen.
Dann soll es das dazu hier eben gewesen sein. Schade aber auch!
@star wars
Ich habe mehrmals zum Ausdruck gebracht, daß ich nicht weiß, worin unser Gegensatz besteht, und dich gebeten, mir darüber Aufklärung zu verschaffen. Das hast du nicht getan, stattdessen bist du angerührt, daß ich dich nicht verstanden habe.
@lex
Was der Extraprofit bei Marx ist, weiß ich auch, aber was hat dieser Begriff mit Bezug auf die Wertpapiermärkte verloren, wo von „Durchschnittsprofitrate“ keine Rede sein kann?
„Extraprofit“ ist bei einer ziemlich theorielosen Linken heute zum Synonym geworden für „unanständigen“, „maßlosen“ Profit. Er hat sich von einer ökonomischen in eine moralische Kategorie verwandelt. So wurde er auch von star wars verwendet, und deswegen habe ich die Frage gestellt: Was soll das?!
zu 6. und 7. Konkurrenz der Euro-staaten untereinander, schließt doch die Konkurrenz des Euro-Wirtschaftsraums gegen außen überhaupt nicht aus. Das gesamteuropäische Projekt muss ja nicht harmonisch sein um eines zu sein. Wozu glaubst du denn ist die Eu oder die gemeinsame Währung gut, wenn nicht als imperialistischer Zusammenschluß gegen Außen (nicht Eu/Eurostaaten)?
5. Eigentlich der selbe Gedanke. Du bestreitest mit den Ausnahmen die Regel. Wozu soll es gut sein irgendwelche Regeln aufzustellen, wenn die dann alle angeblich ohnehin nicht gelten sollen. Zuerst muss man doch den Zweck dieser Regeln festhalten und im zweiten Schritt kann man sich dann fragen, warum Ausnahmen gemacht werden.
3. “zweitens ist das mit der „Koordination“ eben bisher nicht weit (genug) gediehen.” Für wen oder was nicht weit genug? Damit du Koordination dazu sagen kannst? Vielleicht läuft die Koordination ja als Konkurrenz ab.
@nestor
ok.
@all
Ihr redet momentan aneinander vorbei, weil Uneinigkeit über das Verhältnis von Währungshütern und Profiteuren der Spekulation besteht.
“Koordination als Konkurrenz”
Das ist der sichtbare Ausgangswiderspruch, mit dem man es zu tun hat. Der Beschluss der Euros, als Staatenbündnis mit gemeinsamer Währung bessere Voraussetzungen für den “Wirtschaftsraum” zu schaffen, ist eine Verlaufsform des (zunächst nationalen) Widerspruchs als Verlierer die Konkurrenz mit den USA aufnehmen zu wollen. Dass die bleibenden nationalen Ansprüche und Konkurrenzlagen dem Euro nicht immer gut tun, ist aus Eurohütersicht dann ein Mangel an Euroregierung – aus nationaler Sicht ein Problem des Mitgliedslands.
Und es ist noch verrückter: Beide Lesarten haben Gültigkeit! Genauso wie Länder, die sich dem Euro aus Mangel an Alternativen angeschlossen haben, nach wie vor all ihre Entscheidungen in Verhandlung mit Europa treffen, genauso ist der einmal geschaffene Euro für die “Lokomotiven” des Projekts ein Sachzwang, den sie auch nicht z.B. mit dem Verweis auf “griechische Verhältnisse” loswerden.
Kurz: Die Koordination, die die Euros WEGEN Konkurrenz betreiben, ist je nach nationaler oder europäischer Brille ein vollkommen anderer Gegenstand. Uns solange es noch keine souveräne Euro-Regierung gibt (deren Worte!), bleibt der Widerspruch konkurrierender USA-Konkurrenten bestehen, die mal ihre Konkurrenz untereinander als Beschränkung erfahren, mal im europäischen Projekt ein Hindernis für nationale Ansprüche sehen.
Zum “Grundwiderspruch”:
Der Gegenstandpunktsartikel zu Griechenland in 1-10 redet mehrfach in solchen Formeln von der Gemengelage:
“unheilbare Widerspruch … der die EU im Allgemeinen und ihre Gemeinschaftswährung im Besonderen kennzeichnet”
“Da bewirtschaften souveräne Staaten einen gemeinsamen Binnenmarkt, also eine Konkurrenz kapitalistischer Unternehmen über alle Grenzen hinweg, in der sich die nach rein marktwirtschaftlichen Kriterien potentesten durchsetzen sollen, ungestört durch nationale Sonderkonditionen. Die siegreichen Firmen gestalten mit ihren Erfolgen und mit den Niederlagen, die sie ihren schwächeren Konkurrenten beibringen, die wirtschaftliche Landkarte der Union. Dieses gesamteuropäische Hauen und Stechen bewirtschaftet zugleich jeder Staat mit seinen autonomen Mitteln zum Nutzen seines nationalen Standorts und der Erträge, die er daraus zieht.”
“im Endeffekt unterstützt die Union damit vielmehr die brutale Sortierung des Kontinents in erfolgreiche und erfolglose Kapitalstandorte, die das freigesetzte Konkurrenzgeschehen herbeiführt.”
“Mit ihrer Konkurrenz gegeneinander führen sie die Prämisse ad absurdum, auf der ihr gemeinsames Kreditgeld beruht, dass nämlich jede Nation gleichrangig mit allen anderen und mit einem gleichwertigen Verhältnis zwischen Schulden und Wachstum die Stabilität dieses Geldes verbürgt.
Die gemeinsame Finanzkrise stellt diese Fiktion auf eine harte Probe”
“Die Lösung, die die EU da anstrebt, ist einigermaßen paradox”
bzw. “Das ist absurd”
@Krim
Wurde ja auch nicht behauptet.
Natürlich nicht. Aber der Erfolg dieses Projektes ist inzwischen durch die, hm, Disharmonie, sehr in Frage gestellt.
Es fragt sich eben inzwischen, ob sie dafür gut ist. Also erstens, ob sie als solche überhaupt Bestand hat, und ob sie zweitens zur Stärkung des EU-Projektes beiträgt.
“Wurde ja auch nicht behauptet.” Na wenn man Konkurrenz innerhalb der Eu gegen das Eu-Projekt sprechen lässt, dann behauptet man schon Konkurrenz und Gemeinsamkeit schlössen sich aus. “Entweder, man nimmt die Widersprüche ernst oder man faselt sich ein unumstößliches harmonisches „gesamteuropäisches Projekt“ zusammen.” Dieses entweder oder gibt es nicht. Man kann die Widersprüche ernst nehmen und trotzdem den Inhalt des europäischen Projektes zur Kenntnis nehmen.
“Aber der Erfolg dieses Projektes ist inzwischen durch die, hm, Disharmonie, sehr in Frage gestellt.” Die Disharmonie ist eine Folge des partiellen Mißerfolgs. Weltweit steht eine Entwertung von Kredit an. Jetzt konkurrieren die Staaten darum, wo sie stattfindet. Die Staaten benutzen ihren Kredit, um ihren Kredit nicht platzen zu lassen. Das klappt bei den Gewinnern und scheitert bei den Verlierern. Jetzt haben die Gewinner in Europa das Problem, dass das Versagen des Kredits in einem Euro-Staat dem Euro schadet und damit zurückschlägt bzw. zurückschlagen könnte auf sie. Also mischt sich Europa bzw. die potenten Staaten in die Angelegenheiten der Verliererstaaten ein. Die Kooperation geht also sehr stark in eine Richtung.
” ob sie als solche überhaupt Bestand hat, und ob sie zweitens zur Stärkung des EU-Projektes beiträgt.” Der Bestand der Währung hängt ja nicht am Kurs oder einem Staatsbankrott, sondern am Willen der beteiligten Nationen eine gemeinsame Währung haben zu wollen und die gibt es solange, wie sie die Notwendigkeit sehen, dass man ein Weltgeld braucht hinter dem nicht nur eine popelige nationale Ökonomie steht, sondern ein ganzer Wirtschaftsraum, in dem entsprechend viel Wert entsteht. Wenn man diesen Willen zur Konkurrenz mit den Amis weiterhin unterstellt, dann gibt es zum Euro keine Alternative. Es braucht mehr als einen Staatsbankrott, um dieses Projekt scheitern zu lassen. Bevor die europäischen Imperialisten von ihrem Konkurrenzprojekt gegen die Amis ablassen, glaube ich eher daran, dass sich die Eurozone “gesundschrumpft”.
Seh ich nicht so. Man kann doch heute in jedem einzelnen Schritt bei dem Eiertanz rund um Griechenlands drohende Zahlungsunfähigkeit sehen, wie Konkurrenz und Gemeinsamkeit, oder besser: Zusammenarbeit, in der EU Hand in Hand gehen.
Eben. Und in der EU wie sonstwo in der imperialistischen Staatenkonkurrenz ist der Erfolg der einen der Mißerfolg der anderen. Wo die einen Staaten desindustrialisiert wurden, wurden andere zu „Exportnationen“. Die einen müssen das kaufen, was die anderen herstellen, und verschulden sich dafür auch noch. Und jetzt ist die Frage, welche dieser Schulden anerkannt, garantiert usw. werden.
Was du sagst über den Euro, stimmt natürlich, aber greift etwas zu kurz, nämlich mit dem Satz:
Erstens einmal ist eigentlich das ganze Gerede von „Staatsbankrott“ im Grunde verkehrt, weil das würde ein Insolvenzverfahren für Staaten unterstellen, das es bekanntermaßen nicht gibt.
Was eintreten kann, wie bei Argentinien, ist Zahlungsunfähigkeit. Wenn Griechenland seine in Euro ausgegebenen Staatsanleihen nicht mehr bedienen kann, kann das sehr wohl das Ende des Euro sein, weil die Währung damit auf den internationalen Märkten als unzuverlässig dasteht. Es ist nicht Griechenlands Privatsache, seine Schulden nicht mehr zu bedienen, sondern macht alle in Euro ausgegebenen Wertpapiere zu unsicheren Anlagen.
“wie Konkurrenz und Gemeinsamkeit…in der EU Hand in Hand gehen.”
Ja eben. Und spricht diese Art der Konkurrenz/Gemeinsamkeit jetzt gegen das EU-Projekt? Ich meine nicht. Das wurde aber behauptet.
“Wenn Griechenland seine in Euro ausgegebenen Staatsanleihen nicht mehr bedienen kann, kann das sehr wohl das Ende des Euro sein, weil die Währung damit auf den internationalen Märkten als unzuverlässig dasteht.” Erstmal spricht das nur gegen griechische Staatsanleihen. Das wirft vielleicht ein schlechtes Licht auf den Euro insgesamt, wenn einige Staatsanleihen in dieser Währung nicht mehr bedient werden. Das heißt dann, dass Staatsanleihen in Euro nicht automatisch eine sichere Investition sind. Es kommt also wesentlich drauf an welcher Staat die Papiere herausgibt. Es heißt aber nicht, dass alle Eurostaaten plötzlich keinen Kredit mehr haben. Wäre das so, könnte die EU keine Garantien für Griechenland abgeben.
“Es ist nicht Griechenlands Privatsache, seine Schulden nicht mehr zu bedienen, sondern macht alle in Euro ausgegebenen Wertpapiere zu unsicheren Anlagen.” – Warum?
“schlechtes Licht auf den Euro insgesamt”
“Es kommt also wesentlich drauf an, welcher Staat die Papiere herausgibt”
Den Zusammenhang bitte erklären: Eine Währung schwächelt wegen der Zahlungsunfähigkeit eines Eurolandes und dann soll sich das Geld doch nur in Griechenland entwertet haben? Das geht nicht, weil die Euros gar nicht unterchieden werden nach ihrer Prägung. Mit griechischen Euros kann man genausogut Dollar kaufen wie mit deutschen.
Krim hat schon recht, wenn er sagt, es “wirft vielleicht ein schlechtes Licht auf den Euro insgesamt, wenn einige Staatsanleihen in dieser Währung nicht mehr bedient werden. Das heißt dann, dass Staatsanleihen in Euro nicht automatisch eine sichere Investition sind. Es kommt also wesentlich drauf an welcher Staat die Papiere herausgibt.”
Das war vor der Griechenland-Krise anders: Daß es praktisch keinen großen Spread gab zwischen deutschen Euro-Staatsanleihen und den griechischen Pendants, war Ausdruck der von der ganzen Finanzbranche geteilten Einschätzung, daß es Jacke wie Hose sei, von welchem Land man Anleihen im Portofolio hat, Hauptsache Euro steht drauf. Dieses Gottvertrauen ging in der Krise flöten und ist trotz “Rettung” Griechenlands auch noch nicht ganz zurückgekehrt. Die Spreads sind zwar merklich zurückgegangen von ihren Allzeithochs, aber immer noch ganz schön happig für die betreffenden Staaten.
Es hat sich übrigens nicht das Geld als solches entwertet in Griechenland, sondern die Werthaltigkeit der ausstehenden 300 Mrd. nominal Eurostaatsanleihen war (und ist) fraglich. Mit 1000 Euro auf dem Konto kann sich ein Athener genausoviel oder wenig kaufen wie vor der Krise (zwischenzeitliche Inflationswirkungen mal beiseite gelassen). Und wenn es sein muß, eben auch genausoviel Dollar wie ein Franzose, der ebenfalls einen New York Trip vorhat.
Paßt auch hier mit rein:
INTERNATIONALE HEIMATKUNDE: GRIECHENLAND
@Krim
Ja und nein.
Der Euro ist immerhin eine Gemeinschaftswährung und es hat sich gezeigt, daß der von Deutschland angestrebte Versuch, Griechenland zu einem Sonderfall zu erklären und sie sich selbst zu überlassen, nicht gangbar war. Deshalb erstens das Griechenland- zweitens das Euro-Rettungspaket.
Wenn auch nur ein Land zahlungsunfähig würde, und die anderen schauen zu, so ist doch damit eingestanden, daß es mit der Gemeinschaftswährung nicht weit her ist und auch das ganze Projekt Europa – Stärkung durch Zusammenschluß gegen die USA – nicht zu der ökonomischen Überlegenheit geführt hat, die damit angestrebt worden ist.
Und außerdem, wie wir alle wissen, stehen ja schon andere Staaten in der Warteschlange mit ähnlichen Zores.
@Keynes
Es ist ja nicht das Problem, daß der Euro an Wert gegenüber dem $ verliert, sondern daß das das Zeichen dafür ist, daß der Euro als Geld überhaupt fragwürdig geworden ist.
Es hängt an dem “als Geld”. Ich habe da nur betont, daß die klassische Geldfunktion, mit dem Euro seine Privateigentümerrechnungen zu bezahlen, durch die drohende Rückzahlungsunfähigkeit des griechischen Staates ungefähr so bedroht wurde/wird wie bei der Karstadt-Pleite oder ähnlichem.
Als dauerhafte Anlagewährung, als Weltgeld, wird der Euro aber durch das Griechenlanddesaster schon angekratzt. Und das drückt sich auch im herben Kursverlust gegenüber dem Dollar auch aus. Wobei da schon wieder reihenweise Journalisten das hohe Lied der beggar-thy-neigbor-policy singen und frohgemut sind, daß der sinkende Eurokurs der deutschen Exportwirtschaft mehr nütze als es den Importen schaden würde. Also Auto lacht und Stahl schimpft.
“der Euro als Geld überhaupt fragwürdig”
Das ist eine Übertreibung und momentan kontrafaktisch: Neben den sog. Weichwährungen sieht der Euro doch stabil aus. Ob der als Weltgeld wieder “aufholt” oder sich lange nicht “erholt”, ist eine Frage für Kaffeesatzleser. Aber ihr seid in illustrer Runde:
„Der Euro ist wie ein Huhn, dem der Kopf abgeschlagen wurde. Das Tier rennt noch Minuten kopflos umher, bis es einknickt und stirbt. Der Euro befindet sich in diesem Stadium.” (John Taylor)
Das mit der Kaffesatzleserei in Bezug auf Währungsrelationen, das seh ich auch so. Jedenfalls, wenn es um die Relation Dollar-Euro geht. Denn die berüchtigten Fundamentaldaten geben ja sowohl den Europessimisten recht als auch denjenigen, die den Untergang des Dollars wittern, (alle Gold-Fan-Seiten füllen damit z.B. Seite um Seite). Daß aber den starken Euro-Staaten daran gelegen ist und sie sich das auch wie jetzt bei Griechenland schon mal ne Stange Geld kosten lassen, daß aus dem bisher nur Weltgeldtraum auch was Reales wird, daß ist doch offensichtlich.
“Wenn auch nur ein Land zahlungsunfähig würde, und die anderen schauen zu, so ist doch damit eingestanden, daß es mit der Gemeinschaftswährung nicht weit her ist…” Sie schauen ja nicht zu. d.h. Erst schauen sie zu, dann nicht mehr. Die warten, ob es überhaupt nötig ist mit gutem europäischen Kredit den schlechten zu stützen bzw. Garantien abzugeben. Dann machen sie es doch, weil einerseits der Eurokurs fällt. Die Schwierigkeit ist andererseits die, dass die Banken sich momentan, keinen Ausfall an als sicher geglaubten griechischen Staatspapieren leisten können. Wenn die Zinsen griechischer Staatspapiere nicht mehr bedient werden ist das ganze Papier wertlos. Offenabar ist das Finanzgewerbe insgesamt zur Zeit in einer Situation, wo der Ausfall eines wichtigen Schuldners sofort weitere Kreise zieht und weitere Banken, Geldhändler in den Abgrund reißt. “Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem “Krieg” der Regierungen gegen die Märkte.” http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/anleihen-devisen/:angst-vor-dominoeffekt-griechenland-krise-weckt-lehman-erinnerungen/50111264.html
“…und auch das ganze Projekt Europa – Stärkung durch Zusammenschluß gegen die USA – nicht zu der ökonomischen Überlegenheit geführt hat, die damit angestrebt worden ist.” 1. Ökonomische Überlegenheit ist ein ziemlich anspruchsvolles Vorhaben. Dass sowas nicht in 10 Jahren zu haben ist, sondern in wesentlich längeren Zeiträumen, dürfte klar sein. 2. Bläst man das doch nicht deswegen einfach ab, weil das Projekt nicht so vorankommt, wie man sich das vorstellt.
“daß der Euro als Geld überhaupt fragwürdig geworden ist.” Das halte ich ebenfalls für eine Übertreibung. Der Euro ist längst Weltgeld bzw. ein alternatives Weltgeld neben dem Dollar. Deshalb wird die Griechenlandkrise auch weltweit mit Sorge betrachtet. Unter anderem griechische Staatspapiere wurden als sichere Anlage gekauft und ihr Ausfall hätte weltweit Auswirkungen. (siehe S. 3 des Financial Times Artikels)
Protokoll des Münchner Jour fixe vom 10.05.2010:
Zur Krise des Euro. Angriff auf die Garanten
Aber Krim,
niemand redet doch davon, daß das Projekt Euro „abgeblasen“ würde. Das würde ja heißen, daß die Politiker Europas Abstand nehmen würden von ihrem Projekt, und davon ist nichts zu merken.
Ich weiß also nicht, wogegen sich dieser Einwand richtet.
Aber das die Geld- und Aktienmärkte ihre Zweifel an der Dauerhaftigkeit des Euro anmelden, läßt sich auch nicht bestreiten.
Ich weiß auch nicht – lex – was das mit Kaffeesatzleserei zu tun hat. Wenn die Börsen trudeln, der Euro fällt, zwischen den Staatenlenkern die Telefone heißlaufen und ein Mitgliedsstaat einer Gemeinschaftswährung vor der Zahlungsunfähigkeit steht, so ist doch einiges geschehen, aus dem man Schlüsse ziehen kann.
Und auch die Tatsache, daß man heute seine Semmeln noch mit Euro bezahlen kann, ist auch eine matte Abwiegelung dagegen, daß er doch „noch keine Weichwährung“ ist. Solche Vergleiche sprechen eben für sich.
Na immerhin wurde das Ende des Euro und ein Scheitern des Projektes Europa an die Wand gemalt. Das kann man natürlich verschieden interpretieren, so wie das formuliert ist. Und ich sag dazu, dass man es nicht so interpretieren darf, das die europäischen Staaten jetzt vom Euro lassen und ihr Eurokonkurrenzprojekt aufgeben. Der Euro hat gezeigt, dass auch er erschütterbar ist. Für die anderen Weltwährungen gilt das aber genauso und erst recht, sodaß Geldhändler die Wahl haben zwischen Regen und Traufe. Die Frage in der Krise lautet doch: Wo findet die Entwertung statt? Die Geldhändler vergleichen ihr Risiko. Im Fall von Griechenland haben sie das Vertrauen in die Güte griechischen Kredits verloren, weswegen genau das eintritt, was sie befürchten. Griechische Papiere können nicht mehr bedient werden, weil die Nationalbank keine neuen Papiere mehr an den Mann bringt. Die Geldhändler antizipieren, wo Anlagen noch sicher sind und stellen damit die Unsicherheit/Zahlungsunfähigkeit erst her. Dann sagen sich die Geldhändler: Aha! Eurostaatspapiere sind also gar nicht so bombensicher, wie wir glaubten. Da schaun wir mal welches Euroland auch nicht so gut dasteht, werden fündig und verkaufen ein Teil der Papiere. Sie streuen ihr Risiko, weil die anderen ja auch nicht viel besser sind. Jedenfalls kommen Europapiere auf den Markt, die den Eurokurs fallen lässen. So wird also der gesamten Euroreichtum gegenüber dem Rest der Welt ein stückweit abgewertet. So ist das in der Krise. Wie weit sich diese Abwertung auf den Rest der Welt auswirkt und dort eventuell der Abwertungszirkus weitergeht ist nicht raus. Dann steigt der Euro möglicherweise wieder. Dass es die eigene Währung nicht trifft ist ein Ideal, das jeder pflegt, der sie besitzt.
Diese Interpretation wäre ja gegen alle Anschaaung. Die Frage ist nur, ob die Versuche der Politiker, die Währung zu retten, von Erfolg gekrönt sind.
Genau. Aber der Verlust der Kreditwürdigkeit eines Euro-Staates hat Auswirkungen auf alle Euro-Staaten, aus mehreren Gründen übrigens.
Und man darf ja auch nicht übersehen, daß jetzt mit diesen Griechenland- und Euro-Stützungspaketen wieder ein Haufen Kredit in die Welt gesetzt worden ist, der die Masse des (fragwürdigen) Kredites noch erhöht.
Wirklch sehr informativ! Werde aufjedenfall wieder kommen. Danke fuer den Beitrag.
Gruss
Andres