Griechenland und der Euro

Die Staatsverschuldung, ein Problem für wen?
Die Medien schießen sich schon seit einigen Wochen auf Griechenland ein:
„Griechenland als das Kärnten Europas … Wie kommen beispielsweise … wir Österreicher dazu, für einen Staat zu zahlen, der offenbar nicht wirtschaften kann? … Oder es wird irgendwann einmal tatsächlich ordentlich gewirtschaftet und bei den Ausgaben massiv gespart“ (Presse, 10.12. 2009)
„Minister der Eurozone prüfen Griechenland-Sanktionen … Nach Ansicht von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker muss Athen zur Bewältigung der Krise in diesem Jahr noch härtere Schnitte am Haushalt vornehmen als bislang vorgesehen.“ (Handelsblatt, 15.1. 2010)
„Ein schmerzhaftes Jahr wartet auf die Griechen“ (Népszabadság, 16.1.)
usw.
Die gesamte Journaille ist sich also zunächst einmal in einem einig: Wenn ein Staat sich verschuldet hat, so hat er „nicht ordentlich gewirtschaftet“ und muß daher jetzt einmal seine Bürger zur Kasse bitten. Für die Schulden des Staates hat die Bevölkerung geradezustehen, obwohl sie diese Schulden ja gar nicht gemacht hat.
Weiters wird in diesem Getue so getan, als wären die Staatsausgaben bisher der Bevölkerung zugute gekommen.
Das nehme ich zum Anlaß, einmal zu untersuchen, was ein Staatshaushalt ist und woraus die verschiedenen Ausgabeposten eigentlich bestehen. Vor allem deshalb, weil nicht nur die Apologeten unseres Gesellschaftssystems wie die oben zitierten Zeitungsfritzen, sondern auch jede Menge Leute, die sich als linke Kritiker des Kapitalismus bezeichnen und verstehen, bei allen möglichen Anlässen den Vater Staat als eine Art Weihnachtsmann darstellen, der den armen Leuten Geschenke macht und den man deswegen möglichst stützen und stärken muß.
Mit seinen Ausgaben finanziert der Staat in erster Linie sich selbst, also seine Angestellten. Da denkt gleich jeder an Bleistift kauende und Schifferl versenkende Beamten in irgendeiner Behörde. Aber dazu gehört zunächst einmal die Politiker-Riege selbst, die das ganze Werkl in Gang hält, Gesetze beschließt, Ausgaben – wie auch die eigenen Gehälter – festlegt, und über Krieg und Frieden entscheidet. Dann gehört dazu die ganze Rechtspflege, Richter, Staatsanwälte und Bezirksgerichts-Gebäude. Schließlich die Exekutive, die dafür sorgt, daß Rechtsbrecher zur Strecke gebracht werden und nach ihrer Verurteilung fest hinter Schloß und Riegel verwahrt bleiben.
Die 3 Elemente der Gewaltenteilung verschlingen also einmal einen Haufen Geld, der nicht dem Füllen der Mägen der Staatsangestellten, sondern der Aufrechterhaltung der Staatsgewalt und des Privateigentums dient.
Zur Abteilung Staatsgewalt gehört auch noch die Einrichtung eines stehenden Heeres und dessen Ausrüstung mit allerlei – auch nicht gerade billigem – Gerät.
Dieser Ausgabeposten leitet über in die zweite Abteilung von Staatsausgaben, nämlich die der Förderung des Kapitals. Der Staat als Brötchengeber des Militärs ist vielerorten ein großer Auftraggeber, der dafür sorgt, daß in einem Land überhaupt eine Militärindustrie entstehen kann.
Aber auch die harmlosen zivilen Maßnahmen, wie Bau von Straßen, Betrieb von Eisenbahnen und Einrichtung eines Telekommunikationsnetzes sind nicht Dienst am Normalverbraucher, sondern Dienst am Kapital. Der Endkonsument muß nämlich für das alles zahlen, wenn er es in Anspruch nimmt – ohne dabei ein Geschäft zu machen, aus dem er dann diese Betriebskosten locker wegstecken kann, wie es der Unternehmer kann.
Schließlich gibt es dann noch eine Abteilung Soziales, mit der dafür gesorgt wird, daß die vom Kapital nicht in Anspruch genommenen oder wieder als unbrauchbar weggeworfenen Bevölkerungsteile nicht die Grundfesten der Gesellschaft gefährden. Die Kinder von minderbemittelten Eltern bzw. Sozialfällen sollen nicht in der Gosse oder im Mistkübel landen. Ein nationales Gesundheitswesen soll dafür sorgen, daß Krankheit bei einem arbeitenden Menschen nicht gleich ein Todesurteil ist – allerdings immer mit dem Auftrag versehen, bei einem Patienten möglichst wieder Arbeitsfähigkeit herzustellen. Arbeitslose sollen nicht gleich unter der Brücke landen, für den Fall, daß das Kapital sie noch einmal brauchen könnte. Und so weiter und so fort.
Schließlich gibt es auch noch Bildung, auch die kostet was. Man will ja Standort sein als Nation, Grundkenntnisse sollte jeder haben, Forschung leistet man sich auch noch, um dann auch möglichst bei der Produktion die Nase vorn zu haben.
Aber letztlich sind Bildungs- und Gesundheitswesen, Arbeitslosenversicherung und Jugendheime Vorleistungen, die das Staatswesen für die Privatwirtschaft erbringt, faux frais des Kapitals. Damit wird dafür gesorgt, daß immer genug brauchbare Arbeitskräfte in allen Sparten zur Verfügung stehen und auch eine beträchtliche industrielle Reservearmee den Preis der Arbeit niedrig hält.
Seltsamerweise will das fast niemand zur Kenntnis nehmen, wenn er über die Staatsausgaben räsonniert. Da sind das dann immer humanitäre Vorleistungen und/oder sie gehören zur „Bekämpfung der Armut“, die seltsamerweise nie weniger wird, obwohl wir doch alle angeblich in einer „Wohlstandsgesellschaft“ leben.
Und an solche Leistungen denkt der geschulte staatsbürgerliche Verstand zuallererst, wenn es darum geht, Staatsausgaben zu beschränken.
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Der größte Ausgabeposten des griechischen Staatshaushaltes ist das Militär. Vom Aufwand auf die Bevölkerung umgerechnet, also Militärausgaben pro Kopf hat Griechenland die höchsten Ausgaben nach den USA und Großbritannien. Dies, obgleich seit dem Ende des Kalten Krieges die strategische Bedeutung Griechenlands stark zurückgegangen ist und es sich auch geweigert hat, sich an der Zerstörung Jugoslawiens zu beteiligen. (Griechenland verweigerte seine Militärbasen im NATO-Krieg 1999.)
Wie Griechenland seinen – nationalökonomisch betrachtet ruinösen – Rüstungswettlauf mit der Türkei finanziert, ist nicht ganz klar. Sicher ist jedoch, daß es dabei auf Unterstützung der großen Waffenproduzenten und der NATO-Spitze rechnen kann: Es hat schon öfters durchblicken lassen, daß es sich auch in Rußland als Einkäufer bedienen kann, wenn es nicht günstige Konditionen bei den NATO-Staaten erhält.
Als Griechenland 2001 der Euro-Zone beitrat, so liest man heute, wurde nicht so genau nachgeschaut, wie es mit dem Staatshaushalt aussah: Die neue supranationale Währung sollte in möglichst vielen Ländern eingeführt werden, Die damalige EU-Führung wollte also die Euro-Zone möglichst erweitern. Heute wird das so dargestellt, als hätte die damalige griechische Regierung die strengen Währungshüter „betrogen“. Zum Betrogen-Werden gehören halt immer zwei …
Der wichtigste Geschäftszweig der griechischen Banken ist der Handel mit Staatsanleihen. Da der griechische Staat schon seit geraumer Zeit hoch verschuldet ist, muß er auf seine Staatsanleihen hohe Zinsen zahlen. Die griechischen Banken hinterlegen die Staatsanleihen als Sicherheiten bei der EZB und verschaffen sich damit Euro. Die Zinsen kassieren sie jedoch selber, und mit der solchermaßen erworbenen Liquidität kreditieren sie wieder weitere Kunden, erweitern also ihr Geschäft.
Aufgrund der hohen Verschuldung, der negativen Handelsbilanz und der allgemeinen Krise ist die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates zweifelhaft geworden und von den Rating-Agenturen heruntergestuft worden, auf ein Niveau, das ihre Akzeptanz bei der EZB zweifelhaft werden läßt.
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In dem für 2010 angekündigten Krimi gibt es also folgende Akteure:
1. Die EZB. Soll sie den griechischen Staatsanleihen die Annahme verweigern und damit einen Staatsbankrott eines Euro-Landes riskieren, mit unabsehbaren Folgen für die Gemeinschaftswährung?
2. Die griechische Regierung. Sie ist mit allen möglichen Versprechen bezüglich Wirtschaftsbelebung, Sozialleistungen, Förderung des Bildungswesens usw. an die Macht gekommen. Sie sieht sich großem Druck von Seiten der EU ausgesetzt, alle diese Versprechen zu brechen und überall den Sparstift anzusetzen.
Sie kann es sich gleichzeitig nicht leisten, bei ihrem Gewaltapparat (Polizei, Rechtswesen, Heer) zu sparen, da sie den vermutlich in näherer Zukunft mehr denn je benötigen wird.
3. Die griechischen Gewerkschaften. Sie haben eine Kampfphase angekündigt, um Verbesserungen im Verhältnis von Kapital und Arbeit zu erzwingen. Das ist in Griechenland eine ernstzunehmende Drohung, da die dortigen Gewerkschaften nach allem, was man so liest, keineswegs so staatstragende und verläßliche Institutionen sind, wie der DGB oder ÖGB.
4. Die griechische Bevölkerung. Sie hat in jüngerer Vergangenheit schon gezeigt, wozu sie fähig ist. Die Unruhen vom Dezember 2008 haben der damaligen Regierung auch die unangenehme Erkenntnis gebracht, daß sie sich auf Armee und Polizei nur sehr bedingt verlassen kann. Weder die griechischen Rekruten noch die griechische Polizei waren nämlich bereit, mit der gebotenen Brutalität gegen die Aufrührer vorzugehen.
Für Spannung ist gesorgt!

3 Gedanken zu “Griechenland und der Euro

  1. Mit seinen Ausgaben finanziert der Staat in erster Linie sich selbst, also seine Angestellten. Da denkt gleich jeder an Bleistift kauende und Schifferl versenkende Beamten in irgendeiner Behörde. Aber dazu gehört zunächst einmal die Politiker-Riege selbst, die das ganze Werkl in Gang hält, Gesetze beschließt, Ausgaben – wie auch die eigenen Gehälter – festlegt, und über Krieg und Frieden entscheidet.

    Durch Lohn finanziere ich mich doch auch selbst. Weiss ich deswegen, aufgrund eines Tatsachenhinweises, was der Lohn ist? Warum muss überhaupt mein Lebensunterhalt “finanziert” werden, mit anderen Worten als ein zu minimierender Kostenfaktor behandelt werden? Oder weiss ich was “Gesetze”, “Rechtspflege, Richter, Staatsanwälte” sind, “die dreie Elemente der Gewaltenteilung”, mit anderen Worten die drei Elemente des bürgerlichen Gewaltmonopols, wenn ich darauf hinweise dass sie vom Staat finanziert werden? Im Grunde genommen stimmt selbst diese Aussage hinten und vorn nicht, denn finanziert werden Staatsausgaben durch Steuern. Steuern sind Abzug dessen was die Privaten erwirtschaften können. Was eine Steuer sein könnte, warum sie immerzu als Abzug von der vorgegebenen Wirtschaftsleistung der Privaten daherkommen muss, daher knapp bemessen, und immerzu über die Aufnahme von Staatskredit, d.h. über die Aufnahme von Staatsschulden, finanziert wird (um die „Wirtschaft“ nicht über Steuern allzu sehr belasten zu müssen), erschließt sich , über die vorgegebene Realitätshinweise, gar nicht.

  2. Tach, star wars, haben wir was verpasst?
    Bis auf Deinen Teilsatz:
    “Warum muß überhaupt mein Lebensunterhalt “finanziert” werden, …”, dünkt sich uns der Rest mit die Steuerns als voll verständlich.
    Auch wenn wir als Arbeitslose keine Steuern bezah …, oh Pardon, die Zichten und die “mehrerenden-Wert-Steuerles”, lässt uns die Art dieser Ab-Gaben, die wir eigentlich gar nicht verschenken wollen – aber müssen – eigentlich gar keine Fragen offen.
    Jo jo, die Sache mit dem “Lohn”, das mag in einem Blog dieser Art, erwähnenswert sich zu erscheinen.
    Aber wie, bimmelsunerhörter Weise, mag der Zweck der Steuern von Dir, als nicht erkannt, in den Raum gestellt sein?
    *koppschüttel*
    … oder haben wir doch was verpasst?
    Zwei der *Aktion*

  3. Nach nochmaligem Lesen:
    “… weiss ich, was “Gesetze”, “Rechtspflege, Richter, Staatsanwälte sind … ?”
    star wars, von wo kommst Du?, welcher Planet?
    * Gesetze … machen UNS auf Ab-Stand.
    * Rechtspflege … gibt im Verlaufsverfahren uns vermehrt nix – (Beratungsschein) / und VertreterInnen der Abhängigkeit derselben – Order.
    * RichterInnen kennen wir – leidlich.
    * Staatsanwälte, nebst dies Pack weiblicher Formation … dito.
    Was, star wars, willst Du uns verklikkern?
    Glaubst Du, wir sind: ?Plem?
    Sorry. Deine “Aus”-lassungen erscheinen “HochschulHaft” –
    auf minderem Nivea-Cream-s.
    Ab in die Auseinandersetzung – oh, Deer!
    … sonst rufen wir unsere Gruppe zusammen,
    um ‘gemein’-schaftlich zu zinnobern …
    Erzähl mal
    denen 2 von der
    *Aktion sozialer Widerstand*
    … welch leicht zu er-gogglen.

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