Pressespiegel El País, 30.11.: Der internationale Drogenhandel

„LATEINAMERIKA WIRD VON KRIMINELLER TÄTIGKEIT ÜBERWÄLTIGT

Mit zunehmender Drogenproduktion und -schmuggel auf dem gesamten amerikanischen Kontinent diversifizieren sowohl neue als auch etablierte kriminelle Gruppen jeder Größe ihre Geschäftsfelder und verstärken ihre militärischen Kräfte gegenüber Staaten, die zwischen harter Hand und Lähmung hin- und hergerissen werden.

Ein grünes Blatt Papier mit einer in Großbuchstaben geschriebenen Botschaft brachte diese Woche die Kriminalitätsprobleme Lateinamerikas auf den Punkt. Es tauchte in Guerrero an Mexikos gebeutelter Pazifikküste auf, hätte aber genauso gut in Santiago de Chile, Medellín in Kolumbien oder in einem beliebigen Viertel von Guayaquil in Ecuador hängen können.“

Der Autor des Artikels reiht also die Hauptstadt Chiles neben Drogenmetropolen wie Medellín oder Guayaquil ein …

„Es war ein Aushang, ein Zettel, der an Straßenecken und Laternenpfählen angebracht war – eine Drohung an Ladenbesitzer in mehreren Vierteln. Sie wurden gewarnt, dass sie ab Dezember Schutzgeld zahlen müssten. »Dieses Viertel hat einen Chef«, schloss die Warnung, deren Verfasser unbekannt ist.

Quote, Impfdosis, Brautpreis, Happen – allesamt Bezeichnungen für Schutzgeld-Erpressung, eine Geißel, die den Kontinent wie nie zuvor heimsucht und den aktuellen Zustand der Region in Reinkultur darstellt. Die Kriminalität blüht in Amerika, insbesondere diejenige, die mit Gewalt verbunden ist.
Die Mordrate ist weiterhin sehr hoch: über 20 pro 100.000 Einwohner. Der Drogenhandel, der sich immer weiter ausbreitet, hat die Kriminalität vom einst friedlichen Uruguay bis nach Guatemala ausgedehnt, wo dieses Phänomen seit jeher sattsam bekannt ist. Bewaffnete Gruppen, die im Drogenmilieu entstanden sind, suchen überall nach neuen Geschäften, in den höchsten und niedrigsten Kreisen. Nichts scheint so lukrativ wie Erpressung, so einfach wie kaum etwas anderes: Zahl, oder ich bring dich um.

Amerika im Allgemeinen und Lateinamerika im Besonderen durchlaufen eine heikle Phase. … Sie sehen die Diversifizierung und Fragmentierung der kriminellen Unterwelt als Risiko für die Länder der Region.
Der Drogenhandel setzte die kriminelle Maschinerie in Gang, aus der Dutzende von Banden hervorgegangen sind, die jeweils nach Marktlogik operieren und um ihren Anteil am Kuchen kämpfen. Erpressung ist der einfachste Weg; Drogen sind eine Möglichkeit, aber nur eine von vielen.
Amerika verfügt über einen beeindruckenden Reichtum an Bodenschätzen, und das Verbrechen, durstiger denn je, wartet nur auf seine Chance. Wie eine moderne Version der mythologischen Hydra von Lerna schütteln die Banden die vielen Köpfe des Ungeheuers, um ihre Operationen auszuweiten.“

Der Grundtenor dieses Artikels ist recht typisch und widerwärtig: Die kriminellen Bandenmitglieder werden als eine Art Tier besprochen, Erscheinungsformen des Bösen, die ohne Grund und aus reiner Schlechtigkeit und Geldgier anderen das Leben schwer machen.
Der Autor verschwendet keinen Gedanken auf die unschönen Seiten der normalen Marktwirtschaft, auf die Profitinteressen der nicht kriminellen Unternehmer, auf die unerfreulichen Entwicklungen auf dem ganzen Kontinent – Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrisen und Staatsbankrotte. Nein, das Verbrechen wächst einfach wie ein Monster und ergießt sich über den guten Teil der Menschheit.

„Die Länder der Region scheinen, in ihrer Nabelschau versunken, zu ignorieren, dass der räuberische Drang der Mafia überall derselbe ist, von den Anden bis zum Amazonas.“

Es ist unklar, worauf sich diese Anschuldigung bezieht?
Natürlich hätten es Staat und Individuum lieber, wenn die Killer woanders tätig würden und nicht in ihrem Land, aber das als „Nabelschau“ zu bezeichnen, ist doch sehr unpassend.

„In Mexiko stehlen Kriminelle Treibstoff aus staatlichen Ölpipelines oder importieren ihn unversteuert und fälschen dabei Zollerklärungen; in Peru, Ecuador und Kolumbien plündern Kriminelle Goldminen und andere Bodenschätze ohne Genehmigung; in Brasilien fällen Diebe und Schmuggler unerbittlich Bäume, um die weltweite Nachfrage nach Holz zu befriedigen …

Und all dies mit Unterstützung staatlicher Akteure. »Das ist gerade bei Umweltverbrechen sehr deutlich zu sehen«, sagt Cecilia Farfán, Leiterin des Nordamerikanischen Observatoriums bei GITOC, einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die transnationale organisierte Kriminalität untersucht.
Neben Drogenhandel und Erpressung existieren diese neuen kriminellen Machenschaften auch neben traditionelleren, aber äußerst lukrativen Bereichen der organisierten Kriminalität: Menschenhandel, sowohl mit Migranten als auch mit anderen, und Waffenhandel.

In ihrem vor wenigen Wochen veröffentlichten Bericht zur globalen Kriminalitätslage hebt die GITOC insbesondere die Verbreitung von Schusswaffen in der Region als Mittel zum Tötungsdelikt hervor. Nirgendwo sonst auf der Welt werden so viele Morde mit Schusswaffen verübt wie in Lateinamerika und der Karibik. »Im Vergleich zu vor 20 Jahren verfügt die organisierte Kriminalität über mehr und bessere Waffen, so dass viele glauben, sie seien besser als die der Streitkräfte«, bemerkt Farfán.
In dieser Logik wird Gewalt sowohl als Werkzeug als auch als Botschaft etabliert: als Mittel, aber auch als Selbstzweck. Mit allen notwendigen Ausnahmen“

– warum „notwendig“?–

 – wie dem Mord an dem DEA-Agenten Enrique Camarena in Mexiko in den 1980er Jahren oder die bleigeschwängerten Jahre von Pablo Escobars Herrschaft in Kolumbien zu Beginn des folgenden Jahrzehnts, begann der Drogenhandel nicht mit Gewalt.
Um die Hauptmärkte, die USA oder Europa, zu erreichen, war Geheimhaltung unerlässlich. Bestechung und Ordnung – das hätte das Motto des Geschäfts sein können. Doch die Zerschlagung der alten Drogenkartelle und die Auflösung ihrer Schutznetzwerke, die stets von staatlichen Sicherheitskräften geschützt oder direkt in diese eingebunden waren, veränderten die Lage grundlegend.

In Amerika herrschen heute kleine, dynamische kriminelle Gruppen vor, die mit größeren kriminellen Organisationen verbunden oder auch nicht verbunden sind. Diese Organisationen können im Drogenhandel und Einzelhandel tätig sein. Sie erpressen Schutzgelder und versuchen, die Umwelt und die natürlichen Ressourcen zu ihrem Vorteil auszubeuten. Wo es Bergbau gibt, nehmen sie sich die Bodenschätze; wo es Wälder gibt, nehmen sie das Holz; und wo es Städte gibt, bedienen sie sich an Unternehmen, der öffentlichen Verwaltung und den Verkehrswegen.
All dies geschieht in einem Umfeld extremen Wettbewerbs, in dem Gewalt als gängige Währung eingesetzt wird, um Geschäftshindernisse wie etwa Umweltschützer auszuschalten oder um Botschaften an tatsächliche oder potenzielle Feinde zu senden. »Das ist die größte Bedrohung auf dem Kontinent: die Diversifizierung des Verbrechens und die Zersplitterung krimineller Banden«, sagt Marcelo Bergman, Professor an der Universität 3. Februar in Argentinien und einer der führenden Experten für kriminelle Dynamiken in der Region.

Das Kokain ist zurück

Säcke aus Packpapier, versteckt in einem gewöhnlichen Schuppen. Das war die Tarnung für die 14 Tonnen Kokain, die kolumbianische Behörden erst vor 8 Tagen im Hafen von Buenaventura an der Pazifikküste beschlagnahmten. Der Straßenverkaufswert der Droge hätte laut Nationalpolizei rund 400 Millionen US-Dollar betragen – ein außergewöhnlicher Erfolg in der jüngeren Geschichte des Landes. Der Polizeichef erklärte, es handele sich um die größte Beschlagnahmung der Droge in den letzten 10 Jahren.
Die schlechte Nachricht für die Behörden: Diese 14 Tonnen entsprechen laut den jüngsten Schätzungen der UNO lediglich 0,4% der jährlichen Kokainproduktion in der Region.

Kokain ist wieder im Trend. Abgesehen von der Kontroverse um die Zahlen (dazu gibt es eine hitzige Debatte in Kolumbien, dessen Regierung den UN-Zahlen widerspricht) steigt die Produktion jährlich, ebenso wie die Anbaufläche für Kokablätter, die Basis der Droge. Kolumbien ist der größte Produzent, gefolgt von Peru mit deutlichem Abstand und Bolivien noch weiter hinten. Von den 3.708 Tonnen Kokain, die die Region laut UN-Schätzungen im Jahr 2023 produzierte, stammten 2.664 Tonnen aus Kolumbien. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl für Kolumbien auf 3.001 Tonnen, eine Zahl, die diese Zeitung vor wenigen Tagen veröffentlichte und die den oben erwähnten Streit auslöste.

Der Anstieg des Kokainkonsums in Südamerika und seinen Märkten sowie die weltweit steigenden Beschlagnahmungen, ebenfalls laut UN, verdeutlichen eine regionale Tendenz: die Ausweitung von Drogenproduktion und -handel. Dies betrifft praktisch alle Drogen, mit Ausnahme des aus der Mode gekommenen Heroins und des inzwischen weitgehend legalisierten Cannabis. Die übrigen erleben einen Boom … – eine Situation, die an das goldene Zeitalter des Medellín-Kartells und die Kokain-Luftbrücke über die Karibik und Florida Mitte der 1980er Jahre erinnert, die Jahre von Scarface und Miami Vice.

Neue Drogen befeuern den Anstieg des Drogenhandels in nördlicheren Regionen. Kaum eine Droge ist auf dem Kontinent so verbreitet wie Fentanyl und Methamphetamin. Das Opioid und das Crystal Meth verdrängten in Mexiko die traditionellen Mohn- und Cannabis-Anbauflächen und überzogen den Westen des Landes mit Laboren. Diese sind abhängig von der unstillbaren Nachfrage des nördlichen Nachbarn – trotz des seit 5 Jahrzehnten andauernden »Kriegs gegen Drogen«, der von verschiedenen US-Regierungen, von Richard Nixon bis Donald Trump, geführt wurde. Der aktuelle US-Präsident versucht, die Regierungen der südlichen Nachbarstaaten durch Androhung von Zöllen und Bombardierungen der Seewege unter Druck zu setzen und den Drogenhandel zu beenden. Trumps Raketenangriffe in der Karibik und im Pazifik, die den Kokainhandel eindämmen sollen, haben bisher über 80 Menschenleben gefordert.

Abgesehen davon, dass diese Vorgehensweise aus Sicht der Opferrechte höchst fragwürdig ist,“

– hier merkt man, wie unsinnig die Rechtsfrage ist, wenn bereits gewaltsam durchgegriffen wurde –

„erinnert die Logik, Drogenrouten durch Bombardierungen zu unterbrechen, an das Sprichwort »Mit Kanonen auf Spatzen schießen« – nur in einer modernen und absurden Dimension. Wie viel Kokain haben diese Bombardierungen tatsächlich daran gehindert, amerikanische Konsumenten zu erreichen?“

– Die anderen Drogen kommen direkt aus Mexiko –

„Ohne offizielle Informationen lässt sich das schwer sagen. Es erscheint jedenfalls unwahrscheinlich, dass diese Maßnahmen Auswirkungen auf die Nachfrage haben werden.

»Trotz jahrzehntelanger Bemühungen, den Kokainkonsum einzudämmen, hat die Nachfrage nach Kokain ihren Höhepunkt erreicht«, bestätigt Angélica Durán, Professorin an der Universität von Massachusetts und Autorin zahlreicher Studien und Bücher über Gewalt und illegale Märkte.“

Woher weiß die Dame, daß es nicht weiter hinauf geht?

„Der Kreis schließt sich. Drogenmärkte, die ursprünglich nicht oder nicht so gewalttätig waren wie heute, schufen angesichts des wachsenden Wettbewerbs und des Niedergangs oder der Unfähigkeit der alten Netzwerke eine Nachfrage nach neuen Schutznetzwerken.
Gleichzeitig suchten die neuen Gruppen nach anderen Betätigungsfeldern, was zu Diversifizierung, Erpressung usw. führte.
Regierungen, wie beispielsweise in Kolumbien, Mexiko und Brasilien, versuchten, diese Gruppen, wie die gewalttätigen Zetas, durch vereinzelte Verhaftungen zu eliminieren. Doch in der Praxis zersplitterten die Gruppen, und die Überreste führten unter neuen Namen ihre kriminellen Aktivitäten fort. Die Nachfrage nach Drogen blieb gleich oder stieg sogar. Und so erreichen wir das Jahr 2025.

Diese Logik beschränkt sich nun nicht mehr nur auf traditionelle Produktionsländer, sondern zeigt sich mit katastrophalen Folgen auch in Transitländern wie Ecuador, wo die Mordrate von weniger als acht (pro 100.000 Einwohner) im Jahr 2020 auf über 45 im Jahr 2023 anstieg, oder in Ländern der Karibik.
Noch vor wenigen Jahren galt Ecuador, das Bindeglied zwischen Kolumbien und Peru, als gewaltfreie Oase auf dem Subkontinent, insbesondere im Vergleich zu Kolumbien. Doch in den letzten 5 Jahren hat es sich zu einem der wichtigsten Kokain-Umschlagplätze Südamerikas entwickelt – eine Situation, die auch in Costa Rica zu beobachten ist. Kriminelle Netzwerke erleichtern dort den Drogenhandel nach Europa und nutzen dabei Ecuadors Position als weltweit führender Bananenexporteur aus.

Als weltweit führender Kokainproduzent ist Kolumbiens Fall beispielhaft und ergänzt den Ecuadors, da er den gesamten Zyklus umfasst.“

Der Autor bezieht sich hier offenbar auf die von ihm skizzierte Entwicklung der Zersplitterung der großen Kartelle.

„Nach dem Zusammenbruch der Medellín- und Cali-Kartelle in den 1990er-Jahren änderten die Gruppen, die den Drogenhandel übernahmen, ihre Taktik. Sie stellten den Transport nach Mexiko ein und begannen, das Kokain gleich an der Grenze zu verkaufen. Der Gewinn war geringer, aber auch die Probleme. Gleichzeitig verzeichnete die UNO bis 2013 einen anhaltenden Rückgang der Kokablatt- und Kokainproduktion.
Doch der darauffolgende Anstieg war brutal: von damals 50.000 Hektar Anbaufläche auf heute über 250.000 Hektar. In diesen Jahren schritt die Fragmentierung der kriminellen Gruppen, zunächst als „Bacrim“ (kriminelle Banden) und später als „GAO“ und „GDO“ (organisierte bewaffnete Gruppen) bezeichnet, stetig voran. Ebenso ihre Diversifizierung. »Je nach Preislage wechseln sie nun vom Kokaanbau zum illegalen Goldabbau«, sagt Daniel Mejía, promovierter Wirtschaftswissenschaftler der Brown University und ehemaliger Direktor des Zentrums für Sicherheits- und Drogenforschung an der Universität Los Andes (Bogotá).

Mejía verweist, wie Marcelo Bergman, auf die extreme Gefahr von Situationen wie in Kolumbien, Mexiko, Teilen Brasiliens und Ecuador, wo die mit Gewalt verbundene Kriminalität ein extrem hohes Niveau erreicht. »Die Ausbreitung krimineller Gruppen in Lateinamerika beschränkt sich nicht mehr allein auf die Kontrolle des Drogenmarktes oder des Bergbaus. Vielmehr entwickeln sie sich hin zu einer Art krimineller Herrschaft«, erklärt Mejía.“

Das Gewaltmonopol des Staates geht verloren, wenn solche Sub-Regierungen sich ausbreiten.

„»Wenn Situationen wie in Mexiko erreicht sind – 30.000 Morde jährlich, zunehmende Erpressung, Plünderung von Minen und Wäldern, Treibstoffdiebstahl –, hat sich die Kriminalität so stark diversifiziert und es sind so viele kriminelle Akteure beteiligt, dass die abschreckende Wirkung des Staates schwindet«, bemerkt Bergman.

Die Rache und der Wald

Es wird im Folgenden nicht ganz klar, worauf sich der Begriff „Rache“ bei der Polizeiaktion in Rio bezieht.

„An einem frühen Morgen Ende Oktober 2025 begaben sich Bewohner einer Favela in Rio de Janeiro in den Wald, um Leichen zu bergen. Während im pulsierenden Süden der Stadt, an den Stränden von Copacabana und Ipanema, das Leben seinen gewohnten Gang ging, stiegen Dutzende Männer und Frauen aus der Favela Penha im Landesinneren in den Wald oberhalb des Armenviertels, um nach den Leichen ihrer Angehörigen zu suchen, die Stunden zuvor von der Staatspolizei in einer weltweit schockierenden Operation getötet worden waren. Reporter, die später auf dem Platz des Viertels eintrafen, beschrieben grauenhafte Szenen: Dutzende Leichen lagen in Reihen, die Körper verstümmelt und mit provisorischen Planen bedeckt.

Obwohl die endgültige Zahl der Todesopfer der Polizeioperation weiterhin unklar ist, gehen die konservativsten Schätzungen von 121 aus. Während der Präsident einer globalen Supermacht wie den USA den Mord an einem Journalisten als »eines dieser Dinge, die eben passieren« abtut,“

– mit diesen Worten erklärte Trump auf Anfrage einer Reporterin den Mord an Jamal Kashoggi, der von saudischen Geheimpolizisten im Konsulat in Istanbul ermordet und nachher zersägt und/oder verbrannt wurde, um alle Spuren zu beseitigen, für erledigt,

„reagierte Rio de Janeiros Gouverneur Claudio Castro ähnlich auf das Massaker in den Favelas. Laut Castro war die Operation ein Erfolg, da 78 der Opfer schwere Vorstrafen hatten. Obwohl es verwundert, bestätigten Umfragen in den darauffolgenden Tagen die Unterstützung der Operation und der Aussagen des Gouverneurs. Der harte Kurs, eine in der Region stets problematische Politik, setzte sich mit überwältigender Mehrheit durch.

Das Massaker in den Favelas von Penha und Alemao, das schlimmste in der Geschichte des Landes,“

– vielleicht das bisher schlimmste in einem Armenviertel einer Großstadt, aber sicher nicht das schlimmste Brasiliens, da gab es schon einige andere Gemetzel –

„spiegelt einen Trend auf dem gesamten Kontinent wider: die Verzweiflung der Bevölkerung angesichts von Unsicherheit und Gewalt und die Suche nach vermeintlichen Wundermitteln.“

Gewalt gegen Gewalt – ein „Wundermittel“?
Eher schon die altbewährte Antwort des Gewaltmonopols gegen seine leichtergewichtigen Konkurrenten.

„Ähnlich verhielt es sich mit Nayib Bukeles Vorgehen in El Salvador, der vor einigen Jahren – nachdem Verhandlungen mit Banden gescheitert waren – die Kriminalität abrupt beendete, indem er den Rechtsstaat außer Kraft setzte.
Dies geschieht in Mexiko und Ecuador, aber auch in Ländern mit deutlich niedrigeren Raten an Gewaltverbrechen, wie etwa Chile, dessen Mordrate bei etwa 6 pro 100.000 Einwohner liegt – im regionalen Vergleich niedrig, aber doppelt so hoch wie vor 10 Jahren.

»In Lateinamerika gab es schon immer die Forderung nach ,harten Lösungen’, einem Sammelbegriff für viele Formen von Gewalt«, sagt Angélica Durán von der Universität von Massachusetts.
Beispiele dafür gibt es viele. Ähnliche Fälle gab es zu Beginn des Jahrhunderts im nördlichen Dreieck Zentralamerikas, in Honduras und El Salvador. Es handelte sich dabei um reaktive Ansätze zur Verbrechensbekämpfung, die nicht auf Planung, sondern auf einer Krise beruhten. »Es besteht die Tendenz, dass die Akzeptanz solcher Maßnahmen steigt, wenn schwere Verbrechen und Straflosigkeit wahrgenommen werden. Und Staaten greifen leichter darauf zurück, selbst wenn die Maßnahmen nicht effektiv sind, da sie kurzfristig den Eindruck erwecken, dass etwas unternommen wird«, fügt die Expertin hinzu.

In einer Zeit, in der der Populismus in der Region an Boden gewinnt, insbesondere der Rechtspopulismus, mit Bolsonaros, Mileis, Bukeles und Konsorten am Bug ihres ideologischen Flugzeugträgers, wächst die Versuchung, vermeintliche Wunderlösungen anzubieten. Alle befragten Experten warnen einhellig: Das Bukele-Modell ist nicht übertragbar. »Sie konnten es nur, weil es ein kleines Land ist, das die Banden sehr schnell unter Kontrolle gebracht hat«, sagt Bergman. Um etwas Ähnliches zu versuchen, müssten Länder mit 10, 15 oder 20 Millionen Einwohnern mehr als 100.000 Menschen inhaftieren. Im Falle Mexikos wären es 1,5 Millionen, in Brasilien mehr als 2 Millionen.

Aus medialer Sicht mag die Idee zwar wirkungsvoll sein – welcher angehende Autokrat gerät nicht ins Schwärmen angesichts der Vorstellung, riesige Gefängnisse zu errichten, in denen Hunderttausende mutmaßliche Kriminelle in ärmlicher weißer Unterwäsche vor sich hingammeln? –, doch sie könnte kontraproduktiv sein.

In seinem wegweisenden Buch »Das Geschäft mit dem Verbrechen« weist Bergman darauf hin, dass sich die Gefängnispopulation in Lateinamerika in den letzten zwei, fast drei Jahrzehnten praktisch verdoppelt hat, die Kriminalität aber nicht zurückgegangen ist. Dies hat zwei Gründe: Erstens, weil die im kriminellen Milieu Festgenommenen leicht zu ersetzen sind, und zweitens, weil die prägende Wirkung des Gefängnisses die Insassen nicht etwa resozialisiert, sondern sie im Gegenteil darauf vorbereitet, mit neuem Elan in die kriminelle Welt zurückzukehren.

Was also tun? Daniel Mejía liefert eine mögliche Antwort. Der Hochschulabsolvent Mejía wurde 2016 Bogotás erster Sicherheitsminister, zu einer Zeit, als sich im Stadtzentrum ein riesiges Kriminalitätsgebiet namens El Bronx entwickelte. Sollte es sich weiter ausbreiten, könnte es zu einem massiven Problem werden. »Es umfasste 5 Häuserblöcke, wo die Polizei nicht eindringen konnte, lag aber in unmittelbarer Nähe der Gerichte und des Bürgermeisteramtes. Unser Grundprinzip war, dass es keine solchen Sperrzonen geben durfte«, erklärt der Experte. Mejía schleuste Agenten nach El Bronx ein, koordinierte 6 Monate lang Geheimdienstoperationen und setzte bei seinem Angriff alle verfügbaren Kräfte ein.

»Wir setzten 2.500 Polizisten sowie Armeeangehörige ein, die die Sicherheitsabsperrungen sicherten«, erläutert er. »Es ging nicht darum, übermäßige Gewalt anzuwenden, sondern sie zu vermeiden. Wir setzten so viele Kräfte ein, dass die Täter gar nicht erst an Gegenwehr denken würden.«
Und so geschah es. Es gab keine Schießereien oder Todesfälle. Innerhalb weniger Minuten besetzte die Polizei über 140 Lokale in dem Gebiet, in denen unter anderem Drogen verkauft wurden. Obwohl die besonderen Umstände die Anwendung der Strategie erschweren, scheint die Lehre klar: Um Vergeltungsaktionen des organisierten Verbrechens zu verhindern, sind Informationen, Vorbereitung und eine starke Polizeipräsenz notwendig. Mejía warnt: »Gewalt ohne strategische Planung führt zu vielen Fehlern.«“

Die Gewalt muß überlegen sein, meint der Mann.
Das Problem ist, daß die Lage inzwischen so zu sein scheint, daß diese überlegene Gewalt oftmals gar nicht vorhanden ist.

„Die Prognose ist nicht gut, aber auch nicht hoffnungslos. »Die Kriminalität wird nicht verschwinden, aber wir müssen uns bemühen, sie einzudämmen«, argumentiert Cecilia Farfán. Diese Aussage verschleiert eine gewisse Komplexität. Die Eindämmung ist nicht einfach, wenn die Regierungen jahrzehntelang lediglich reagiert haben. Und nicht nur das. »Das Hauptproblem ist, dass die Macht in Lateinamerika in den Staaten im Allgemeinen sehr zersplittert ist und es viele kriminelle Gruppen gibt, sodass jede Politik äußerst kompliziert ist. Hinzu kommt die mögliche Verbindung dieser Gruppen zu Teilen des politischen Establishments«, sagt Angélica Durán. Auch kulturell ist der Kampf komplex. Begriffe wie Regierung oder Politik haben viel von ihrem Reiz verloren. Unzufriedenheit herrscht vor, und in einem solchen Kontext treten andere Akteure auf den Plan.

Schlechtes zieht an; man muss sich nur den Erfolg der Narco-Corridos ansehen, eines Subgenres der mexikanischen Musik, die zu einem globalen Phänomen geworden sind. Kriminalität wird heutzutage nicht mehr so sehr aus Notwendigkeit, sondern oft aus Rache begangen. »Es herrscht eine weitverbreitete Enttäuschung darüber, dass der legale Weg, Bildung und Arbeit keine Antworten bieten«, sagt Bergman. »Und so drängen sich diese nihilistischen, rebellischen, gewalttätigen Wege auf… Nun, heute scheint der größte Reiz darin zu liegen, sich eine Waffe zu besorgen, andere zu verletzen, eine schreckliche Kindheit zu rächen, das, was einem angetan wurde. Die Zahl der Menschen, die bereit sind, sich einem Leben in der Kriminalität zuzuwenden, weil sie auf anderem Wege keine Antworten finden, ist ein ernstes Problem«, schließt er.“

Es ist aber auch die einzige Möglichkeit, zu den ganzen schönen Konsumartikeln zu kommen, die einem täglich angepriesen werden.
„Lieber kurze Zeit ein König, als lebenslang ein Bettler“ sagt ein Drogenhändler in einem Film über dieses Genre, und dagegen ist schwer ein „Wundermittel“ zu finden.

Pressespiegel El País, 23.11.: Ukraine – Frieden oder Untergang?

ÜBER ZELENSKIJ BRAUT SICH EIN VERHEERENDER STURM ZUSAMMEN

Präsident Zelenskij steht vor Trumps Forderung nach Kapitulation der Ukraine vor Russland, während der interne Widerstand aufgrund von Korruption in seinem engsten Umfeld wächst

Die Ukraine steht vor einer entscheidenden Entscheidung, erklärte Zelenskij am Freitag in einer eindringlichen Ansprache an die Nation. „Entweder wir verlieren unsere Würde oder einen wichtigen Verbündeten“, sagte der Präsident. Dieser Verbündete sind die USA, und zwar nicht irgendein Partner: Sie waren in den ersten drei Kriegsjahren der wichtigste Waffenlieferant der Ukraine. Alles änderte sich, als Donald Trump im Januar letzten Jahres ins Weiße Haus einzog und vom ersten Tag seiner Amtszeit an seine Nähe zu seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin demonstrierte. Der »Friedensplan«, den Trump nun von Zelenskij fordert, läuft auf eine Kapitulation vor dem Angreifer hinaus, die der ukrainische Präsident als Verlust der Würde betrachten würde.“

Jeder Frieden für die Ukraine kann nur das Eingeständnis einer Niederlage sein. Seit Jahren stellen alle ernstzunehmenden militärischen Analysen fest, daß die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen kann.
Für die meisten Politiker der EU und der Ukraine verbietet sich diese Einsicht allerdings.

„Die Frage, die Zelenskij der Nation in seiner Ansprache stellte, war früher oder später unausweichlich: Wollen die Ukrainer und ihre politischen Vertreter den russischen Interessen nachgeben und damit den Krieg beenden? Oder sind sie bereit, den Kampf fortzusetzen, obwohl sich die Lage nur noch verschlimmern kann? Der Präsident machte es noch deutlicher, als er warnte, dass dem Land ein »extrem harter Winter« bevorstehe, sollten sie ihre Würde bewahren.“

Mit Würde kann man nicht heizen, außerdem drohen weitere Gebietsverluste und sogar der Zusammenbruch der Front, sollten die USA wirklich ihre Unterstützung völlig zurückziehen.

„Die »extrem schwierige« Phase hat bereits begonnen. Russische Bombardierungen des Stromnetzes verursachen täglich Stromausfälle von bis zu 14 Stunden. Hinzu kommen Störungen bei Heizung, Telefon und Warmwasser.
An der Front ist die Lage nicht einfacher: Trotz heldenhafter ukrainischer Verteidigung rückt die russische Armee in Donezk und Charkow vor und hat gerade eine neue Offensive im Süden, in der Region Zaporozhje, gestartet.“

Diese läuft bereits seit einiger Zeit und trifft in dieser Region auf sehr ausgedünnte ukrainische Positionen.

„Sollten Trumps verdeckte Drohungen, die US-Militärhilfe für die Ukraine einzustellen, Realität werden und Zelenskij nicht auf das Ultimatum zur Annahme seines Friedensplans reagieren, wird sich die Lage an der Front und im Hinterland weiter verschärfen.“

Die Drohungen von Trump sind nicht besonders verdeckt.

„Dies gilt insbesondere, da der Ukraine die US-Geheimdienstinformationen fehlen könnten, die es ihr ermöglichen, alles von russischen Flugzeugstarts bis hin zu feindlichen Militärstellungen zu erfassen.“

Die US-Satellitendaten könnten die europäischen Verbündeten nicht ersetzen, da sie kein entsprechend ausgebautes Satellitennetz besitzen.

„Die größte politische Krise

In der ukrainischen Gesellschaft macht sich unweigerlich Müdigkeit breit, und es gibt deutliche Anzeichen dafür: Laut offiziellen Angaben entziehen sich 1,5 Millionen Männer dem Wehrdienst, die sich innerhalbdes Landes verstecken.
Weitere Anzeichen sind die Desertionen und das unerlaubte Verlassen von Posten in der Armee, die laut Angaben der Generalstaatsanwaltschaft heute 20 % der Truppen ausmachen, und die erste große politische Krise, mit der der Präsident in den fast vier Kriegsjahren aufgrund von Korruption konfrontiert war.

Am 22. Juli öffnete Zelenskij die Büchse der Pandora, als er der Rada, dem Parlament, eilig eine Gesetzesreform vorlegte, die die Unabhängigkeit der Antikorruptionsbehörden des Landes faktisch aufhob. Den Abgeordneten blieben nur wenige Stunden für die Abstimmung. Zelenskijs Entscheidung führte zu den ersten Straßenprotesten in der Ukraine seit fast 4 Kriegsjahren und zu seinem ersten Bruch mit Europa.
4 Monate später zweifelt kaum noch jemand daran, dass dieser Schritt eine Reaktion war, um eine Betrugswelle zu vertuschen, die den inneren Zirkel des Staatsoberhauptes treffen sollte.“

Der Betrug läuft schon seit Jahren, aber inzwischen haben westliche Sponsoren entschieden, die Sache an die Oberfläche zu bringen.
Es handelt sich um einen Versuch, die Führung in der Ukraine auszuwechseln, um gewisse Positionen, an denen Zelenskij festhält, aus den Verhandlungen und dem öffentlichen Diskurs verschwinden zu lassen.

„Zelenskij revidierte seine Entscheidung, die Nationale Antikorruptionsbehörde (NABU) und die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAPO) der direkten Kontrolle des Generalstaatsanwalts zu unterstellen – ein Amt, das er selbst besetzt hatte. Zu diesem Zeitpunkt enthüllten durchgesickerte Informationen aus NABU und SAPO an die Medien, dass der Hauptgrund für Zelenskijs Angriff auf deren Handlungsspielraum einen Namen hatte: Timur Minditsch.

Minditsch war einer der engsten Vertrauten des Präsidenten und sein Partner in der audiovisuellen Produktionsfirma Kvartal 95, die Zelenskij zum gefeierten Schauspieler machte. NABU und SAPO hatten Minditsch monatelang überwacht und hunderte Stunden seiner Gespräche aufgezeichnet. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen waren brisant, und die Enthüllungen erfolgten im November dieses Jahres. Die Antikorruptionsbehörden veröffentlichten Aufnahmen, die angeblich belegten, dass Minditsch der Drahtzieher eines Bestechungssystems im Zusammenhang mit Verträgen mit dem staatlichen Atomenergiekonzern Energoatom war. Der Betrugsschaden wird auf über 85 Millionen Euro geschätzt.

Zwei der Hauptverdächtigen, Minditsch und der Geschäftsmann Oleksandr Zukerman, flohen am 10. November aus der Ukraine, nur wenige Stunden bevor der NABU ihre Wohnungen durchsuchte.“

Wohin eigentlich?
Welches Land erscheint ihnen sicher?
Die Türkei?
Israel?

„Der Energoatom-Fall hat bereits zwei Minister ihren Posten gekostet: Energieministerin Switlana Grintschuk und ihren Vorgänger, Justizminister German Galuschtschenko. Doch das ist noch nicht alles. Der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Oleksij Tschernyschow, ebenfalls ein Mann aus Zelenskijs engstem Kreis, wurde diese Woche wegen mutmaßlicher Zusammenarbeit mit Minditsch bei der Geldwäsche von Energoatom-Geldern aus illegalen Provisionen verhaftet. Tschernyschow wurde kurz darauf gegen Kaution freigelassen.

Doppelte Bedrohung

Minditschs Einfluss reicht noch weiter: NABU und die SAPO verfügen über Aufnahmen, die angeblich belegen, dass der Geschäftsmann und Zelenskijs Partner seine Verbindungen nutzte, um Verträge mit Rustem Umerow, dem ehemaligen Verteidigungsminister und jetzigen Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, auszuhandeln. Umerow zählt zudem zu den engsten Beratern des Präsidenten.“

Nicht nur das.
Umerovs Familie lebt in den USA, er hat die US-Staatsbürgerschaft und alles deutet darauf hin, daß er ein US-Informant ist.

„Umerow verkörpert die doppelte Bedrohung, die über Zelenskij schwebt. Einerseits wird er als Verwalter einer so heiligen Angelegenheit wie des Verteidigungshaushalts in Frage gestellt.
Andererseits tauchte sein Name diese Woche in US-Medien als Vertreter des ukrainischen Präsidenten auf, der an der Ausarbeitung von Trumps Friedensplan beteiligt war. Laut diesen Berichten schlug Umerov einen der umstrittensten Punkte vor: Die Ukraine solle auf ihr Recht verzichten, von Russland begangene Kriegsverbrechen zu verfolgen, und es solle eine Amnestie für alle während des Konflikts begangenen Verbrechen gewährt werden.“

Also auf beiden Seiten, was auch die Ukraine betrifft.
Damit wären nicht nur diejenigen Kriegsverbrechen, die Rußland gerne verfolgen würde, sondern auch die Korruptionsgeschichten von Zelenskij & Co. vom Tisch.

„Umerov wies am Freitag alle Vorwürfe zurück, doch die Opposition nutzte die Gelegenheit. Der Abgeordnete Wolodymyr Arijew von der »Europäischen Solidarität«, der größten Oppositionspartei, forderte Aufklärung über eine Klausel, die seiner Ansicht nach Zelenskijs engstem Kreis Straffreiheit wegen Korruption ermöglichen würde. Laut US-Medien sei es Umerov sogar gelungen, einen Punkt aus dem Plan zu streichen, der eine Sonderprüfung der Verwaltung internationaler Gelder für die Ukraine vorsah.

»Ein solches Maß an Zynismus und Arroganz ist unvorstellbar«, schrieb Arijew in einer Erklärung. »Der Schutz von Dieben und Diebesgut ist wichtiger als die Wahrung der Interessen der Ukraine.« Arijew bezeichnet den von Trump der Ukraine aufzuzwingenden Plan als »Kapitulation und Verrat« und befürchtet, dass dessen Annahme zu innerer Instabilität im Land führen könnte.

Eine im vergangenen Oktober veröffentlichte Studie des Meinungsforschungsinstituts Gradus wies genau auf dieses Risiko als einen der Gründe hin, warum die 6 Millionen ukrainischen Flüchtlinge in Europa zögern, in ihr Land zurückzukehren, selbst wenn ein Friedensabkommen geschlossen wird: Laut Gradus betonen diese Vertriebenen unter anderem, dass die interne soziale und politische Lage negativ sein könnte, sollte der Krieg mit einem für die Ukraine ungünstigen Abkommen enden.“

Solange der Krieg weitergeht, ist die Lage „stabil“ und die Flüchtlinge bleiben, wo sie sind.
Aber im Falle eines Friedensschlusses könnten sie in verschiedenen Staaten ihren Asylstatus verlieren.

„Regierung der Nationalen Einheit

Trotz des andauernden Krieges um das Überleben des Landes und trotz des Verrats durch ihren wichtigsten Verbündeten will die ukrainische Opposition den Sturz der Regierung.“

Eher „wegen“ als „trotz“.

„Die »Europäische Solidarität« strebt eine Mehrheit für ein Misstrauensvotum an, das zum Sturz des Kabinetts des Staatsoberhauptes führen würde. Ex-Präsident Petro Poroschenko, Vorsitzender der »Europäischen Solidarität«, will den Ministerrat auflösen und die Rada dazu bewegen, eine »Regierung der nationalen Einheit« vorzuschlagen – eine Koalition aller parlamentarischen Kräfte.
Poroschenko hat sich die Unterstützung der Gruppe um Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko sowie der Oppositionspartei Golos gesichert.“

Die alte Garde will also wieder an die Regierung und vertraut möglicherweise auf Unterstützer aus dem Ausland.

„Kira Rudik, die Vorsitzende von Golos https://de.wikipedia.org/wiki/Stimme_(Partei), argumentierte in einer Erklärung vom 18. November, ein »Neustart« in der Ukraine mit einer Koalitionsregierung sei unerlässlich, da Wahlen während des geltenden Kriegsrechts unmöglich seien. Und nicht nur wegen des Kriegsrechts: Keine politische Partei hält es für möglich, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen während eines Krieges abzuhalten. »Ein Neustart ist notwendig, weil sich die Situation sonst nur verschlimmern wird. Für den Präsidenten wäre es eine gute Möglichkeit, die Krise zu überwinden und die Unruhen zu bekämpfen, denn Korruption wird von unseren Feinden ausgenutzt werden,« meint Rudik.“

Wen immer man sich unter „unsere Feinde“ vorstellen mag. Rußland, USA, Inland, EU-Politiker?

„Die Frage ist, ob der Widerstand innerhalb der Partei »Diener des Volkes« groß genug sein wird, um die Regierung zu stürzen.
Mikita Poturajew, ein Abgeordneter der Parlamentsfraktion der Partei, kündigte am 19. November an, dass innerhalb der Partei eine Spaltung vorbereitet werde, um die Bildung einer nationalen Einheitsregierung zu unterstützen. In den letzten zwei Jahren sind Stimmen wie die Poturajews lauter geworden, die beklagen, dass während des Krieges die gesamte politische Macht in der Ukraine im Präsidentenamt konzentriert war.

Dmytro Rasumkow, ehemaliger Präsident der Werchowna Rada und Verbündeter Zelenskijs in den ersten beiden Jahren seiner Präsidentschaft, zählt zu den Ideologen hinter der Bildung einer nationalen Einheitsregierung. Rasumkow argumentiert, die Stabilität des Landes hänge von der Etablierung von Kontrollmechanismen gegenüber dem Staatsoberhaupt ab, das derzeit keiner Opposition gegenübersteht. »Leider sind weder Parlament noch Regierung heute in der Lage, Entscheidungen eigenständig zu treffen und umzusetzen«, so Rasumkow in einem Interview mit EL PAÍS.“

Was damit wohl gemeint sein mag?
Der ganze Absatz ist rätselhaft.

„Unsicherheit bezüglich Jermak

Die Lage ist für Zelenskij so schwierig, dass erstmals Forderungen aus den eigenen Reihen laut wurden, seinen engsten Vertrauten Andrij Jermak zu entlassen. Jermaks Macht im Präsidentenamt ist nahezu uneingeschränkt. Opposition und Medien vermuten, dass er in den NABU-Protokollen genannt wird, obwohl sein Name dort nicht auftaucht. Ein Mitglied von Zelenskijs engstem Kreis wird dort als »Ali Baba« bezeichnet, – bei dem handelt es sich vermutlich um Jermak. Dieser »Ali Baba«, so Mindichs Gespräche mit seinen Vertrauten, behinderte die Antikorruptionsermittlungen.

Auch innerhalb der Partei »Diener des Volkes« gab es prominente Stimmen, die öffentlich Jermaks Absetzung forderten. Fedir Wenislawski, einer der einflussreichsten Abgeordneten, erklärte am 18. November im Radiosender Swoboda, dass Jermaks Entlassung in den eigenen Reihen diskutiert werde: »Ich habe Jermaks Rücktritt nicht gefordert, aber ich glaube, dass seine Absetzung sicherlich dazu beitragen würde, den Druck auf die Regierung zu verringern.«“

Jemand, der so viel weiß und in dessen Händen so viele Fäden zusammenlaufen, ist schwer loszuwerden … Es sei denn, auf gewaltsamem Weg.

„Am 20. November, dem Tag, an dem Zelenskij offiziell Trumps Friedensplan entgegennahm, traf er sich mit seiner Parlamentsfraktion. Er ging nicht dorthin, um den Inhalt des Dokuments zu besprechen, sondern um zu verkünden, dass es keine Regierungsänderungen geben und er Jermak nicht ersetzen werde.
Igor Kriwoschejew, einer seiner kritischen Stellvertreter, griff den Präsidenten in den sozialen Medien scharf an und warf ihm mangelnde Entschlossenheit vor: »Wir warten darauf, dass sie die unausweichliche politische Verantwortung übernehmen, denn für uns hat jeder Tag seinen Preis.«

Ironischerweise wandte sich Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in ähnlichen Worten an Zelenskij: »Wir machen Zelenskij und seiner Regierung deutlich, dass es besser wäre, jetzt eine Einigung zu erzielen als später. Sein Handlungsspielraum für eigenständige Entscheidungen schrumpft mit dem Vormarsch der russischen Streitkräfte.«

Zelenskijs Antwort in seiner Ansprache an die Nation am Freitag lautete, dass das Land nun geeinter denn je sein und »politische Manöver« beiseite lassen müsse: »Wir müssen gemeinsam wieder auf den richtigen Weg kommen, unsere Vernunft wiedererlangen. Schluss mit den Streitigkeiten, Schluss mit den politischen Spielchen. Der Staat muss funktionieren, das Parlament eines Landes im Krieg muss zusammenarbeiten. Die Regierung eines Landes im Krieg muss effektiv arbeiten. Und wir alle dürfen nicht vergessen oder uns täuschen lassen, wer der wahre Feind der Ukraine ist.«“

Der Stuhl unter Zelenskijs Gesäß scheint zu wackeln.

Pressespiegel El País, 15.11.: Aufmarsch gegen Venezuela

„TRUMP BEREITET DIE US-TRUPPEN FÜR DIE NÄCHSTE PHASE SEINES MILITÄREINSATZES IN DER KARIBIK VOR

Der US-Präsident und Maduro steuern auf eine Konfrontation zu, in der der Republikaner seine Glaubwürdigkeit und der Venezolaner seine Machtposition riskiert“

Die ganze Überschrift und Aufmache ist ein Beispiel für den Verfall des Journalismus heute: Der Aufmarsch gegen Venezuela wird als eine Art Duell zwischen zwei unsympathischen Personen dargestellt. Die bisherigen Toten dieser Machtdemonstration – Fischer, nach dem, was man so mitkriegt – sind sozusagen Kollateralschäden, ebenso wie die Opfer eines möglichen US-Militärschlages.

„Der Moment der Wahrheit scheint immer näher zu rücken. Donald Trump kennt – nach einer Woche intensiver Beratungen, wie er am Freitag an Bord der Air Force One erklärte – nach eigenen Angaben bereits »mehr oder weniger« die Ziele des massiven US-Militäreinsatzes in der Karibik.
Lateinamerika – und der Rest der Welt – halten unterdessen den Atem an angesichts einer Entscheidung, die ein schweres geopolitisches Erdbeben auf einem Kontinent auslösen könnte, der polarisierter ist denn je.

Es ist weiterhin unklar, was Trump in der Region erreichen will. Vertreter seiner Regierung, wie etwa Außenminister Marco Rubio, betonen, dass der Militäreinsatz – bei dem in zweieinhalb Monaten rund zwanzig mutmaßliche Drogenboote angegriffen und mindestens 80 Menschen in der Karibik und im östlichen Pazifik getötet wurden – lediglich eine Anti-Drogen-Operation sei. Während vor der Küste Venezuelas eine Marineeinheit aufgebaut wird, wie es in der Region seit Jahrzehnten beispiellos ist, sprach der Präsident selbst öffentlich von einer »zweiten Phase« der Operation, die auch landgestützte Ziele umfassen würde.

Das Rätsel liegt im Ziel dieser neuen Phase: Wird sie sich auf ein begrenztes Ziel gegen die Interessen von Drogenkartellen beschränken oder – wie der venezolanische Präsident Nicolás Maduro selbst behauptet und viele in Washington glauben – ein offener Versuch sein, ihn zu entmachten? Die US-Regierung wirft dem Regime und Maduro selbst vor, ihr Überleben mit den Einnahmen aus dem Drogenhandel zu sichern, und erkennt ihn, wie andere Regierungen weltweit, nicht als legitimen Staatschef an. (…)“

Es ist überhaupt kein Rätsel, daß die USA Maduro und seine Regierung stürzen und ihre eigene Marionette, Frau Machado, installieren wollen.
Das El País drückt sich um diese offensichtliche Absicht herum, weil es zwar Trump nicht recht geben will, aber Maduro gerne gestürzt sehen würde.

„Eskalierende Aggression

In einer rhetorischen und kriegerischen Eskalation, in der die USA den größten und modernsten Flugzeugträger der Welt, die Gerald Ford, in der Region stationiert und Venezuela 200.000 Soldaten mobilisiert hat, um einer hypothetischen Invasion entgegenzutreten, scheinen Trump und Maduro auf ein persönliches Duell zuzusteuern, in dem derjenige verliert, der zuerst nachgibt.“

Die USA wissen sehr gut, daß sie sich einen Einmarsch in Venezuela nicht leisten können und damit genau in die Art von Krieg verwickelt werden würden, die Trump als die Fehler seiner Vorgänger gebrandmarkt hat – einen Ende nie-Krieg mit großen Verlusten für die USA.
Venezuela könnte sich zu einer Art Afghanistan für die USA entwickeln, mit großen Zerstörungen im Land selbst und einer Art offener Wunde für ganz Lateinamerika.

„»Die USA behaupten, es ginge hier um Drogen. Das ist die offizielle Position. Wir könnten also im Februar verkünden, dass die Drogenlieferungen zurückgegangen sind und wir somit gewonnen haben. Aber das ist falsch«, argumentierte Elliott Abrams, Trumps ehemaliger Sondergesandter für Venezuela, diese Woche in einem Vortrag beim Thinktank Atlantic Council.“

Warum im Februar?
Was haben sie bis dahin vor?

„»Wenn Nicolás Maduro am Ende all dessen noch an der Macht ist, hat er gewonnen. Er muss nur überleben. Und ich hoffe, [Trump] erkennt, dass es zu spät ist, nachzugeben. Entweder gewinnt Trump oder Maduro. Dieser Machtkampf hat bereits begonnen.«
Es wäre das zweite Mal, dass der venezolanische Präsident einen Sieg über Trump für sich beanspruchen könnte: Der Republikaner hatte bereits 2019 versucht, den chavistischen Führer durch die Unterstützung von Juan Guaidó zu stürzen – eine immer noch sehr präsente Erfahrung, so ungern er sich auch an Fehlschläge erinnert.“

– und auch die EU, die immerhin Guiadó anerkannt hat, ebenso wie heute Gonzalez und Machado.

„Die Ereignisse haben sich mit dem Eintreffen der USS Gerald Ford – die im Juni letzten Jahres eine Schlüsselrolle beim US-Angriff auf iranische Atomziele spielte – beschleunigt. Sie schloss sich zusammen mit ihrer Kampfgruppe der Flottille von 12 Schiffen an, die die USA seit August in internationalen Gewässern der Karibik, nahe der venezolanischen Hoheitsgewässer, stationiert haben.
Diese Flottille repräsentiert 20 % der weltweit mobilisierten US-Seestreitkräfte: 15.000 Soldaten, F-35-Kampfjets (die modernsten Flugzeugtypen), Hubschrauber und Langstreckenraketen, darunter die Tomahawk-Marschflugkörper, die die Ukraine so dringend benötigt und die Trump ihr verweigerte, weil auch er sie braucht.“

Nicht nur deshalb.
Er hatte nie vor, sie der Ukraine zu geben.

Ein Teil der in der Karibik aufmarschierten US-Flotte und Luftwaffe

„Signale

Die Ankunft des »Gerald Ford« war das erste Anzeichen dafür, dass eine Bewegung unmittelbar bevorstehen könnte. Das Kronjuwel der US-Marine wird nicht stationiert, um lange untätig an einem Ort zu liegen oder einfache Überwachungsaufgaben zu erfüllen – das ursprüngliche Argument des Pentagons zur Rechtfertigung ihrer Verlegung aus dem Nahen Osten.
Sein Einsatz kostet bis zu 8,4 Millionen Dollar (7,2 Millionen Euro) pro Tag, und seine Abschreckungskraft wird in vielen anderen Krisenherden weltweit benötigt, in denen die USA Interessen haben. »Die Seestreitkräfte können nicht ewig dort herumlungern«, betont Abrams.

Das zweite Anzeichen kam am Donnerstag. Verteidigungsminister Pete Hegseth verkündete in den sozialen Medien den Beginn einer Großoperation namens Southern Spear zur »Eliminierung von Drogenhändlern und Terroristen«.

Trump traf keine sofortige Entscheidung. Er musste – und muss immer noch – seine Optionen sorgfältig abwägen. Der Präsident, der sich der Welt als großer Friedensstifter präsentiert und offen den Friedensnobelpreis für sich beansprucht, benötigt einerseits eine rechtliche Grundlage für die Intervention. Andererseits befürchtet er ein peinliches Scheitern oder die Gefährdung amerikanischer Truppen. Schließlich hatte er im Wahlkampf versprochen – und seine Wählerbasis forderte es –, dass die USA unter seiner Führung nie wieder, wie er es nannte, »dumme Kriege« anzetteln würden.“

Kriege, die nicht gewonnen werden können, viel Schaden anrichten und die USA viel Geld kosten …

Weitere Geräte, die in der Karibik aufmarschieren. El País gibt leider nicht an, wieviele von diesen Flugzeugen, Schiffen und Drohnen vor Ort sind

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„Öffentliche Ablehnung

Die US-Bürger lehnen eine Intervention ab. Laut einer am Freitag von Reuters/Ipsos veröffentlichten Umfrage sprechen sich 51 Prozent der Amerikaner gegen tödliche Angriffe auf Drogenboote aus, während 29 Prozent sie befürworten. 35 Prozent verurteilen den Einsatz militärischer Gewalt in Venezuela ohne Zustimmung der venezolanischen Behörden, während 31 Prozent einen Sturz Maduros mit nichtmilitärischen Mitteln unterstützen. Lediglich 21 Prozent befürworten einen Putsch gegen den chavistischen Präsidenten.“

Eine eigenartige Umfrage.
Die Fragen wurden offenbar so gestellt, daß eine eindeutige Ablehnung nicht herauskommt. Die dürfte allerdings Tatsache sein. Weil MAGA hat sich ja u.a. gegen derartige Kriege gebildet.

„Trump stehen verschiedene Optionen für Angriffe auf Ziele in Venezuela zur Verfügung. Diese könnten in Form direkter Angriffe von Schiffen oder gezielter Missionen von Spezialeinsatzkräften erfolgen. Sie könnten sich gegen die Interessen von Drogenkartellen richten oder militärische Ziele angreifen. Auch Angriffe auf Maduros engsten Kreis sind denkbar.“

Nicht nur „denkbar“, das ist offensichtlich das Ziel.
Nur ist die Frage: Selbst wenn es gelingen sollte, Maduro und seinen engsten Kreis auszuschalten, was folgt danach?
Libyen läßt grüßen …

„Der Einsatz in der Karibik ist nicht die einzige US-Militärbewegung in der Region. Das Pentagon hat seine Streitkräfte auf Stützpunkten in Puerto Rico verstärkt. Zusätzlich zum Druck durch Angriffe auf mutmaßliche Drogenboote gab es Trainingsflüge von B-52- und B-1-Bombern nahe der venezolanischen Küste sowie Trumps Genehmigung für die CIA, verdeckte Operationen in Venezuela durchzuführen.

Das Pentagon hat außerdem Bodentruppen nach Panama verlegt, jenes Land, das es 1989 überfallen hatte, um das Regime von Manuel Noriega zu stürzen, und das Trump vor seinem Amtsantritt mit einer Intervention bedroht hatte, um die Kontrolle über einen wichtigen Kanal, der den Pazifik und den Atlantik verbindet, zurückzuerlangen.“

Venezuela kann man nicht mit Panama vergleichen – das Land hat eine andere Größe und eine staatstreue, große und gut ausgerüstete Armee, sowie bewaffnete Milizen. Eine Intervention mit Bodentruppen in Venezuela wäre vergleichbar mit dem Vietnamkrieg.

„Zudem wurden großangelegte Militärübungen in Trinidad und Tobago angekündigt, ebenfalls nahe der venezolanischen Küste.

»Das ist ganz klar eine Kampagne, um Druck auszuüben«, erklärte die pensionierte Generalin Laura Richardson, die bis vor einem Jahr das Südkommando leitete, das für die US-Militäroperationen in Lateinamerika zuständig ist.“

Na sowas!
Welch eine scharfsinnige Analyse!

„Eine Kampagne, die laut US-Regierung auf lange Sicht angelegt ist. Sie ist Teil einer Neuausrichtung der Außen- und Verteidigungspolitik, die den Fokus von Europa und Asien auf Amerika verlagert – anderthalb Jahrhunderte nach der Monroe-Doktrin.“

Das alles gibt aber keinen Fahrplan vor, wie die USA in der konkreten Frage mit Venezuela verfahren wollen.
Eines ist klar: Ein Scheitern in Venezuela würde die ganze Trump-Außenpolitik umwerfen.

„US-Nachbarschaft

»Die westliche Hemisphäre ist Amerikas Nachbarschaft, und wir werden sie schützen«, schrieb Hegseth in seiner Ankündigung der Operation Southern Spear. Sein Ministerium bereitet die Veröffentlichung einer neuen Nationalen Sicherheitsstrategie vor – eines Prioritätenkatalogs, den jede Regierung nach Amtsantritt erstellt –, die Lateinamerika und den Schutz des nationalen Territoriums in den Vordergrund stellt.

Schon in den Monaten vor seiner Amtseinführung im Januar hatte Trump sein Interesse an dem Kontinent deutlich gemacht, indem er Panama mit einer Intervention drohte, um die Kontrolle über den Panamakanal zurückzuerlangen, und die USA aufforderte, Grönland zu annektieren.

Der Republikaner verfolgt die Entwicklungen in Lateinamerika aufmerksam und hat die Führungswechsel in den Ländern der Region, die Regierungen hervorgebracht haben und möglicherweise auch weiterhin hervorbringen werden, die dem Trumpismus nahestehen, lobend erwähnt. »Marco [Rubio] sagt mir, dass immer mehr Länder der Region auf unserer Seite stehen«, erklärte er im August bei einer Kabinettssitzung überschwänglich. Und er zögert nicht, sie offen zu unterstützen, wie etwa im Oktober während Javier Mileis Besuch im Weißen Haus, als er die Hilfe für Argentinien an den Wahlsieg des Präsidenten bei den Wahlen am 26. Oktober knüpfte.“

Allerdings könnte eine US-Intervention in Venezuela diese Tendenz kippen …

„Umgekehrt hat die Operation gegen die Drogenboote die Beziehungen zwischen den USA und Kolumbien sowie dessen Präsidenten Gustavo Petro belastet, den Trump als »Killer« und »Drogenhändler« bezeichnet und gegen den er Wirtschaftssanktionen verhängt hat.
Der kolumbianische Präsident wiederum hat die Angriffe auf die Boote als »außergerichtliche Hinrichtungen« bezeichnet, ein Begriff, der auch vom UN-Hochkommissar für Menschenrechte verwendet wird.“

Daß der kolumbianische Präsident und sogar die UNO das Kind beim Namen benennen, wird hier als eine Art Meinung hingestellt, die man haben kann oder auch nicht.

„Diese Woche kündigte Bogotá aus diesem Grund die Aussetzung der Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten an und folgte damit dem Beispiel Großbritanniens – vielleicht Washingtons wichtigstem historischen Verbündeten –, das diese Art der Zusammenarbeit mit der führenden Weltmacht ebenfalls teilweise eingestellt hat.“

Diese Entscheidung des UK weist darauf hin, daß der Operation der USA keine Rückendeckung gegeben wird, sollte sie dennoch Venezuela angreifen.
Die britische Regierung will sich diesbezüglich gegenüber einer etwaigen weiteren Aggression fernhalten.

„Die Trump-Regierung macht aus ihrem Wunsch nach einem Führungswechsel in Kolumbien kein Geheimnis. »Gott sei Dank finden nächstes Jahr Wahlen in Kolumbien statt. Ich nehme an, das kolumbianische Volk wird in seiner Weisheit diesen Weg, der zu Elend und Hass führt, ablehnen und einen neuen Kurs zum Wohle dieser großartigen Nation einschlagen«, erklärte der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau am Montag bei einer Zeremonie zu Ehren des kubanischen Dissidenten José Daniel Ferrer in Washington.

Laut Elkins »dürfen wir nicht vergessen, dass Trump nicht in seiner zweiten, sondern in seiner dritten Amtszeit ist«, da er zwischen 2021 und 2025 ununterbrochen überlegt habe, welche Maßnahmen er ergreifen werde. »Was wir hier erleben, ist ein sehr ausgeklügeltes, kalkuliertes und koordiniertes Vorgehen, um die Vorherrschaft in der westlichen Hemisphäre zu sichern«, so der Experte.“

Nur: Wie soll das gehen?
Als Dauerpräsenz in der Karibik, um alle Wahlen im Sinne der USA ausgehen zu lassen?
Das „Problem Venezuela“ löst diese Präsenz allerdings nicht.

Die USA befinden sich in einer selbst geschaffenen Zwickmühle:
Falls sie Venezuela großflächig bombardieren – was anscheinend geplant ist – so richten sie zwar viel Schaden an, bringen jedoch ganz Lateinamerika gegen sich auf.
Ein Rückzug ohne irgendetwas geht jedoch auch nicht.