Serie „Lateinamerika heute“, Teil 20: Peru

EINE FESTE BURG DER USA?

Vor einiger Zeit ist in Peru die nicht ganz verfassungskonforme Absetzung des gewählten Staatsoberhauptes von sich gegangen. Man könnte auch von einem Putsch reden. Diese Art von Absetzung eines Präsidenten durch das Parlament fand 2012 in Paraguay statt, 2016 in Brasilien, 2019 in Bolivien und eben zuletzt, 2022 in Peru.
Die demokratische Legitimation von Staatsoberhäuptern ist dort nicht viel wert, wenn die Personen, die die wirtschaftliche Macht ausüben, ihre Position durch einen solchen Volksvertreter gefährdet sehen.

Man geht sicher nicht fehl, hinter dieser Art von Machtwechsel die lange Hand der USA zu vermuten. Genauso ist es jedoch notwendig, sich die Eliten dieses Staates anzusehen, die mit dem gewählten Repräsentanten unzufrieden sind und ihre Interessen durch einen solchen Machtwechsel schützen.

Metropole und Dschungel

Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Perus, ca. 33 Millionen, lebt in Lima. Es gibt also einen urbanen Ballungsraum, die sich sehr vom Rest des Landes unterscheidet. Die Eliten sitzen in der Stadt und blicken mit Mißtrauen auf die ländliche Bevölkerung. Sie erscheint ihnen lästig, unnötig und gefährlich. Um so mehr, als die Eingeborenen im Inneren des Landes durch ihre bloße Existenz immer an den durch die Kolonisatoren verübten Raub erinnern, auf dem ihr Reichtum beruht.

Der Rest des Landes teilt sich auf zwischen Großgrundbesitz, wo für den Weltmarkt produziert wird – Peru ist derzeit international Marktführer für Heidelbeeren –, Bergbau und Subsistenz. Ein bedeutender Teil des Landes unterliegt gar keiner Kontrolle, dorthin führen keine Straßen, und Holzräuber, illegale Bergbau-Firmen, Schmuggler und Indianerstämme treiben sich dort herum. Ihre Tätigkeit bleibt unbekannt, sie gehen in kein BIP ein und sie scheinen höchstens einander zu stören, niemanden sonst.

Es gab Versuche von Politikern, diese disparaten Teile des Landes zu einer mehr als nur territorialen Einheit zu formen, sie sind bisher alle gescheitert.

Die Wirtschaft Perus – die Armut des Menschen als Ergebnis des Reichtums der Erde

Die Bergbauindustrie macht 80% des BIP aus. Peru exportiert Kupfer, Gold, Silber, Eisen, Zinn, Zink, Blei, Wismut und Tellur, es verfügt auch über Lithium, das allerdings noch in der Prospektionsphase ist.

Die meisten dieser Minerale verlassen Peru jedoch in Form von Erz, weil es nie gelungen ist, so etwas wie eine Hüttenindustrie zu etablieren. Diese Erze werden also aus Peru in ihrer rudimentärsten Form exportiert und im Ausland verhüttet. Das ist z.B. ein großer Unterschied zu den Verhältnissen in Chile, wo die gesamte Kupferproduktion im Inland und größtenteils staatlich betrieben wird.

Als die Regierung unter dem inzwischen abgesetzten Präsidenten darüber nachdachte, die Verträge mit den Bergbauunternehmen neu zu verhandeln und eventuell zur Verarbeitung im Land zu veranlassen, kam es zu gröberem Grummeln und über dem Haupte von Castillo braute sich Unheil zusammen.

Die Ölindustrie wurde unter General Velasco 1969 verstaatlicht und die Ölfirma Petroperu ist bis heute in staatlicher Hand. Seither wurden jedoch offenbar andere Ölfelder privatisiert oder Konzessionen vergeben. Die Raffinerie bei Lima, bei der es im Jänner 2022 zu einem Unfall beim Befüllen eines Tankers kam, gehört jedenfalls der spanischen Firma Repsol bzw. wird von ihr betrieben.

Beim Erdgas ist die Situation sehr unklar. Peru besitzt angeblich die zweitgrößten Erdgasreserven Südamerikas. Aber um an die heranzukommen, braucht man erst einmal Kapital, das sich in Peru für diese Zwecke nicht findet. Es ist allerdings auch schwierig, ausländisches Kapital anzulocken, weil das will für seine Investitionen Freiheiten, die den Energiebedürfnissen der peruanischen Wirtschaft wiedersprechen, die mehr als die Hälfte seines Energiebedarfs durch Importe decken muß.

Es ist das gleiche Problem, das auch schon in Bolivien für Aufruhr gesorgt hat. In Peru wäre die Energie obendrein sehr notwendig, um die restliche Industrie voranzubringen.

Eine Energieversorgung ist nämlich eine Vorleistung für jede industrielle Entwicklung bzw. Produktion. Wo die nicht gewährleistet ist, sieht es schlecht aus für andere energieintensive Geschäftszweige, wie eben eine Schwerindustrie mit Hochöfen und Walzstraßen.

Peru besitzt auch eine Textilindustrie, produziert Gewebe und Kleidung aus tierischen, pflanzlichen und Kunststoff-Fasern. Diese angestammte Industrie gerät jedoch seit geraumer Zeit sehr unter Druck durch die Importe aus China. Die Textil-„Front“ zieht sich quer durch diverse Sektoren der peruanischen Gesellschaft: Für oder gegen chinesische Kleidung?
Agrikultur und Fischereiwirtschaft tragen auch noch ihr Scherflein bei zur Wirtschaftsleistung, fransen jedoch bereits in den informellen Sektor aus, wo Mengen nicht wirklichkeitsgetreu deklariert und steuerschonend im Inland versilbert oder ins Ausland verschoben werden.

Der Rest der Bevölkerung ist entweder beim Staat angestellt oder bringt sich im weiten und breiten informellen Sektor weiter: am Bau, als fliegende Händler, Kellner, Gärtner, Fuhrunternehmer und Taxler, Krimineller, usw. usf. Keine Krankenversicherung, keine Pension, keine Steuern.
Das Ausmaß und die Unsicherheit dieser Existenzen wurde durch die Corona-Pandemie deutlich. Peru hat nach den offiziellen Zahlen weltweit sowohl die höchste Sterblichkeit im Verhältnis zur Bevölkerung als auch im Verhältnis zu den gemeldeten Infektionen.

Die Unabhängigkeit und die Grenzen Perus

Die Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialherrschaft war in Peru größtenteils ein Werk außerhalb dieses Territoriums ansässiger Mächte und Personen.
Die spanischen königstreuen Truppen zogen sich in die Berge zurück und wurden erst 1824 durch die Armee Simón Bolívars geschlagen.
Diese Waffenhilfe war nicht ganz uneigennützig – Bolívar und seine Mannschaft erwarteten den Anschluß Perus an die Föderation Groß-Kolumbiens. Das führte zum ersten Grenzkrieg zwischen Peru und dieser – immer mehr abbröckelnden – Föderation.
Dieser Krieg trat eine lange Reihe von Grenzkriegen los, die Peru allesamt entweder verloren oder nicht wirklich gewonnen hat, was das ursprüngliche Gebiet verkleinert und einen Haufen Ausgaben verursacht hat. Peru verlor in alle Richtungen Territorien, häufte dabei Schulden an und hat bis heute offene Grenzfragen mit seinen Nachbarn.

Neben Grenzkriegen machte Peru auch einige Bürgerkriege durch, bei denen zu kurz gekommene Provinz-Häuptlinge durch Verfügung über Waffen vermeintliche Rechte von den Eliten der Metropole einforderten.
Das Militär als Hüter des Vaterlandes brachte auch den entschlossensten Präsidenten hervor, der Peru zu einer Nation formen wollte: Der General Velasco Alvarado (Präsident von 1968 bis 1975) unternahm den Versuch, die Bodenschätze und sonstigen Reichtümer Perus in einer Weise zu entwickeln, die den durchschnittlichen Wohlstand heben, der Staatskasse Einnahmen und der Armee Schlagkraft verschaffen sollten. Seine Anerkennung des Ketschua als Verkehrssprache und die kulturelle Rückbesinnung auf das Inkareich waren sicher auch von der Hoffnung getragen, die Erfolge der Inkas auf irgendeine Art zu wiederholen und die einheimischen Reichtumsquellen sprudeln zu lassen.

Damit brachte er sowohl einheimische Eliten als auch die USA gegen seine Regierung auf. Er störte besonders in einer Zeit des „Containment“, als aller sowjetischer oder kommunistischer Einfluß durch die USA in Lateinamerika bis aus äußerste bekämpft wurde. Velasco störte sehr und wurde 1975 durch einen Putsch abgesetzt. Er verstarb 2 Jahre später, unter seinem Nachfolger nahm Peru am Plan Cóndor teil.

Die politischen Traditionen Perus

Der Aufstand des Kaziken Condorcanqui – Tupac Amaru II beruhte auf dem „Modell“ der spanischen Kolonialverwaltung, das der indigenen Bevölkerung eine eigene (meist mestizische) Elite beließ, auf die sich dann das restliche, vom Mutterland gesteuerte Kolonialsystem stützte.

Im 18. Jahrhundert kam es jedoch zu umfassenden Verwaltungsreformen, sowohl in Spanien als auch in den Kolonien, und diese Form der Sub-Regierung geriet ins Visier der Kolonialbehörden. Der Versuch, diese beschränkte Selbstverwaltung der Kolonien zu begrenzen bzw. aufzuheben und die Kaziken durch vom Mutterland eingesetzte Beamte zu ersetzen, brachte die Mittelschicht der Kolonien in Aufruhr.
Dieser Aufstand von 1780-1783 enthält alle Widersprüche, die Revolutionäre und Reformer in Peru bis heute beschäftigt: Staatseigentum, Stammes- bzw. Familieneigentum, Privateigentum? Tauschhandel, Geldwirtschaft oder Requirierung? Lohnarbeit oder Zwangsarbeit (Mita)? Für welche Ziele kämpft man? Wer entscheidet und wer verteilt, und nach welchem Schlüssel?

Die 1930 in Peru gegründete Partei APRA (Amerikanische revolutionäre Volksallianz) vereinte alle Unzufriedenen in Stadt und Land mit einem anfänglich ebenso umfassenden als verschwommenem Programm: gegen die USA, für Volkseigentum und Solidarität mit den Unterdrückten der ganzen Welt. Die APRA war in Peru wiederholtermaßen verboten. Während sie sich in ihren Anfängen sehr radikal gab, mäßigte sie ihre Vorstellungen im Lauf der Zeit auf eine Art gemäßigte europäische Sozialdemokratie und nahm Maß an den europäischen Staaten der Nachkriegszeit. Damit gewann sie zwar erstmals Wahlen, verlor aber die meisten ihrer Anhänger und ist heute nicht mehr im Parlament vertreten. 

Der Publizist José Mariátegui gründete mit anderen zusammen 1928 die Peruanische Sozialistische Partei, die sich vor allem den Kampf gegen die feudalen Strukturen im ländlichen Peru auf ihre Fahnen schrieb. Nach seinem Tod benannte sich die Partei in Peruanische Kommunistische Partei um.

Auf der anderen Seite trat von Seiten der Eliten der zweifache Präsident Belaúnde Terry auf den Plan, der die indianische Bevölkerung als ein einziges Hindernis für die Entwicklung Perus betrachtete. In seinem Buch „Die Eroberung Perus durch die Peruaner“ stellte er die Forderung auf, daß alle Gegenden des Landes sich als Quelle der Reichtumsproduktion zu bewähren hätten. Eingeborene, die mit dem nicht einverstanden waren, wurden als Kommunisten oder Barbaren denunziert und damit sozusagen zum Abschuß freigegeben. In Anlehnung an seinen Buchtitel waren das eben keine Peruaner und gehörten deshalb weg.
Solche Ideen beruhen auf der Vorstellung, daß die Eroberung durch die Spanier unvollständig ist, solange es noch Eingeborene gibt, die sich den europäischen Vorstellungen von Staat, Eigentum, Grundbesitz usw. widersetzen.)

Während seiner zweiten Regierungszeit – er beerbte nach einer Übergangszeit den gestürzten und indianerfreundlichen General Velasco – bildete sich die Guerillabewegung „Leuchtender Pfad“, dessen Gründer Abimael Guzmán sich auf die Überzeugung Mariáteguis „Der Marxismus−Leninismus ist der leuchtende Pfad in die Zukunft“ bezog und Anfang der 80-er Jahre im Gebirge einen von den Theorien Maos inspirierten bewaffneten Kampf gegen die Regierung begann. Der Leuchtende Pfad stellte um 1990 eine ernsthafte Gefahr für den peruanischen Staat dar, bis er schließlich besiegt, die Anführer verhaftet und zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt wurden.

Ganz verschwunden ist der er aber nicht. Seine Sympathisanten verteilen sich auf andere Parteien und verschiedene Gesellschaftsschichten. Einer davon ist Vladimir Cerrón, der Gründer der Partei „Freies Peru“, der derzeit vorhat, zu den nächsten Präsidentenwahlen anzutreten.

Derzeit optiert diese oppositionelle Strömung also für den legalen Weg.

Die USA und Peru

Im 19. Jahrhundert hatte Peru keine Bedeutung für die USA. Im 20. Jahrhundert wurden jedoch auch südamerikanische Staaten stärker in die US-Einflußsphäre einbezogen. Als der peruanische Präsident Bustamante die damals noch sehr antiamerikanisch und sozialistisch ausgerichtete APRA 1945 legalisierte und in die Regierung berief, unterstützten die USA 1948 seinen Sturz.

1965 unterstützten US-Berater das peruanische Militär bei der Niederschlagung Guerilla des MIR (Bewegung der revolutionären Linken). Dabei wurde erstmals Napalm eingesetzt, seine Wirkungen getestet.
Als Velasco Alvarado 1968 die Macht übernahm, schrillten bei den USA die Alarmglocken. Er kaufte Waffen von der SU, verstaatlichte US-Firmen und bemühte sich um internationale Allianzen, die Peru aus der regionalen und US-Abhängigkeit lösen sollten.
Bei seinem Sturz durch das Militär 1975 beginnt auch der Aufstieg von Vladimiro Montesinos, der die School of The Americas durchlaufen und dann im peruanischen Militär Karriere gemacht hatte. Später sorgte er für die Einbindung Perus in den kolumbianischen Drogenhandel zur Finanzierung diverser nichtöffentlicher Aktivitäten und wurde zum Königsmacher des Präsidenten Fujimori (Regierung von 1990-2000).

Beide sitzen inzwischen in peruanischen Gefängnissen – mit unklarem Einfluß auf die Politik Perus.

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Eine ausführlichere Version dieses Artikels findet sich hier.

11 Gedanken zu “Serie „Lateinamerika heute“, Teil 20: Peru

  1. Peru bricht mit der Demokratischen Arabischen Republik Sahara

    Die Regierung von Peru hat der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS) die Anerkennung entzogen und alle Beziehungen abgebrochen.

    Die Entscheidung nimmt Bezug auf Gespräche mit dem Außenminister von Marokko, Nasser Bourita. Das peruanische Außenministerium erklärte in diesem Zusammenhang: "In Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und den UN-Resolutionen zur Sahara-Frage schätzt und respektiert [Peru] die territoriale Integrität des Königreichs Marokko und seine nationale Souveränität sowie den Autonomieplan für diesen regionalen Konflikt."

    (…)

    (amerika21, 12.9.)

    Hier merkt man, wo sich Peru einreihen möchte: Bei den Freunden der USA.

  2. Ob die UNO da viel helfen kann … ?

    „Linker Ex-Präsident von Peru bittet UN-Generalsekretär um Unterstützung

    Mit einem Brief hat sich der inhaftierte Ex-Präsident von Peru, Pedro Castillo, an UN-Generalsekretär António Guterres gewandt. In dem Schreiben, das Castillo auf X veröffentlichte, prangert er »die systematische Verletzung meiner Menschenrechte in Peru an, einschließlich meiner willkürlichen Verhaftung und illegalen Absetzung als Präsident“.

    (…)“

    (Amerika21, 15.2.)

  3. Sieh da, sieh da:

    „Die Polizei durchsucht das Haus der peruanischen Präsidentin wegen ihrer Sammlung von Luxusuhren

    Die Agenten brechen die Tür der Wohnung von Dina Boluarte auf, gegen die wegen angeblicher unrechtmäßiger Bereicherung ermittelt wird“

    (El País, 30.3.)

    Wenn man den Artikel zusammenfaßt, so hat die Dame nix anderes im Kopf, als sich statt ihrer vorherigen Plastik-Imitate wirkliche teure Original-Uhren zu besorgen.
    Aus dergleichen Schmarrn kann man erschließen, daß sie sich als Marionette überlebt hat und bald wer anderer an die Macht kommen wird.

  4. Dina Boluarte ist bereits 500 Tage im Amt – zwar sehr unbeliebt, aber es findet sich offenbar niemand geeigneter, um sie zu ersetzen.

    Von Wahlen ist auch keine Rede, und das Parlament bestätigt sie in ihrem Amt, trotz der Korruptions-Geräusche wegen der Rolex-Uhren. (Für peruanische Verhältnisse ohnehin eine Kleinigkeit.)

  5. Theo Wentzke über Lateinamerikas Ökonomie: "Im Dienst des Kapitals"
    Perus Wirtschaft ist gänzlich auf Extraktivismus und ausländische Investitionen ausgerichtet. Wer das ändern will, landet im Gefängnis, wie Expräsident Pedro Castillo

    Vor gut einem Jahr wird in Peru der erst kurz zuvor gewählte Präsident, ein gewisser Pedro Castillo, ein indigener ehemaliger Dorfschullehrer, ein Linker irgendwie und Hoffnung verarmter Wählermassen, nicht nur abgesetzt, sondern wegen Vorwürfen der Korruption und des illegalen Vorgehens gegen das Parlament gleich ins Gefängnis gesteckt, so wie etliche seiner Vorgänger aller möglichen politischen Couleur. Hierzulande wird man darüber aufgeklärt, dass so etwas seit über 20 Jahren für Staatspräsidenten zu einem Berufsrisiko geworden ist, was seither zum insgesamt beklagenswerten Erscheinungsbild der peruanischen Demokratie beiträgt. Hinzu kommen zuletzt noch Berichte über die blutige Niederschlagung von Protesten der Anhänger des Abgesetzten, überwiegend bitterarme Leute aus dem peruanischen Hochland, unter dem Oberbefehl einer neuen Präsidentin, die das Vertrauen der USA genießt und wieder aus den Kreisen des mächtigen politischen Establishments kommt.
    Während dieses volatile politische Geschehen professionelle Beobachter anhaltend irritiert, zeigen sich die maßgeblichen Kommentatoren und Analysten der ökonomischen Verfassung des Landes durchaus zufrieden, imponiert Peru auf diesem Gebiet doch mit im lateinamerikanischen Vergleich überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Kennziffern bei Wachstum oder Inflation. Auf diejenigen, deren ökonomische Tätigkeiten damit erfasst werden und für die solche Analysen erstellt werden, kommt es auch an, schließlich haben sie die wichtigsten Geschäfte des Landes in der Hand. Und sie bleiben tatsächlich vom »politischen Tagesgeschehen« weitgehend unbehelligt, so dass einschlägige Berichte immer wieder von einer erfreulichen »Entkopplung der Politik« vom ökonomischen Erfolg des Landes verkünden… (Forts.):
    https://www.jungewelt.de/artikel/477484.lateinamerikas-ökonomie-im-dienst-des-kapitals.html

    [Vorabdruck aus dem demnächst erscheinenden GSP 2/2024,  der auch einen Artikel über dien Gehalt der Verfassungsprozeduren in Chile enthält:    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/vom-linken-fehler-politischen-leistungen-eines-verfassungsprozesses ]

  6. „Peru: Will Ex-Präsident Pedro Castillo erneut an die Spitze?

    Der Versuch von Perus gestürztem Präsidenten Pedro Castillo, auf juristischem Wege aus dem Gefängnis zu kommen und wieder als Präsident eingesetzt zu werden, ist gescheitert. Nun möchte er offenbar über Wahlen zurück in die Politik. Dies haben seine Anwälte bekannt gegeben. (…)

    (amerika21, 21.7.)

  7. „Führer der lateinamerikanischen Linken markieren angesichts eines unsicheren Wahlszenarios rote Linien für Maduro
    Lula da Silva, Fernández und andere Führer in der Region fordern den Präsidenten Venezuelas auf, den Wahlprozeß zu respektieren und das Ergebnis zu akzeptieren; Brasilien wird den ehemaligen Außenminister Celso Amorim entsenden

    Die Situation höchster Spannung in Venezuela aufgrund der Wahlen am Sonntag, bei denen die Opposition Nicolás Maduro nach 25 Jahren Chavismus ablösen könnte, hält die großen Führer der lateinamerikanischen Linken in Atem.

    An diejenigen, die Maduro irgendwann unterstützt haben, und an diejenigen, die dies nicht getan haben. Von Lula Da Silva bis Gabriel Boric, über Gustavo Petro bis Alberto Fernández.

    Der brasilianische Präsident hat in diesen Tagen am deutlichsten zugegeben, dass er »Angst« verspürte, als Maduro in einem Video, das angeblich ohne seine Zustimmung in den Netzwerken verbreitet wurde, sagen hörte, dass ein Sieg des Oppositionskandidaten Edmundo González zu einem Sieg führen könnte zu »einem Blutbad« oder »einem brudermörderischen Bürgerkrieg«. Auch wenn es schwer zu sagen ist, ob es sich hierbei um einen rhetorischen Exzess des Präsidenten handelt, – nichts Ungewöhnliches im Chavismus –, oder um eine substanzielle Drohung, so hat das jedenfalls Besorgnis erregt. (…)

    (El País, 24.7.)

  8. Perus neuer Megahafen Chancay. “Eine Machtdemonstration von Peking”
    Ein Megahafen in Peru eröffnet China neue Möglichkeiten in Südamerika. Die Anlage in Chancay verkürzt die Fahrtzeit von Riesencontainern und könnte zu mehr Handel mit begehrten Rohstoffen führen. Und auch zu politischer Abhängigkeit?

    https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/peru-china-hafen-chancay-100.html

    Kupferproduktion in Peru: Großes Potenzial, viel Widerstand
    Die peruanische Kupfer-Pipeline enthält Potenzial für 2,6 Mio. Tonnen pro Jahr. Doch der Bergbau im Land kämpft gegen Widerstände, in diesem Jahr droht eine Stagnation. Der neue Minister will eine Besserung der Situation erkennen….
    https://www.miningscout.de/blog/2024/08/30/kupferproduktion-in-peru-grosses-potenzial-viel-widerstand/

    (‘Der neue Minister’…? Über das politische Personal in Peru gibt es ansonsten in hiesiger Presse meist nur eher ‘merkwürdige’ Meldungen, Ex-Präsidenten werden in Gefängnisse verfrachtet bzw. versterben dort etcpp…)

    https://www.untergrund-blättle.ch/politik/lateinamerika/peru-eine-feste-burg-der-usa-7921.html (Amelie Lanier. 2023)
    https://nestormachno.alanier.at/serie-lateinamerika-heute-teil-20-peru/#comment-79915
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/demokratische-korruption-kapitalistischer-reichtum-peru

  9. Fujimori war aus dem Gefängnis entlassen, als er verstarb.

    Während sich Peru lange nach Japan orientiert hat, zumindest bis zum II. Weltkrieg – deswegen auch der japanischstämmige Präsident –, ist offensichtlich auch dort inzwischen China auf dem Vormarsch, wie die obige Meldung zeigt …

  10. „TREFFEN IN PERU
    Biden und Xi bereiten sich auf Trump vor

    Am Samstag kommen Noch-US-Präsident Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi zum letzten Amtstreffen in Peru zusammen. Die Beziehungen zwischen den USA und China stehen auf wackligen Beinen – wird sich das unter Trump verschärfen?

    Lateinamerika gilt allgemein als Hinterhof der USA – zumindest war das einmal so. Denn schon lange hat auch China den Fuß in der Tür. Beim diesjährigen Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) am Wochenende sollen eben dort, nämlich in Peru, die Präsidenten der zwei mächtigsten Länder zusammentreffen: Joe Biden und Xi Jinping.

    In Lima wird es das letzte Mal sein, dass die beiden zusammenkommen, bevor Biden im Jänner das Zepter an Donald Trump übergibt. Die US-China-Beziehungen hinterlässt er in wackeligem Zustand, wiewohl es zuletzt Entspannungen gegeben hat. Ziemlich genau vor einem Jahr haben sich Biden und Xi zuletzt getroffen, ebenfalls am Rande eines Apec-Gipfels in San Francisco. Das damalige Treffen markierte ein lang ersehntes Auftauen der Beziehungen. Nicht einmal zwischen den beiden Militärs hatte es mehr Gespräche gegeben, was angesichts der Spannungen um Taiwan oder im Südchinesischen Meer große Sorgen ausgelöst hatte. Seit dem Treffen in San Francisco gibt es sie wieder – und auch regelmäßige Telefonate zwischen Xi und Biden. Vor wenigen Wochen landeten sogar wieder Pandabären aus Chengdu im Washingtoner Zoo.

    Drohen die Beziehungen nun – angesichts der vielen "China-Falken", die der designierte US-Präsident Trump nun in seine Regierung geholt hat – wieder in den Keller zu rasseln? Um das zu beantworten, lohnt sich ein Blick ins letzte Jahrzehnt: Ganz grundsätzlich konkurrieren die beiden Supermächte um Einfluss in der Welt – egal wer im Weißen Haus sitzt. Schon Barack Obama wollte sich mit seiner "Pivot to Asia"-Politik entschlossen positionieren – Einsätze wie etwa der in Afghanistan lenkten die US-Administration aber nachhaltig davon ab. Trump ging dann ab 2017 aggressiver vor: Er brach einen Handelskrieg vom Zaun; kurz nach seiner Wahl telefonierte er mit der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen – ein Affront gegenüber Peking, das die Insel ja als abtrünniges Territorium betrachtet.

    Wien als Eisbrecher

    Biden verzichtete auf derartige Aktionen, ging aber in der Sache ähnlich hart vor. Der Ballonvorfall im Februar 2023 verschärfte das Misstrauen, es brach eine Eiszeit an. Nur sehr geduldige Diplomatie sorgte schließlich für Tauwetter. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan – und Wien, wo ein erstes Anbahnungstreffen von Unterhändlern beider Seiten im Mai 2023 stattgefunden hatte. Wenn Xi und Biden sich nun am Wochenende treffen, dann wolle man, so die US-Seite, Bilanz über die "Bemühungen um einen verantwortungsvollen Umgang" hinsichtlich des Wettbewerbs ziehen. Inwiefern die Staffelübergabe an Trump thematisiert wird, ist offen. (…)

    (Standard, 15.11.)

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