Pressespiegel Komsomolskaja Pravda, 20.1.: Spitzname „Rattenknochen“:

AUSLÄNDISCHE KÄMPFER BEI DEN UKRAINISCHEN STREITKRÄFTEN

Ein französischer Scharfschütze und andere Söldner in der Ukraine zeigen ihre Gesichter

Das französische Außenministerium hat gelogen, als es sagte, daß »Frankreich weder in der Ukraine noch anderswo Söldner hat« und damit die Aussagen des russischen Verteidigungsministeriums über den Tod von 60 Franzosen bei einem Angriff auf ein Hotel in Charkow widerlegen wollte. Wir haben dergleichen »Glücksritter« ausfindig gemacht, die damit prahlen, an Kriegshandlungen auf der Seite Kiews teilgenommen zu haben.

Zunächst richtete der französische Fernsehsender TF1 sozusagen ein eigenes Außenministerium ein, indem er den ehemaligen Militärpiloten Xavier Tytelman in seiner Sendung präsentierte. Er versuchte, die Berichte Moskaus zu widerlegen, indem er sagte, er habe fünf Gruppen französischer Kämpfer in der Ukraine kontaktiert: »Alle sind gesund und munter.«“

Führen wir uns vor Augen: Das französische Außenministeriem verneint jegliche personelle Einmischung in den Ukraine-Krieg, und der größte französische Sender – ehemals staatlich, inzwischen privat – widerlegt das in schlagender Weise, indem er einen Söldner-Koordinator zu Wort kommen läßt.

„Als nächstes bezog sich die britische Zeitung The Times auf das offene Geheimnis. In einem ausführlichen Artikel erzählt ein gewisser Frank, ein Veteran der französischen Fremdenlegion, wie er 2022 in die Ukraine kam und als Scharfschütze kämpfte. »Ich respektiere ihren Wunsch, mich zu töten. Es ist in Ordnung. Ich möchte sie auch töten«, sagt Frank über seine ehemaligen Kollegen in der Legion, die für Russland kämpfen. Paradoxerweise nennt er sie übrigens »Brüder«.“

Europa 2024: Ehemalige Fremdenlegionäre kämpfen in feindlichen Armeen gegeneinander. Die französische Mutternation, bzw. deren offizielle Sprachrohre dementieren das und in- und ausländische Medien breiten diesen vom französischen Außenministerium dementierten Umstand genüßlich aus.

„Auch der französische Verteidigungsminister Sebastian Lecornu arrangierte in einem Interview mit LCI eine Art Selbstdarstellungs-Seance: »Es gibt französische Zivilisten, die in die Ukraine gekämpft haben. Wir können sie nicht verbieten, wir sind immer noch eine Demokratie.«“

Oh. 😮
Die Freiheit, sich in ausländische Armeen einzuschreiben und für sie zu kämpfen, wird hier als eine Art Bürgerrecht dargestellt. Das widerspricht den Gesetzen Frankreichs (und nicht nur Frankreichs). Dazu weiter unten.

„Lecornu behauptet: Angeblich hätten die Söldner, deren bloße Anwesenheit vom Außenministerium vor einem Tag dementiert wurde, keine Verbindung zur französischen Armee …

Natürlich gibt es Narrische, die mit Adrenalin vollgestopft sind. Aber niemand kommt auf die Idee, das Blabla bezüglich »ihrer Entfernung aus der Armee« und die Legenden um aktive nach Kiew geschickte Militärangehörige (angeblich machen sie auf eigene Kosten einen längeren Urlaub) bleiben zu lassen.

Die Gesetze werden nicht eingehalten

Nach französischem Recht ist Söldnertätigkeit eine Straftat (Kämpfer der Fremdenlegion zählen nicht dazu, ihr Status entspricht dem von Armeesoldaten). Es drohen fünf Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 75.000 Euro oder sogar der Verlust der Staatsbürgerschaft.
Es ist jedoch bezeichnend, daß die entsprechenden Paragraphen in der Praxis weder auf die »Glücksritter«, also Söldner, noch auf diejenigen, die sie rekrutieren, angewandt werden.

Der französische Geheimdienst DGSE berichtet: Im Jahr 2022 hielten sich mindestens 400 Landsleute auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz auf. Diejenigen, die zurückkehrten, wurden »aktiv verhört«, – nicht um sie festzunehmen, sondern um aus erster Hand Informationen über die Situation vor Ort zu erhalten.“

Daran sieht man, daß das französische Militär sehr interessiert daran ist, seine Waffen dort auszuprobieren und sich Informationen darüber zu verschaffen, wie sie sich bewähren.
Es werden nicht die persönlichen Impressionen der Soldaten sein, die die französischen Behörden interessieren.

„Im vergangenen April wurden jedoch zwei junge Männer mit Nazi-Tätowierungen, die aus dem Urlaub aus der Ukraine zurückkehrten, festgenommen. Aber nicht wegen Söldnertums, sondern wegen illegaler Einfuhr von Trophäen – optischen Zielgeräten und gefüllten Magazinen [für halbautomatische Schußwaffen]. Dafür erhielten sie nichts außer 15 Monaten Gefängnis.“

Die Leute wollten also dort in der Ukraine erbeutete Waffen in Frankreich auf dem Schwarzmarkt zu Geld machen.
Man fragt sich, was „Trophäe“ in diesem Zusammenhang heißt?
Vielleicht auch aus dem nächsten ukrainischen Waffenlager geklaute westliche Lieferungen?
Begreiflich, daß die französischen Behörden über diese Betätigung nicht besonders erfreut waren.

„Napoleon mit der Ukraine-Fahne

Die französische Presse zeichnet das Porträt eines Söldners wie folgt: ein Mann im Alter von 25 bis 40 Jahren auf der »Suche nach dem Sinn des Lebens«,“

– wie sich die Zeiten ändern. Früher ging man dafür nach Indien, trat Sekten bei oder man geht heutzutage auf den Camino.
Aber für einige Leute ist es offenbar ein Akt der Selbstfindung, sich in der ukrainischen Armee zu betätigen.

„mit Erfahrung im Kampf oder Militärdienst und ultrarechten Ansichten. In der Ukraine erhalten »Glücksritter« zwischen 500 und 3000 Euro. Normalerweise kämpfen sie in der Fremdenlegion der ukrainischen Streitkräfte. Auch im Karpaten-Sitsch-Bataillon und in der Normannenbrigade, die aus ausländischen Veteranen westlicher Armeen besteht. Wir wissen auch von der französischen Truppe »Baguette«, die in sozialen Netzwerken aktiv ist. Einer der letzten Beiträge lautete: »Wir trauern um unseren Freund Andrew (mit dem Pseudonym Zahnarzt)«.

Eine französische Website, die Utensilien für das Militär verkauft, verkauft auch Stoff-Winkel mit dem Eiffelturm als Inschrift im Wappen der Ukraine und mit Napoleon vor dem Hintergrund der Flaggen der Ukraine und Frankreichs.


Das Spiel ist aus für den schönen Mann

Die französischen »Glücksritter«, ehemalige (oder »relativ ehemalige«) Militärs und einfach Abenteurer, haben im Allgemeinen nicht verborgen, wo sie sich befinden. Die Website KP.RU hat ihre Veröffentlichungen untersucht. Unter ihnen sind erfahrene Militärangehörige und Neonazis. Und diejenigen, die bereits im Jenseits sind.

Frank Malandin, 50 Jahre alt
Derselbe Veteran der Fremdenlegion, Frank, der der britischen Presse Interviews gab. Kommandant der Berlioz-Gruppe mit dem Spitznamen »Abenteuer«, Scharfschütze. Während seines Dienstes in der französischen Armee befehligte er eine Mörserbesatzung.
Seit März 2022 befindet er sich in der Ukraine und hat sich dort sogar einen Hund zugelegt. Er prahlte damit, daß er mehrmals als tot gelistet worden sei, aber er sei gesund und munter.

Ludovic Dendin, 47 Jahre alt
Ein Grünbarrett (Infanterie) mit umfassender militärischer Erfahrung. In der Ukraine seit März 2022, Spitzname „Diesel“. Er befand sich wahrscheinlich auf dem Übungsplatz Javorov [im Mai 2022], als dieser von einem Raketenangriff getroffen wurde.
Er wurde verwundet, ging zur Behandlung nach Frankreich, ist aber bereits zurückgekehrt und zeigt Bilder aus der Kaserne. Kürzlich veröffentlichte er ein Foto von fünf in der Ukraine getöteten Franzosen mit dem interessanten Hinweis: »Die Namen der übrigen haben die Behörden nie preisgegeben.«

Maxim Bronchenne, 33 Jahre alt
Diente in der französischen Armee. In der Nähe von Lugansk trat er auf eine Mine und verlor ein Bein. Er gab Interviews und prahlte damit, daß er »50 Russen getötet« habe. Er wurde in Frankreich behandelt – und wurde wegen Söldnertums nicht bestraft.
Er hat eine Vorliebe für neonazistische Symbole und Tätowierungen und trug das Chevron des »Rechten Sektors«.
Nach seiner Verwundung ist Bronchenne bereits in die Ukraine zurückgekehrt, posiert in Kiew und verspricht, »zum Dienst zurückzukehren«, wenn er sich an die Prothese gewöhnt habe. Er ließ sein Kind in Frankreich zurück und traf in Odessa eine Ukrainerin, die er heiraten wollte.

Guillaume Andreoni, 28 Jahre alt
Ein Neonazi aus Südfrankreich mit dem Spitznamen „Rattenknochen“. Er trägt ein faschistisches Symbol als Tätowierung im Gesicht. Er wird verdächtigt, unbewaffnete russische Kriegsgefangene erschossen zu haben. Er ist einer der Söldner, die in Frankreich wegen von der Front mitgebrachter Waffen festgenommen wurden.
Bald läuft die bescheidene Strafe, die dieser Mistkerl erhalten hat, ab und er wird sicher in die Ukraine zurückkehren können.

Cesar Ojar
Ein Neonazi, Fußballfan und Mitglied der in Frankreich verboten Zouave-Gruppe.
Er kam im Mai 2023 in die Ukraine, um für die ukrainischen Streitkräfte zu kämpfen. Er ist mit Tätowierungen mit Runen und Hakenkreuzen bedeckt und liebt Asow-Utensilien. Mitglied des Bataillons „Revanche“.

Andrea Gallozzi, 22 Jahre alt
Er wäre 23 geworden, aber das hat nicht sein sollen. Bis zum Dienst in der Armee hat er es gebracht, aber dann schied er »aus gesundheitlichen Gründen« aus dem aktiven Dienst aus.
Im Herbst 2022 begann er unter dem Spitznamen „Frenchy“ auf der Seite der ukrainischen Streitkräfte zu kämpfen. Besonders gerne posierte er mit einem Granatwerfer. Im Februar 2023 wurde er durch Mörserfeuer im Raum Svatovo liquidiert.
In Kommentaren trauerten französische Frauen besonders heftig um ihn – schließlich brachte Gallozzis engelhaftes Aussehen ihm den Spitznamen »schöner Mann« ein.“

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Diese Kurzbiographien kann man mit einigem Zeitaufwand aus den sozialen Medien zusammenstellen, wo diese Leute sich selbstbespiegeln.
Alle hier charakterisierten Personen sind allerdings kleine Fische, wirkliche »Glücksritter« (oder auch Pechvögel, wie der »Schönling«).
Bei ihnen sind die lokalen Behörden vermutlich froh, wenn sie ihren Wohnort Richtung Ukraine verlassen und möglichst nicht zurückkehren oder nur in einer Holzschachtel.

Diejenigen französischen Soldaten, die in Charkow durch russischen Beschuß zu Tode gekommen sind, dürften allerdings andere Kaliber gewesen sein: Berufsmilitärs mit einem Auftrag.

Serie „Lateinamerika heute“, Teil 20: Peru

EINE FESTE BURG DER USA?

Vor einiger Zeit ist in Peru die nicht ganz verfassungskonforme Absetzung des gewählten Staatsoberhauptes von sich gegangen. Man könnte auch von einem Putsch reden. Diese Art von Absetzung eines Präsidenten durch das Parlament fand 2012 in Paraguay statt, 2016 in Brasilien, 2019 in Bolivien und eben zuletzt, 2022 in Peru.
Die demokratische Legitimation von Staatsoberhäuptern ist dort nicht viel wert, wenn die Personen, die die wirtschaftliche Macht ausüben, ihre Position durch einen solchen Volksvertreter gefährdet sehen.

Man geht sicher nicht fehl, hinter dieser Art von Machtwechsel die lange Hand der USA zu vermuten. Genauso ist es jedoch notwendig, sich die Eliten dieses Staates anzusehen, die mit dem gewählten Repräsentanten unzufrieden sind und ihre Interessen durch einen solchen Machtwechsel schützen.

Metropole und Dschungel

Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Perus, ca. 33 Millionen, lebt in Lima. Es gibt also einen urbanen Ballungsraum, die sich sehr vom Rest des Landes unterscheidet. Die Eliten sitzen in der Stadt und blicken mit Mißtrauen auf die ländliche Bevölkerung. Sie erscheint ihnen lästig, unnötig und gefährlich. Um so mehr, als die Eingeborenen im Inneren des Landes durch ihre bloße Existenz immer an den durch die Kolonisatoren verübten Raub erinnern, auf dem ihr Reichtum beruht.

Der Rest des Landes teilt sich auf zwischen Großgrundbesitz, wo für den Weltmarkt produziert wird – Peru ist derzeit international Marktführer für Heidelbeeren –, Bergbau und Subsistenz. Ein bedeutender Teil des Landes unterliegt gar keiner Kontrolle, dorthin führen keine Straßen, und Holzräuber, illegale Bergbau-Firmen, Schmuggler und Indianerstämme treiben sich dort herum. Ihre Tätigkeit bleibt unbekannt, sie gehen in kein BIP ein und sie scheinen höchstens einander zu stören, niemanden sonst.

Es gab Versuche von Politikern, diese disparaten Teile des Landes zu einer mehr als nur territorialen Einheit zu formen, sie sind bisher alle gescheitert.

Die Wirtschaft Perus – die Armut des Menschen als Ergebnis des Reichtums der Erde

Die Bergbauindustrie macht 80% des BIP aus. Peru exportiert Kupfer, Gold, Silber, Eisen, Zinn, Zink, Blei, Wismut und Tellur, es verfügt auch über Lithium, das allerdings noch in der Prospektionsphase ist.

Die meisten dieser Minerale verlassen Peru jedoch in Form von Erz, weil es nie gelungen ist, so etwas wie eine Hüttenindustrie zu etablieren. Diese Erze werden also aus Peru in ihrer rudimentärsten Form exportiert und im Ausland verhüttet. Das ist z.B. ein großer Unterschied zu den Verhältnissen in Chile, wo die gesamte Kupferproduktion im Inland und größtenteils staatlich betrieben wird.

Als die Regierung unter dem inzwischen abgesetzten Präsidenten darüber nachdachte, die Verträge mit den Bergbauunternehmen neu zu verhandeln und eventuell zur Verarbeitung im Land zu veranlassen, kam es zu gröberem Grummeln und über dem Haupte von Castillo braute sich Unheil zusammen.

Die Ölindustrie wurde unter General Velasco 1969 verstaatlicht und die Ölfirma Petroperu ist bis heute in staatlicher Hand. Seither wurden jedoch offenbar andere Ölfelder privatisiert oder Konzessionen vergeben. Die Raffinerie bei Lima, bei der es im Jänner 2022 zu einem Unfall beim Befüllen eines Tankers kam, gehört jedenfalls der spanischen Firma Repsol bzw. wird von ihr betrieben.

Beim Erdgas ist die Situation sehr unklar. Peru besitzt angeblich die zweitgrößten Erdgasreserven Südamerikas. Aber um an die heranzukommen, braucht man erst einmal Kapital, das sich in Peru für diese Zwecke nicht findet. Es ist allerdings auch schwierig, ausländisches Kapital anzulocken, weil das will für seine Investitionen Freiheiten, die den Energiebedürfnissen der peruanischen Wirtschaft wiedersprechen, die mehr als die Hälfte seines Energiebedarfs durch Importe decken muß.

Es ist das gleiche Problem, das auch schon in Bolivien für Aufruhr gesorgt hat. In Peru wäre die Energie obendrein sehr notwendig, um die restliche Industrie voranzubringen.

Eine Energieversorgung ist nämlich eine Vorleistung für jede industrielle Entwicklung bzw. Produktion. Wo die nicht gewährleistet ist, sieht es schlecht aus für andere energieintensive Geschäftszweige, wie eben eine Schwerindustrie mit Hochöfen und Walzstraßen.

Peru besitzt auch eine Textilindustrie, produziert Gewebe und Kleidung aus tierischen, pflanzlichen und Kunststoff-Fasern. Diese angestammte Industrie gerät jedoch seit geraumer Zeit sehr unter Druck durch die Importe aus China. Die Textil-„Front“ zieht sich quer durch diverse Sektoren der peruanischen Gesellschaft: Für oder gegen chinesische Kleidung?
Agrikultur und Fischereiwirtschaft tragen auch noch ihr Scherflein bei zur Wirtschaftsleistung, fransen jedoch bereits in den informellen Sektor aus, wo Mengen nicht wirklichkeitsgetreu deklariert und steuerschonend im Inland versilbert oder ins Ausland verschoben werden.

Der Rest der Bevölkerung ist entweder beim Staat angestellt oder bringt sich im weiten und breiten informellen Sektor weiter: am Bau, als fliegende Händler, Kellner, Gärtner, Fuhrunternehmer und Taxler, Krimineller, usw. usf. Keine Krankenversicherung, keine Pension, keine Steuern.
Das Ausmaß und die Unsicherheit dieser Existenzen wurde durch die Corona-Pandemie deutlich. Peru hat nach den offiziellen Zahlen weltweit sowohl die höchste Sterblichkeit im Verhältnis zur Bevölkerung als auch im Verhältnis zu den gemeldeten Infektionen.

Die Unabhängigkeit und die Grenzen Perus

Die Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialherrschaft war in Peru größtenteils ein Werk außerhalb dieses Territoriums ansässiger Mächte und Personen.
Die spanischen königstreuen Truppen zogen sich in die Berge zurück und wurden erst 1824 durch die Armee Simón Bolívars geschlagen.
Diese Waffenhilfe war nicht ganz uneigennützig – Bolívar und seine Mannschaft erwarteten den Anschluß Perus an die Föderation Groß-Kolumbiens. Das führte zum ersten Grenzkrieg zwischen Peru und dieser – immer mehr abbröckelnden – Föderation.
Dieser Krieg trat eine lange Reihe von Grenzkriegen los, die Peru allesamt entweder verloren oder nicht wirklich gewonnen hat, was das ursprüngliche Gebiet verkleinert und einen Haufen Ausgaben verursacht hat. Peru verlor in alle Richtungen Territorien, häufte dabei Schulden an und hat bis heute offene Grenzfragen mit seinen Nachbarn.

Neben Grenzkriegen machte Peru auch einige Bürgerkriege durch, bei denen zu kurz gekommene Provinz-Häuptlinge durch Verfügung über Waffen vermeintliche Rechte von den Eliten der Metropole einforderten.
Das Militär als Hüter des Vaterlandes brachte auch den entschlossensten Präsidenten hervor, der Peru zu einer Nation formen wollte: Der General Velasco Alvarado (Präsident von 1968 bis 1975) unternahm den Versuch, die Bodenschätze und sonstigen Reichtümer Perus in einer Weise zu entwickeln, die den durchschnittlichen Wohlstand heben, der Staatskasse Einnahmen und der Armee Schlagkraft verschaffen sollten. Seine Anerkennung des Ketschua als Verkehrssprache und die kulturelle Rückbesinnung auf das Inkareich waren sicher auch von der Hoffnung getragen, die Erfolge der Inkas auf irgendeine Art zu wiederholen und die einheimischen Reichtumsquellen sprudeln zu lassen.

Damit brachte er sowohl einheimische Eliten als auch die USA gegen seine Regierung auf. Er störte besonders in einer Zeit des „Containment“, als aller sowjetischer oder kommunistischer Einfluß durch die USA in Lateinamerika bis aus äußerste bekämpft wurde. Velasco störte sehr und wurde 1975 durch einen Putsch abgesetzt. Er verstarb 2 Jahre später, unter seinem Nachfolger nahm Peru am Plan Cóndor teil.

Die politischen Traditionen Perus

Der Aufstand des Kaziken Condorcanqui – Tupac Amaru II beruhte auf dem „Modell“ der spanischen Kolonialverwaltung, das der indigenen Bevölkerung eine eigene (meist mestizische) Elite beließ, auf die sich dann das restliche, vom Mutterland gesteuerte Kolonialsystem stützte.

Im 18. Jahrhundert kam es jedoch zu umfassenden Verwaltungsreformen, sowohl in Spanien als auch in den Kolonien, und diese Form der Sub-Regierung geriet ins Visier der Kolonialbehörden. Der Versuch, diese beschränkte Selbstverwaltung der Kolonien zu begrenzen bzw. aufzuheben und die Kaziken durch vom Mutterland eingesetzte Beamte zu ersetzen, brachte die Mittelschicht der Kolonien in Aufruhr.
Dieser Aufstand von 1780-1783 enthält alle Widersprüche, die Revolutionäre und Reformer in Peru bis heute beschäftigt: Staatseigentum, Stammes- bzw. Familieneigentum, Privateigentum? Tauschhandel, Geldwirtschaft oder Requirierung? Lohnarbeit oder Zwangsarbeit (Mita)? Für welche Ziele kämpft man? Wer entscheidet und wer verteilt, und nach welchem Schlüssel?

Die 1930 in Peru gegründete Partei APRA (Amerikanische revolutionäre Volksallianz) vereinte alle Unzufriedenen in Stadt und Land mit einem anfänglich ebenso umfassenden als verschwommenem Programm: gegen die USA, für Volkseigentum und Solidarität mit den Unterdrückten der ganzen Welt. Die APRA war in Peru wiederholtermaßen verboten. Während sie sich in ihren Anfängen sehr radikal gab, mäßigte sie ihre Vorstellungen im Lauf der Zeit auf eine Art gemäßigte europäische Sozialdemokratie und nahm Maß an den europäischen Staaten der Nachkriegszeit. Damit gewann sie zwar erstmals Wahlen, verlor aber die meisten ihrer Anhänger und ist heute nicht mehr im Parlament vertreten. 

Der Publizist José Mariátegui gründete mit anderen zusammen 1928 die Peruanische Sozialistische Partei, die sich vor allem den Kampf gegen die feudalen Strukturen im ländlichen Peru auf ihre Fahnen schrieb. Nach seinem Tod benannte sich die Partei in Peruanische Kommunistische Partei um.

Auf der anderen Seite trat von Seiten der Eliten der zweifache Präsident Belaúnde Terry auf den Plan, der die indianische Bevölkerung als ein einziges Hindernis für die Entwicklung Perus betrachtete. In seinem Buch „Die Eroberung Perus durch die Peruaner“ stellte er die Forderung auf, daß alle Gegenden des Landes sich als Quelle der Reichtumsproduktion zu bewähren hätten. Eingeborene, die mit dem nicht einverstanden waren, wurden als Kommunisten oder Barbaren denunziert und damit sozusagen zum Abschuß freigegeben. In Anlehnung an seinen Buchtitel waren das eben keine Peruaner und gehörten deshalb weg.
Solche Ideen beruhen auf der Vorstellung, daß die Eroberung durch die Spanier unvollständig ist, solange es noch Eingeborene gibt, die sich den europäischen Vorstellungen von Staat, Eigentum, Grundbesitz usw. widersetzen.)

Während seiner zweiten Regierungszeit – er beerbte nach einer Übergangszeit den gestürzten und indianerfreundlichen General Velasco – bildete sich die Guerillabewegung „Leuchtender Pfad“, dessen Gründer Abimael Guzmán sich auf die Überzeugung Mariáteguis „Der Marxismus−Leninismus ist der leuchtende Pfad in die Zukunft“ bezog und Anfang der 80-er Jahre im Gebirge einen von den Theorien Maos inspirierten bewaffneten Kampf gegen die Regierung begann. Der Leuchtende Pfad stellte um 1990 eine ernsthafte Gefahr für den peruanischen Staat dar, bis er schließlich besiegt, die Anführer verhaftet und zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt wurden.

Ganz verschwunden ist der er aber nicht. Seine Sympathisanten verteilen sich auf andere Parteien und verschiedene Gesellschaftsschichten. Einer davon ist Vladimir Cerrón, der Gründer der Partei „Freies Peru“, der derzeit vorhat, zu den nächsten Präsidentenwahlen anzutreten.

Derzeit optiert diese oppositionelle Strömung also für den legalen Weg.

Die USA und Peru

Im 19. Jahrhundert hatte Peru keine Bedeutung für die USA. Im 20. Jahrhundert wurden jedoch auch südamerikanische Staaten stärker in die US-Einflußsphäre einbezogen. Als der peruanische Präsident Bustamante die damals noch sehr antiamerikanisch und sozialistisch ausgerichtete APRA 1945 legalisierte und in die Regierung berief, unterstützten die USA 1948 seinen Sturz.

1965 unterstützten US-Berater das peruanische Militär bei der Niederschlagung Guerilla des MIR (Bewegung der revolutionären Linken). Dabei wurde erstmals Napalm eingesetzt, seine Wirkungen getestet.
Als Velasco Alvarado 1968 die Macht übernahm, schrillten bei den USA die Alarmglocken. Er kaufte Waffen von der SU, verstaatlichte US-Firmen und bemühte sich um internationale Allianzen, die Peru aus der regionalen und US-Abhängigkeit lösen sollten.
Bei seinem Sturz durch das Militär 1975 beginnt auch der Aufstieg von Vladimiro Montesinos, der die School of The Americas durchlaufen und dann im peruanischen Militär Karriere gemacht hatte. Später sorgte er für die Einbindung Perus in den kolumbianischen Drogenhandel zur Finanzierung diverser nichtöffentlicher Aktivitäten und wurde zum Königsmacher des Präsidenten Fujimori (Regierung von 1990-2000).

Beide sitzen inzwischen in peruanischen Gefängnissen – mit unklarem Einfluß auf die Politik Perus.

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