Stichwort „Korruption“

EINE DUMME PSEUDO-ERKLÄRUNG FÜR SOGENANNTE MISSSTÄNDE
Seit geraumer Zeit gibt es ein beliebtes General-Argument dafür, warum die beste aller Regierungsformen, die Demokratie, und die beste aller Wirtschaftsformen, die Marktwirtschaft, nicht so rund laufen: Schuld an allem ist die Korruption! Dieser Begriff steht inzwischen für die menschliche Schwäche, ähnlich wie die angebliche „Gier“ der Akteure der Bankenwelt, die das ansonsten so segensstiftende Finanzwesen durch ihre Maßlosigkeit gegen die Wand gefahren haben. Über die Korruption wird vor allen von Menschen geseufzt, die nicht in der Lage wären, sich so fest zu bereichern wie manche Politiker, oder solche Schmiergelder zu zahlen, wie manche Unternehmer.

Die Medien werden nicht müde, ständig als eine Art moralischer Staubsauger hinter dem ganzen Schmutz herzudüsen und aufzudecken, was sie jetzt wieder an Unregelmäßigkeiten beim Verteilen öffentlicher Gelder entdeckt haben. Mit dieser langweiligen Aufdeckerei über korrupte Politiker und Manager waschen sie in einem fort das Image der Institutionen der Politik rein, die ansonsten menschenfreundlich und effizient eingerichtet wären, wenn nur nicht dieser ganze Mißbrauch durch diejenigen Schufte da wäre, die das Maul nicht voll kriegen können.

Abgesehen von der ideologischen Leistung des Schönredens von lauter Institutionen, die so schön nicht sind, werden hier unter anderem Ursache und Wirkung vertauscht. Die Korruption ist nämlich eine Folge dessen, wie in unserer Gesellschaft Armut und Reichtum verteilt sind, und wie die Staaten dieser Welt ihre jeweiligen Klassengesellschaften verwalten.

Korruptionsschnüffler vom Dienst: Transparency International
Die nach der „Wende“ – also dem Ende des RGW, des Warschauer Paktes und der Sowjetunion – im Jahr 1993 von einem ehemaligen Mitarbeiter der Weltbank gegründete Organisation verschreibt sich dem „Kampf gegen die Korruption“. Ihre hauptsächliche Tätigkeit besteht im Anprangern derselben. Sie erstellt Korruptionsindizes und hält den jeweiligen Ländern den Spiegel der Rechtschaffenheit vor. Abgesehen von der dem Kapitalismus dienlichen Vorstellung, daß nur die Schmiergeldzahlungen die Gesellschaft schädigen, also ihrer systemstabilisierenden Leistung, haben ihre Korruptionsstudien auch praktische Auswirkungen. Wenn Transparency in einem Land besondere Korruption verortet hat, heizt das im Inneren die Parteienkonkurrenz an und dient verschiedenen internationalen Organisationen als Vorwand, in die inneren Angelegenheiten anderer Länder hineinzuregieren, oder Bedingungen für Kreditzahlungen zu verschärfen, gar Kredite zu verweigern. Die Daten von Transparency können Unternehmen schädigen, sogar ruinieren, die von den Korruptions-Jägern an den Pranger gestellt werden.
Transparency gehört heute damit zum globalisierten System, es ist als Handlanger des Imperialismus zu betrachten.
Ähnlich wie Human Rights Watch entscheiden seine Mitarbeiter nämlich sehr souverän darüber, bei welchen Ländern genauer nachgeschaut wird, oder wo sie das Korruptionsprofil nicht so genau untersuchen wollen.
Außerdem macht diese ehrenwerte Organisation auch einen großen Unterschied zwischen Staaten und Firmen, die mit ihr zusammenarbeiten, und solchen, die es nicht tun. Bei Letzteren wird die Korruption einfach unterstellt und Handgelenk mal Pi eingeschätzt, was dann mit irgendwelchen Zahlen und Fakten untermauert wird, deren Herkunft und Richtigkeit niemand überprüfen kann – und auch nicht will. Sie dienen zur Schein-Verobjektivierung der Einstufung von Transparency.

Transparency teilt damit die Welt in zwei Kategorien ein. Das eine sind Staaten und Unternehmen, die hoffnungslos korrupt sind, was man daran sieht, daß sie mit Transparency nicht zusammenarbeiten wollen. Die anderen sind auf dem Wege der Besserung, weil sie das Problem erkannt haben und daran arbeiten, es zu bekämpfen.
Diejenigen Staaten, die die Welt beherrschen oder dies zumindest anstreben, die USA und die EU, aber auch diejenigen Regierungen, die sich in dieses System einfügen wollen, haben den Wert dieser Organisation erkannt und setzen sie auch ein, um ihrem Standpunkt Gültigkeit zu verschaffen. Transparency International ist ein Werkzeug des Imperialismus, der Hierarchie der Nationen, und wird als solches von vielen Regierungen, auch von IWF und EU geschätzt, die sich gerne der Handlangerdienste dieser Organisation bedienen:

„Zu den größten Spendern im Jahr 2015 zählten regierungsseitig die Europäische Kommission (5,07 Millionen Euro), das australische Department of Foreign Affairs and Trade (2,67 Mio. Euro), das britische Department for International Development (3,5 Mio. Euro) und das niederländische Außenministerium (1,2 Mio. Euro). Größter Spender auf Stiftungsebene war die William and Flora Hewlett Foundation (0,59 Millionen Euro) und das National Endowment for Democracy (0,45 Mio. Euro). Größter privatwirtschaftlicher Spender war Siemens mit 0,62 Mio. Euro, gefolgt von Ernst & Young mit 0,23 Mio. Euro.“ (Wikipedia, Transparency International)

Transparency International faßt unter „Korruption“ sehr unterschiedliche Erscheinungen zusammen. Diese Einteilung verrät, daß es sich bei dem Oberbegriff „Korruption“ um einen Schuldspruch handelt, der sich um die Ursachen der solchermaßen behandelten Vorkommnisse überhaupt nicht kümmert. Sie werden als Verfehlung eingestuft, derer sich sehr unterschiedlich betuchte Bürger der jeweiligen Nationen schuldig machen.

Was läuft eigentlich alles unter „Korruption“?

Transparency teilt seine Tätigkeit in 5 Schwerpunkt-Themen ein:

„1. Politische Korruption
2. Korruption bei öffentlichen Ausschreibungen
3. Privatsektorkorruption
4. Internationale Konventionen gegen Korruption
5. Armut und Entwicklung“
(ebd.)

Schauen wir einmal nach, worum es hier geht.

1. Ämterkauf und Wahlfälschung

Dergleichen findet in vielen Staaten der Welt statt, denen von den imperialistischen Aufsichtsmächten Demokratie verordnet wurde, ohne daß dafür irgendwelche Grundlagen vorhanden wären, wie eine flächendeckende Kapitalakkumulation, die die Bürger dieser Länder entweder als Lohnarbeiter, oder als Unternehmer, oder als Staatsangestellte mit einem Einkommen versorgt. Von Afghanistan bis Zimbabwe sind die meisten Bewohner oft Analphabeten, können also einen Wahlzettel gar nicht lesen, oder sie haben keinen Grund, überhaupt zur Wahlurne zu schreiten. Ihnen ist es gleichgültig, wer im Land regiert – sie sind sowieso die Angeschmierten, die sich mit prekären Jobs, Hungerleiderlöhnen oder illegalen Tätigkeiten über Wasser halten müssen. Sie wissen, daß es gleichgültig ist, wer im Lande regiert – an ihrer Lage ändert das nichts.

Da sich die dort regierenden Eliten jedoch regelmäßig durch Wahlen bestätigen lassen müssen, um international als Zuständige für Land und Leute anerkannt zu werden, so wird das dortige Stimmvieh über ein Klientelsystem dazu gebracht, gegen kleine Geldbeträge oder Lebensmittelzuwendungen oder andere Vergünstigungen ihre Stimme an den Meistbietenden zu verkaufen. Wer mehr bietet, erhält den Zuschlag.

Um die Sache kostengünstiger zu gestalten, werden auch manchmal massenweise Stimmzettel von Vertrauten der jeweiligen Kandidaten ausgefüllt und dann von anderen Zuständigen eingesammelt und in den Wahllokalen abgeliefert.
Das alles ist völlig üblich und wird von Transparency und anderen, ähnlich gestrickten NGOs nur dann beanstandet, wenn ein unterlegener Kandidat seine Klientel auf die Straße schickt und es deshalb zu Unruhen kommt, oder weil ein Kandidat an die Macht kommt, der wichtigen Regierungen oder den internationalen Organisationen nicht paßt.

Es ist übrigens bemerkenswert, daß in den Medien bei den meisten Staaten immer nur die Wahlen, die Kandidaten und das Ergebnis erwähnt werden, aber keinerlei Erwähnung davon geschieht, wie diese Wahlen eigentlich ablaufen.

2. Schmiergelder bei öffentlichen Ausschreibungen
Die Staaten verfügen über ihre Budgets und ihren Staatskredit über Zahlungsfähigkeit, mit denen sie Infrastruktur verbessern und Subventionen an wichtige Unternehmen verteilen. Für Straßen- und Brückenbau, Ausbau von Häfen und Flugplätzen werden ebenso staatliche Gelder locker gemacht wie zur Stützung von Unternehmen, die als wichtig für die Nationalökonomie eingestuft werden. Das ist zunächst einmal ganz normal und dient dem internationalen Kapital, das diese infrastrukturellen Bedingungen braucht und einfordert, um an den Reichtum der betreffenden Staaten heranzukommen und mit ihm Geschäfte zu machen. Vom Standpunkt des Weltmarktes sind diese Investitionen in die Infrastruktur deshalb zweckmäßig und erwünscht.

Aber um ihre Ausführung gibt es Konkurrenz, und da ist es überhaupt nicht einleuchtend, warum der eine und nicht der andere zum Zug kommen soll. Die Firmen, die da an Aufträge und Subventionen kommen wollen, lassen dafür eben etwas springen. Entweder, um den Auftrag überhaupt zu bekommen, oder um die Konkurrenz auszustechen.
Man mache sich keine Illusionen, daß das innerhalb der EU sehr viel anders abläuft als in Indonesien, Peru oder Indien.

Diese Art von Schmiergeldzahlungen wird dann „aufgedeckt“ und beschäftigt die Justiz, wenn ein Regierungswechsel stattfindet und die neue Mannschaft der alten eins auswischen will, um fester im Sattel zu sitzen. Das Herumrühren in dieser Art von Bestechung dient dem Machtkampf der Eliten, mit denen dann über die Medien das gemeine Volk darüber informiert wird, daß die neuen Herren sich als Saubermänner präsentieren wollen – um dann genauso weiterzumachen wie die alten.

Fortsetzung (Punkt 3-5)

Das Privateigentum und die Natur

OPFERREKORD BEI WALDBRÄNDEN IM REICH DES GUTEN

Die EU hatte in den letzten Jahren auch schon einiges zu bieten in Sachen Opfer bei Waldbränden, wie in Portugal 2017 mit 56 Toten und heuer in Griechenland mit ca. 100 Totesopfern.
Aber die Waldbrände in Kalifornien werden diese Zahlen vermutlich locker toppen.

Auch die Symbolik hat es an sich.

In einem Ort namens „Paradies“ wurden mehr als 70 verkohlte Leichen geborgen, und die Anzahl der Vermißten läßt Böses ahnen für die makabren Entdeckungen, die noch auf die Feuerwehr und den Katastrophenschutz warten.
Das Paradies für Leute, die einen ruhigen Lebensabend genießen wollen, war offenbar aus leicht entflammbarem Material gebaut, und mit dem Brandschutz scheint es nicht zum Besten zu stehen.

Sehr unangemessene Vorbereitung
Obwohl die Website des US- Brandschutzes für Kalifornien 4 Stationen für Paradise aufweist, und 9 für die nächste benachbarte Stadt, Chico, die allerdings für Zugriff teilweise gesperrt sind (?!), so scheint es sich bei den Stationen hauptsächlich um Depots für Utensilien und Fahrzeuge zu handeln, aber nicht um bemannte und schnell einsatzfägige Einrichtungen. Zumindest ist den Berichten der Überlebenden nicht zu entnehmen, daß irgendwo eine Feuerwehr im Ort verfügbar gewesen wäre. Der Einsatzleiter, der als erster vor Ort war, brauchte jedenfalls zwischen Verständigung und Eintreffen eine Stunde.

Außerdem ist eine Feuerwehr-Website mit einem Firewall (!), der zuallererst die Zugriffsberechtigung des Surfers prüft, nicht die beste Adresse für Notsituationen.

Der neue kalifornische Fire Plan vom Sommer dieses Jahres versucht, gegensätzliche Anforderungen unter einen Hut zu bringen:

„By placing the emphasis on what needs to be done long before a fire starts, the Fire Plan looks to reduce fire fighting costs and property losses, increase firefighter safety, and to contribute to ecosystem health.“

An erster Stelle steht die Kostenreduktion, der Rest muß sich offensichtlich daran orientieren.
Und das im nach dem Pro-Kopf-Einkommen reichsten Staat der USA, wo sich jede Menge Prominenz herumtreibt und ihre sicher nicht billigen Wohnsitze hingebaut hat.

Ein guter Teil der Feuerwehrleute scheint nur auf Zeit eingestellt zu werden:

„Fire Fighter I is a seasonal, temporary classification used by CAL FIRE. The Fire Fighter I application period occurs in November and hiring usually occurs between March and June, depending upon the year’s fire and weather conditions.“

Das heißt erstens, daß die solchermaßen eingestellten Leute keine professionellen Feuerwehrleute sind, sondern nur eine kurze Ausbildung durchlaufen und sich nach dem Ende des Anstellungsverhältnisses wieder am freien Arbeitsmarkt nach anderen Jobs umschauen müssen. Dadurch fehlt ihnen Routine und Berufserfahrung – etwas, was in Extremsituationen wie einer Feuersbrunst dringend vonnöten wäre.

Zweitens aber ist der November nur die Zeit, in der die Interessenten für diesen Job ansuchen dürfen, eingestellt werden sie dann zwischen März und Juni, weil das von der Feuerverwaltung in Kalifornien offenbar als die brandgefährlichste Zeit eingestuft wird. Das heißt also, daß die Feuerwehren des Staates die meiste Zeit des Jahres unterbesetzt sind.

Die Website ergeht sich dann auch in guten Ratschlägen an die Bürger, wie man Brände vermeiden könnte. Das spart ebenfalls Kosten für die staatliche Feuerwehr und gibt den Einwohnern das schöne Gefühl, zu einem guten Teil selbst für ihren Brandschutz verantwortlich zu sein.
(Yes we can …)

Die vom Himmel gefallenen Waldbrände
Dabei ist es nicht so, daß die Brandgefahr um diese Jahreszeit ein Geheimnis und die Brände eine große Überraschung gewesen wären.

Erstens treten um diese Jahreszeit, also im Herbst, extrem trockene und sehr starke Winde auf. Diese Santa-Anna-Stürme sind keine Erscheinung der neueren Zeit, sie werden bereits seit dem 19. Jahrhundert von Geographen und Metereologen beschrieben. Ihre Entstehung ist unklar, ob sie sich in den Wüstengebieten östlich von Kalifornien bilden oder durch spätere Erwärmung. Ihr Auftreten ist jedenfalls zeitlich bestimmt und auch die Verlaufsform ist seit Jahrzehnten bekannt.
Zweitens hat Kalifornien 5 Jahre Dürre hinter sich. „In dieser Zone Kaliforniens hat es seit 214 Tagen nicht mehr geregnet.“ Ansonsten gibt der Sprecher der kalifornischen Feuerwehr Widersprüchliches von sich: Die Ausbreitung des Feuers in Paradise sei nicht „normal“ gewesen. Dergleichen kam erst in den letzten Jahren vor.

Ja, dann ist doch wohl das die heutige Normalität, sollte man meinen.

Auch sonst beklagt der gute Mann, daß sich die Normalität leider geändert hat, während die staatliche Feuerwehr-Zentrale offenbar daran festhält, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, und man sich dort an einer anderen, weit konstengünstigeren „Normalität“ von vor 10-15 Jahren orientiert.

„Normalerweise ist die brennbare Masse beim Ausbruch eines Feuers teilweise feucht und wird erst im Verlaufe der Ausbreitung eines Feuers entlang eines Hanges von diesem getrocknet und verbrannt.
Jetzt enthält jedoch das Holz keinerlei Feuchtigkeit mehr … Das Feuer verbreitet sich sehr schnell. Und bei Wind noch schneller.“ (ebd.)

Surprise, surprise.


Fazit: Was lernen wir daraus?

Naturkatastrophen sind gerade im Falle von Feuer relativ leicht vorhersehbar. Aber die Eigentumsordnung und die Geschäftskalkulationen verhindern, daß vom Wissen um die Natur der angemessene Gebrauch gemacht wird. So etwas wie die Feuerwehr ist kein Geschäft. Das Betreiben derselben kostet nur Geld, ist Abzug von Reichtum.

Während in der EU erstens durch die Freiwilligkeit der Bürger und zweitens durch eine halbwegs gute Dotierung von Gemeindebudgets die Sache lange Zeit einigermaßen im Griff war und nur jetzt durch Sparbudgets und -maßnahmen immer mehr außer Kontrolle gerät, so ist die Feuerwehr in den USA offensichtlich Geschäftskalkulationen unterworfen, die die Funktionalität dieser Körperschaft sehr einschränken.

Trump ist vorgeworfen worden, daß er gleich Schuldige dingfest machte, anstatt in das allgemeine Lamento einzustimmen und vor Mitleid mit den Opfern zu zerfließen.

Ganz unrecht hat er aber dabei nicht. Nicht der Brand, aber die Opfer und auch einiges an Zerstörung von Sachwerten wären vermeidbar gewesen, wenn nicht der Staat Kalifornien hier den Sparstift angesetzt hätte.

Das ganze Mitleidsgedusel hingegen dient nur dazu, das ganze zu „höherer Gewalt“ zu erklären, der man als kleiner Menschenwurm hilflos gegenübersteht.

Man erinnere sich: Kalifornien war vor einigen Jahren zahlungsunfähig …

Sowohl die Pensionisten, die einen geruhsamen Lebensabend verbringen wollen, als auch die Stars, deren Villen weiter südlich zu Schaden gekommen sind, waren schlecht beraten, sich in einem Staat niederzulassen, der sich seinen Brandschutz nicht leisten kann, oder will.

Übrigens hier einiges zu Waldbränden anderswo:

Wieder einmal Waldbrände
DIE LÄSTIGE NATUR
11.8. 2012

Waldbrände und Privateigentum
RUSSLANDS HOLPRIGER WEG IN DIE MARKTWIRTSCHAFT
22.8. 2010

und die Nutzbarmachung von Naturkatastrophen durch die Medien, sofern sie das für nötig halten:

Die mediale Aufbereitung einer Naturkatastrophe
EIN ORKAN, DER NEUE MEDIENSTAR
1.11. 2012

Die Verdummung und Verhetzung der Bevölkerung durch die Medien

ÜBERBLICK 3.11. 2018
Die heutigen Abendnachrichten im ORF hatten es an sich.
1. Der 12-Stunden-Tag in Österreich
Erst wurde darüber berichtet, daß der inzwischen in Österreich legale 12-Stunden-Arbeitstag und die 60-Stunden-Woche zu „Mißbrauch“ führt und gegen „schwarze Schafe“ gesetzlich vorgegangen werden soll. Das gaben die Häupter der Regierungskoalition kund.
Die Gewerkschaften kündigten Protestaktionen – in Form von Demos – an und verlangten, daß „der 12-Stunden-Tag neu verhandelt“ werden müsse.
Daß – in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit – die in Arbeit Stehenden ausgequetscht werden, wie eine Zitrone, ruft keinen Sturm der Entrüstung hervor.
Das ist beachtlich angesichts der Tatsache, daß seinerzeit – und auch lange danach – der 8-Stunden-Tag als große Errungenschaft gegen die Ausbeutung gefeiert wurde, daß es für seine Erkämpfung in zahlreichen Ländern zu Toten kam und daß die Regierungen selber anerkannten, daß eine solche Strapazierung der arbeitenden Menschheit den Erhalt – und die Benützung! – ihrer Bevölkerung gefährdete. Leute, die 12 Stunden von 24 arbeiten müssen, halten nicht lange. Die menschliche Physis gibt dergleichen nicht her. Das sind offenbar Wegwerf-Arbeitskräfte, deren Verschleiß inzwischen von der Politik in Kauf genommen wird, in der Überzeugung, daß für jeden kranken, invaliden oder toten Arbeiter sowieso ein paar weitere schon Schlange stehen, um an einen solchen tollen Arbeitsplatz zu kommen.
Gleichzeitig wird sich über „Facharbeitermangel“ beklagt und herumproblematisiert, wie es eigentlich dazu kommen konnte und wie dem beizukommen sei.
Die Gewerkschaften, also die institutionellen Vertreter der arbeitenden Menschheit, haben offensichtlich auch ihren Frieden mit der Vertretung der solchermaßen Benutzten gemacht. Sie fordern keine Rückkehr zum 8-Stunden-Tag, sondern wollen nur den 12-Stunden-Tag „neu verhandeln“.
Man merkt hier, wie staats- und kapitalnützlich diese Art von Interessensvertretung der Arbeiterschaft ist, die zwar alles Mögliche vertreten mögen, – die Interessen der arbeitenden Menschen jedenfalls nicht. Ihnen ist nur wichtig, die Arbeiterschaft ruhigzustellen und mit Alibi-Aktionen bei der Stange zu halten. Hauptsache, sie werden von der Staatsführung weiter – als Kontrollorgan über die Arbeiter – als Institution und Verhandlungspartner anerkannt. Alle Aktionen, die sie starten, dienen einzig und allein diesem Zweck. Gegen Ausbeutung haben sie auf jeden Fall nichts – die ist vielmehr die Geschäftsgrundlage dieser „Arbeitnehmervertreter“.
Die hochoffizielle Drohung von Kurz und Strache, gegen „schwarze Schafe“ vorzugehen, versetzt in der Unternehmerschaft niemanden in Angst und Schrecken. Wenn die Ausnutzung eines Beschäftigten 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche legal ist, worin soll denn dann bitte der „Mißbrauch“ bestehen? Diese Regelung wurde doch getroffen, um sie zu nutzen!
Österreich will sich hier sichtlich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Staaten verschaffen, die strengere Arbeitsrecht-Vorschriften haben.
Wer nichts hat im Kapitalismus, ist heute mehr angeschmiert denn je. Haben Leute keine Arbeit, so werden sie medial als „Sozialschmarotzer“ beschimpft und von den Behörden drangsalisiert.
Haben sie jedoch einen Job, so müssen sie sich benützen lassen bis zum Umfallen.
Darin sind sich offenbar Staat, Unternehmer und Gewerkschaften, zumindest in Österreich, einig.
Leider gibt es noch einige ärgerliche Beispiele, daß man auch anders kann.
2. Großbritannien verabschiedet sich vom Sparkurs!
Der britische Finanzminister verkündet, daß Großbritannien die Sparerei nicht als Königsweg betrachtet und fest in den Sozialstaat investieren wird.
Gesundheitswesen, Bildungssektor und Soziales sollen ordentlich Kohle bekommen. Außerdem wurden Steuererleichterungen für alle Bevölkerungsschichten ins Auge gefaßt.
Großbritannien hat eine eigene Währung, es kann sich dergleichen Schritte leisten.
Unerhört!
Die wollen die EU verlassen und gleichzeitig in den Sozialstaat investieren! Obwohl hierzulande und EU-weit doch überall herumtrompetet wird, daß das nicht geht und „wir“ uns das nicht leisten können!
Und diese unverschämten Italiener das auch machen wollen und damit den Euro gefährden!
Sowohl Nachrichtensprecher als London-Korrespondentin ergingen sich in unverhüllten Drohungen, daß das nicht gutgehen kann und die Briten für den Brexit fest zahlen werden müssen. Der Brexit wird teuer! Das nächste Sparpaket kommt auch in GB ganz sicher!
Der Ärger war unverhüllt, daß die britischen Politiker praktisch machen können, was sie wollen, und nicht an EU- und Euro-Vorgaben gebunden sind.
Ebenfalls ärgerlich ist, daß die EU kaum etwas in der Hand hat, um diese Drohungen gegenüber GB wahrzumachen. Die EU ist auf den britischen Markt und die City nach wie vor angewiesen.
Sogar der Labour-Führer Corbyn, der sonst als Schreckgespenst verwendet wird, weil er eine Kritik am derzeitigen Verhältnis von Kapital und Arbeit hat (oder zumindest zu haben vorgibt), wurde als Kritiker dieses Budgetplans präsentiert.
Da ist es dann schon gleichgültig, daß er die wohltuende Wirkung dieser Maßnahmen anzweifelte. Corbyn meinte, es würde nicht genug in die Gesellschaft investiert, sondern immer noch zu viel gespart. Er hatte also die umgekehrte Kritik der ORF-Fuzis. Sie meinten: Viel zu viel! Er meinte: Viel zu wenig!
Als dritten Punkt brachten die Nachrichten, grün vor Neid, eine Meldung über den Erfolg Chinas.

3. Chinas Weg zur Marktwirtschaft – ärgerlich bis zum Geht-Nicht-Mehr

China feiert seine Reformen zur Marktwirtschaft als eine einzige Erfolgsgeschichte, und ehrt Deng-Hsiao-Ping als deren Initiator.
Gezeigt wurde die Metropole Shenzen – am Festland neben Hongkong –, eine moderne Riesenstadt mit vielen Wolkenkratzern. Dort nahmen die marktwirtschaftlichen Reformen ihren Anfang, zunächst als Experiment. Heute ist es eine der vielen Boom-Regionen Chinas.
Zufriedene junge Chinesen wurden interviewt, die meinten, bei ihnen ist alles ganz super. Dauernd entstehen neue Unternehmen, und kommen gut voran.
Der Korrespondent vor Ort gab am Schluß zum Besten: wirtschaftliche Reformen schön und gut, und daß sie erfolgreich waren, wollte er auch nicht so recht beanstanden. Die Marktwirtschaft in China ist 1A. Was will man denn dagegen sagen? Aber wo bleibt die politische Reform?! Sie sucht man vergebens!
Man fragt sich, was die Politiker in China denn reformieren sollten, wenn ohnehin alles gut läuft?
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Ich hoffe, daß es vielen Betrachtern dieser Nachrichtensendung so gegangen ist wie mir: Daß ihnen die Galle hochgekommen ist
1. gegen dieses Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, wo die arbeitende Menschheit ausgequetscht wird bis sie umfallt,
2. gegen die Politiker, die dieses System verwalten,
3. gegen die Gewerkschaften, die dem – kritisch, aber doch – ihren Segen geben, und
4. gegen die medialen Herolde, die die Ausnutzung und Verarmung der Bevölkerung gut und selbstverständlich finden, und mit der eigenen Gewalt einen Schulterschluß machen gegen Staaten, die es anders machen – oder das Gleiche machen, aber erfolgreicher.
Das ist nämlich nicht nur nieder-, sondern auch kriegsträchtig.