Konfiskation von russischem Eigentum

VERMÖGENSFRAGEN

1. Privateigentum

Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs wurde das Eigentum diverser reicher Russen „eingefroren“, also konfisziert. Rechtlich ist das zwar keine Neuheit, aber auf dieser Stufenleiter und unter diesen Umständen doch bemerkenswert.

Weil daß Eigentum des Kriegsgegners eingezogen wird, kam im 2. Weltkrieg schon vor. Aber Rußland hat ja der NATO nicht den Krieg erklärt, sondern ist lediglich in der Ukraine einmarschiert. Das wird aber von der NATO zumindest in vermögensrechtlicher Form als Kriegserklärung betrachtet und so gehandhabt.

Das interessante wäre, was eigentlich mit diesem Vermögen geschieht? Werden diese Jachten, Immobilien, Aktien und Konten von den jeweiligen Staaten zu Staatseigentum erklärt und an die Meistbietenden veräußert? Wenn ja, wohin wandert dieses Geld, in welche privaten Taschen oder öffentliche Kassen?
Werden sie unter der Hand an gute Freunde verteilt?
Vorstellbar wäre auch eine Finanzierung der Geheimdienste …

Man weiß ja auch nicht, was mit dem Vermögen des libyschen Nationalfonds und sonstigen Vermögenswerten Libyens und der Ghaddafi-Familie geschehen ist, nachdem Ghaddafi gestürzt wurde. In die Sozialfonds der Staaten, die sich dieses Geld angeeignet haben, ging es jedenfalls nicht ein.
In vielen Staaten der EU sind russische Unternehmer tätig, sie halten Aktien von Lebensmittelketten, Industrieunternehmen oder Bergbaubetrieben.
Wer eignet sich jetzt diese Aktienpakete an?

Aus der Sicht Rußlands war das Geld, das mit Export verdient und nicht in Rußland angelegt wurde. Letzteres war stets ein gewisses Ärgernis für die russische Führung. Aber jetzt scheint es endgültig verloren zu sein. Obwohl privat, ist es letztlich doch russisches nationales Vermögen, das außerhalb der Grenzen Rußlands blieb.

Bisher sind reziproke Enteignungen von Eigentum der Bürger „unfreundlicher Staaten“ in Rußland ausgeblieben.
Es ist hier festzuhalten, daß zum derzeitigen Zeitpunkt Rußland das Privateigentum mehr respektiert als die westlichen Staaten, bei denen es bisher ökonomische Grundlage und eine Art unantastbares Heiligtum war.
(Das kann sich natürlich auch bald ändern.)
Allerdings war es bereits seit den Ereignissen um die Banken in Zypern im Jahr 2013 klar, daß bei russischem Eigentum diese Unantastbarkeit des Privateigentums nicht gilt. Die russischen Oligarchen und Politiker haben diese Zeichen offensichtlich nicht richtig gedeutet und weitergemacht wie bisher. Sie dachten offenbar, sie sind so groß und wichtig, daß niemand sie anrühren wird.
Es mag auch sein, daß ihnen vor allem von britischer Seite Zusicherungen gemacht wurden, die sich inzwischen als Lüge erwiesen haben. Immerhin war die Londoner Finanzwelt von der Zypern-„Rettung“ mit betroffen und wollte die finanzkräftigen russischen Investoren nicht verlieren.
Das war allerdings noch vor dem Brexit, seither wurden die Karten neu gemischt und bisherige Garantien sind Schall und Rauch.

2. Staatseigentum

„Im Vorfeld des Konflikts hatten Experten darauf hingewiesen, Moskau sei auf Finanzsanktionen des Westens vorbereitet, denn es habe riesige Devisenreserven über umgerechnet 630 Milliarden Dollar angehäuft. Dieser Schatz galt als »finanzielle Rüstung« Russlands. Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass die russische Zentralbank kaum über diesen Schatz verfügt. Denn die Milliarden lagerten nicht als Dollar- und Euro-Scheine in ihren Tresoren. Stattdessen waren sie angelegt – vor allem im Westen, also bei Banken in Europa und den USA.“ (Nd, 4.3. 2022)

Durch den Ausschluß aus dem SWIFT-System und dem Verbot an westliche Banken, mit russischen Vermögenswerten zu handeln, ist dieses Geld für Rußland praktisch verloren. Inzwischen wird laut überlegt, es auch formell zu enteignen und der Ukraine zu übergeben.

Die Ukraine würde dieses Geld selbstverständlich auch nie in die Hand bekommen, sondern es würde in den Händen der Behörden und des Finanzkapitals der USA und des UK bleiben und zur Finanzierung der Rüstungslieferungen an diesen Staat dienen – widmungsgebunden, sozusagen. Wollte die Ukraine z.B. plötzlich Frieden schließen, so dieses Geld stünde dafür oder für einen etwaigen Wiederaufbau höchstwahrscheinlich nicht zur Verfügung …

Warum aber hat Rußland so viele Vermögenswerte im unfreundlichen Ausland, namentlich in den besonders unfreundlichen Metropolen des UK und der USA geparkt?

Erstens, weil Rußland bis zum Einmarsch Teil des Weltmarktes war und an ihm auch teilnehmen wollte. Durch Export und Import von Gütern, die der eine hat und der andere braucht. Immerhin sind ja auch die russischen Ökonomen in unterschiedlichem Maße Anhänger der Marktwirtschaft und des vermeintlich friedlichen Handels und Wandels.
Es macht neugierig, wie diese Wirtschaftsweisen, die ja auch teilweise privat sehr in den Welthandel verstrickt waren, jetzt auf den Ausschluß vom dollarbeherrschten Weltmarkt reagieren werden. Immerhin muß sich die russische Ökonomie jetzt mit freundlichen Staaten arrangieren und die unfreundlichen beiseite lassen.

Zweitens, weil Rußland dabei nur dem Muster anderer Staaten folgte. Weil London und New York wichtige Finanzplätze sind, halten fast alle Staaten der Welt dort Reserven, um ihren internationalen Zahlungsverkehr an Ort und Stelle abzuwickeln. Diese Vermögenswerte liegen teilweise in physischer Form als Goldschätze, aber viel mehr noch in elektronischer Form, als Zahlen auf Konten vor. Sie sind verschiedenen Eigentümern zugeordnet und es ist technisch sehr einfach, sie mit Mausklicks von einem zum anderen Berechtigten zu transferieren.

Drittens, aus Dummheit.
Es war an Venezuela und dem Theater um den Schattenpräsidenten Guaidó sehr einfach zu erkennen, daß die westliche Staatengemeinschaft vor dem Zugriff auf fremdes nationales Eigentum nicht zurückschreckt, wenn sie sich auf einen solchen Schritt einigen können.
In Rußland gab es offenbar einen soliden Glauben an internationale Spielregeln und Rechtsnormen und die meisten Politiker nahmen an, daß es schon nicht so weit kommen würde und die Regierungen der inzwischen unfreundlichen und besonders unfreundlichen Staaten das nicht wagen würden.

Wobei natürlich noch gar nicht entschieden ist, was diese Art von Enteignung und Ausgrenzung nicht nur für Rußland, sondern auch für den Weltmarkt und die Weltwährungen zur Folge haben wird.

China hat übrigens auch jede Menge Vermögenswerte im Westen herumliegen …

Die Flüchtlinge als Kleingeld des Krieges

ERZEUGTE VÖLKERWANDERUNGEN

1. Zur Migration und zum sogenannten Flüchtlingsproblem überhaupt

Die Flüchtlingsproblematik ist ein Dauerbrenner der europäischen und US-Innenpolitik.

Während die USA seit ihrer Gründung bis vor nicht allzulanger Zeit ein klassisches Einwanderungsland waren, wohin viele Leute aus aller Welt aus unterschiedlichen Gründen strömten, hat sich das in den letzten Jahrzehnten drastisch geändert. Die Einwanderungsbestimmungen wurden verschärft, die Arbeitserlaubnis ist auch immer schwieriger zu erhalten, und seit Trumps Wahlkampf ist die Einwanderung zum wichtigsten Instrument der Parteienkonkurrenz geworden.
Genützt im Sinne einer Reduzierung der Immigrationsströme hat das alles wenig. Die Menschen nehmen andere Routen, mehr von ihnen sterben beim Versuch, ins Gelobte Land zu gelangen, und mehr von ihnen leben und arbeiten illegal. Letzteres drückt die ohnehin niedrigen Löhne in verschiedenen Branchen und erhöht die Schwierigkeiten der arbeitenden Menschheit der USA, mit ihren Einkünften bis zum Monatsende durchzukommen und sich ein Dach über dem Kopf leisten zu können.

In der EU wurde die legale Einwanderung aus den ehemals sozialistischen und später in die EU aufgenommenen Staaten genehmigt und gefördert, weil auch hier die Möglichkeit gerne ergriffen wurde, mit Hilfe der Zuwanderung Löhne und Gehälter nach unten zu modifizieren und Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Bei der Ernte, am Bau, als Chauffeure und LKW-Fahrer, im Gastgewerbe, als Putzfrauen, in der Pflege – überall dorthin wurden und werden die Menschen aus dem ehemaligen Ostblock gedrängt.
Das Ergebnis in deren Ursprungsländern kann sich sehen lassen: Millionen von Kindern, die ohne Eltern aufwachsen; unbestellte Felder, auf denen das Unkraut wuchert; verwaiste Dörfer, durch die der Wind pfeift und die von den Ratten erobert wurden; vor sich hin verfallende Industrieruinen und Wohnhäuser, usw. usf. Allein Rumänien hat seit der Wende an die 9 Millionen Einwohner verloren, Bulgariens Bevölkerung hat sich seither von 10 auf unter 7 Millionen reduziert. Es sind die Alten und Uralten, die auf einander und ihre Enkel aufpassen, und sich mit einem sehr rudimentären Gesundheits- und Pensionssystem herumschlagen, das notwendigerweise durch Überweisungen von Familienmitgliedern aus dem Ausland ergänzt werden muß.

Den Regierenden dieser ehemals sozialistischen Staaten ist das durchaus recht.

Sie sind Statthalter des westeuropäischen Kapitals, das sich dieser Gegenden als Hinterhof bedient. Sie verachten ihre eigene Bevölkerung, weil diese sich nach der Wende nicht als Mittel der Reichtumsproduktion erwiesen und zur Erstarkung der staatlichen Macht nichts beigetragen hat. Sie regieren ein Volk von Trotteln und Schlafmützen, die sich für die Marktwirtschaft als ungeeignet erwiesen haben. Für diese schwere Aufgabe klopfen sie sich gegenseitig auf die Schultern, erhalten gute Jobs im EU-Apparat und füllen sich die Taschen.
Die massenhafte Auswanderung erfreut sie, weil dadurch wird Druck vom Sozialsystem weggenommen und die Überweisungen der Arbeitsemigranten sorgen dafür, daß die Kaufkraft nicht ganz verschwindet bzw. die Leute (noch) nicht auf der Straße verhungern.

Soweit, so gut. Im Westen Freude über billige und willige Arbeitskräfte (Leute, die ihre ganze Familie zu Hause ernähren müssen, sind sehr unterwürfig gegenüber Arbeitgebern und Behörden), im Osten Freude über massenhafte Auswanderung, die viele Probleme löst.

Wenn dort nicht die anderen Migranten wären, die richtigen „Flüchtlinge“, die Asylanten, die ebenso von allen Richtungen in die EU strömen und dort größtenteils überflüssig sind, aber den Staat Geld kosten.

Man muß sich hier vor Augen halten, daß diese Menschen vor allem deshalb „zu viele“ sind, weil die klassischen Migranten-Jobs bereits durch die unglücklichen Brüder und Schwestern aus den „neuen“ EU-Ländern besetzt sind. Daher sind die Einwanderer aus Afrika, dem Nahen Osten, Afghanistan usw. unwillkommen. Es bleibt ihnen auch, da sie – Unterschied zu den EU-„Inländern“ – illegale Migranten sind, gar keine andere Möglichkeit als das Stellen eines Asylantrags. Sie müssen also irgendeine Art von Verfolgung geltend machen, um überhaupt hier bleiben und eine Unterstützung erhalten zu können. Der Umstand, daß sie jeden Tag Opfer von Scharfschützen, gewöhnlichen Räubern oder Bomben werden können, ist nämlich kein Grund, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu gewähren.

Die Kriege, vor denen diese Menschen davonlaufen, werden jedoch von genau diesen Staaten verursacht und angeheizt, die dann unter der Flüchtlingslast stöhnen. Ob Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien oder Somalia – überall ist das segensreiche Wirken derjenigen Staaten die gerne die Welt beherrschen wollen, sichtbar. Sei es durch Verelendung mittels Cash Crop-Anbau für diejenigen Märkte, die in Devisen zahlen, wodurch die einheimische Landwirtschaft zerstört, innere Migrationen und Bürgerkriege ausgelöst werden. Sei es durch gewaltsamen Sturz von „Regimes“, was ebenfalls Bürgerkriege und Flüchtlingsbewegungen auslöst. Sei es durch aktive Unterstützung von Rebellen, die anderen die Gurgel durchschneiden. Wenn die unglückseligen Bewohner dieser zerstörten und verwüsteten Gegenden – die einst prosperierten, wie Syrien, oder sich zumindest selbst ernähren konnten, wie im Falle Afghanistans – dann mit Kind und Kegel vor der Tür stehen, so geht das Geschrei los, daß „das Boot voll“ sei; wir „uns“ nicht ausnützen lassen wollen; das Elend der Welt, an die die Leute „selber schuld“ seien, uns nichts angeht, und was dergleichen weiteres Lamento noch vorrätig ist.

Die Migration wird also in eine gewollte und eine ungewollte eingeteilt. Es ist sehr wesentlich, ein Bewußtsein zu entwickeln, daß beide von den Zielländern verursacht werden und nicht „einfach so“ geschehen.

Bei den Flüchtlingsströmen des letzten Jahrzehnts in Europa kommt noch das Element der imperialistischen Konkurrenz dazu: Obwohl diverse Konflikte auch auf die Kappe der USA gehen, so ist es die EU, die als Flüchtlings-Zielland die Zeche dafür zahlt.
Es ist den US-Regierungen durchaus recht, wenn man die EU als NATO-Partner irgendwie auf Umwegen doch zur Kasse bitten und ihr als ökonomischem Rivalen Scherereien verursachen kann.

2. Die Ukraine und ihre Bevölkerung

Die Ukraine als Ausgangs-Land vermischt beide Migrationsformen.

2.a) Arbeitsmigration

Bereits vor dem Krieg, sogar vor den Ereignissen von 2013-14 rund um die Majdan-Besetzung war sie vom Standpunkt des Pro-Kopf-Einkommens eines der ärmsten Länder Europas. In Rußland stellten die ukrainischen Arbeitsmigranten die größte Gruppe, vor den Usbeken. Auch in der EU strömten die Ukrainer in diejenigen Staaten, die sich ihnen öffneten, vor allem zunächst Spanien und Portugal, später, nach Visa-Erleichterungen auch in die Rest-EU.

Bereits vor dem Krieg befanden sich geschätzte 5 Millionen ukrainischer Staatsbürger außerhalb des Grenzen der Ukraine, um als Gastarbeiter ihre Angehörigen zu ernähren, weil die Gehälter in der Ukraine dafür nicht reichten – vor allem, nachdem die ukrainische Regierung auf Druck des IWF nach 2014 die Subventionierung der Energieträger aufgegeben hatte.
Sofern es überhaupt Jobs gab …
Die Verteuerung des Treibstoffs setzte auch gewisser Subsistenz-Landwirtschaft ein Ende und erleichterte das Land-Grabbing, wo sich lokale Beamte mit Verkauf oder Verpachtung die Taschen füllten und westliche Firmen sich den fruchtbaren Boden der Ukraine unter den Nagel rissen.

Man kann durchaus sagen, daß der Majdan und die darauf folgende Erhöhung der Energiepreise einen weiteren Schub zur Entvölkerung der Ukraine in Gang setzte.

2.b) Krieg

„In nur 5 Wochen seit Beginn der Invasion mussten mehr als 10 Millionen Menschen (ein Viertel der Bevölkerung der Ukraine) ihre Häuser verlassen. Aufgrund militärischer Ausreisebeschränkungen für Männer zwischen 18 und 60 Jahren sind die überwiegende Mehrheit der Migranten Frauen und Kinder.“ (Wikipedia, Migrationskrise durch den russischen Einmarsch)

Zum Zeitpunkt des 9. April, als dieser Eintrag erstellt wurde, befanden sich 2,6 Millionen in Polen, fast 700.000 in Rumänien, gefolgt von Ungarn, Moldawien und Rußland mit rund je 400.000. Nach russischen Angaben sollen auch noch ein paar 100.000 nach Weißrußland geflüchtet sein.
Somit befinden sich also bisher mehr als 4 Millionen Menschen in diversen EU-Staaten, weil diese anfänglichen Zahlen sind durch Weiterreise bereits überholt. Da kein Ende des Krieges abzusehen ist, und viele Häuser und Wohnungen zerstört sind, ist eine baldige Rückkehr dieser Menschen unwahrscheinlich. Es ist eher wahrscheinlich, daß die Anzahl zunehmen wird.

Abgesehen von der menschlichen Tragik der Flüchtlinge selbst gibt es durch diese Flucht einen großen Verlierer, das ist die EU als Ganzes und in unterschiedlicher Betroffenheit ihre Mitgliedsstaaten.

Die Flüchtlinge belasten die Sozialsysteme, müssen untergebracht werden und verursachen dadurch bedeutende Kosten. Die Kinder müssen eingeschult werden, Übersetzer müssen bezahlt werden, junge und vor allem alte Leute brauchen Ärzte und Krankenhäuser, und das alles bei steigenden Kosten für Wohnraum, Lebensmittel und Energie, die auch die Budgets für die Versorgung der eigenen Bevölkerung belasten.

Den anderen Akteuren dieses Dramas ist diese Entwicklung recht.

Den USA kommt es sehr gelegen, der EU Kosten aller Art zu verursachen – sie trägt die Hauptlast des Krieges und erhält nichts dafür. Der Ukraine-Krieg schwächt die EU als imperialistischen Konkurrenten, verringert ihre Wettbewerbsfähigkeit, erhöht ihre Verschuldung und auch die Spannungen innerhalb dieser Staatengemeinschaft.

Rußland hat anläßlich der Flüchtlingskrise 2015 festgestellt, daß die EU dafür überhaupt nicht gerüstet ist und Flüchtlinge die Spannungen zwischen den EU-Mitgliedern und die innere Parteienkonkurrenz beflügeln. Es ist der russischen Führung recht, der EU Kosten und Mühen durch den nicht enden wollenden Flüchtlingsstrom zu verursachen.

Für die ukrainische Führung schließlich löst der Krieg ein Problem, das sie seit der Unabhängigkeit vor sich herschiebt: Sie braucht ihre Bevölkerung nicht.
Die 40-45 Millionen Menschen, die dort lebten, sind ihr im Weg. Die durch und durch korrupten und menschenverachtenden Eliten, die sich seit 1992 an die politische und wirtschaftliche Macht geturnt haben, sehen ihre Bestimmung darin, die fruchtbare Erde der Ukraine und diejenige Industrie, die die EU noch brauchen kann, an die Meistbietenden zu verkaufen, um sich damit die Taschen zu füllen. Da ist es lästig, für Pensionen und Schulen und Krankenhäuser Geld auszugeben, um die Bevölkerung irgendwie am Leben zu halten.
Außerdem will sie der NATO das Territorium für Übungen und Stützpunkte überreichen, wofür es auch nur wenige Angestellte braucht, um so etwas wie eine militärische Grundversorgung für dieses Programm zur Verfügung zu stellen.
Je mehr Leute in die eine oder andere Richtung abhauen, um so besser für die ukrainischen Mieslinge, die dort die Macht in den Händen halten: Sie überlassen die Vertreibung ihrer Bevölkerung gerne den Russen und richten gleichzeitig den Finger auf die Schuldigen dieser neuen Völkerwanderung.

Das „wilde Feld“ und seine westlichen Ausläufer sollen möglichst leer sein als Kornkammer und Aufmarschgebiet für die USA und Europa, und als Blockade jeglicher eurasischer Konzepte.

Pressespiegel El País, 17.4.: Russische Invasion in der Ukraine

DER GENERAL DVORNIKOV SOLL DAS KOMMANDO ÜBER DIE RUSSISCHEN TRUPPEN IN EINER HAND VEREINIGEN, UM SICH DES OSTENS DER UKRAINE ZU BEMÄCHTIGEN

Der Westen hat ihn den „Schlächter von Syrien“ genannt, aber der General, der das Kommando über die russischen Streitkräfte in der Ukraine übernommen hat, gleicht eher einem Trainer, der mitten in der Saison zu einer kaputten Mannschaft kommt, in der jeder auf seine eigene Faust kämpft.
Alexander Vladimirovich Dvornikov (Ussurijsk, 60 Jahre alt) wurde Anfang April zum Befehlshaber aller Truppen auf dem Kriegsschauplatz ernannt, um ein bisher auf drei nicht verbundene Fronten aufgeteiltes Kommando zu vereinen. Eine gescheiterte strategische Planung, die nicht nur die vom Kreml erwarteten blitzschnelle „Sonderoperation“ nach bald 2 Monaten an allen Fronten zum Stillstand kommen ließ, sondern auch Kritik am Generalstabschef Valerij Gerasimov hervorgerufen hat.

Die Ernennung von Dvornikov erscheint logisch, insbesondere nachdem das Verteidigungsministerium seine Ziele auf die östliche Donbass-Region konzentrierte und begann, sich aus dem Kiewer Gebiet zurückzuziehen. Das Terrain ist dem Soldaten bereits vertraut, da es sein Revier war: Er ist seit 2016 Kommandeur des russischen Militärbezirks Süd, wo er die direkte Kontrolle über die 8. Armee der vereinten Waffengattungen und die Streitkräfte des selbsternannten prorussichen Separatisten der Republiken Donezk und Luhansk ausübte. Zudem hat sein Bezirk im Gegensatz zu anderen Fronten in der Offensive gegen die Ukraine einige Erfolge verbuchen können.

Darüber hinaus ist Dvornikov der ranghöchste Wehrkreiskommandant. Der russische Präsident Wladimir Putin beförderte ihn 2020 in den Rang eines Armeegenerals, dem zweithöchsten Rang innerhalb der russischen Streitkräfte. Um das richtig einzuordnen: Er steht er auf dem gleichen Rang wie Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Valeri Gerasimov, der seit Wochen dezent in der Versenkung verschwunden ist.

»Wenn Putin einen anderen Offizier ausgewählt hätte, um die gesamten Kriegshandlungen zu leiten, hätte er wahrscheinlich Dvornikov ablösen müssen. Daher gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Dvornikov speziell aufgrund einer bestimmten Fähigkeit oder Erfahrung ausgewählt wurde, über die er möglicherweise verfügt«, hebt eine Analyse des »American Institute for the Study of the War« hervor, die von den Experten Karolina Hird, Mason Clark und George Barros unterzeichnet wurde.

Dvornikovs Militärkarriere unterscheidet sich nicht sehr von derjenigen anderer russischer Offiziere. Als Absolvent der Ussuri-Suworow-Militärschule stieg er allmählich auf und diente bis 2003 als Kommandant eines Schützenregiments im Nordkaukasus. Wahrscheinlich nahm er am zweiten Tschetschenienkrieg teil. Später wurde er zum stellvertretenden Kommandeur des Militärbezirks Ost ernannt und wechselte wie viele andere Kollegen von einem Bezirk zum anderen.

Dank dieser Rotation hatte er die Möglichkeit, im September 2015 als erster Kommandant ausgewählt zu werden, der von Moskau in den Nahen Osten entsandt wurde, um das Regime von Bashar al-Assad zu verteidigen. Ihm den Spitznamen „Der Schlächter von Syrien“ zu geben, bedeutet nach Ansicht von Experten, einem der russischen Generäle, die in diesem Land einen brutalen Krieg zur Unterstützung der Macht von Damaskus geführt haben, zu viel Bedeutung beizumessen. Immerhin hat der Krieg mehr als 350.000 Menschen das Leben gekostet und Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen.“

… was natürlich nur auf die Beteiligung Rußlands zurückzuführen ist, der Westen und die Golfstaaten haben damit gaaar nichts zu tun.

„»Dvornikov hat weniger Erfahrung in Syrien als viele seiner Kollegen. Er diente als Kommandant für 10 Monate. Im Vergleich dazu haben die Leiter der westlichen Militärbezirke, Alexander Zhuravlyov, und der östlichen Militärbezirke, Alexander Chaiko, dort 24 bzw. 20 Monate gedient«, betonen die Autoren der Studie, die daran erinnert, dass die russischen Streitkräfte »während ihrer ganzen Zeit ihrer Intervention Zivilisten angegriffen haben« und dass aufgrund der kontinuierlichen Rotation der Offiziere »alle derzeitigen Bezirkskommandeure und viele andere Militärführer an diesen Verbrechen« gegen die syrische Bevölkerung mitschuldig waren.“

Also alle russischen Offiziere in Syrien waren Schlächter, und den NATO-Armeen würde es nie einfallen, Zivilisten anzugreifen.

„Der neue Kommandant in der Ukraine nahm einige Monate an der erbitterten Schlacht um Aleppo teil und erhielt den Titel eines Helden der Russischen Föderation, war aber bereits zum Leiter des Südbezirks ernannt worden, als diese blutige fünfjährige Belagerung im Dezember 2016 endete. Seine Erfahrung im Einrichten der grundlegenden Kommandostruktur im syrischen Szenario hat sicherlich seine Wahl durch Putin mitbestimmt. Dort musste er eine Vielzahl von Milizen und Überresten der syrischen Armee in die russischen Streitkräfte integrieren.

Dvornikov selbst hat sich in der Vergangenheit in verschiedenen Artikeln, die im Laufe der Jahre veröffentlicht wurden, seiner Rolle in diesem Konflikt gerühmt. In einem Interview, das er 2016 der Regierunszeitung Rossískaya Gazeta gewährte, malte der Militärmann ein apokalyptisches Szenario für El Assad bis zum Eintreffen russischer Unterstützung: »Die Regierungstruppen waren nach vier Jahren der Feindseligkeiten erschöpft und hatten mit großer Mühe die Terroroffensive eingedämmt [Moskau und Damaskus bezeichnen die Rebellen und Gegner Assads als »Terroristen«], aber die russischen Aktionen haben die Situation im Laufe von fünfeinhalb Monaten radikal verändert.“

Laut dem General brachte „die koordinierte Arbeit der russischen Luftfahrt mit den Regierungseinheiten [von El Assad] und den patriotischen Milizen vor Ort“ die Entscheidung, sowie »die Schaffung eines Beratersystems in sehr kurzer Zeit, das erfolgreich die Ausbildung von Regierungstruppen, kurdischen Streitkräften und anderen nationalen Verbänden vorangebracht hat.«

Ein weiterer Artikel, der 2018 von ihm selbst verfasst wurde, wiederholte diese Botschaft: Die Schaffung eines einzigen Kommandos unter seiner Führung brachte den Umschwung, »indem es nicht nur die Kontinuität und Effizienz des Oberkommandos garantierte, sondern auch alle Elemente von Aufklärung und Angriff in einem einzigen Informations-Stab vereinte«.
Das heißt, die gleiche Arbeit, die der Kreml jetzt von ihm verlangt, um seine bisherigen Truppen im Süden mit den angeschlagenen Kräften der westlichen und östlichen Bezirke zu koordinieren, die von Fronten wie der in Kiew abgezogen wurden, um die im Donbass zu verstärken. Dazu kommen die anderen Einheiten wie die tschetschenischen Truppen Ramsan Kadyrows und die Donezk- und Lugansk-Milizen.

Experten bezweifeln jedoch, dass diese »verspätete Ernennung« von Dvornikov die Probleme der Führung, Logistik und Moral, mit denen die russische Armee in der Ukraine konfrontiert ist, auf einen Schlag lösen wird.
Zunächst wegen der bisher erlittenen schweren Kommandantenverluste. Tatsächlich wurde am selben Samstag Vladimir Frolov, ein General, der Dvornikov unterstellt war, in Sankt Petersburg begraben.
Weiters »aufgrund der Anzeichen, dass die russischen Truppen nicht in der Lage waren, gleichzeitige Offensivoperationen in Cherson, dem Donbass und in Izjum durchzuführen«.
Und schließlich aufgrund der bisherigen Leistungen von Dvornikov.

Der Südbezirk war aufgrund seiner besonders intensiven Vorbereitungen vor dem Krieg am effektivsten, im Gegensatz zum Rest, dessen Einheiten eingesetzt wurden, ohne vorher genug Zeit zu haben, ihre Strukturen zu vereinen.
Allerdings war die Südgruppe auch nicht ganz erfolgreich: Mariupol hält noch fast zwei Monate nach Kriegsbeginn durch. »Dvornikov hat die Operationen in der Stadt befehligt. Er hat vielleicht versucht, viele der in Syrien gelernten Lektionen anzuwenden, aber seine Führung des Häuserkampfes in Mariupol war weder bemerkenswert in Bezug auf seinen Erfolg, noch auf seine Geschwindigkeit oder seine menschlichen Kosten«, sagen Experten.“

Das hat aber auch damit zu tun, daß dieser Teil der Ukraine als befreundetes bzw. eigenes Gebiet eingestuft ist, wo man Zerstörungen wie in Aleppo tunlichst vermeiden wollte – was nur in begrenztem Ausmaß gelungen ist.

„Darüber hinaus meinen die Experten, dass er, wenn seine Erfahrung in Aleppo ein entscheidender Faktor gewesen wäre, früher an die Kiewer Front berufen worden wäre: »Die Taktiken und Vorgehensweisen der russischen Streitkräfte sowohl in Syrien als auch in der Ukraine sind keine Besonderheit von Dvornikov oder einem anderen bestimmten Kommandanten«.“

Damit ist erstens ausgesprochen, daß die heutige Kriegsführung generell, also auch bei der NATO und ihren Verbündeten, keinen Unterschied mehr zwischen Zivilisten und regulären Truppen macht. Es ist also keine Besonderheit der russischen Strategie.
Zweitens: Daß Kiew irgendwann wie Aleppo aussieht, wollte die russische Führung auf keinen Fall.

„In einem Interview mit der Zeitung »Roter Stern« [die Zeitung des russischen Militärs] im letzten Dezember machte Dvornikov – inmitten hektischer diplomatischer Verhandlungen zwischen Moskau, Washington und der Europäischen Union, um einen Krieg zu vermeiden, während Russland seine Stationierung in Grenznähe zur Ukraine verstärkte –, einige Hinweise auf den zukünftigen Krieg. »Im April 2021 war es das erste Mal, dass die Truppen des südlichen Militärbezirks eine so umfassende Übung im Winter durchgeführt haben«, sagte der General. Dvornikov rühmte sich in Bezug auf diese Manöver, dass seine Streitkräfte mehr als 1.500 Stück »modernster« militärischer Ausrüstung erhalten hätten und dass er über 160 »Stoß«-Bataillone verfüge. »Angesichts der schwierigen politisch-militärischen Lage in unserem Gebiet hat uns die Führung bei der Aufrüstung der Truppen Vorrang eingeräumt. Im Moment haben wir eine Modernisierung von 71 % unseres Arsenals erreicht«, fügte er damals hinzu.

»Wir denken, dass [die Russen] in den nächsten zwei Wochen konkrete, physische Ziele im Donbass erreichen wollen, aber wie weit sie gehen werden, wissen wir nicht so genau«, sagte das Pentagon diese Woche. Das wird die große Herausforderung für Dvornikov, der laut Experten ein starker Kandidat für die Nachfolge seines direkten Chefs als Generalstabschef ist. Valeri Gerasimov bleibt aus der Öffentlichkeit verschwunden – nach dem Scheitern der „Spezialoperation“, die vorsah, die Regierung von Wolodymyr Selenskij in einem schnellen Vormarsch auf Kiew zu stürzen. Zweiundfünfzig Tage später sind noch nicht einmal die Gebiete Donezk und Lugansk vollständig von den bereits von den pro-russischen Sezessionisten kontrollierten Gebieten eingenommen worden.“

Der Pentagon scheint also mit der Einnahme der Ostukraine zu rechnen – früher oder später.